Blackberry Smoke – 02.12.2009, Zwischenfall, Bochum – Konzertbericht

Da ist man doch eigentlich ein eingefleischter Southern Rock-Fan und ich kann mich ehrlich gesagt kaum daran erinnern, wann ich das letzte Mal ein Live-Konzert aus diesem Genre gesehen habe. Es muss wohl Molly Hatchet in der Bochumer Zeche gewesen sein (auch schon ewig und drei Tage her), aber da ja kaum eine Band außer ihnen und Lynyrd Skynyrd (die schaue ich mir allerdings erst wieder an, wenn die Band statt der immer wieder runtergedudelten Klassiker schwerpunktmäßig Songs aus den Alben der Johnny Van Zant-Ära spielt, vermutlich also nie mehr…) in unseren Sphären auftaucht, ist es auch nicht ganz so verwunderlich.

Dabei gibt es in letzter Zeit soviel hoffnungsvollen Nachwuchs in diesem Genre. Und da tauchen dann aus dieser Riege plötzlich glatt Blackberry Smoke, deren hervorragendes Album „Little Piece Of Dixie“ von mir (und nicht nur von mir) zu Recht über den grünen Klee gelobt worden ist, hier zu einer Europa-Tournee auf und spielen auch noch in erreichbarer Nähe, nämlich in Bochum-Langendreer im Zwischenfall, einer Location, die eigentlich für ganz andere Musik (u.a. Metalcore, Punk, Hardcore…) bekannt ist. In Sekundenschnelle war die über Jahre angestaute Resignation wie weggefegt, ich war wieder heiß auf live gespielten Southern Rock.

Als Support spielte die Bochumer Band Northern Beach, die mit ihrem Frontmann Achim Bihler eine knappe Dreiviertelstunde mit sympathischem, recht erträglichen Punkrock und Rock’n’Roll einheizten, auch wenn ich mir hier eher eine weitere Southern Band oder gar keine Vorband gewünscht hätte. Die Jungs gaben ordentlich Gas am Stück. Schmankerl des Auftritts war allerdings der Kommentar meines Freundes Helmut ‚Happo‘ Tautges, seines Zeichens Präsident vom Fanclub Uralt-Ultras des immer noch besten und sympathischsten Fußballclubs Deutschlands (und darüber hinaus), Rot-Weiss Essen, der die Band vor dem letzten Stück lauthals aufforderte, doch mal bitte was Hartes zu spielen… Bekannt für seine selbstgedrehten RWE- und Musikvideos schlüpfte der passionierte Stones-Fan an diesem Abend auch noch in die Rolle des Film-Regisseurs, dazu später mehr.

Nach kurzer Umbaupause legten Blackberry Smoke, die für ihre Tour das Motto ‚Too Rock’n’Roll for Country, too Country for Rock’n’Roll‘ ausgegeben hatten, dann um 22.00 Uhr mit dem Countryfeger „Memphis Special“ los, um sich schwerpunktmäßig ihrem o.a. Album zu widmen. „Like I Am“, „Good One Coming On“, „Restless“ und „Bottom Of This“ erbrachten den Beweis, dass straighter Southern Rock gepaart mit der einen oder anderen Countryanleihe wunderbar funktionieren und den anwesenden Insideranteil der leider nur um die 60 Zuschauer spielend in Wallung bringt. Die Stimmung war trotz des übergroßen Platzangebotes und der nicht ganz optimalen Akustik im Raume prächtig.

Einen ersten Höhepunkt für mich erreichte das Konzert, als der Südstaaten-Fünfer (Charlie Starr, Paul Jackson, Brit und Richard Turner und der jetzt fest integrierte Keyboarder Brandon Still), das in Georgia Satellites-Manier gebrachte „Sanctified Woman“, eine furios abgehende Highspeed-Coverversion des Outlaws-Klassikers „Freeborn Man“ (fast kaum erkennbar, herrliches Slidespiel von Bandleader Charlie Star, HT-Piano) und ein funkig country-rockendes „Up In Smoke“ zum Besten gaben. Klasse auch das relativ neue Stück „Everbody Knows She’s Mine“, bei dem Starr und Zweitgitarrist Paul Jackson (leider oft zu leise ausgesteuert) dann nach zwei starken Einzel-Soli auch zur Southern-typischen Twin-Einlage ausholten. Mit dem countryfizierten „Son Of A Bourban“ und dem überragenden „Freedom Song“ vom aktuellen Werk, war der Hauptteil schon nach einer knappen Stunde vorbei.

Das als Zugabe stürmisch eingeforderte „Shake Your Magnolia“ rockte und stampfte noch mal höllenmäßig, rhythmisches Fußwippen mit den Cowboystiefeln und sonstigem Schuhwerk unvermeidbar. Das finale „Constant Sorrow“ begann mit einzelnen kleinen Duellen der beiden Gitarristen und ging vom Countryschwofer (inkl. Vorstellung der Band) in einen furiosen Rock’n’Roller über, ein starker Abschluss eines leider viel zu kurzen Konzertes, ein kleiner Wermutstropfen neben dem nicht ganz optimalen Sound (oft zu laut). Allerdings auch ein wenig verständlich, angesichts der Tatsache, dass es sich um einen Tag inmitten der Woche handelte und das Zwischenfall direkt am Rande einer bewohnten Fußgängerzone liegt.

Der hier abgelieferte Tour-Auftakt von Blackberry Smoke kam mir trotz der sehr guten Leistung noch ein bisschen wie ein erstes Abtasten und dezentes Warmspielen vor, was aber absolut nicht als Vorwurf gedacht ist, der Abend hat insgesamt richtig Spaß gemacht. Ich bin mir sicher, dass die Jungs im Laufe des Dezembers noch die eine oder andere Schüppe drauflegen, vor allem, wenn die Zuschauer-Resonanz etwas voluminöser ausfällt.

Kurz nach dem Ende konnte ich den unkomplizierten und sehr sympathischen Charlie Starr noch zu einem kurzen Weihnachtsgruß überreden, der Essener Sönke Wortmann alias Presidente Happo war natürlich mit der Kamera sofort zur Stelle. Starr ließ sich auch noch zu einem gemeinsamen Foto überreden und so war er, ohne es zu wissen, in Form von Happo, Freund Däddi und mir in die geballte Rot-Weiß Essen-Fußballkompetenz eingerahmt. Danach ging es noch in die Zwischenfall-Lounge, wo die Besucher Zeit und Gelegenheit hatten, sich mit den Musikern zu unterhalten (ich konnte noch ein paar Worte mit dem netten Brandon Still sprechen) und sich am recht umfangreichen Merchandising-Stand mit Blackberry Smoke-Artikeln (u.a. drei verschiedene T-Shirts) einzudecken.

Blackberry Smoke haben es an diesem Abend in Bochum mit tollen Songs, handwerklicher Bravour und sympathischer Präsenz geschafft, die längst verschwunden geglaubte Südstaatenrocklust in mir wieder zu erwecken. Leute, geht auf die anstehenden Konzerte, damit die Jungs positiv über Deutschland berichten können. Vielleicht kommen sie dann ja mit den vielen talentierten Bands im Schlepptau gerne wieder und wir erleben eine nicht für möglich gehaltene kleine Southern Rock-Renaissance!

Danke an Blackberry Smoke und Norbert vom Zwischenfall für die unproblematische Akkreditierung.

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