Sam Morrison Band – Unfinished Business – CD-Review

Die Sam Morrison Band fristet bei uns hier im Southern Rock-Bereich eher ein Dasein in der riesigen Masse der Acts, die mal kurzzeitig beachtet werden, aber auch nie annähernd das Standing der großen Vertreter des Genres erreicht haben.

Dabei können die Kalifornier im Laufe der 20 Jahre ihres Bestehens (eine große Zeit davon haben sie auch als Bob Seger-Cover Band gewirkt), darauf verweisen, schon mit all den Branchenführern wie Lynyrd Skynyrd, den Allman Brothers, der Marshall Tucker Band und speziell der Charlie Daniels Band zusammen auf der Bühne gestanden zu haben.

Ob der richtige Durchbruch an fehlendem ‚Vitamin B‘ oder zu wenig Flexibilität liegt (die heutigen jungen nachkommenden Vertreter sind da ja meist deutlich vielschichtiger aufgestellt), ist schwer zu beurteilen, jedenfalls hat ihr Bandleader da eine klare Meinung: 

“Musical genres today have all seemed to mesh together into a quasi country/pop/rnb/hiphop mess that many people can’t and won’t relate to. These people have all but given up on new music and resign themselves to the music they grew up on. That leaves a huge population of people whose musical needs are not being met…..We plan to fill that need!”

Nun gut, er hält mit dem 4. Album auf jeden Fall sein Wort. Sämtliche Songs sind klare Bekenntnisse zum klassischen 70’er Southern Rock von Skynyrd („Straight Outta Jacksonville“), der Marshall Tucker Band („My Reason“) mit typischer Querflöte), Wet Willie, Sea Level, Grinderswitch, Henry Paul Band/Doc Holliday („Unfinished Business“), den Allman Brothers („Pick’em Up and Put’em Down“) oder der Charlie Daniels Band & Co.

Apropos Charlie Daniels: für seine damalige Hommage „Reflections“ hat man das Lied sogar umgetextet und nur den Refrain übernommen, dem verstorbenen Altbarden hat man natürlich auch eine Strophe gewidmet.

Zwei Dinge, die ich persönlich anders gemacht hätte sind: Die beiden letzten Stücke , das piano-getränkte „Live Again“ (da schimmert deutlich Morrisons Bob Seger-Faible durch) und „Turn Up the Music“ (das einzige Lied, das von Morrison nicht gesungen wird und sich wie ein, mit weicher Stimme gesungener Jackson Browne- oder Poco-Westcoast-Song anhört), bewirken einen klaren Bruch zum  vorherigen Southern Rock-Charakter. Die hätte ich entweder anders verteilt oder für den letzten Track auch den Chef ans Mikro beordert.

Der tolle Titelsong „Unfinished Business“, hätte noch mit einem typischen E-Gitarrenfinish bedacht werden können und hätte durchaus echten Klassiker-Charakter gehabt. Dann hätte er natürlich auch an das Ende der Trackliste platziert werden müssen.

Aber Nichtsdestotrotz, wer auf Southern Rock der alten Schule steht und mit neuen, moderneren Trends eher weniger was anfangen kann, wird mit „Unfinished Business“ der Sam Morrison Band bestens und überwiegend hochwertig bedient.

Band Line-up:
Sam Morrison – guitar/vocals
Bart Robley – drums
Greg Kasparian – bass
Karl Sanger – sax/flute/vocals
David Kurtz – guitar/vocals
Walt Thompson – piano/Hammond organ/vocals

Label: Bad Reputation (2022)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. Straight Outta Jacksonville
02. Hell Yeh
03. My Reason
04. Who Shot John
05. Man Like Me
06. Unfinished Business
07. Pick’em Up and Put’em Down
08. Reflections
09. Say Can We See
10. Live Again
11. Turn Up the Music

Sam Morrison Band
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The Noble Five – The Blue Bird Sessions – CD-Review und Gewinnspiel – Gewinnspiel beendet!

Im Jahr 1964 während ihrer Zeit auf der Highschool in Jacksonville (Florida) nannten  Ronnie Van Zant, Allen Collins, Gary Rossington, Bob Burns und Larry Junstrom ihre Band The Noble Five.

Sie verbrachten damals viel Zeit in einer Musikkneipe namens The Blue Bird, dessen Besitzer, Alfred Solvay, Nachkomme deutscher Einwanderer (die, wie wir dann von dessen Sohn Michael erfuhren, um Mitte des 19. Jahrhunderts aus Rheinberg in die Staaten ausgewandert waren, sein belgischer Ur-Onkel Ernest gründete übrigens 1907 die hiesigen Solvay-Werke), die Jungs sympathisch fand und sie an Wochenenden regelmäßig auftreten ließ, um sich ein paar Dollar zu verdienen.

Solvay war zudem begeisterter Hobby-Ornithologe, und verbrachte den Großteil seiner Freizeit in der Flora und Fauna rund um Jacksonville, um das Verhalten und die Laute von Vögeln zu studieren beziehungsweise aufzunehmen.

Eigens dafür hatte er sich ein professionell anmutendes Tonstudio im Keller des Blue Birds eingerichtet, wo er unzählige Vogelgeräusche bearbeitete und das ganze Gezwitscher dann auf Bändern archivierte. Das Studio diente gleichzeitig auch als Proberaum für die fünf Musiker, Solvay hatte ihnen sogar irgendwann vertrauensvoll die Schlüssel vom Blue Bird gegeben.

So verbrachten Van Zant und seine Kumpanen dort viele Nachmittage und Abende und feilten, was niemand wusste, heimlich schon an erstem eigenen Songmaterial, bis dato hatten sie nur mit live gespielten Coverliedern, britischer Rockband-Prägung, von sich Reden gemacht.

Gleichzeitig war das Blue Bird auch Stammtreffpunkt der JOA (Jacksonville Ornithologic Association), ein gemeinnütziger Vogelschutzverein, bei dem Alfred Solvay natürlich im Vorstand war.

Solvays Sohn Michael erinnert sich. „Es waren damals schon skurril anmutende Momente, als sich langhaarige Hippies und passionierte Vogelkundler in unserer Kneipe regelmäßig die Klinke in die Hand gaben und auch viel gemeinsame Zeit dort verbrachten“.

Doch irgendwann im Oktober 1964 zu Michaels 5. Geburtstag kam es dann zur Katastrophe. Van Zant hatte, besonders, wenn er schon einiges getrunken und geraucht hatte, gegen die Vogelfreunde gewettert und an einem späten Nachmittag wieder mal einen bösen Kommentar in Richtung des JOA-Vorsitzenden Don Meisenheimer abgegeben.

Der stürzte sich mit den erzürnten Worten „These birds are free“ auf Ronnie und schon flogen die Fäuste. Es artete in eine Massenschlägerei aus, bei der ein erheblicher Teil des Blue Bird-Inventars zu Bruch ging. The Noble Five erhielten daraufhin von Solvay ein sofortiges Auftritts- und Lokalverbot, auf eine Schadensersatzklage verzichtete er aber.

