Blackberry Smoke – Be Right Here – CD-Review

Nachdem die einstigen Aushängeschilder des Southern Rocks in kreativer Hinsicht mittlerweile das Handtuch endgültig geworfen zu scheinen haben, lassen die aktuellen Platzhirsche Blackberry Smoke mit ihrem 8. Studiowerk „Be Right Here“ (VÖ 16.02.2024) erneut aufhorchen. Leader Charlie Starr zieht wieder alle Register in Sachen tollem Southern Rock-Songwriting (u. a. humorvolle Texte, klasse Instrumentierung und Gesang, HT-Piano,  weibliche Backs, herrliche E-Soli).

Das Album wurde im historischen RCA Studio A in Nashville und in Cobbs Georgia Mae in Savannah aufgenommen. Neben der Band – Charlie Starr (Gesang, Gitarre), Richard Turner (Bass, Gesang), Brit Turner (Schlagzeug), Paul Jackson (Gitarre, Gesang) und Brandon Still (Keyboards) – sind Preston Holcomb (Schlagzeug) und Benji Shanks (Gitarre) sowie The Black Bettys als Gastmusiker mit von der Partie.

Wenn man sich direkt mit dem stampfenden Opener „Dig A Hole“  in Sphären eines Klassikers wie „Restless“ bewegt, erzeugt man sofort viel Freude, aber auch natürlich auch eine hohe Erwartungshaltung, was den Rest der Stücke betrifft. Diesem werden Starr & Co. im weiteren Verlauf spielend leicht gerecht.

Allein schon das launig anschließende „Hammer And The Nail“, startend mit einer fluffigen Akustik-Hook, in einen herrlichen Southern Boogie mit tollen E-Soli übergehend, lässt die Euphorie unweigerlich steigen. Starr singt hier im Refrain nach dem Motto ‚der Apfel fällt nicht weit vom Stamm‘ voller Selbstironie:

„Sometimes you’re the hammersometimes you’re the nailLike my Daddy before meThis is where the apple fellBeatin the odds and comin up rosesAin’t my story to tellThe whole world swings the hammerAnd I’m the nail“

Gerade in diesem Track als auch bei weiteren Southern Boogies wie „Like It Was Yesterday“, „Don’t Mind If I Do“ und „Little Bit Crazy“ (mit famoser Beteiligung der Black Betties im Acapella-Intro und den Backing Vocals) schimmert der imaginäre Einfluss der Georgia Satellites diesmal besonders durch.

Aber auch bei Lieder wie dem beatlesken „Be So Lucky“ oder dem JJ Cale-umwehten „Watchu Know Good“ (grandioser Song) lässt Starr die ganze Variabilität seines Songwritings aufleuchten.

Allman-Fans kommen beim country-folkigen „Azalea“ und dem großartigen „Other Side Of The Light“ auf ihre Kosten, wo in Duane Allman-Manier wild geslidet wird, Mit einem atmosphärischen Progressiv-Midtempo-Stück Marke „The Whippoorwill“ mit leichtem Country-Touch  (gospelige weibliche Backs) und heulenden Twins, beenden Blackberry Smoke ein echtes Meisterwerk.

Über den Aufnahmeprozess sagt Starr: „Wir nehmen immer live zusammen auf, aber dieses Mal hatten wir alle unsere Verstärker und Schlagzeuge und alles im selben Raum. Es ist einfach so natürlich und so echt wie möglich. Das letzte Album war auch sehr roh, aber bei diesem Album erinnere ich mich an verschiedene Momente, in denen ich sagte: ‚Ich denke, wir sollten das neu machen‘, und Dave meinte: ‚Nein, lass es so. Auf diese Weise ist es magisch.’“ Womit Cobb aus meiner Sicht absolut Recht hatte.

Bei Ihrem letzten Besuch bei uns in Deutschland hatte die Band auch in Live-Hinsicht mit der Hinzunahme von Preston Holcomb und Benji Shanks  ins Line-up, trotz des schon vorhandenen hohen Niveaus bewiesen, dass durchaus noch Steigerungspotential vorhanden ist. Die Einbindung zusätzlicher weiblicher Backgroundsängerinnen wie den Black Betties, wäre vielleicht jetzt zur neuen Tour eine weitere überlegenswerte Option. 

Wer auf hochklassigen Southern Rock vom Branchenführer steht, ist bei dem neuen Album „Be Right Here“ von Blackberry Smoke genau an der richtigen Stelle.

Live auf Tour im September:

18.09.2024 Hannover, Capitol
24.09.2024 Berlin, Columbiahalle
25.09.2024 A-Wien, Gasometer
26.09.2024 München, Tonhalle
29.09.2024 Köln, E-Werk
30.09.2024 CH-Zürich, Kauflauten

3 Legged Records (2024)
Stil: Southern Rock

01. Dig A Hole
02. Hammer And The Nail
03. Like It Was Yesterday
04. Be So Lucky
05. Azalea
06. Don’t Mind If I Do
07. Watchu Know Good
08. Other Side Of The Light
09. Little Bit Crazy
10. Barefoot Angel

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Blackberry Smoke – Support: Read Southall Band – 15.03.2023, Carlswerk Victoria, Köln – Konzertbericht

Köln entpuppt sich immer mehr als gutes Pflaster für Blackberry Smoke und steht auch so ein wenig als Synonym für das Steigerungspotential der Mannen um Bandleader Charlie Star. Meine persönlichen Besuche der Southern Rocker aus Georgia über die vielen Jahre hinweg entwickelte sich so: Das kleinere Luxor ausverkauft, danach die Kantine rappelvoll, das Stollwerck als nächste Station ausverkauft, das gleiche diesmal, in dem für Kölner Location-Verhältnisse schon beachtlichen Carlswerk Victoria. Wo mag das noch enden?

