Eric Church – Heart & Soul – Triple-CD-Review

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Nachdem zunächst Morgan Wallen mit seinem 30 Songs umfassenden Doppelalbum „Dangerous“ für den ersten großen Paukenschlag des Country-Jahres 2021 gesorgt hatte, lässt auch der amtierende CMA Entertainer des Jahres, Eric Church, nicht locker und präsentiert mit „Heart“ „&“ „Soul“ ebenfalls ein opulentes Werk (gesplittet als Triple), das auch satte 24 Tracks aufweist.

Für die Aufnahmen hatte sich der Protagonist mit einem Heer an Songwritern und Musikern für 28 Tage in ein Restaurant in den Bergen von North Carolina eingemietet. Die innen völlig aus Holz gebaute Location wurde dazu kurzfristig in ein Aufnahme-Studio umfunktioniert. Für die hervorragnde Produktion zeichnet sich wieder sein Langzeit-Spezi Jay Joyce verantwortlich.

eric-church-heart-soul-14432Als besondere Aufgabe hatte Eric ausgelobt, jeden Tag einen neuen Song zu kreieren, sprich morgens geschrieben und abends eingespielt, so hatten alle anwesenden Akteure Gelegenheit, sich in die Entwicklung einzubringen. Für ihn selbst sei besonders wichtig gewesen, zu erfahren, was passiert, wenn man aus seiner eigenen Komfortzone gerissen wird. Er ist davon überzeugt, dass diese, kreative Prozesse eher behindern würde, wie die Erfahrung zum Vorgänger „Desperate Man„, immerhin ein Nr.1-Album, aus seiner Sicht gezeigt hätte.

Dass Church, bei dem ich glücklicher Weise bei einem seiner wenigen Deutschland-Konzerte 2014 in Köln (Vorband The Cadillac Three) zugegen sein durfte, vom Stil seiner Lieder in keine eindeutige Schublade mehr einzuordnen ist, dürfte spätestens seit „The Outsiders“ bekannt sein.

Und so verhält es sich auch auf dem neuen, in drei Alben, mit drei Titeln „Heart“ „&“ „Soul“, getrennten Teil. Schöne Geste übrigens von ihm an seine Fan-Base, den Church Choir: „Das mittlere Werk „&“ wird nur für diesen speziell ab dem 20. April und nur auf Vinyl erhältlich sein. Die beiden anderen werden jeweils am 16. („Heart“), bzw. 23. April („Soul“) veröffentlicht.

Vom herrlich southern-rockigen Opener „Heart On Fire“ (erinnert ein wenig an Kid Rocks „All Summer Long“) auf „Heart“ bis zum emotionalen Finale „Lynyrd Skynyrd Jones“ (schöne melancholische Südstaaten-Leben-Hommage in Country-Storyteller-Manier) auf „Soul“, werden wieder diverseste Stile wie Country, New Country, Rock, Southern Rock, Pop, Funk und Soul harmonisch in Einklang gebracht.

Verdanken ist das neben den allesamt exzellent agierenden Musikern und Joyces famoser Produktion, in erster Linie dem variablen Singvermögen des ‚Chiefs‘ und einer brillierenden und stark eingebundenen Co-Sängerin Joanna Cotten (viele eingeflochtene Harmony-Parts und Kurz-Leads), die einen Großteil der Stücke dadurch absolut aufwertet.

Und so lässt der 43-jährige Singer/Songwriter neben seinen (New-) Countrywurzeln mit einigen weiteren (Southern-umwehten) Krachern wie „Stick That In Your Country Song“, „Bunch Of Nothing“, „Do Side“ oder „Bad Mother Trucker“ und Church-typischen Ohrwürmern wie „Never Break Heart“, „Crazyland“, „Doing Life With Me“, „Kiss Her Goodbye“)  immer wieder auch Reminiszenzen an vergangene Musikepochen einfließen.

Hier verneigt sich imaginär vor Größen wie u. a. Bruce Springsteen („Heart Of The Night“), Billy Joel („Russian Roulette“), John Cougar Mellencamp („Hell Of A View“), Tony Joe White (das herrlich relaxte „Rock & Roll Found Me“), Otis Redding („Look Good And You Know It“, das grandiose „Where I Wanna Be“), ZZ Top, Bee Gees („Break It Kind Of Guy“ – schönes „Eliminator“-Rhythmus-Flair, Falsetto-Gesang), den Allman Brothers („Jenny“) und ja sogar 10cc (mit „I’m Not In Love“-typischen Synthie-Hall) bei „Mad Man“.

Am Ende stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, wer wohl bei der Wahl zum Album des Jahres von beiden, Wallen oder Church, bei den einschlägigen Awards, die Nase vorn haben wird (falls da nicht noch jemand, was relativ unwahrscheinlich sein dürfte, ähnlich Berauschendes aus dem Hut zaubern sollte). Wallen hat sich mit seinem rassistischen Fauxpas vor geraumer Zeit da sicherlich schon selbst im Vorfeld den Wind aus den eigenen Segeln genommen.

Auch wenn dieser meinem persönlichen Musik-Geschmack etwas mehr entgegen kommt, und auch noch einige Stücke mehr zu bieten hatte, brauche ich am Ende wohl doch nicht die Münze zu werfen. Eric Church, überzeugt mit „Heart“ „&“ „Soul“ auf  nahezu gleichem Niveau mit mehr Mut, Risiko und Diversität, man fiebert bei den Durchläufen einfach mehr mit und wird emotionaler gepackt.

Somit große Kirche, ähm, ich meine natürlich großes Kino, lieber Mr. Church!

