Brandon Jenkins – VII – CD-Review

Der aus Tulsa, Oklahoma stammende, aber mittlerweile in Austin, Texas lebende Brandon Jenkins wirkt mit seiner bulligen Statur, dem kahl geschorenem Schädel sowie seinen vielen Tattoos eher wie ein hartgesottener Vertreter der Wrestling- oder Heavy Metal-Szene. Weit gefehlt, denn in Wirklichkeit zählt der großartige Singer/Songwriter zu den ganz ambitionierten Vertretern des Texas/Oklahoma „Red Dirt“-/Roots-/Americana- und Progesssive-/Alternate Country-Movements.

Der Bursche genießt in seiner Heimat ein immens hohes Standing! Sein starkes neues, mittlerweile siebtes Album, im schönen Digi-Pack, mit allen Texten versehen, hat er schlicht „VII“ benannt. Was wir geboten bekommen ist erstklassiger, schön trocken, ursprünglich und völlig zwanglos gespielter „Red Dirt“-/Rootsrock voller Outlaw Countryrock-Tendenzen, bluesiger Momente, Heartland-Rock-Flair und kerniger Southern-Würze! Sämtliche zehn Stücke stammen aus Jenkins‘ eigener Feder, bei zweien assistierte ihm der auf der Scheibe immer wieder furios aufspielende Gitarrist (auch präsent an Dobro und Mandoline), der sich „SoupBone“ nennt (wer immer sich dahinter verbirgt). Produziert hat Brandon selbst!

Zumeist geht es auf dem Album recht rockig und „rough“ zu Werke, lediglich zum Schluß des Albums gibt’s drei ruhige, in einem wunderbaren semi-akustischen Gewand verpackte Nummern. Das gesamte Material bleibt prächtig hängen! Mit „Why Did We Ever Say Goodbye“ erleben wir direkt zum Einstieg einen herrlich melodischen, knackigen, flockig flotten Rootsrocker, der von einer entspannten Akustikgitarre und recht angenehm eingestreuten E-Gitarren dominiert wird. Akzente setzt hier Brandon’s Tour-Gitarrist Chris B. Ware, der in der Vergangenheit schon mit so bekannten Leuten wie Rob Thomas, Keith Urban, den Arc Angels oder auch Storyville zusammengearbeitet hat.

Pulsierende, nach vorn treibende Drums, raue, klasse E-Gitarren-Riffs, inklusive eines bärenstarken, glühenden Solos (da kommt einem gar The Marshall Tucker Band in den Sinn) bringen dann bei „Call Of The Road“ Red-Dirt-/Southern-Feeling pur. Ein ganz starker Song! Das Album enthält eine ganze Anzahl von Stücken, die sich, trotz des „angerockten“ Ambientes im Balladen-, bzw. Midtempo-Bereich bewegen (beispielsweise die prächtige Alternate Country-Ballade „All I Ever Wanted“, die mit ihrem exquisiten Gitarrensound gar ein wenig an Buddy Miller erinnert), wobei Jenkins‘ warme, angenehme Bariton-Stimme und sein ausgezeichnetes Akustikgitarrenspiel in echter Singer/Songwriter-Manier im Vordergrund stehen.

Durch die Zugabe der vielen, feurigen E-Gitarrenparts, aber auch mal eines Dobros, einer Mandoline oder sparsam gehaltener weiblichen Background Gesänge wirkt die Sache allerdings nie langweilig, zumal die Geschichte zwischendurch immer wieder mit temperamentvollen Hochkarätern wie „Saturday Night“ (herrlich rhythmischer Countryrocker, klasse Slide-Spiel) oder dem famosen, rauen Psychedelic-Blues-Roots-Gitarren-Rocker „Livin’ Down On The Line” (erinnert schon fast an “Stranglehold” von Ted Nugent – mächtig dreckige, satte Lead Gitarren-Läufe) aufgelockert wird.

