Joanne Shaw Taylor – Black & Gold – CD-Review

Das zehnte Album in einer Karriere ist sicherlich, egal für welchen Künstler, immer etwas besonderes, ein Meilenstein, vielleicht auch ein neuer Richtungsweiser. Viele Acts erreichen diese Marke erst garnicht. Für Joanne Shaw Taylor, einst mit 16 Jahren von Eurythmics-Dave Stewart entdeckt und seit 2009 im Blues Rock-Business tätig, ist dieser ominöse Zeitpunkt jetzt gekommen.

Mit „Black & Gold“ stellt sie sich nun dieser Herausforderung und bewältigt diese, um es vorwegzunehmen, mit Bravour. Erneut auf Joe Bonamassas Journeyman Records-Label unterwegs, dazu mit Joes Langzeit-Spezi Kevin Shirley an den Reglerknöpfen, bietet sie einen abwechslungsreichen Mix zwischen eingängigem, Blues- und Southern (Country) Rock, Rock und beschwingten und luftigen PopRock-Nummern, die genau zur richtigen Jahreszeit kommen und sogar durchaus als cabriotauglich zu bezeichnen sind, auch wenn die Songthematiken zum Teil von ernsterer Natur sind..

„Ich wusste, dass dieses Album ein Meilenstein für mich wird“, so die Protagonistin. „Mein zehntes Studioalbum – das fühlt sich an wie das Ende eines Kapitels und der Auftakt eines neuen.“ Bewusst habe sie sich darauf eingelassen, musikalisches Neuland zu betreten. Sie wolle sich nicht wiederholen, sondern weiterentwickeln. „Einige Songs musste ich einfach für mich selbst schreiben. Es ging darum, Themen aufzugreifen, die ich lange umgangen habe. Ein Befreiungsschlag – künstlerisch wie persönlich.“

Allein der swampige Opener „Hold Of My Heart“ ist schon ein Genuss für sich. Der Beginn mit einer rauen Akustikgitarre, dazu eine wiehernde Fiddle (von der renommierten Musikerin Sav Madigan gespielt), und eine fulminantes, im Southern Rock verwurzeltes E-Gitarren-Solo lassen Erinnerungen an die Rossington Collins Band in ihrer Beginn-Phase aufkommen. In eine ähnliche Kerbe schlagen auch das slideträchtige „I Gotta Stop Letting You Let Me Down“ und  später mit einem zusätzlichen leichten Stones -Hauch versehene „Hell Of A Good Time“, zwei weitere der vielen Highlights.

Kommen wir zu den wunderbar, leicht ins Ohr gehenden, poppigen Liedern wie „All The Things I Said“, „Who’s Gonna Love Me Now?“, „Summer Love“ (aktuelle Single) und „Grayer Shade Of Blue“, allesamt absolut radiotauglich, die aber durch das immer integrierte schöne E-Gitarrensolo auch eine gewisse Rock-Attitüde behalten. Da bekommt man richtig gute Laune.

Introvertierten Stoff, etwas schwerer verdaulich, als Kontrast in Richtung Beth Hart weisend, bieten der Titelsong „Black & Gold“ und „Look What I’ve Become“, bevor am Ende durchaus wieder die Southern Rock-Freunde zum Zug kommen: Zum einen mit der herrlich shuffelndem  Uptemponummer „What Are You Gonna Do Now?“ mit Pianoeinlagen und klasse E-Gitarrenarbeit samt kurzem Solo. Fußwippe unvermeidlich!

Zudem mit der grandiosen Southern Soul-Ballade „Love Lives Here“ hinterlässt die Britin zum Abschluss äußerst bleibenden Eindruck und beweist neben ihren starken Gitarrenqualitäten auch ihre beeindruckendes Vokalkönnen (schön rauchig Richtung Kim Carnes). Und wenn sie dann zum finalen Hammersolo mit Pilly Powell-mäßig unterlegtem Pianogeklimper ansetzt, reibt sich jeder Lynyrd Skynyrd-Fan vermutlich verwundert die Augen. 

Joanne Shaw Taylor hat Wort gehalten. Mit „Black & Gold“, ihrem 10. Werk, ist ihr tatsächlich ein echter Meilenstein gelungen. Die CD macht von der ersten bis zur letzten Sekunde großen Spaß und bietet vor allem gekonnt ineinander greifende Diversität. Würde ich ihre Vorgänger-Werke besser kennen, würde ich es glatt wagen, von einer Art Karrierealbum zu sprechen. Schwarz sehe ich hier nur auf dem stilvollen Coverbild, ansonsten ist hier ist wirklich alles Gold, was glänzt, absolute Kaufempfehlung!

Journeyman Records (2025)
Stil: (Southern) Blues Rock / Pop Rock

Tracks:
01. Hold Of My Heart
02. All The Things I Said
03. Black & Gold
04. Who’s Gonna Love Me Now?
05. I Gotta Stop Letting You Let Me Down
06. Summer Love
07. Grayer Shade Of Blue
08. Hell Of A Good Time
09. Look What I’ve Become
10. What Are You Gonna Do Now?
11. Love Lives Here

Joanne Shaw Taylor
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Another Dimension

JJ Grey & Mofro – 02.03.2025, Kantine, Köln – Konzertbericht

Abschluss-Konzert der Europa-Tournee von JJ Grey & Mofro in der Kölner Kantine. Während der Karnevalszeit und an einem Sonntag Abend, dazu das sich Rar-Machen in den letzten Jahren bei uns. waren vermutlich die Gründe dafür, warum dieser tolle Gig des JJ Grey-Ensembles, der sicherlich ein ausverkauftes Haus verdient gehabt hätte, nur mittelmäßig besucht wurde.

