Im Laufe der vielen Jahre als Rezensent entwickelt man ja schon so sein Gespür für gute Musik. Ich überlege gerade eigentlich immer noch, wie ich letztendlich auf der Jagd nach neuem guten Stoff im Netz auf die Corey Hunt Band gestoßen bin. Allein der Bandname löste in mir schon irgendwie positive Red Dirt-Assoziationen aus. Und so geschah es dann auch, dass ich in ein paar Soundschnipsel des aktuellen Albums „The Tower“ hineingehört habe und mir sofort klar war, dass ich zu dem Burschen Kontakt aufnehmen würde.
Corey Hunt fackelte auch nicht lange zu antworten und kurze Zeit später hatte ich das Werk, übrigens schon sein drittes, zum Besprechen vorliegen. Für „The Tower“ wurde allerdings zum ersten Mal etwas feineres Besteck aufgefahren. Die beiden ersten („Same“ und „Come On Out Tonight“) wurden noch im Schlafzimmer seines Freundes Eric Wise produziert.
Zunächst ein paar Hintergründe. Die Corey Hunt Band ist eigentlich gar keine richtige Band sondern eher ein Duo. Man hatte zwar zu Beginn im Quartett angefangen, aber im Laufe der Zeit entstand zwischen dem, aus North Carolina stammenden Namensgeber Corey Hunt und besagtem Drummer Eric Wise so eine dicke Freundschaft, dass man nur als Duo agieren wollte und dann je nach Bedarf für Ergänzung sorgt. Die beiden treten allerdings die meiste Zeit zu zweit auf.
Da Corey Hunt sich im Songwriting deutlich weiterentwickelt hatte und wirklich gutes Songmaterial, wie ich es im Nachhinein anstandslos bestätigen kann, kreiert hatte, machte es jetzt Sinn, in ein vernünftiges Studio zu gehen (Echo Mountain Studios in Asheville, NC – dort haben auch schon Bands wie American Aquarium und Blackberry Smoke ihre Sachen eingespielt) und sich bei Kyle Mann (Cowboy Troy, Richie McDonald, Ted Russell Kemp, Lady Antebellum) unter die Fittiche eines erfahrenen Produzenten zu begeben.
Mann hat allerdings am Sound gar nicht allzu viel herumpoliert, es ist ein richtig schön schroffes, raues, unverbrauchtes Red Dirt-Album, im Stile der vielen jungen hungrigen Bands geworden, die in dieser Szene noch vor einiger Zeit, ja gefühlt, alle zwei Wochen, wie Pilze neu aus dem Boden sprossen. Diese hat sich mittlerweile aber deutlich beruhigt, umso schöner, dass die Corey Hunt Band jetzt wieder für schönen Nachschub sorgt.
Das Werk beginnt mit dem launigen „Always Liked The Rain“, das sofort in gute Stimmung versetzt. Ein flotter Country Rocker mit Southern Rock-typischen E- Gitarreneinlagen und Kurzsoli (klasse hier Robert Smith). Hunt besticht direkt mit einer sehr texanisch klingenden, angerauten und energiegeladenen Stimme. Toller Auftakt. Ein echter Song für die Texas Music Charts.
Sein knarziges Akustikgitarrenspiel, das oft bei den Intros und als Untermalung vorzufinden ist, gibt den Songs eine schön erdige Note. Auch das folgende „The Good Fight“ rockt richtig Southern-mäßig (interessant hier das Drum-Tippel-Bridge von Eric Wise). Das dezent melancholische „Walked Away“ erinnert an die Eli Young Band, als die noch nicht vom Mainstream eingefangen wurde.
Die Stücke „A Troubadour’s Prayer“ und „Stuck In Arkansas“ (hallende Orgel) stehen für Hunts Talent als Storyteller, toll hier die verschiedenen Stimmungen, die in den Songs mittels Tempowechsel erzeugt werden. Das von einem Acapella-Intro eingeleitete „Hannah Belle“ erzielte mit Platz 47 in den Texas Regional Radio-Charts einen Achtungserfolg. Herrlich bei diesem kleinen Südstaaten-Einod (mit Marschtrommeln am Ende) auch das surrende Akkordeon vom exzellenten Keyboarder Aaron Price.
Als zweite Single ist das, sich in Josh Abbott Band-Sphären befindliche „Explain“ geplant. Schön hier die atmosphärische Fiddle von Lyndsay Pruett. Starker Titel. Das zunächst ruhig, im Erzählgesang beginnende Titelstück „The Tower“ nimmt im Verlauf deutlich Fahrt auf und erweist teilweise Meister Tom Petty ein wenig Red Dirt-Ehre. Die E-Gitarren heulen richtig Southern-mäßig. Der Saturday Night-Song („SASN“) ist der Soundtrack für die trunkenfreudige Grillparty in reiner Männergesellschaft. Steaks auf den Grill und Bier Marsch! Dazu dieser CHB-Song. Da ist dann selbst der letzte Muffel bei bester Laune. Auch Chart-tauglich!
Am Ende lassen das voller Selbstmitleid getränkte „Damn Country Music“ (heulende Fiddle, hallende Orgel, Pianotupfer und Steel-ähnliches Slide drücken aufs Gemüt) und das sehr reduziert gehaltene „Waiting On You“ (nur Gesang, Akustikgitarre und kurzes Cello-Intermezzo von Daniel Iannucci) nochmals Hunts unverkennbare Singer/Songwriter-Qualitäten aufblitzen.
Fazit: Corey Hunt liefert mit „The Tower“ sein bisheriges Paradestück ab. Ein echter Rohdiamant, dem man nur, weitere Aufmerksamkeit wünschen kann. Gute Stimme, ordentliches Gitarrenspiel, dazu hohes kreatives Potential. Smith Entertainment oder Thirty Tigers & Co. sollten da mal ruhig die Ohren spitzen! Insgesamt Stoff für Liebhaber von den klassischen jungen wilden Red-Dirt Bands der Marke Britt Lloyd Band, Kyle Bennett Band, Mike Ryan, Cody Gill Band aber auch arrivierten Acts wie Josh Abbott Band, Wade Bowen, Casey Donahew Band oder besagter Eli Young Band. Gut, dass ich mich scheinbar bedenkenlos weiter auf meinen Instinkt verlassen kann!
Eigenproduktion (2016)
Stil: Red Dirt
01. Always Liked The Rain
02. The Good Fight
03. Walked Away
04. A Troubadour’s Prayer
05. Stuck In Arkansas
06. Hannah Belle
07. Explain
08. The Tower
09. SASN
10. Damn Country Music
11. Waiting On You