In Würdigung der tollen Gesamtleistung hier die Auflistung aller Involvierten:

Musiker:

Lead Vocals: Eric Church
Additional Vocals: Casey Beathard, Craig Wright, Jason Hall, Jay Joyce, Jeff Hyde, Jeffrey Steele, Joanna Cotten, Jonathan Singleton
Acoustic Guitar: Bryan Sutton, Casey Beathard, Charlie Worsham, Eric Church, Jay Joyce, Jeff Cease, Jeff Hyde, Jeffrey Steele, Kenny Vaughn, Luke Dick
Electric Guitar: Charlie Worsham, Driver Williams, Eric Church, Jay Joyce, Jeff Cease, Kenny Vaughn, Luke Dick, Rob McNelley
Steel Guitar: Luke Dick
Slide Guitar: Jeff Cease
Banjo: Charlie Worsham, Jeff Hyde
Mandolin: Bryan Sutton, Charlie Worsham, Jeff Hyde
Dobro: Bryan Sutton
Resonator: Bryan Sutton
Bass: Lee Hendricks
Synth Bass: Billy Justineau
Drums: Craig Wright
Percussion: Craig Wright
Tambourine: Jay Joyce
Piano: Billy Justineau, Moose Brown
Mellotron: Billy Justineau
Electric Organ: Billy Justineau, Jay Joyce, Moose Brown
Keyboards: Jay Joyce
Synthesizer: Billy Justineau, Jay Joyce
Programming: Jay Joyce
Hand Claps: Billy Justineau, Brian Snoody, Casey Beathard, Charlie Worsham, Craig Wright, Driver Williams, Eric Church, Jason Hall, Jaxon Hargrove, Jay Joyce, Jeff Cease, Jeff Hyde, Jimmy Mansfield, Joanna Cotten, John Peets, Lee Hendricks, Luke Dick

EMI Records Nashville (Universal Music) (2021)
Stil: New Country & More

Tracks und Songwriter „Heart“:

01. Heart On Fire (Eric Church)
02. Heart Of The Night  (Eric Church, Jeremy Spillman, Jeff Hyde, Ryan Tyndell,      Travis Hill)
03. Russian Roulette (Eric Church, Casey Beathard, Monty Criswell)
04. People Break (Eric Church, Luke Laird)
05. Stick That In Your Country Song (Davis Naish, Jeffrey Steele)
06. Never Break Heart (Eric Church, Luke Dick)
07. Crazyland (Eric Church, Luke Laird, Michael Heeney)
08. Bunch Of Nothing (Eric Church, Jeff Hyde)
09. Love Shine Down (Eric Church, Casey Beathard, Jeffrey Steele)

Tracks und Songwriter „&“:

01. Through My Ray-Bans (Eric Church, Luke Laird, Barry Dean)
02. Doing Life With Me (Eric Church, Casey Beathard, Jeffrey Steele)
03. Do Side (Eric Church, Casey Beathard)
04. Kiss Her Goodbye (Eric Church, Casey Beathard)
05. Mad Man (Eric Church, Casey Beathard)
06. Lone Wolf (Eric Church, Jeff Hyde, Ryan Tyndell)

Tracks und Songwriter „Soul“:

01. Rock & Roll Found Me (Eric Church, Casey Beathard, Driver Williams)
02. Look Good And You Know It (Eric Church, Jonathan Singleton, Travis Meadows)
03. Bright Side Girl (Eric Church, Jeff Hyde, Scotty Emerick, Clint Daniels)
04. Break It Kind Of Guy (Eric Church, Casey Beathard, Luke Dick)
05. Hell Of A View (Eric Church, Casey Beathard, Monty Criswell)
06. Where I Wanna Be (Eric Church, Casey Beathard, Jeremy Spillman, Ryan Tyndell)
07. Jenny (Eric Church)
08. Bad Mother Trucker (Eric Church, Casey Beathard, Luke Dick, Jeremy Spillman)
09. Lynyrd Skynyrd Jones (Casey Beathard)

Eric Church
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Oktober Promotion

Brandon Santini – The Longshot – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Der Blueser Brandon Santini ist wahrlich ein musikalisches Arbeitstier. Er ist jahrein, jahraus mit 250 Konzerten weltweit unterwegs und hat sich dadurch in der Bluesszene im Laufe der Zeit einen Namen gemacht, was ihm fünf ‚Blues Music Award’-Nominierungen und drei ‚Blues Blast Magazine Award‘-Nominierungen eingebracht hat.

Mit seinem neuen Album „The Longshot“ verlässt Brandon Santini nun die traditionellen Bluespfade, auf denen er lange erfolgreich unterwegs war, um die beiden Seiten seiner Seele, die zwischen Blues („Beggin’ Baby“, ein schöner, eher traditioneller Blues) und Rock („Don’t Come Around Here“, einem wild pulsierenden Klopper) pendeln, zu einem Ganzen, teilweise mit relaxten Südstaatenanleihen („Broken Bones“, ein typischer Countryblues), zu vereinen.

In dieser Bandbreite präsentiert sich die komplette Scheibe, wobei allerdings die etwas ruhigeren Töne überwiegen. Da sind z. B. das balladenhafte, im Singer-Songwriter-Stil gehaltene, mit leichter Keyboarduntermalung ruhig fließende „One More Day“ oder das stilistisch an Chris Rea erinnernde „Drive You Off My Mind“. Entspannt und eingängig sind auch fast alle übrigen Titel des Albums. Mit „Heartbreaker“ hat Santini einen gemächlichen Midtempo Blues hingelegt und auch „Back To You“ bietet eine ruhige, etwas schleppende Grundmelodie mit Ohrwurmqualitäten.

Mit den letzten zwei Tracks von „The Longshot“ bringt Santini dann noch einmal seine rockige Seite zum Klingen. „Evil Is Going On“ ist ein ziemlich flotter, leicht Country beeinflusster, swingender Rockabilly Shuffle, während „Somebody’s Gotta Go“ recht rockig-heavy daher kommt.

Insgesamt hat Brandon Santini mit „The Longshot“ ein ernergiegeladenes, stilistisch farbenfrohes, modernes Album abgeliefert, ohne dabei seine traditionellen Blueswurzeln zu leugnen, was nicht zuletzt auch durch die virtuosen Mundharmonika-Sätze in den einzelnen Stücken zum Ausdruck kommt. Von Santini wird in Zukunft sicherlich noch mehr Gutes zu hören sein. Wir sind gespannt!

