Margo Price – Hard Headed Woman – CD-Review

Review: Michael Segets

Ich erinnere mich noch an den Auftritt von Sinéad O’Connor beim Tribute-Konzert für Bob Dylan 1992, das im Fernsehen übertragen wurde. Der Schwall an Ablehnung, der ihr aus dem Publikum entgegen schwappte, weil sie zuvor öffentlich ein Foto vom Papst zerrissen hatte, verhinderte, dass sie ihr Programm vortragen konnte. Kris Kristofferson trat zu ihr auf die Bühne und flüsterte ihr zu: „Don’t Let The Bastards Get You Down“. Diesen Zuspruch greift Margo Price in der Single vom neuen Album „Hard Headed Woman“ auf. Zum Song wurde sie zudem von „The Handmaid‘s Tale“ inspiriert – wahrscheinlich weniger von dem Roman von Margret Atwood, sondern eher von der erfolgreichen Serienverfilmung.

Der Teaser des Albums spiegelt dessen Ausrichtung wider: Price macht Country. Damit beantwortet sich auch die Frage nach ihrer zukünftigen musikalischen Ausrichtung, die sich im Anschluss an „Strays“ (2023) stellte. Auf ihrem letzten Longplayer lotete sie Spielräume in Rock, Pop und Americana aus. Nun kehrt sie zu ihrem ursprünglichen Genre zurück, worauf bereits das Cover, das sie als Cowgirl zeigt, hindeutet. Der einzige Titel, bei dem Price aus den Genrekonventionen ausbricht, ist „I Just Don‘t Give A Damn”. Das Stück beginnt fast schon funky und später kommen noch Bläser dazu.

Neben ein paar twangigen Uptempo-Nummern wie „Red Eye Flight“ und „Kissing You Goodbye“ finden sich einige Balladen auf „Hard Headed Woman“. Unter diesen ist „Nowhere Is Where“ besonders gelungen. Hinsichtlich der Intensität wird der Song noch von „Keep A Picture“ getoppt. Ein weiteres Highlight stellt für mich „Losing Streak“ dar, das in Richtung Country-Rock geht. Wie bereits auf „Stray“ holt sich Price bei einzelnen Titeln Gastmusiker ins Boot. Diesmal sind Jesse Welles („Don’t Wake Me Up“) und Tyler Childers („Love Me Like You Used To Do“) als Duett-Partner am Start.

Als Produzenten gewann sie erneut Matt Ross-Spang (Jason Isbell, Will Hoge), der bei ihren ersten Scheiben bereits diese Funktion übernahm. Eine Premiere ist, dass sie einen Longplayer in ihrer Wahlheimat Nashville aufnahm. Das 1965 gegründete RCA Studio A diente u. a. Dolly Parton und Merle Haggard als Aufnahmeort. Waylon Jennings spielte dort „Honky Tonk Heros“ (1973) ein, das für die Entwicklung des Outlaw-Country Bedeutung erlangte. In dessen Tradition ist Price einzuordnen.

Margo Price zeigt sich in ihren Texten als Frau, die nach Autonomie strebt und sich dabei weder Müttern, Männern noch dem Musikmarkt unterwirft. Sie macht Mut, Selbstbewusstsein als „Hard Headed Woman“ zu entwickeln und Standhaftigkeit gegen Widerstände zu beweisen: „Don’t Let The Bastards Get You Down“. Musikalische Traditionen des Country werden von Price fortgeführt, aber inhaltlich bricht sie mit konservativen Vorstellungen, wie Cowgirls zu sein haben.

Loma Vista-Concord – Universal Music (2025)
Stil: Country

Tracks:
01. Prelude (Hard Headed Woman)
02. Don’t Let The Bastards Get You Down
03. Red Eye Flight
04. Don’t Wake Me Up (feat. Jesse Welles)
05. Close To You
06. Nowhere Is Where
07. Losing Streak
08. I Just Don’t Give A Damn
09. Keep A Picture
10. Love Me Like You Used To Do (feat. Tyler Childers)
11. Wild At Heart
12. Kissing You Goodbye

Margo Price
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Oktober Promotion

Jason Isbell – Something More Than Free (10 Year Anniversary Edition) – Album-Review

Review: Michael Segets

Jason Isbell sorgt konsequent dafür, dass seine früheren Werke greifbar bleiben. Im Vergleich zu dem vor zwei Jahren erschienenen Paket zu „Southeastern“, das neben der remasterten Version des Albums Demoversionen und einen Konzertmitschnitt umfasst, fällt die Jubiläumsausgabe zum zehnten Jahrestag der Erstveröffentlichung von „Something More Than Free“ bescheidener aus.

Das Album wurde von Sylvia Massy (Tom Petty, Johnny Cash, Prince) neu abgemischt und bietet mit „Should I Go Missing“ einen Track, der nicht auf dem Original vertreten ist. Das bisher unveröffentlichte Stück mit dominanter Slide-Gitarre und hallverzerrtem Gesang führt das weiter, was mit „Palmetto Rose“ und „To A Band That I Loved“ am Ende des ursprünglichen Longplayers bereits anklingt. Insgesamt integriert sich der bluesorienierte Song aber nicht ganz nahtlos in das eher folkorientierte Werk. Er ist dennoch ein guter Beitrag, der als Ergänzung lohnt.