Als Support spielte ein durchaus sympathischer junger Bursche aus Ulm namens Paul Holland, solo, nur mit Akustikgitarre behangen, in einer halben Stunde ein paar Stücke aus seiner EP „Everything“, in seichter Singer/Songwriter-Manier. Leider ohne jeden Widererkennungswert. Songs, mit denen man vielleicht bei ein paar Sozialwissenschafts- und Philosophiestudent*innen Eindruck schinden kann.

Wobei sich dann bei mir, der jeden Morgen um 4:30 Uhr aufsteht und in der Regel so gegen 20:00 Uhr schon von den ersten Müdigkeitsattacken geplagt wird, innerlich sofort die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solchen Acts bei einem Gig stellt, wo die Leute doch eigentlich wegen brodelndem Southern Soul Rock angereist sind.

Das ist ungefähr so, wie wenn man vor einem Rot-Weiss Essen-Spiel, der Meute zur Einstimmung auf die Partie, statt kühlem Stauder Pils, irgendeine lauwarme Mate-Tee-Plörre an der berühmt-berüchtigten Hafenstraße ausschenken würde…

Das unterhaltsamste in den 30 Minuten waren eigentlich Pauls selbstironische Ansagen, als er beispielsweise treffender Weise anmerkte, dass bei JJ Grey jeder einzelne involvierte Musiker wohl dreimal mehr Energie auf die Bühne bringen würde. als er selbst. Er hielt zwischendurch und am Ende den typischen Höflichkeitsapplaus, bei dem sofort die Gedankenwelt der Besucher ablesen konnte. Ich würde sagen, ein falscher Musiker zur falschen Zeit am falschen Ort. Da doch bitte lieber direkt mit dem Headliner anfangen.

JJ Grey und seine umfangreiche Begleitcombo entschädigten nach recht kurzer Umbaupause sofort mit einer Mörderversion des Titelstücks der aktuellen und namensgebenden Tour-CD „Olustee“. Was da direkt für eine Southern Rock-Wucht von den zehn involvierten Personen (inklusive Traum-E-Gitarren-Solo von Pete Winders) auf die Bühne projiziert wurde, war allein schon das Eintrittsgeld wert. Ein fulminanter Auftakt!

Aus diesem Werk wurden dann im weiteren Verlauf einige Tracks wie u. a. „Top Of The World“, das herrliche Jon Anderson-Cover „Seminole Wind“ oder das heftig funkende „Rooster“ präsentiert.

Der Leader versprühte natürlich seine Charismatische Aura, glänzte mit seinem starken Gesang, plusterte in seine Harp und schnappte sich sporadisch auch die E-Gitarre (u. a. beim melancholischen „The River“).

Sein langjähriger ‚Adjudant‘, Dauergrinser Todd Smallie, gewann, wie sooft, mit seiner ansteckenden Freundlichkeit, den Sympathie-Preis, ließ seinen Bass immer gut hörbar grummeln und gab zusammen mit Schwergewicht Craig Barnette an den Drums den Takt vor. Zusätzliche Unterstützung gewährte Eric Martin mit seinen diversen Percussion-Instrumenten.

Ein tollen Beitrag zum brodelnden Southern Soul-Sound lieferten natürlich auch die beiden Bläser Marcus Parsley an der Trompete und Kenny Hamilton am Saxofon, ob zusammen oder einzeln mit diversen Soli plusternd. Manchmal gesellte sich dann auch noch der flexible Eric Brigmond dazu, der teilweise dann mit Posaune zusätzlich verstärkte und sogar gleichzeitig die Keys in diversen Varianten (organ, piano, e-piano) bediente.

Lead-Gitarrist Pete Winders tauchte nach seinem grandiosen Solo beim Opener ein wenig ab, lieferte aber ein klasse Rhythmusarbeit und natürlich auch das eine oder andere gekonnte Kurzsolo.

Nicht zu vergessen die beiden hübschen Backgroundsängerinnen Katie Dutton und Linzy Lauren, die neben ihren Harmoniegesängen auch ihre Leadvocal-Talente offerieren durften. Und wenn wir beim Gesang sind, darf auch nicht das textsichere Kölner Publikum unter den Teppich gekehrt werden, das sich bei diversen Tracks lautstark einbrachte und den Fronter schwer beeindruckte.

Das starke “Ol‘ Glory“ mit JJ an der Lead-Gitarre beendete den tollen Hauptteil, dem dann im Zugabenbereich mit den Klassikern „Brighter Days“ und „The Sweetest Thing“ noch zwei tolle Tracks folgten und den würdigen Abschluss der Tournee bildeten, bevor sich die Domstädter dann wieder in den üblichen Karnevalstrubel stürzen konnte.

Insgesamt eine grandiose Show von JJ Grey & Mofro, die sicherlich bei meinen Konzerthighlights dieses Jahres eine gewichtige Rolle spielen wird!

Line-up:
JJ Grey (lead vocals, harp, electric guitar, percusssion)
Eric Brigmond (keyboards, trombone)
Craig Barnette (drums)
Todd Smallie (bass)
Pete Winders (electric guitar)
Eric Martin (percussion)
Marcus Parsley (trumpet)
Kenny Hamilton (saxophone)
Katie Dutton (backing vocals)
Linzy Lauren (backing vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Kantine Köln

Marc Broussard – Support: Ivy Gold – 24.09.2023, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

Den Abend im ansehnlich gefüllten Musiktheater Piano beginnen Ivy Gold in kleiner Besetzung. Sängerin Manou und Sebastian Eder präsentieren akustische Versionen von Songs des aktuellen Albums „Broken Silence“, welches mit Tal Bergman an den Drums, Kevin Moore am Bass und Anders Olinder an den Keyboards eingespielt wurde. Mit ihrem knapp 30-minütigen Auftritt verkürzen sie die Wartezeit auf Marc Broussard und heimsen dafür verdienten Applaus nach den Songs ein. Gespannt darf man sein, wenn die Stücke in ihrer Komplexität mit kompletter Band gespielt werden.