Was niemand erahnte, war, dass The Noble Five zuvor heimlich ein Demoband mit zwölf Stücken aufgenommen hatten (darunter auch schon Tracks wie u. a. „Trust“ oder „I Need You“, die es später auf Lynyrd Skynyrd-Alben schafften), und dieses zwischen Solvays Vogeldokumentationen versteckt hatten. Um wegen des Sachschadens im Blue Bird ‚keine schlafenden Hunde zu wecken‘, hielt man dann wohl ‚die Füße still‘ und so geriet das Teil scheinbar bis vor kurzem in Vergessenheit.

Van Zant, Rossington & Co. machten danach zunächst als The One Percent weiter, bis es dann zum Mieten des berühmten Hell House bei Green Cove Springs kam, die weitere Geschichte zu einer der größten Rockbands der Musikgeschichte ist dann hinlänglich bekannt.

Michael Solvay fand nun vor einigen Monaten dieses Band, als er den Haushalt des mittlerweile hochbetagten Vaters auflösen musste, weil dieser aufgrund einer schweren Demenzerkrankung, jetzt in einem Altersheim betreut werden muss.

In Amerika gibt es ein Gesetz, dass Dokumente (Schrift-, Ton-, etc.), welcher Art auch immer, nach 45 Jahren, ohne Beachtung von Urheberrechten veröffentlicht werden können, sofern eine Stückzahl von 1.000 Exemplaren nicht übertroffen wird. Aufgrund seiner Rheinberger Familiengeschichte nahm Michael vor geraumer Zeit mit mir Kontakt auf und outete sich als großer Fan und Leser unseres Magazins.

Als er mir bei einem Besuch in Rheinberg von dem ominösen Band mit den Noble Five-Songs erzählte, schlug ich ihm aufgrund der amerikanischen Gesetzmäßigkeiten, spontan vor, die Scheibe in Kooperation doch mit dem SoS zu veröffentlichen.

Die Musik klingt übrigens, wie nicht anderes zu erwarten, noch sehr rau und britisch, aber man kann das spätere Skynyrd-Potential schon zu jeder Zeit erkennen. Die Tonqualität und Transparenz der Instrumente ist aufgrund Alfred Solvays schon damaliger Technikaffinität  und dem modernen Equipment richtig gut.

So gaben wir das Werk schließlich in einer Auflage von 999 Stück (handnummeriert in einem einfachen Pappschuber) als Non-Profit-Aktion in Auftrag. Mit Teilen des Erlöses werden nur die Selbstkosten gedeckt, der Rest fließt, damit sich der Kreis wieder schließt, an gemeinnützige Hilfsorganisationen und, zu Ehren des Vaters, an die heute immer noch existierende Jacksonville Ornithologic Association.

Die CD kann bei uns für 9,99 Euro bestellt werden, drei Exemplare (Nr. 333, 666 und 999) davon verlosen wir an unsere treuen Leserinnen und Leser.

Folgende Frage muss dazu richtig beantwortet werden:

In welcher, ebenfalls bekannten Southern Rock Band spielte der The Noble Five-Bassist Larry Junstrom später?

a) 38. Special
b) Molly Hatchet
c) Doc Holliday

Bitte sende eine E-Mail mit der richtigen Lösung bis zum 01.04.2022 (vor 24:00 Uhr) an dan@sounds-of-south.de.

Wir losen unter allen richtigen Einsendern drei Gewinner/innen aus, die dann umgehend benachrichtigt und mit der CD beliefert werden.

Blue Bird Production / Sounds Of South (1964/2022)
Stil: Southern Rock

01. Michelle
02. Trust
03. I Need You
04. Blue Bird Blues
05. You Really Got Me (Kinks-Cover)
06. O For Oklahoma
07. Need All My Friends
08. Things Goin‘ Down
09. Dirty, Dirty Feeling (Elvis-Cover)
10. When You Got Good Friends
11. Am I Winnin‘
12. Preacher’s Son

Molly Hatchet – 12.12.2018, Turock, Essen – Konzertbericht

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Ich habe lange überlegt, ob ich noch mal ein Molly Hatchet-Konzert aufsuchen soll, der desaströse Auftritt im Sieburger Kubana vor zwei Jahren steckte mir immer noch irgendwie in den Knochen. Da ja mittlerweile aber doch einiges an Wasser den Rhein herunter gelaufen ist und sich jetzt die Gelegenheit, knapp fünf Minuten von meinem Arbeitsplatz entfernt, im Essener Turock wieder ergab, einem Club, mit dem ich bisher immer gute Erinnerungen verbunden habe (zum Beispiel Quireboys, John Waite), habe ich mich dann doch von Gernot ‚weichkochen‘ lassen.

Als Vorgruppe gab sich King Savage redlich Mühe, die doch ziemlich zahlreich erschienenen Hatchet-Fans mit ihrem Hard-/Heavy Rock auf Betriebstemperatur zu bringen. Ihr Sänger hatte nicht umsonst ein Motörhead-T-Shirt an. Der Stil des Fünfers ging in eine ähnliche Richtung, nur doch eben einige Nummern kleiner. Der Unterschied war hier dann aus meiner Sicht einfach der nicht allzu große Wiedererkennungswert ihrer Stücke wie u. a. „Full Speed Ahead“, „Lonesome Road“, „Wild Life“ oder „Down The Drain“. An ihrem Engagement war allerdings nichts auszusetzen.

21:15 Uhr betraten dann mit Bobby Ingram, Phil McCormack, John Galvin, Shawn Beamer und Tim Lindsay die gewohnten MH-Protagonisten die Bühne des Turocks und wurden von einer von Anfang an begeistert mitgehenden Audienz empfangen. Nachdem der Sound vorne direkt an der Bühne bei den Openern „Whiskey Man“, „Bounty Hunter“ und „Gator Country“ wieder völlig Bass- und Schlagzeuglastig rüberkam, Phils Stimme schwer dagegen anzukämpfen hatte und Bobbys E-Gitarre nur fisselig zu hören war (insgesamt maximal Bootleg-Niveau), habe ich mich dann recht schnell, weit nach hinten begeben.

Dort war es dann wesentlich besser (siehe da, selbst Galvins Piano war plötzlich zu hören) und vor allem die großartige Stimmung unter den Leuten trug erheblich dazu bei, dass Ingram & Co. sich schwer ins Zeug legten. Auch Fronter Phil McCormack zeigte sich an diesem Abend wieder etwas besser in der Spur. Bobby Ingram wechselte unter drei verschiedenen Gitarrenmodellen und bewies, dass er nach wie vor ein toller Gitarrist ist, auch wenn es allein, trotz aller Mühe, natürlich nie richtig gelingt (wie auch?), den Spirit und die Power des einstigen 3er Line-ups einzufangen.

