Stevie Nimmo – 28.01.2016, Blue Notez, Dortmund – Konzertbericht

So, jetzt bin ich mit den beiden Nimmo-Brüdern komplett durch! Nachdem ich sie zunächst zweimal in brüderlicher Zweisamkeit als The Nimmo Brothers einmal in den Niederlanden, einmal bei uns erlebt habe, hatte ich mir im letzten Jahr zunächst Alan Nimmo mit seinem King King-Gefüge in Köln gegönnt, diesmal war jetzt Stevie im Dortmunder Blue Notez an der Reihe. Stevie Nimmo – 28.01.2016, Blue Notez, Dortmund – Konzertbericht weiterlesen

Mike Zito – Greyhound – CD-Review

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Mike Zito zählt für mich persönlich zu den wenigen Blues Rock-Musikern, die ich schon nach wenigen Momenten in mein Herz geschlossen hatte. Steve Schuffert, Davy Knowles oder Mark Selby sind ähnliche Vertreter. Warum? Sie können im Gegensatz zu vielen anderen (meist überbewerteten) Vertretern dieser Zunft recht gut singen, zeichnen sich als veritable Songwriter aus und präsentieren ihren Blues Rock relativ facettenreich und durchweg melodisch.  Mike Zito – Greyhound – CD-Review weiterlesen

Mike Zito & The Wheel – Keep Coming Back – CD-Review

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Mike Zito war schon immer, aufgrund der tollen Stimme und dem texanisch eingebrachten Esprit in seine Musik , einer meiner Favoriten, was den Blues Rock betrifft. Review-technisch gesehen ist es jetzt allerdings schon eine Weile her, dass ich mich mit ihm auseinandersetzen durfte.

Vieles in seitdem geschehen, nicht zuletzt auch bedingt durch seinen Zusammenschluss 2013 mit Ruf Records. Zito war ja für zwei Alben einer der maßgeblichen kreativen und führenden Köpfe, der mittlerweile mit Superband-Status bedachten Royal Southern Brotherhood (samt Cyril Neville und Devon Allman) und parallel solo mit seiner Begleitband The Wheel tätig.

Seit seinem Ausstieg bei RSB konzentriert sich der aus einer ärmlichen Arbeiterfamilie in St. Louis stammende 44-jährige Musiker, der schon viele Ups and Downs (Alkoholismus, Drogen) durchlebt hat, wieder auf sein eigenes Projekt. „Keep Coming Back“ heißt passender Weise sein neues Studiowerk, das, um es vorwegzunehmen, Mike auf dem Zenit seiner bisherigen Schaffensphase präsentiert. Großartig!

Der Einstieg beim schwungvollen Titelstück mit einem rasiermesserscharfen Slide macht sofort richtig Laune und auch seine The Wheel-Mitstreiter Jimmy Carpenter (saxophone), Lewis Stephans (keys), Scott Sutherland (bass) und Rob Lee dürfen sich an ihren Instrumenten richtig austoben. Ein furioser Auftakt.

Es reiht sich in der Folge wirklich ein Klasse-Stück an das nächste. Der rockige Footstomper „Chin Up“ gibt weiter Gas, der groovige Schunkler „Get Easy Living“ gibt erstmals Gelegenheit zur Einkehr. Das countryeske „Early In The Morning“ spiegelt exakt die zwischen Müdigkeit und Melancholie pendelnde Stimmung in den frühen Morgenstunden wieder. Wer anders soll das besser beurteilen, als ein Mensch wie ich, der in der Woche um 4.30 Uhr die Federn für die Arbeit verlässt? Klasse übrigens hier die Backs seiner Ehefrau Riley, die ja maßgeblichen Anteil an Zitos Konstanz in allen Belangen trägt.

In eine ähnliche Kerbe schlägt das akustisch untermalte „I Was Drunk“, bei dem Anders Osborne, der auch diverse weitere Lieder mitgeschrieben hat, zum Duett antritt und auch Gitarre spielt. Den Abschluss der ersten Hälfte bildet das herrlich smooth und bluesig groovende „Lonely Heart“.

Launigen Songwriter Roots Rock a la Jack Ingram/Will Hoge gibt’s auf „Girl From Liberty“, der Griff in die Retrokiste wird mit dem Bob Seger-Cover „Get Out Of Denver“ vollzogen, das hier mit typischen E-Gitarren, klimperndem HT-Piano und plusterndem Sax sehr an „Johnny B. Good“ angelehnt ist.

Texas Blues Rock der Marke Storyville offeriert „Nothin‘ But The Truth“, das von einer furz-trockenen Strat geführt wird und satte Sax-Einlagen (inkl. quäkendem Solo) von Jimmy Carpenter sowie herrlich rotzige Harmoniegesänge von Gastakteurin Suze Simms beinhaltet. „Cross The Border“ wandelt ein wenig auf den verlassenen RSB-Pfaden und mit „What’s On Your Mind“ lässt Mike eine seiner berühmten Killerballaden vom Stapel, auf denen seine markante Stimme ja immer besonders gut zur Geltung kommt. Toller Song.

Dem nicht genug. Auch das finale, einst aus der Feder von John Fogerty stammende „Bootleg“ erhält durch Zito und seine Mannen ein zwischen pulsierendem Jazz- und Blues Rock kokettierendes zeitgemäßes Update. Ein fulminanter Abschluss, der dann auch keine Wünsche mehr offen lässt. Mike Zito & The Wheel beweisen auf „Keep Coming Back“ ihre ganze Klasse. Auch ich bin der Meinung, dass der Protagonist als alleiniger Bandleader wesentlich besser zur Geltung kommt, als in einem, mit mehreren Platzhirschen agierenden Kollektiv.

Fazit: 12 tolle Songs, die aufgrund ihres Abwechslungsreichtums und der Kurzweiligkeit wie im Fluge vergehen. Das Cover (übrigens Booklet mit allen Texten im DigiPak enthalten), zeigt zurecht einen selbstzufrieden lachenden Musiker, der von sich sagt: „Ich liebe den Blues, ich liebe den Rock’n’Roll und ich liebe Countrymusik. Das ist es, was ich mache und wer ich bin.“ Recht hat er und das kommt ohne Zweifel auf „Keep Coming Back“ bestens zum Vorschein. Eine grandiose Scheibe vom Typus ‚Kann man blind kaufen‘!