Aber zunächst galt es den blutjungen Nachwuchs der Szene in Form der Read Sothall Band zu begutachten, die von Blackberry Smoke ins Schlepptau genommen wurden. Das Sextett um Fronter Read Southall hat immerhin schon mit „For The Birds“ das dritte Album am Start, das jetzt den ersten größeren Karrieresprung einleiten soll.

In einer Dreiviertelstunde wurden dann Songs wie „Stickin‘ n Movin'“, „Don’t Tell Me“, „Scared Money“, „Why“, „Beautiful Eyes“, „High- Speed Feed“, „Damn“ und  „DLTGYD“ präsentiert. Die engagierte Vorstellung kam insgesamt beim Publikum gut an.  Ähnlich wie bei den Georgia Thunderbolts im Vorprogramm von Black Stone Cherry, gab es ein ziemlich lautes Riff-Gedresche, sodass die zweifellos gute Stimme von Southall erst ab dem ruhigeren „Why“ besser zur Geltung kam.

So hatte ich am Ende, der die Musik bis dato nur marginal zur Kenntnis genommen hat, doch etwas Probleme mit dem Wiedererkennungswert der Tracks und auch die Bühnenpräsenz von Read hatte eher etwas vom Sänger einer High School Band, statt der eines charismatischen Southern Rock-Fronters. Hier gilt es den Cowboyhut aufzusetzen und demnächst noch etwas an seiner Ausstrahlung zu arbeiten. Trotzdem ein, für eine Vorband, ansprechender Auftritt. Die junge Read Southall Band, da bin ich mir sicher, wird sich noch weiter positiv entwickeln.

Line-up:
Read Southall (lead vocals)
John Tyler Perry (electric guitar, vocals)
Reid Barber (drums)
Jeremee Knipp (bass)
Braxton Curliss (keys)
Ryan Wellman (electric guitar)

Nach ganz kurzer Umbaupause wählte das seit geraumer Zeit als Septett agierende Kollektiv (Perkussionist Preston Holcomb und Gitarrist Benji Shanks sind als neue Personalien zu vermelden) mit dem rockigen „Six Ways To Sunday“ direkt einen idealen Einstieg, um das prall gefüllte Carlswerk Victoria sofort in gute Stimmung zu versetzen.

Das erste Drittel mit Songs wie u. a. „Good One Comin‘ On“, „Workin‘ For a Workin‘ Man“ „You Her Georgia“, Pretty Little Lie“ oder „Hey Delilah“ stand dann ganz im Zeichen von Charlie Starr, dass man sich teilweise fragte, wofür eigentlich ein dritter Gitarrist mit dazu genommen wurde. Es war fast eine gefühlte One Man Show bis dahin, natürlich auf absolut hohem und sehr unterhaltsamen Niveau.

Mit dem verschachtelten „Sleeping Dogs“ (mit eingebautem Tom Petty-„Don’t Come Around Here No More“-Intermezzo), wandelte sich das Blatt aber, und immer mehr kam zur Geltung, warum Benji Shanks als absoluter Gewinn für die Band gesehen werden kann. Der spielte sich im weiteren Verlauf, vor allem mit schönen Slideeinlagen immer mehr in den Vordergrund und gab dem Gesamtsound von Blackberry Smoke deutlich mehr Fülle. Gut dabei war, dass der Soundmischer einen glänzenden Tag erwischt hatte und sämtliche Instrumente sehr schön transparent zur Geltung kamen.

Das herrlich progressive „The Whippoorwill“, das countryeske „What Comes Naturrally“, das saustarke „All Rise Again“ und das mit schöner E-Hook von Shanks versehene „Ain’t Gonna Wait“ waren dann die Vorboten einer furiosen Schlussphase, in der es mit den ‚Hits‘ wie „Resstless“ (Einleitung mit Skynyrds „Things Goin‘ On“), dem Countrygassenhauer „Ain’t Got The Blues“ (die Halle singt mit), dem eingängigen „Run Away From It All“, der Covernummer „Sunrise In Texas“, dem „Ohrwurm „One Horse Town“ (auch wieder mit Publikumsgesang) und dem, den Hauptteil abschließenden  „Old Scarecrow“, dann absolut kein Halten mehr gab. Eine wirklich tolle Stimmung im Carlswerk.

Der Zugabenteil stand dann natürlich wieder ganz im Zeichen von Charlie Starr, der nun mit Hut bedeckt, zunächst „Old Enough To Know“ (erneut im Countryambiente) und schließlich das überragend performte „Ain’t Much Left Of Me“ (auch hier wieder mit integriertem „Mississippi Kid“ von Skynyrd) ganz fett seinen Stempel aufdrückte. Man sieht zu jeder Zeit, dass er  seine Mitstreiter fest im Griff hat und einen echten Plan zielstrebig verfolgt. Tosender Beifall am Ende für die eindeutig beste Vorstellung von Blackberry Smoke, die ich bis jetzt gesehen habe.

Auch wenn ich nicht ausschließen möchte, dass Lynyrd Skynyrd nach dem Tod von Gary Rosssington vor einigen Tagen, trotzdem weiter machen wird, spürte man an diesem Abend, dass der Macht- und Generationenwechsel im Southern Rock endgültig vollzogen ist. Das neue Flagschiff des Genres heißt eindeutig Blackberry Smoke! Und wer weiß, wo das demnächst in der Domstadt noch hinführen wird – in eine ausverkaufte Lanxess-Arena etwa…?

