Blackberry Smoke – Support: Bones Owens – 29.09.2024, E-Werk, Köln – Konzertbericht

Wieder mal ein toller Abend im Kölner E-Werk mit dem unbestrittenen aktuellen Branchenführer des Southern Rocks, Blackberry Smoke. Da im nebenan gelegenen Palladium ebenfalls ein ausverkauftes Konzert stattzufinden schien (bei einem Singer/Songwriter namens Faber – unsere Generation  verbindet mit dem Begriff wohl eher den Lotto-Service…), gab es im Umfeld der beiden Locations zunächst erst einmal das völlige Parkchaos.

Die Straße dazwischen bildete ganz offensichtlich auch eine imaginäre Alterstrennlinie. Auf der einen Seite fast nur junges Gemüse, auf der anderen die überwiegend immer betagter werdende (Southern) Rockmusik-Klientel, uns natürlich eingeschlossen. Wir entschieden uns nach drei Ehrenrunden dann auf unserem gewohnten Parkplatz, am etwas weiter weg gelegenen Carlswerk Victoria, zu residieren, wo die Truppe aus Georgia ja letztes Jahr schon brillieren konnte.

Nicht ganz soviel Freude wie die Tattoostudios in Nashville an Bones Owens‘ reichhaltig verziertem Körper hatte ich, ehrlich gesagt, an seiner im Trio präsentierten musikalischen Vorstellung. Er gab in einer Dreiviertelstunde natürlich u. a. diverse Stücke aus dem auch bei uns besprochenen aktuellen Werk „Love Out Of Lemons“ wie „Get It On“ oder „Goin‘ Back Where I Came From“ zum Besten. 

Das hatte alles allerdings viel den brachialen, und wenig feinfühligen Charakter einer Garagen Rock Band, mir persönlich ein viel zu schrammeliges Gestampfe und Gepolter, relativ unmelodisch und zu monoton, kein Song mit einigermaßen spürbarem Widererkennungswert. Feinfühlig, mehr höflich, wurde er vom Kölner Publikum mit Applaus bedacht, allerdings hatte man auch den Eindruck, dass die meisten Anwesenden ebenfalls nicht besonders glücklich mit der Wahl des Support-Acts waren.

Line-up:
Bones Owens (lead vocals, electric guitar)
Julian Dorio (drums)
Paul Moak (bass, programming)

Gegen 21:10 Uhr war es dann nach der Umbaupause relativ schnell soweit. Blackberry Smoke betraten hochmotiviert das ehemalige Elektrizitätswerk. Das Ensemble um Charlie Starr hatte in der Zwischenzeit ja den tragischen Tod ihres Drummers Brit Turner zu verkraften. Dieser wurde aber  vom neuen Mitglied Kent Aberle ohne Eingewöhnungsschwierigkeiten adäquat ersetzt.

Wie schon in ganz vielen unserer Konzertberichte über die Band geschildert, steht die Domstadt ja so was wie für das Synonym der Weiterentwicklung des aktuellen Sextetts. Und das nicht nur was die Quantität der Besucher betrifft, sondern auch für das musikalische Qualität. Während der stoische Bassist Richard Turner, der solide Keyboarder Brandon Still und der mit E-Gitarren-Rhythmusspiel und Harmoniegesängen, immer sehr zufrieden wirkende Paul Jackson, die langjährigen Konstanten und das Grundgerüst um den unbestrittenen Kreativ-Leader bilden, ist Charlie Starr mit dem Saitenvirtuosen Benji Shanks ein echter Glücksgriff gelungen.

Man hat nicht nur den Eindruck, dass dieser der Band mehr Tiefe und spielerische Klasse vermittelt, sondern auch Starr selbst in seinem Gitarrenspiel zu ständigen Verbesserungen animiert. Ein ganz tolles Zusammenwirken der beiden, und auch, wenn sich Paul Jackson mal sporadisch zu Twineinlagen dazugesellte.

Und so gab es mal wieder einen sich stimmungstechnisch ganz hervorragend aufbauenden Mix aus launigen Rockern („Good One Comin‘ On“, „Hammer And The Nail“, „Waiting For The Thunder“, „Little Bit Crazy“) , vielen Ohrwürmern („Pretty Little Lie“, “ Ain’t The Same“, „Run Away From It All“, „One Horse Town“), ein paar Country-/Honkytonk-Sachen („Hey Delilah“, „Ain’t Got The Blues“) und technisch anspruchsvollen Stücken mit progressivem Touch (u. a. „Medicate My Mind“,  „Watcha Know Good“, „The Wjppoorwill“). Grandios gespiueltdas akustisch gehaltene „Azelea“ aus dem aktuellen Album „Be Right Here„, mit herrlicher Mandolinenbegleitung von Shanks. 

