Andy Ross – Time To Fight – CD-Review

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Ich muss gestehen, dass selbst mir, als recht gut aufgestelltem Southern Rock-Experten, der Name Andy Ross, bis vor kurzem, nicht geläufig war. Dabei hat der Mann schon zwei CDs veröffentlicht und ist in den US-Staaten bekannt wie ein bunter Hund. Sein Videoclip zu „Cold Dead Hand“ wurde schon fast 120.000 mal angeklickt (bitte anschauen und Kopfschütteln!). Ja, dieser Andy Ross ist ein schlichtes Vermarktungsgenie in eigener Sache, dazu einer dieser typisch unbelehrbaren US-Patrioten, Waffennarr – und natürlich, sich auf die Verfassung berufend, Befürworter, sie tragen zu dürfen. Selbst Hardliner aus seiner Zunft wie Ted Nugent, Charlie Daniels oder Hogjaw dürften gegen ihn blass aussehen.

Ja, so sind ’se halt, die Amis. Andersherum, wenn man an die ganzen Pharisäer in unseren Breitengraden denkt, die angeblich zu unser aller Wohl handeln, wird einem auch nicht besser. Der hiesige Southern Rock-Liebhaber ist einfach gezwungen, so was wirklich ausklammern und irgendwie an das Gute im Menschen zu glauben… In diesem Falle geht es ja letztendlich auch um die Musik, und die ist zweifellos, trotz aller Klischees, richtig klasse.

Besondere Aufmerksamkeit erregte Ross vornehmlich als Gastgeber und Protagonist der Reality-TV-Serie ‚American Archery‘, wo Andy mit Pfeil und High-Tech-Bogen enthusiastisch, von Kameras begleitet, zur Freude aller Gleichgesinnten, durch die gesamte amerikanische Peripherie jagt. Eigentlich habe ich mit dem Burschen in dieser Hinsicht so gut wie nichts gemeinsam, mir läuft es heute noch eiskalt den Rücken runter, wenn ich an meine Zeit bei der Bundeswehr in der Grundausbildung zurückdenke, als ich G-3, Panzerfaust und Flugabwehrraketengeschütz bedienen musste. Die nahm ich übler Weise in Kauf, um dann nach drei Monaten, endlich überwiegend nur noch den Tischtennis-Schläger in der Sportkompanie als Waffe zu verwenden.

Ross hat sein eigenes Label ‚American Rebel‘ kreiert, ist dazu Vermarkter einer Wein-Linie sowie eines Gitarrenherstellers (Krossroad Guitars), und aber auch ein durchaus passabler Sänger, Songwriter und Musiker. Sein aktuelles Werk „Time To Fight“ bietet sogar Southern Rock par excellence. Eigentlich alles, was dem geneigten Verfechter des Genres so richtig Freude bereitet: Jede Menge starker Akustik- und E-Gitarren, ob in Slide-, Twin- oder in herkömmlicher Rhythmus-, Fill- oder Soli-Arbeit dargeboten, Banjo, Dobro, polternde Drums, pumpende Bässe, gurgelnde Orgel, klimperndes Piano, typische weibliche Backgroundgesänge, dazu in einer sehr sauber und klar klingenden, nicht, wie so oft üblich, altbackenen Produktion, abgemischt. Sein Gesang ähnelt dem von Donnie Van Zant, und auch die Musik weist viel Flair und Parallelen zum Wirkungsspektrum der gesamten VZ-Familie auf.

Dazu gesellt sich noch beim Opener „Back On The Back Roads“ das gesamte Line-Up von Little Texas, wobei Ross-Intimus Porter Howell auch Teile des Gesangs mit einbringt. „Like A Bullet From A Gun“ bewegt sich irgendwo zwischen 38 Special zum Ende der 80er und ZZ Tops „Eliminator“-Phase. Songs wie „Hot Lanta“, Chattahoochee“, „Sharp Dressed Man“ oder „Gimme All Your Lovin’“ lassen grüßen. Andy Ross kann es allerdings auch gefühlvoll. Schöne melodische, z. T. balladesk angehauchte Tracks wie „My Father’s Son“, „I Wrote This By Myself“ oder „Heaven Got A Hell Raiser“ bieten auch Southern Rockern die Gelegenheit, ihr eher raues Gemüt mal kurz beiseite zu schieben.