Ruf Records (2015)
Stil: Blues Rock

01. Keep Coming Back
02. Chin Up
03. Get Busy Living
04. Early In The Morning
05. I Was Drunk
06. Lonely Heart
07. Girl From Liberty
08. Get Out Of Denver
09. Nothin‘ But The Truth
10. Cross The Border
11. What’s On Your Mind
12. Bootleg

Mike Zito
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Ruf Records

Mark Selby – 04.06.2010, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

»Am Tag als FC Schalke starb, und alle Essener sangen, was für eine schöner Tag«, hallte es jahrzehntelang durch das alt ehrwürdige Georg-Melches-Stadion, einst Deutschlands modernste Fußball-Arena, heute dank der Stadt Essen und seiner oberen Belegschaft eine marode, teilabgerissene Ruine, in Anspielung auf den Bundesliga-Bestechungsskandal, dessen Leidtragender damals Rot-Weiss Essen war und aus der 1. Bundesliga absteigen musste, ohne zu wissen, wie ihm geschah.

Der Verein, dessen Spieler Helmut Rahn mit seinem Siegtor im Endspiel bei der WM in Bern dafür sorgte, dass Deutschland und sein DFB (die Frankfurter Mafia) wieder eine angesehene Adresse im internationalen Fußballsport und gemeinen Leben wurde. Der Verein, der einzigartige Stürmer wie Willi ‚Ente‘ Lippens, Manfred Burgsmüller, Frank Mill, die ‚Cobra‘ Jürgen Wegmann oder das ‚Kopfball-Ungeheuer‘ Horst Hrubesch (Schütze des Siegtores im Endspiel der EM 1980) herausbrachte und salonfähig machte.

Der Arbeiterverein der sechst-größten Stadt Deutschlands, der nun von der angeblichen Arbeiterpartei SPD mittels ihres Oberbürgermeisters und ihrem medialen Sprachrohr, der WAZ, in einer, wie es scheint, schon lang geplanten Schmierenposse (vermutlich sogar noch mit dem Vorstand zusammen) fallengelassen und von seinen milliardenschweren, ansässigen Firmen sträflich im Stich gelassen wurde, heute Insolvenz anmeldete und endgültig in die sportliche Bedeutungslosigkeit abstürzen wird, am Tag, an dem ich mir Mark Selby zum ersten Mal in meinem Leben live anschaute.

Was für Gegensätze! Auf der einen Seite fast vier Dekaden Stümperhaftigkeit und Dilettantismus in allen Bereichen, die ihres Gleichen sucht; wobei natürlich auch die Frage im Raume steht, was es bringt, dem heute bestehenden, ausnahmslos profitorientierten Sport-Söldnertum auch nur eine Träne nachzuweinen. Trotzdem wird hier ohne Zweifel zigtausenden, einfachen Menschen ein Lebensinhalt weggerissen, während andere ebenfalls hoch-defizitäre Bereiche in dieser Stadt zum Wohle seiner besser Betuchten weiter millionschwer subventioniert werden. Auch der Autor dieses Berichtes, seinerzeit viele Jahre ein recht erfolgreicher Leistungsballsportler, kann sich trotz aller Wenns und Abers eine kleine Träne der Trauer nicht verdrücken. Zu viele mitreißende Partien in südländischer Gänsehautatmosphäre hat er dort erlebt und viele nette Menschen kennengelernt, die nicht dem üblichen Klischee des Fußballproletenfans entsprechen.

Auf der anderen Seite dann abends ein Weltklasse-Könner wie Mark ‚Otis‘ Selby (erstmal sorry, dich in einen Kontext mit solchen Versagern zu setzen), der zu moderaten Eintrittspreisen, hautnah mit seinen beiden sympathischen Mitstreitern Charles ‚Chopper‘ Anderson und Darryl ‚DB‘ Burgess eine grandiose Blues Rock-Show ablieferte, obwohl er noch tags zuvor in Kassel durch eine Erkältung ziemlich stark angeschlagen war. Ein super-sympathischer Profi ohne Allüren und einer Einstellung halt und vor allem mit einem Gespür für seine Fans (gab z.B. nach dem Konzert viele Autogramme und war für jeden ansprechbereit). Er gibt, so hat man direkt den Eindruck, immer alles.

Die Kulturrampe in Krefeld, sehr gut versteckt liegend, ließ in der Überschaubarkeit seiner Räumlichkeit, mit seiner notgedrungen dreieckig verlaufenden Bühne an diesem ersten heißen Sommerabend angesichts der zu erwartenden schweißtreibenden Selby-Musik saunaartige Verhältnisse befürchten, was sich aber bei gut gekühltem Bier als Trugschluss erweisen sollte. Die eingesetzten Ventilatoren leisteten zudem einen zufriedenstellenden Dienst.

Das Trio eröffnete mit einem starken „Don’t Throw That Mojo On Me“, wobei Mark die Finger über seine schon recht abgenutzte Stratocaster fliegen ließ. Herrlich rockige Stücke wie „Unforgiven“, der Hit „Blue Or Black“, „Leveler, Reveler“ oder das überragende, stoneske „She’s Like Mercury“ gaben sich die Klinke mit einigen Balladen wie „Guitar In The Rain“, „Baby I Do“ oder dem herrlichen „You’re So Beautiful“ in die Hand, das auch die Gesangskünste des glänzend aufgelegten Drummers Darryl Burgess (von Selby zurecht als der »Groover from Vancouver« angepriesen, ansonsten auch ein brillanter Singer/Songwriter) offerierte. Phänomenal bei diesem Stück auch Marks gefühlvolle Slideeinlagen.