American Showplace Music (2019)
Stil: Blues Rock

01. Don’t Come Around Here
02. Beggin‘ Baby
03. One More Day
04. Drive You Off My Mind
05. Heartbreaker
06. Broken Bones
07. Back To You
08. My Worried Mind
09. Going Home
10. Evil (Is Going On)
11. Somebody’s Gotta Go

Brandon Santini
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American Showplace Music

Sarah Shook & The Disarmers – Years – CD-Review

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Review: Michael Segets

Bei der aus einem streng religiösen Elternhaus stammenden, bekennenden bisexuellen Atheistin und Bürgerrechts-Aktivistin Sarah Shook kann man kaum glauben, dass der Nachname ihr tatsächlicher Familienname ist. Sie rüttelt mit ihren Texten und dem Auftreten in ihren Videos an den Grundfesten traditionsverwurzelter Amerikaner. Protest und Provokation kleidet sie dabei in zumeist gefällige Country-Rhythmen.

Ihre Unabhängigkeit postuliert Sarah Shook auf „Good As Gold“, der radiotauglichen Single des Albums. Die zweite Vorabauskopplung „New Way To Fail“ bietet Phil Sullivan an der Pedal Steel viel Raum, Twang zu entwickeln. „Over You“ kommt fast schon poppig im mittleres Tempo daher. Die Pedal Steel zeigt dann aber doch, aus welcher musikalischen Ecke Sarah Shook & The Disarmers kommen.

Nach dem eher konventionellen Beginn steigert sich die CD. Blues-angehaucht ist „The Bottle Never Lets Me Down” in dem Shooks Gesang in sämtlichen Tonhöhen überzeugt. Eric Peterson an der E-Gitarre steuert ein Solo zu dem gelungenen Track bei. Mit dem flotten „Parting Words“ nimmt Shook wieder die Kurve in Richtung lupenreinen Country und bleibt mit „What It Takes“ auf der eingeschlagenen Route, wobei der Song einen raueren Outlaw-Charme versprüht.

„Lesson“ ist eine coole Nummer, die eine 1960er-Atmosphäre einfängt. Sie stellt die musikalisch innovativste des Albums dar. Aber auch das schnelle und eingängige „Damned If I Do, Damned If I Don’t” macht richtig Spaß.

Mit „Heartache In Hell“ findet sich eine trotzige Herzschmerz-Ballade auf dem Longplayer. Der raus genölte Gesang, teilweise mit gehörig Vibration in der Stimme, bringt viel Gefühl rüber, ohne süßlich zu wirken. Den Abschluss des Albums bildet „Years“. Bei der gewöhnlichenr Countrynummer überzeugen die gebotenen Stimmvariationen Shooks nicht wirklich und auch ein Rhythmuswechsel rettet das schwächere Titelstück nicht.

Sarah Shook hat sich bereits mit „Sidelong“ (2015) auf den Weg gemacht, als weibliche Version in die Fußstapfen des Hardcore-Troubadours Steve Earle zu treten. Dass sie gute Country-Songs schreiben kann, die sich an der klassischen Machart orientieren, zeigt sie auch auf „Years“ sehr deutlich. Besonders gelungen sind aber die Stücke, auf denen sie für einen Schritt von diesem Pfad abweicht.

Der ‚Angry Young Woman‘ mangelt es nicht an Selbstbewusstsein, daher bleibt zu wünschen, dass sie ihr Profil nicht nur in ihren Texten, sondern auch in den Kompositionen weiter ausschärft und zukünftig noch mehr Punk-Attitüde in den Country trägt.

Bloodshot/Rough Trade (2018)
Stil: Country

O1. Good As Gold
02. New Way To Fail
03. Over You
04. The Bottle Never Lets Me Down
05. Parting Words
06. What It Takes
07. Lesson
08. Damned If I Do, Damned If I Don’t
09. Heartache In Hell
10. Years

Sarah Shook & The Disarmers
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Bloodshot Records

Jive Mother Mary, 16.09.2017, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

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Nach Robert Jon & The Wreck im August präsentierten „Pille“ Peerlings und Teenage Head Musik mit Jive Mother Mary eine weitere hochkarätige Southern-Rock-Band in der Krefelder Kulturrampe. Frontmann Mason Keck und seine drei Mitstreiter zogen das Publikum von Beginn an in ihren Bann.

Der Titel „Feeling Fine“, mit dem die Band aus Alamance, North Carolina, loslegte, war zugleich Programm für die nächsten hundert Minuten. Die Begeisterung, mit der Jive Mother Mary den Auftritt bestritten, schwappte direkt auf die Gäste der Kulturrampe über. Dass mit „Long Odds“ und „Burning Up The Highway“ zwei bislang unveröffentlichte Songs auf den Opener folgten, ist zwar ungewöhnlich, tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Beim zweitgenannten übernahm Gitarrist Tyler Schulz anfänglich die lead vocals. Keck und Schulz legten sich anschließend bei „Down South Manifesto“ mit zweistimmigem Gesang und Twin-Gitarren mächtig in Zeug.

Perfekt eingespielt und voller Elan jamte die Band „Have A Cigar“. Die beiden Gründungsmitglieder Mason Keck und Schlagzeuger Seth Aldridge verstehen sich blind, was bei ihren Langhaarfrisuren sehr vorteilhaft ist. Bassist Will Sanders war nicht nur hier, sondern während des gesamten Konzerts in ständiger Bewegung und auch Tyler Schulz arbeitete kräftig, wie sein durchgeschwitztes T-Shirt bewies. Schön war, dass Sänger und Gitarrist Mason Keck immer wieder Kontakt zum Publikum aufbaute und auch physisch die Nähe zu ihm suchte. So stellte er sich bei seinen Gitarrensoli oft an den Bühnenrand und stieg auch zweimal von ihm herunter, sodass man sein filigranes Wirken unmittelbar beobachten konnte.