Ansonsten rockt Ross samt seiner Mitstreiter in bester zünftiger Southern Rock-Manier und lässt mit Titeln wie „American Rebel“ (mit schönen Twin-Einlagen), „Playing In The Mud“ (naturgemäß swampig mit Banjo und Dobro gestaltet), „It’s America, Son“ („Gimme Three Steps-Flair) oder dem abschließenden „Big Bad Loud Fast“ (flotter Sprechgesang, tempo-geladen, erinnert an „Last Ride“ von Doc Holliday), kein Zweifel an seiner musikalischen wie politischen Präferenz und Weltanschauung.

Fazit: Blendet man als mündiger Mensch mal alles andere, was nicht mit der Musik zu tun hat, aus, kann man mit der „Time To Fight“-Scheibe von Andy Ross richtig Spaß haben. Schöner Southern Rock für Liebhaber von Bands wie 38 Special, dem Van Zant-Clan allgemein, Hogjaw, dem ‚one CD wonder‘ Rambler, Jackson Stone Band, Rebel Pride, Doc Holliday, Preacher Stone, Montgomery Gentry, Dry County, Travis Tritt & Co. Musikalisch ein echter Insider-Tipp!

Buck Shot Records (2016)
Stil: Southern Rock

01. Back On The Backroads (feat. Little Texas)
02. Like A Bullet From A Gun
03. My Father’s Son
04. American Rebel
05. Heaven Got A Hell Raiser
06. Playing In The Mud
07. I Wrote This One Myself
08. It’s America, Son
09. Ain’t Running Out Of Ammo
10. Big Bad Loud Fast

Andy Ross
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Blackfoot Gypsies – Handle It – CD-Review

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Junge, Junge. Eigentlich bin ich ja von Interpreten aus Nashville recht feinfühlige, in der Regel perfekt eingespielte und produzierte Kost gewöhnt. Aber wie die Blackfoot Gypsies einem ihren brachialen Sound regelrecht um die Ohren plästern, sucht in Music City wohl seines Gleichen. Die Insassen irgendeines berüchtigten Südstaaten-Gefängnisses kriegen bei der Essensausgabe ihren Haferschleim vermutlich deutlich liebevoller vor den Latz geknallt!

Der Vierer, bestehend aus den, lange im Duo aufgetretenen Bandleadern Matthew Page (Lead vocals, guitars) und Zack Murphy (Drums), sowie den jetzt mit integrierten Dylan Whitlow (Bass) und Ollie Dogg (Harmonica), stellt den gediegenen Hörer wie mich, auf ihrem aktuellen Werk „Handle It“ auf eine harte Probe.

Ihr Stil ist recht schwierig zu charakterisieren. Eine Mischung aus klassischem Rock’n’Roll, gepaart mit Country-, Roots- und Southern Rock-Zutaten sowie Punk- und psychedelischen Eingaben der Seventies dürfte das Ganze einigermaßen annähernd beschreiben.

Pages anhaltend kreischende, rotzige Stimme, die mich ganz entfernt an die von Gordy Quist (The Band Of Heathens) erinnert (sorry Gordy…), sein meist schrammliges und surrendes (wenn der Bottleneck übergestreift wurde) E-Gitarrenspiel und Doggs quäkende Mundharmonika sind dabei in der Regel die Ton angebenden Elemente. Whitlow und Murphy entfachen mit pumpenden Bass und polternden Drums fast immer einen in Richtung Punk gehenden Rhythmusteppich.

Aus meinem Spektrum fallen mir als Vergleichsgrößen im weitesten Sinne Acts wie Delta Saints, die Black Crowes, Sachen aus dem Dan Baird-Dunstkreis („Pork Rind“ mal als Beispiel-Clip) oder Jackson Taylor & The Sinners & Co. ein. Am besten gefällt es mir, wenn wie bei „Spent All My Money“ (mit Akustikgitarre und Fiddle) oder „Dead On The Road“ so ein Hauch von Country durchschimmert.

Die meisten Stücke sind für jemanden meines Alters in den heimischen vier Wänden, angesichts des im trashigen Garagensound produzierten Ganzen und der fortwährenden ‚Wibbligkeit‘, doch ziemlich nervenzehrend, gipfelnd in dem wild zusammen geschusterten Abschlusstrack „Call Me After Midnight“. Lobenswert, die durchgehend vermittelte Authentizität, der selbstironische Teint und das gnadenlose Durchziehen ihres Konzeptes ohne kommerzielle Hintergedanken – für Nashville purer Horror.