Mark Selby Dazu gesellten sich einige Coversongs wie das berühmte „The Beat Goes On“, bei dem das gut aufgelegte Krefelder Publikum auch einer durch Mark eingeforderten Finger-Mitschnipperei ohne zu Zögern mit Bravour nachkam. Das in Blues Rock-Kreisen scheinbar unverzichtbare „Crossroads“ wurde mit viel Drive und viel Improvisationsfreude abgewickelt.

Grandios im Zugabenteil der Band-Klassiker „The Weight“, bei dem dann alle Beteiligten des Trios noch mal am Mikro wirkten, vor allem die whiskeygetränkte Röhre von Chopper kam da klasse. Den letzten Song des Abends, „Sometimes I Feel Like I’m Goin‘ Home“, absolvierte Mark dann mit seiner Stratocaster solo und ließ einen über die gesamte Spieldauer frenetisch umjubelten Gig recht melancholisch ausklingen, der dann bei mir wieder unweigerlich diesen Kloß in den Hals beförderte, an diesem lauen Sommertag, als Rot-Weiss Essen starb…

Bilder: Gudi Bodenstein

Mark Selby
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Kulturrampe Krefeld

King King – 11.09.2015, Yard Club, Köln – Konzertbericht

Manch einer unserer Leser mag sich fragen, was eine britische Blues Rock-Formation in einem Magazin zu suchen hat, das mit seinem Namen eine Affinität zu Südstaaten Rock-Musik aus den Staaten proklamiert. Sicherlich berechtigt solcher Gedanke, aber ich bin durchaus der Meinung, dass Alan Nimmo aufgrund seines hervorragenden und variablen E-Gitarrenspiels (auch auf der Southern-typischen Gibson Les Paul) durchaus in unseren Kreisen von vielen Sympathisanten wohlwollend akzeptiert werden wird. Außerdem begibt er sich, besonders, wenn er mit seinem Bruder Stevie als die Nimmo Brothers firmiert, mit so mancher Cover-Nummer (u.a. furiose Version von „One Way Out“) gerne auch mal in diese Gefilde. Alan ist also zweifelsfrei einer von ‚Uns‘.

Der Auftritt von King King im Yard Club trug dann auch zu einem rundum gelungenen Abend bei. Endlich mal kein Stau auf der Fahrt von Essen in die Domstadt, der aufmerksame Parkplatzwächter sorgte mit scharfem Augenmaß dafür, dass auf dem kleinen Parkplatz ein Optimum an Ausnutzung erreicht werden konnte (er hatte vermutlich Lineal und Wasserwaage zu Hause liegen lassen…). Unproblematischer Einlass (danke an Dani von Goodtime Booking und Marcus vom Club) und mit kleiner Verspätung läutete Alan Nimmo (Lead vocals, guitar) und seine Mitstreiter Lindsay Coulson (bass), Wayne Proctor (Drums, vocals) und Bob Fridzema (Keys, vocals) einen schweißtreibenden, aber vor allem hervorragenden Gig ein.

Nach der starken Eröffnung mit „Lose Control“ vom Debüt wurde natürlich das neue brandaktuelle Album „Reaching For The Light“ mit Nummern wie u. a. dem groovigen “Waking Up“, meinem Lieblingslied “You Stopped The Rain“ (mit saustarken E-Soli), dem in Bad Co.-Style rockenden “Hurricane“ oder dem Whitesnake-angelehnten “Stranger To Love“ ausgiebig beackert. Grandios auch Stücke wie “More Than I Can Take“ oder das herrlich shufflige “Let Love In“ (klasse der cool pumpende Bass vom im Gentleman-Manier zupfenden Lindsey Coulson, dazu gab es ein stimmungsvolles Bridge, bei dem das Publikum Mitsinggelegenheit erhielt).

Was wären King King ohne ihre unter die Haut gehenden Balladen? Auf “Long History Of Love“, sowie dem Frankie Miller-Cover “Jealousy“ geizte der Schotte (Nimmo stammt ja aus Glasgow) weder mit einfühlsamen Soli noch ließ er es sich nehmen, sein gewaltiges Stimmpotential (für mich einer der besten Blues Sänger der heutigen Zeit – auch wenn in diesem Genre m. A. n. schon immer eine chronische Vokalschwäche herrschte…) zur Freude aller Besucher (der Club war ziemlich gut gefüllt) zu präsentieren. Auch Bob Fridzema nutze die Gelegenheit immer wieder, seine schon antik anmutende Hammond-Orgel gurgeln zu lassen.

Alles mündete dann mit der letzten Zugabe in das Paradestück des Vierers, “Old Love“, bekannter Maßen aus der Feder von Eric Clapton. Der traditionell im Kilt performende Nimmo holte noch mal alles aus seiner Kehle und der geschulterten Stratocaster heraus, ergreifend natürlich die leise, ’stromlose‘ Passage im langen Solo-Teil, bei der man im Auditorium eine Stecknadel hätte fallen hören. Schön, dass hier das fachkundige Publikum (überraschender Weise auch viele sehr junge Mädels und Burschen dabei) fast ehrfürchtig und respektvoll lauschte, statt ,wie so oft üblich, sich zu (Rein-) Quatschereien hinreißen ließ. Der krönende Höhepunkt zum Abschluss des knapp zweistündigen King King-Auftritts, der allseits zufriedene Gesichter zurück ließ.

King King alias Alan Nimmo & Co. sollte auf jeder Agenda (Präferenzen hin oder her) eines Rockmusik-begeisterten Konzertbesuchers stehen. Hier bekommt man für überschaubares Geld ehrliche, sympathische und hochqualitative Blues Rock-Kost geboten. Schade und typisch , dass bis jetzt dieser Sparte zugeneigte Locations wie der ABC-Keller oder der Schwarze Adler in meiner Gegend dieses famose Quartett bisher noch nicht auf ihrem Schirm hatten. In Köln auf jeden Fall ein grandioser Abend!