Einen ersten Höhepunkt erreichte das Konzert bei dem Rockstück „Outta Love“ von dem Album „All Fall Down“ (2009). Das folgende „I Tried To Let Go“, das Keck als „Southern Rock ’n Roll” bezeichnet, ließ den satten Klang des Schlagzeugs von Aldridge besonders gut zur Geltung kommen. Nach dem ruhigeren Song „The Ride“ kochte die Stimmung des Publikums bei dem kraftvollen „Move On Home“. Die aufgenommene Fahrt wurde durch das countryfizierte „Hollywood“ etwas abgebremst. Man hätte auch mit dem tanzbaren und melodischen Rocker „Save Me“ den Schwung direkt mitnehmen können. Hier spielte Mason Keck zunächst souverän mit einer gerissen Saite weiter, um dann doch noch auf seine zweite Gitarre umzusteigen.

Mit „Planes, Trains & Automobiles“, „Ba Dum“ und dem Eagles-inspirierten „Great Decline“ steuerte das Konzert auf sein Ende zu. Den Abschluss des Hauptsets bildete „Home“. Bei dem grandiosen Song setzt die Gitarre von Schulz gelungene Akzente in das Spiel von Keck, der zudem bewies, dass er auch in höheren Tonlagen gesanglich sicher unterwegs ist. Wenn darüber hinaus der Titel gemeinsam von den Bandmitgliedern in die Mikros gerufen wird, entwickelt der Song eine ungeheure Wucht. Eine Textzeile lautet wie die letzten EP: „Home Is Where Your Heart Is“.

Die Jungs von Jive Mother Mary spielen mit so viel Leidenschaft, dass sie auf der Bühne zuhause sein müssen! Die Band zählt in ihrer Heimat North Carolina zu den anerkanntesten Live-Acts und konnte in Krefeld beweisen, dass dieser Status berechtigt ist. Die Live-Versionen der Stücke haben mich zumeist mehr überzeugt, als die mir bekannten Studio-Aufnahmen.

„The Climb“ und das sofort wiederzuerkennende „Keep On Keepin‘ On“ stellten die erste Zugabe dar. Damit hatten die Amerikaner alle Tracks der letzten beiden EPs im Programm. Da das Publikum die Band noch nicht gehen lassen wollte, gab sie als spontane Zweit-Zugabe „I Can Still Be Your Man“. Der ältere Song, war wohl zeitweise in Vergessenheit geraten und wurde nun erstmals live performt.

Jive Mother Mary liefern Southern Rock auf hohem Niveau. In Erinnerung bleibt vor allem das virtuose Gitarrenspiel von Mason Keck, begleitet von seiner eindrucksvollen Mimik. Dabei hatten seine Instrumental-Einlagen genau das richtige Maß. Sie waren ausgedehnt, aber nicht so lang, dass die Grundanlage der Songs in den Hintergrund getreten wäre.

Nach Daniels fast überschwänglichem Lob der niederländischen Konzertkultur anlässlich des vortägigen Auftritts von Sass Jordan wollte ich heute eigentlich einen Hinweis auf die treue Fan-Basis der Kulturrampe einbauen. Allerdings fehlten viele der üblichen Verdächtigen. Zum Glück haben einige neue Liebhaber von guter Live-Musik den Weg zum Krefelder Großmarkt gefunden.

Jive Mother Mary und die unverzagten Veranstalter hätten ein volleres Haus verdient gehabt. Vielleicht hat der Umstand, dass dies die erste Deutschlandtour der Band ist – oder die verhältnismäßig geringe Anzahl an (aktuellen) Veröffentlichungen – dies verhindert. Die Band zeigte sich aber begeistert von Publikum und der Location. Schlagzeuger Seth Aldridge kündigte an, bald mit einer neuen CD im Gepäck zurückzukommen. Das wäre dann eine zweite Chance – die wirklich jeder nutzen sollte – um Jive Mother Mary live zu erleben.

Line-up:
Mason Keck (lead vocals, electric guitar, vocals)
Tyler Schulz (electric guitar, vocals, lead vocals)
William Sanders (bass, vocals)
Seth Aldridge (drums, vocals)

Bilder: Jörg Schneider
Text: Michael Segets

Jive Mother Mary
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Teenage Head Music
Kulturrampe Krefeld

Jack The Radio – Badlands – CD-Review

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Letzten Monat besuchten Daniel und ich American Aquarium in der Kulturrampe Krefeld. Nach dem Konzert kamen wir ins Gespräch mit George Hage, der die Band auf der Tour verstärkte. Er drückte uns eine Promoversion von „Badlands“, dem immer noch aktuellen Werk von Jack The Radio, seiner eigentlichen Band, in die Hand. Die hier nahezu unbekannte Truppe aus North Carolina wurde schon 2009 gegründet und ist musikalisch unter anderem beeinflusst von Jack White, Tom Petty, The Black Keys, Spoon, My Morning Jacket, Jason Isbell, Ryan Adams und auch Taylor Swift.

Nun aber zu „Badlands“. Ich hörte die von George Hage selbst produzierte Scheibe das erste mal im Auto auf dem Weg zur Arbeit, ohne zuvor von JTR je etwas gehört zu haben. Bei den ersten Klängen von „Bad Man“ fühlte ich mich in meine Jugend zurückversetzt. Das Intro, in bester Manier von Filmmusik damaliger Italowestern, machte mich direkt neugierig. Der Song selbst ist leicht psychedelisch getragen mit schönen Gitarrensoli, meist im Hintergrund, und einem Refrain, der leicht an Indianergesänge erinnert und dem Song einen hohen Wiedererkennungswert gibt.

