Brandon Santini – The Longshot – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Der Blueser Brandon Santini ist wahrlich ein musikalisches Arbeitstier. Er ist jahrein, jahraus mit 250 Konzerten weltweit unterwegs und hat sich dadurch in der Bluesszene im Laufe der Zeit einen Namen gemacht, was ihm fünf ‚Blues Music Award’-Nominierungen und drei ‚Blues Blast Magazine Award‘-Nominierungen eingebracht hat.

Mit seinem neuen Album „The Longshot“ verlässt Brandon Santini nun die traditionellen Bluespfade, auf denen er lange erfolgreich unterwegs war, um die beiden Seiten seiner Seele, die zwischen Blues („Beggin’ Baby“, ein schöner, eher traditioneller Blues) und Rock („Don’t Come Around Here“, einem wild pulsierenden Klopper) pendeln, zu einem Ganzen, teilweise mit relaxten Südstaatenanleihen („Broken Bones“, ein typischer Countryblues), zu vereinen.

In dieser Bandbreite präsentiert sich die komplette Scheibe, wobei allerdings die etwas ruhigeren Töne überwiegen. Da sind z. B. das balladenhafte, im Singer-Songwriter-Stil gehaltene, mit leichter Keyboarduntermalung ruhig fließende „One More Day“ oder das stilistisch an Chris Rea erinnernde „Drive You Off My Mind“. Entspannt und eingängig sind auch fast alle übrigen Titel des Albums. Mit „Heartbreaker“ hat Santini einen gemächlichen Midtempo Blues hingelegt und auch „Back To You“ bietet eine ruhige, etwas schleppende Grundmelodie mit Ohrwurmqualitäten.

Mit den letzten zwei Tracks von „The Longshot“ bringt Santini dann noch einmal seine rockige Seite zum Klingen. „Evil Is Going On“ ist ein ziemlich flotter, leicht Country beeinflusster, swingender Rockabilly Shuffle, während „Somebody’s Gotta Go“ recht rockig-heavy daher kommt.

Insgesamt hat Brandon Santini mit „The Longshot“ ein ernergiegeladenes, stilistisch farbenfrohes, modernes Album abgeliefert, ohne dabei seine traditionellen Blueswurzeln zu leugnen, was nicht zuletzt auch durch die virtuosen Mundharmonika-Sätze in den einzelnen Stücken zum Ausdruck kommt. Von Santini wird in Zukunft sicherlich noch mehr Gutes zu hören sein. Wir sind gespannt!

American Showplace Music (2019)
Stil: Blues Rock

01. Don’t Come Around Here
02. Beggin‘ Baby
03. One More Day
04. Drive You Off My Mind
05. Heartbreaker
06. Broken Bones
07. Back To You
08. My Worried Mind
09. Going Home
10. Evil (Is Going On)
11. Somebody’s Gotta Go

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American Showplace Music

Jeff Jensen – Wisdom & Decay – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Das Line-up zu Jeff Jensens neuem Longplayer „Wisdom &Decay“ liest sich fast wie ein kleines „Orchester“. Für die Einspielung hat der US-Bluesrocker zehn Begleitmusiker zusammengetrommelt. Ergänzend kommen auf einigen Tracks noch ein Streicher- sowie ein Gesangsquartett hinzu.

Aufgenommen in vier verschiedenen Studios, u.a. im ruhmreichen ‚Kulttempel‘ von Sam Phillips in Memphis, TN, hat Jensen die Rolle des Produzenten übernommen und hervorragende Arbeit geleistet. Das erhabene Studio an der 639 Madison Avenue in Memphis hat Jensen offenbar nachhaltig inspiriert, da dort viele erfolgreiche Künstler gearbeitet haben (u.a. Elvis Presley, Roy Orbison, Bob Dylan, Johnny Cash, John Prine).

Unter den zehn Songs der LP finden sich neben sieben eigenkomponierten Stücken daher auch drei Coverversionen, die als Neuinterpretationen frisch und modern wirken. Das Little Milton-Stück „I’m Living Off The Love You Give“, als Opener, ein warmer Soul-Blues des alten Stax-Veteranen, verspricht bereits zum Auftakt einen interessanten Querschnitt durch klassische Blues-Gefilde.

Besonders das aus dem Repertoire des experimentierfreudigen US- Singer/Songwriters Tom Waits stammende „Downtown“, vom „Raindogs“-Album (1985),  hat Jensen überzeugend interpretiert. Die dritte Coverversion ist ebenfalls von einem nicht unbedingt dem Blues verbundenen Künstler.

„Tonight I’ll Be Staying Here With You“ von Bob Dylans berühmten „Nashville Skyline“-Album (1969), das er teilweise zusammen mit Johnny Cash eingesungen hat, bewegte sich ursprünglich im Folk-Country-Genre, doch Jensen macht aus diesem Song eine funkig sprühende Bluesnummer.

„2000 Days“ verbreitet im Vergleich zum angenehm Soul fundierten „Good Woman Back Home“ eine relaxte Jazz-Atmosphäre. Jensens Songwriting-Talent wird mit dem, im traditionellen Gospel Blues-Sound performten „Luck Is Gonna Change“ nochmals unter Beweis gestellt. Auf den abschließenden Instrumentalstücken „Something In The Water“, das ein wenig an einen Soundtrack im Stile von Mark Knopflers „Local Hero“ erinnert und „The Water Jam“ läuft die Band erneut zur Höchstform auf und wird von einem Streicherquartett unterstützt.

Jensen ist es mit seinem Album eindrucksvoll gelungen, Tracks aus dem weiten Spektrum des Blues gekonnt zu arrangieren und eigenwillige Aufnahmen abzuliefern. Als Produzent und exzentrischer Interpret, hat er damit ein engagiertes Werk vorgelegt, das ihn in der Reihe der Individualisten unter den modernen Bluesmusikern vorwärts bringen wird.

Jeff Jensen gelingt auf diesem Longplayer der schwierige Spagat, eine große Band passend und zielgenau einzusetzen, ohne die Tracks zu überfrachten. Das ist selbstbewusster und innovativer Blues Rock mit spielerischen Variationen und teilweise auch untypischen Instrumentalisierungen (u.a. Streichern oder Bläsern). „Wisdom & Decay“ ist somit ein bemerkenswertes Werk!

Swingsuit Records (2018)
Stil: Blues (Rock)

01. I’m Living Off The Love You Give
02. 2000 Days
03. Pretend Forevers
04. Good Woman Back Home
05. Downtown
06. Luck Is Gonna Change
07. What We Used To Be
08. Tonight I’ll Be Staying Here With You
09. Something In The Water
10. The Water Jam/Something In The Water Revised

Jeff Jensen
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