Line-up:
Alan Nimmo (Lead vocals, electric guitar)
Lindsay Coulson (Bass)
Wayne Proctor (Drums, backing vocals)
Bob Fridzema (Keys, backing vocals)

King King
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Yard Club Köln
Goodtime Booking

Grainne Duffy – 27.10.2015, topos, Leverkusen – Konzertbericht

Normalerweise hat mich die Stadt Leverkusen in meinem bisherigen Leben nur zu Spielen meiner geliebten Versagertruppe Rot-Weiss Essen gegen die heimische Werkself (wohlbemerkt natürlich nur gegen deren Amateurvertretung…) begrüßen dürfen. Obwohl ich ja fast Zeit meines Lebens auch im Rheinland wohne, fühlte ich mich eigentlich, nicht nur wegen meiner genetisch bedingten Fußballabnormität, doch eher zum Ruhrgebiet hingezogen. Nun fuhr ich an diesem herbstlichen Dienstagabend zum ersten Mal in musikalischer Angelegenheit in das aus vier Ortschaften zusammengewürfelte Pillendorf und mischte mich in der urigen und geschichtsumwobenen Kneipe topos zum Grainne Duffy-Gig unter die gleichgesinnten, überwiegenden rheinischen Frohnaturen.

Das topos ist ein ganz kleiner Raum, muss man fast schon sagen, bei dem der Thekenbereich auch noch fast die Hälfte der Örtlichkeit einnimmt. Wenn hier 80 Leute drin sind, kommt man sich vermutlich wie in einem indischen Überlandbus vor. An diesem Abend waren dann, inklusive mir, so ca. 30 Leute zugegen. Die sollten ihr Kommen auch nicht bereuen, denn sie erlebten einen tollen stimmungsvollen Gig, mit einer irischen Band, die sich voller Spielfreude und in Bestform präsentierte. Bandleaderin Grainne Duffy (lead vocals, guitars) und ihre Jungs (Paul Sherry – guitars, vocals; Eamon Ferris – drums; Paul McCabe – bass) spielten den Blues Rock ganz nach meiner Façon: Überwiegend modern und melodisch rockig, dazu immer mal wieder mit einem dezent unterschwelligen Country- und Southern Rock-Touch. Dazu kommt die tolle Stimme der hübschen Frontdame, ein Umstand, den ich bei den meisten Vertretern der Zunft oft vermisse.

Die zeigte sich vokal extrem variabel in Sphären von einer Sheryl Crow bis hin zu einer Röhre Marke Sass Jordan. Klasse! Was mir besonders gefiel, war das ebenfalls breit gefächerte Zusammenspiel sowie das Kombinieren von Paul Sherrys Stratocaster und Grainnes Gibson Les Paul. Dazu wechselten beide manchmal je nach Bedarf zur Akustikgitarre. Die Band präsentierte neben ein paar anderen Sachen natürlich so einige Stücke vom aktuellen „Live“-Album, hängen blieben vor allem die beiden fulminanten ‚Slow Bluese‘ „Good Love Had To Die“ und ihr unter die Haut gehendes Paradelied, das Etta James-Cover „I’d Rather Go Blind“, sowie das herrlich rhythmisch shuffelnde „Mountain To Climb“ (mein Favorit des Abends). Als Country- und Southern Rock- Fan kamen mir natürlich Tracks wie „Test Of Time“ und das fantastische „Time Is Not Enough“ bestens entgegen, gerade beim letztgenannten Lied kam man sich vor wie zur einstigen Rossington Collins Band-Zeit.

Angenehm auch das mit einem Reggae-Teint versehene „Sweet Sweet Baby“, knochentrocken dahin gerockt gegen Ende des zweiten Sets „Bad To Worse“. Der zierliche und schon doch ein wenig betagt wirkende topos-Besitzer Wolfgang Orth (eine echte Legende und Institution im Ort, wie ich aus Zeitungsberichten an der Außenwand-Vitrine des Gebäudes vernehmen konnte), war nach dem Ende des Hauptteils von Grainnes Performance so angetan, dass er sich bei Grainne mit einer Schar von Handküssen bedankte und auf die Bühne trat, um die Zuschauer zu noch stärkeren Zugabe-Rufen zu animieren. Fast völlig außer Kontrolle geraten, offenbarte er seine anhaltende Gänsehaut und geriet dabei so ins Schwärmen, dass sein Atem immer schwerer wurde. Man muss da fast von Glück sprechen, dass da gerade keine Viagra in unmittelbarer Griffbereitschaft lagen, aber seine geliebte Frau Ingrid war ja letztendlich auch noch zugegen… So blieb es dann doch nur bei einem liebevollen Zitieren der Protagonistin auf die Bühne.

Der ausgiebige Zugabenteil bestand dann u. a. aus einer interessanten Interpretation von Bob Dylans „I Shall Be Released“ und einer brandneuen rockigen Nummer namens „Black And White“. Nach über zwei Stunden Spielzeit ging ein begeisternder Gig zu Ende (übrigens auch bei toll und genau richtig abgemischten Sound), bei dem nur restlos zufriedene Zuschauer zurückblieben, die es sich danach natürlich nicht nehmen ließen, sich mit den mitgebrachten Merchandise-Artikeln einzudecken und diese von Grainne signieren zu lassen. Ich hatte dann noch die Gelegenheit, bei einem Bierchen an der Theke, ein paar Worte mit Paul Sherry zu wechseln.

Fazit: Das Grainne Duffy-Konzert an diesem Abend in Wohnzimmeratmosphäre zählt neben dem King King-Auftritt im Yard Club eindeutig zu meinen persönlichen Highlights des Jahres 2015. Diese sympathische Dame und ihre tolle Band werde ich sicherlich nicht zum letzten Mal live gesehen haben!

Grainne Duffy
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Topos Leverkusen

Michelle Malone – Debris – CD-Review

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Herrlich! Rauer, dreckiger, aber immer von eingängigen Strukturen geprägter, würziger, von einem leichten Swamp-Feeling durchzogener, facettenreicher Roostrock-/Bluesrock von einer Güte, wie man sie wahrlich nicht alle Tage erlebt! Michelle Malone stammt aus Atlanta, Georgia und ist beileibe kein „Greenhorn“ auf ihrem Gebiet mehr. Die Dame ist schließlich seit fast zwanzig Jahren im Geschäft und präsentiert mit „Debris“ bereits ihr zehntes Album. Die positiven Kritiken zu diesem Werk überschlagen sich regelrecht.