Eine kurze Umbaupause genügt und kurz nach 20:00 Uhr betritt die Band von Marc Broussard die Bühne und legt erst einmal ohne den Boss ein kurzes Intro vor. Auf diesem musikalisch ausgerollten Teppich kommt dann auch der aus Louisiana stammende Broussard hinzu und steigt direkt zunächst nur als Sänger mit ein. Später unterstützt er Bobby Schneck jr. als zusätzlicher Gitarrist, was den Songs noch mehr Druck verleiht. Es entsteht direkt ein Flair im Piano, dass man sich in den Süden der Staaten versetzt fühlt. Die Songs lassen Soul, Blues und Rock miteinander verschmelzen und der charismatische Broussard begeistert mit seiner ausdrucksstarken voluminösen Stimme.

Neben eigenen Stücken wie „Paradis“, „The Wanderer“, „Wanna Give You The World“, „Fire“ und Home“ streut er mit seiner Band auch einige starke Coverversionen wie „Baton Rouge“ (Frankie Miller), „I´d Rather Drink Muddy Water“ (Johnnie Taylor) und „Love and Happiness“ (Al Green) in das er noch „Papa Was a Rollin‘ Stone“ einbaut.

Begleitet wird er dabei von einer starken Combo, wo der junge Lead Gitarrist Bobby Schneck jr, auf der rechten Seite der Bühne, sich mit einigen starken Soli in den Vordergrund spielen kann und darf. Einigen der Stammgästen wird er noch bekannt sein, als zweiter Gitarrist bei Devon Allmans Auftritt im Piano vor etwa sechs Jahren.

Auf der anderen Seite der Bühne sorgt Jason Parfait an den Keyboard auch mit einigen Soli für einen vollen, sehr gut abgemischten Sound. Nebenbei setzt er in vielen Songs Akzente mit dem Saxofon, wobei er manchmal beide Instrumente gleichzeitig spielt aber auch für einige Saxofon Soli im Zentrum der Bühne steht. Während der Soloparts seiner beiden Begleiter in der ersten Reihe steht Broussard sichtbar gut gelaunt im Hintergrund der Bühne und beobachtet, wie seine Musiker sich ihren verdienten Szenenapplaus vom begeisterten Publikum abholen.

Im hinteren Teil der Bühne befindet sich die Rhythmusfraktion mit Bassist Devin Kerrigan und Drummer Terry Scott jr, der auch als Background Sänger Akzente setzt, die eine perfekte Grundlage für die Drei im Fokus der Fans stehenden Musiker. Neben dem Hörgenuss wird der Auftritt auch visuell ins richtige Licht gesetzt, sodass es sich um einen rundum gelungenen Abend handelt, bei dem es sich Marc Broussard auch nicht nehmen lässt, sich direkt nach dem Konzert zu den am Merchstandising wartenden Fans zu gesellen.

Dem Piano und 3dog Entertainment ist es wieder einmal gelungen, einen Musiker der Extraklasse nach Dortmund zu holen. Belohnt werden sie dabei durch den Besuch von knapp 300 Zuschauern, nachdem Broussards Konzert vor einigen Jahren von nur knapp 50 Fans besucht wurde.

Line-up:
Marc Broussard – lead vocals, guitars
Bobby Schneck jr. – guitars, backing vocals
Jason Parfait – keyboards, saxophon
Terry Scott jr. – drums, backing vocals
Devin Kerrigan – bass

Text & Bilder Gernot Mangold

Marc Broussard
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Ivy Gold
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Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Nalani Rothrock – The Rock House Sessions (Extended Cut) – CD-Review

Wenn man als musikalisch talentiertes Kind bereits das Wort ‚Rock‘ im Familiennamen integriert hat, müsste der Lebensweg, besonders in den Staaten, eigentlich schon so etwas wie vorbestimmt sein. Nalani Rothrock kam schon mit 8 Jahren mit der Musik in Berührung, war bereits mit 12 schon Bestandteil der Band ihres Vaters, der dann auch ihr Songwriting und Bühnenpräsenz maßgeblich beeinflusste.

Die innige Bekanntschaft mit dem Gitarristen und Songwriter Joshua Lamkin 2011 war dann der endgültige Beweggrund nach Nashville zu ziehen, um in Music City Fuß zu fassen. Als großes Glück, vor allem wenn man ihr aktuelles Werk „The Rock House Sessions (Extended Cut)“ durchgehört hat, dürfte auch das dortige Kennenlernen des mehrfach Grammy-dekorierten Kevin McKendree, zu bezeichnen sein, der für seine Zusammenarbeit mit vielen namehaften Größen wie u. a. Little Richard, John Hiatt, Delbert McClinton, Buddy Guy oder Lee Roy Parnell bekannt ist.

Der hat nämlich diese Scheibe nicht nur in seinem eigenen Studio The Rock House in Franklin, Tennessee, produziert, sondern auch seine filigranen Fertigkeiten als Keyboarder mit eingebracht. Dazu hat er den smooth-relaxten Opener „Everytime I Close My Eyes“ zusammen mit Nalani und Joshua mit komponiert.