Ich assoziiere bei „Handle It“ der Blackfoot Gypsies z. B. Bier-intensive Männer-Grillabende, um evtl. verhasste Nachbarn zu später Stunde zu ärgern (Polizeibesuch garantiert!) oder trunkenreiche Junggesellenabschiede, also alles Dinge, wo eine gehörige Portion alkoholischer Getränke bedingungslose Begleiterscheinungen sind. Am ehesten dürfte dieser Stoff live in beschriebenem Zustand seine Wirkung entfalten (die Band wird übrigens im Mai/Juni auch in unseren Gefilden auftreten). Wie du dieses Werk letztendlich händelst, steht aber natürlich auf einem anderen Blatt Papier…

Plowboy Records (2015)
Stil: Southern Rock’n’Roll

01. Scream My Name
02. Pork Rind
03. Under My Skin
04. Too Bad
05. Spent All My Money
06. In Your Mind
07. Dead on The Road
08. Snake Charmer
09. So Be It
10. Call Me After Midnight

Blackfoot Gypsies
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Teenage Head Music

King King, 03.03.2016, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbilder

Line-up:
Alan Nimmo (Lead vocals, electric guitar)
Lindsay Coulson (Bass)
Wayne Proctor (Drums, backing vocals)
Bob Fridzema (Keys, backing vocals)

Konzertbericht bei unseren Freunden auf
Soundanalyse

King King
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Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Sister Hazel – Lighter In The Dark – CD-Review

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Absolut stark – Sister Hazel auf Nashville-Pfaden! Aber nicht auf den ‚üblichen‘, oft so überproduzierten Mainstream Country-Pfaden, sondern vielmehr mit einer hinreißenden, klassischen Countryrock-Vorstellung, bei einigen Stücken frappierend an die Großtaten der Eagles erinnernd. Nach einer für Sister Hazel-Verhältnisse ungewöhnlich langen Kreativpause ist das Quintett aus Florida jetzt mit „Lighter In The Dark“ nach knapp fünf Jahren endlich wieder mit einer brandneuen CD am Start. Und nach den beiden eher unspektakuläreren Vorgängern „Release“ und „Heartland Highway“ (obwohl auch die immer noch sehr gut gelungen waren), kehren sie jetzt stärker denn je zurück.

„Lighter In The Dark“ ist ein absolutes Klasse-Album geworden. Die tollen Melodien, samt der starken Gesangsleistungen und flockigen Gitarrenläufe sprudeln wieder nur so aus ihnen heraus. Im Hinblick, dass der Begriff ‚Konstanz‘ das wohl am besten passende Attribut zur Umschreibung des Bandfünfers, der jetzt mittlerweile seit 1993 mit Ken Block, Drew Copeland, Ryan Newell, Jett Beres und Mark Trojanowski in unveränderter Formation besteht, ist, erscheint der bewusste Schwenk zum Countryrock zunächst doch ein wenig überraschend. Auffällig dabei die gute Planung: Es wurden einige der erfahrenen und erfolgreichen Songwriter aus Nashville, wie u.a. Ashley Gorley, Chris de Stefano, Tom Douglas, Hillary Lindsay, Gordie Sampson angeheuert und mit dem Steel-Virtuosen Steve Hinson, Barry Dean, Darius Rucker, Jillian Jaqueline Nashville-erprobte Musikerkollegen mit eingebunden.

Bandmitglied und Multiinstrumentalist Ryan Newell (Lead guitar, acoustic guitar, banjo, mandolin, dobro) hat eh alle spielerischen Voraussetzungen und die Stimmen von Ken Block und Drew Copeland (auffällig: mittlerweile sind sie fast gleichberechtigt singend) sind als Allrounder in nahezu allen Genres höchst ansprechend einsetzbar. Somit konnte eigentlich kaum etwas schief gehen. Selbstredend, dass sich natürlich auch die gewohnten Westcoast-, Southern Rock-, Pop-, Folk- und Rootsrock-Elemente in den Songs partiell immer wieder finden. Die Gesamtmischung passt einfach ideal. Produzent Chip Matthews hat darüber hinaus mit den Musikern ein äußerst angenehmes, warmes Soundambiente geschaffen. Mit 14 neuen Liedern wurde zudem auch nicht auf Sparflamme gefahren. Schon der herrlich, mit wundervoller, surrender Slide durchzogene Opener „Fall Off The Map“ lässt es dem etatmäßigen Sister Hazel-Fan richtig warm ums Herz werden. Was für eine knackige, traumhaft melodische Hammer Countryrock-Nummer. Da sind wieder Blocks markante Stimme, die tollen Harmoniegesänge im Zusammenschluss mit einer herrlich flockigen Instrumentierung und diesem unwiderstehlichen Ohrwurm-Charakter.