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar, percussion)
Paul Jackson (acoustic guitar, electric guitar, vocals)
Benji Shanks (electric guitar, acoustic guitars)
Brandon Still (keys)
Brit Turner (drums)
Richard Turner (bass, vocals)
Preston Holcomb (percussion)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Carlswerk Victoria

Blackberry Smoke – You Hear Georgia – CD-Review

cover Blackberry Smoke - You Hear Georgia 300

Siebtes Album der beliebten Southern Rock-Band. Auf „You Hear Georgia“ ist das Quintett um Leader Charlie Starr bemüht, den ramponierten Ruf der Südstaaten und der dort lebenden Menschen wieder in ein differenzierteres Licht zu setzen.

Der Mastermind zum Titeltrack: „Textlich geht es in dem Song darum, dass der Süden missverstanden wird. Es ist offensichtlich eine raue und unruhige Welt und es gibt eine Menge schlechter Menschen. Aber es gibt auch eine Menge guter Menschen. Es begann mit der Idee, dass die Leute eine vorgefasste Meinung über dich haben könnten, weil du einen dicken Südstaaten-Akzent hast, und weitete sich dann auf die Realität aus, dass manche Leute es einfach so schwer haben, miteinander auszukommen, dank politischer oder religiöser Ansichten, oder einfach nur, weil Du aus einem bestimmten Teil des Landes kommst.“

Aber auch musikalisch weiß das neue Werk unter der Produktionsregie von Dave Cobb wieder absolut zu überzeugen. Besonders auffällig sind diesmal die starke Einbindung von E-Slide-Elementen in fast jedem Song und auch die schönen akzentuierten weiblichen Background Vocals, diesmal eingesungen von The Black Bettys.

Auch Keyboarder Brandon Still liefert wieder eine tolle Palette an wohl dosierten Tastenspielereien (HT-Piano, Orgel, E-Piano), die sich ganz in den Dienst der Songs stellen.

Bei den neuen zehn Stücken bleiben sich Blackberry Smoke ihrem gewohnten Stilspektrum, das wieder von knackigen Southern Rockern („Live It Down“, „You Hear Georgia“, „All Over The Road“), country-angehauchten Liedern („Ain’t The Same“ – Ohrwurm!, „Old Enough To Know“ – herrliche gesangliche Verbreitung von Lebensweisheiten), soulig-gospeligen („Hey Delilah“ – Marke Little Feat) und auch progressiven Stoff („Morningside“ – grandios hier das an Derek & The Dominos erinnernde E-Gitarrensolo) zu bieten hat.

Als sehr gelungen sind auch die beiden Gastpräsenzen zu bewerten. Wunderbar wie Starr und Jamey Johnson beim Steel-getränkten Countryheuler „Lonesome For A Livin’“ sich einen Bieterkampf in Sachen pathos-trächtigem Gesang abliefern und auch die Vorstellung von Warren Haynes, der sich hier angriffslustig und aggressiv wie zu Zeiten seines Debüts mit Gesang und E-Gitarre einbringt, gibt dem starken „All Rise Again“ ordentlich Feuer.

Und das aus meiner Sicht immer am meisten Eindruck hinterlassende Schlussstück, das melodische „Old Scarecrow“ mit seinen Tempi- und Stimmungswechseln (toll auch der Gesang von Starr) stellt einen maßgeblichen Höhepunkt des Werkes dar. Klasse, mein Favorit!

Blackberry Smoke präsentieren sich auf „You Hear Georgia“ ein weiteres Mal in blendender Verfassung und lassen herrlichen Georgia-Sound aus den Boxen rauschen. Sie festigen ihren Ruf in kreativer Hinsicht als beste zeitgenössische Southern Rock-Band. Großes Kompliment hierfür, aber auch ihr Engagement für wohltätige Zwecke, wo sie  bereits fast 500.000 Dollar für die Kinderkrebsforschung gesammelt haben! Es gibt also auch viel Gutes aus dem südstaatlichen Georgia zu hören!

Earache Records (2021)
Stil: Southern Rock

01. Live It Down
02. You Hear Georgia
03. Hey Delilah
04. Ain’t The Same
05. Lonesome For A Livin’ (feat. Jamey Johnson)
06. All Rise Again (feat. Warren Haynes)
07. Old Enough To Know
08. Morningside
09. All Over The Road
10. Old Scarecrow

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Tennessee Champagne – Same – CD-Review

Tennessee Champagne 300

Review: Michael Segets

Das neue Label Juke Joint 500 spezialisiert sich auf hörenswerte Musik, die in den letzten Dekaden nie auf Vinyl herausgekommen ist. Die wieder anwachsende Zahl von Liebhabern der nicht-digitalen Präsentationsform wird ein solches Vorhaben begeistert aufnehmen. Sicher produziert das Label einige – bald heiß begehrte – Sammlerstücke, da die LPs farbig, handnummeriert und auf fünfhundert Pressungen limitiert sind. „… And Other Crimes“ der Go To Blazes aus dem Jahr 1995 setzte den Startschuss für das Programm.