So schreibt der „Atlanta Music Guide“ schon fast euphorisch, dass die vier ersten Tracks von „Debris“ die vielleicht besten Blues (-Rock) Songs sein werden, die wir dieses Jahr zu hören bekommen, wenn nicht sogar die beste Songkombination eines Albums dieser Sparte überhaupt darstellen. Das „Blurt Magazin“ charakterisiert sie sogar als „the sexiest, most swaggering-est gal rocker on the goddam planet right now“.

Und in der Tat, Michelle Malone durchbricht die statischen Sphären eines mittlerweile oft vorhersehbar wirkenden Genres mit hungriger Frische („…like a young Bonnie Raitt bedding down Keith Richard…“), intelligenten Texten, feinfühligem Songwriting, einer extrem wandelbaren Stimme (sie hat das Talent dafür regelrecht in die Wiege gelegt bekommen, denn sowohl Mutter und Großmutter waren professionelle Sängerinnen) und extrem virtuoser Spielfreude (sie beherrscht, neben der Gitarre auch noch Schlagzeug, Saxophon und Mundharmonika), die durch nahezu 200 absolvierte Konzerte pro Jahr ihren Feinschliff erhält. Bestimmt wird das rootsige und ungemein bluesige Material (die Einflüsse von den Rolling Stones, über die Faces, Creedence Clearwater Revival, Janis Joplin, bis hin zu Tom Petty und Bonnie Raitt sind spürbar, werden aber nicht immitiert, sondern zu einer feinen, wunderbar spannenden, eigenen musikalischen Identität verarbeitet) oftmals von feuriger, swampiger Electric Slide Gitarre, die ein prächtiges Southern-Feeling erzeugt. Klar, das muß sein, bei dieser Herkunft!

Betreut hat ihre neue CD Nick Di Dia, der schon mit arrivierten Interpreten wie Bruce Springsteen, The Black Crowes, Pearl Jam, Train oder den Stone Temple Pilots Erfahrungen gesammelt hat. Auch die Musikerauswahl (u.a. Peter Stroud, Phil Skipper, Tony Reyes, Dave Antony, Jonny Daly) erweist sich als exzellent. Kommen wir zu dem eingangs hoch gelobten Songquartett: Der Opener „Feather in A Hurricane“, ein furioser Swamp-Blues-Boogie, beschreibt bildhaft und in treffender Weise die ausweglos erscheinende Situation des Individuums in unseren wirtschaftlich stürmischen Zeiten. Klasse hier Malones angriffslustiger, anklagender, fast schon dreckiger Gesang und ihr wüstes Bottleneck-Slidespiel (inklusive starkem Solo), dass in aggressiver Weise den kritischen Unterton des Songs nochmal angemessen hervorhebt. Ein grandioser Auftakt!

„Yesterday’s Make Up“ groovt flockig und sehr melodisch im würzigen, Stones-riffigen Rootsrock-bereich (Marke erdige Sheryl Crow) und gipfelt in einem eingängigen, gut gelaunt klingenden Refrain. Der Titeltrack „Debris“ beginnt ebenfalls mit einem Stones-kompatiblen Riff und entwickelt sich zu einem prächtigen, bluesigen Rocksong mit leicht britischer Prägung (schönes E-Gitarren-Solo. Stimmlich erinnert Michelle hier fast an eine Chrissie Hynde zu ihren Glanzzeiten und beweist einmal mehr ihre Wandlungsfähigkeit. Toll! Absolut großartig auch das folgende „Untertow“, ein viel Schweiß und Druck versprühender, mit sumpfigem, glühendem Slide-Spiel angerührter, brodelnder Southern-/Roots-/Americana-/Bluesrocker. Also, die vier Eröffnungssongs sind in der tat vier „Knaller“!

Aber es hört danach nicht auf. Nein, es folgen Höhepunkt auf Höhepunkt. Der größte „Ohrwurm“ des Albums ist sicher das schöne „Marked“ das leicht poppig, mit einer unterschwelligen Countrynote, in trockener, lässiger Roots-/Americana-Manier dahinfließt. Ein sommerlicher „Aufmuntersong“. Den Vorteil, unabhängig ein Album für das eigene Label aufnehmen zu können (Malone besitzt seit geraumer Zeit ihr eigenes) wird dann im weiteren Verlauf der Scheibe gut deutlich. Michelle lebt sich hörbar bar frei aus und fühlt sich dabei offenkundig keinerlei starren Strukturen untergeordnet. Während das saustarke „Restraining Order Blues“ in stampfender und shuffelnder Art und Weise seinem Namen alle Ehre macht (wieder mit Malones unwiderstehlichem Slidegezurre), strotzt der herrlich knackige und melodische Rootsrocker „Chattahoochee Boogaloo“ wieder mit wunderbarer, gut gelaunter Südstaaten-Atmosphäre.

„Launig“ bleibt es dann auch beim, mit einem Augenzwinkern in den Rückspiegel blickenden und sehr humoresken „Weed And Wine“. Hier beeindruckt Michelle zudem mit ihren exzellenten Harpspielqualitäten. Gegen Ende verlässt sie dann das Blues Rock-Terrain ein wenig und leistet sich zwei kurze, sehr niveauvoll gestaltete Ausflüge in den poprockigen Indie-Bereich („14th Street And Mars“ und „Sunburn“), um dann mit der gefühlvollen Ballade „Candle For The Lonely“ (vornehmlich mit Cello und Piano instrumentiert) zu einem erneut überraschenden Finale zu kommen.

Michelle Malone hat mit ihrem aktuellen Silberling „Debris“ dem (Damen) Roots-/Blues Rock-Genre eine regelrechte Frischzellenkur verpasst und liefert das bisher wohl unangefochtene Glanzstück ihrer Karriere ab. „This hard-edged album is a winning combination of classic-rock and blues styles, with Malone’s full-bore shouting and singing paired with her own melodic and rocking guitar parts and no-nonsense songwriting, keeping the sound raw and dirty.“ Das unterschreiben wir blind! Famose Roots-/Bluesrock Frauen-Power!