Ok, mit einer Rockmusikscheibe, hat das Ganze natürlich nur ganz marginal was zu tun (vielleicht am ehesten noch bei „Just Before I Go“) , aufgrund ihrer Stimme, die wie ein Mix aus Bonnie Raitt, Susan Tedeschi und Norah Jones klingt, liegt es natürlich nahe, sich in den Sphären des Southern Soul und des Blues (dazu mit ganz dezenten unterschwelligen Jazz- und Countrynoten bei „Fool For You“ mit quäkender Trompete von Andrew Carney, beziehungsweise beim country-bluesigen, in bester Bonnie Raitt-Manier performten „Try“) zu bewegen, was dann hier auch vorzüglich umgesetzt wird.

Mit dabei auch der uns bestens bekannte Weltklasse-Bassist Steve Mackay, der uns ja bestens von Joe Bonamassa– und Peter Frampton-Konzerten bekannt ist. Dazu gesellen sich dann noch Leute wie Kenneth Blevins und Lynn Williams (beide Drums), Bryan Brock (Percussion) sowie die Backgroundsängerinnen Nicole Boggs, Jonell Mosser und Jackie Wilson. Das gesamte Konglomerat in seiner überwiegend ‚laid-back‘ gespielten Art eignet sich bestens als Lounge- oder Barroom-Hintergrund, aber auch auf der Veranda oder der Terrasse zum gemütlichen Relaxen und Runterkommen.

Nach zwei grandiosen Killerballaden in der zweiten Hälfte („Midnight“ und „Goodbye“), weiß auch das abschließende „Hey Little Bird“ (aus der Feder von Lamkin) von Vogelgezwitscher ummantelte, mit Pinseldrums, leichten Bariton-Slide-Streicheleinheiten (Joshua, wie auch über das ganze Werk hinweg, mit akzentuiertem, sehr effektvollen Spiel, jedoch immer im Dienste der Protagonistin) und Kendrees sanftem Orgelhall, besonders auch in leicht ins Ohr gehender, lyrischer Hinsicht zu gefallen („Hey little bird way up in the tree, c’mon, spend a little time with me…“).

Am Ende erhält man mit „The Rock House Sessions (Extended Cut)“ von Nalani Rotrock ein jetzt mit neun Stücken umfassendes, sehr kurzweiliges Album, das in allen Belangen überzeugt. Nashville darf sich über eine weitere großartige Singer/Songwriterin, ein echtes ‚Rot(h)kelchen‘ des Southern Soul Blues, in seine Reihen erfreuen. Wunderbar!

Jolani Music Group (2022)
Stil: (Southern) Soul / Blues

01. Everytime I Close My Eyes
02. Fool For You
03. Just Before I Go
04. Hold On
05. How Long
06. Midnight
07. Goodbye
08. Try
09. Hey Little Bird

Nalani Rothrock
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Connor Selby – Connor Selby – CD-Review

Review: Jörg Schneider

Connor Selby war mir bis dato völlig unbekannt und ich musste zunächst einmal ein wenig googeln, um etwas über ihn herauszufinden. Also, der Brite ist nicht mit dem viel zu früh verstorbenen Blueser Mark Selby verwandt, wie man eventuell vermuten könnte. Dennoch entpuppt er sich auf der CD als melancholischer Bluesbarde, der in seinem jungen Alter bereits mit einer beeindruckenden Vita aufwarten kann.

Multinational in Essex, Connecticut und Dubai aufgewachsen, wurde er als Teenager von Musikern wie Eric Clapton, Ray Charles, Bill Withers oder Sam Cooke geprägt, entdeckte aber auch seine Liebe zur amerikanischen Rootsmusik und stand 2019 als Twen bereits als Opener für The Who im Wembley Stadium auf der Bühne, gefolgt von Auftritten mit Pearl Jam, den Stereophonics und anderen. Nun hat er sein Erstlingswerk „Connor Selby“ aus dem Jahr 2021, diesmal mit vier zusätzlichen Bonustracks, warum auch immer erneut veröffentlicht.

Vielleicht liegt es an der Auswahl der dem „Sounds Of South“-Magazin für ein Review zur Verfügung gestellten CDs, dass bei dem Rezensenten der Eindruck entstanden ist, viele Bluesmusiker würden zur Zeit ihre Songs sehr soulig und in Bläserarrangements eingehüllt präsentieren. Da macht auch Connor Selbys Wiederveröffentlichung keine Ausnahme. Auch er springt, zumindest teilweise, musikalisch auf diesen „Retrozug“ auf. Was handwerklich und musikalisch auch ziemlich gut gemacht ist. Da gibt es nichts zu kritisieren, aber es bleibt das Gefühl alles irgendwie schon einmal gehört zu haben.

Stilistisch bewegen sich die Tracks zwischen Slow- und Midtempoblues („I Can‘t Let You Go“, „If You’re Gonna Leave Me“, „The Man I Ought To Be“, „Anyhow“, „Starting Again“ und „Love Letter To The Blues“), Singer-Songwriter („Hear My Prayer“, „Waiting On The Day“) und etwas flotteren Nummern („Falling In Love Again“, „Show Me A Sign“, „My Baby Don‘t Dig Me“), allesamt auf eingängigen Melodien basierend und den Gehörgängen schmeichelnd. Mir persönlich hat am besten der Bonustrack „I Shouldn‘t Care“, ein klassischer Chicagoblues, gefallen.

Selbys Songs ziehen Dich nicht unweigerlich auf die Tanzfläche, sind aber für entspannte Abende bestens geeignet oder um sie bei einem gemeinsamen Abendessen mit Freunden im Hintergrund laufen zu lassen. Sie sind zeitlos melancholisch und irgendwie auch elegant. Und bei genauerem Hinhören entdeckt man bei einigen Stücken sogar dezente Southernanleihen a la Allman Brothers oder Lee Roy Parnell. Als noch junger Bluesmusiker hat Connor Selby sicherlich noch viel Potential, wenn es ihm gelingt, seine Songs mit einem höheren Wiedererkennungswert auszustatten. Ab dem 3. März ist die Scheibe im Handel.