Auch das folgende, von Drew Copeland und Ken zusammen vorgetragene „That Kind Of Beautiful“ (mit zwei starken E-Gitarren-Soli) steht dem Vorgänger in nichts nach. Richtig hitverdächtig ist der „Karaoke Song“, bei dem Darius Rucker (einstiger Frontmann der Sister Hazel durchaus verwandten Band Hootie & The Blowfish, mittlerweile solo selbst ein Star der Szene) und Ken Block ein Duett der Extra-Klasse abliefern. Ein eingängiger, fröhlicher „Sing-A-Long“-Track, der gerade im Sommer auf keiner Party (ob mit oder ohne Karaoke-Darbietungen) fehlen sollte. So richtig countrylastig wird es bei „Kiss Me Without Whikey“. Block kannf sich mit launigem Sprechgesang zu flotten, Retro-beschwingten E-Gitarren und klimperndem Piano so ein wenig in Bakersfield-Sphären beweisen. Drew Copeland darf sein Faible für Piano-Herz/Schmerz- Balladen auf „Almost Broken“ ausleben. Unterstützung erhält er dabei von der bezaubernd singenden Jillian Jaqueline. Das waltzartige „Take It With Me“ hat ein wenig Ähnlichkeit mit Blackberry Smokes schönem Countryschwofer „One Horse Town“.

Die erste Single „We Got It All Tonight“ (komponiert vom Nashville-Erfolgsautorentrio Chris DeStefano, Ashley Gorley und Rodney Clawson) ist dagegen ein wenig auf die Bedürfnisse der Charts zugeschnitten, aber richtig klasse. Vermutlich ein erster Test, wie Sister Hazel vom Nashville-Markt angenommen werden. „Danger Is Real“ wird von einer großartigen Mandoline untermalt, mit „Prettiest Girl At The Dance“ folgt ein grandioser Ohrwurm in allerbester Eagles-Manier, und zwar zu deren besten Zeiten, zudem auch an der Schnittstelle zur Marshall Tucker Band und den Outlaws zu „Hurry Sundown„-Zeiten gelegen. Toll!! Ein wenig früheres Poco-Flair verbreitet das mit Mandoline und Dobro versehene „Thoroughbread Heart“, das wieder ganz in Zeichen Newells instrumentellen Könnens steht, während das mit großartigem Banjo unterlegte „Run Highway Run“ als so etwas wie der legitime Nachfolger des einstigen Eagles-Klassikers „Already Gone“ durchgeht. Herrlich!

„Back To Me“, von einer markanten E-Gitarren-Hook sowie Hinsons weinender Steel umgarnt, bietet dann zu Blocks einzigartiger Stimme typisches Sister Hazel-„Wellness-Programm“. Am Ende überzeugt das dezent keltisch gewürzte, von einer sirenenartigen Fiddle angeführte „Ten Candle Days“ aus der Feder von Jett Beres schließlich in Sachen „Team-Spirit“. Die Country-typischen Saiteninstrumenten musizieren und es hört sich so an, als wenn hier auch Newell und Beres gesangstechnisch mit eingebunden wären. Typischer Front Porch- oder lagerfeuertauglicher, schön traditionell gehaltener Country.

Insgesamt ein ganz exzellentes Album von Sister Hazel. Man wünscht dem Quintett von ganzem Herzen, dass „Lighter In The Dark“ auch von entsprechendem kommerziellen Erfolg gekrönt sein wird. Das hätten sie wirklich verdient. Ein äußerst geschmackvolles Cover-Artwork mit allen Texten rundet dieses einfach wunderschöne Werk in passendem Rahmen ab. Gratulation Sister Hazel! Ein echter Lichtstreifen an Nashvilles Counttryrock-Horizont!

Rock Ridge Music/Croakin‘ Poet Records (2016)
Stil: New Country

01. Fall Off The Map
02. That Kind Of Beautiful
03. Karaoke Song (feat. Darius Rucker)
04. Something To Believe In
05. Kiss Me Without Whiskey
06. Almost Broken (feat. Jillian Jacqueline)
07. Take It With Me
08. We Got It All Tonight
09. Danger Is Real
10. Prettiest Girl At The Dance
11. Thoroughbred Heart
12. Run Highway Run
13. Back To Me
14. Ten Candle Days

Sister Hazel
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Bärchen Records

The Kenneth Brian Band – Blackbird – EP-Review

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Die Kenneth Brian Band hatte die Messlatte, was den Nachfolger betrifft, mit ihrem beeindruckenden Debüt „Welcome To Alabama“ schon in eine beträchtliche Höhe gelegt. Mittlerweile ist das Zweitwerk in Form einer EP verfügbar. „Blackbird“ heißt der neue Silberling und kann, um es vorwegzunehmen, die recht hohen Erwartungen nicht erfüllen.

