Sarah Shook & The Disarmers – Revelations – CD-Review

Review: Michael Segets

Sarah Shook & The Disarmers bleiben auf „Revelations“ ihrer Richtung treu, die sie mit „Years“ (2018) eingeschlagen und mit „Nightroamer“ fortgeführt haben. Das aktuelle Album vereint erneut Indie-Rock und Alternative Country zu etwa gleichen Teilen. Meine damalige Vermutung, dass sich Sarah Shook & The Disarmers weiter in Richtung Rock bewegen, bestätigt sich also nicht. Diese Pfade verfolgt Frontfrau River Shook auf „Cruel Liars“ mit ihrem Projekt Mightmare, bei dem sie sich mit poppigen Arrangements deutlich experimentierfreudig zeigt.

Dass sie mit den Disarmers ihre Linie nicht ändert, ist erfreulich. In Sachen Rock liefert die Band mit „You Don’t Get To Tell Me“, das genau die richtige Mischung zwischen Eingängigkeit und Kratzigkeit trifft, sowie dem kraftvollen „Criminal“ zwei starke Songs ab. „Dogbane“ und „Give You All My Love“ können sich ebenfalls hören lassen, sind aber etwas schwächer als die beiden erstgenannten Tracks. Äußerst gelungen ist wiederum das Titelstück „Revelations“, das durch die atmosphärische Gitarrenarbeit besticht und mit jedem Durchlauf an Tiefe gewinnt. Ebenso hat die zunächst unterkühlt wirkende Ballade „Nightingale“ einen eigenwilligen Grip, bei der ein wuchtiger Gitarrensound den Song dominiert. Insgesamt zeigen sich Sarah Shook & The Disarmers bei den rockorientierten Beiträgen innovativer als bei denen aus der Country Ecke.

Dennoch nehmen mich die Country-Nummern mehr mit als die auf dem vorangegangenen Longplayer. Allen voran sticht das bittere „Motherfucker“ heraus. Die Band variiert das Tempo vom schnellen „Backsliders“, das als erste Single ausgewählt wurde, über „Jane Doe“ bis zum gemäßigten „Stone Door“. Die Stücke sind mit auffälliger Steel Pedal und genügend Twang versehen – also in ähnlicher Weise performt wie man es von den vorherigen Werken kennt. Allerdings strebte Shook mit der neuen CD einen direkteren Sound an, der sich an dem ihrer Live-Auftritte orientiert. Sie übernahm selbst die Produktion und spielte das Album in zwei Tagen mit ihrer Band ohne großangelegte Nachbearbeitung ein.

Die Songs basieren auf autobiographischen Erlebnissen der Bandleaderin. Da fehlen dann natürlich nicht die Liebes- und Beziehungsgeschichten. Aber auch Anfeindungen, Diskriminierungen bis hin zu Gewalterfahrungen verarbeitet Shook in ihren Texten. Die Anstrengung sich selbst zu behaupten, ist ein durchgängiges Thema, das auch bei ihren früheren Werken durchscheint. Vor allem die Überdrüssigkeit, sich für Aspekte ihrer Person rechtfertigen zu müssen, die selbstverständlich akzeptiert sein sollten und keiner Rechtfertigung bedürfen, bringt sie eindrucksvoll bei „You Don’t Get To Tell Me“ zum Ausdruck.

Ursprünglich durchgängig am Alternative Country orientiert, geben Sarah Shook & The Disarmers inzwischen dem Indie-Rock mehr Raum. Die Stücke pendeln auf „Revelations“ relativ unverbunden zwischen den beiden Musikrichtungen. Textlich oftmals provokant bleiben die Country-Songs in ihrer Machart eher konventionell. Interessante Impulse setzt die Band vor allem mit ihren Rocknummern. Gleichwohl weiß die Band in beiden Stilen zu überzeugen und liefert einige bemerkenswerte Tracks ab.

