Dead Bronco – 04.07.2017, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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Dadurch bedingt, dass ich erst am 02.07.2017 aus Zeeland zurückgekehrt war, befand ich mich eigentlich noch so ein wenig im Urlaubsmodus, zumal ich mich erst nächsten Montag wieder meiner ‚lebenserhaltenden‘ Arbeit zuwenden muss.

Kollege Gernot schickte eine spontane Mail, ob wir nicht kurzfristig zu Dead Bronco in unsere geliebte knuddelige Rampe fahren sollen. Na ja, warum nicht, dachte ich, und so zogen wir am Dienstag Abend für die uns beiden völlig unbekannte amerikanisch-spanische Formation, Richtung Krefeld los.

Kopf des seit 2012 bestehenden Quintetts ist der aus Florida stammende, nach Spanien übergesiedelte Matt Horan, der mit Dani Merino,  Manu Heredia,  Oscar Calleja und Danel Marín mittlerweile drei Alben und eine EP vorweisen kann. Kleine weitere interessante Randnotizen zur Band : Horan hat eine Schauspiel-Neben-Rolle im 2016er Horrorfilm „The Night Watchmen“ ergattern können und die Band ist Labelinhaber einer Biersorte ‚La Bronca‘.

Bei unserer Ankunft erlebten wir zunächst wie Rampen-Kultfigur und Tattoo-Studio-Besitzer Mario Scholten, aufgrund eines personellen Engpasses, Dienst an der Kasse schieben musste. Er hatte sicher seine helle Freude, als der im Unterhemd bekleidete und reichhaltig am Körper verzierte Bandleader mit seinen Jungs um 20:45 Uhr die Bühne betrat.

In der kleinen Krefelder Location scheint sich in Sachen Country peu à peu eine Countryfangemeinde zu bilden und so konnte Rampen-Chef Pille Peerlings zur Ansage knapp 60 Zuschauer für einen Dienstag in der Woche begrüßen. Recht ordentlich, wie ich meine.

Horan und Co. arbeiteten dann in einem 27 Stücke umfassenden, schweißtreibendem Programm sämtliche Facetten des traditionell gespielten Country ab, wobei der Fokus auf ziemlich abgehenden, oftmals punkig angehauchten Stoff dieser Art gelegt wurde. Der hohe Anteil an Uptemponummern trug natürlich erheblich dazu bei, dass viele der Anwesenden, vor allem einige Frauen, richtig in Tanzwallung gerieten.

Die Stimmung war somit prächtig, weshalb letztendlich auch noch satte vier Zugaben (u. a. das starke, an die Skynyrdsche Version von „T For Texas“ erinnernde „Working Man Blues“ und das launige „Hillbilly Joker“) aus der Band herausgeholt wurden.

Lobenswert finde ich, dass die fünf Burschen ihr neues Album „Bedridden And Hellbound“, laut meinen Notizen, so gut wie komplett vorstellten und bei den Covernummern auf unbekanntere, bzw. eigenwillige Tracks wie z. B. „False Hearted Lover’s Blues“ von Hank Williams sr., Merle Haggards „Mama Tried“ (mit klasse Bariton-E-Solo) oder Glenn Danzigs „I’m The One“ zurückgriffen.

Als weitere Earcatcher habe ich Stücke wie den in Bakersfield-Manier gebrachten Heuler „My True Love“ (hier geht es um Bier, nicht um eine Frau…), den dezent ZZ Top-angelehnten „Make My Eyes Bleed Boogie“, das nach sich selbst benannte, ein wenig mit „Ghost Riders In The Sky“-Flair bedachte „Dead Bronco“, das polternde „Mudd The Demon“ (schönes bluesiges Bridge plus quirligem E-Solo) und das sich am Ende des Hauptteils fast selbst überschlagene punkige „Penitent Man“ (Horan schreit, tanzt und headbangt) vermerkt.

Insgesamt auch eine sehr geschlossene Bandleistung. Horan gab sich als Führungspersönlichkeit sehr kommunikativ und erzählte oft kleine Anekdoten zu den Songs. Die Rhytmusfraktion mit dem solide polternden Danel Marín wurde natürlich durch den Upright Bass von Oscar Calleja auch visuell bereichert, für das Solieren waren der quirlig, auf einer markanten Gretsch-Gitarre spielende Manu Heredia und sein kongenialer, recht introvertiert wirkende Partner an der Lap Steel, Dani Merino, verantwortlich, die auch beide vereinzelt Harmonie-Gesänge beisteuerten.

Wer auf launigen, recht ruppig und größtenteils fett abgehend gespielten Country der traditionelleren Sorte steht, hat in den nächsten Tage nur noch zweimal die Gelegenheit,  Dead Bronco in unserem Lande beizuwohnen. Für Gernot und mich war es eine unterhaltsame Abwechslung zu Beginn der Woche, deren Besuch sich durchaus gelohnt hatte. Ein quicklebendiger Gig von Dead Bronco!

Line-up:
Matt Horan (lead vocals, acoustic guitar)
Dani Merino (lap steel, vocals)
Manu Heredia (electric guitar, vocals)
Oscar Calleja (upright bass)
Danel Marín (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Dead Bronco
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Kulturrampe Krefeld

The Delta Saints – 02.07.2017, Yard Club, Köln – Konzertbericht

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Endlich mal wieder in der schönsten Stadt Deutschlands, wie die Gäste im Müngersdorfer Stadion beim Fußball begrüßt werden. Mein Weg führte mich allerdings in den schummrigen Yard Club im Kölner Norden zum Konzert der Delta Saints aus Nashville, zum zweiten Teil der „Monte Vista„-Tour. Im Fußball lag vermutlich auch der Grund, dass der Club nur etwa zur Hälfte gefüllt war, da zeitgleich die deutsche Nationalmannschaft um den Confed Cup spielte.