SBS Records (2009)
Stil: Blues-/Roots Rock

01. Feather In A Hurricane
02. Yesterday’s Make Up
03. Debris
04. Undertow
05. Marked
06. Restraining Order Blues
07. Chattahoochee Boogaloo
08. Weed And Wine
09 14th Street And Mars
10. Sunburn
11. Candle For The Lonely

Michelle Malone
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Bärchen Records

 

ZZ Top – La Futura – CD-Review

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U.S.-Ausgabe des neuen Albums der Rauschebärte aus Texas! Kult-Trio trifft auf Kult-Produzent! Geschlagene neun Jahre nach ihrem letzten Album „Mescalero“ haben sich ZZ Top für ihr neues Werk, dem fünfzehnten insgesamt in ihrer jetzt 42 Jahre währenden Karriere (!) mit Rick Rubin (besonders bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Johnny Cash oder den Red Hot Chili Peppers) zusammengetan. „La Futura“ heißt der lang von ihren Fans herbei gesehnte, neue Silberling.

Mit der Zukunft und dem Zurück kennen sich die Herren Gibbons, Hill und Beard ja bestens aus, denn schließlich waren sie seiner Zeit Part des Blockbusters „Zurück In die Zukunft 3“ (mit Michael Fox), eine Phase, die mit den „Eliminator“- und „Afterburner“-Alben, den unbestrittenen kommerziellen Höhepunkt ihres Schaffens markierte, ihnen aber auch von Seiten der Hardliner einiges an Kritik einbrachte. Mit „La Futura“ kehren sie teilweise in diese Zeit zurück, ohne dabei aber den letztgenannten Teil ihrer Fanschar allzu sehr zu verschrecken. „Ein, wie die zehn Stücke dann nachhaltig darlegen, wunderbar gefundener Kompromiss zwischen modern und „back to the beginning“.

Und es knarzt gleich herrlich mit der Single „Gotsa Get Paid“ los. Kratzige E-Gitarren-Riffs von Gibbons, gepaart immer wieder mit Rhythmus-Unterbrechungen, dazu garniert mit den typischen Soli. Man denkt direkt an Songs wie „I Thank You“ oder „Cheap Sunglasses“ vom starken „Deguello“-Werk zurück. „Cartreuse“ (saustarkes Intro a la“„La Grange“ oder „Beer Drinkers“…) ist ein prächtig stampfender Boogie, „Comsumption“ in fließendem Übergang glänzt durch Slide und ein herrlich trockenes E-Gitarren-Solo. Tom Hambrige assistierte Billy bei den zwei wohl am meisten mit Hitpotential ausgestatteten Tracks. Zum einen der zwar irgendwie an „Rough Boy“ erinnernde, aber überhaupt nicht so triefende Slow Blues „Over You“ und das mit viel Flair der berühmten „Eliminator“-Scheibe behaftete „I Don’t Wanna Lose, Lose You“ (mit tollen Les Paul-Nadelstichen, starkem Solo, pumpendem Bass von Hill). Harp-lastig geht es in grooviger Texas Blues Rock-Manier bei „Heartache in Blue“ zu. Hier quäkt der einzige Gastmusiker James Harman (neben D. Sardy und Joe Hardy) samt seiner Mundhamonika mit Billy Gibbons‘ furiosen Vintage-angelehnten E-Gitarren-Attacken um die Wette. Klasse gemacht! Stark hier auch Billys typisch heiserer Gesang.

Bei dem mit einem AC/DC-Riff durchtränkten „Flyin‘ High“ schäumt Gibbons im Refrain vor Euphorie fast über. Das Stück hat sogar dezenten Southern Rock-Charakter, ganz kurz heulen auch mal die Double Leads auf. Mit aus der Feder von Gillian Welch stammt (neben „Over You“) ein weiterer, diesmal mit einer Portion Tex-Mex angereicherter, schwermütiger Schwofer namens „It’s Too Easy Mañana“. Am Ende gibt es eine schöne Instrumental-Variation.

Die abschließenden „Big Shiny Nine“ und „Have A Little Mercy“ lassen erneut unweigerlich Assoziationen an frühere Tracks wie „I Thank You“ oder „Waiting For The Bus“ & Co. aufkommen. Gibbons hat sichtlich Spaß und fordert Dusty Hill („Come on Dusty“) sogar kurz zum Mitsingen auf. Nach Ende der zehn kompakten Tracks hält man eine Weile vor Hochachtung inne.

ZZ Top zeigen auch nach 42 Jahren absolut keine Altersmüdigkeit. Auf „La Futura“ meistern sie den Spagat zwischen Retro und Moderne eindrucksvoll und müssten eigentlich alle ihre Anhänger glücklich machen. Rick Rubin ist eine schön klare und kräftige Produktion gelungen. Eine lohnenswerte Zusammenarbeit. Die Gitarrentöne von Billy Gibbons sind eine einzige Wucht. Auch in der zweiten Dekade des neuen Jahrtausend ist der Dreier aus Houston einfach eine sau-coole Truppe (und bleibt es hoffentlich noch lange). Und scheinbar auch immer noch für eine Überraschung gut!

American Recordings (2012)
Stil: Texas Blues Rock

01. Gotsta Get Paid
02. Chartreuse
03. Consumption
04. Over You
05. Heartache in Blue
06. I Don’t Wanna Lose, Lose, You
07. Flyin‘ High
08. It’s Too Easy Mañana
09. Big Shiny Nine
10. Have a Little Mercy

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Brandon Jenkins – Through The Fire – CD-Review

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Er darf sich mit Fug und Recht mit dem Titel einer Red Dirt-Legende schmücken, schließlich ist er schon seit Mitte der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts fester Bestandteil der Szene und liefert seitdem in regelmäßigen Abständen qualitativ hochwertiges Album nach dem nächsten ab. Und auch mit seinem neuen Werk „Through The Fire“ weiß der rauschebärtige Glatzkopf mit Vorliebe für reichhaltige Körperbemalung abermals nicht nur voll zu überzeugen, sondern liefert ein wahres Prachtteil zeitgemässen, variantenreichen, texanischen Rootsrocks ab. Seine Musik hat sich seit Beginn seiner Karriere stetig weiterentwickelt.