Ein besonderes Highlight der CD ist darüber hinaus das exzellente, sehr entspannte, ruhige „Painted On Smile“, bei dem Jenkins‘ rootsiger Gesang fast sieben Minuten lang vom großartigen Wechselspiel seiner klaren Akustikgitarre und SoupBone’s filgiraner E-Gitarre (bewegt seine Finger fast in lockerer Toy Caldwell-Manier über die Saiten) begleitet wird. Das ist schon große Klasse! Angenehmer, ehrlicher und sehr authentischer Roots-/Americana-/Alternate Country-„Red Dirt“-Stoff eines großartigen Künstlers, der es wahrlich verdient hat, auch über die Grenzen Texas‘ und Oklahoma’s hinaus die Aufmerksamkeit zu erlangen, die ihm zusteht. Sein neues Album „VII“ ist dazu der ideale Einstieg! Stark!

Smith Entertainment (2006)
Stil:  Red Dirt

01. Saturday Night
02. Call Of The Road
03. Why Did We Ever Say Goodbye
04. All I Ever Wanted
05. When I Look In Your Eyes
06. Stay Here With Me
07. Livin Down On The Line
08. The Ghost
09. I Still Think Of You
10. Painted On Smile

Brandon Jenkins
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Bärchen Records

Eric Clapton & Friends – The Breeze – An Application Of JJ Cale – CD-Review

Ich bin mir sicher, dass es vermutlich kaum eine weitere Person so hart getroffen hat wie Eric Clapton, als er im letzten Jahr vom plötzlichen Herzinfarkt-Tod JJ Cales, einem seiner größten musikalischen Einflussgeber, erfahren hatte. Auch ich war natürlich traurig über den Verlust des eigenbrötlerischen Singer/Sonwriters aus Tulsa/Oklahoma, der in meiner Tonträger-Sammlung mit recht vielen Exemplaren vertreten ist.

Zumal mich auch ein besonderes Erlebnis mit ihm verbindet. Ich erinnere mich noch genau, wie ich am Tage meines 18. Geburtstages an einem regnerischen Montagmorgen (es war Rosenmontag) mit ca. 30 Bekannten/Schulkameraden im 16qm großen Raum meines kleinen Appartements im Haus meiner Eltern in einer Kombination aus Geburtstagsfeier und Frühschoppen bei belegten Brötchen und jeder Menge Bier in feucht-fröhlicher Stimmung zusammenhockte. Einer von diesen hatte mir Cales gerade herausgekommene LP „Shades“ geschenkt, die dann natürlich als Kontrast zum Karnevals-Gedudel auch auf den Plattenteller geworfen wurde. Später wurde dann in einer damals legendären Rheinberger Rockkneipe bis in die späten Abendstunden (sofern man noch konnte…) weitergefeiert.

Eric Clapton, der sich mit The Road To Escondido, in Form einer direkten Zusammenarbeit mit Cale, vor einigen Jahren einen großen Wunsch erfüllt hatte, hat jetzt nochmals einen illustren Kreis an Musikern (zum Teil auch aus dem Dunstkreis seiner Crossroads Guitar Festivals) zusammengetragen, um seinem langjährigen Weggefährten post mortem Tribut zu zollen.

Angesichts der unbestrittenen Qualität der mitwirkenden Leute ist letzten Endes auch ein sehr schönes Werk entstanden, das den eigenwilligen Spirit des introvertierten Troubadours schön widerspiegelt. Mr. Slowhand ist bei allen Stücken gitarrentechnisch, sowie in Sachen Lead- oder Backingvocals vertreten. Auf „I’ll Be There (If You Ever Want Me)“ zeigt er, dass er es auch auf der Dobro kann.

Clapton eröffnet dann auch den aus insgesamt 16 Tracks bestehenden Reigen mit einer schönen Version von „Call Me The Breeze“. An diesem Stück hatte sich ja bereits John Mayer auf seinem letzten Werk Paradise Valley ebenfalls sehr gekonnt versucht, der hier auch bei starken Stücken wie „Lies“, „Magnolia“ oder „Don’t Wait“ erheblich mit von der Partie ist.

Eine der großen Überraschungen ist für mich persönlich Tom Petty. Der entpuppt sich auf Songs wie „Rock And Roll Records“ und „I Got The Same Old Blues“ (auch wenn hier Skynyrds legendäre Coverversion unerreicht bleibt) als Meister der Imitation. Er singt hier Cale zum Verwechseln ähnlich, sodass man teilweise meint, JJ hätte selbst vor dem Mikro gestanden.