Pünktlich gegen 20:15 Uhr legte das Quintett los und zog direkt die Anwesenden mit dem groovenden „Heavy Hammer“ vom 2014er Album „Bones“ in ihren Bann, wobei sich Ben Ringel ohne Gitarre ganz auf den Gesang konzentrieren konnte. Danach präsentierte die Band zunächst „Burning Wheels“ und es wurde etwas psychedelischer. Dazu passte auch der Titelsong „Bones“ vom 14er Album. Mit „California“ nahm das Konzert richtig Fahrt auf und das Publikum ging fast tanzend mit. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wusste jeder der Anwesenden, dass er/sie den Gang in den Yard Club nicht zu bereuen brauchte.

Das traf sowohl auf die Zuschauer, wie auch die Band zu. Ben Ringel moderierte sichtlich gut gelaunt und humorvoll durch die Songs, Dylan Fitch entlockte seinen Gitarren mit einem Dauerlächeln und Zwinkern ins Publikum in jedem Song gekonnte Solis.  David Supica am Bass, mal in sich gekehrt, mal extrovertiert, legte mit dem sichtlich gut gelaunten Vincent Williams an den Drums eine kräftige Rhytmusgrundlage, die den beiden Gitarristen die Möglichkeit gab, sich in abwechslungsreichem Saitenspiel auszutoben. Last but not least, bereicherte Nate Kremer mit seinem gekonnten Wirken an den Keyboards auf dieser Tour die Band. Hier war dann auch die Nähe zu den psychedelischen Led Zeppelin und David Bowie erkennbar.

Weiter ging es unter anderem mit „Dust“ und „Berlin“ aus dem Album „Bones“, was zusammen mit dem aktuellen Longplayer „Monte Vista“ im Mittelpunkt der Setliste stand.  Mein persönlicher Höhepunkt des Konzerts war „Spaceman“, eine Hommage an den im letzten Jahr verstorbenen David Bowie, das auch durchaus in eines der Konzerte des Meisters gepasst hätte.

Mit „3000 Miles“, „Butte La Rose“ sowie „Nola“ wurde das furiose Finale des Hauptacts eingeläutet. Bei letztgenanntem konnte Supica am Bass mit einem ausladenden Solo glänzen, ehe Kremer an den Keyboards mit einstieg und eine fast jazzige Einlage gab. In diesem Instrumental konnten alle Bandmitglieder ihre spielerischen Fähigkeiten in Soloeinlagen eindrucksvoll präsentieren.

Nach einer lautstark geforderten Zugabe war nach etwa 100 Minuten ein kurzweiliger Konzertabend beendet und sichtlich zufriedene Besucher verließen den Yardclub, wobei sich die fünf Protagonisten noch etlichen Unterhaltungen stellen. Man konnte gelebte Nähe zu den Fans sehen, was eben immer das große Plus dieser kleinen, aber feinen Clubkonzerte ist.

Das Fazit des Konzerts mit den Delta Saints im Yard Club ist, dass alle einen phantastischen Abend hatten, keiner sein Kommen zu bereuen brauchte und handgemachte Livemusik von begnadeten Künstlern immer wieder ein Erlebnis ist.

Wer für die folgenden Konzerte noch überlegt, die Delta Saints zu besuchen, wird nicht schlecht beraten sein, den Weg dorthin zu machen. Die, die in der ausverkauften Kulturrampe am Mittwoch eine Karte ergattert haben, können sich auf etwas Großartiges einstellen. Das konnte auch Pille, der Betreiber der Krefelder Location, der den Weg nach Köln gemacht hatte, mit eigenen Ohren/Augen erfahren. Es sollten genug Erfrischungsgetränke kaltstellt werden und die Ventilatoren angeschmissen werden! Wird sicher ’ne heiße Sache!

Vielen Dank auch an Markus Neu vom Yardclub für die sehr kurzfristige unproblematische Akkreditierung. Es hat Spass gemacht, den Laden zu besuchen! Gerne wieder!!!

Line-up:
Ben Ringel (lead vocals, guitars, percussion)
Dylan Fitch (electric guitar)
David Supica (bass)
Vincent “Footz” Williams (drums)
Nate Kremer (keys, percussion)

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Teenage Head Music
Yard Club Köln

The Steel Woods – Straw In The Wind – CD-Review

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So langsam beginnt das Jahr in Sachen neuer Southern Rock-Musik, Fahrt aufzunehmen. Bisher waren die richtig starken Momente da eher rar gesät, vor allem was Newcomer angeht, wurde man bisher weitestgehend auf die Folter gespannt.

Mit den in Nashville ansässigen The Steel Woods, bestehend aus Wes Bayliss (vocals, electric/acoustic/baritone guitars, piano, dobro, keys, harmonica),
Jason “Rowdy” Cope (electric and acoustic guitars, bass guitar, piano, percussion),  Jay Tooke (drums and percussion) und  Johnny Stanton (bass) darf unsere Fangemeinde sich jetzt über ein famoses Debüt mit dem Titel „Straw In The Wind“ freuen. Klasse, was die Burschen da musikalisch auf den Weg gebracht haben.

Markenzeichen es Quartetts ist die Vermischung ihres Southern Country Rocks (Marke Skynyrd, Molly Hatchet, Outlaws, Blackberry Smoke, Whiskey Myers) mit ganz dezenten metallisch/episch/gothischen Tinkturen a la Metallica, Pearl Jam, Soundgarden, Nickelback & Co. (fallen mir da spontan ein), aber so wunderbar fein dosiert integriert, dass es nie nervt.

Eine knarzige Dobro leitet das wie einen düsteren Marsch zum Schaffot wirkende und dahinstampfende „Axe“ ein, dem auf dem Fuße das grandiose „Better In The Fall“ folgt, das ein ähnliches episches Flair wie „Devil’s Canyon“ oder „The Journey“ von Molly Hatchet versprüht.