Mittlerweile hat der Mann mit der markanten Stimme eine ganz eigenwillige, einrigartige und extrem spannende Mischung aus Country, Storytelling, rauem (Texas)Blues und Southern Rock entwickelt, mit der er in der Sparte schon fast eine Sonderstellung einnimmt. Auf „Through The Fire“ präsentiert er seinen Fans 12 nagelneue Tracks (satte Gesamtspielzeit von über einer Stunde), die diesmal seine ganze Vielseitigkeit noch mehr offenbaren und vereinzelt auch mit ein wenig Experimentierfreudigkeit spielen . Jenkins hat natürlich alle Stücke selbst komponiert, zusammen mit David Percefull produziert, er singt, bedient die Harp, das Piano, sowie die Akustik- und E-Gitarre. Und das alles macht er großartig.

Für die Einspielung hat er sich auf einen relativ kleinen, aber sehr exklusiven Kreis an Musikern festgelegt, die zum Teil auch schon auf dem Vorgänger „Above The Sun“ präsent waren. Als belebende Elemente erweisen sich die Neubesetzungen in der Rhythmusfraktion mit den Bass-Leuten Tommy Munter und Austin Gilliam sowie dem stark auftrumpfenden Drummer Phil Hook. Schon das eröffnende Titelstück ist ein Genuss. In ganz entspannter Atmosphäre setzt Brandon zu filigraner, ganz klar klingender Akustikgitarrenuntermalung und Percefulls sanft hallender Orgel immer wieder seine Mundharmonika in wunderbarer, allerbester Neil Young-Manier ein . Ähnlich auch das folgende, bärenstarke, über 7-minütige „Burn Down The Roadhouse“, wobei hier dann aber statt der Harp die E-Gitarre die Akzente setzt, inklusive eines feurigen, tollen, finalen Solos Für den kraftvollen Roots-Boogie „Horsemen Are Coming“ wurde passend ein galoppierender E-Gitarren/Bass/Drum-Rhythmus gewählt (fast so wie bei „Ghost Riders In The Sky“), der prima Spielraum für klasse Orgel- und E-Gitarren-Soli bietet.

Im weiteren Verlauf setzt Jenkins auf viel Atmosphäre und Abwechslung. „Oh What Times We Live In“ wird vom Dialog zwischen Brandons Akustikgitarre und Percefulls Bariton-E-Gitarren-Spiel getragen, „Going Down To New Orleans“ erhält durch Matt Melis Akkordeon und seine rauschenden Mini Moog-Einsätze eine fröstelnde, beklemmende,. psychedelische Note, „Tattoo Tears“ ist eine angenehme, bluesige Rockballade und der vielleicht eingängigste Song der CD. Schöne Harmoniegesänge steuert hier Barbara Nesbit bei. Fast kammermusikartig verläuft „In Time“ (Brandon am Piano, trauriges Cello-Solo von Brian Standefer). Country mit The Marshall Tucker Band-ähnlichem Flair bietet das herrliche „Dance With The Devil“, wobei Kim Deschamps sein großartiges Pedal Steel-Spiel effektboll in Szene setzt (inkl. starkem Solo).

Was man in Texas unter kernigem Blues Rock versteht, demonstrieren die herrlich groovigen „Leave The Lights On“ und das furiose 8 Minuten-Instrumental „Ridgemont Street“. Großartige die trockene und sehr kräftige Rhythmus-Arbeit von Tommy Munter und Phil Hook, fast im legendären Double Trouble-Stil, die E-Gitarrenarbeit erinnert gar an Großtaten von Stevie Ray Vaughan, Storyville oder ZZ Top. Mann, was Hook beim Instrumental „Ridgemont Street“ an Trommelwirbeln ablässt, ist schon beeindruckend. Sollte es auf dieser Straße ähnlich zugehen wie in diesem Song, dann dürfte dort das satte Leben pulsieren. Ganz stark gespielt.

Auch Jenkins‘ E-Gitarren-Arbeit ist fulminant. Der quirlige Footstomper „Daddy Song“ und das abschließende „Mountain Top“ (abermals mit dezenter Marshall Tucker-Note) sind wieder mehr Country-orientiert und bilden auf dem so variablen, aber nie die Geschlossenheit vermissenden Gesamtwerk einen saustarken, harmonischen Abschluss. Auf „Through The Fire“ präsentiert sich Brandon Jenkins erneut in absoluter Top-Form und zeigt, dass seine „musikalische Flamme“ lichterloh brennt. Tolle Scheibe! „Absolute hot stuff“!

Smith Entertainment (2013)
Stil: Red Dirt

01. Through The Fire
02. Burn Down The Roadhouse
03. Horsemen Are Coming
04. Oh What Times We Live In
05. Going Down To New Orleans
06. Tattoo Tears
07. In Time
08. Dance With The Devil
09. Leave The Lights On
10. Ridgemont Street
11. Daddy Say
12. Mountain Top

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Steve Schuffert – Destination Anywhere – CD-Review

Der aus Nashville stammende Steve Schuffert ist durch und durch ein Vollblutmusiker. Mit seiner Steve Schuffert Band hat er sieben CDs eingespielt und sich in Europa, natürlich auch bei uns in Deutschland, mit hunderten von Konzerten in die Herzen der Rock- und Blues Rock-Liebhaber gespielt. Bei seinen Shows, die fast nie unter 2 ½ Stunden (meist darüber) ablaufen, gibt er immer alles. Ein echter Malocher und Sympathieträger zugleich. Mittlerweile hat er seine Band auf Eis gelegt und weilt jetzt auf Solopfaden (es deutet sich aber bereits mit einer geplanten Tour ein erneuter „Rücktritt vom Rücktritt“ an). Sein neues Werk „Destination Anywhere“ hat er jedefalls (fast) im Alleingang abgewickelt. Lediglich Background-Sängerin Chris Daniecx und Grammy Gewinner Ray Kennedy (Mixing) halfen etwas aus.