Zeitgleich mit dem Sampler „Mo‘ Peaches“ folgt nun die selbstbetitelte Scheibe von Tennessee Champagne. Direkt zu Beginn von Juke Joint 500 weicht Gründer Reinhard Holstein von seinem Konzept ab und veröffentlicht eine CD, die gerade erst in den USA erschienen ist, auf Vinyl und digital. Die Qualität der Band aus Elizabethon, Tennessee, ließ ihm quasi keine andere Wahl. Und tatsächlich legt das Quintett ein feines Southern Rock-Album vor, das die Wegbereiter dieses Genres nicht verleugnen und mit den aktuellen Größen wie Blackberry Smoke mithalten kann.

Temporeich steigt das Album mit „Wicked“ und dem folgenden „Thunder In The Mountains“ ein. Während der Opener in der Tradition von Lynyrd Skynyrd steht, geht der zweite Track in Richtung Blues Rock. Schon am Anfang der Scheibe stechen die kräftigen Gitarren hervor, die den Sound der Band prägen. Vor allem die eingestreuten Soli haben die richtige Würze, sind dabei nicht zu lang und bleiben stets melodiös.

Der Frontmann Chris Kelley singt hier mit angerauter Stimme, die bei der Ballade „Can’t Get Over You“ sanftere Facetten zeigt. So oder so kann er viel Soul und Gefühl in seinen Gesang legen. Die Balladen sind von einer Orgel unterlegt, welche vor allem bei „Stompin‘ Grounds“ sehr stimmungsvoll in den Song einleitet. Zusammen mit dem etwas dunkleren „Selfish Ways“ ist der Track – nicht zuletzt durch den unaufdringlichen Slide – mein Favorit unter den langsamen Stücken. Diese sind aber durchweg gelungen. So kommt mir am Anfang von „Singing To My Broken Heart“ Neil Young aus seiner “Harvest”-Zeit in den Sinn, was ja nicht der schlechteste Referenzpunkt ist.

The Allman Brothers Band scheint bei „Mountains In My Bones“ durch, das nochmal das Tempo anzieht. Mit dem hymnischen „Silver Tongue” setzen sich Tennessee Champagne – neben Chris Kelley gehören Dan Britt, Tim Hall, Jonathan Grindstaff und Bill Cowden zu der Truppe – selbst ein Denkmal. Über sechs Minuten zelebrieren die Jungs den Southern Rock mit allem was dazu gehört. Zum Southern mischen sich gelegentlich auch Blues-Elemente, beispielsweise beim swampigen Midtempo-Song „Corn From A Jar“, auf dem die Stimme des Leadsängers streckenweise verzerrt wird, oder beim rockigen Abschluss „Shake It“.

Am Anfang des Debüts von Tennessee Champagne, der A-Seite der LP, sind kräftige, temporeiche Nummern in der Überzahl, die zweite Hälfte wird von eindringlichen Balladen geprägt. Gemeinsam ist den Songs, dass sie die Erwartungen, die an Southern Rock gestellt werden, voll erfüllen. Das Quintett legt ein ausgewogenes Album vor, mit dem sie sich in dieser Musikrichtung einen Platz unter den Newcomern des Jahres, auch wenn dieses noch jung ist, sichern.

Juke Joint 500 (2021)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. Wicked
02. Thunder In The Mountains
03. Can’t Get Over You
04. Mountains In My Bones
05. Silver Tongue
06. Stompin Grounds
07. Selfish Ways
08. Corn From A Jar
09. Singing To My Broken Heart
10. Shake It

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Juke Joint 500

Ole Whiskey Revival – Same – CD-Review

OWR_300

Review: Michael Segets

Zum Ende des Jahres bietet Ole Whiskey Revival noch einen Southern-Rock-Leckerbissen. Die Band aus Shreveport, Louisiana, debütiert mit ihrem selbstbetitelten Album bei Whiskey Preachin‘ Records. Die Jungs bringen alles mit, was man von einer Southern-Truppe erwartet: gute, erdig und gitarrenorientiert umgesetzte Songs sowie ausufernde Gesichtsbehaarung. Inhaltlich bleiben die Stücke den genretypischen Themen verhaftet. Oft drehen sie sich um Frauen und Whiskey oder um Whiskey und Frauen. Insgesamt eine Scheibe, die richtig Spaß macht.

Mit dem kraftvollen „The Legend Of Jack Savannah“ steigt Ole Whiskey Revival in bester Southern-Manier ein. Der „Crescent City Blues“ entwickelt ordentlichen Drive und der Abschlusstrack „Ramblin‘“ weist ebenfalls einen rockigen Einschlag auf. Das Stück findet sich bereits auf dem Whiskey Preachin‘ Sampler – Volume 1“.

Mit ausdrucksstarker Gitarre bewegt sich „When the Smoke Clears“ zwischen Southern und Outlaw Country. Auch die Balladen bedienen sich in beiden Genres. Wimmernder Slide untermalt „Go Jump In A Creek“ und „Moonshine Melody“. Beim letztgenannten Beitrag übernimmt eine Dame als Duett-Partnerin zeitweise die Lead Vocals. Die Sängerin wird in den Credits nicht genannt, sie verhilft dem Song aber zu einem nostalgischen Siebziger-Jahre-Flair.
Am Ende gibt der Track überraschenderweise richtig Gas. Er belegt, dass Ole Whiskey Revival sich in den Traditionen auskennt und diese kreativ auslebt.

Das herrlich leiernd gesungene „Hairy Legged Hippie Chick“ spielt mit Country-Versatzstücken. Die augenzwinkernde Charakterisierung einer geliebten Frau zeigt, dass Ole Whiskey Revival einen gewissen Sinn für Humor hat, der nicht zuletzt auch auf dem Cover mitschwingt.

