Leaving Spirit – Things Change – CD-Review

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Soviel das Reviewen von Musik auch an Spaß bereitet, manchmal ist allerdings die Aufgabe, die richtigen Worte zu finden, der reinste Balanceakt. Da stürzt sich eine junge deutsche Band mit viel Engagement und Kreativität ins Southern Rock-Geschehen, gibt sogar eine Pressemeldung zu ihrer mit viel Liebe zum Detail gestalteten und eingespielten, ersten CD heraus und doch ist das Ergebnis, zumindest aus meiner persönlichen Sicht, am Ende, aufgrund nur einer einzigen Tatsache, eher ernüchternd.

Deutsche Bands aus dem Dunstkreis Country-, Roots-/Southern Rock haben es zugegebener Maßen bei mir generell schwer. Da lege ich oft letzten Endes den amerikanischen Maßstab an, und dem wird in den seltensten Fällen Genüge getragen. Man hört halt meistens an den im Schulenglischen verfassten Texten, als auch an der Stimme, woher der Wind weht. Unter den rar gesäten positiven Ausnahmen fallen mir spontan Leute wie Stefan Kossmann (Flatman), Tom Ripphahn (Hands On The Wheel), Markus Rill oder, mit noch ganz viel Toleranz, Gerd Rube ein. Dann ist aber auch schon fast das Ende der Fahnenstange erreicht. Selbst bei ehemals mit ganz dezentem Ruhm im Genre aufwartenden Gruppen aus unseren Landen wie Lizard, Street Survivors & Co., gab es letztendlich gleiches anzumerken.

Der vorliegende Fall, die Würzburger Band Leaving Spirit, hat, und das ist das Tragische daran, abgesehen von ein paar marginalen Dingen, eigentlich vieles richtig gemacht. Sehr lobenswert wie bereits erwähnt, die professionelle Herangehensweise, das fängt beim Cover-Artwork mit Booklet, inklusiv aller Texte und Kurzbiografie an und hört beim, mit Rising End-Gitarristen Nico Gwozdz zusammen, transparent produzierten Sound, auf.

Gut, wer sich nun mal in die Höhle des Löwen wagt (ihr Bandchef hatte mich gefragt, ob ich für ein Review parat stehen würde), muss sich dann halt auch der Kritik stellen. Kommen wir zu den verschmerzbaren Dingen. Dass die Texte  keinen lyrischen Hochgenuss darstellen, und manchmal in einen holprigen Gesang münden, ist geschenkt.

Bei den E-Gitarren hätte ich mir angesichts der Beteiligung von gleich drei Leuten etwas mehr Variation gewünscht, oft ist eine recht monoton surrende Spielart im Vordergrund. Bei den ausschließlichen Eigenkreationen wurde zwar das Auge auf so manches Bekannte geworfen, aber auch, bis auf das in Kid Rock-Manier gebrachte „Sweet Home Alabama“-Plagiat „Keep Rockin‘ Alive“, viel Liebe zum musikalischen Detail und kreativer Anspruch, an den Tag gelegt. Hier ist alles absolut im grünen Bereich.

Der letztendlich entscheidende Knackpunkt ist aber eine junge Dame namens Paula Frecot, die, wie ich es aus dem Booklet entnehme,  für das Ergebnis am Mikro zuständig war. Bei aller Liebe, sie hat in einer solchen Sparte nun wirklich nichts verloren, maximal das Punk- oder Indie-Genre erscheinen mir für ihre Art des Singens erschaffen worden zu sein.

Was nutzt einem eine CD mit durchaus 13 passablen Tracks, wenn einem der Gesang bereits von der ersten Strophe an, so richtig auf den Keks geht. Wie wohltuend, als bei „Old Lady“ mal kurz für zwei Strophen männlicher Gesang ertönt (eigentlich ganz ok, ich mutmaße mal, dass sich hier Florian Eppel, der auch die meisten Stücke komponiert hat, das Mikro geschnappt hat), um aber nach diesem kurzem Intermezzo, schon wieder niedergekeift zu werden.