Das 2015 erschienene „Something More Than Free” bescherte Isbell seine beiden ersten Grammy-Awards. Ausgezeichnet wurde es als Americana-Album des Jahres und „24 Frames“ gewann in der Kategorie American Roots Song den Preis. Produziert hat Dave Cobb und an der Einspielung waren Amanda Shires, Sadler Vaden sowie weitere Mitglieder von „The 400 Unit“ beteiligt. Wann Isbell Solo-Alben und wann er welche mit „The 400 Unit“ veröffentlicht, erschließt sich mir nicht immer. „Something More Than Free” wird jedenfalls als Solo-Scheibe gezählt.

Neben „24 Frames“ und „Flagship“, die als Klassiker von Isbell gelten können, finden sich einige weitere Stücke, die zum gängigen Live-Repertoire gehören. So sind der Titelsong sowie „This Life You Chose“ auf der ersten CD aus dem Ryman Auditorium vertreten. „Speed Trap Town“ spielte Isbell auf der diesjährigen Akustiktour in Deutschland. Das von der Kritik hoch gelobte „Something More Than Free” enthält also einige Publikumslieblinge. Zu meinen Favoriten auf dem Album gehört der Folksong mit gospligen Refrain „If It Takes A Lifetime“.

„Something More Than Free” gehört in jede gut sortierte Americana-Sammlung. Wenn diese komplettiert werden soll, bietet es sich an, zur neu abgemischten und um einen Song erweiterten „10 Year Anniversary Edition“ zu greifen. Digital ist die Jubiläumsausgabe bereits erhältlich, als CD und LP ist sie für den 3. Oktober 2025 angekündigt.

Southeastern Records – Thirty Tigers/Membran (2025)
Stil: Americana

Tracks:
01. If It Takes A Lifetime
02. 24 Frames
03. Flagship
04. How To Forget
05. Children Of Children
06. The Life You Chose
07. Something More Than Free
08. Speed Trap Town
09. Hudson Commodore
10. Palmetto Rose
11. To A Band I Loved
12. Should I Go Missing

Jason Isbell
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Thirty Tigers
Oktober Promotion
Kulturkirche Köln

James McMurtry – The Black Dogs And The Wandering Boy – CD-Review

Review: Michael Segets

Ende der 1980er wurde ich auf das Debüt von James McMurtry aufmerksam, das der von mir verehrte John Mellencamp produzierte. Die beiden folgenden Alben von McMurtry finden sich ebenfalls in meinem Regal. Um die Jahrtausendwende tut sich dann eine Lücke in meiner Sammlung seiner Werke auf. Erst seit „Just Us Kids“ (2008) verfolge ich seine Veröffentlichungen wieder. Mit seinem überragenden „The Horses And The Hounds” (2021) reifte der Entschluss, McMurtrys Diskographie zu vervollständigen. Bevor ich diesen Vorsatz umgesetzt habe, liegt ein neuer Longplayer des Texaners vor.

Die hohen Erwartungen, die das vorangegangene Werk schürten, erfüllt „The Black Dogs And The Wandering Boy“, auch wenn es nicht ganz an es heranreicht. McMurtry verfolgt weiterhin seine typische Mischung zwischen Americana und Roots Rock, die er mit der Unterstützung zahlreicher Gastmusiker*innen, darunter Sarah Jarosz, Bonnie Whitmore, Charlie Sexton und Bukka Allen, umsetzt. Don Dixon produzierte vor dreißig Jahren bereits „Where‘d You Hide The Body“ und übernahm die Aufgabe nun auch bei dem aktuellen Album.

Zwei Cover rahmen den Longplayer. „Laredo (Small Dark Something)“ von Jon Dee Graham (The Resentments) steht am Anfang, „Broken Freedom Song” von Kris Kristofferson am Ende. Dazwischen finden sich acht Eigenkompositionen von McMurtry. Unter diesen packen mich „South Texas Lawman“, „Pinocchio In Vegas“ sowie „Sons Of The Second Sons“ am meisten. Beim letztgenannten Track äußert McMurtry eine bissige Kritik am ideologischen Zustand der Vereinigten Staaten. Auch in anderen Texten greift er soziale und politische Verhältnisse mit scharfem Blick auf. So ist „Annie“ eine Reflexion des Anschlags auf das World Trade Center und des Umgangs mit ihm.

Neben den gesellschaftlichen Beobachtungen dient McMurtrys Familiengeschichte als Inspirationsquelle. Er greift Episoden und Gegebenheiten auf, die er bei seinem Storytelling in einen neuen Kontext setzt. James wuchs in einem kreativen Umfeld auf. Sein Vater Larry war Schriftsteller und Ken Kesey, der die Vorlage für „Einer flog über das Kuckucksnest“ verfasste, war ein Freund der Familie. Eine wieder aufgetauchte Bleistiftskizze von Kesey, die wohl den jungen James zeigt, wurde für das Cover verarbeitet. Der ungewöhnliche und etwas sperrige Titel des Albums geht auf eine wiederkehrende Halluzinationen von Larry McMurtry zurück, der vor seinem Tod an Demenz erkrankt war. In dem gleichnamigen Song liefert Tim Holt ein prägnantes Gitarrensolo.