„It’s All Over Now“, „Devil’s Canyon“, „Beatin The Odds“ (mit vorgelagertem Drum-Solo des wieder mit wehenden Haaren trommelnden Shawn Beamer), “One Man’s Pleasure” hießen die üblichen Standardtracks bis zum ersten großen Highlight “Fall Of The Peacemakers”. “Jukin’ City” mit “Layla”-Instrumental-Intermezzo (mit schöner Galvin-Piano-Präsenz) als Übergang zu „Dreams“ (inklusive Vorstelllung der Band) waren dann die Vorboten zu einem furiosen Finish, das mit dem lang hier nicht mehr gespielten „The Journey“, das Bobby dem kürzlich verstorbenen Labelbesitzer, Produzent und Konzertveranstalter Rainer Hänsel widmete, eine echte Überraschung bot.

Skynyrds „Free Bird“ mit starker Ingram-Slide- und Solo-Performance, sowie „Flirtin‘ With Disaster“ als Rausschmeißer ließen das Turock mit den jubelnden und mitsingenden Fans ordentlich beben. Die Musiker schienen von der guten Stimmung regelrecht geflasht zu sein.

Auch wenn der große Glanz der ganz frühen Hatchet-Tage und auch die unter der Ingram-Führung in der Anfangsphase (wir erinnern uns an ihren absolut grandiosen Auftritt auf der Lorelei) aus meiner Sicht sicherlich längst verflogen ist, war dieser Abend im Turock zumindest wieder ein kleiner Schwenk in eine bessere Richtung. Dem überwiegenden Teil der Zuschauer hat es jedenfalls offenkundig gefallen und darauf kommt es letztendlich an.

Danke an Peter Siewert vom Turock für die Akkreditierung.

Line-up:
Bobby Ingram (electric guitar, vocals)
Phil McCormack (lead vocals, harp)
John Galvin (keys, vocals)
Shawn Beamer (drums)
Tim Lindsey (bass, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Molly Hatchet
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Turock, Essen

Molly Hatchet – 15.12.2016, Kubana, Siegburg – Konzertbericht

Molly Hatchet

Molly Hatchet zählen in der Southern Rock-Retrospektive zweifellos mit zu den ganz großen und prägenden Acts des Genres. Gerade nach Skynyrds Flugzeugabsturz war die Band um Danny Joe Brown, Dave Hlubek, Duane Roland & Co. eine der neuen und vielversprechenden Hoffnungsträger der damaligen Zeit, die im Großen und Ganzen dann mit einigen starken Alben, zum Teil richtigen Klassikern, sich zu Recht einen Legenden-Status erarbeiteten.

Diverse Todesfälle, Geschacher um die Namensrechte, diverse Bandumbesetzungen (bis zum Spielen ohne ein einziges Originalmitglied), nachlassende Kreativität und das natürliche biologische Altern, wie bei allen unter uns, ließen mittlerweile aber peu à peu den einstigen Glanz der Band aus Jacksonville, Florida verblassen.

Ich hatte die Truppe damals noch zu ihren Paradezeiten zusammen mit den Outlaws, damals in der Essener Grugahalle, in der Ursprungsbesetzung erlebt, bei ihrem grandiosen Comeback auf der Lorelei unter Ingram-Regie, später nochmal in Dortmund (ist aber auch schon knapp 15 Jahre her), als es mit dem Zauber schon nachzulassen drohte. Alle Auftritte habe ich in absolut guter Erinnerung.

Mit ein bisschen Sentimentalität im Gepäck, die ja in uns Southern Rockern irgendwo verankert ist, entschloss ich mich mit unserem Fotografen Jörg Schneider (für ihn waren MH Premiere), zur Abrundung des Sounds Of South-Jahres,  die Gelegenheit, nach so langer Zeit, noch mal am Schopf zu packen und in Sachen Molly Hatchet, den weiten Weg in das schöne Sieburger Kubana anzutreten, das uns vom Preacher Stone-Auftritt vor gut einem Monat ja in bester Erinnerung geblieben war.

Der südlich von Köln gelegene Ort, nicht unbedingt als die pulsierende Metropole  bekannt (vor allem unter der Woche), war mit knapp 250 Zuschauern diesmal für einen Donnerstag durchaus gut besucht und gefüllt, der Name Molly Hatchet scheint bei den Gleichgesinnten, immer noch einigermaßen zu ziehen.

Was folgte, war leider eine einzige Enttäuschung. Es fing damit an, als nach 20:00 Uhr, dem Zeitpunkt des planmäßigen Beginns, die Mikrofone noch nicht richtig eingestellt waren (und im weiteren Verlauf auch meist nicht). Mir ist völlig schleierhaft, wie man bei dem technischen Know-How und seinen Möglichkeiten von heute, es immer wieder verbockt, einen ausgewogenen und transparenten Klang hinzubekommen, aber vielleicht war das ja auch nicht unbedingt gewollt.

Dann vermisste man Dave Hlubek, der auf allen Terminankündigungen bildlich mitgeführt wurde, dessen mittlerweile korpulente Erscheinung ich gerne mal wieder gesehen hätte. Demnach fehlte ein zweiter Gitarrenspieler, der im weiteren Verlauf selbst von einem starken Gitarristen wie Ingram, allein nicht zu kompensieren war.

Sänger Phil McCormack stellt vom körperlichen Erscheinungsbild und auch vom Gesang her, der größtenteils im überlauten Soundbrei unterging, eine fast bemitleidenswerte Person dar, außer ein paar ‚Hell Yeahs‘ und einem gelungenen Harp-Solo ist da nicht mehr viel an alter Stärke zu vermelden. Auch beim Rest hat das Musikerleben deutliche Spuren hinterlassen, die Rhythmusfraktion, bestehend aus Beamer (übrigens, eine der wenigen Unterhaltsamkeiten war die Windmaschine, die Shawns Haare ständig wehen ließ) und Lindsey, ist aber auch noch ganz gut bei Kräften.

Ingram bewies immerhin, dass er noch ein toller Gitarrist ist, dem aber das Zepter in Sachen würdevollem Fortbestehens/Abtretens dieser Truppe, massiv zu entgleiten droht. Dazu rannte ständig ihr ebenfalls vom Leben gezeichneter Roadie auf der Bühne herum, McCormack verschwand oft im Backstage-Bereich, Ingram musste mehrfach Instruktionen dorthin erteilen. Ach ja und einige Spiel- und Gesangseinsatzpatzer kamen auch noch dazu.

Das Quintett beschränkte sich im Großen und Ganzen auf die beiden ersten Alben der Originalband mit allen typischen Klassikern (u. a. „Whiskey Man“ als Opener, „Bounty Hunter“, „Gator Country“, „One Man’s Pleasure“, „The Creeper“, „Jukin‘ City“, „Dreams I’ll Never See“), huldigte Danny Joe Brown mit einer „Edge Of Sundown“/“Fall Of The Peacemakers“-Kombination (einer der Höhepunkte, zumal John Galvin und McCormack auch mal ganz gut zu hören waren) und Ronnie Dio mit „I’m Gonna Live ‚Til I Die“, dazwischen gab es noch „Beatin‘ The Odds“, vom 3. Album und „Devil’s Canyon“, vom einstigen Klasse-Comeback-Werk unter Bobby Ingrams neuer ‚Federführung‘.