Mit „The Runaway“ wird es etwas rockiger und man vernimmt die Einflüsse der „Black Keys“ mit einem getriebenen Gitarren- und Schlagzeugspiel sowie zum Teil psychedelisch anmutenden Gesang. Ein Song, der in Rockdiskos alter Schule  zum Tanzen einladen würde. Mit „Ain’t So Bad“ spielen Jack The Radio einen Song, der die Einflüsse von Tom Petty erahnen lässt, ohne wie ein Abklatsch zu wirken. Auffällig sind mehrere Tempowechsel und Gitarrensoli, sowie der Einsatz vom Keyboard, welches wieder psychedelische Akzente setzt.

„The Takedown“, ein ruhiger Song, der auch im Hintergrund mancher Roadmovies ablaufen könnte, hat wie schon „Bad Man“ melodische Tendenzen, die der Italosparte zugeordnet werden können. „Leaves“, ein sehr melodischer Midtemposong mit schönen Keyboardeinlagen, könnte ebenfalls Bestandteil einer Petty-Scheibe sein. „Moonlight“, vom Stil her ähnlich wie der Song zuvor, ist durchaus als radiotauglich zu bezeichnen. Mit „My Way“ zeigen Jack The Radio, dass sie auch Southern Rock können. Schön anzuhören ist dabei das Gitarrensolo mit Bootleneck in der Mitte des Songs. Vom Gesangsstil her, sind hier Ähnlichkeiten zu Jaren Johnston von The Cadillac Three zu konstatieren. Könnte auch durchaus ein in Nashville produzierter Song sein.

Ihre Vielseitigkeit beweisen sie mit „City Slippin“, wo von Soul, Blues bis hin zu Southern Rock mehrere Musikrichtungen harmonisch miteinander verzahnt werden. „Criminals“, im Duett mit Elizabeth Hopkins, hat einen starken Coutryflair und man könnte meinen, Jeff Lynne hätte bei der Produktion Pate gestanden. Für mich persönlich der absolute Favorit des Albums. Einfach schöne Musik zum Genießen und Entspannen. Für mich passt auf diesen Song der Spruch eines Freundes: „Musik ist Liebe“!

Mit „Wild West Woman“ wird es wieder psychedelischer und der Rhythmus erinnert an indianische Tänze. Hier hätten auch Freunde von Potthead vermutlich ihren Spass. Der Midtempo-Track „Wayfared Warriors“  mit Country-Einflüssen, pettyesken Gesang, anmutigem Gitarrenspiel und leicht treibenden Drums, ist die Einleitung zum Finale des Werks. „Hills“ ein Song, der dem Southern-Genre zuzuordnen ist, bildet einen starken und auch sehr rockigen Abschluss. Den Song stelle ich mir mit seinem zum Teil brachialen Gitarrenspiel live als absoluten Abräumer vor.

Insgesamt eine starke Scheibe mit keinen musikalischen Längen oder Ausfällen, die insbesondere Fans von Tom Petty, NC und Southernrock gefallen wird. Durch die Vermischung mehrerer Stile kommt keine Langeweile auf. Ich war beim Hören nie in der Situation, mal schnell auf das nächste Stück zu drücken, so wie es bei einigen CDs manchmal der Fall ist. Schön wäre es, Jack The Radio mal in hiesigen Breiten live zu erleben. In ihrer Heimat spielten sie unter anderen immerhin schon als Support von Hall & Oates und George Thorogood.

Musiker:
George Hage – Vocals/Guitar/Keys/Producer
A.C. Hill – Vocals/Acoustic Guitar
Danny Johnson – Backing Vocals/Baritone Guitar/Lap Steel/Keys
Chris Sayles – Backing Vocals/Bass
Brent Francese – Drums
Elizabeth Hopkins – guest vocals on „Criminals“
BJ Barham – guest vocals on „Wayfared Warriors“

Review: Gernot Mangold

Pretty Money (2015)
Stil: Rock

01. Bad Man
02. The Runaway
03. Ain’t So Bad
04. The Takedown
05. Leaves
06. Moonlight
07. My Way
08. City Slippin
09. Criminals
10. Wild West Woman
11. Wayfared Warriors
12. Hills

Jack The Radio
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American Aquarium – Support: Tim Easton – 03.03.2017, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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Gut einen Monat nach dem starken Auftritt der Stolen Rhodes war es mal wieder an der Zeit, unsere geliebte Kulturrampe in Krefeld aufzusuchen, mit Tim Easton und den talentierten North Carolina-Jungs von American Aquarium galt es, in unseren Breitengraden, hochkarätige Insidermusik aus dem Alternative Country-, Roots-, Americana- Bereich, zu begutachten.

Der weit gereiste, mittlerweile in Nashville ansässige Singer/Songwriter Tim Easton bestritt mit einem starken Solo-Auftritt das Vorprogramm. Seine tolle rauchige, warmherzige Stimme, die mich an Leute wie J. J. Cale, Will Hoge und Russell Smith erinnerte, sein quirliges Akustikgitarrenspiel (auch in Slide-Manier), sowie diverse plustrige Harp-Einlagen, verpackt in eine humorvolle und sympathische Performance, kamen beim Krefelder Publikum bestens an.

Mit unterhaltsamen Stücken wie u. a.  „Elmore James“, „Special 20“, „Black Dog“, „Don’t Lie“, „Next To You“  oder dem brandneuen „The Old New Straitsville Blues“ zog er die anwesenden Leute unweigerlich auf seine Seite. Klar, dass er da nochmal für eine Zugabe ran musste, die mit Dylans „Watcha Gonna Do“, bei der er die Audienz mit Fuß-Stampfen und Klatschen als Percussion-Unterstützung involvierte, ihren launigen Abschluss fand. Eine tolle Leistung von Tim Easton!

Für die Burschen von American Aquarium lief der Tag dagegen alles andere als rund. Am Berliner Flughafen war ihr Gepäck zunächst verschwunden, was eine erhebliche Wartezeit zur Folge hatte (ich habe gar nicht mitbekommen, dass der BER schon in Betrieb ist…). Als am Ende die Sachen doch noch aufgefunden wurden, ging’s mit einer rasanten Höllenfahrt in Richtung Westen, um den ersten Gig der bevorstehenden Tour noch rechtzeitig antreten zu können.