Somit im Prinzip schade, „Things Change“ von Leaving Spirit hätte mit einem guten Fronter ein richtig starker Einstieg ins Genre werden können. Apropos Änderungen: Wie bereits bemerkt, hat sich das Sextett mittlerweile auf drei Positionen verändert und ist schon dabei, eines zweites Werk zu kreieren und einzuspielen.

Eigenproduktion (2019)
Stil: Southern Rock & More

01. Stranger on the Road
02. Mississippi Bridge
03. Free In My Mind
04. Reflections
05. Both Of Us
06. The Girl On The Train
07. Always The Same
08. Fake
09. Old Lady
10. Read Leaves
11. Moonshine
12. Dead Lie
13. Keep Rockin‘ Alive

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Jack The Radio – Badlands – CD-Review

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Letzten Monat besuchten Daniel und ich American Aquarium in der Kulturrampe Krefeld. Nach dem Konzert kamen wir ins Gespräch mit George Hage, der die Band auf der Tour verstärkte. Er drückte uns eine Promoversion von „Badlands“, dem immer noch aktuellen Werk von Jack The Radio, seiner eigentlichen Band, in die Hand. Die hier nahezu unbekannte Truppe aus North Carolina wurde schon 2009 gegründet und ist musikalisch unter anderem beeinflusst von Jack White, Tom Petty, The Black Keys, Spoon, My Morning Jacket, Jason Isbell, Ryan Adams und auch Taylor Swift.

Nun aber zu „Badlands“. Ich hörte die von George Hage selbst produzierte Scheibe das erste mal im Auto auf dem Weg zur Arbeit, ohne zuvor von JTR je etwas gehört zu haben. Bei den ersten Klängen von „Bad Man“ fühlte ich mich in meine Jugend zurückversetzt. Das Intro, in bester Manier von Filmmusik damaliger Italowestern, machte mich direkt neugierig. Der Song selbst ist leicht psychedelisch getragen mit schönen Gitarrensoli, meist im Hintergrund, und einem Refrain, der leicht an Indianergesänge erinnert und dem Song einen hohen Wiedererkennungswert gibt.

Mit „The Runaway“ wird es etwas rockiger und man vernimmt die Einflüsse der „Black Keys“ mit einem getriebenen Gitarren- und Schlagzeugspiel sowie zum Teil psychedelisch anmutenden Gesang. Ein Song, der in Rockdiskos alter Schule  zum Tanzen einladen würde. Mit „Ain’t So Bad“ spielen Jack The Radio einen Song, der die Einflüsse von Tom Petty erahnen lässt, ohne wie ein Abklatsch zu wirken. Auffällig sind mehrere Tempowechsel und Gitarrensoli, sowie der Einsatz vom Keyboard, welches wieder psychedelische Akzente setzt.

„The Takedown“, ein ruhiger Song, der auch im Hintergrund mancher Roadmovies ablaufen könnte, hat wie schon „Bad Man“ melodische Tendenzen, die der Italosparte zugeordnet werden können. „Leaves“, ein sehr melodischer Midtemposong mit schönen Keyboardeinlagen, könnte ebenfalls Bestandteil einer Petty-Scheibe sein. „Moonlight“, vom Stil her ähnlich wie der Song zuvor, ist durchaus als radiotauglich zu bezeichnen. Mit „My Way“ zeigen Jack The Radio, dass sie auch Southern Rock können. Schön anzuhören ist dabei das Gitarrensolo mit Bootleneck in der Mitte des Songs. Vom Gesangsstil her, sind hier Ähnlichkeiten zu Jaren Johnston von The Cadillac Three zu konstatieren. Könnte auch durchaus ein in Nashville produzierter Song sein.

Ihre Vielseitigkeit beweisen sie mit „City Slippin“, wo von Soul, Blues bis hin zu Southern Rock mehrere Musikrichtungen harmonisch miteinander verzahnt werden. „Criminals“, im Duett mit Elizabeth Hopkins, hat einen starken Coutryflair und man könnte meinen, Jeff Lynne hätte bei der Produktion Pate gestanden. Für mich persönlich der absolute Favorit des Albums. Einfach schöne Musik zum Genießen und Entspannen. Für mich passt auf diesen Song der Spruch eines Freundes: „Musik ist Liebe“!