Ganz hervorragend war auch die Textsicherheit der Kölner Audienz, die Charlie augenscheinlich bei Tracks wie u. a. „Waiting For The Thunder“ oder „One Horse Town“ großen Spaß bereitete und die zum Teil Gänsehaut erzeugte. Nach dem Ende des  Hautteils  mit dem verrückten „Little Bit Crazy“ ließen sich Blackberry Smoke nicht lange bitten und Starr (jetzt mit Cowboyhut) & Co. servierten mit dem Song-Trio „Don’t Mind If I Do“, dem Little Feat-Cover „Willin‘ und
„Ain’t Much Left of Me“ der begeisterten Menge im randvollen E-Werk eine ganz starke Zugabenrunde.

Und damit wären wir am Ende dann wieder bei den noch potentiellen Steigerungsmöglichkeiten der Truppe in der Domstadt. Konsequenter Weise müsste dann eigentlich 2025 das zu anfangs erwähnte gegenüberliegende Palladium an der Reihe sein.  Aber egal wo auch immer, Blackberry Smoke sind in der derzeitigen Verfassung immer einen Besuch wert.  Sie bilden ganz klar die Speerspitze des heutigen modernen Southern Rocks!

 

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar, percussion)
Paul Jackson (acoustic guitar, electric guitar, vocals)
Benji Shanks (electric guitar, acoustic guitars, mandolin)
Brandon Still (keys)
Kent Aberle (drums)
Richard Turner (bass, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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E-Werk

The Red Clay Strays – Moment Of Truth – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Als Newcomer eine Empfehlung von Billboard zu erhalten, stellt für neue Bands nach wie vor ein ausgezeichnetes Sprungbrett dar. Der Billboard-Trailer über die The Red Clay Strays wurde passend zum Release von “Moment Of Truth”, dem Debutalbum der Band veröffentlicht.

Seit 2016 sind die “Strays” aus Mobile, Alabama, schon aktiv unterwegs und spielen in einem Genre, das sie selbst als “non-denominational rock ’n’ roll“ bezeichnen, eine Mischung aus Southern, Country, Rock, Blues und Soul in sprichwörtlich diversen Varianten. Hemdsärmelige Soundschöpfungen mit klaren Huldigungen an Elvis oder Johnny Cash mit Einflüssen von Ray Charles bis Jerry Lee Lewis, werden mit Gospel und Rockabilly vermengt. Vibes von Van Morrison und Stevie Ray Vaughan sind ebenso beinahe magisch wie emotional verbunden und bilden das multi-talentierte Soundgefüge der Band.

Das Album beginnt mit dem erfrischend geradlinigen Blues Rocker “Stones Throw” und rauen E-Gitarren, die auch im folgenden Titeltrack immer wieder einfühlsam die musikalischen Akzente setzen. Zurückhaltend und slow interpretiert kommt mit “Do Me Wrong” ein Soul-Blues in Form des klassischen “Stand By Me” und steigert den Hörgenuss der brillanten Stimmgewalt von Sänger Brandon Coleman erneut in eine soulige Richtung. Neben dem hochtalentierten Frontmann, der einen Elvis-Style sowie eine leidenschaftliche Bühnenpräsenz verbreitet, besteht die Gruppe aus Drew Nix (electric guitar, harmonica, vocals), Zach Rishel (electric guitar), Andrew Bishop (bass), John Hall (drums). Hinzu kommt Matthew Coleman, der nicht mit auf den “Brettern” steht, aber zusammen mit Drew Nix die 12 Songs des Longplayers geschrieben hat.

Die insgesamt reduzierte, entspannte Spielweise lässt beim nachfolgenden Charttitel “Wondering Why” im Vordergrund der außergewöhnlichen, gesanglichen Souveränität eine Art Gothic-Country Melodram entstehen – auch bei minimaler Lautstärke ein intensiver Track. Die gleiche Intensität verbreiten die Balladen “Heavy Heart” oder “Ghosts”, deren unbeschwerte Storytelling-Qualitäten noch von “Killers” übertroffen werden.

Einzig der fast schon sehr schnell im CCR-Sound dahin fließende Country Rock “She’s No Good” fällt fast aus dem Rahmen der musikalisch lässig entspannten Aufnahmen. Diese normale, tiefgreifende Eleganz von “Moment Of Truth” wird bei der komplexen Klavierballade “Sunshine” wieder in den Kontext einer zeitlosen Produktion gebracht und unterstreicht die ausbalancierte Energie der Songliste. Die abschließende, herzlich-schöne Mid-Tempo-Nr. “Doin’ Time” würde unverkennbar dem hochgeschätzten John Fogerty jedenfalls ebenso alle Ehre machen – ein starkes Finale!

Als Vorband von u. a. Brothers Osborne, Old Crow Medicine Show oder Eric Church haben die “Red Clay Strays” diese Tour-Years of Experience genutzt, um mit Hilfe eines Fundraising-Projektes “Moment Of Truth” in 8 Tagen zu realisieren. Ein absolutes Erfolgsalbum mit elektrisierenden Songs ist dabei entstanden, oder wie Sänger Brandon Coleman resümiert: “We’re just looking for paying attention”. Sogar die Rolling Stones sind auf die Newcomer aufmerksam geworden: Am 30. Mai 2024 spielen die Red Clay Strays als Support der Stones in Foxborough, Massachusetts.