Beim Opener „Wolves“ knarzte und fiepte dann noch das Mikro von Bandleader BJ Barham. Der verstand die Welt nicht mehr und war zu Anfang richtig angenervt. Nach ein paar Instruktionen in Richtung Mischpult, hatte sich dann beim folgenden „Southern Sadness“ die Lage beruhigt und das Quintett, mit den weiteren Musikern  George Hage, Bill Corbin, Kevin McClain und Whit Wright fand sich allmählich in den Gig herein.

BJ Barham, der im Stile der großen amerikanischen Musik-Geschichtenzähler wie Bob Dylan, Bruce Springsteen, Gram Parsons, Steve Earle & Co., als die kreative Person des Fünfers, fast ausnahmslos die Zügel in der Hand hatte, sowie Whit Wright, der immer wieder zwischen Keyboard und seiner Pedal Steel hin und her wechselte, waren die Personen, die im Prinzip die Hauptakzente setzten.

Die Rhythmusfraktion mit Bill Corbin und Kevin McClain verrichtete brav ihre Arbeit, der E-Gitarrist George Hage (auch Mitglied bei Jack The Radio) kam erst gegen Ende bei Tracks wie „Jacksonville“, „Losing Side of 25“ und „Man I’m Supposed To Be“ (atmosphärisches Bariton-Spiel) stärker zum Zuge.

Nachdem Barham bereits in der Mitte mit Stücken wie „The Unfortunate Kind“, „America Tobacco Company“ und „O‘ Lover“ ein Solo-Intermezzo hingelegt hatte, absolvierte er mit dem bissigen „Burn.Flicker.Die“ und einem Cover zu Ehren des kürzlich verstorbenen Guy Clark „She Ain’t Going Nowhere“ auch den Zugabenteil im Alleingang.

Da hätte man sich gerne vielleicht doch nochmal die komplette Band zum Abschluss mit einem Kracher, evtl. dazu mit integrierter Vorstellung der Mitglieder gewünscht. Auch ein paar Songansagen und sporadische Interaktion mit den Leuten hätte vermutlich etwas mehr Stimmung gebracht (die aber keineswegs schlecht war).

Fazit: Ein eher ruhiger Abend mit mit einem überzeugenden Auftritt des kauzigen Tim Easton und einem steigerungsfähigen Tournee-Auftakt von American Aquarium, der mir persönlich zu sehr im Zeichen ihres omnipräsenten Fronters stand. Da muss bei den nächsten Stationen doch etwas mehr Geschlossenheit demonstriert und auch das Publikum mehr ‚abgeholt‘ werden. Entschuldigend sind allerdings die oben erwähnten Umstände mit zu berücksichtigen, so ein stressiger Tag nach langem Flug hinterlässt einfach Spuren. Bei den kommenden Gigs geht da auf jeden Fall noch was!

Line-up:
BJ Barham (lead vocals, acoustic guitar)
George Hage (electric guitar)
Bill Corbin (bass)
Kevin McClain (drums)
Whit Wright (keys, pedal steel)

Tim Easton (lead vocals, acoustic guitar, harp)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

American Aquarium
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Tim Easton
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Teenage Head Music
Kulturrampe Krefeld

Corey Hunt Band – The Tower – CD-Review

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Im Laufe der vielen Jahre als Rezensent entwickelt man ja schon so sein Gespür für gute Musik. Ich überlege gerade eigentlich immer noch, wie ich letztendlich auf der Jagd nach neuem guten Stoff im Netz auf die Corey Hunt Band gestoßen bin. Allein der Bandname löste in mir schon irgendwie positive Red Dirt-Assoziationen aus. Und so geschah es dann auch, dass ich in ein paar Soundschnipsel des aktuellen Albums „The Tower“ hineingehört habe und mir sofort klar war, dass ich zu dem Burschen Kontakt aufnehmen würde.

Corey Hunt fackelte auch nicht lange zu antworten und kurze Zeit später hatte ich das Werk, übrigens schon sein drittes, zum Besprechen vorliegen. Für „The Tower“ wurde allerdings zum ersten Mal etwas feineres Besteck aufgefahren. Die beiden ersten („Same“ und „Come On Out Tonight“) wurden noch im Schlafzimmer seines Freundes Eric Wise produziert.

Zunächst ein paar Hintergründe. Die Corey Hunt Band ist eigentlich gar keine richtige Band sondern eher ein Duo. Man hatte zwar zu Beginn im Quartett angefangen, aber im Laufe der Zeit entstand zwischen dem, aus North Carolina stammenden Namensgeber Corey Hunt und besagtem Drummer Eric Wise so eine dicke Freundschaft, dass man nur als Duo agieren wollte und dann je nach Bedarf für Ergänzung sorgt. Die beiden treten allerdings die meiste Zeit zu zweit auf.

Da Corey Hunt sich im Songwriting deutlich weiterentwickelt hatte und wirklich gutes Songmaterial, wie ich es im Nachhinein anstandslos bestätigen kann, kreiert hatte, machte es jetzt Sinn, in ein vernünftiges Studio zu gehen (Echo Mountain Studios in Asheville, NC – dort haben auch schon Bands wie American Aquarium und Blackberry Smoke ihre Sachen eingespielt) und sich bei Kyle Mann (Cowboy Troy, Richie McDonald, Ted Russell Kemp, Lady Antebellum) unter die Fittiche eines erfahrenen Produzenten zu begeben.

Mann hat allerdings am Sound gar nicht allzu viel herumpoliert, es ist ein richtig schön schroffes, raues, unverbrauchtes Red Dirt-Album, im Stile der vielen jungen hungrigen Bands geworden, die in dieser Szene noch vor einiger Zeit, ja gefühlt, alle zwei Wochen, wie Pilze neu aus dem Boden sprossen. Diese hat sich mittlerweile aber deutlich beruhigt, umso schöner, dass die Corey Hunt Band jetzt wieder für schönen Nachschub sorgt.