McMurtry zitiert im Titeltrack eine Zeile von Weird Al Yankovic und greift für „South Texas Lawman“ auf ein Gedicht von T. D. Hobart zurück. Neben den literarischen Verweisen verarbeitet er auch aktuellere persönliche Erlebnisse. Jason Isbell , engagierte McMurtry als Support für eine Tour. Dieser Umstand wird auf „Sailing Away“ aufgegriffen und Isbell in den Lyrics ausdrücklich genannt.

James McMurtry hält mit seinem charakteristischen Folkrock den hohen Standard, den er mit „The Horses And The Hounds“ erreicht hat. Auch wenn der Vorgänger eine Nuance die Nase vorn hat, qualifiziert sich das von persönlichen Familiengeschichten geprägte „The Black Dogs And The Wandering Boy” mit seinen gesellschaftspolitischen Facetten für die Bestenliste des Jahres.

New West Records – Redeye/Bertus (2025)
Stil: Americana/Roots Rock

Tracks:
01. Laredo (Small Dark Something)
02. South Texas Lawman
03. The Color Of Night
04. Pinocchio In Vegas
05. Annie
06. The Black Dog And The Wandering Boy
07. Back To Coeur D’Alene
08. Sons Of The Second Sons
09. Sailing Away
10. Broken Freedom Song

James McMurtry
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New West Records
Redeye Worldwide
Bertus

Zach Morgan – Quohog Cowboy – EP-Review

Review: Michael Segets

Ein reizvoller Aspekt meiner Tätigkeit für SoS ist, dass ich in Kontakt mit Musikern komme, deren Schaffen ich sonst wohl kaum zur Kenntnis genommen hätte. Ein solcher Fall ist Zach Morgan, der seine EP „Quohog Cowboy“ zur Besprechung geschickt hat. Der junge Singer/Songwriter wuchs in Cape Cod, Massachusetts, auf und zog dann über Tennessee, Alabama, Arizona nach Hawaii. Zurzeit plant er den Umzug zurück an die Ostküste der Vereinigten Staaten. Die EP wurde aber noch in Honolulu aufgenommen.

Die Rastlosigkeit und steten Wechsel des Umfelds spiegeln sich auch in den Titeln seiner Stücke wider. Sehr schön fängt der Folksong „Travelin‘ Across The Country“ die Gedanken an die Kindheit ein, die einem fern von der Heimat in den Sinn kommen können. In eine ähnliche thematische Richtung geht „Saying Goodbye“, das er anlässlich seines Wegzugs aus Arizona verfasste. Nach eigener Aussage reflektiert Morgan auf „Quohog Cowboy“ nicht nur seine Wanderschaft, sondern auch die Wurzeln seiner Herkunft. Neben den biographischen Bezüge lassen sich literarische aufweisen. So rekurriert „Tom And The Turtle“ auf John Steinbecks „Früchte des Zorns“. Dort geht es ja ebenfalls um Menschen, die einen Platz zum und im Leben suchen.

Musikalisch orientierte sich Morgan zunächst am Rock, bevor er Songwriter wie Jason Isbell oder Ryan Bingham entdeckte. In jüngerer Zeit setzte er sich mit den Werken von Bob Dylan, The Greatful Dead, Tom Petty und Neil Young auseinander, denen er einen großen Einfluss auf sein Songwriting zuschreibt. Morgan hört also die richtige Musik. In den einzelnen Tracks sind direkte Referenzen aber kaum auszumachen.

Die Stücke stehen klar in der Tradition des Folks. Ganz puristisch auf die akustische Gitarre reduziert geht es dabei nicht zu, denn Jon Yeater steuert auf der EP auch ein paar elektrifizierte Töne bei. Nicht zuletzt dadurch hinterlässt „Left In The Cold“ einen bleibenden Eindruck. Aber auch sonst gibt es keinen Lückenfüller auf „Quohog Cowboy“, sodass man eine gute Viertelstunde hervorragende Singer/Songwriter-Kost geboten bekommt. Obwohl alle Stücke unter drei Minuten bleiben, gelingt es Morgan stimmungsvolle Stories zu erzählen. „Milton“ sticht diesbezüglich nochmal unter den Tracks hervor.

Dem Ruf des Openers „So Good To See You“ kann geantwortet werden: So good to hear you! Vielleicht führen ihn seine Reisen ja mal auf den alten Kontinent, sodass man ihn nicht nur hören, sondern auch sehen kann. Zach Morgan gibt mit „Quohog Cowboy“ Anlass zu der Hoffnung, dass der Nachwuchs an Songwritern nicht versiegt, dem die musikalischen Traditionen bewusst sind, ohne diese lediglich zu reproduzieren..