Die einzige Zugabe nach vorheriger Vorstellung der Band wurde mit „Flirtin‘ With Disaster“ in einer grauenvoll gespielten und gesungenen Version abgewickelt, nicht einmal Ingrams Paradestück „The Journey“ wurde zum Besten gegeben. Ich war zutiefst enttäuscht, deprimiert und geknickt, das hatte teilweise was von einer Selbstdemontage. So habe ich mir ein Wiedersehen wahrlich nicht vorgestellt. Man kann eigentlich nur hoffen, dass die Band einfach nur einen schlechten Abend erwischt hatte, was ich allerdings nicht glaube.

Es steht mir sicher nicht zu, irgendwelche Ratschläge zu erteilen, zumal ja hier auch ganz sicher Existenzen dahinter stehen und zu berücksichtigen sind. Trotzdem halte ich ein Fortführen dieses Projekts in dieser Form für nicht mehr lange tragfähig. Vielleicht sollten sich alle Beteiligten neu orientieren oder Molly Hatchet drastisch verändern, ruhen lassen oder evtl. ganz ad acta legen. Gerade der immer noch agile Bobby Ingram könnte sich evtl. mal mit jungen talentierten, kreativen und hungrigen Musikern (ich denke, da gibt es im Süden der USA ja wohl genug) als Bobby Ingram Band oder, wie auch immer, ganz neu ausrichten.

Das traurige Fazit des Abends lautet jedenfalls: Es war die Enttäuschung im Sounds Of South-Konzertjahr schlechthin! Bei Weiterführung in dieser Konstellation flirtet Molly Hatchet zur Zeit ganz kräftig mit einem gewaltig großen Desaster in eigener Sache!

Vielen Dank trotzdem wieder an Jürgen Hoffmann vom tollen Kubana für die Akkreditierung. Der Club hat wirklich bessere Auftritte verdient.

Line-up:
Bobby Ingram (electric guitar, vocals)
Phil McCormack (lead vocals, harp)
John Galvin (keys, vocals)
Shawn Beamer (drums)
Tim Lindsey (bass, vocals)

Bilder: Jörg Schneider
Text: Daniel Daus

Molly Hatchet
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Kubana Siegburg
Jörg Schneider Webseite

Van Zant – Red White & Blue (Live) – CD-Review

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Eines muss man den Van Zants lassen: Verkaufstüchtig waren Donnie und, ganz besonders, Johnny, schon immer. Ihr schelmisches Grinsen auf dem Cover sagt da schon Einiges. In einer Zeit, wo es mal wieder ziemlich ruhig um 38 Special und Lynyrd Skynyrd, abgesehen von ihren weiter immer noch voller Spannung zelebrierten Live-Konzerten (…), ist, haben sich die beiden jüngeren Brüder von Ronnie Van Zant an ihre Duo-Zeit in Nashville zurückbesonnen und voller Freude festgestellt, dass es noch Live-Mitschnitte ihrer 2006er ‚Get Right With The Man-Tour‘ (mit Gretchen Wilson), speziell vom Gig im Wild Adventures Theme Park in Georgia gibt.

Die müssten doch eigentlich an den Mann, bzw. natürlich auch an die Frau zu bringen sein. Und damit die Fans ihrer beiden Hauptbands auch noch mit ins Boot genommen werden können, nahm man, weitsichtig, wie sie schon damals waren, Songs wie „Wild Eyed Southern Boys“, „Red White & Blue“, „Call Me The Breeze“ und „Sweet Home Alabama“ mit in die Setlist. Gerade die 672. und 968. Version bzgl. der beiden letztgenannten Stücke will ja bestimmt jeder sein Eigen nennen. Man könnte ja was verpasst haben…

Als Titel und Center wurde allerdings zur leichten Irreführung der, 2003 von Donnie, Johnny und den Warren Brothers für das Skynyrd-„Vicious Cycle„-Album kreierte, Track „Red White & Blue“ gewählt. Die Erklärung dafür gibt’s dazu als Textbausteine aus dem Van Zantschen Phrasenfundus: „The song was a key moment – especially the lyric ‚We’re trying to sing the truth to you‘. I think that’s what we’ve always done. That’s one of the reasons both Skynyrd and the things we’ve done as Van Zant have been around so long. We really don’t know how to do anything else except sing about what we know, and try to tell the truth. I try to be as honest as possible, and I think people see that. We’re not trying to be anybody we’re not”, so Johnny Van Zant.

Mit den seiner Zeit beteiligten Musikern wie Eric Lundgren, Keyboarder Bobby Capps und Steelgitarrist Mark Muller wurde dann ansonsten das einstige Album „Get Right Withe The Man“ aus dem Jahre 2005 in fast detailgetreuer Manier runtergespielt. Sicherlich würde man sich in unserem Lande (und auch ich) freuen wie ein kleines Kind, hätte man so ein Konzert mal live erleben können, aber auf CD ist das in der heutigen Zeit, ehrlich gesagt, nicht mehr als ein kurzes nostalgisches Hör-Intermezzo wert. Auf DVD/Blue Ray hätte ich einem solchen Konzertmitschnitt evtl. noch eine gewisse Legitimation attestiert.

Fazit: Wieder mal eine (recht überflüssige) Veröffentlichung in der langen Reihe der Aufwärmprodukte aus dem berühmten Van Zant-/Skynyrd-/38 Special-Dunstkreis. Fairer Weise muss man sagen, dass die musikalische Qualität des Werkes an sich natürlich unantastbar ist, Van Zant klingen hier, im Vergleich zum Studio, sogar etwas Southern-rockiger. Zu empfehlen für Leute, die das Studio-Album nicht kennen/haben oder natürlich für alle Sammelfanatiker. Ansonsten meiner Ansicht nach aber eher ‚Red White & Schmu‘!

Loud & Proud Records, 2016
Stil: New Country / Southern Rock

01. Takin‘ Up Space
02. Nobody Gonna Tell Me What To Do
03. Sweet Mama
04. Wild Eyed Southern Boys
05. Things I Miss The Most
06. I Know My History
07. Help Somebody
08. Plain Jane
09. I Can’t Help Myself
10. I’m Doin‘ Alright
11. Red White & Blue
12. My Kinda Country
13. Call Me The Breeze
14. Sweet Home Alabama

Van Zant
Bärchen Records

Van Zant – My Kind Of Country – CD-Review

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Sehr starker Nachfolger der Van Zant-Brüder Donnie und Johnny! Nach ihrem überaus erfolgreichen und von Gold-Status belohntem Nashville-Debüt „Get Right With The Man“ aus dem Jahre 2005 legen die beiden Sänger von Lynyrd Skynyrd und 38 Special ihren bereits heiß erwarteten zweiten Longplayer in diesem Sektor nach. Nachdem es in kreativer Hinsicht bei ihrem Stammbands in den letzten Jahren ziemlich mau aussah, scheint sich ihr gemeinsames Country-Projekt immer mehr zum ersten Standbein für die beiden zu entwickeln.