Das recht reduzierte „The Well“ wirkt schon fast kammermusikartig und nimmt trotzdem atmosphärisch gefangen, besonders wenn die Instrumente einsetzen. Beim countryrockenden „Della Jane’s Heart“ kommt einem sofort der Klassiker „Ghost Riders In The Sky“ in den Sinn, wirkt wie ein modernes Update. Grandios hier das quirlige E-Gitarren-Solo.

Auch der Titelsong geht in Richtung Magengrube. Dumpfes Glockenläuten und beklemmer Erzählgesang  von Wes Bayliss lassen unweigerlich Assoziationen zu Tracks wie „Cold Harbour“ von den Outlaws oder  „The Last Rebel“ von Skynyrd aufkommen. Dafür bietet „Uncle Lloyd“ dann mal klassischen trinkfreudigen Southern Rock mit den typischen E-Gitarren-Soli.

Das eigenwillig mit Streichern konstruierte, wieder fast kammermusikartig angelegte „The Secret“ bildet die Mittellinie des Werkes, hier kommt auch erstmals Lindi Ortega mit Harmoniegesägen zum Einsatz, die dann erneut beim überragenden Rausschmeißer „Let The Rain Come Down“ ‚Uhuhuhs‘ und ‚Mhmhmhs‘ (am Ende) dazuhaucht.

Das beschwingt verliebt klingende „I’m Gonna Love You“ war von Bayliss mal als „Long Road“ konzipiert, wurde aber nach einer Idee von Jason Cope umgeschrieben (die beiden haben den Silberling übrigens auch produziert). Das countryeske, mit weinender Steel und klarer Akustikgitarre gespickte „If We Never Go“ überzeut sowohl durch Melodie als auch Melancholie.

„Wild And Blue“ mit leicht nachsingbarem Refrain und schön quäkender Harp (inkl. zweier Soli) hebt die Stimmung, während das brillante „Whatever It Means To You“ wieder Skynyrd-Ambiente Marke „Voodoo Lake“ (fulminantes Slide-E-Solo) verbreitet. Passend zu den gothischen Ingredenzien wurde Black Sabbath „Hole In The Sky“ in einen zünftigen Southern Blues Rocker umfunktioniert (mit psychedelischem Zwischenpart sowie starkem E-Solo von Cope). Toll gemacht, bevor das bereits erwähnte, wie das flehende Gebet eines südstaatlichen Farmers im Angesicht einer drohenden Dürre, wirkende „Let The Rain Come Down“ einen überragenden Abschluss bildet. Mit einem typischen E-Gitarrenfinish hätte man das Stück sogar hymnenhaft gestalten können.

Fazit: Mit „Straw In The Wind“ setzen The Steel Woods“ ein ganz fettes Ausrufezeichen in der Southern Rock-Saison 2017! Eine eigenwillige Kombination vieler bekannter Country- und Southern Rock-Strukturen mit ganz dezenten Gothic-Melodic-Metal-Einflüssen bilden fast ein Alleinstellungsmerkmal in der Szene. 13 tolle Songs ohne jeden Hänger oder Füller, dazu das beste Lied am Ende als bleibendes gedankliches Haftetikett! Alles richtig gemacht, Kompliment an The Steel Woods!

Woods Music (2017)
Stil: Southern Rock

01. Axe
02. Better In The Fall
03. The Well
04. Della Jane’s Heart
05. Straw In The Wind
06. Uncle Lloyd
07. The Secret
08. I’m Gonna Love You
09. If We Never Go
10. Wild And Blue
11. Whatever It Means To You
12. Hole In The Sky
13. Let The Rain Come Down

The Steel Woods
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Bärchen Records

Them Vibes – Electric Fever – CD-Review

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Them Vibes, eine weitere Band aus der Musikerschmiede Nashville, bringen mit „Electric Fever“ ihren zweiten Longplayer in der seit 2013 bestehenden Bandgeschichte heraus. Sie gründeten sich in der Underground Rockszene East Nashvilles, ein erstes Indiz dafür, dass nicht der typische Nashville-Sound zu erwarten ist. Them Vibes sind auch nicht dem klassischen amerikanischen Mainstream zuzuordnen. Auf diesem Werk sind ganz klar die Einflüsse der frühen Stones- und Beatles-Ära zu hören, aber auch Southern Rock-Ingredienzien à la Black Crowes.

Beim Opener „Shoot The Messenger“ fühlt man sich zu Beginn an die Glamrock-Ära im Stile von T Rex zurückversetzt, während der folgende Titelsong „Electric Fever“ eine gelungene, funkig-soulig gespielte, durchaus radio- und Rockdisko-taugliche Nummer ist.

Die folgenden, eher ruhigen Songs mit klar erkennbarem Southern Rock-Touch schließen im gewissen Sinne die Lücke, die die Black Crowes hinterlassen haben. Dabei sind in den Songs immer wieder psychedelische Akzente gesetzt, die auch aus den Federn der Stones, Beatles oder Led Zeppelin hätten stammen können. Schön ist, dass es dem Quintett dabei aber gelingt, einen eigenen modernen Stil zu entwickeln und man nicht in die Richtung einer Art Coverband abdriftet.

Mit „Hangin“ wird es dann eine Spur härter. Hier wird aufgezeigt, dass Rock’n’Roll noch lebt. Wie es sich für Bands aus dem Rockgenre gehört, ist mit „Stay“ auch eine eher getragene Hymne, die früher die Feuerzeuge, heute die Taschenlampenfunktion der Handys aktiviert. Den Abschluss bildet mit „Waiting On The Gold“ ein akkustischer Song, der einem Country-umwobenen Nashville-Track am nächsten kommt.

Them Vibes ist mit „Electric Fever“ ein abwechselungsreiches Album gelungen, welches durch die vielen stilistischen Einflüsse niemals langweilig wird und dennoch in gewisser Weise einen roten Faden erkennen lässt. Wer auf modernen Southern Rock und Rockmusik im Stile der alten Sones und Beatles steht, wird auf der Scheibe mit Sicherheit einige Lieder nach seinem Geschmack finden.