Eigenproduktion (2025)
Stil: Singer/Songwriter

Tracks:
01. So Good To See you
02. Saying Goodbye
03. Milton
04. Tom And The Turtle
05. Left In The Cold
06. Travelin’ Across The Country

Zach Morgan bei Instagram

Jason Isbell – Foxes In The Snow – CD-Review

Review: Michael Segets

Anfang Februar gab Jason Isbell zwei Solo-Gigs in Berlin und Köln. Die Ankündigungen liefen an mir vorbei, obwohl Isbell auf meiner Liste der zu sehenden Live-Acts ganz weit oben stand. Dem Einsatz Oliver Bergmanns von Oktober Promotion und der Kulanz der Veranstalter verdanke ich es, dass ich in der Kulturkirche Köln doch noch Einlass gefunden habe und so einen Konzertabend erleben durfte, der noch immer nachhallt.

Neben einigen seiner Klassikern, stellte Isbell eine Reihe neuer Stücke vor. In Köln standen „Bury Me“, „Foxes“, „Gravelweed“, „Eileen“ und „True Believer“ auf der Setlist. Diese Song umjubelte das Publikum frenetisch. Ein Konzert rund um nicht veröffentlichte Titel zu konzipieren oder sogar mit diesen einzusteigen, ist ja nicht ohne Risiko. Im vorliegenden Fall ist der Plan aufgegangen, was für die präsentierten Stücke spricht. Isbell reflektierte sogar scherzhaft über den Livevorteil der nicht geläufigen Beiträge, dass den Konzertbesuchern schiefe Töne kaum auffallen, da die ja gewollt sein könnten.

Der Solo-Auftritt, bei dem die Songs pur vorgestellt und nicht von Arrangements verschiedener Instrumente verdeckt wurden, belegte, warum Isbell als einer der besten Songwriter seiner Generation gilt. Einen weiteren Beweis liefert Isbell mit seiner neuen CD „Foxes In The Snow“, die er gleichsam im Alleingang, nur mit akustischer Gitarre und seinem ausdrucksstarken Gesang einspielte. Vielleicht kommen auch Songwriter, die bisher eine Band in der Hinterhand hatten, irgendwann an den Punkt, an dem sie sich und die Kraft ihrer Songs in einer unverstellten Klarheit erproben wollen. Dieser Markstein, der beispielsweise „Nebraska“ für Bruce Springsteen darstellt, ist „Foxes In The Snow“ für Jason Isbell.

Mit der Auswahl der in Köln präsentierten Tracks hat Isbell alles richtig gemacht. Die fünf Songs gehören zu den ganz starken des Longplayers. Gewünscht hätte ich mir noch das in Berlin gespielte „Ride To Roberts“ oder die beiden „Good While It Lasted“ und „Wind Behind The Rain“, bei denen Isbell ebenfalls zu Hochform aufläuft. Acht Volltreffer von elf sind ein hervorragender Schnitt, wobei „Don’t Be Tough“, „Open And Close“ und „Crimson And Clay“ alles andere als Fehlschüsse sind. Sie packen mich zurzeit nicht so wie die anderen Songs und sie schmälern auch nicht den Gesamteindruck des Werks.

Nachdem Jason Isbell begleitet von seiner Band The 400 Unit mit „Weathervanes“ ein fast schon monumentales Album vorlegte, schiebt er jetzt mit „Foxes In The Snow“ eine mindestens ebenbürtige Solo-Scheibe nach. Die Songs – gepaart mit dem charakteristischen Gesang von Isbell – entwickeln eine Intensität, wie man sie selten auf minimalistisch gehaltenen One-Man-CDs erlebt.

Southeastern Records – Thirty Tigers/Membran (2025)
Stil: Singer/Songwriter

Tracks:
01. Bury Me
02. Ride To Roberts
03. Eileen
04. Gravelweed
05. Don’t Be Tough
06. Open And Close
07. Foxes
08. Crimson And Clay
09. Good While It Lasted
10. True Believers
11. Wind Behind The Rain

Jason Isbell
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Thirty Tigers
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Kulturkirche Köln

Ryan Bingham And The Texas Gentleman – Live At Red Rocks – Digital-Album-Review

Review: Michael Segets

2024 sind einige bemerkenswerte Live-Alben erschienen. Willie Nile, Jason Isbell und Steve Earle legten vor und nun reiht sich Ryan Bingham mit „Live At Red Rocks“ in die Liste ein. Digital ist das Konzert vom 25. Juni dieses Jahres bereits seit letzter Woche verfügbar. Vinyl und Silberlinge sind für den 22. November angekündigt. Dass das Publikum im restlos ausverkauften Red Rocks Amphitheatre leidenschaftlich mitging, lässt die Aufnahme erahnen. Jedenfalls fängt sie den frenetischen Jubel und die textsichere Begleitung – durchgängig bei „Nobody Knows My Trouble“ – des Hauptakteurs ein, der sich in sehr guter Form präsentiert.

Mit den beiden rockigen Stücken „Nothin Holds Me Down“ und „Jingle And Go“ von seinem letzten Longplayer „American Love Song“ (2019) nimmt Bingham das Auditorium vom Start an mit. Sehr stark ist das folgende „Top Shelf Drug”, das für mich neben „Hallelujah“ – eine Eigenkomposition von Bingham und kein Cover von Leonard Cohen – zu den Höhepunkten des durchweg überzeugenden Auftritts gehört. Neun Songs von seinem Debüt „Mescalito“ (2007) stehen auf der Setlist, wobei meine Favoriten „The Other Side“ und „Hard Times“ vertreten sind.