Das radiotaugliche „Whiskey Makes It Spin“ wurde als Video vorab ausgekoppelt. Auf die harmonische Midtempo-Nummer zu setzen, ist wahrscheinlich klug. Allerdings sind einige andere Songs letztlich interessanter. So hat „Sweet Evangeline“ ebenfalls einen eingängigen Refrain, die Gitarrenarbeit stellt dort allerdings einen zusätzlichen Pluspunkt dar. Wie dem auch sei, zwischen den Polen Blackberry Smoke und Chris Stapleton bringen Ole Whiskey Revival frischen Wind in die Szene.

Alex Troegel (Gitarre, Gesang) tat sich 2014 mit Trent Daugherty (Gitarre, Gesang), John Garcia (Gitarre, Gesang), and Stevey Hensley (Bass), die zuvor bei Magnolia Mae spielten, zusammen. Als Schlagzeuger trat Ryan Alexander der Band bei und Ole Whiskey Revival wurde geboren. Für das erste Album holten sie sich noch Kyle Roop hinzu, der bei einigen Titeln eine Steel Guitar beisteuert.

Nach „Mojave Gold“ von The Rhyolite Sound erweitert Whiskey Preachin‘ Records seinen Label-Katalog mit Ole Whiskey Revival um einen zweiten Hochkaräter. Ole Whiskey Revival legt mit den neun Eigenkompositionen ein rundum gelungenes Debüt vor. Die abwechslungsreichen Tracks zeigen die Band aus Louisiana als Kenner der Ingredienzien, welche Southern Rock und Outlaw Country ausmachen. Diese würzen sie gelegentlich noch mit einer Prise Humor, sodass sie ernsthaft zu den hervorragenden Neuentdeckungen dieses Jahres zählen.

Whiskey Preachin’ Records/Indigo (2020)
Stil: Southern Rock, Outlaw Country

Tracks:
01. The Legend Of Jack Savannah
02. Hairy Legged Hippie Chick
03. Crescent City Blues
04. Moonshine Melody
05. When The Smoke Clears
06. Sweet Evangeline
07. Whiskey Makes It Spin
08. Go Jump In A Creek
09. Ramblin’

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Whiskey Preachin’ Records

Lynyrd Skynyrd – Support: Blackberry Smoke – 18.06.2019 – Max-Schmeling-Halle, Berlin – Konzertbilder

LS haupt

Die Urgesteine des Southern Rokcs machten im Rahmen ihrer in Deutschland drei Gigs umfassenden Last of the Street Survivors Farewell Tour Halt in Berlin. Support waren Blackberry Smoke. Anbei ein paar Impressionen.

Bilder: spreewilder

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Max-Schmeling-Halle Berlin

Blackberry Smoke – Support: Quaker City Night Hawks – 27.10.2018, Musiekcentrum De Bosuil, Weert – Konzertbericht

BS-haupt

Drittes Southern Rock-Konzert innerhalb von fünf Tagen mit drei hochkarätigen Bands (alle irgendwie mit unterschiedlichen musikalischen Ansätzen) – wann hat es das schon mal gegeben? Erlebt das Genre bei uns in Europa nochmal ein kleine Renaissance?

Dritte im Bunde waren die momentanen Platzhirsche der Szene, vor allem was den Zuschauerzuspruch angeht, Blackberry Smoke, die sich zur Zeit wieder auf hiesiger Tournee befinden.

Ich begleite das Georgia-Quintett ja eigentlich review-technisch schon von Anfang an, selbst als sie noch jedem Zuschauer in relativ kurzem Zeitraum die Hände schütteln konnten und man mit den Jungs nach dem Gig an der Theke noch gemütlich ein Bier trinken konnte.

Die Zeiten sind lange vorbei. Charlie Starr und seine Bandkumpanen Paul Jackson, Brandon Still, Richard und Brit Turner haben sich durch kontinuierlich gute Scheiben und regelmäßige Live-Präsenz bei uns, eine stetig wachsende Fangemeinde aufgebaut (überraschender Weise mit auch sehr vielen jüngeren Anhängern), und sorgen hier mittlerweile in den mittelgroßen Locations für ausverkaufte Häuser.

So auch an diesem Abend im brechend vollen Musiekcentrum De Bosuil im holländischen Weert, zu dem auch viele Deutsche aus dem Grenzgebiet angereist waren.

Als Support hatten sie diesmal die texanischen Quaker City Night Hawks mit dabei. Ich muss direkt sagen, endlich mal ein Act, der auch Spaß gemacht hat, nachdem bei allen Konzerten zuvor, die ich bisher von Blackberry Smoke erlebt hatte, immer grottenschlechte und  nicht passende Acts erstmal die Toleranz auf die Probe gestellt hatten.

Das Lonestar-Quartett um die beiden Leader Sam Anderson (so ein Marcus King-Typ) und David Matsler (schöne Stimme Richtung Cody Canada) lieferten angenehme, versierte Kostproben aus ihren bisherigen Fundus (mit u. a. „Cold Blues“, „Mockingbird“, „Fox In The Hen House“) und gaben mit Stücken wie „Colorado“ und „Suit In The Back“ einen Ausblick auf ihr neues, voraussichtlich im Februar erscheinendes Album.