Provogue Records / Mascot Label Group (2023)
Stil: Blues

Tracks:
01. I Can’t Let You Go
02. Falling In Love Again
03. If You’re Gonna Leave Me
04. Emily härter Rhythmus
05. The Man I Ought To Be
06. Hear My Prayer
07. Show Me A Sign
08. Anyhow
09. Waitin’ On The Day
10. Starting Again
11. I Shouldn’t Care (Bonus Track) chicagoblues
12. Love Letter To The Blues (Bonus Track)
13. My Baby Don’t Dig Me (Bonus Track)
14. The Deep End (Bonus Track)

Connor Selby
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Tedeschi Trucks Band – I Am The Moon: IV. Farewell – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Seit Anfang Juni veröffentlicht die Tedeschi Trucks Band in regelmäßigen Abständen die einzelnen Episoden-Teile ihres Mammut-Projektes “I Am The Moon”. Mit dem letzten Chapter “Farewell” liegen das genreübergreifende Gesamtwerk und seine 24 Songs nun in voller Länge vor. Die Eigenproduktion, die in ihrer lyrischen Background-Handlung ein alt-persisches Liebes-Epos teilweise nachempfindet, vermittelt über die vier Alben eine außergewöhnliche Rock’n’Roll-Erfahrung.

Der unvergleichlich intensiv-warme und einfühlsame Sound setzt sich auch im “Farewell”-Opener “Last Night In The Train” beispiellos fort. Ein straight forward Song im souligen Outfit, der Susan Tedeschis starke Vocals mit unverkennbaren Arrangements der Beatles-Ära umgibt. Als Erinnerung an den verstorbenen, brillianten Keyboarder Kofi Burbridge (aus Derek Trucks Solo-Band) wird “Soul Sweet Song” zur Tribute-Hymne mit swingendem Gospel-Chorus, die auf einem Guitar-/Piano-Teppich entschwebt.

Auch der nachfolgende Track “D’Gary” ist in besonderer Weise eine Hommage an einen besonderen Musiker. Der aus Madagaskar stammende (überwiegend) Acoustic-Gitarrist D’Gary wird durch Susans klaren Gesangsstil und Dereks meisterliche Variation – versehen mit durchaus überraschend afrikanischen Einflüssen – verdientermaßen in den Fokus der Öffentlichkeit gehoben.

“Farewell” ist der kürzeste Teil (ca. 26 Minuten) der 4-fachen Werkschau und hat mit dem Mike Mattison-Song “Where Are My Friends” einen weiteren Top-Track zu bieten. Mattison, ein herausragender Sänger, Songwriter und Co-Autor, der in einer ganzen Reihe von Songs bei “I Am The Moon” mit ausdrucksvoller Blues-Stimme auftritt, gilt als Multiinstrumentalist; sein würdevoller Rückblick auf die Jahre mit der Allman Brothers Band hinterlässt in Trucks Solo-Einlagen die typischen Southern Rock Eindrücke und Sound-Spuren des unvergessenen Bandgründers Duane Allman.

Eine zärtlich-akustische “Auszeit” bringt das Duett “I Can Feel You Smiling”, das Susan und Derek gemeinsam interpretieren – eine liebevoll lyrisch-musikalische Songperle vom Feinsten! Das hoffnungsvolle “Farewell”-Abschiedslied “Another Day” kennzeichnet zum Schluß noch einmal das großartige Soundgefüge des gesamten Ensembles in einem beschwingten Lebewohl-Rhythmus, dessen übermächtige Anziehungskraft immer wieder verstärkt durch Trucks Solo-Spielweise ausgeübt wird.

Die Tedeschi Trucks Band hat mit “I Am The Moon” insgesamt eine grandiose Studioproduktion geschaffen, die ihre einmalige, musikalisch-multikulturelle Songfolge als eine epische Reise durch die Einflüsse einer alten Liebeserzählung und die Reflektion sehr unterschiedlicher Sound-Stilrichtungen versteht. Eine bandeigene Gabe hieraus Jam, Blues, Southern Soul, Gospel, Jazz und weitere Elemente zu kombinieren und eine musikalische Vision zu entwickeln, bildet die Basis des in diesem Umfang unvergleichbaren Songwritings- und Albumkonzeptes. Die Formation hat nochmal an Größe und Ausstrahlung zugelegt und gehört ohne Zweifel zu den powerful breathtaking US-Rock’n’Roll Big Bands.

Fantasy Records (2022)
Stil: Blues Rock, Southern Soul

Tracks:
01. Last Night In The Train
02. Soul Sweet Song
03. D’Gary
04. Where Are My Friends?
05. I Can Feel You Smiling
06. Another Day

Tedeschi Trucks Band
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Ericson Holt – 99 Degrees – CD-Review

Ich muss mich an dieser Stelle mal explizit bei unseren befreundeten Agenturen in den Staaten bedanken, die uns immer wieder mit hervorragender Musik versorgen, die unter normalen Umständen vermutlich an uns vorbeigegangen wäre. Die morgen erscheinende CD von Ericson Holt ist erneut so ein tolles Beispiel.

„99 Degrees“ ist das mittlerweile dritte Album des in Key West, Florida, lebenden Musikers, für das er grandiose Mitstreiter wie u. a. die wunderbaren Backgroundsängerinnen The McCrary Sisters, den Mehrfach-Grammy-Gewinner Kevin McKendree (Delbert McClinton, Buddy Guy) am B-3-Organ, E-Gitarrist Joe MacMahan (Allison Moorer, Hayes Carll), Bassist Dave Santos (The Neville Brothers, John Fogerty) und Drummer Kenneth Blevins (John Hiatt, Sonny Landreth) angeheuert hat.