Natürlich darf auch sein mehrfach prämierter Hit „The Weary Kind“, der als Soundtrack zu „Crazy Heart“ bekannt wurde, nicht fehlen. Im Mittelteil des Konzerts setzt Bingham auf seine sanfteren, eher ein gemäßigtes Tempo anschlagenden Stücke. Hervorzuheben ist hier das Intro zu „Southside Of Heaven”, das er mit einer Mundharmonika bestreitet. Seine Spanisch-Kenntnisse lässt der in New Mexico geborene Songwriter bei „Boracho Station“ aufblitzen. Expressiver geht es zwischendurch bei dem zehnminütigen „Bluebird“ zu, bei dem einer gitarrendominierten Instrumentalpassage viel Raum gegeben wird. Zum Abschluss schlägt Bingham nochmal einen Bogen zurück zum rockigen Einstieg („Sunshine“, Bread & Water“).

Bingham legt bei seinen Studioveröffentlichungen keine besonders hohe Schlagzahl vor. Zurzeit ist er auf Konzerttour mit einem Tribute für The Last Walz von The Band und Robbie Robertson unterwegs. Mit von der Partie ist unter anderem Lukas Nelson. Bingham hat neben der Musik aber auch genug andere Betätigungsfelder für sich entdeckt. So besteht ein Dauerengagement bei der Fernsehserie „Yellowstone“, deren zweiter Teil der fünften Staffel gerade in Amerika anläuft. Darüber hinaus wirft er seine eigene Whiskey-Marke auf den Markt. Der Bourbon wird in Texas mit regionalen Zutaten produziert, ist dennoch in Zeiten des Online-Handles quasi weltweit zu erhalten. Aber auch ohne den edlen Tropfen lässt sich „Live At Red Rocks“ genießen.

Die Dopplung einiger Titel, die bereits auf seinem offiziellen Live-Album aus dem Jahr 2016 vertreten sind, mindert nicht die Qualität des aktuellen Auftritts von Ryan Bingham im Red Rocks Amphitheatre. Vielleicht hätte er seine neueren Stücke stärker berücksichtigen können, wie „What Would I’ve Become“ von seinem letzten Longplayer. Aber auch so bekommt man von einem souverän aufspielenden Songwriter eine Aufnahme, die die Konzertatmosphäre ohne Abstriche einfängt.

The Bingham Recording Company – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: Americana, Roots Rock

Tracks:
01. Nothin Holds Me Down
02. Jingle And Go
03. Top Shelf Drug
04. The Other Side
05. Long Way From Georgia
06. Ghost Of Travelin’ Jones
07. Bluebird
08. Sunrise
09. Hard Times
10. Hallelujah
11. The Weary Kind
12. Southside Of Heaven
13. Boracho Station
14. Nobody Knows My Trouble
15. Sunshine
16. Bread & Water

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Sadler Vaden – Dad Rock – Digital-Album-Review

Review: Michael Segets

Mit Kindern wird vieles anders. Das Leben On The Road mit der Familie in Einklang zu bringen, stellt für Musiker vermutlich eine Herausforderung dar. Vor allem verändern sich mit der neuen Rolle auch die Themen der Songs. Spontan fallen mir Brian Fallon (The Gaslight Anthem) und BJ Barham (American Aquarium) ein, die sich in ihren Texten wiederholt mit Dingen beschäftigen, die Väter so umtreibt. Die Geburt des zweiten Sohnes veranlasste nun auch Sadler Vaden zur Produktion seines dritten Soloalbums, das den bezeichnenden Titel „Dad Rock“ trägt.

Für seine Söhne schrieb er das jammende Instrumentalstück „Townend’s Theme“ und „I’ll Always Come Back“. Kinder verändern auch die Perspektive auf die eigenen Eltern, denen Vaden „Two Balloons“ widmet. Heartbreaker Mike Campbell (Tom Petty, The Dirty Knobs), Elliot Easton (The Cars) und einige andere Kollegen unterstützten Vaden bei seinem Projekt. Die Tracks wurden im Kern an zwei Studiotagen eingespielt und dann nach und nach weiter bearbeitet, soweit Vaden zwischen Windeln, Fläschchen und Abendritualen Zeitfenster dazu fand. Neben Familienleben und Solokarriere kann sich Vaden über mangelnde Beschäftigung nicht beklagen. Er ist weiterhin Leadgitarrist bei The 400 Unit, der Band von Jason Isbell, und betätigt sich als Produzent (Morgan Wade).

Sein Rocker-Herz hat sich Vaden trotz geänderter Umstände bewahrt. Mit „Staying Alive“ und „Holes“ sind zwei gradlinige, äußerst gelungene Gitarrenrockstücke auf dem Album vertreten. Einen etwas härteren, an den Siebzigern orientierten Gang legt er bei „Dove“ ein. „The Rescuer“ sticht unter den Titeln hervor. Schlagzeug und Gitarre klingen hier nach Bruce Springsteen und der E Street Band – ein Eindruck, der durch die kraftvollen Bläser und die Klavierparts unterstützt wird.