Ich bin, ehrlich gesagt, auch kein Freund von diesen Kurz-CDs. Irgendwie sind sie weder musikalischer Fisch noch Fleisch, auch wenn die hier dargebotenen sieben neuen Tracks mit einer akzeptablen Spielzeit umgesetzt wurden.

Im Prinzip macht Kenneth Brian auf den ersten fünf Tracks nahtlos da weiter, wo er beim Vorgänger aufgehört hatte. Die sind allesamt reccht gut gelungen (klasse direkt der wüst slidende Titelsong als Opener oder das Crows-angelehnte „Shakedown“), allerdings wurde die Eingängigkeit der Lieder zugunsten einer etwas erhöhten Dosis psychedelischen Faktors geopfert, trotzdem offerieren die Lieder starken E-Gitarren-lastigen (schön knarzig, viel Slide) authentischen Southern Rock alter Schule.

Überragend der atmosphärische Southern Blues „Go Down Hard“ mit einer extravagant verschachtelten, ausgedehnten E-Solo-Passage (inkl. Twin-Parts), die wirklich bestechend gespielt ist (toll auch das kühl klimpernde Piano vom 2014 verstorben Ikey Owens, dem diese Werk auch gewidmet ist). „Vultures“ wird durch Lillie Mae Risches Harmony vocals gerade noch gerettet. Das an Skynyrds „The Last Rebel“ erinnernde 5. Stück „Go West“ lässt die Klasse der Band nochmals aufblitzen (vor allem in furiosen E-Solo-Teil).

Doch das war’s dann leider. Es folgt mit dem 7 ½ Minuten währenden „Ponderosa Breakdown“ ein zwar technisch anspruchsvolles, aber doch recht herz- und seelenlos dahinimprovisiert wirkendes Instrumentalstück. Das hat mich schon phasenweise auf der neulich besprochen SIMO-Platte irgendwann ziemlich genervt.

Dazu kommt am Ende ein ziemlich lustlos und blass wirkender Song namens „The Pale Horse“, auf dem nur Brian singend und seine E-Gitarre zu hören sind. Macht irgendwie den Eindruck, als wenn der Protagonist sich selbst beim Komponieren auf der Veranda aufgenommen hätte. Das Lied wirkt trotz eingeflochtenem Slide-Solo unausgegoren.

Die beiden zuletzt genannten Stücke wären als Füller ok gewesen, wenn da noch ein paar starke Songs gefolgt wären. Ein paar klingende Gäste wie beim Erstling, hätten auch dem Nachfolger vielleicht ganz gut getan. Mir fehlt dazu ein wenig das melodische Red Dirt-Flair, das z. B. in Tracks wie „Texas By Tonight“, „Holdin On“ oder „The Fall“ zu finden war.

Die Kenneth Band deutet auf „Blackbird“ zwar weiterhin ihr kreatives und spielerisches Potential an, hätte aber meines Erachtens lieber warten sollen, bis genug starkes Material für eine komplette CD kreiert gewesen wäre. So bleibt es eher nur eine recht kurze, in Ansätzen, geglückte Momentaufnahme. Die Leichtigkeit vom Debüt ist dabei leider etwas auf der Strecke geblieben.

Southern Shift Records (2015)
Stil: Southern Rock

01. Blackbird
02. Shakedown
03. Goin‘ Down Hard
04. Vultures
05. Go West
06. Ponderosa Breakdown
07. The Pale Horse

The Kenneth Brian Band
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Teenage Head Music

Stevie Nimmo – Sky Won’t Fall – CD-Review

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Nachdem ich, wie vor kurzem beschrieben, die beiden Nimmo-Brüder, was ihre Bühnenaktivitäten betrifft, schon recht ausführlich unter die Lupe genommen habe, ist es mir jetzt vergönnt, auch mal einen musikalischen Datenträger zu beleuchten.

