Swamp da Wamp – That Easy – CD-Review

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Southern Rock-Fans sind ja bekannter Weise leidgeprüft, was das Dahinscheiden von Musikern ihres Genres betrifft. Allein, was das immer noch bestehende Aushängeschild der Zunft, Lynyrd Skynyrd, an Verlusten hinnehmen musste, kommt ja schon fast einem Fluch nahezu gleich.

Auch die kontinuierlichen Nachrichten z. B. über Gary Rossingtons Gesundheitszustand, oder wenn man Gregg Allman zuletzt gesehen hat, stimmen nicht gerade fröhlich, lassen aber immer das Beste erhoffen, konfrontieren einen mit fortschreitendem Alter aber auch zunehmend mit der eigenen Vergänglichkeit, die man ja eigentlich immer ganz gerne ausklammert.

Völlig überraschend kam für Außenstehende allerdings jetzt die Todesnachricht von Swamp da Wamp-Chef Gig Michaels (bürgerlicher Name Michael Giggey), der wenige Stunden vor seinem 52. Geburtstag an den Folgen einer fortgeschrittenen Lungenkrankheit, mittels einer schweren Lungenentzündung, letztendlich verstarb.

Und das fast zeitgleich mit dem physikalischen Erscheinen ihrer neuen CD „That Easy“, dem uneingeschränkten musikalischen Höhepunkt ihres bisherigen kreativen Schaffens. Bitter! Die Band bestehend aus Gig Michaels (lead vocals, acoustic guitar), Adrienne Nixon (supporting vocals), Keith ‚Wizzard‘ Inman (lead guitars), Nick Nyguyen (lead guitar, cello, violin), Rich Basco (bass), Jonathan ‚Chicken-hawk‘ Parker (drums), Duke Rivers (b-3, piano) und John ‚Junkyard‘ Ledford (guitars) hat nach drei immer besser werdenden Vorgänger-Werken, ähnlich wie Blackberry Smoke, eine atemberaubende, kontinuierliche Weiterentwicklung durchschritten.

Man muss sogar fast attestieren, dass die Truppe aus Charlotte, North Carolina, mit „That Easy“ drauf und dran ist (war), sich einen Spitzenplatz in der Phalanx der noch existierenden Südstaaten Rock-Bands zu erarbeiten.< Die Gründe hierfür liegen bei diesem Album auf der Hand. Gutes, abwechslungsreiches Songmaterial (bis auf einen Track alles Eigenkompositionen), ein charismatischer Lead-Sänger mit einer außergewöhnlichen Stimme, der sich atemberaubend gut mit seiner Supportsängerin ergänzt, ein immer besser eingespieltes Kollektiv mit vielen guten Instrumentalisten, bei denen keiner zu kurz kommt und letztendlich mit Glenn Tabor ein Produzenten, der es brillant verstanden hat, alles in einem wuchtigen, aber klaren, transparenten und modernen Sound zu vermitteln. Die insgesamt zehn Stücke, machen richtig Laune und vergehen wie im Flug. Der Opener „Fat Boy“ prescht richtig fett, mit allen Southern Rock-typischen Zutaten (klasse E-Gitarren, weibliche Harmonies, hallendes b-3, polternde Drums) ziemlich aggressiv vor sich hin, wenn man die eingebundene Fiddle mal Außen vor lässt. Auch “Devil In My Whiskey“ mit Skynyrd-, Molly-, Doc Holliday-Ingredienzen rockt wuchtig.

Das Biker-transforme „Three Wheels“ besteht partiell aus Allman-typischen Orgel-E-Gitarren-Tushs (Intro, Mitte, Ende) die Zwischen-Parts erinnern dezent an eine Symbiose aus Skynyrds „T For Texas“ und Mollys „Whiskey Man“. Bei „My Drinking Song“ ist der Titel Programm. Ein Lied, das man auf dem Höhepunkt einer jeden biergeschwängerten Party zum Mitgrölen laufen lassen kann und auch zukünftig dazu nutzen kann, Gig Michaels ehrfurchtsvoll im Rock’n’Roll-Heaven zuzuprosten.

Der Titelsong „That Easy“, von Gig und Adrienne gemeinsam performt, ist eine grandiose, episch anmutende Südstaaten Rock-Ballade, die unter die Haut geht. Mit ‚Axel Rudi Pell goes Southern‘ könnte man sie fast umschreiben. „I don’t wanna go down that easy“ singt Gig voller Inbrunst, ob er da schon eine gewisse Vorahnung hatte?

Mein Lieblingssong ist das fluffige countryeske „Changes“ mit klasse Harmonies von Nixon und einer herrlichen „E-Gitarren/Bruce Hornsby-Piano-Klimper-/Dobro-/Fiddle-Staffette im Solo-Teil. „Rollin’“ und auch „I Am“ stampfen wieder wie ein Bulldozer, fette E-Gitarren/-Soli, wie man sie von Molly und Skynyrd liebt, inbegriffen. Southern Rock der großen Schule, perfekt für’s Live-Programm.

Die Kammermusik-artige Piano-Ballade (emotionales Duett von Gig und Adrienne) „Happy Anniverary“ macht im Zusammenhang mit dem tragischen Ereignis unendlich traurig. Man kommt nicht umhin, sich eine kleine Träne aus dem Auge zu drücken. Rivers‘ Pilly Powell-mäßiges, an „Free Bird“ angelehntes Pianospiel erzeugt Gänsehaut, ein schöner Song vielleicht für Gigs Beerdigung.

Swamp da Wamp entlassen den Hörer mit der swampigen Neuauflage von Jason Aldeans „She’s Country“ und beweisen, wie herrlich Southern Rock und New Country in Einklang zu bringen sind, wenn gute Musiker am Werk sind. Auch hier bildet Adrienne Nixon erneut einen starken Konterpart zu Gig Michaels.

Der vierte Longplayer „That Easy“ hat (hätte) Swamp da Wamp im Southern Rock auf eine ganz hohe Ebene gehievt. Eines der besten Alben des Genres im neuen Jahrtausend. Der tragische Tod ihres charismatischen Bandleaders hinterlässt nicht nur menschlich im familiären Umfeld, sowie den SR-Fans und der Musik allgemein, eine weitere, große Lücke.

R.I.P. Gig Michaels

Eigenproduktion (2015)
Stil: Southern Rock

01. Fat Boy
02. Devil In My Whiskey
03. Two Wheels
04. My Drinking Song
05. That Easy
06. Changes
07. Rollin‘
08. I Am
09. Happy Anniversary
10. She’s Country

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Bärchen Records