Schön wäre, wenn es Teenage Head Music gelänge, die Band nach Europa zu lotsen, da bei dem Material ein abwechselungsreiches gitarrenorientiertes Livegewitter zu erwarten ist.

Alex Haddad – guitars
Larry Florman (Brother Love) – vocals
Kyle Lewis – guitar
Judd Fuller – bass
Sarah Tomek – drums

Review: Gernot Mangold

Teenage Head Music (2017)
Stil: Rock

01. Shoot The Messenger
02. Electric Fever
03. Love Will Never Fade Away
04. Who Do You Love
05. Comin Down On You
06. Sha La Loo Ya
07. Dance All Night
08. Hangin
09. Out Of The Blue
10. Stay
11. New Religion
12. Waiting On The Gold

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Teenage Head Music

The Vegabonds – 16.06.2017, Krefeld, Kulturrampe – Konzertbericht

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The Vegabonds in der Krefelder Kulturrampe! Eine Band, auf die ich mich schon geraume Zeit gefreut habe, weil ich ihre Entwicklung eigentlich seit Anbeginn ihres Treibens mitverfolge. Schön, dass ich jetzt endlich mal die Gelegenheit hatte, sie live zu erleben, nachdem ich bei ihrem letzten Deutschland-Besuch verhindert war.

Wie wir von Teenage Head Tour-Manager Dieter ‚Heavy-d‘ Bossaerts vor dem Gig erfuhren, hatte der Nachmittag für die Jungs gar nicht gut begonnen. Keyboarder Beau Cooper kannte sich mit den elektrischen Begebenheiten unseres Landes nicht ganz so aus und hatte, mangels eines angebrachten Adapters, erstmal sein Arbeitsgerät mutmaßlich komplett in die ewigen Jagdgründe geschickt.

Rampentechniker ‚Mondo Hausmeister‘ konnte aber noch auf die Schnelle, ein Ersatz-Keyboard organisieren. Cooper hatte dann zu Anfang auf dem ungewohnten Teil, auch erstmal so seine Probleme, mit den richtigen Klängen ins Spiel zu finden. Beim Begutachten der Bühne vor dem Konzert fiel mir allerdings zunächst die wunderschön manuell gestaltete Trackliste ins Auge. Ich kann mich eigentlich nicht erinnern, je mal ein so liebevoll handschriftlich und skizziertes Teil in dieser Hinsicht gesehen zu haben.

Pünktlich um 21:00 Uhr schritt Markus ‚Pille‘ Peerlings zu kurzen knappen Ansage und die fünf Burschen (Daniel Allen, Richard Forehand, Beau Cooper, Paul Bruens und Bryan Harris) läuteten ihre, in zwei Sets (jeweils gut eine Stunde dauernd) geteilte New South Rock-Show auf dem Fuße, mit dem sehr melodischen, durchaus radiotauglichen „Where We Used To Go“ von ihrem aktuellen Longplayer „What We’re Made Of“ ein.

Der kam natürlich mit weiteren Songs wie „Best Of Me“ (stoneskes Powerstück, fettes Finale), „Ghost Town“ (atmosphärisch, Slidespiel), „Blood To Roam“ (Black Crowes-Flair), dem Titelstück (Bariton-E-Gitarre, klasse E- und Piano-Solo-Stafette), „Oh My Lord“ (poppig, schöne Tempowechsel), „Cruise On“ (slidende Telecaster, mit ordentlich Dampf am Ende) und  „Hope She’s Still Mine“ (swampiger Stampfer) reichhaltig zum Zuge.

Erwähnenswert im ersten Set sind noch die am selben Tag veröffentlichte neue Single des Quintetts „Long Haired Country Boy“ (eigenwillig interpretierte Charlie Daniels-Cover-Nummer mit kurzem „Jessica“-E-Gitarren-Übergang in „Midnight Rider“ zu Ehren des kürzlich verstorbenen Gregg Allman), mein Favorit des Abends, das fluffige, Red Dirt-umwehte „The Wanderer“ und das neue Stück „Help Is On The Way“ (melodische E-Gitarren-Hook), das beweist, dass Allen & Co. weiterhin auf hohem kreativen Level tätig sind.

Im zweiten Abschnitt zeigte besonders der überragende Richard Forehand (unaufgeregt, aber ungemein quirlig, filigran und sehr Southern-typisch spielend) bei „Gimme Shelter“ den längst ihren Absprung verpasst habenden alten Herren, was man heutzutage gitarrentechnisch aus ihren Songs herausholen kann.

Höhepunkt hier sicher das 70ies-mäßige „Ballad Of The Movers And Shakers“ in das zur Freude von Fotograf und Freund klassischen und psychedelischen Liedgutes, Gernot Mangold, noch „Whole Lotta Love“ von Led Zeppelin eingebunden wurde. Stark gemacht! Ein toller Abschluss des Hauptteils.

Spätestens jetzt machte das begeisterte Publikum richtig lautstark Alarm und es gab mit dem Skynyrd-umwehten „Georgia Fire“ und dem dezent rootsigen „American Eyes“ noch zwei Zugaben.

Auch wenn, wie auf der Trackliste (die im Laufe des Konzerts doch leicht modifiziert wurde) aufgeführt, das eigentlich als Rausschmeißer vorgesehene „The Hammer“ nicht mehr performt wurde (vermutlich angesichts der schon späten Stunde und der bevorstehenden 600 km-Fahrt am nächsten Tage Richtung Osten), hatten die Vegabonds – und da waren sich wohl alle einig – ein Hammer-Konzert in der Kulturrampe abgeliefert!