Trademark des Vierers sind die wechselnden Lead- und sich ergänzenden Harmoniegesänge der beiden Hauptprotagonisten, gepaart mit texanisch angehauchter E-Gitarrenarbeit. Mein Favorit aus ihrem Programm war der „Rattlesnake Boogie“, der passender Weise mit schönen Rasseleffekten versehen wurde. Eine klasse Truppe, bei der es durchaus lohnt, sich mit ihr tiefergehend zu beschäftigen.

Charlie Starr und seine Kollegen hatten mit dem launigen Auftakttrio „Fire In The Hole“, „Nobody Gives A Damn“ und „Good One One Comin‘ On“ die Audienz sofort auf ihrer Seite. Schwerstarbeit musste ihr Gitarren-Rowdie leisten, der Starr und Paul Jackson mit stetig wechselnden Arbeitsgeräten versorgen musste.

Im Gegensatz zu Lynyrd Skynyrd, die es jetzt Jahrzehnte geschafft haben, sich bei Ihren Live-Auftritten auf ein paar wenigen Stücken auszuruhen, darf man sich bei Blackberry Smoke über einen steten Wechsel in der Setlist freuen. Konstant ist bei Blackberry Smoke nur das Line-up, was eine auf eine gute interne Harmonie Rückschlüsse zulässt. Rein äußerlich ist eigentlich hier nur das Wachsen und Ergrauen der beiden imposanten Turner-Bärte als marginale Randnotiz zu vermerken.

So wurden natürlich die aktuellen Silberlinge „Find A Light„/“The Southern Ground Sessions“ („Best Seat In The House“, das wunderbare „Run Away From It All“) genauso umfassend abgebildet wie auch Stücke aus den vergangenen Alben (u. a. „Waiting For The Thunder“, „Let It Burn“, Sanctified Woman“, „Up In Smoke“, „Son Of The Bourbon“, „Like An Arrow“).

Zu gefallen wusste der Fünfer sowohl bei instrumentell ausufernderen Sachen mit zum Teil progressivem Touch wie „Medicate My Mind“, „The Whippoorwill“ oder „Sleeping Dogs“ (mit Einbindung des Beatles-Klassikers „Come Together“) als auch bei Ausflügen in den countryesken Bereich z. B. „I Ain’t Got The Blues“ und dem Gänsehaut-erzeugenden Ohrwurm „One Horse Town“.

Über den Mehrwert, der durch Brandon Still mit seiner variablen Keyboard-Arbeit (Orgel, E-Piano, HT-Piano) erzeugt wird, ist ja hier schon mehrfach philosophiert worden. Die Turners verrichteten ihr routiniertes Rhythmus-Werk, Paul Jackson glänzte neben Charlie Starr als unangefochtenem Leader (viele schöne E-Gitarrenspielereien), vornehmlich in den Twin-Passagen und bei kleineren Soli.

Blackberry Smoke präsentierten sich an diesem Abend in bester Spiellaune und hatten spürbar richtig Bock, was sich am Ende mit „Flesh And Bone“, dem herrlichen „Ain’t Much Left Of Me“ (mit integriertem „Mississippi Kid“ von Skynyrd) und dem, auf Zuschauerwunsch gespielten, zuvor schon länger nicht mehr performten „Train Rollin'“ in gleich drei Zugaben äußerte.

Eine gut aufgelegte Band, erstmalig ein perfekter Sound von Anfang an (Kompliment an den Mischer) und ein begeistert mitgehendes Publikum sowie die dementsprechend tolle Stimmung – Blackberry Smoke lieferten eine starke Werbung für den Southern Rock! Unser Dank an Olli Bergmann von Oktober Promotion und den Tourmanager Dan Tobin für die unkomplizierte Akkreditierung. Hat Spaß gemacht – eine Woche, die lange in Erinnerung bleiben wird!

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Paul Jackson (electric guitar, acoustic guitar, vocals)
Brandon Still (keys)
Richard Turner (bass, vocals)
Brit Turner (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Blackberry Smoke – The Southern Ground Sessions – EP–Review

Review: Stephan Skolarski

Wer von DER Southern-Rock Band, Lynyrd Skynyrd, ausgewählt wird, um sie als Support-Act auf ihrer Abschieds-Tour zu begleiten, dem eilt ein beträchtlicher Ruf voraus. Zu Blackberry Smoke muss daher nicht viel gesagt werden, auch weil sie den Southern-Rock Virus bereits seit den 2000er Jahren erfolgreich verbreiten.

Das im April veröffentlichte sechste Studioalbum „Find A Light“ wurde hier in „Sounds of South“ schon ausführlich bewertet. Zur eigenen Tournee folgt jetzt eine Sonderausgabe, inklusive Akustik-Session-EP.

Aufgenommen in Zac Browns Southern Ground Studios in Nashville, TN, sind fünf Stücke vom aktuellen Album als abgewandelte Version enthalten. „Run Away From It All“ und „Medicate My Mind“ klingen durch die fehlende Lead-Gitarren-Power und die hinzugefügte Akustik-Bridge wie „echte“ Country Songs.

Amanda Shires – Ehefrau von Jason Isbell und in seiner Band The 400 Unit aktiv – haben Blackberry Smoke auch auf der Akustik-Version von „Let Me Down Easy“ an die Fiddle gebeten. Die wehmütige Grundstimmung des „Originals“ kommt als Akustik-Song jetzt noch deutlicher zur Geltung.

Das eingängige „Best Seat In The House“, hat als Akustik-Track nichts von der Lebendigkeit der Urfassung verloren. Auf „Mother Mountain“ performt, wie schon auf „Find A Light“, wieder Oliver Wood von den Wood Brothers im Duett mit Charlie Starr. Die beiden Versionen unterscheiden sich aber leider nur geringfügig voneinander.