Das Werk beginnt mit dem launigen „Always Liked The Rain“, das sofort in gute Stimmung versetzt. Ein flotter Country Rocker mit Southern Rock-typischen E- Gitarreneinlagen und Kurzsoli (klasse hier Robert Smith). Hunt besticht direkt mit einer sehr texanisch klingenden, angerauten und energiegeladenen Stimme. Toller Auftakt. Ein echter Song für die Texas Music Charts.

Sein knarziges Akustikgitarrenspiel, das oft bei den Intros und als Untermalung vorzufinden ist, gibt den Songs eine schön erdige Note. Auch das folgende „The Good Fight“ rockt richtig Southern-mäßig (interessant hier das Drum-Tippel-Bridge von Eric Wise). Das dezent melancholische „Walked Away“ erinnert an die Eli Young Band, als die noch nicht vom Mainstream eingefangen wurde.

Die Stücke „A Troubadour’s Prayer“ und „Stuck In Arkansas“ (hallende Orgel) stehen für Hunts Talent als Storyteller, toll hier die verschiedenen Stimmungen, die in den Songs mittels Tempowechsel erzeugt werden. Das von einem Acapella-Intro eingeleitete „Hannah Belle“ erzielte mit Platz 47 in den Texas Regional Radio-Charts einen Achtungserfolg. Herrlich bei diesem kleinen Südstaaten-Einod (mit Marschtrommeln am Ende) auch das surrende Akkordeon vom exzellenten Keyboarder Aaron Price.

Als zweite Single ist das, sich in Josh Abbott Band-Sphären befindliche „Explain“ geplant. Schön hier die atmosphärische Fiddle von Lyndsay Pruett. Starker Titel. Das zunächst ruhig, im Erzählgesang beginnende Titelstück „The Tower“ nimmt im Verlauf deutlich Fahrt auf und erweist teilweise Meister Tom Petty ein wenig Red Dirt-Ehre. Die E-Gitarren heulen richtig Southern-mäßig. Der Saturday Night-Song („SASN“) ist der Soundtrack für die trunkenfreudige Grillparty in reiner Männergesellschaft. Steaks auf den Grill und Bier Marsch! Dazu dieser CHB-Song. Da ist dann selbst der letzte Muffel bei bester Laune. Auch Chart-tauglich!

Am Ende lassen das voller Selbstmitleid getränkte „Damn Country Music“ (heulende Fiddle, hallende Orgel, Pianotupfer und Steel-ähnliches Slide drücken aufs Gemüt) und das sehr reduziert gehaltene „Waiting On You“ (nur Gesang, Akustikgitarre und kurzes Cello-Intermezzo von Daniel Iannucci) nochmals Hunts unverkennbare Singer/Songwriter-Qualitäten aufblitzen.

Fazit: Corey Hunt liefert mit „The Tower“ sein bisheriges Paradestück ab. Ein echter Rohdiamant, dem man nur, weitere Aufmerksamkeit wünschen kann. Gute Stimme, ordentliches Gitarrenspiel, dazu hohes kreatives Potential. Smith Entertainment oder Thirty Tigers & Co. sollten da mal ruhig die Ohren spitzen! Insgesamt Stoff für Liebhaber von den klassischen jungen wilden Red-Dirt Bands der Marke Britt Lloyd Band, Kyle Bennett Band, Mike Ryan, Cody Gill Band aber auch arrivierten Acts wie Josh Abbott Band, Wade Bowen, Casey Donahew Band oder besagter Eli Young Band. Gut, dass ich mich scheinbar bedenkenlos weiter auf meinen Instinkt verlassen kann!

Eigenproduktion (2016)
Stil: Red Dirt

01. Always Liked The Rain
02. The Good Fight
03. Walked Away
04. A Troubadour’s Prayer
05. Stuck In Arkansas
06. Hannah Belle
07. Explain
08. The Tower
09. SASN
10. Damn Country Music
11. Waiting On You

Corey Hunt Band
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Swamp da Wamp – That Easy – CD-Review

SWA_Cover

Southern Rock-Fans sind ja bekannter Weise leidgeprüft, was das Dahinscheiden von Musikern ihres Genres betrifft. Allein, was das immer noch bestehende Aushängeschild der Zunft, Lynyrd Skynyrd, an Verlusten hinnehmen musste, kommt ja schon fast einem Fluch nahezu gleich.

Auch die kontinuierlichen Nachrichten z. B. über Gary Rossingtons Gesundheitszustand, oder wenn man Gregg Allman zuletzt gesehen hat, stimmen nicht gerade fröhlich, lassen aber immer das Beste erhoffen, konfrontieren einen mit fortschreitendem Alter aber auch zunehmend mit der eigenen Vergänglichkeit, die man ja eigentlich immer ganz gerne ausklammert.

Völlig überraschend kam für Außenstehende allerdings jetzt die Todesnachricht von Swamp da Wamp-Chef Gig Michaels (bürgerlicher Name Michael Giggey), der wenige Stunden vor seinem 52. Geburtstag an den Folgen einer fortgeschrittenen Lungenkrankheit, mittels einer schweren Lungenentzündung, letztendlich verstarb.

Und das fast zeitgleich mit dem physikalischen Erscheinen ihrer neuen CD „That Easy“, dem uneingeschränkten musikalischen Höhepunkt ihres bisherigen kreativen Schaffens. Bitter! Die Band bestehend aus Gig Michaels (lead vocals, acoustic guitar), Adrienne Nixon (supporting vocals), Keith ‚Wizzard‘ Inman (lead guitars), Nick Nyguyen (lead guitar, cello, violin), Rich Basco (bass), Jonathan ‚Chicken-hawk‘ Parker (drums), Duke Rivers (b-3, piano) und John ‚Junkyard‘ Ledford (guitars) hat nach drei immer besser werdenden Vorgänger-Werken, ähnlich wie Blackberry Smoke, eine atemberaubende, kontinuierliche Weiterentwicklung durchschritten.