Line-up:
Daniel Allen (lead vocals, acoustic guitar)
Beau Cooper (keys, vocals)
Richard Forehand (electric guitar, vocals)
Paul Bruens (bass)
Bryan Harris (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

The Vegabonds
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Teenage Head Music
Kulturrampe Krefeld

Modern Earl – 07.06.2017, Freilichtbühne, Mülheim an der Ruhr – Konzertbericht

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Ein gutes halbes Jahr, nachdem ich die Southern Rock-Band Modern Earl im Dortmunder Blue Notez Club zum ersten Mal erlebt hatte, stand der hier, in unserem Land, recht umtriebige Vierer aus Tennessee, bestehend aus Bandchef Christopher ‚Earl‘ Hudson, Ethan Schaffner, Ben Hunt und Dan Telander, erneut auf dem Programm, diesmal mit fotografischer Unterstützung von Freund Gernot, für den die Amis absolutes Neuland waren.

Der gemeinnützige Verein Regler-Produktion mit seinem Vorsitzenden Hans-Uwe Koch (mittlerweile dank Spenden und einiger Sponsoren auch in ein paar soziale Projekte involviert), hatte im Rahmen seiner Mittwochs-Reihe, in die, durch ihn betreute, historische Freilichtlichtbühne (errichtet 1936) in Mülheim an der Ruhr, zur Open Air-Southern Rock-Party geladen.

Während des Tages hatte ich angesichts der zwischenzeitlichen Regengüsse und des, für den Abend, angesagten kräftigen Windes noch so meine Befürchtungen, dass der Aufwand für die Veranstaltung, bei freiem Eintritt, finanziell den Beteiligten nicht gerecht würde und unter Umständen in kalte Tristesse münden würde, zumal Modern Earl jetzt auch nicht gerade unbedingt zu den allseits bekannten Helden der Szene zählen.

Aber die geografisch günstige, windgeschützte Lage der kleinen Bühne (etwas erhöht und seitlich gelegen von dem eigentlichen Amphitheater-ähnlichen Hauptschauplatz, umrandet von kleinen Getränke- und Imbissbuden) im ehemaligen Steinbruch und eine auf der Hinfahrt bereits aufkommende Wetterbesserung zerschlugen die Bedenken. Lediglich eine, sich kurz mit ein paar dicken Tropfen meldende, aber dann sofort wieder verziehende Regenwolke im ersten Set, ließ nochmal kurz den Atem anhalten.

Womit ich allerdings überhaupt nicht gerechnet hatte, war schließlich das Besucheraufkommen. Die mir bis dato völlig unbekannte Location scheint im Laufe der Zeit ein treues Stammpublikum aufgebaut zu haben und so umsäumten den Vorbühnenplatz und die anliegende Wiese des Parks innerhalb der Woche fast 500 Zuschauer (!) aus allen Altersschichten, die ihr Kommen dann absolut nicht bereuen sollten. Auch das prima aufspielende Quartett aus dem Süden der USA dürfte sich somit über eine stattliche ‚per Hut rumgehende‘ Gage gefreut haben.

Modern Earl zogen ihr, in zwei Sets geteiltes Programm, ähnlich wie im Blue Notez durch. Im ersten Teil standen Tracks wie „Whiskey On The Table“ (mit schönen Tempowechseln, Marshall Tucker-Flair), das swampig stampfende „Catfish And Titties“, „Rocky Top“ (Gitarrist Ethan Schaffner am Banjo), mein Lieblingsong der Band, das melodische „Blame The Bottle“ (mit kurzem „Can’t You See“-Intermezzo), Coverstücke wie „Angels From Montgomery“ (der vielseitige Schaffner mit Lap Steel-Slide-Einlagen), „I Know You Rider“ und „Young Blood“, sowie die starke, dezent psychedelische Eigenkreation „Devil’s Playhouse“ (klasse Wah-Wah-E-Gitarren-Solo) zu Buche.

Nach zehn-minütiger Pause gaben die Burschen auch in Part 2 weiter unvermindert Gas und zogen die, zum Teil begeistert vor der Bühne tanzenden und mitsingenden Leute, mit Songs wie „Hot Damn“, die ineinander übergehenden „Dixie“ (im Acapella-Stil) und „Hillbilly Band“, dem groovenden „Road Trippin‘“, dem grandiosen hymnischen „Whiskey Sister“ (mit Southern Rock-typischen E-Gitarrenfinale“ – klasse Twins von Leader Christopher Earl Hudson und Schaffner), der Uptemponummer „Backwoods Betty“ (inkl. Mitsing-Interaktion nach vorhergehender Einweisung durch den ‚Earl‘) sowie dem Countryheuler „Bloody Mary Morning“ (kräftiges Drum-Solo von Telander) mit angeschlossenem „T For Texas“ (Schaffner slidet mit einer Bierflasche) endgültig auf ihre Seite.

Klar, dass mit „Gone To The Country“ und “American Band” da noch zwei Zugaben ‚fällig‘ waren. Ein starker Auftritt von Modern Earl, der sicherlich noch für den einen oder anderen Kauf ihrer CDs, darunter natürlich auch der aktuell angepriesene „Loud And Proud“-Live-Silberling, gesorgt haben dürfte.

Insgesamt eine astreine Werbung für eine mit viel Liebe und ehrenamtlicher Leidenschaft gepflegte, wunderschöne Location mit stimmungsvollem und geschichtsträchtigem Ambiente, als auch für den Nashville-Vierer in eigener Sache und den Southern Rock ganz allgemein. Zu solchen herrlichen Anlässen kommen wir in jedem Fall immer gerne wieder!

Line-up:
Christopher ‚Earl‘ Hudson (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Ethan Schaffner (electric guitar, banjo, lap steel, vocals)
Ben Hunt (bass, vocals)
Dan Telander (drums, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Bericht: Daniel Daus

Modern Earl
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Regler Produktion e.V.