Und sie fühlen sich in der Nische des southern-rockigen (New-) Country offenbar pudelwohl. Dies überträgt sich auch deutlich spürbar auf die Atmosphäre ihres neuen Werkes „My Kind Of Country“, denn das Teil ist, wenngleich noch einen Hauch mehr „country“ als der Vorgänger, tatsächlich noch einmal einen Tick frischer, reifer und besser geworden als der Vorgänger! Großes Komplimant dafür! Die einstigen, immer mal wieder auftauchenden gesundheitlichen Probleme bezüglich ihrer Stimmen scheinen wie weggeblasen und man freut sich, dass gerade der zuvor ein wenig zurückhaltender agierende Donnie diesmal nahezu ebenbürtig mitmischt.

Und so prescht dieser beim kräftigen Opener „Train“ direkt wie in alten, allerbesten 38 Special-Tagen voran. Ein toller Southern –Rocker, mit allem was das Herz begehrt: Kerniger Gesang, aggressiver Refrain, fette Slide-Riffs, Mundorgel, glühende E-Gitarren/-Soli, weibliche „Oohoohs“, dazu eine wenig aufdringliche Fiddle. Der Song stampft wie eine Dampflok, die sich unbarmherzig durch die unendlichen Weiten des Westens und des Südens vorankämpft. Ein toller Auftakt. Mit „These Colors Don’t Run“ folgt anschließend ein erster „echter“ Countrysong, ein wenig patriotisch eingefärbt, in der Tradition von Hank Williams jr. oder Montgomery Gentry.

„Goes Down Easy“ verbreitet danach gute Laune pur. Unterschwelliges, ganz dezentes Tex-Mex-Flair im Gesang, klasse Mundhamonika-Begleitung von Pat Buchanan (übrigens ist wieder fast die gleiche Musiker-Mannschaft wie beim Vorgänger an Bord) und der sich sofort in den Gehörgang bohrende Refrain laden zum munteren Mitsingen, „Mitkreischen“ und Mitgrölen ein. Das Lied stammt übrigens aus der Feder der angesagten Künstler und Songwriter Tom Hambridge, David Lee Murphy und Gary Nicholson.

Etwas ruhiger wird es dann bei „That Scares Me“, vielleicht so etwas wie das Pendant zu „Help Somebody“ aus dem vorigen Album. Eine Genre-typische Nummer, die Johnny Van Zant’s weich- kratziger Stimme geradezu auf den Leib geschrieben ist. Sehr entspannt, garniert mit dezenten Steel-, Orgel, und E-Gitarren-Fills, sowie einem feinen Slide-Solo. Ähnliches gilt für „The Hardest Thing“, durch das zudem noch ein gewisses Heartland-Flair weht. Der großartige Titelsong verbindet dann wieder besten Southern-Rock und New-Country mit treibenden Grooves zu einer explosiven Mischung!

„It’s Only Money“ erinnert mit seinen Honkytonk-Elementen (herrlicher Gesang von Donnie) stark an den uralten 38 Special-Track „Money Honey“. Kuhglocken, bestechende Piano/Orgel-Arbeit von Reese Wynans, weibliche „Backs“ und filigranes Stratocaster-Spiel lassen alte Southern-Glanzzeiten wieder aufleben. In bester Lynyrd Skynyrd-Tradition schallt dann das straight southern-rockige „We Can’t Do It Alone“ aus den Boxen: Fette E-Gitarren-Riffs, schöne Dual Guitar-Passage, starke weibliche Background-Gesänge! Lediglich das geschickt eingeflochtene Dobro stellt einen wunderbar „duftenden“ Bezug zum Country her. Gesang hier natürlich von Johnny Van Zant!

Bei „Friend“ kommt dann der bei uns einen sehr guten Ruf genießende Jeffrey Steele kompositorisch mit ins Spiel. Das Stück trägt seine offensichtliche Handschrift und weist ein wenig Reminiszenzen an dessen „Twenty Years Ago“ auf. Sehr eingängigen, fluffigen New-Country der Marke Alabama bekommt man bei „It’s All About You“ geboten. Der Song besticht durch seine schöne Melodie und sprühende Leichtigkeit.

Das Finalstück des Albums ist dann noch mal ein absolutes Highlight: „Headed South“ wurde geschrieben von den Van Zant-Brüdern und den Warren Brothers (letztgenannte haben ja in den vergangenen Jahren kompositorisch immer mal wieder sporadisch im Van Zant-Umfeld mitgewirkt, z. B. bei Skynyrds „Red, White & Blue“-Ballade). Der von Donnie gesungene Song präsentiert sich schwül bluesig und geht in Richtung von 38. Special’s einstmaligen „Homeless Guitar“. Herrliche Gitarren, starkes E-Piano und klasse Orgel dürften bei Southern-Freunden lang vermisste Glücksgefühle wiede raufleben lassen. Ein echter Southern-Knüller am Schlus, der das Leben „on the road“ zum Thema hat.

Den Van Zant-Brüdern ist mit „My Kind Of Country“ erneut ein Klasse-Album gelungen, das, wie gesagt, noch eine Spur homogener und ausgereifter wirkt als das vorige Material, und darüber hinaus vor allem von den starken, frischen Gesangleistungen des Brüderpaares, sowie den bravourösen Leistungen der exzellenten Musiker lebt. Produziert hat wieder Mark Wright, diesmal allerdings zusammen Justin Niebank. Wir ziehen den „Hi-Roller“ vor dieser Leistung und attestieren, dass uns die Southern-Variante des Van Zant’schen Country von einer solchen Qualität für immer willkommen sein wird. Weiter so, Jungs! „This kind of country rocks“!

Columbia Nashville, 2007
Stil: New Country / Southern Rock

01. Train
02. These Colours Don’t Run
03. Goes Down Easy
04. That Scares Me
05. My Kind Of Country
06. The Hardest Thing
07. It’s Only Money
08. We Can’t Do It Alone
09. Friend
10. It’s All About You
11. Headed South

Van Zant
Bärchen Records

Lynyrd Skynyrd – Searching – CD-Review

Ja es gibt sie tatsächlich noch, diese musikalischen Sensationen. Vielen Skynyrd-Anhängern der ersten Stunde wird immer noch die Schockstarre präsent sein, wenn sie bis heute überhaupt denn je überwunden ist, als im Oktober 1977 der Privat-Jet unserer Southern Rock-Lieblinge, die sich gerade auf einen ersten Höhepunkt ihrer Karriere zu bewegten, während ihrer US-Tour vom Himmel herabstürzte. Zwei Crew-Mitglieder, Cassie und Steve Gaines, sowie der Frontmann und das Aushängeschild des Septetts, Ronnie Van Zant kamen, wie allseits bekannt, dabei tragischer Weise ums Leben. Noch heute beschäftigt viele Fans die Frage, wie die Entwicklung von Lynyrd Skynyrd oder die des Southern Rocks überhaupt verlaufen wäre, hätte ihr charismatischer Bandleader das Unglück überlebt.