Als Highlight ist natürlich das Tom Petty and the Heartbreakers-Cover „You Got Lucky“ vom 1982er Album „Long After Dark“ hervorzuheben, dem Blackberry Smoke in der Akustik-Spielart eine ganz neue musikalische Atmosphäre geben.

Lynyrd Skynyrd haben schon 1994 auf „Endangered Species“ (1994) Ausflüge in die Akustik-Welt unternommen. Blackberry Smoke wandeln mit der „Southern Ground Sessions“-EP daher auf den Spuren ihrer Idole. Die EP ist ein spannender Versuch einige Songs des Longplayers neu zu interpretieren und mit der Zugabe von Pettys Klassiker „You Got Lucky“ wird es besonders für eingefleischte Fans ein Genuss sein, die Southern-Rocker von ihrer ruhigen Seite kennenzulernen.

Earache Records (2018)
Stil: Southern Rock / Country Rock

01. Run Away From It All
02. Medicate My Mind
03. Let Me Down Easy (feat. Amanda Shires)
04. Best Seat In The House
05. You Got Lucky (feat. Amanda Shires)
06. Mother Mountain (feat. Oliver Wood)

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Blackberry Smoke – Find A Light – CD-Review

BS_Light_300

Sie sind mittlerweile die unangefochtene  Lichtgestalt des Southern Rocks. Keine der übrig gebliebenen arrivierten Vertreter des Genres wie Skynyrd, Molly Hatchet oder (am ehesten vielleicht noch) die Outlaws & Co.  können dem Quintett um ihren Leader Charlie Starr, was kompositorische Kraft und Variabilität angeht, noch annähernd das Wasser reichen.

Ich habe Blackberry Smoke quasi seit ihren ersten Stehversuchen in unserem Lande durchgehend begleitet (damals noch vor 50 Zuschauern spielend) und freue mich über ihre tolle Entwicklung. Nach ihrem starken Vorgänger „Like An Arrow“ heißt es jetzt „Find A Light“. Und das dreizehn Tracks umfassende Album (Charlie bei allen Liedern kompositorisch involviert) setzt diesmal noch einen drauf.

Der leichtgewichtige, aber auch nicht unbedingt spindeldürre Bandleader schickt seine Jungs mit „Flesh And Bone“, einem psychedelisch stampfenden Rocker ins Rennen, um mit dem von einer melodischen Hook getragenen „Run Away From It All“, den Anwärter für die Radiostationen nachzulegen. Toll auch das mit Tempowechseln herrlich verschachtelte rotzige „Crooked Kind“.

Bei „Medicate My Mind“ (im Gregg Allman-Stil) und „I’ve Got This Song“ (mit Fiddle-Ergänzung) werden erste Countrybezüge sichtbar (später folgen noch das balladeske „Seems So Far“, das mit Harmoniegesängen von Amanda Shires verzierte „Let Me Down Easy“, sowie das mit den Wood Brothers performte, dazu leicht folkige Schlussstück „Mother Mountain“).

Von Will Hoge hätte auch das launig ins Ohr gehende, rootsige „Best Seat In The House“ stammen können. Robert Randolph assistiert mit flinken Fingern dem Quintett bei der quirlig poltrigen Uptemponummer „I’ll Keep Ramblin'“. Auch das aus Skynyrd-, Black Crowes- und typischem Blackberry Smoke-Stil verschmelzende, NASCAR-taugliche „Nobody Gives A Damn“ knallt gewaltig. Klasse hier die HT-Fills von Brandon Still.

Kommen wir zum vermeintlichen Höhepunkt des Albums. Der ist aus meiner Sicht ganz klar das Pathos-getränkte „Till The Wheels Fall Off“ mit teilweise hymnischen Zügen a la „Free Bird“, „Lonesome Guitar“, „The Journey“ und Co. Doch wo bleibt hier am Ende das im Genre obligatorische E-Gitarrenfinish? Leider Fehlanzeige, nach dem Abschluss-Refrain ist abrupt finito. Hier hätte man zweifellos eine der großen Southern Rock-Hymnen des 21. Jahrhunderts für sich verbuchen können. Chance verpasst, vielleicht der einzige kleine Makel.

Trotzdem ist „Find A Light“ natürlich eine ganz brillante, vor allem sehr abwechslungsreiche Scheibe geworden. Ronnie Van Zant wäre vermutlich um sein Erbe stolz gewesen. Schön zu wissen, dass Blackberry Smoke im kommenden Oktober wieder in Europa (natürlich auch in Deutschland) auflaufen werden, wobei wir dann aus geografischen Gründen vermutlich den Termin im niederländischen Weert wahrnehmen werden.

Earache Records/ADA-Warner Music (2018)
Stil:  Southern Rock

01. Flesh And Bone
02. Run Away From It All
03. The Crooked Kind
04. Medicate My Mind
05. I’ve Got This Song
06. Best Seat In The House
07. I’ll Keep Ramblin‘ (feat. Robert Randolph)
08. Seems So Far
09. Lord Strikes My Dead
10. Let Me Down Easy (feat. Amanda Shires)
11. Nobody Gives A Damn
12. Till The Wheels Fall Off
13. Mother Mountain (feat. The Wood Brothers)

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Blackberry Smoke – 24.03.2017, Bürgerhaus Stollwerck, Köln – Konzertbericht – Support: The Biters

BS_Köln-Haupt

Ich muss zugeben, dass man sich, selbst als erfahrener Musikjournalist, nach einem Weltklasse-Gig, wie dem von der Tedeschi Trucks Band schwer tut, die Dinge wieder genau einzuschätzen, vor allem, wenn man sich 48 Stunden später beim nächsten Konzert zunächst im Vorgruppenmilieu wiederfindet.