Stevie Nimmo war nach fast sechs Jahren Abstinenz mal wieder im Studio und präsentiert uns auf seiner neuen CD „Sky Won’t Fall“ ein weiteres gelungenes Werk, nachdem er ja schon auf seinem Debüt „The Wynds Of Life“ eine überaus starke Leistung abgeliefert hatte. Der Silberling beinhaltet neun neue Eigenkompositionen von Stevie, die er zum Teil auch schon bei seinem Auftritt im Dortmunder Blue Notez vorgestellt hatte, plus einem gelungen Allman Brothers-Cover von „Gambler’s Roll“ von der damaligen „Seven Turns“-Platte.

Sämtliche Tracks sind dazu im Cover-Artwork mit kleinen ganz interessant zu lesenden Anekdoten zur Entstehung/Intention von ihm beschrieben. Der Opener „Chains Of Hope“ beginnt nach ein paar kurzen Instrumentalspielereien mit einem krachenden E-Gitarrenintro. Ein toller schwerer Southern Blues Rocker mit starkem Strat-Solo. Zu dem spricht er mir mit diesem Song aus der Seele, er hinterfragt die unsägliche I-Phone-Hysterie, mit all ihren negativen Begleiterscheinungen.

Das mit einem zum Titel passenden rollenden E-Lick geführte „Roll The Dice Again“ (toll auch das zweite Wah-Wah-E-Solo) verbreitet die einfache Message, das man das, was man gerne macht, auch weitertun sollte, weil es irgendwie doch immer in einem steckt. Das relativ soulig dahingleitende „Change“ wird gegen Ende von einem nahezu dramatischen E-Solo durchbrochen, das es in sich hat. Starke Nummer.

„Running Back To You“ ist der obligatorische Slow-Blues, der auf ein Blues Rock-gefärbtes Album einfach draufgehört. Stark besungen und mit langen E-Gitarrenpassagen durchzogen. Klasse! Wenn eine Texas-‚Steel-Ikone‘ wie Lloyd Maines seine Dienste einem europäischen Künstler zur Verfügung stellt, kommt das einem musikalischen Ritterschlag nahezu gleich. So geschehen auf „Walk The Thin Line“, naturgemäß ein Lied mit Countrynote.

Das schön eingängige „I’ll Pray For You“ erinnert in seiner Melodik fast an Sachen der legendären Brit-Melodic Rocker FM. Auch sehr angenehmer Stoff. Mit dem satt stampfenden „Still Hungry“ geht es ein wenig in Richtung Storyville, eine Band der Stevie ja auch bekanntermaßen sehr zugetan ist. Auch hier gibt es wieder deftige E-Gitarrenkost (inkl. Wah-Wah-Solo) zu belauschen.

„Gambler‘s Roll“ ist sehr stark gespielt, kann dem Original aber nicht ganz das Wasser reichen, da hier die Einspielung im Trio (nur mit Matt Beable und Craig Bacon) im Vergleich zum umfangreichen ABB-Line-up, etwas zu limitiert erscheint. Mir fehlen hier Piano und Orgel, auch die verlebte stimmliche Aura von Gregg Allman (obwohl Nimmo ja ebenfalls ein guter Sänger ist) ist einfach nicht transformabel. Das Ganze ist bildlich gesehen fast so, als wenn Stevies Partick Thistle-Kicker mit drei Mann weniger gegen den FC Barcelona bestehen müssten. So ein Kunststück wäre auf dieser Welt, wenn überhaupt, nur einem Verein wie Rot-Weiss Essen zuzutrauen…!

Das wieder mit einer dezenten Countrynote und Harmoniegesängen beschwingt dahingroovende „Lovin‘ Might Do Us Good“ sowie das sehr persönliche „Love You More Tonight“ (rein akustisch gehalten, schöne Slide-Einlage) lassen „Sky Won’t Fall“ angenehm ausklingen.

Fazit: Ein rundum gelungenes Werk, das mit recht einfachen Mitteln ein hohes Maß an Ertrag offeriert. Ein paar evtl. Tasten- und Bläsereinlagen, sowie auch weibliche Harmoniegesänge würden sicherlich mehr Volumen und Abwechslung ins Spiel bringen, als die klassische, konsequent durchgezogene Blues-Trio-Linie. Trotzdem: Solange es weiter solch grundehrliche und authentische Leute wie Stevie Nimmo gibt, wird uns der musikalische Himmel noch lange nicht auf den Kopf fallen!

