Nachdem zunächst Morgan Wallen mit seinem 30 Songs umfassenden Doppelalbum „Dangerous“ für den ersten großen Paukenschlag des Country-Jahres 2021 gesorgt hatte, lässt auch der amtierende CMA Entertainer des Jahres, Eric Church, nicht locker und präsentiert mit „Heart“ „&“ „Soul“ ebenfalls ein opulentes Werk (gesplittet als Triple), das auch satte 24 Tracks aufweist.
Für die Aufnahmen hatte sich der Protagonist mit einem Heer an Songwritern und Musikern für 28 Tage in ein Restaurant in den Bergen von North Carolina eingemietet. Die innen völlig aus Holz gebaute Location wurde dazu kurzfristig in ein Aufnahme-Studio umfunktioniert. Für die hervorragnde Produktion zeichnet sich wieder sein Langzeit-Spezi Jay Joyce verantwortlich.
Als besondere Aufgabe hatte Eric ausgelobt, jeden Tag einen neuen Song zu kreieren, sprich morgens geschrieben und abends eingespielt, so hatten alle anwesenden Akteure Gelegenheit, sich in die Entwicklung einzubringen. Für ihn selbst sei besonders wichtig gewesen, zu erfahren, was passiert, wenn man aus seiner eigenen Komfortzone gerissen wird. Er ist davon überzeugt, dass diese, kreative Prozesse eher behindern würde, wie die Erfahrung zum Vorgänger „Desperate Man„, immerhin ein Nr.1-Album, aus seiner Sicht gezeigt hätte.
Dass Church, bei dem ich glücklicher Weise bei einem seiner wenigen Deutschland-Konzerte 2014 in Köln (Vorband The Cadillac Three) zugegen sein durfte, vom Stil seiner Lieder in keine eindeutige Schublade mehr einzuordnen ist, dürfte spätestens seit „The Outsiders“ bekannt sein.
Und so verhält es sich auch auf dem neuen, in drei Alben, mit drei Titeln „Heart“ „&“ „Soul“, getrennten Teil. Schöne Geste übrigens von ihm an seine Fan-Base, den Church Choir: „Das mittlere Werk „&“ wird nur für diesen speziell ab dem 20. April und nur auf Vinyl erhältlich sein. Die beiden anderen werden jeweils am 16. („Heart“), bzw. 23. April („Soul“) veröffentlicht.
Vom herrlich southern-rockigen Opener „Heart On Fire“ (erinnert ein wenig an Kid Rocks „All Summer Long“) auf „Heart“ bis zum emotionalen Finale „Lynyrd Skynyrd Jones“ (schöne melancholische Südstaaten-Leben-Hommage in Country-Storyteller-Manier) auf „Soul“, werden wieder diverseste Stile wie Country, New Country, Rock, Southern Rock, Pop, Funk und Soul harmonisch in Einklang gebracht.
Verdanken ist das neben den allesamt exzellent agierenden Musikern und Joyces famoser Produktion, in erster Linie dem variablen Singvermögen des ‚Chiefs‘ und einer brillierenden und stark eingebundenen Co-Sängerin Joanna Cotten (viele eingeflochtene Harmony-Parts und Kurz-Leads), die einen Großteil der Stücke dadurch absolut aufwertet.
Und so lässt der 43-jährige Singer/Songwriter neben seinen (New-) Countrywurzeln mit einigen weiteren (Southern-umwehten) Krachern wie „Stick That In Your Country Song“, „Bunch Of Nothing“, „Do Side“ oder „Bad Mother Trucker“ und Church-typischen Ohrwürmern wie „Never Break Heart“, „Crazyland“, „Doing Life With Me“, „Kiss Her Goodbye“) immer wieder auch Reminiszenzen an vergangene Musikepochen einfließen.
Hier verneigt sich imaginär vor Größen wie u. a. Bruce Springsteen („Heart Of The Night“), Billy Joel („Russian Roulette“), John Cougar Mellencamp („Hell Of A View“), Tony Joe White (das herrlich relaxte „Rock & Roll Found Me“), Otis Redding („Look Good And You Know It“, das grandiose „Where I Wanna Be“), ZZ Top, Bee Gees („Break It Kind Of Guy“ – schönes „Eliminator“-Rhythmus-Flair, Falsetto-Gesang), den Allman Brothers („Jenny“) und ja sogar 10cc (mit „I’m Not In Love“-typischen Synthie-Hall) bei „Mad Man“.
Am Ende stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, wer wohl bei der Wahl zum Album des Jahres von beiden, Wallen oder Church, bei den einschlägigen Awards, die Nase vorn haben wird (falls da nicht noch jemand, was relativ unwahrscheinlich sein dürfte, ähnlich Berauschendes aus dem Hut zaubern sollte). Wallen hat sich mit seinem rassistischen Fauxpas vor geraumer Zeit da sicherlich schon selbst im Vorfeld den Wind aus den eigenen Segeln genommen.