Da hatte der eigentliche Grund des Besuchs, die Southern Rocker aus Atlanta Georgia, Blackberry Smoke, nämlich eine junge Band, namens, The Biters, im ausverkauften Kölner Bürgerhaus Stollwerck, mit im Schlepptau. Sagen wir es mal so: Die ebenfalls aus Georgia stammenden Burschen waren zumindest besser als die grauenhafte Vorband, die BS 2014 in der Kantine supportet hatte.

Aber auch das, was das Quintett, letztendlich mit ihrem 70ies-umwehten Rock, mit vereinzeltem Southern-Touch („Going Back To Georgia“, „1975“), zum Besten gab, war nicht allzu erbaulich. Mein Rat an Jungs wäre es, sich mehr auf die Verbesserung ihrer kompositorischen und spielerischen Fähigkeiten zu konzentrieren, als mit vulgären Ansagen und Bierdosen-Ex-Saufen auf der Bühne mit zwei jungen Trunkenbolden aus dem Publikum, punkten zu wollen. Das Ganze war somit eher bitter als bissig.

Das hatte was von, um es mal im Fußballer-Jargon auszudrücken, Mittwochs  das 6:1 vom FC Barcelona gegen Paris live vor Ort zu erleben und sich dann zwei Tage danach ungewollt bei Viktoria Köln gegen die U23 von Schalke 04 in der Kicker-Alltags-Realität wiederzufinden (und in diesen Sphären kennt sich der Autor, könnt ihr mir glauben, bestens aus…).

Kommen wir zum eigentlichen Anlass des Besuches, Blackberry Smoke. Obwohl ich die Band auf ihren Alben eigentlich unheimlich mag, konnten sie mich bei meinen bisher erlebten Gigs (Zwischenfall Bochum, Luxor Köln und Kantine Köln) auch nicht gerade vom Hocker reißen, jedesmal war der Sound ziemlich bescheiden, in der Kantine vor drei Jahren sogar mehr als übel.

Das Quintett erfreut sich aber gerade in der Domstadt, offensichtlich unglaublicher Beliebtheit, das Bürgerhaus Stollwerck war picke-packe-voll und somit ausverkauft. Charlie Starr und seine Jungs sorgten dann mit dem launigen Eröffnungstrio „Six Ways To Sunday“, „Fire In The Hole“ und „Good One Comin‘ On“, von Beginn an, für gute Stimmung in der Bude. Der Sound war bis dato wieder zu laut und übersteuert, mich beschlich erneut ein mulmiges Gefühl.

Nach „Testify“ und dem furiosen Opener ihres neuen starken Werkes „Like An Arrow„,  „Waiting For The Thunder“, bekam der Mann am Mischpult, die Sache deutlich besser in der Griff und es entwickelte sich ein richtig dynamischer und guter Gig. Über „Rock And Roll Again“ (schönes Honkytonk-Piano-Geklimper von Brandon Still), „Let It Burn“ (Skynyrd-Flair), dem atmosphärisch dichten „Pretty Little Lie“ (tolles E-Solo von Starr)  bis hin zum, durch einen jammigen Mittelteil erweiterten „Sleeping Dogs“, wo das Quintett zum ersten Mal, auch seine Qualitäten im feineren Zusammenspiel bewies (z. B. schöne Double Leads von Starr und Paul Jackson), fand die Georgia-Truppe immer besser in ihren Rhythmus.

In satt rockender Manier wurden dann imaginär mit dem heiligen Geiste die Hände geschüttelt, um mit dem progressiven Prachtstück „The Whippoorwill“, erneut ein Highlight zu setzen. „Up In Smoke“ brachte dann interaktiv, die Hütte wieder zum Kochen. Als Charlie Starr erstmals die Akustikgitarre überstreifte, hieß es mit „I Ain’t Got The Blues“ Countrytime, im, bis zu den Oberrängen, gefüllten Bürgerhaus.

Das shufflige „Payback’s A Bitch“, der herrliche Stampfer „Restless“ (HT-Piano, quirliges E-Solo Starr) und eines meiner Lieblingstracks der Band, der melodische Ohrwurm „One Horse Town“ (diesmal Paul Jackson an der Akustikgitarre) läuteten das Finale des Hauptteils ein, der mit dem tollen „Freedom Song“ (Starr mit Slide, nachher beide Gitarristen mit Double Leads) beendet wurde.

Mit starken und launigen Fassungen von „What Comes Naturally“  und „Ain’t Much Left Of Me“ kehrte die Band zum Zugabenteil (Charlie mittlerweile mit einem lustig aussehenden Indianer-Hut auf dem Kopf) auf die Bühne zurück und machten den musikalischen Sack zu. Insgesamt eine starke Vorstellung mit leichten Abzügen zu Beginn. Blackberry Smoke hatten mich zum ersten Mal, auch live, überwiegend richtig beeindruckt und im Stollwerck diesmal doch die Schokoladenseite des Southern Rocks repräsentiert. Danke natürlich auch an Wizard Promotions für die problemlose Akkreditierung.

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Paul Jackson (electric guitar, acoustic guitar, vocals)
Brandon Still (keys)
Richard Turner (bass, vocals)
Brit Turner (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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