Nachdem sich die übrigen Musiker von ihren Blessuren nach und nach zu erholen begannen, brodelte bereits die Gerüchteküche, ob, wie und in welche Richtung die zukünftige musikalische Reise gehen sollte. Zunächst wurden naturgemäß die beiden Brüder Ronnies als Nachfolger am Mikro gehandelt. Donnie war aber bereits zu sehr in sein 38 Special-Projekt verwurzelt, der jüngste, Johnny, versuchte ebenfalls schon unter eigenem Namen mit eigener Band Fuß zu fassen. Er schien zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht reif genug für eine Aufgabe dieser Dimension. Natürlich wurden auch große, bereits etablierte Namen ins Spiel gebracht. Und, was bis vor kurzem ein wohl behütetes Geheimnis geblieben ist, es hat tatsächlich intensive, fast Casting-ähnliche (würde man heute sagen) Bewerbungsszenarien hinter den Kulissen gegeben.

Man höre und staune, unter den verbliebenen Kandidaten befanden sich letztendlich, Bob Seger, Paul Rodgers, John Fogerty (alle drei hatten ohne etwaige Auflagen spontan ihr Interesse bekundet) und Dale Krantz. Die wurden nach und nach in die berühmten Muscle Shoals-Studios eingeladen. Dabei bat man sie einen neuen Skynyrd-typischen Song selbst zu komponieren und ihn jeweils mit drei Tracks aus dem bestehenden Skynyrd-Fundus (nach freier Wahl) mit den verbliebenen Musikern (als dritter Gitarrist war wieder Ed King mit am Start) neu im Studio einzuspielen. Man wollte einfach genau testen, wer letztendlich am besten zur zukünftigen Gitarrenarmee aus Jacksonville passen würde. Seger brachte sein „Turn The Page“ mit, Rodgers hatte ein Stück namens „Straight Shooter“ im Gepäck (das Stück wurde nie veröffentlicht, nur das mit wohl beste Bad Co.-Album wurde bekanntlich später mit diesem Namen versehen), Fogerty versuchte mit „Proud Gary“ (eine emotionale Hommage an das Gitarrenspiel der Band) Pluspunkte für sich zu ergattern, die bis dato völlig unbekannte, allerdings von Donnie Van Zant empfohlene Krantz erschien mit „Love Your Man“.

Die Aufnahmen gestalteten sich schnell und unkompliziert (kein Wunder bei Könnern dieses Kalibers), die Tracks waren recht schnell eingefahren. Seger und Rodgers zogen ihre Bewerbung aufgrund eigener Erfolge aber kurze Zeit später wieder zurück. Übrig blieben John Fogerty und Dale Krantz. Gary Rossington und Dale Krantz waren sich bei den Aufnahmen näher gekommen und so hatte John Fogerty trotz der Rossington sehr schmeichelnden, o.a. Countryrockballade letztendlich keine Chance, zumal sich auch rechtliche Auseinandersetzungen mit Judy Van Zant, Ronnies Frau, anzubahnen drohten (sie bestand, wenn Skynyrd fortbestehen sollte, in jedem Fall auf einen Van Zant als Leadsänger). Wie hinlänglich bekannt, entschieden sich Rossington und Allen Collins dann doch lieber mit Dale Krantz (später Dale Krantz-Rossington) unter eigener Fahne weiterzumachen.

Was übrig geblieben ist, sind die Aufnahmen dieser hochbrisanten ‚Bewerbungssessions‘ (recht passend mit „Searching“ tituliert), die bis vor kurzem in den Archiven geschlummert haben, aber jetzt mit juristisch abgesegneter Genehmigung der Van Zant-Witwe zur Veröffentlichung freigegeben wurden. Wir sind ganz besonders stolz, die exklusiven Vermarktungsrechte in Deutschland erworben zu haben, vor allem, weil jeweils nur eine limitierte Auflage von 1.000 Stück für insgesamt vier Länder produziert wurde (USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland). Die Scheibe ist wirklich ein Kracher, unglaublich Paul Rodgers „What’s Your Name“, Seger „Tuesdays Gone“ (Gänsehaut garantiert) oder John Fogerty „That Smell“ mit ihren unvergleichlichen Stimmorganen performen zu hören. Für Dale Krantz hatte man „Gimme Three Steps“ sogar partiell umgetextet, aus ‚Linda Lu‘ wurde z.B. ‚Johnny Blue‘, ‚Mister‘ wurde durch ‚Sister‘ ersetzt, usw., auch ihre rotzige Röhre bei „I Ain’t The One“ ist einfach nur klasse.

Die am 1. April auf den Markt tretende Scheibe kommt übrigens in einem äußerlich zwar recht spartanisch in s/w gestaltetem Digipack, enthält aber ein eingestecktes, achtseitiges 4c-Booklet mit tollen Fotos und Anmerkungen zu den „Searching“-Sessions.

MCA Nashville (2010)
Stil:  Southern Rock

01. What’s Your Name (Rodgers)
02. Simple Man (Rodgers)
03. Cheatin‘ Woman (Rodgers)
04. Straight Shooter (Rodgers)
05. Sweet Home Alabama (Seger)
06. Tuesdays Gone (Seger)
07. I Never Dreamed (Seger)
08. Turn The Page (Seger)
09. Gimme Back My Bullets (Fogerty)
10. Whiskey Rock-A-Roller (Fogerty)
11. That Smell (Fogerty)
12. Proud Gary (Fogerty)
13. I Ain’t The One (Krantz)
14. Searching (Krantz)
15. Gimme Three Steps (Krantz)
16. Love Your Man (Krantz)

Lynyrd Skynyrd
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Lynyrd Skynyrd – God & Guns – CD-Review

Auch ich muss es zugeben. Das große Kribbeln im Bauch bei einer Album-Neuveröffentlichung von Lynyrd Skynyrd, in diesem Fall bei „God & Guns“, wie es früher immer üblich war, ist schon lange nicht mehr da. Das hat in erster Linie gar nicht mal mit den Leistungen der Band zu tun. Der Hauptgrund liegt, was meine Person betrifft, sicher in der extremen Reizüberflutung, der man heutzutage als Musik-Redakteur ausgesetzt ist, in Sachen Skynyrd speziell an dem immensen Grad an Identifikationsverlust, den die hohe, bandinterne Sterblichkeitsrate nun mal zwangsweise mit sich brachte.

Mit dem Ableben von Hughie Thomasson und Billy Powell sind zwei weitere Pfeiler und Sympathieträger des Fundaments der einstigen Rockmusik-Institution, mit der ich groß geworden bin (Ean Evans möge mir bitte verzeihen, dass er von mir bereits als einer der beliebig austauschbaren Musiker eingestuft wird) gewichen, das verbliebene Trio Van Zant, Rossington, Medlocke, versprüht längst nicht mehr die Aura des einstigen Kollektivs. Die Alben der posthumen Ronnie Van Zant-Ära fand ich eigentlich im Großen und Ganzen, mit leichten Schwankungen nach oben („Twenty“, „Edge Of Forever“) oder unten (Vicious Cycle) immer recht gut, es gibt ohne Zweifel zahlreiche, tolle Stücke auch mit Johnny Van Zant-Beteiligung.