Manhaton Records (2016)
Stil: Blues Rock

01. Chains Of Hope
02. Roll The Dice Again
03. Change
04. Running On Back To You
05. Walk The Thin Line
06. I’ll Pray For You
07. Still Hungry
08. Gambler’s Roll
09. Lovin’ Might Do Us Good
10. Love You More Tonight

Stevie Nimmo
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SIMO – Let Love Show The Way – CD-Review

SIMO

Ein geschichtsträchtiger Ort, eine legendäre Gitarre und ein neues talentiertes Trio am Blues Rock-Firmament, das sind die Parameter, die das neue Album „Let Love Show The Way“ von SIMO bestimmen. SIMO kommen aus Nashville/Tennessee, haben sich aber entgegen der Haupt-Gepflogenheiten in Music City nicht dem Country verschrieben, sondern lassen eher den Southern-umwobenen Blues Rock in Verbindung mit britisch angehauchtem Psychedlic Rock im Stile der frühen Allman Brothers/Led Zeppelin wieder aufleben. SIMO – Let Love Show The Way – CD-Review weiterlesen

Stevie Nimmo – 28.01.2016, Blue Notez, Dortmund – Konzertbericht

So, jetzt bin ich mit den beiden Nimmo-Brüdern komplett durch! Nachdem ich sie zunächst zweimal in brüderlicher Zweisamkeit als The Nimmo Brothers einmal in den Niederlanden, einmal bei uns erlebt habe, hatte ich mir im letzten Jahr zunächst Alan Nimmo mit seinem King King-Gefüge in Köln gegönnt, diesmal war jetzt Stevie im Dortmunder Blue Notez an der Reihe. Stevie Nimmo – 28.01.2016, Blue Notez, Dortmund – Konzertbericht weiterlesen

Hank Williams, jr. – It’s About Time – CD-Review

Hank

Hank Williams jr. ist nach seinem etwas müde wirkenden Vorgängerwerk von 2012 wieder zurück – und präsentiert sich angriffslustig, energiegeladen und dazu in absoluter Top-Form! „It‘s About Time“ heißt sein neues Album und es strotzt voller sattem Outlaw Country und mit viel Skynyrd-Flair bedachtem Southern Rock. Starke E-Gitarren (toll JT Corenflos und Tom Bukovac!), quietschende Fiddles, quäkende Harp, klimperndes Piano, pulsierende Bläser-Einlagen und herrliche, southern-typische weibliche ‚uuh-uuh‘ und ‚aah-aah‘-Harmoniegsänge in Hülle und Fülle, dazu in einer richtig wuchtigen Produktion von Julian Raymond verarbeitet.  Hank Williams, jr. – It’s About Time – CD-Review weiterlesen

Swamp da Wamp – That Easy – CD-Review

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Southern Rock-Fans sind ja bekannter Weise leidgeprüft, was das Dahinscheiden von Musikern ihres Genres betrifft. Allein, was das immer noch bestehende Aushängeschild der Zunft, Lynyrd Skynyrd, an Verlusten hinnehmen musste, kommt ja schon fast einem Fluch nahezu gleich.

Auch die kontinuierlichen Nachrichten z. B. über Gary Rossingtons Gesundheitszustand, oder wenn man Gregg Allman zuletzt gesehen hat, stimmen nicht gerade fröhlich, lassen aber immer das Beste erhoffen, konfrontieren einen mit fortschreitendem Alter aber auch zunehmend mit der eigenen Vergänglichkeit, die man ja eigentlich immer ganz gerne ausklammert.

Völlig überraschend kam für Außenstehende allerdings jetzt die Todesnachricht von Swamp da Wamp-Chef Gig Michaels (bürgerlicher Name Michael Giggey), der wenige Stunden vor seinem 52. Geburtstag an den Folgen einer fortgeschrittenen Lungenkrankheit, mittels einer schweren Lungenentzündung, letztendlich verstarb.

Und das fast zeitgleich mit dem physikalischen Erscheinen ihrer neuen CD „That Easy“, dem uneingeschränkten musikalischen Höhepunkt ihres bisherigen kreativen Schaffens. Bitter! Die Band bestehend aus Gig Michaels (lead vocals, acoustic guitar), Adrienne Nixon (supporting vocals), Keith ‚Wizzard‘ Inman (lead guitars), Nick Nyguyen (lead guitar, cello, violin), Rich Basco (bass), Jonathan ‚Chicken-hawk‘ Parker (drums), Duke Rivers (b-3, piano) und John ‚Junkyard‘ Ledford (guitars) hat nach drei immer besser werdenden Vorgänger-Werken, ähnlich wie Blackberry Smoke, eine atemberaubende, kontinuierliche Weiterentwicklung durchschritten.