Man muss sogar fast attestieren, dass die Truppe aus Charlotte, North Carolina, mit „That Easy“ drauf und dran ist (war), sich einen Spitzenplatz in der Phalanx der noch existierenden Südstaaten Rock-Bands zu erarbeiten.< Die Gründe hierfür liegen bei diesem Album auf der Hand. Gutes, abwechslungsreiches Songmaterial (bis auf einen Track alles Eigenkompositionen), ein charismatischer Lead-Sänger mit einer außergewöhnlichen Stimme, der sich atemberaubend gut mit seiner Supportsängerin ergänzt, ein immer besser eingespieltes Kollektiv mit vielen guten Instrumentalisten, bei denen keiner zu kurz kommt und letztendlich mit Glenn Tabor ein Produzenten, der es brillant verstanden hat, alles in einem wuchtigen, aber klaren, transparenten und modernen Sound zu vermitteln. Die insgesamt zehn Stücke, machen richtig Laune und vergehen wie im Flug. Der Opener „Fat Boy“ prescht richtig fett, mit allen Southern Rock-typischen Zutaten (klasse E-Gitarren, weibliche Harmonies, hallendes b-3, polternde Drums) ziemlich aggressiv vor sich hin, wenn man die eingebundene Fiddle mal Außen vor lässt. Auch “Devil In My Whiskey“ mit Skynyrd-, Molly-, Doc Holliday-Ingredienzen rockt wuchtig.

Das Biker-transforme „Three Wheels“ besteht partiell aus Allman-typischen Orgel-E-Gitarren-Tushs (Intro, Mitte, Ende) die Zwischen-Parts erinnern dezent an eine Symbiose aus Skynyrds „T For Texas“ und Mollys „Whiskey Man“. Bei „My Drinking Song“ ist der Titel Programm. Ein Lied, das man auf dem Höhepunkt einer jeden biergeschwängerten Party zum Mitgrölen laufen lassen kann und auch zukünftig dazu nutzen kann, Gig Michaels ehrfurchtsvoll im Rock’n’Roll-Heaven zuzuprosten.

Der Titelsong „That Easy“, von Gig und Adrienne gemeinsam performt, ist eine grandiose, episch anmutende Südstaaten Rock-Ballade, die unter die Haut geht. Mit ‚Axel Rudi Pell goes Southern‘ könnte man sie fast umschreiben. „I don’t wanna go down that easy“ singt Gig voller Inbrunst, ob er da schon eine gewisse Vorahnung hatte?

Mein Lieblingssong ist das fluffige countryeske „Changes“ mit klasse Harmonies von Nixon und einer herrlichen „E-Gitarren/Bruce Hornsby-Piano-Klimper-/Dobro-/Fiddle-Staffette im Solo-Teil. „Rollin’“ und auch „I Am“ stampfen wieder wie ein Bulldozer, fette E-Gitarren/-Soli, wie man sie von Molly und Skynyrd liebt, inbegriffen. Southern Rock der großen Schule, perfekt für’s Live-Programm.

Die Kammermusik-artige Piano-Ballade (emotionales Duett von Gig und Adrienne) „Happy Anniverary“ macht im Zusammenhang mit dem tragischen Ereignis unendlich traurig. Man kommt nicht umhin, sich eine kleine Träne aus dem Auge zu drücken. Rivers‘ Pilly Powell-mäßiges, an „Free Bird“ angelehntes Pianospiel erzeugt Gänsehaut, ein schöner Song vielleicht für Gigs Beerdigung.

Swamp da Wamp entlassen den Hörer mit der swampigen Neuauflage von Jason Aldeans „She’s Country“ und beweisen, wie herrlich Southern Rock und New Country in Einklang zu bringen sind, wenn gute Musiker am Werk sind. Auch hier bildet Adrienne Nixon erneut einen starken Konterpart zu Gig Michaels.

Der vierte Longplayer „That Easy“ hat (hätte) Swamp da Wamp im Southern Rock auf eine ganz hohe Ebene gehievt. Eines der besten Alben des Genres im neuen Jahrtausend. Der tragische Tod ihres charismatischen Bandleaders hinterlässt nicht nur menschlich im familiären Umfeld, sowie den SR-Fans und der Musik allgemein, eine weitere, große Lücke.

R.I.P. Gig Michaels

Eigenproduktion (2015)
Stil: Southern Rock

01. Fat Boy
02. Devil In My Whiskey
03. Two Wheels
04. My Drinking Song
05. That Easy
06. Changes
07. Rollin‘
08. I Am
09. Happy Anniversary
10. She’s Country

Swamp da Wamp
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Bärchen Records

The Freeway Revival – 12.12.2015, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

Manchmal hat man halt so seine Eingebungen. Eigentlich hatte ich nur mal auf der Homepage der Kulturrampe geschaut, was so läuft und wurde auf die mir bis dato unbekannte Band The Freeway Revival aus North Carolina aufmerksam. Als ‚Cool Organic Hippie Rock‘ mit Bezügen zum Southern Rock wurde ihr Stil beschrieben, also live zumindest für mich durchaus interessant. Ich hörte dann mal kurz in Soundfiles ihrer beiden bisher veröffentlichten CDs „Songs From Home“ und „Over The Mountain“ hinein und war mir immer noch unsicher, da mir die Stimme ihres Sängers Adam Clayton doch etwas zu dünn ausfiel. Der Umstand meiner positiven Entscheidung ihres Besuchs wurde jedoch durch mein neues Auto beeinflusst, das mich so ein wenig in die musikalische Neuzeit hineinkatapultiert hat.  The Freeway Revival – 12.12.2015, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht weiterlesen