Eli Young Band – Fingerprints – CD-Review

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Von einem texanischen College-Vierer zur Platin-dekorierten Nashville-Band – die Eli Young Band hat zweifelsohne eine atemberaubende Entwicklung hingelegt. Was einst in North Denton im Red Dirt-Genre begann hat sich peu à peu zu einem national, wie international, perfekt zu vermarktenden Schlager im New Country/Country Rock-Bereich entwickelt. Ja, man kann sagen die EYB ist mit fast der einzige, aus der Red Dirt-Sparte nach Music City vereinnahmte Act, der sich dort auch kontinuierlich behaupten und halten konnte.

Nach der 2015 nur digital veröffentlichten EP „Turn It On“ sind die Herren Mike Eli, James Young, Chris Thompson und Jon Jones jetzt mit „Fingerprints“ wieder mit einem kompletten Album, und zwar dem 6. ihrer Karriere, am Start. Ähnlich wie neulich bei den Rascal Flatts, bekommt man auch bei der Eli Young Band auf diesem neuen Werk genau das auf den Punkt geliefert, was diese Gruppe schon immer ausgezeichnet hat: Einen wunderbar melodischen Mix aus Red Dirt- und New Country-Zutaten, verpackt in elf fast ausnahmslos radiokompatible Tracks, getragen von Mike Elis markanter Stimme mit 100% Wohlfühlfaktor. Konstanz, Verlässlichkeit und nicht nachlassende Qualität sind die Erfolgskomponenten.

„Saltwater Gospel“ heißt der Opener, der auch die erste Single abgibt. Wie der Titel es schon andeutet, wurde der eingängige, recht euphorische Refrain mit dezent gospeligen Harmoniegesängen angereichert. Klasse an diesem Album ist, dass die Protagonisten, die Wurzeln ihrer Anfangszeiten nicht ganz außer Acht gelassen haben. Das swampige Titelstück mit seinem leichten psychedelischen Touch, hätte sich auch gut auf ihrem damaligen „Level“ gemacht.

Ganz stark ist die Hommage an die Tracks der guten alten Zeit mit „Old Songs“. Eine sehr reduziert gehaltene Countryballade mit viel Texas-Flair (mit typischen weiblichen Harmoniegesängen von Carolyn Dawn Johnson), und einer durchaus Southern Rock-kompatiblen Slide-/E-Gitarren-Solo-Kombination. Carolyn Dawn Johnson begeistert dann nochmals auf dem melancholischen „God Love The Rain“ (mit orientalisch anmutenden Akustikgitarren-Zwischenfills). Das rootsige „Skin & Bones“ (teilweise mit wunderbarer Akkordeon-Untermalung) trägt die Handschrift von Co-Writerin Lori McKenna und würde auch perfekt zu einem Will Hoge passen.

Die restlichen Stücke wie „Never Again“, „Drive“, “Once”, “A Heart Needs A Break“ und “Never Land” mit ihren eher poppigen, teilweise sogar tanzbaren Rhythmen und Powerrefrains werden auf niveauvolle Art dem Anforderungsprofil des Mainstreams in punkto Massenkompatibilität gerecht. Zum Abschluss begeistern Eli Young & Co. nochmal mit dem Heartland-umwobenen „The Days I Feel Alone“, das man sich auch gerne von einem Tom Petty mal anhören würde.

Die Eli Young Band hat mit ihren neuen Longplayer „Fingerprints“ erneut einen markanten und nachhaltigen Fingerabdruck im hart umkämpften New Country/Country Rock-Geschäft hinterlassen. Das kreative Cover-Artwork mit allen Texten, zwei Bandbildern und allen restlichen Infos wurde dazu mit dem Titel perfekt in Einklang gebracht. Die erkennungsdienstliche Behandlung ergab somit ein rundum gelungenes Album!

Valory Music (2017)
Stil: Red Dirt / New Country

01. Saltwater Gospel
02. Fingerprints
03. Never Again
04. Old Songs
05. Drive
06. Skin & Bones
07. A Heart Needs A Break
08. Once
09. Never Land
10. God Love The Rain
11. The Days I Feel Alone

Eli Young Band
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Universal Music

Joanne Shaw Taylor, 14.05.2017, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

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Noch ganz unter dem Eindruck des kurz nach Mitternacht zu Ende gegangenen Blues Alive Festivals mit Diva Layla Zoe, Schwergewicht Danny Bryant und dem, nach seiner Lebertransplantation schwer gezeichneten, aber gewaltig aufgetretenen Walter Trout, stand zum Abschluss der Woche mit Joanne Shaw Taylor nochmal die unverbrauchte, nahezu jugendlich wirkende Variante des Blues Rocks im schönen Dortmunder Musiktheater auf dem Programm.

Dabei hat die noch so mädchenhaft wirkende 31-jährige britische, von Dave Stewart entdeckte Dame, seit 2009, bereits sechs Alben eingespielt und wurde von keinem geringeren als Joe Bonamassa  schon als ‚a superstar in waiting‘ bezeichnet. Die hatte mit ihren Mitstreitern Luigi Casanova (mit kunstvoll aufgedrehter Rastazopfmähne), Kraftpaket Oliver Perry und dem vielseitigen Drew Wynen ihr aktuelles, in Nashville aufgenommenes Studiowerk „Wild“ im Schlepptau, das, wie sie stolz verkündete, zum ersten Mal mit Top-20-Charterfolgen bedacht worden ist.

Genau wie auf dem Album, begann sie ihre Show mit „Dyin‘ To Know“, das mit seinem swampigen Intro und dem treibenden Boogiegroove, schon eine ganz unterschwellige ’südstaatliche Amerikanisierung‘ ihres Sounds andeutete (sie benutzte zudem ausschließlich Telecaster- und Les Paul-E-Gitarren für ihr Spiel), was unserem Magazin ja durchaus nicht unangenehm ist. Diese blitzte immer mal wieder im weiteren Verlauf sporadisch auf (z. B. wenn Wynen slidete und Joanne in kurz Twins verwickelte), war aber insgesamt nicht omnipräsent.