Abgerundet wird der Longplayer durch die Ballade „The New You“ und dem schon erwähnten Midtempo-Stück „I’ll Always Come Back“, bei dem sich Vaden von einer sanfteren Seite zeigt. Ähnlich wie sein Vorgänger aus dem Jahr 2020 „Anybody Out There?“ ist „Dad Rock“ so ein abwechslungsreiches Album geworden.

Auf „Dad Rock“ bringt Sadler Vaden Familie und Beruf als zwei Schuhe eines Paars zusammen. Mit seiner Vaterrolle gehen thematische Veränderungen der Songs einher, musikalisch behält er aber seine Richtung bei: kraftvoller, guitar-driven Rock mit feinen, eingestreuten Verschnaufpausen.

Thirty Tigers (2024)
Stil: Rock

Tracks:
01. Townsend’s Theme
02. Dove
03. The New You
04. Staying Alive
05. Holes
06. The Rescuer
07. I’ll Always Come Back
08. Two Balloons

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Various Artists – Live On Mountain Stage – Outlaws And Outliers – CD-Review

Review: Michael Segets

Letztes Jahr feierte die Radioshow „Mountain Stage“ ihr vierzigstes Jubiläum. Aus diesem Anlass erscheint ein Querschnitt der dort aufgetretenen Musiker: „Live On Mountain Stage – Outlaws And Outliers”. Die von Larry Groce ins Leben gerufene, wöchentlich ausgestrahlte Sendung ist nach Grand Ole Oprey die landesweite Radioshow mit der längsten Laufzeit in den USA. Sie wird normalerweise im Culture Center Theater in Charleston, West Virginia, vor Publikum aufgenommen. Im Herzen der Appalachen gelegen verschreibt sich die Show der Roots-Musik. Seit 2021 moderiert Kathy Mattea die zweistündige Sendung. Sie steuert das sanfte „Red-Winged Blackbird” dem Album bei.

Die Compilation entstand in Zusammenarbeit mit Oh Boy Records, sodass ein Beitrag des verstorbenen Labelgründers John Prine („Souvenirs”) obligatorisch ist. Daneben geben sich einige namhafte Musikerinnen und Musiker ein Stelldichein, die sich in der SoS-Interpretenskala wiederfinden: Lucinda Williams („Joy”), Eric Church
(„Sinners Like Me”), Margo Price („Hurtin’ (On The Bottle)”), Steve Earle
(„You Know The Rest”), James McMurtry („Canola Fields”) und Jason Isbell („Traveling Alone”). Besonders bemerkenswert ist der Beitrag von Wilco mit dem David-Bowie-Cover „Space Oddity“. Ebenfalls geläufig dürften The Indigo Girls sowie Alison Krauss sein, die mit „Closer To Fine” beziehungsweise „Let Me Touch You For A While” zwei Highlights des Longplayers abliefern. Die Fans der jeweiligen Musikerinnen oder Musiker kommen also in den Genuss einer höchstwahrscheinlich unbekannten Live-Performance.

Darüber hinaus bieten Various-Artist-Sampler oftmals die Möglichkeit neue Bands zu entdecken und „Live On Mountain Stage – Outlaws And Outliers” bildet da keine Ausnahme. Die markante Stimme von Andrew Martin des Duos Watchhouse („The Wolves“) lässt aufhorchen. Bei der Auswahl der Titel wurde eine ausgewogene Verteilung von weiblichen und männlichen Lead Vocals berücksichtigt. Einen Akzent setzen Bela Fleck und Abigail Washburn mit ihrem Beitrag banjogetriebenen „What’cha Gonna Do”.

Die meisten Stücke sind dem bodenständigen Americana mit fließenden Übergängen zum Folk oder Bluegrass zuzuordnen. Sie kommen ohne technische Spielereien aus und spiegeln in diesem Rahmen Varianten der traditionellen Roots-Musik wider. Tyler Childers sticht mit dem rockigen „Going Home” dabei heraus. Zwei bis drei Songs liegen nicht auf meiner Linie, aber das verwundert bei einundzwanzig Titeln unterschiedlicher Musikern nicht wirklich.

Insgesamt feiert die Radioshow Mountain Stage mit „Outlaws And Outliers“ ihr Vierzigjähriges angemessen mit einer bunten Mischung an etablierten und weniger bekannten Interpretinnen und Interpreten. Die Zusammenstellung bietet so eine Fundgrube für rare Liveaufnahmen und Neuentdeckungen. Die Palette handgemachter Musik bewegt sich vorwiegend im Americana mit einer Nähe zum Folk oder Bluegrass.