Ihren großen Kredit hat die Truppe eigentlich mit ihren Konzerten bei mir verspielt. Statt sich zu einer eigenen Identität zu bekennen und schwerpunktmäßig das eigens erarbeitete Material zu präsentieren, wurde bis zum heutigen Tage immer wieder das übliche „Greatest Hits“-Programm runtergedudelt. Was Anfang der neunziger Jahre vielleicht noch ok war, ist für den mündigen Skynyrd-Freund, Ronnie Van Zant-Kult hin oder her, einfach nur noch nervig. Das Weltbild, was die Band in ihren Texten zum Teil dank seines jüngsten Bruders verkörpert, kommt mittlerweile erschwerend hinzu (schlimme Beispiele sind leider auch wieder auf diesem Werk zu beklagen).
Aber egal, kommen wir zu dem, wofür wir Lynyrd Skynyrd lieben gelernt haben, der Musik. Entgegen den entrüsteten und teilweise recht unsachlich erscheinenden Kritiken anderer Magazine, bin ich der Meinung, dass man bei „God & Guns“ den Ball etwas flacher halten sollte. Das Album bietet bis auf eine unsägliche Phase von drei aufeinander folgenden Stücken („Unwrite That Song“, „Floyd“, „That Ain’t My America“), die allerdings das Gesamtgefüge des Werkes sichtlich stören, eigentlich vom übrigen Rest her gute Southern Rock-Kost, mit jeder Menge schöner Melodien, guter instrumenteller Umsetzung (gewohnt starke, southern-typische E-Gitarrenarbeit) und eine von Bob Marlette (Ozzy Osbourne, Nickelback) modern ausgeführte Produktion.

Das bereits im Vorfeld im Net veröffentlichte rockige „Still Unbroken“, das swampige „A Little Thing Called You“, das melodische an „Sweet Home Alabama“ angelehnte „Southern Ways“, das großartige Van Zant-Medlocke-Duett „Skynyrd Nation“, die fetten Gitarrenpassagen bei „God & Guns“ (den Text bitte ignorieren, echt übel) und das vermutlich Billy Powell gewidmete „Gifted Hands“ (mit einem Hauch von „Free Bird“-Flair) machen richtig Spaß und lassen das Southern-Herz kurz wieder auf höheren Frequenzen schlagen. Ob die integrierten Strings in letztgenanntem Song in Zusammenarbeit mit dem Kölner Gürzenich-Orchester erarbeitet wurden (wir erinnern uns an unseren Artikel vom 1. April dieses Jahres…) gaben die Infos der Promo-CD leider nicht her…

Fazit. Das neue Album „God & Guns“ ist keinesfalls so schlecht, wie es bisher dargestellt worden ist. Wenn man den extremen personellen Aderlass der letzten Zeit berücksichtigt, ist den Skynyrd-Überbleibseln insgesamt ein akzeptables Werk gelungen, das eben auch den Wandel der Zeit repräsentiert. Wer die heutigen Skynyrd politisch als ewig Gestrige (zu Recht) abstempelt, sollte nicht in gleichem Zuge auch auf Gedeih und Verderb nach den guten alten Rockmusik-Zeiten schreien. Die sind nämlich seit fast drei Dekaden passé. Die Entwicklung einer den Bandstrukturen angepassten musikalischen Identität halte ich für richtig, solange das Niveau noch überwiegend in Ordnung ist. Die sollte dann allerdings auch live dementsprechend verkörpert werden. Bei „God & Guns“ stehen insgesamt drei kapitale Böcke neun ganz guten Songs gegenüber. Mit den genannten Abstrichen von daher ein durchaus empfehlenswerter Longplayer!

Roadrunner Records (2009)
Stil:  Southern Rock

01. Still Unbroken
02. Simple Life
03. Little Thing Called You
04. Southern Ways
05. Skynyrd Nation
06. Unwrite That Song
07. Floyd
08. That Ain’t My America
09. Comin‘ Back For More
10. God & Guns
11. Storm
12. Gifted Hands

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Lynyrd Skynyrd – Last Of A Dyin‘ Breed – CD-Review

Just, als sich gerade bei uns der Sommer mit Wucht zurückmeldet, dürfte auch für Southern Rock-Freunde die musikalisch heißeste Phase dieses Jahres anstehen. Mit Blackberry Smoke, den Dirty Guv’nahs und Lynyrd Skynyrd stehen gleich drei Top-Bands mit ihren Neuveröffentlichungen in den Startlöchern. Da lacht doch sofort das Herz, zumal man in diesem Genre sicher schon lange nicht mehr der Gefahr einer Reizüberflutung ausgesetzt ist.
Drei Jahre sind tatsächlich schon wieder ins Land gezogen, seit seit unsere Long Time-Helden ihr kontrovers aufgenommenes God & Guns-Album, das wieder von Todesfällen der Bandmitglieder Ean Evans und Billy Powell (ersetzt mittlerweile durch Ex-Black Crowes-Basser Johnny Colt und Peter Keys) überschattet war, fabriziert hatten. Vor kurzem hatten sie sich noch in Berlin sehen lassen, Kollege Mike durfte sich am (Skynyrd-typischen Standardprogramm ‚erfreuen‘. Mich haben sie mit ihren ‚Konzerten von der Stange‘ als Besucher schon lange verloren.

Auch das „G&G„-Album habe ich seit meiner damaligen Rezension eigentlich auch so gut wie nicht mehr gehört. Trotzdem ist es als Southern Rocker der ersten Stunde natürlich irgendwie Pflicht, auf dem Laufenden zu bleiben. Gerade nach der überragenden aktuellen CD „The Whippoorwill“ von Blackberry Smoke, war ich dann doch wirklich neugierig, ob Rossington & Co. der heftigen Attacke ihrer Erben noch Stand halten können.
Um es vorwegzunehmen, ich bin von der neuen Scheibe „Last Of The Dyin‘ Breed“ richtig positiv überrascht. Endlich gibt es wieder schnörkellosen, kompakten, auf den Punkt gebrachten Southern Rock mit vielen E-Gitarrenfeinheiten, der mit der stärksten Zeit der Johnny Van Zant-Ära einhergeht. Es erinnert mich in vielen Phasen an ihr wohl bestes Album „Edge Of Forever“. Vor allem kommt es auch ohne hirnrissige, ami-typisch von Patriotismus getränkte, politische Statements aus.
Produziert hat wieder Bob Marlette, die Hauptsongwriter Johnny Van Zant, Gary Rossington und Rickey Medlocke haben sich einer ganzen Reihe von arrivierten Co-Autoren wie Tom Hambridge, Blair Daly, (John 5, Donnie Van Zant, aber auch jüngerer Kollegen (u. a. Shaun Morgan von Seether, Jaren Johnston von Cadillac Black oder Chris Robertson und Jon Lawhon von Black Stone Cherry) angenommen.