Überwiegend blieb sie, bis auf einige Stevie Ray Vaughan-Reminiszenzen („Time Has Come“), dem Stil ihrer Heimat treu. Das rockig powernde „Nothing To Lose“, das melodische „Reason To Stay“ (dezent southern) und das, mit zwei starken E-Soli bestückte „Jump That Train“ waren die nächsten Stationen. „Diamonds In The Dirt“ endete mit einer ziemlich lang gezogenen, am Ende recht aggressiv gespielten E-Gitarren-Solo-Passage, bei der sie ihre erstaunliche Fingerfertigkeit demonstrierte.

Klasse ihr rauchiger und auch insgesamt sehr schön ins Ohr gehende Gesang zu hallenden Orgelklängen von Wynen, beim  relaxten „Tired, Trusted & True“  und natürlich wieder ihre Soli (eines davon fast in der Tradition eines Dickey Betts). „Watch Em Burn“ stampfte traditionell und entwickelte sich zum lautesten und längsten Track des Abends.

Knackig und rhythmisch ging es bei „Wanna Be Your Lover“ zur Sache, das David Bowie gewidmete „Wild Is The Wind“ (Casanova und Wynen mit Harmoniegesängen) bestach atmosphärisch, während es mit „Going Home“, meinem Favoriten des Gigs und gleichzeitig Endstück des Hauptteils, nochmals southern-swampig zur Sache ging. Drew Wynen bot der Protagonistin hier mit tollem Slide-Solo die Stirn.

Als Zugabe gab es noch das flockige „Mud Honey“. Insgesamt ein angenehmer Blues Rock-Abend. Wenn es der so lieb und brav wirkenden Joanne Shaw Taylor noch gelingt, in Sachen Aura und Charisma zuzulegen, und somit ein Publikum mehr mitzureißen und für sich einzunehmen, wird Joe Bonamassa vermutlich Recht behalten. Und die junge Britin hat ja auch durchaus noch ein paar Jährchen vor sich…

Line-up:
Joanne Shaw Taylor (lead vocals, electric guitar)
Luigi Casanova (bass, vocals)
Oliver Perry (drums)
Drew Wynen (keys, acoustic, electric & slide guitar, vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Bericht: Daniel Daus

Joanne Shaw Taylor
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Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Rascal Flatts – Back To Us (Deluxe Edition) – CD-Review

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Über die Rascal Flatts braucht man eigentlich nicht mehr viel schreiben. Das Trio um Gary LeVox, Joe Don Rooney und Jay DeMarcus hat in der Popsparte des New Country ihren festen Platz gefunden und daraus, seit ihrem Debüt 2000, eine grandiose Erfolgsgeschichte entwickelt. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen bei den genre-typischen Awards und achtmal Nr. 1 bei neuen Alben sprechen eine überdeutliche Sprache.

Mit ihrem neuen Jubileumswerk „Back To Us“, dem 10. Studioalbum ihrer Karriere, proklamieren sie zwar eine nostalgische Besinnung auf die Anfangszeiten ihres Wirkens, aber wenn man ehrlich ist, kennt man sie eigentlich nicht anders, man muss schon absoluter RF-Experte sein, um hier eventuelle marginale Bezüge zu den Alben im Frühstadium oder Unterschiede attestieren zu können.

Für mich klingt „Back To Us“ wie alle ihre anderen Veröffentlichungen. Konstanz und Verlässlichkeit bei hoher Qualität und zu ihnen passendes Songmaterial, sind für mich die entscheidenden Faktoren ihres Erfolgsrezeptes, und die sind auch hier wieder omnipräsent.

Gleich dreizehn Stücke in Deluxe-Ausgabe lassen vermutlich die Qual der Wahl, welcher Song wohl der richtige für die Single-Charts ist. Entschieden hat man sich zunächst für den energiegeladenen Opener „Yours If You Want It“, aus der Feder des verstorbenen Songwriters Andrew Dorff, mit schön dazu produziertem Video (Gary LeVox als singender Burger-Bräter in einem Diners).

Weitere flockige Tracks wie „Hopin‘ You Were Lookin'“, „Dance“, „Kiss You While I Can“, das R&B-trächtige „Vandalized“ (Chris Stapleton Co-Writer!), “ sowie das treibende „Thieves“ machen ebenfalls Laune auf die demnächst anstehende Cabrio-Saison.

Bei „Hands Talk“ schwebt von der Melodie her, immer der einstige Rhythm-&-Blues/Soul-Klassiker „Stand By Me“ mit, während das knackige „Roller Rink“ mit swampiger Note überzeugt. Die Herz-Schmerz-Balladen-Freunde werden mit „I Know You Won’t“, dem Blockbuster-tauglichen „Are You Happy Now“ (emotionales Duett von Gary mit der toll singenden Lauren Alaina) und am Ende „Our Night To Shine“ bedient, wobei letztgenanntes Lied mit Synthies, Streichern und bombastischen choralen Gesängen  zum Ausklang einen enormen Schmalz-Faktor aufweist.

Rascal Flatts‘ „Back To Us“ ist ein, der Band, gebührendes Jubileumsalbum geworden. Kurzweiliges gutes Songmaterial von 1A-Songwritern (wobei die drei auch zum Teil mitwirken), knackige Produktion, starke Musiker, tolle mitreißende Vokal-Performance von LeVox, typische Hamoniegesänge, Powerrefrains en masse, schickes bebildertes Coverartwork  mit allen Texten, lassen keine Wünsche offen. Müsste eigentlich, wenn das neue Chris Stapleton-Album nicht gerade ausgerechnet dazwischenfunken sollte, erneut eine klare Nr. 1 werden. Zum zehnten Mal, wie gewohnt, ganz feiner Countrypop!

