Rossington – Take It On Faith – CD-Review

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Als wenn dieses, für Southern Rock-Freunde üppige Jahr 2016 nicht schon genug zu bieten gehabt hätte, gibt es zum Jahresausklang mit der Live-Scheibe der Outlaws und dem neuen Album von Rossington „Take It On Faith“, noch mal saftigen Nachschlag aus dem arrivierten Bereich der Szene. Gerade das Werk von letztgenanntem Act, alias Ehepaar Dale Krantz-Rossington und Gary Rossington, darf man sich über brandneuen, und vor allem, richtig guten Stoff freuen.

Wer erinnert sich, selbst nach fast vierzig Jahren, nicht noch an den Schock und das Vakuum, das Lynyrd Skynyrd in Sachen Southern Rock nach dem tragischen Flugzeugabsturz hinterlassen hatte. Einige Zeit später machte eine gewisse Dale Krantz erstmals als Backgroundsängerin auf dem 38 Special-Album „Rocking Into The Night“ auf sich aufmerksam, ohne dass man allerdings damals schon ihre tragende Rolle beim Skynyrd-Nachfolger, der Rossington Collins Band erahnt hätte.

Da begeisterte sie dann bekannter Weise mit ihrer Röhre plötzlich an der Front auf den beiden RCB-Studio-LPs „Anytime, Anyplace, Anywhere“ und „This Is The Way“. Anfang der Achtziger Jahre gingen Gray Rossington und Allen Collins getrennte Wege und versuchten ihr Glück mit eigenen Projekten. Die Rossingtons machten sich mit „Return To The Scene of The Crime“ und “Love Your Man“ zwei, dem zu dieser Zeit aufkommenden Kommerz, Tribut zollenden Scheiben, vermutlich eher weniger Freunde in der Hardliner-Gemeinschaft des Genres. Wer die Sachen besitzt, hält aber immerhin zwei echte Sammler-Stücke in seinen Händen.

Nach der Reunion von Skynyrd unter gesanglicher Führung von Johnny Van Zant kehrte Gary an seinen angestammten LS-Platz zurück und Dale rückte bis vor kurzem wieder in ihre einstige Position als Background-Sängergin zurück. Eigentlich war auf ‚Solo‘-Ebene nichts mehr geplant, aber über die vielen Jahre hinweg, hatte sich dann doch interessantes Material angesammelt, zudem sind die beiden auch von Fan-Seite stets ermutigt und bekniet worden, wieder mal aktiv zu werden.

Dass hier bei der neuen Scheibe „Take It On Faith“ keine Eile walten gelassen wurde, beweist schon allein die Tatsache, dass die Drums noch von dem 2010 verstorbenen Little Feat-Schlagzeuger Richie Hayward eingespielt worden sind. Von dem vorab auch als Videoclip vorgestellten, sehr melancholischen, recht reduzierten Titelsong (mit ein wenig Kim Carnes-Flair) sollte man sich allerdings nicht in die Irre führen, noch zu dem Gedanken verleiten lassen, dass der Longplayer im Stile der früheren Rossington-Werke aufgezogen worden wäre.

Die Rossingtons haben sich schwerpunktmäßig zu einer, eher vom heutigen Blues Rock beeinflussten, Southern Rock-Platte entschieden, eingespielt mit den Größen der Nashville-Studio-Musiker-Gilde (Reese Wynans, Kenny Greenberg, Michael Rojas, Gordon Mote, David Smith) sowie interessanten Gästen wie u. a. Delbert McClinton, Gary Nicholson, Jack Holder und Shawn Camp. Produziert in einem beeindruckend transparenten Sound haben Ben Fowler und David Z, bekannt für seine Arbeit mit Interpreten wie Prince, Etta James oder Buddy Guy.

Ach herrlich, Dales rauchiges Organ, nach einem kurzen Intro, beim Opener „Higway Of Love“ (den die Rossingtons nun ja jetzt schon wirklich lange gemeinam beschreiten), einem bluesig-swampigen Southern-Stampfer, mal wieder in voller Pracht genießen zu können. Ihr Organ hat über die Jahre wirklich nichts von seiner Ausstrahlungskraft verloren. Es geht bei „Should’ve Known“ weiter mit Piano-trächtigem und Club-tauglichem Retro-Blues. Interessant hier das E-Gitarren-Solo mit Allman-Touch.