Oh Boy Records – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: Americana

Tracks:
01 Wilco – „Space Oddity”
02 Watchhouse – „The Wolves”
03 Molly Tuttle – „You Didn’t Call My Name”
04 Tyler Childers – „Going Home”
05 Lucinda Williams – „Joy”
06 Eric Church – „Sinners Like Me”
07 Margo Price – „Hurtin’ (On The Bottle)”
08 Gillian Welch and David Rawlings – „One More Dollar”
09 Birds of Chicago – „Lodestar”
10 Kathy Mattea – „Red-Winged Blackbird”
11 The Indigo Girls – „Closer To Fine”
12 John Prine – „Souvenirs”
13 Steve Earle – „You Know The Rest”
14 Bela Fleck and Abigail Washburn – „What’cha Gonna Do”
15 Sierra Ferrell – „I’d Do It Again”
16 Tim O’Brien – „Cup of Sugar”
17 Rhiannon Giddens – „Black Is The Color”
18 Alison Krauss – „Let Me Touch You For A While”
19 James McMurtry – „Canola Fields”
20 Jason Isbell – „Traveling Alone”
21 Sam Baker – „Isn’t Love Great”

Thirty Tigers
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Old Crow Medicine Show – Jubilee – CD-Review

Review: Michael Segets

Der Dezember ist ja der Monat, in dem Jahresrückblicke Konjunktur haben. Gewöhnlich nutze ich die etwas ruhigere Zeit zur Sichtung der Alben, die im Tagesgeschäft so liegengeblieben, aber einer Besprechung würdig sind. Diesmal fällt die Wahl auf „Jubilee“ der Old Crow Medicine Show. Der Longplayer erschien bereits im September anlässlich des fünfundzwanzigjährigen Bandjubiläums. Den größten Erfolg feierte die Band mit dem Grammy für „Remedy“ (2014) als bestes Folkalbum.

Von den Gründungsmitgliedern sind noch Frontmann Ketch Secor und Bassist Morgan Jahnig dabei. Zu diesen zählt auch Willie Watson, der sich aktuell bei „Miles Away“ nochmal die Ehre gibt. Auf der Gästeliste stehen weiterhin Sierra Ferrell („Belle Meade Cockfight“) sowie Mavis Staples („One Drop“). Alle drei Songs sind als Singles beziehungsweise Videos veröffentlicht.

Matt Ross-Spang (Jason Isbell, Will Hoge, Lucero, Arlo McKinley) fungierte wie bereits bei „Paint This Town“ (2022) als Produzent. „Jubilee“ erscheint gegenüber dem vorangegangenen Album stilistisch weniger breit aufgestellt. Es bietet vor allem Bluegrass und steigt mit „Jubilee Jones“ dementsprechend ein. Im weiteren Verlauf streut die Old Crow Medicine Show einige Americana-Balladen ein. Zum Abschluss überrascht der Gospel „One Drop“, der den insgesamt positiven Eindruck des Werks verstärkt.

Die Bluegrass-Nummern bewegen sich zwischen aufgekratzten („Belle Meade Cockfight“, „Wolfman Of The Ozarks“), flott durchgespielten („I Want It Now“) und entspannten Beiträgen, wie dem countryfizierten „Smoky Mountain Girl“. Ein Highlight ist „Keel Over And Die“ mit hereingerufenem, mehrstimmigem Refrain und quietschender Mundharmonika. Mehrmalls bestimmt die Geige den Sound wie bei „Shit Kicked In“. Aber auch das Banjo kommt zum Zuge, so auf der Ballade „Allegheny Lullabye“, die eine ordentliche Dynamik entwickelt. Die anderen Balladen können sich ebenfalls hören lassen – sei es das sanfte, atmosphärisch dichte „Daughter Of The Highlands“, das eingängige „Miles Away“ mit Willie Watson oder das folkige „Nameless, Tennessee“.

Die Lyrics widmen sich Liebesdingen oder subtiler Sozialkritik und sind häufig mit Ketch Secors eigenwilligen Sinn von Humor gewürzt. Texte und Musik machen jedenfalls Lust, sich intensiver mit dem Backkatalog der Band auseinanderzusetzen. Das könnte ein Vorsatz für 2024 werden – aber bleiben wir lieber beim Hier und Jetzt:

Nach den Ausflügen in rockigeres Gelände auf „Paint This Town“ bewegt sich Old Crow Medicine Show nun wieder in Richtung Bluegrass und Americana. „Jubilee“ mag so auch eine Reminiszenz an die Anfänge der Band vor fünfundzwanzig Jahren verstanden werden. Witzige, temporeiche und nachdenklich stimmende, ruhige Songs halten sich dabei die Waage. In beiden Kategorien können Ketch Secor und seine Mannen glänzen.