Steve spielt alle Instrumente (Electric & Acoustic Guitars, Bass, Mandolin, Lap Steel, Keyboards, Drums & Percussion) selbst und zeigt sich auch für den gesamten Rest (bis auf die o.a. Punkte) allein verantwortlich. Selbst die sehenswerten Bilder des Digipacks (Steve in Anlehnung an Stevie Ray Vaughan auf seinem „Step Two“-Album mit einer Martyn-Akustik-Gitarre auf einem Bahngleis in einem Waldstück während des Indian Summer) wurden von ihm mit Selbstauslöser geschossen. Nach ausgiebigem Hören des Werkes und unter der Berücksichtigung aller genannten Dinge bleibt nur eine Schlussfolgerung: Schuffert befindet sich auf dem Höhepunkt seines kreativen Schaffens! Das Album ist ein wahrer Genuss! Feinster, eingängiger, knackiger, geradeaus gespielter Gitarren-Rootsrock mit viel Southern-, Blues- und Countryrock-Esprit, der einfach prächtig hängen bleibt.

Die dreizehn Stücke strotzen nur so vor Spielfreude, starker Melodik, Variabilität und einem Schuffert, der sichtlich Spaß an seinen Kompositionen hat. Los geht es gleich mit dem fetzigen Rocker „A Good Time All The Time“ (schöner Titel), der durch Daniecx’s Hintergrund-Gesang und Schuffert’s zündendes E-Gitarren-Spiel (vor allem das Skynyrd-ähnliche Solo) viel Southern Rock-Flair verbreitet. Ein rasanter Auftakt. Schön Roots-poppig geht’s mit dem viel positive Stimmung verströmenden „Old Love New“ weiter. „When Love Comes Around“ hat etwas swampiges, mit seinen klasse Akkordeon-artigen Keyboards in Kombination mit rockigem E-Gitarrenspiel. Erzeugt einen interessanten Sound zwischen Rock, Cajun und Heartland. Klasse!

Das mit Daniecx zusammengeschriebene „Runnin’ Away“ erfreut mit einem peppigen Mandolinen-/E-Gitarrenrhythmus (kurze Twin-Passage), ebefalls als fröhlicher Gute Laune-Song. Die folgenden zwei Stücke zeigen Schuffert als glänzenden Akustikgitarristen. Herrlich klar sein Spiel beim baumstarken Johnny Cash-Tribute „Johnny’s Going To Jail“. Exzellent wie Steve hier Cash’s Gesang und Spielweise mit seinen eigenen Ideen kombiniert und dabei einen großartigen Spannungsbogen zwischen Country und Rock aufbaut, inklusive eines feurigen Slide-Solos inmitten des ansonsten akustischen Rahmens. Sehr erdig und rootsig, einfach toll gemacht! „Back On The Road Again“, „That Ain’t Love“ und der fulminante Titeltrack „Destination Anywhere“ zeigen dann wieder den typischen Steve Schuffert, wie man ihn von seinen unzähligen Live-Auftritten her kennt: Herrlich treibender, riffender, dabei immer melodischer Blues Rock mit vielen filigranen und würzigen E-Gitarrenparts. „Destination Anwhere“ rockt wie die Hölle (ZZ Top-mäßiges E-Gitaren-Solo), die dreckigen Backs von Chris Daniecx sind eine Wucht.

Die danach „nötige Ruhepause“ gewährt das wieder sehr melodische, leicht Country-und Southern-infizierte „Caroline“, das einen leichten Touch von dem Outlaws-Hit „There Goes Another Love Song“ abbekommen zu haben scheint. Natürlich darf auch der beühmte Schuffert’sche Slow Blues nicht fehlen. „Riding On Rims“, der mit 5 ½ Minuten längste Track des Albums (fast alle anderen bewegen sich im kompakten 3 ½-Minuten-Bereich), bietet eine tolle Melodie, klaren Gesang und Steve’s filigrane, sich abwechselnde Akustik- und Strat-Arbeit in Perfektion. Ein weiterer Killersong! „Lost And Found“ bietet danach melodischen, entspannten Countryrock-Stoff. Nett hier die recht untypischen, aber den Song auflockernden Synthie-Tupfer im Refrain. Am Ende (passend zur Coveratmosphäre mit den Gleisen) hört man bei „Depature“ das typische Bimmeln zur Ankündigung eines Güterzuges, was man aus unzähligen Western kennt, kurz danach das Pfeifen der eintreffenden Dampflok, Schuffert greift kurz in Delta Blues-Manier zur Akusitikgitarre, der Zug pfeift erneut und rauscht dann leise davon.

Steve Schuffert hat mit „Destination Anywhere“ sein Meisterstück hingelegt. Dieses famose Werk aus Country-, Roots-, Pop-, Rock- Southern- und Blues Rock-Zutaten zeigt den Musiker eindeutig auf dem Gipfel seiner Kreativität und seines spielerischen Könnens. Die Entscheidung zu einem Soloalbum war ein absolut gelungener Schritt in die richtige Richtung! Zu wünschen wäre ihm dafür auch mal eine dementsprechende kommerzielle Würdigung. Unsere vollste Annerkennung ist ihm jedenfalls sicher. Gratulation Steve, zu dieser exzellenten Leistung!

Eigenproduktion (2010)
Stil: Blues Rock & More

01. A Good Time All The Time
02. Old Love New
03. When Love Comes Around
04. Runnin‘ Away
05. Straight Down The Line
06. Johnny’s Going To Jail
07. Back On The Road Again
8. That Ain’t Love
09. Destination Anywhere
10. Caroline
11. Riding On Rims
12. Lost And Found
13. Departure

Steve Schuffert
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