Nach dem bereits angeführten Titelsong und der melodischen Southern Soul-Ballade „Light A Candle“ beginnt das Werk, richtig Fahrt aufzunehmen. Klasse der launige Blues-Schunkler „Dance While You’re Cookin‘“ mit HT-Piano, ABB-mäßigem Slide und Delbert McClintons quäkiger Harp. Ähnlich auch das spätere „Something Fishy“.

Slow bluesig , teilweise in Richtung einer Beth Hart, kommen „Shame On Me“ und das sensationelle „Too Many Rainy Days“ daher, bei denen Gary immer wieder seine obligartorischen Les Paul-Klänge in Form von starker Soli und Fills heulen und knarzen lässt. Super Stücke! „The Good Side Of Good“ wurde von ZZ Tops Billy Gibbons co-komponiert, gerade, was die E-Gitarren angeht, sofort unverkennbar mit seinem unterschwelligem „Eliminator“-Esprit!

Melodische, toll instrumentierte ruhigere Southern-Kost bieten das atmosphärische „Through My Eyes“ (gute Harmoniegesänge, stark das Zusammenspiel von E-Gitarre und Piano gegen Ende) und das entspannte „Where Did Love Go“ (wieder mit Kim Carnes-Touch). Großartig dann der rockige Rausschmeißer „Two Very Different Things“ (mit Kuhglocken-Drums), wieder mit diesen typischen Gary Rossington-Soli und der grandiosen vokalen Symbiose von Dales Gesang und den Nashville-Background-Röhren Bekka Bramlett und Vicki Hampton im Hintergrund. Eine Art „Misery Loves Company“ des 21. Jahrhunderts. Ein brillanter Abschluss.

Dem Ehepaar Dale Krantz-Rossington und Gary Rossington gelingt mit “Take It On Faith” ein Comeback, das man so sicherlich nicht unbedingt erwartet hätte. Mir persönlich gefällt das Werk deutlich besser als die letzten Skynyrd-Sachen. Eine der großen und positiven Überraschungen des wirklich tollen Jahres 2016. Wenn es noch weiteren Stoff auf diesem Niveau in petto gibt, darf gerne irgendwann (vielleicht in etwas kürzerem Abstand) nochmal nachgelegt werden. Absolut empfehlenswert!

Loud & Proud Records (2016)
Stil: Southern (Blues) Rock

01. Highway Of Love
02. I Should’ve Known
03. Take It On Faith
04. Light A Candle
05. Dance While You’re Cookin‘
06. Shame On Me
07. Good Side Of God
08. Through My Eyes
09. Something Fishy
10. Too Many Rainy Days
11. Where Did Love Go
12. Two Very Different Things

(die Rossingtons bei) Lynyrd Skynyrd
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Gary Rossington – That’s Me – CD-Review

Manchmal gibt es Dinge, die selbst einen hartgesottenen Musikliebhaber wie mich noch umhauen. Ich habe ja im Leben schon mit so einigem gerechnet, aber, dass Gary Rossington mal ein echtes Soloalbum herausbringen würde und darauf auch noch großartig singen würde, hätte ich, ehrlich gesagt, dem ansonsten immer so grimmig, wortkarg und abwesend wirkenden Musiker nie zugetraut.

Aber das am 04.12.1951 in Jacksonville geborene, einzige noch lebende Gründungsmitglied der legendären Southern Rock-Band Lynyrd Skynyrd scheint ein wahres Stehaufmännchen zu sein. Was hat der Mann nicht schon alles mitgemacht? Drogenprobleme, Autounfälle (GR ist ja quasi der Protagonist von „That Smell“), der unsägliche Flugzeugabsturz im Jahr 1977 (bei dem er sich Arme und Beine, nebst schwerster anderer Verletzungen, gebrochen hatte – mit Folgen bis in die heutige Zeit reichend), der Verlust unzähliger Bandkumpanen und Freunde, eine Operation am Herzen – und doch war es immer wieder Gary Rossington, der wie ein harter Fels in der Southern Rock-Brandung stehen blieb. Ein äußerst zäher Bursche, wie es scheint.

Im vorliegenden Falle wird Gary sich gedacht haben, was die beiden Van Zant-Brüder können, müsste ich doch eigentlich auch hinkriegen. Pat Buchanan, Ausnahmegitarrist in der Nashville-Studiomusikerzunft, Songwriter und auch Produzent, der Rossington (krankheitsbedingt) 2007 schon mal bei Skynyrd sporadisch für einige Gigs ersetzte, hatte wohl den Anstoß gegeben, es doch mal mit einer New Country-Platte zu versuchen.