Abeyance Records – Thirty Tigers/Membran (2024)
Stil: Rock/Country

Tracks:
01. Revelations
02. You Don’t Get To Tell Me”
03. Motherfucker
04. Dogbane
05. Nightingale
06. Backsliders
07. Stone Door
08. Jane Doe
09. Give You All My Love
10. Criminal

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Thirty Tigers
Oktober Promotion

Sarah Shook & The Disarmers – Nightroamer CD-Review

Review: Michael Segets

Sarah Shook & The Disarmers haben nun ihren dritten Longplayer „Nightroamer” am Start. Während Shook auf dem ersten Album „Sidelong“ (2015) durch den Indie-Touch, den sie ihren Outlaw-Country-Stücken mitgab, frischen Wind in das Genre brachte, wirkten die Country-Titel auf „Years“ (2018) etwas zahmer.

Allerdings flossen dort bereits weitere Stile ein. Diesen Weg geht „Nightroamer“ weiter, auf dem die musikalische Spannbreite sich ausdehnt. Nur noch bei der Hälfte der Songs verfolgt Shook ihr ursprüngliches Genre und geht es stattdessen nun öfter rockig an. Das Album mit zehn Eigenkompositionen wurde von Pete Anderson (Dwight Yoakam, k. d. lang) produziert.

Startet die CD noch mit dem harmonischen Midtempo-Rocker „Somebody Else“, zeigt Shook bei „Been Lovin‘ You“ ihren Hang zum Alternative dadurch, dass sie leichte Dissonanzen einstreut. Mit den Hörgewohnheiten spielt sie auch bei „If It’s Poison“.

Vom Rhythmus her an die Schmachtfetzen der frühen Rock’n Roll-Zeit angelehnt gibt sie dem Song einen rauen Charme mit, der so nicht zuletzt durch das Gitarrenspiel von Eric Peterson Drive entwickelt. Mit dem originellen Arrangement zeigen Sarah Shook & The Disarmers, dass sie besonders gut sind, wenn sie sich einen Tick neben der gängigen Spur befinden.

Neben der Ballade „Nightroamer“ finden sich zwei weitere Tracks, die eindeutig in der Outlaw-Country-Ecke zu verorten sind. „No Mistakes“ und „It Doesn’t Change Anything” wurden bereits vorab ausgekoppelt und bedienen Shooks Fanbasis ausgezeichnet. Beide Nummern sind rund mit dominanter Pedal Steel – gespielt von Adam Kurtz – und gehörig Twang versehen.

Pedal Steel und Twang finden sich ebenfalls bei „Please Be A Stranger“, das aber rockigere Züge trägt. Das Stück bleibt dabei locker und eingängig. In dieser Richtung setzt Shook noch einen drauf. „I Got This“ trägt für die Band schon fast poppige Züge. Dafür sorgen der deutliche Bass (Aaron Oliva), die ausgeprägte Percussion durch Schlagzeuger Jack Foster sowie der Backgroundgesang im Refrain. Der stilistisch überraschende Titel zählt für mich zu den Highlights des Albums.

Nach dem sanften „Believer“ lässt es die Band zum Abschluss des Longplayers nochmal richtig krachen. Das leicht punkig angehauchte „Talkin’ To Myself” wurde als erste Single ausgewählt und markiert sicherlich einen Eckpunkt der tendenziell veränderten Ausrichtung von „Nightroamer“ gegenüber ihrem Debüt „Sidelong“, die sich bereits bei „Years“ andeutete.

Sarah Shook & The Disarmers setzen ihre musikalische Reise in Richtung Rock fort, ohne dabei ihre Wurzeln, die im Outlaw Country liegen, zu vergessen. Die unterschiedlichen Songs wirken durchweg ehrlich, wobei das Album insgesamt einen gelungenen Spagat zwischen Eingängigkeit und außergewöhnlichen Arrangements vollführt.