Mit „Wild West Woman“ wird es wieder psychedelischer und der Rhythmus erinnert an indianische Tänze. Hier hätten auch Freunde von Potthead vermutlich ihren Spass. Der Midtempo-Track „Wayfared Warriors“  mit Country-Einflüssen, pettyesken Gesang, anmutigem Gitarrenspiel und leicht treibenden Drums, ist die Einleitung zum Finale des Werks. „Hills“ ein Song, der dem Southern-Genre zuzuordnen ist, bildet einen starken und auch sehr rockigen Abschluss. Den Song stelle ich mir mit seinem zum Teil brachialen Gitarrenspiel live als absoluten Abräumer vor.

Insgesamt eine starke Scheibe mit keinen musikalischen Längen oder Ausfällen, die insbesondere Fans von Tom Petty, NC und Southernrock gefallen wird. Durch die Vermischung mehrerer Stile kommt keine Langeweile auf. Ich war beim Hören nie in der Situation, mal schnell auf das nächste Stück zu drücken, so wie es bei einigen CDs manchmal der Fall ist. Schön wäre es, Jack The Radio mal in hiesigen Breiten live zu erleben. In ihrer Heimat spielten sie unter anderen immerhin schon als Support von Hall & Oates und George Thorogood.

Musiker:
George Hage – Vocals/Guitar/Keys/Producer
A.C. Hill – Vocals/Acoustic Guitar
Danny Johnson – Backing Vocals/Baritone Guitar/Lap Steel/Keys
Chris Sayles – Backing Vocals/Bass
Brent Francese – Drums
Elizabeth Hopkins – guest vocals on „Criminals“
BJ Barham – guest vocals on „Wayfared Warriors“

Review: Gernot Mangold

Pretty Money (2015)
Stil: Rock

01. Bad Man
02. The Runaway
03. Ain’t So Bad
04. The Takedown
05. Leaves
06. Moonlight
07. My Way
08. City Slippin
09. Criminals
10. Wild West Woman
11. Wayfared Warriors
12. Hills

Jack The Radio
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Captain Ivory – 16.12.2016, Blue Notez, Dortmund – Konzertbilder

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Die junge amerikanische Band spielte am Freitag Abend im Blue Notez Club Dortmund. Ein Mix aus ihren zwei Alben „Captain Ivory“ und „No Vacancy“ plus Coversongs von Bruce Springsteen und Fleetwood Macs „Oh Well“, das dem Original in Nichts nachstand. Bereits mit dem ersten Song „Never Mine“ zeigten sie, wohin der Abend geht. Eine Mischung aus Led Zeppelin, The Who und Southern Rock. Drumsolo und Lap Steel-Einlage im Publikum waren schöne Highlights. Ein gelungenes Konzert einer Band, von der man noch viel hören wird.

Bilder und Fazit: Peter Schepers

Captain Ivory
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Teenage Head Music
Blue Notez Dortmund

Minor Cabinet – 14.10.2016, SOL Kulturbar, Mülheim – Konzertbericht

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Bericht und Bilder: Gernot Mangold

Der Auftritt in der SOL Kulturbar in Mülheim war der Auftakt für die Herbsttour 2016 von Minor Cabinet. Die Band hatte sich mit der Kulturbar eine schöne Location ausgesucht. Damit zunächst ein Kompliment für den Betreiber Hakan Mengil, der eine gemütliche Atmosphäre für Konzerte im eher intimen Rahmen, mit direktem Kontakt zu den Musikern geschaffen hat. Leider fanden sich nur etwa 50 Besucher ein, sodass der mit Stehtischen ausgestattete Raum nur zu einem Drittel gefüllt war. Den Appell, den man immer wieder hört, dass die lokalen kleinen Clubs zu Konzerten besucht werden sollen, gewann damit wieder einmal an Bedeutung, insbesondere da Minor Cabinet einen etwa zweistündigen Set spielten, der sowohl Freunde der Rockmusik, Bluesmusik, Folk und so genannter Independentmusik begeistern konnte.