Das wunderbar klimpernde Pianospiel von Ericson, das mich in seiner Klarheit ein wenig an das von Bruce Hornsby erinnert, hat schon fast therapeutische Wirkung auf die Wut und Fassungslosigkeit, die sich in diesen Zeiten zum Teil in einem angesammelt hat.

Famos auch, wie er immer wieder mit McKendrees hallender Orgel ‚korrespondiert‘ und sein angenehmer Gesang mit den sensationell gospelnden McCrary Sisters harmoniert. Dazu spielt er noch eine sehr passable Akustikgitarre.

Die Tracks bewegen sich überwiegend im entspannten und balladesken Midtempobereich, lediglich das dixie-umwehte „Walkin‘ On Bourbon Street“ vermittelt ein authentisches Stimmungsbild vom launigen und bunten Treiben rund um das Rotlicht-Quarter von New Orleans.

Auch der mit 7 Minuten 38 Sekunden längste Song, das cool shuffelnde „I’m Gonna Pay“, hebt sich von der ansonsten ruhigen Atmosphäre ab und ist eine wahrhafte Demonstration der spielerischen und gesanglichen Klasse aller beteiligen Akteure. Dieses und noch das eine oder andere Stück wären auch zu Lebzeiten für einen Joe Cocker prädestiniert gewesen.

Bluesiger Southern Soul würde ich insgesamt als Oberbegriff für die Stilisierung verwenden. Richtig stark auch die nur ganz sanft und sparsam dosierten Bläser-Arrangements, gespielt von Jim Hoke und Roland Barber.

So gibt es vom schön südstaatlichen Opener „Walkin‘ In Our Sleep“ (mit zwei E-Gitarren-Soli) bis zum final flehenden „Have Mercy“ durchgehende Spielfreude zu exzellentem Songmaterial zu begutachten. Das ruhige, von Melancholie und Sinnlichkeit getragene „Empty Without A Secret“, der grandiose fiebernde Titelsong „99 Degrees“ oder die von einem ganz dezenten „Hotel California“-Vibe unterlegte Ballade „Help Us Now“ sind einfach zum Niederknien. Irgendwie kommt mir auch ein Radney Foster als Referenz immer wieder in den Sinn.

Gäbe es in diesem Jahr nicht diesen unschlagbar erscheinenden Megakracher von Morgan Wallen, wäre Ericson Holt mit „99 Degrees“ bei mir wohl ein ganz heißer Kandidat für das Album des Jahres. Deshalb im wahrsten Sinne des Wortes zum Titel ‚absolutely hot stuff‘!

Die CD kommt in einem vierseitigen Hochglanz-Pappschuber mit eingelegtem Booklet, das alle Texte der ausnahmslos von Holt verfassten Kreationen enthält. Aller höchste Zeit sich auch mit seinen Vorgängerwerken „The Blue Side“ und „Broken Beauty“ auseinanderzusetzen.

Conch Town Music (2021)
Stil: Southern Soul Blues

Tracks:
01. Walkin‘ In Our Sleep
02. Clever Girl
03. Empty Without A Secret
04. 99 Degrees
05. Sweet On You
06. Beautiful World
07. Walkin‘ On Bourbon Street
08. I’m Gonna Pay
09. Help Us Now
10. Have Mercy

Ericson Holt
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The Bardogs – Southern Soul – CD-Review

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Manchmal werden selbst musikerfahrene Menschen wie meinereiner doch wirklich noch überrascht. Southern Rock aus Indonesien! Das mutet für mich erstmal fast so exotisch an, wie ’ne Reggae-Truppe aus Grönland. Aber da ja Musik bekanntlich keine Grenzen kennt und es in diesem Metier eher auf Können und Leidenschaft für die Sache ankommt, kommt es da durchaus oft zu angenehmen Überraschungen.

Und The Bardogs, bestehend aus den gut zu merkenden Namen Aulia Rahman (guitars, vocals), Weldy Tua Pangaran (guitars), Deni Hidayat (bass, vocals),
Romi Zirwanda (drums) und Jason Latuasan (keys) zählen nach den obligatorischen Hördurchgängen im Vorfeld eines Reviews zweifellos zu diesen.

Die Burschen haben nach ihrer finalen Zusammenfindung ihren residenziellen Fokus, dank der dortig bestehenden Internationalität, auf die Insel Bali gelegt. Hier machte man sich in angesagten Locations wie dem Pretty Poison Club, Deus Ex Machina, Old Man’s oder Single Fin schnell einen Namen und versuchte 2018 nach dem Debütwerk, auch in Frankreich, in Form einer Tour, erste Verbindungen mit dem europäischen Kontinent herzustellen.

BD-TextIhr neues Werk „Southern Soul“ hat eindeutig das Potential, die Band auch in globaler Hinsicht voranzubringen. Jeder der gerne Southern Rock aus dem Dunstkreis der Allman Brothers (mit den daraus resultierenden weiteren Verästelungen à la Tedeschi Trucks Band, Gov’t Mule, Allman Betts Band) gerne hört, wird seine helle Freude an den Burschen haben. Besonders das an Duane Allman erinnernde, markant klirrende Slide-Spiel wird als immer wiederkehrendes Trademark bei diversen Tracks eingesetzt.