Auch wenn dieser meinem persönlichen Musik-Geschmack etwas mehr entgegen kommt, und auch noch einige Stücke mehr zu bieten hatte, brauche ich am Ende wohl doch nicht die Münze zu werfen. Eric Church, überzeugt mit „Heart“ „&“ „Soul“ auf nahezu gleichem Niveau mit mehr Mut, Risiko und Diversität, man fiebert bei den Durchläufen einfach mehr mit und wird emotionaler gepackt.
Somit große Kirche, ähm, ich meine natürlich großes Kino, lieber Mr. Church!
In Würdigung der tollen Gesamtleistung hier die Auflistung aller Involvierten:
Musiker:
Lead Vocals: Eric Church
Additional Vocals: Casey Beathard, Craig Wright, Jason Hall, Jay Joyce, Jeff Hyde, Jeffrey Steele, Joanna Cotten, Jonathan Singleton
Acoustic Guitar: Bryan Sutton, Casey Beathard, Charlie Worsham, Eric Church, Jay Joyce, Jeff Cease, Jeff Hyde, Jeffrey Steele, Kenny Vaughn, Luke Dick
Electric Guitar: Charlie Worsham, Driver Williams, Eric Church, Jay Joyce, Jeff Cease, Kenny Vaughn, Luke Dick, Rob McNelley
Steel Guitar: Luke Dick
Slide Guitar: Jeff Cease
Banjo: Charlie Worsham, Jeff Hyde
Mandolin: Bryan Sutton, Charlie Worsham, Jeff Hyde
Dobro: Bryan Sutton
Resonator: Bryan Sutton
Bass: Lee Hendricks
Synth Bass: Billy Justineau
Drums: Craig Wright
Percussion: Craig Wright
Tambourine: Jay Joyce
Piano: Billy Justineau, Moose Brown
Mellotron: Billy Justineau
Electric Organ: Billy Justineau, Jay Joyce, Moose Brown
Keyboards: Jay Joyce
Synthesizer: Billy Justineau, Jay Joyce
Programming: Jay Joyce
Hand Claps: Billy Justineau, Brian Snoody, Casey Beathard, Charlie Worsham, Craig Wright, Driver Williams, Eric Church, Jason Hall, Jaxon Hargrove, Jay Joyce, Jeff Cease, Jeff Hyde, Jimmy Mansfield, Joanna Cotten, John Peets, Lee Hendricks, Luke Dick
EMI Records Nashville (Universal Music) (2021)
Stil: New Country & More
Tracks und Songwriter „Heart“:
01. Heart On Fire (Eric Church)
02. Heart Of The Night (Eric Church, Jeremy Spillman, Jeff Hyde, Ryan Tyndell, Travis Hill)
03. Russian Roulette (Eric Church, Casey Beathard, Monty Criswell)
04. People Break (Eric Church, Luke Laird)
05. Stick That In Your Country Song (Davis Naish, Jeffrey Steele)
06. Never Break Heart (Eric Church, Luke Dick)
07. Crazyland (Eric Church, Luke Laird, Michael Heeney)
08. Bunch Of Nothing (Eric Church, Jeff Hyde)
09. Love Shine Down (Eric Church, Casey Beathard, Jeffrey Steele)
Tracks und Songwriter „&“:
01. Through My Ray-Bans (Eric Church, Luke Laird, Barry Dean)
02. Doing Life With Me (Eric Church, Casey Beathard, Jeffrey Steele)
03. Do Side (Eric Church, Casey Beathard)
04. Kiss Her Goodbye (Eric Church, Casey Beathard)
05. Mad Man (Eric Church, Casey Beathard)
06. Lone Wolf (Eric Church, Jeff Hyde, Ryan Tyndell)
Tracks und Songwriter „Soul“:
01. Rock & Roll Found Me (Eric Church, Casey Beathard, Driver Williams)
02. Look Good And You Know It (Eric Church, Jonathan Singleton, Travis Meadows)
03. Bright Side Girl (Eric Church, Jeff Hyde, Scotty Emerick, Clint Daniels)
04. Break It Kind Of Guy (Eric Church, Casey Beathard, Luke Dick)
05. Hell Of A View (Eric Church, Casey Beathard, Monty Criswell)
06. Where I Wanna Be (Eric Church, Casey Beathard, Jeremy Spillman, Ryan Tyndell)
07. Jenny (Eric Church)
08. Bad Mother Trucker (Eric Church, Casey Beathard, Luke Dick, Jeremy Spillman)
09. Lynyrd Skynyrd Jones (Casey Beathard)