Thirty Tigers (2024)
Stil: Blues Rock, Southern Rock, Roots Rock, Americana, Country

Tracks:
01. Stones Throw
02. Moment Of Truth
03. Do Me Wrong
04. Wondering Why
05. Forgive
06. Heavy Heart
07. Ghosts
08. She’s No Good
09. Don’t Care
10. Killers
11. Sunshine
12. Doin’ Time

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49 Winchester – Fortune Favors The Bold – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Die Winchester Street im Russell County, Virginia, hat in der letzten Zeit ein größeres, mediales Interesse erfahren. Grund dafür ist die musikalische “Liebeserklärung” der Band 49 Winchester, die vor 8 Jahren in dem rund 2000 Einwohner zählenden Städtchen gegründet wurde und nun auf ihrem 4. Album “Fortune Favors The Bold” der entlegenen Heimat ein Denkmal setzt.

Doch der Reihe nach: Als 4 Nachbarschaftsfreunde 2014 begannen, gemeinsam Songs zu schreiben und unter dem Bandnamen 49 Winchester ihr Debüt-Album in Eigenregie veröffentlichten, folgten sie von Anfang an ihren eigenen Ideen. Diese konsequenten Independent-Jahre wurden mit den Alben “Wind” (2018) und “III” (2020) fortgesetzt, wobei zahlreiche Festivalauftritte und Tournee-Termine zunehmenden Erfolg brachten. Das führte schließlich dazu, dass die “rapidly rising band” nun bei New West Records ihren neuen Longplayer “Fortune Favors The Bold” released.

Die Vorab-Single “Annabel” kennzeichnet gleich von Beginn an den melodischen Sound von 49 Winchester, sowie das exzellente Story-Telling des Songwriters, Gitarristen und Sängers Isaac Gibson. Insgesamt gilt für alle Stücke: ein bodenständiger Alt-Country-Rock-Folk und Southern-Soul-Stil wird konsequent kombiniert. In der “Heimweh-Ballade” an seine Hometown in “Russell County Line” (“If you wonder where my heart is”) krönt Gibson seine Leidenschaft mit einem Gänsehaut-Poetic-Country-Feeling: ein Flaggschiff-Song! Neben dem Singer/Songwriter Gibson glänzen Chase Cafin (Bass), Bus Shelton (Electric-Guitar), Noah Patrick (Steel-Guitar), Don Eanes (Piano, Hammond B3, Keys) und Dillon Cridlin (Drums) auf dem neuen Album, das zusammen mit Stewart Myers in verschiedenen Studios produziert wurde.

Wiederentdeckte musikalische Traditionen zu integrieren und gleichzeitig die eigenen Songs zu behaupten, verwirklichen 49 Winchester auch im wunderbaren Southern Rock-Titel “All I Need” mit entsprechenden Skynyrd-Riffs, starken Hammond-Keys und passenden Gibson Lead-Vocals. Dass seine Stimme neben eigenen Akzenten ebenso ein John Fogerty-Muster drauf hat kann beim schnellen “Hillbilly Daydream” nacherlebt werden. Eine ebenso Story- und Refrain-orientierte Nummer ist “Damn Darlin’” (”Oh, Nashville you broken my heart”) – mit tollem Hammond-Solo, schöner Lyric-Bridge, sowie einer Erinnerung an Tom Petty-Variationen im neuen Gewand: ein Straight Banger!

Mit dem Titel-Song “Fortune Favors The Bold” folgt ein Mid-Tempo-Track, ein immer wieder herrlicher Hammond-Sound trifft auf klasse Vocal Begleitung und wird zielsicher zum Top-Song aufgebaut. Für den Country-Blues “Second Chance”, dürfte als Konzertausgabe sicher viel Live-Potenzial möglich sein; ebenso wie bei der eindrucksvollen Southern-Ballade “Neon”, die ihre Strahlkraft erst nach und nach entwickelt. Das letzte Stück “Last Call” wird zum schnellen J.J. Cale/CCR-Piano-Rock und rundet das Album als Rock’n’Roll “Oldie” Nummer perfekt ab.

49 Winchester haben mit ihrem 4.Album endgültig das Durchbruch-Release auf Klassiker-Niveau erreicht. Schon vor diesem Masterpiece hatten die Southern Rocker von Whiskey Myers die Zeichen der Zeit erkannt und 49 Winchester für die kommende Tour als Vorband gebucht. Auch dies bestätigt: “Fortune Favors The Bold”!

New West Records (2022)
Stil: Southern-Rock, New Country

Tracks:
01. Annabel
02. Man’s Best Friend
03. Russell County Line
04. All I Need
05. Hillbilly Daydream
06. Damn Darlin’
07. Fortune Favors The Bold
08. Second Chance
09. Neon
10. Last Call

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