Big Machine Records (2017)
Stil: New Country (Pop)

01. Yours If You Want It
02. Hopin‘ You Were Lookin‘
03. I Know You Won’t
04. Dance
05. Back To Us
06. Kiss You While I Can
07. Vandalized
08. Are You Happy Now
09. Hands Talk
10. Thieves
11. Love What You’ve Done With The Place
12. Roller Rink
13. Our Night To Shine

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Universal Music

Chris Stapleton – From A Room Volume 1 – CD-Review

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Ich schreibe ja schon seit mittlerweile fast zwanzig Jahren CD-Reviews und ein Großteil davon war immer dem New Country-Bereich gewidmet gewesen. Ein über die Jahre gefühlter, unterschwelliger Begleiter war Chris Stapleton, zwar nicht rein musikalisch, allerdings auf geschätzt, unglaublich vielen Alben, meist als Co-Songwriter. Und in der Tat hat er ja auch so ziemlich für alles, was Rang und Namen hat, wie u. a. George Strait, Kenny Chesney, Luke Bryan, Tim McGraw und sogar für Popstern Adele als kreativer Ideengeber gewirkt.

Selbst auf dem neuen Jubileumsalbum der ebenfalls preisgekrönten Rascal Flatts, das demnächst hier besprochen wird, hat er mit „Vandalized“ schon wieder seine Finger mit im Spiel. Unterdrückt man mal seine ersten eigenen überschaubaren musikalischen Erfolge als reiner Musiker mit der Bluegrass-Band The SteelDrivers, ging es bei ihm aber erst 2015 mit dem Solo-Album „Traveller“ so richtig los, ja es brach mit den CMA-Awards, als er gleich drei Titel abräumte, fast schon ein richtiger Hype um seine Person aus.

Ob dem kauzigen, eher introvertiert wirkenden  Rauschebartträger der ganze Rummel so recht ist, wird er vermutlich nur selber wissen. „Traveller“ hat mich natürlich ebenfalls begeistert. Diese unaufdringlich instrumentierten Songs mit ihrer Melodik, dem hohen Wiederkennungswert und der starken Stimme des Protagonisten, sind schon wirklich faszinierend. So stieg die Spannung auf den Nachfolger in den letzten Wochen natürlich beträchtlich.

Jetzt ist sein neues Werk mit dem Namen „From A Room – Volume 1“ endlich da. Der Titel ‚Volume 1‘ suggeriert natürlich bereits, dass es weitere Auflagen geben wird und tatsächlich ist auch für Ende des Jahres die nächste Ausgabe geplant.

Was soll man sagen, die Scheibe ist klasse, aber auch von einer ergreifenden Schlichtheit geprägt! Das fängt mit dem nicht sonderlich visuell auffälligen Cover-Artwork an (nicht mal der Titel der Scheibe wurde auf dem Frontbild abgebildet, mit gerade mal neun, kompakt gehaltenen, kurzen Tracks, wurde die Maximalspielzeit einer CD nicht gerade ausgereizt, und die natürlich wieder bestechenden Songs, orientieren sich verständlicher Weise auch am sparsam instrumentierten Erfolgsrezept des Vorgängers.

Der vorab ausgekoppelte Opener „Broken Halos“ erinnert an den Titelsong des Debüts, beim folgenden Schwofer „Last Thing I Needed, First Thing This Morning“ (mit schön quäkender Mundharmonika, klasse Harmoniegesänge von seiner Frau Morgane), der einzigen Fremdkomposition, ist die spannende Frage, ob Chris einen ähnlichen Erfolg, wie einst 1983 Willie Nelson, mit dem Lied erzählen kann.

Kommen wir zu meinem Lieblingsstück: „Second One To Know“ ist der lebende beweis, dass Stapleton auch richtig (southern) rocken kann, klasse hier seine rotzige Stimme und sein E-Gitarren-Solo.  „Up To No Good Livin'“ ist ein steel-getränkter Slow-Waltz, wieder ist der Duettgesang des Ehepaars beeindruckend. ‚Reduktion‘ ist das Stichwort bezüglich des nur mit einer Akustikgitarre und Gesang konstruierten „Either Way“. Hier greift natürlich Stapletons grandiose Stimme, die sich dann auch brillant entfaltet.

Mit Stück 6 „I Was Wrong“ wechselt der Protagonist von der Countryschiene mehr auf die Bluesebene. Ein wunderbarer Slow-Blues voller Atmosphäre, tollen E-Gitarren und ergreifendem Gesang. Hier hast du wirklich, zumindest, was den Song betrifft, nix falsch gemacht, Chris!

Das ruhige „Without Your Love“ hätte auch gut auf Claptons damaliges „Ocean Boulevard 461“ gepasst. Tolle Nummer! Der Countryrock-Blues „Them Stems“ hat ein ähnlich rotzig freches Flair wie die eines Dan Bairds. Macht Laune. Bevor es jetzt zu überschwänglich wird, tritt Chris dann aber wieder auf die Bremse, um sich mit einem dezent introvertiert und psychedelisch-bluesig gehaltenen „Death Row“ wieder in seine Komfortzone zu begeben und gleichzeitig zu verabschieden.

Fazit: Das neue Album von Chris Stapleton „From A Room Volume 1“ ist schon richtig stark, aber nicht unbedingt auch ein Grund, vor Freude einen Doppelsalto mit dreifach angeschlossenem Flickflack zu machen. Bei allem Tamtam, das jetzt vermutlich wieder um seine Person veranstaltet wird, meine ich, dass man hier bei neun Stücken und nicht revolutionär neuer Musik, durchaus den Ball auf angepasster Höhe halten könnte. Und ich spekuliere mal, Chris persönlich wird das, von seinem Typus her, im Innersten, vermutlich auch ähnlich sehen. Trotzdem ist natürlich eine absolute Kaufempfehlung zu attestieren.

Mercury Records (2017)
Stil: New Country

01. Broken Halos
02. Last Thing I Needed, First Thing This Morning
03. Second One To Know
04. Up To No Good Livin‘
05. Either Way
06. I Was Wrong
07. Without Your Love
08. Them Stems
09. Death Row

Chris Stapleton
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