Ein weiteres Schwergewicht auf diesm Album ist zweifelsohne Mark Knopfler. Traumhaft sein typisches Fingerpicking auf dem herrlich entspannten „Someday“. Da hat man nicht nur Lust, sowohl Cales alte Scheiben rauszukramen, als auch Marks Sologeschichten wie „Road To Philadelphia“ oder „Shangrila“, genau wie die alten Dire Straits-Sachen mal wieder einzuwerfen. Klasse dann vor allem das direkte Zusammentreffen von ihm und Eric auf „Train To Nowhere“, wo beide dann auf ihren Lieblingsgeräten mal richtig zaubern (auf „Someday“ ist es eher eine Knopfler-Solo-Performance).

Einen eher unauffälligen und soliden Gesangs-Part erledigt der mir nicht bekannte Singer/Songwriter Don White („Sensitive Kind“, „I’ll BeThere“ und „Train To Nowhere“). Lediglich Willie Nelson – zwar aufgrund seiner ebenfalls kauzigen Art durchaus mit Cale seelenverwandt – wirkt auf dieser Compilation trotz eigenwilliger Leistung ein wenig wie ein Fremdkörper. Sein durchaus gelungenenes countrylastiges „Songbird“ (klasse Slide von David Lindley, schön quäkige Harp von Michael Raphael), und das wirklich furchtbar schräg dahin genöhlte „Starbound“ wirken im geballten Stratocaster-Aufkommen der restlichen Stücke wie Fremdkörper. Ein Vince Gill wäre hier vielleicht die bessere Alternative gewesen. Weitere markante Gäste sind noch Leute wie Albert Lee, Derek Trucks, Reggie Young, Doyle Bramhall II, Don Preston, sowie die Cale-Veteranen Jim Karstein und Jamie Oldaker.

Am Ende darf man sich dann zusammen mit Eric und JJs langjähriger Begleiterin und Ehefrau Christine Lakeland bei „Crying Eyes“ eine Gedächtnis-Träne für John Weldon Cale alias JJ Cale aus dem Auge drücken. Insgesamt ist Eric Clapton, der mittlerweile ein Großteil seiner Freizeit auf Antigua verbringt (würde mir auch gut zu Gesicht stehen…) mit „The Breeze – An Appreciation Of JJ Cale“ ein sehr feinfühliges Tribut an den Meister der Laid Back-Gesangs- und Gitarrenkunst gelungen. R.I.P. JJ Cale!

Polydor/Universal (2013)
Stil:  Blues Rock / Country Rock

01. Call Me The Breeze (Vocals Eric Clapton)
02. Rock And Roll Records (Vocals Eric Clapton & Tom Petty)
03. Someday (Vocals Mark Knopfler)
04. Lies (Vocals John Mayer & Eric Clapton)
05. Sensitive Kind (Vocals Don White)
06. Cajun Moon (Vocals Eric Clapton)
07. Magnolia (Vocals John Mayer)
08. I Got The Same Old Blues (Vocals Tom Petty & Eric Clapton)
09. Songbird (Vocals Willie Nelson & Eric Clapton)
10. Since You Said Goodbye (Vocals Eric Clapton)
11. I’ll Be There (If You Ever Want Me) (Vocals Don White & Eric Clapton)
12. The Old Man And Me (Vocals Tom Petty)
13. Train To Nowhere (Vocals Mark Knopfler, Don White & Eric Clapton)
14. Starbound (Vocals Willie Nelson)
15. Don’t Wait (Vocals Eric Clapton & John Mayer)
16. Crying Eyes (Vocals Eric Clapton & Christine Lakeland)

Eric Clapton
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J.J. Cale

Shannon Curfman – What You’re Getting Into – CD-Review

Die aus North Dakota stammende Amerikanerin Shannon Curfman ist eines dieser (meist schnell) gehandelten Wunderkinder der Blues Rock-Szene, obwohl man in diesem Genre schon in der Regel dazu zählt, wenn man sein Debüt unter 60 Jahren schafft, oder? Aber nein, im Ernst, ihr Erstwerk „Loud Guitars, Big Suspicions“ im Jahr 1999 mit gerade mal vierzehn Lenzen war schon wirklich beeindruckend, das Mädel hat mit ihrer kräftigen Stimme und ihrem virtuosen Gitarrenspiel enormes Talent in die Wiege gelegt bekommen und diese Gegebenheiten auch blendend genutzt.

