Erfrischendes, knackiges, genauso kraftvolles und „rockiges“ wie traditionell verwurzeltes New Country Debüt von Josh Thompson! Die Zeiten, in denen sich junge, viel versprechende Künstler fast im Zwei Wochen-Takt anschickten, in Nashville auf der Bildfläche zu erscheinen, sind seltener geworden. Die oberen Regionen der Country-Charts liegen schon seit geraumer Zeit fest in den Händen der etablierten Künstler. Newcomer wie die hervorragenden Justin Moore, Chris Young, Luke Bryan oder solche Senkrechtstarter wie die famose Zac Brown Band sind mittlerweile doch rar gesät und verschwinden meist nach einem Album wieder in der Versenkung.
Das liegt natürlich auch daran, dass gerade die Major-Labels ein immer genaueres Auge auf potentielle Kandidaten werfen und diese in Zeiten der Wirtschaftskrise erfolgsorientierter denn je bewerten, bevor sie sie unter Vertrag nehmen. Das lässt dem mittel- bis langfristigem Aufbau eines jungen Interpreten fast keinen Spielraum mehr. Einer, der das Zeug dazu hat, sich ohne „Wenn und Aber“ in diesem „Haifischbecken“ von Music City durchzubeißen, ist zweifellos der aus Cedarburg, Wisconsin stammende Josh Thompson, der, um es vorwegzunehmen, mit „Way Out Here“ nun einen höchst beeindruckenden, zu keiner Sekunde schwächelnden, überaus starken Erstling vorlegt.
Thompson ging 2005 nach Nashville, schlug sich dort mit Gelegenheitsjobs durch und begann parallel damit, intensiv Songs zu schreiben. Dank schnell geknüpfter Kontakte ergatterte er einen Vertrag als Songwriter für ein Label. Der richtige Durchbruch gelang ihm aber erst, als seine Komposition „Growing Up Is Getting Old“ als Titelsong für Jason Michael Carrolls aktuelles Album ausgewählt wurde. Die eigens vorgenommene Präsentation neuer Stücke beim Sony BMG-Vorsitzendem Joe Galante (eigentlich waren diese Songs für andere Interpreten gedacht, doch der von Thompsons klasse Gesang tief beeindruckte Galante fragte ihn schließlich zu seiner eigenen Überraschung, ob er die Songs nicht lieber selbst umsetzten wolle) brachte ihm dann einen spontanen Label-Vertrag ein.
Eine absolut richtige Entscheidung, wie es das kompakte, zehn Stücke umfassende, von Josh sehr lebensnah, aber auch sehr selbstbewusst vorgetragene, prächtige Werk (er wirkt dabei fast schon wie ein etablierter, „alter Hase“) nachhaltig beweist. Schon beim baumstarken Opener „Beer On The Table“ (gleichzeitig die erste Single), einem satten, dezent mit Southern-Flair bestückten angerockten Country Roadhouse-Stomper (wunderbare Banjo- und herrlich würzige E-Gitarren-Arbeit), besingt Thompson in geflügelten Worten den vom Arbeiten und Geldverdienen beherrschten ersten Teil der Woche, der dann endlich am Freitag Abend, wenn die Bierflaschen auf dem Tresen stehen, mit den Freunden in die ländliche, ausgelassene, „rowdy“ Honky Tonk-Party mündet. Kommt wie eine Mischung aus Trace Adkins, Montgomery Gentry und einem frühen, noch hungrigen Tim McGraw.
Mit kernigem Outlaw-Country geht es nahtlos weiter. Der Titel „Blame It On Waylon“ spricht hier für sich. Klasse E-Gitarren-/Steelguitar-Kombination! Doch nicht nur hier harmonieren satte, würzige E-Gitarren, inklusive teils ordentlich glühender Soli (Adam Shoenfeld), mit glasklaren Pedal Steel-Linien (Mike Johnson) prächtig miteinander (zuweilen unterstützt von klimperndem Honky Tonk-Piano) – das hören wir im Verlauf des Albums immer wieder. Beim exzellenten „Sinner“ tritt Josh das erste Mal ein wenig auf die Bremse. Ist ein schöner, fast balladesker Song mit emotionalem Touch und vorgetragen mit sehr echt wirkendem Pathos, wie man es auch beispielsweise von Billy Ray Cyrus kennt.