Pat ließ seine Beziehungen spielen und brachte Gary mit einigen namhaften Songschreibern wie u.a. Hillary Lindsey, Rivers Rutherford, Brett James, Bobby Pinson und David Lee Murphy zusammen. Dazu stellte er ihm einen exklusiven Kreis von Instrumentalisten (Greg Morrow, Mike Brignardello, Gordon Mote, Tom Bukovac, Ilya Toshinsky, Jerry Douglas, Bryan Sutton, Dan Dugmore, Paul Franklin, Hillary Lindsey, Jon Randall) zur Verfügung und recht zügig war das Teil fertig. Buchanan zeigt sich natürlich mit Gary auch für die außerordentlich knackige Produktion verantwortlich.

Und selbst für ein Duett mit Megastar Taylor Swift reichte das von SRN üppig veranschlagte Budget. Klasse, wie das Mädel hier bei „Monday’s Gone“ unter Beweis stellt, dass sie auch gestandenen Rockgrößen Paroli bieten kann. Ein weiteres Duett liefert sich Gary auf dem aus der Rossington Collins Band-Zeiten bekannten „Misery Loves Company“ mit Ehefrau Dale Krantz (auch bei vielen Backgesängen involviert), welches diesmal sehr Steel- und Fiddle-betont (klasse Soli von Dugmore und Franklin) auf Country getrimmt wurde. Schön auch das flotte „Jacksonville Jaguars“, das Gary seinem Lieblings-Football-Club gewidmet hat. Erste Single ist das flotte und eingängige „Love Your Wife“ (gurgelnde Orgel, HT-Piano, tolle E-Soli von Gary und Tom Bukovac), dank des markanten Refrains mit sehr guten Chancen, in die Top-20 der Billboard Country Charts zu gelangen.

Das Highlight ist natürlich das sich (wie gewohnt) am Ende befindende „Free Bird“. Der Skynyrd-Klassiker wurde diesmal jedoch in eine mitreißende Bluegrass-Version verwandelt Das berühmte E-Gitarren-Finish wurde hierbei durch eine ebenso faszinierende Solopassage ersetzt, bei der sich Ilya Toshinsky am Banjo, Jerry Douglas (auch bekannt durch Alison Krauss & Union Station) an der Dobro, Bryan Sutton an der Mandoline und Buchanan an der Akustikgitarre in filigranster Weise die Finger wundspielen. Das ist Musik auf allerhöchstem Niveau. Herrlich!

Aber die wohl größte Überraschung des Albums ist der Lead-Gesang von Gary Rossington. Was hat der Typ für ein markantes Organ! Irgendwo zwischen Eddie Montgomery (Montgomery Gentry), Bill McCorvey (Pirates Of The Mississippi) und Hank Williams jr. liegend, besticht Gary immer wieder mit äußerst einfühlsamen, songdienlichen, aber vor allem auch sehr kräftigen und ausdrucksstarken Vocals. Keine Ahnung, warum man ihn nie vorher am Mikro hat singen gehört. Ich komme teilweise immer noch nicht aus dem Staunen heraus. Soviel Authentizität kann man nicht am PC nacherzeugt haben. Würde ich den Silberling nicht tatsächlich in der Hand halten, könnte man glatt meinen, es handele sich hier um einen Scherz! Der helle Wahnsinn!

Mit „That’s Me“ hat Gary Rossington ohne Zweifel wohl eine der größten Überraschungen des Jahres 2012 abgeliefert. Das Album, das am 1. April in den Handel kommen wird, verbindet modernen New Country glänzend mit auch durchaus traditionellen Klängen, ein gewisses Southern Rock-Ambiente ist ebenfalls omnipräsent. Neben seinen allseits bekannten Fähigkeiten als Gitarrist fördert es auch einen Gary Rossington als richtig guten Sänger zu Tage. Dazu ist es noch eine schöne Überbrückung bis zum nächsten Skynyrd Album und, wer weiß, vielleicht gibt es dort ja dann sogar ein Duett mit Gary und Johnny…

South Records Nashville (2012)
Stil:New Country & More

01. One Bad Man
02. Love Your Wife
03. Monday’s Gone
04. Honky Tonk Night Time Girl
05. Are You Loving Me
06. Still Alive
07. Jacksonville Jaguars
08. Misery Loves Company
09. Country’s Where The Heart Is
10. No More Time
11. Free Bird

Gary Rossington
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