Allein schon der Auftakt mit dem slide-lastigen Uptempo-Titelsong und dem swampigen „One Day At A Time“ mit herrlichen Harmonies von Dale Krantz und Carol Chase sind schon eine echte Wonne. Aber auch im weiteren Verlauf wird das Niveau eigentlich auf konstant hohem Niveau gehalten. Die Ballade „Ready To Fly“ erinnert sogar an die Johnny Van Zant-Anfangstage, als er noch auf Solopfaden weilte.
Die fulminant gitarrenlastig rockenden „Life’s Twisted“ und „Nothing Comes Easy“ stehen in der Tradition starker Tracks wie „Workin'“ oder „O.R.R.“. „Honey Hole“ versprüht ein wenig „Voodoo Lake“-Flair, „Mississippi Blood“ (da singt nicht, wie von mir in meinem diesjährigen Aprilscherz prophezeit, Gary, sondern wie gewohnt Rickey mal sporadisch mit) und das abschließende „Start Livin‘ Life Again“ werden mit einer phantastischen Dobro-Guest-Performance von Jerry Douglas aufgewertet.
Insgesamt ein kurzweiliger Longplayer, der voraussichtlich wieder häufiger den Weg in meinen Player finden wird. Sicher ist Johnny Van Zant, gerade, was die Texte betrifft, kein Typ, der seinem verstorbenen Bruder (vor allem in Sachen unterschwelligem Humor) das Wasser reichen kann, auch werden die Songs nie den Kultstatus aus der Zeit seines großen Bruders erreichen, das müssen sie aber auch nicht. Hier haben er, Rossington und Medlocke wieder mal einen guten Kompromiss gefunden, der alle zufrieden stellen müsste.

Was ihre zukünftigen Live-Auftritte angeht, hat die Tatsache, dass die Nashville-Studiomusiker Greg Morrow und Mike Brignardello auf diesem Silberling die kompletten Drum- bzw. Bass-Parts eingespielt haben, meine Hoffnung, dass sich doch nochmal irgendeine Überraschung ereignen könnte, leider direkt wieder verflüchtigt. Meine Prognose lautet, dass es wie üblich zwei Tracks (vermutlich die beiden Opener) aus diesem Werk geben wird, dazu noch „Red, White & Blue“, ansonsten die üblichen zig-tausendmal abgenudelten Verdächtigen.
„Last Of A Dyin‘ Breed“ ist ein klasse Album geworden, das es auch wert ist, ausführlich auf der Bühne präsentiert zu werden! Die wahren Skynyrd-Fans können auch seit langem schon ohne „3 Steps“, „SHA“ und „Free Bird“ leben…!

Roadrunner Records (2012)
Stil:  Southern Rock

01. Last Of A Dyin‘ Breed
02. One Day At A Time
03. Homegrown
04. Ready To Fly
05. Mississippi Blood
06. Good Teacher
07. Something To Live For
08. Life’s Twisted
09. Nothing Comes Easy
10. Honey Hole
11. Start Livin‘ Life Again

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Lynyrd Skynyrd – Vicious Cycle – CD-Review

Es mag Fakt und sicherlich Grund zur Freude sein, stolz auf eine dreißig Jahre lang währende Bandgeschichte mit erhobenem Haupt zurückblicken zu können.
Ich kenne keine andere Band, die es geschafft hat, trotz kaum noch aufzuzählender Rückschläge, wie z.B. Todesfällen, Drogengeschichten, interner Streitigkeiten oder fortwährendem Tourstress mit derart qualitativ hoher Musik, Dinge kontinuierlich wieder gerade zu rücken.

So gelang es auch dem aktuellen Lynyrd Skynyrd-LineUp, den Tod von Bassist Leon Wilkeson, sowie eine Herzoperation von Gary Rossington zu kompensieren und mit „Vicious Cycle“ das fünfte Studioalbum (wenn man „Endangered Species“ ausklammert) in der Zeit nach Ronnie Van Zant zu präsentieren. Seit ihrem Werk von 1991 sind mittlerweile auch schon 12 Jahre vergangen. Nach der starken letzten „Edge Of Forever“-CD, auf der bei vielen Stücken auf das Grundmuster alt bewährter Songs zurückgegriffen wurde, nähert man sich nach meiner Ansicht mit den neuen Liedern wieder eher der anderen, etwas melodischeren Jubiläumsscheibe, „Twenty“.

So sind gleich sechs der vierzehn Songs („Red White & Blue“, „Hell Or Heaven“, „Mad Hatter“, „Crawl“, „Life’s Lessons“, „Lucky Man“) im Balladen- bis Midtempobereich anzusiedeln, aber wie immer mit tollen Gitarrenparts veredelt. Für mich als Vertreter ruhigerer Töne natürlich recht angenehm, obwohl die Mamasöhnchen-Mentalität von Johnny Van Zant mittlerweile ein wenig nervt. Aber Boogiefreunde und Fans von straightem Southern Rock werden natürlich auch reichhaltig entlohnt. „Pick ‚Em Up“ (klasse Duett mit Rickey Medlocke), „Sweet Mama“ oder „Jake“ haben diesen unverwechselbaren Honky-Tonk-Touch, wo knackige Gitarren und Billy Powell’s unnachahmliche Pianoeinlagen ihren Stempel aufsetzten. Beim Opener „That’s How I Like It“, „All Funked Up“ und „Rockin‘ Little Town“ geht die Post wie gewohnt richtig ab und der typisch gitarrengetränkte, stampfende Rock jagt einem wohlige Schauer über den Rücken. Bläsereinlagen und weibliche Backgroundvocals halten sich angenehm im Rahmen.

Ob das abschließende „Gimme Back My Bullets“ als Hip-Hop-Hardcore-Rock-Bonustrack zusammen mit Kid Rock dem Ganzen eine moderne Note verpasst, sollte jeder selbst beurteilen; ich tendiere doch eher dann dazu, die Austaste zu betätigen oder wieder zum Anfang zurückzuschalten. Wie dem auch sei, Lynyrd Skynyrd ist wieder ein ausgezeichnetes Stück Southern-Rock gelungen.

Zu befürchten ist allerdings, dass die Band das ganze Jubiläumsgedönse einmal mehr dazu benutzt, um die bereits bis zum Erbrechen gebrachten alten Klamotten im Live-Repertoire erneut aufzuwärmen. Ich meine es ist nach fast zwölf Jahren an der Zeit, sich zur eigenen Identität selbstbewusst zu bekennen und den Fokus auf die aktuellen Lieder zu richten. That’s how I would like it!

Sanctuary Records (2003)
Stil:  Southern Rock

01. That’s How I Like It
02. Pick ‚Em Up
03. Dead Man Walkin‘
04. The Way
05. Red White & Blue
06. Sweet Mama
07. All Funked Up
08. Hell Or Heaven
09. Mad Hatter
10. Rockin‘ Little Town
11. Crawl
12. Jake
13. Life’s Lessons
14. Lucky Man
15. Gimme Back My Bullets (Bonus Track)

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