Man muss sogar fast attestieren, dass die Truppe aus Charlotte, North Carolina, mit „That Easy“ drauf und dran ist (war), sich einen Spitzenplatz in der Phalanx der noch existierenden Südstaaten Rock-Bands zu erarbeiten.< Die Gründe hierfür liegen bei diesem Album auf der Hand. Gutes, abwechslungsreiches Songmaterial (bis auf einen Track alles Eigenkompositionen), ein charismatischer Lead-Sänger mit einer außergewöhnlichen Stimme, der sich atemberaubend gut mit seiner Supportsängerin ergänzt, ein immer besser eingespieltes Kollektiv mit vielen guten Instrumentalisten, bei denen keiner zu kurz kommt und letztendlich mit Glenn Tabor ein Produzenten, der es brillant verstanden hat, alles in einem wuchtigen, aber klaren, transparenten und modernen Sound zu vermitteln. Die insgesamt zehn Stücke, machen richtig Laune und vergehen wie im Flug. Der Opener „Fat Boy“ prescht richtig fett, mit allen Southern Rock-typischen Zutaten (klasse E-Gitarren, weibliche Harmonies, hallendes b-3, polternde Drums) ziemlich aggressiv vor sich hin, wenn man die eingebundene Fiddle mal Außen vor lässt. Auch “Devil In My Whiskey“ mit Skynyrd-, Molly-, Doc Holliday-Ingredienzen rockt wuchtig.

Das Biker-transforme „Three Wheels“ besteht partiell aus Allman-typischen Orgel-E-Gitarren-Tushs (Intro, Mitte, Ende) die Zwischen-Parts erinnern dezent an eine Symbiose aus Skynyrds „T For Texas“ und Mollys „Whiskey Man“. Bei „My Drinking Song“ ist der Titel Programm. Ein Lied, das man auf dem Höhepunkt einer jeden biergeschwängerten Party zum Mitgrölen laufen lassen kann und auch zukünftig dazu nutzen kann, Gig Michaels ehrfurchtsvoll im Rock’n’Roll-Heaven zuzuprosten.

Der Titelsong „That Easy“, von Gig und Adrienne gemeinsam performt, ist eine grandiose, episch anmutende Südstaaten Rock-Ballade, die unter die Haut geht. Mit ‚Axel Rudi Pell goes Southern‘ könnte man sie fast umschreiben. „I don’t wanna go down that easy“ singt Gig voller Inbrunst, ob er da schon eine gewisse Vorahnung hatte?

Mein Lieblingssong ist das fluffige countryeske „Changes“ mit klasse Harmonies von Nixon und einer herrlichen „E-Gitarren/Bruce Hornsby-Piano-Klimper-/Dobro-/Fiddle-Staffette im Solo-Teil. „Rollin’“ und auch „I Am“ stampfen wieder wie ein Bulldozer, fette E-Gitarren/-Soli, wie man sie von Molly und Skynyrd liebt, inbegriffen. Southern Rock der großen Schule, perfekt für’s Live-Programm.

Die Kammermusik-artige Piano-Ballade (emotionales Duett von Gig und Adrienne) „Happy Anniverary“ macht im Zusammenhang mit dem tragischen Ereignis unendlich traurig. Man kommt nicht umhin, sich eine kleine Träne aus dem Auge zu drücken. Rivers‘ Pilly Powell-mäßiges, an „Free Bird“ angelehntes Pianospiel erzeugt Gänsehaut, ein schöner Song vielleicht für Gigs Beerdigung.

Swamp da Wamp entlassen den Hörer mit der swampigen Neuauflage von Jason Aldeans „She’s Country“ und beweisen, wie herrlich Southern Rock und New Country in Einklang zu bringen sind, wenn gute Musiker am Werk sind. Auch hier bildet Adrienne Nixon erneut einen starken Konterpart zu Gig Michaels.

Der vierte Longplayer „That Easy“ hat (hätte) Swamp da Wamp im Southern Rock auf eine ganz hohe Ebene gehievt. Eines der besten Alben des Genres im neuen Jahrtausend. Der tragische Tod ihres charismatischen Bandleaders hinterlässt nicht nur menschlich im familiären Umfeld, sowie den SR-Fans und der Musik allgemein, eine weitere, große Lücke.

R.I.P. Gig Michaels

Eigenproduktion (2015)
Stil: Southern Rock

01. Fat Boy
02. Devil In My Whiskey
03. Two Wheels
04. My Drinking Song
05. That Easy
06. Changes
07. Rollin‘
08. I Am
09. Happy Anniversary
10. She’s Country

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