Richtig stark kommt furiose „Won’t Be Lonely Long“. Der Track beginnt zunächst sehr introvertiert und ruhig in einer sich selbst bemitleidenden „Crying in my beer“-Mentalität, schwenkt dann aber urplötzlich zum fetzigen, das Tanzbein schwingenden, honky-tonkigen Patryknaller um, der eine tierisch gute Laune verbreitet und wahrscheinlich jede Countryfete zum Kochen bringt. Das ganze erinnert ein wenig an den rotzigen Stil der Warren Brothers bei ihrem Song „Sell A Lot Of Beer“. Bei „Always Be Me“ könnten Leute wie Jack Ingram oder auch Montgomery Gentry Pate gestanden haben (Joshs Stimme weist dezente Ähnlichkeiten zu Troy Gentry auf). Die nächsten beiden Nummern entstanden in Kooperation mit David Lee Murphy, was auch deutlich hörbar ist.
Zum einen das starke, knackige, dynamische, ein wenig mit John Mellencamp-Note versehene, aber natürlich Country-orientiertere „A Name In This Town“, und zum anderen das wieder mit viel Pathos und in Storytelling-Manier vorgetragene Titelstück „Way Out Here“ (abermals mit einer Southern-Note ala Montgomery Gentry). Überragend, was den kompletten Verlauf des Werkes betrifft, Gitarrist Adam Shoenfeld und Steel-Virtuose Mike Johnson, die mit ihren Einlagen (teilweise in tollen Duellen), neben Thompson’s klaren und kräftigem Gesang die Hauptakzente setzten – das unterstreichen wir hiermit, wie bereit oben erwähnt, gerne noch einmal. Klasse auch die variablen Keybboards von Tony Harrell!
Ein echter, fast schon stadiontauglicher Honky Tonk Party-Feger ist „You Ain’t Seen Country Yet“ (tolle Textzeile: „If you ain’t made love to a Haggard cassette, well you ain’t seen country yet“). Die Crowd-Gesänge am Ende treiben dabei die Stimmung auf den Siedepunkt. Ist sicher ein absoluter Kracher in Thompsons Live-Programm. Mit „Back Around“ (eine herrliche Powerballade Richtung Brian McComas/Billy Ray Cyrus) und dem schönen „I Won’t Go Crazy“ (hier schimmert ein wenig Brad Paisley durch) klingt diese durchgehend auf hohem Niveau befindliche CD recht entspannt aus.
Die Produktion von Michael Knox (u.a. Jason Aldean) ist knackig, voller Energie aber zu keinem Moment überzogen. Mit Josh Thompson hat Nashville wieder einen echten jungen Wilden am Start, einen sehr authentisch wirkenden Künstler, der ein Riesenpotential mit sich bringt (alle Songs selbst kreiert, teils mit diversen Co-Autoren). Ein super Leistung des jungen Mannes, ohne jede Schwäche! „Thompson doesn’t follow the old formula of front-loading an album with two or three hit singles and padding the rest with filler. On ‚Way Out Here‘ he makes every cut count.” heißt es in einem der unzähligen, begeisterten Reviews. Und das können wir ohne jede Einschränkung unterstreichen. Dieser Josh Thompson hat es voll drauf! Ein prächtiger New Country-Einstieg!
Sony Nashville (2010)
Stil: New Country
01. Beer On The Table
02. Blame It On Waylon
03. Sinner
04. Won’t Be Lonely Long
05. Always Been Me
06. A Name In This Town
07. Way Out Here
08. You Ain’t Seen Country Yet
09. Back Around
10. I Won’t Go Crazy
Josh Thompson
Josh Thompson bei Facebook
Bärchen Records