Abeyance Records – Thirty Tigers/Membran (2022)
Stil: Rock/Country

Tracks:
01. Somebody Else
02. Been Lovin’ You
03. If It’s Poison
04. No Mistakes
05. Nightroamer
06. It Doesn’t Change Anything
07. Please Be A Stranger
08. I Got This
09. Believer
10. Talkin’ To Myself

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Oktober Promotion

Sarah Shook & The Disarmers – Years – CD-Review

Shook_300

Review: Michael Segets

Bei der aus einem streng religiösen Elternhaus stammenden, bekennenden bisexuellen Atheistin und Bürgerrechts-Aktivistin Sarah Shook kann man kaum glauben, dass der Nachname ihr tatsächlicher Familienname ist. Sie rüttelt mit ihren Texten und dem Auftreten in ihren Videos an den Grundfesten traditionsverwurzelter Amerikaner. Protest und Provokation kleidet sie dabei in zumeist gefällige Country-Rhythmen.

Ihre Unabhängigkeit postuliert Sarah Shook auf „Good As Gold“, der radiotauglichen Single des Albums. Die zweite Vorabauskopplung „New Way To Fail“ bietet Phil Sullivan an der Pedal Steel viel Raum, Twang zu entwickeln. „Over You“ kommt fast schon poppig im mittleres Tempo daher. Die Pedal Steel zeigt dann aber doch, aus welcher musikalischen Ecke Sarah Shook & The Disarmers kommen.

Nach dem eher konventionellen Beginn steigert sich die CD. Blues-angehaucht ist „The Bottle Never Lets Me Down” in dem Shooks Gesang in sämtlichen Tonhöhen überzeugt. Eric Peterson an der E-Gitarre steuert ein Solo zu dem gelungenen Track bei. Mit dem flotten „Parting Words“ nimmt Shook wieder die Kurve in Richtung lupenreinen Country und bleibt mit „What It Takes“ auf der eingeschlagenen Route, wobei der Song einen raueren Outlaw-Charme versprüht.

„Lesson“ ist eine coole Nummer, die eine 1960er-Atmosphäre einfängt. Sie stellt die musikalisch innovativste des Albums dar. Aber auch das schnelle und eingängige „Damned If I Do, Damned If I Don’t” macht richtig Spaß.

Mit „Heartache In Hell“ findet sich eine trotzige Herzschmerz-Ballade auf dem Longplayer. Der raus genölte Gesang, teilweise mit gehörig Vibration in der Stimme, bringt viel Gefühl rüber, ohne süßlich zu wirken. Den Abschluss des Albums bildet „Years“. Bei der gewöhnlichenr Countrynummer überzeugen die gebotenen Stimmvariationen Shooks nicht wirklich und auch ein Rhythmuswechsel rettet das schwächere Titelstück nicht.

Sarah Shook hat sich bereits mit „Sidelong“ (2015) auf den Weg gemacht, als weibliche Version in die Fußstapfen des Hardcore-Troubadours Steve Earle zu treten. Dass sie gute Country-Songs schreiben kann, die sich an der klassischen Machart orientieren, zeigt sie auch auf „Years“ sehr deutlich. Besonders gelungen sind aber die Stücke, auf denen sie für einen Schritt von diesem Pfad abweicht.

Der ‚Angry Young Woman‘ mangelt es nicht an Selbstbewusstsein, daher bleibt zu wünschen, dass sie ihr Profil nicht nur in ihren Texten, sondern auch in den Kompositionen weiter ausschärft und zukünftig noch mehr Punk-Attitüde in den Country trägt.

Bloodshot/Rough Trade (2018)
Stil: Country

O1. Good As Gold
02. New Way To Fail
03. Over You
04. The Bottle Never Lets Me Down
05. Parting Words
06. What It Takes
07. Lesson
08. Damned If I Do, Damned If I Don’t
09. Heartache In Hell
10. Years

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Bloodshot Records