ATO Records – Pias/Rough Trade (2023)
Stil: Bluegrass, Americana

Tracks:
01. Jubilee Jones
02. Miles Away (feat. Willie Watson)
03. Keel Over And Die
04. Allegheny Lullabye
05. I Want It Now
06. Smoky Mountain Girl
07. Belle Meade Cockfight (feat. Sierra Farrell)
08. Shit Kicked In
09. Daughter Of The Highlands
10. Wolfman Of The Ozarks
11. Nameless, Tennessee
12. One Drop (feat. Mavis Staples)

Old Crow Medicine Show
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Pias/Rough Trade

Jason Isbell – Southeastern (10th Anniversary) – CD-Review

Review: Michael Segets

Jason Isbell sorgt mit der Wiederveröffentlichung seiner früheren Alben dafür, dass diese nicht in Vergessenheit geraten. Nach der Deluxe-Version seines Debüts „Sirens Of The Ditch“ folgten remasterte Ausgaben von „Jason Isbell And The 400 Unit“ sowie „Here We Rest“. Zum zehnjährigen Jubiläum des Erscheinens von „Southeastern“ bietet Isbell seinen Fans nun ein besonderes Paket, das drei CDs beziehungsweise vier LPs umfasst. Neben der Remasterung des von Brent Cobb produzierten Originals finden sich dort die Demos zu elf der zwölf Tracks – lediglich „Super 8“ fehlt – sowie der Mitschnitt eines Konzerts aus dem Jahr 2022. Jason Isbell spielte bei dem Auftritt im Bijou Theatre in Knoxville mit seiner Begleitband The 400 Unit „Southeastern“ komplett durch.

Beim Rolling Stone rangiert „Southeastern“ unter den besten 500 Alben. Neben dem von der Americana Music Honors & Awards 2014 ausgezeichneten „Cover Me Up“ hält der Longplayer einige hervorragende Songs bereit. Die Scheibe in seine Sammlung zu integrieren, ist daher sowieso nicht verkehrt. Mit dem Set zum zehnjährigen Jubiläum erhält man nun drei Varianten der Titel. Eine Ausnahme bildet das einzige Uptempo-Stück „Super 8“. Der Roots Rocker taucht nicht bei den Demos auf. Die Demoversionen werden von Isbell quasi im Alleingang mit akustischer Gitarre bestritten. Sie zeigen den Musiker pur als Singer/Songwriter. Dass die Aufnahmen als Demos bezeichnet werden, zeugt von Bescheidenheit. Klanglich bleibt an ihnen nichts auszusetzen und die Songs wirken auch nicht unfertig. Sie verdeutlichen, dass „Southeastern“ ebenfalls als Solo-Akustik-Album ein tragfähiges Werk geworden wäre.

Dass Isbell sich damals entschloss, es nicht dabei zu belassen, stellt sich dennoch als sinnvoller Schritt heraus. Der Harmoniegesang von Amanda Shires bei „Stockholm“ werten den Song gegenüber der reduzierten Demo-Version merkbar auf. Auch der Einsatz elektrischer Gitarren bei „Flying Over Water“ oder „Live Oak“ gibt den sowieso starken Titeln noch mehr Intensität. Zwei meiner Favoriten – „Traveling Alone“ und „Yvette“ –überzeugen in beiden Interpretationen. Mindestens gleichwertig sind die Demos mit den erstveröffentlichten Tracks bei „Different Days“ und „Songs That She Sang In The Shower“. „New South Wales“ gewinnt sogar gegenüber dem Original.

Die Live-Präsentation des Albums erhöht die ursprüngliche Spielzeit von „Southeastern“ um eine Viertelstunde. Dies liegt vor allem an den vergleichsweise längeren Instrumentalpassagen, wie dem Gitarrensolo bei „Cover Me Up“. „Stockholm“ hingegen wird etwas druckvoller. In der Gesamtschau entfernen sich die Titel aber nicht weit von den Studio-Versionen. Soweit ich die bisherigen Live-Aufnahmen von Isbell überblicke, sind „Live Oak“, „Songs That She Sang In The Shower“, „New South Wales“, „Yvette“ sowie „Relatively Easy“ auf keinem anderen Konzertmitschnitt veröffentlicht.

Wer einen Faible für Americana hat, sollte „Southeastern“ von Jason Isbell im Regal haben. Die 10th Anniversary-Edition des Albums bedient mit den Demo-Versionen zudem Freunde der puristischen Singer/Songwriter-Sparte. Die Live-CD bietet einige Tracks, die nicht auf anderen Konzertveröffentlichungen vertreten sind, welche die Neuausgabe für Fans, die „Southeastern“ bereits ihr eigen nennen, zusätzlich interessant macht.

Southeastern Records – Thirty Tigers/Membran (2023)
Stil: Americana

Tracks:

CD 1
01. Cover Me Up
02. Stockholm
03. Traveling Alone
04. Elephant
05. Flying Over Water
06. Different Days
07. Live Oak
08. Songs That She Sang In The Shower
09. New South Wales
10. Super 8
11. Yvette
12. Relatively Easy

CD 2
01. Cover Me Up
02. Stockholm
03. Traveling Alone
04. Elephant
05. Flying Over Water
06. Different Days
07. Live Oak
08. Songs That She Sang In The Shower
09. New South Wales
10. Yvette
11. Relatively Easy

CD 3
01. Intro (live)
02. Cover Me Up (live)
03. Stockholm (live)
04. Traveling Alone (live)
05. Elephant (live)
06. Flying Over Water (live)
07. Different Days (live)
08. Live Oak (live)
09. Songs That She Sang In The Shower (live)
10. New South Wales (live)
11. Super 8 (live)
12. Yvette (live)
13. Relatively Easy (live)

Jason Isbell
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