Auch viele quirlige, genre-typische E-Gitarren-Soli (oft auch mehrfach songintern, sporadisch in Twin-Manier) gehören zum Standardrepertoire der Barhunde. ABB- und Jam-Freunde werden beispielsweise bei Tracks wie dem „Southbound“-nahen „Ain’t Gonna Look Back“ und dem „Whipping Post“-umwehten „Misunderstood“ bestens auf ihre Kosten kommen.

Überrascht hat mich vor allem die Stimme von Aulia Rahman, die für mich Ähnlichkeiten mit der von Ed Jurdi von der Band Of Heathens aufweist und bei eingängigen und sehr melodischen Songs wie „Colorado„, „After Midnight“ oder „Loving You“ auch für dementsprechendes Flair sorgt.

Klasse gefällt mir auch das Keyboard-Spiel Jason Latuasan, der die gesamte Variationsbreite seines Tastenkönnens (Orgel, E-Piano, HT-Piano) sehr einfühlsam mit einbringt und einen nicht unerheblichen Beitrag zum ansehnlichen Gesamtwerk leistet. Für mich der heimliche Star des Quintetts.

Fazit: The Bardogs lassen mit „Southern Soul“ (zum Piepen das völlig SR-untypische, orientalisch geprägte Frontcover) keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihr Herz für den Southern Rock schlägt. Sie greifen dabei, wie so viele Newcomer dieser Zeit, alte Strukturen auf und verwandeln diese mit viel kreativem Gespür in neue Eigenkompositionen. Mit dieser Musik voller Herzblut haben sie das Zeug sowohl bei uns in ganz Europa, als auch in den Staaten mit offen Armen aufgenommen zu werden. Selamat datang!

Label: Bad Repuation (2021)
Stil: Southern Rock Rock

Tracks:
01. Sail Away
02. Step Back
03. Reality
04. It’s Over
05. Ain’t Gonna Look Back
06. Colorado
07. Corona
08. Misunderstood
09. After Midnight
10. Loving You (Bonustrack)

The Bardogs
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Lisa Mills – The Triangle – CD-Review

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In diesem besonderen Jahr ist es eindeutig das weibliche Geschlecht, das bei mir bisher den bleibendsten musikalischen Eindruck hinterlassen hat. Nach den überragenden Alben von der Betty Fox Band und Crystal Shawanda, hat mich jetzt noch topos-Macher Klemens Kübber auf das Werk „The Triangle“ von Lisa Mills aufmerksam gemacht.

Die in Mississippi groß gewordene Amerikanerin (lebt mittlerweile in Freiburg), allerdings dank diverser Touren auch in Europa bei uns bekannt, konnte sich zu diesem Longplayer einen vermutlich lang gehegten Wunsch erfüllen. Mit dem preisgekrönten Musikproduzenten/Musiker/Songschreiber Fred Mollin und dem Filmemacher Mark Voss bereiste sie drei berühmt-legendäre Aufnahmestudios im Süden der USA (Fame Studios – Muscle Shoals, Alabama; Sun Studio – Memphis, Tennessee; Malaco Studios Jackson, Mississippi), um mit den dortigen Studiomusikern, eine von ihr und Mollin auserwählte und erarbeitet Trackliste mit Coversongs einzuspielen.

Besser als es der Link zum dokumentarischen ‚Making Of‘ zu „The Triangle“ tut, kann man dieses einzigartige Erlebnis für die Künstlerin mit Worten wohl kaum beschreiben, Das musikalische Endergebnis der CD deckt sich dann am Ende auch recht gut mit dem, was einem im Clip suggeriert wird.

Lisa hat mit ihrer ‚One In a Million Voice‘ dann auch sofort das Vertrauen und die Sympathie der Musiker gewonnen. Diese kann man vermutlich unter solchen Umständen gegen 10 Uhr morgens aus dem Tiefschlaf wecken (bei Normalsterblichen hätte ich jetzt 2 Uhr nachts geschrieben…), sie haben solche Sachen einfach im Blut und würden wahrscheinlich selbst aus „Alle meine Entchen“, spontan was adäquates zaubern.

Einige der Stücke kennt man auch ohne großes Blues-Hintergrundwissen (lediglich „I’d Rather Go Blind“ ist da etwas überstrapaziert, „Slip Away“ von Gregg Allman wird unserer Hauptklientel am meisten bekannt sein), gut die Hälfte war für mich neu, von daher also eine spannende Sache.

Sämtliche Tracks haben den typischen southern-souligen Charakter und werden in allen Tempi und Stimmungen serviert (von bluesrockig-funkig bis bluesig-schwofig), allesamt von Lisa locker in emotionaler Vokal-Manier gemeistert. E-Gitarre, Orgel, Piano, plusternde Bläser, gospelige weibliche Harmonies bilden zum Drums-/Bass-Rhythmus überwiegend das Gerüst, bei nur wenigen Stücken wurden die Bläser ausgeklammert. Begeisternd u. a. für mich besonders der auch in New Country-Kreisen oft wirkende Studiomusiker-/gitarrist John Wills.

Der vornehmlich durch Johnnie Ray bekannt gewordene Evergreen „Just Walking in The Rain“ wird zum Ausklang von Lisa solo (sich selbst nur mit der E-Gitarre begleitend) performt, wobei ihre Stimme noch einmal in vollem stimmlichen Glanze wirken kann.

Lisa Mills hat sich mit „The Triangle“ einen absoluten Traum erfüllt. Sie hat die sicherlich nicht leichte Herausforderung angenommen und nahezu perfekt gemeistert. Man freut sich am Ende einfach mit der sympathischen Protagonistin und und genießt das Ergebnis, wo auch immer man die Scheibe letztendlich in den Player legt. Eindrucksvoll!