Dass die Band kurzfristig noch die Reihenfolge der Setliste verändert hatte und nach „Secret“ mit „Fly Into The Sun“ begannen, kann auch in Verbindung mit dem Namen SOL Kulturbar gesehen werden und spiegelt die Spontanität der Band wider, wie auch ein zwischenzeitliches Geburtstagsständchen für eine Zuschauerin. Bei „Stationary“, welches fast a-capella vorgetragen wurde (nur Frontmann Julian Jasny begleitete mit der Akkustikgitarre), gelang es, das Publikum in einige Gesangspassagen einzubinden.

Julian moderierte humorvoll durch den Abend, in dem das im letzten Jahr veröffentlichte Album „Black Ink On White Sheets“ im Mittelpunkt stand und lieferte sich in den härteren Songs an der Gitarre mit Clemens Bombien einige Duelle, die das Publikum begeisterte. Bombien seinerseits beeindruckte sowohl mit gefühlvollen wie auch Hightemposoli mit unverkennbaren Bluescharakter die Zuschauer, was sich auch in Gesprächen nach dem Konzert widerspiegelte. Christian Peitz an den Keyboards erinnerte mit seinem Spiel in einigen Passagen an die Doors, „V1“ als Intro für „Fly Into The Sun“ von der letzten Scheibe „Black Ink On White Sheets“, hätte aber auch Bestandteil einer Southernrockband sein können. Roman Dönicke an den Drums und Paul Krobbach am Bass bildeten die souveräne Rhythmussektion, die die Basis für das Spiel der anderen Bandmitglieder bildete. Dabei hatten sie aber mehrfach die Möglichkeit, mit Soli ihr Können am Instrument zu zeigen, wie es sich für eine gute Rockband gehört.

Hervorzuheben ist, dass, bis auf „Addicted To You“ von Avicii und „Hard To Handle“, einem Otis Redding Song, den schon die Black Crowes coverten, nur eigene Kompositionen gespielt wurden, wovon einige bisher unveröffentlicht sind und so auch eine Grundlage für ein neues Album sein können. Als vorletztes Stück spielte Jasny zunächst allein akkustisch einen ganz neuen, eigenen Song, bei dem er am Ende durch Bombien mit einem Solo begleitet wurde, in dem die Gitarre zu singen schien. Beendet wurde das Konzert mit einer krachenden Version von „Running For Someone“.

Nach dem Konzert war der Abend aber für die Besucher und die Band noch nicht vorbei. In geselligen Runden unterhielten sich die Musiker mit Zuschauern und reflektierten den Abend. Interessant war ein Gespräch von Clemens Bombien und einem eingefleischten Bluesfan, der gar nicht glauben konnte, dass Bombien nur ein halbes Jahr Gitarrenunterricht hatte und sich den Rest mit musiklalischen Talent und Willen beigebracht hatte. Leider wird Clemens Bombien Minor Cabinet zum Ende des Jahres verlassen, was aber nicht das Ende der Band bedeutet. Es wird im nächsten Jahr mit einem neuen Saitenmann weitergehen, und vermutlich wird ein neues Album nicht lange auf sich warten lassen.

Wer also Minor Cabinet mit Bombien an der Gitarre noch einmal erleben will, muss sich beeilen und einen der Termine der Herbsttour (siehe Internetauftritt www.minorcabinet.com) besuchen. Es wird mit Sicherheit ein eindrucksvoller Abend, mit einer jungen dynamischen Truppe sein, die handgemachte Rockmusik mit Einflüssen aus anderen Genren präsentiert.

Des Weiteren erbringt man einen Anteil am Erhalt kleinerer Clubs, die den Musikfans die Möglichkeit geben, zu erschwinglichen Preisen Livemusik genießen zu können. Bedanken möchte ich mich an der Stelle auch für die problemlose Akkreditierung, den wirklich freundschaftlichen Empfang von allen Bandmitgliedern, die abendlichen Hintergrundgespräche und das Engagement von Hakan Mengil, der einen solch schönen Club betreibt.

Line-up:
Julian Jasny (lead vocals, guitars)
Clemens Bombien (lead guitar)
Paul Krobbach (bass)
Roman Dönicke (drums)
Christian Peitz (keys)

Minor Cabinet
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SOL Kulturbar Mülheim/Ruhr