Übrigens, im Rahmen der aktuellen Rassendiskussionen, ist  dieses Projekt das beste Beispiel, wie vernünftige mündige Menschen, egal welcher Hautfarbe, im Zusammenleben harmonieren, wenn sie sich für ein gemeinsames Ziel einsetzen.

BMG Rights Management (US) LLC (2020)
Stil: Blues/Blues Rock/Southern Soul

Tracklist:
01. Greenwood, Mississippi
02. Tell Mama
03. Slip Away
04. I’d Rather Go Blind
05. That’s What Love Will Make You Do
06. I’m In Love
07. Same Time Same Place
08. A Place Nobody Can Find
09. That’s How Strong My Love Is
10. Someone Else Is Steppin‘ In
11. I’ll Always Love You
12. Travel On
13. Members Only
14. Just Walking In The Rain

Lisa Mills
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Marcus King Band – 05.03.2020, Kantine, Köln – Konzertbericht

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Grandioser Abend in der Kölner Kantine mit der Marcus King Band! Um die 800 Zuschauer ließen sich von der grassierenden Corona-Virus-Hysterie nicht abschrecken und wurden mit Jam-, Southern Rock-, Soul-, Blues-, R&B- und Country-Live-Musik aller erster Güte belohnt.

Als Support hatte zunächst der eigenwillige Singer/Songwriter Sammy Brue (zählt gerade mal 19 Lenze), vom Rolling Stone vor geraumer Zeit als ‚American Prodigy‘ bezeichnet, mit Stücken wie u. a. „Gravity“, „Die Before You Live“, „Crash Test Kid“ und dem punkigen „Teenage Mayhem“, seine Visitenkarte abgegeben. Er heimste mit seiner schwer einzuordnenden Spielart und seinem knapp 30-minütigen, mutigen, wie auch engagierten Auftritt, viel Applaus des Publikums ein.

Um 21:00 Uhr gab der einst von Warren Haynes entdeckte, auch gerade erstmal 23 Jahre alte Marcus King mit seinem Kollektiv, nach einem souligen Einspieler, mit Tracks wie „Turn It Up“, „Where I’m Headed“,“Opie/Dear Prudence“ und „How Long“, einen Einblick, wie Jam Rock mit unverbrauchtem jugendlichen Elan, modern und facettenreich interpretiert werden kann.

Nach soviel vehementer Spielfreude schon zu Beginn, war man fast schon erleichtert, als der junge Bursche aus South Carolina mit dem herrlichen „Sweet Mariona“ vom aktuellen Silberling „El Dorado„, die Country-Karte zückte und auch mit dem folgenden Schwofer „Wildflowers & Wine“ (mit Clapton-mäßigem E-Solo) und dem souligen „One Day She Is Here“, ebenfalls beide aus diesem Werk, ein wenig Zeit zum Durchatmen gewährte.

Atemberaubend danach dann wieder der Willie Dixon-Song „I Just Want To Make Love To You“ mit integriertem „Hochie Coochie Man“. „Love Song“, die dezent allmanesken „“What’s Right“ und „Self Hatred“ (beide mit kräftiger Bläserunterstützung und quirligen E-Soli), offerierten dann wieder die Jam-Qualitäten des begabten Sextetts.

Das von Melancholie geprägte „Break“ bot nochmals Gelegenheit zur Besinnung, was dann, durch „Always“ eingeleitet, folgte, war, eine einzige dampfende Jam Rock-Schlacht. Bei diesem Song hatten sowohl Keyboarder Dane Farnsworth mit einem Schlauch-Solo (Peter Frampton ließ grüßen), als auch Jack Ryan an den Drums (heftiges Schlaggewitter) ihre Chance, sich ins Rampenlicht zu bringen, was sie auch mit Bravour taten.

„Homesick“ danach stand im Zeichen der Bläserfraktion (plus King E-Solo). Das den Hauptteil abschließende, wieder grandios groovend und shuffelnd performte „Plant Your Corn“ wurde schließlich zur Vorstellung der Band genutzt, wobei alle Musiker sich wieder mit kleinen Kurz-Soli bemerkbar machten. Ein echtes ‚Finale furioso‘.

Marcus wirkt für sein junges Alter und allem, was vermutlich zur Zeit auf ihn einschlägt, schon extrem abgeklärt, ohne dass dabei aber eine gewisse Natürlichkeit und Galligkeit auf der Strecke bleibt.

Er wusste, dass er nach der abgesagten Tour im letzten Jahr hier ‚liefern‘ musste und so fiel der Zugabenteil mit meinem Lieblingstrack des Abends, „Goodbye Carolina“ (vom bisherigen Paradealbum „Carolina Confessions“ – herrlich relaxter Southern Rocker), dem progressiven Neil Young-Klassiker „Down By The River“ (schöne Geste: Sammy Brue wurde mit auf die Bühne geholt und sang die zweite Strophe) und dem zügellos rockenden und stampfenden „The Well“ (von „El Dorado“), sehr üppig aus, sodass zu guter Letzt nach tosendem Applaus, Zweieinviertelstunde Spielzeit zu Buche standen.

Am Ende war die komplette Besucherschaft der Kantine infiziert und zwar von der ansteckenden Performance und restlos begeisternden Musik von Marcus King und seinen großartigen Mitspielern!

Danke an Marcus Neu, nicht nur dafür, dass er für die Akkreditierung sorgte, sondern nach dem Gig auch noch das obligatorische VIP-Bild mit Marcus King ermöglichte.

Line-up:
Marcus King (lead vocals, guitars)
Dane Farnsworth (keyboards, vocals)
Stephen Campbell (bass)
Jack Ryan (drums)
Justin Johnson (trumpet, percussion)
Christopher Spies (saxophone, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Kantine Köln