Danach habe ich sie etwas aus dem Auge verloren und ihre EP von 2006 sowie das Nachfolgewerk von 2007 gar nicht so mitbekommen, die Kritiken waren allerdings wohl nicht so berauschend wie beim Erstling. Mit dem aktuellen Album „What You’re Getting Into“ knüpft sie wieder an ihre alte Form an. Aus der spindeldürren Fahrradspeiche von einst ist mittlerweile eine recht gutbeleibte Person geworden, was sich vor allem auf ihr ohnehin immenses Stimmvolumen noch positiver ausgewirkt hat.

Sieben Eigenkreationen stehen dabei drei Fremdkompositionen gegenüber. Die Curfman-Stücke bieten dynamischen, kräftigen Blues Rock mit all seinen Facetten (von straightem Rock über Delta Blues bis hin zu swampigen, psychedelischen und Fusion-Elementen) immer in Verbindung mit ihrer herrlich rotzigen Röhre, die teilweise auch einer Beth Hart ähnelt. Meine Favoriten sind hier das eröffnende Titelstück (Drumpoltern, starkes E-Solo, Harmoniegesänge) und das slidelastige „Curious“, mit der in Framptonscher Manier gebrachten Wah-Wah-Einlage. Mir fehlt eigentlich nur, dass sie, anders wie beim Debüt, mal Luft zum Atmen gewährt. Die schönen, melodischen Tracks im Stile einer Sheryl Crow von damals sucht man hier vergebens, es wird von vorne bis hinten Gas gegeben.

Bei den drei Covernummern nimmt Shannon es dann mit drei ganz Großen der Rockmusikgeschichte auf. Zum einen bringt sie im Duett mit Joe Bonamassa das
Eric Clapton-/Marcy Levy-Stück „The Core“ vom legendären „Slowhand“-Album (als erfrischendes Update, klasse Gitarrenspiel von beiden, vokaltechnisch gesehen singt Shannon den guten Joe natürlich locker an die Wand), zum zweiten eine klasse Version von Queens „Dragon Attack“, eine eher weniger im Rampenlicht stehende Brian May-Kreation von deren kommerziell äußerst erfolgreichen Scheibe „The Game“ (u.a. mit „Another One Bits The Dust“ und „Crazy Little Thing Called Love“) hier in einer recht rauen, dezent psychedelischen Präsentation und zu guter Letzt eine hervorragende, dynamische Neueinspielung des Fleetwood Mac-/Peter Green- Klassikers „Oh Well“ (herrlich feurige Gitarren und Soli).

Die Curfman-Version sollte sich Peter Green besser nicht anhören. Shannons brachiales, gesangliches Gekeife könnte erneut auf ihn eine ähnlich verstörende Wirkung haben, wie der damalige, ominöse LSD-Trip in der Landshuter Landkommune, von dem sich Green der Legende nach angeblich bis heute geistig nicht mehr richtig erholt hat. Ich vermute allerdings eher, dass die Gefahr des unerträglichen Anblicks vom kopulierfreudigen Rainer Langhans in nüchternem Zustand der wahre Grund gewesen ist, sich der Rückkehr in die ‚reale‘ Welt zu verweigern…

Alles in allem hat Shannon Curfman mit „What You’re Getting Into“ die Kurve wieder bekommen. Aus dem einstigen Wunderkind ist mittlerweile eine reife junge Dame und Musikerin geworden. Ähnlich wie Davy Knowles mit „Coming Up For Air“ hat sie ein kurzweiliges Werk geschaffen, das dem oftmals angestaubten Genre mit seiner Frische, Kraft und Dynamik mehr als gut tut. Die Produktion (Shannon mit Jason Miller) ist glasklar und fett, alle Song-Texte sind im Booklet enthalten. I gladly got into it!

Purdy Records (2010)
Stil:  Blues Rock

01. What You’re Getting Into
02. Free Your Mind
03. The Core
04. Heaven Is In Your Mind
05. All I Have
06. Curious
07. Oh Well
08. What Would Mama Say
09. Dragon Attack
10. Strange

Shannon Curfman
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Bärchen Records

Michael Lee Firkins – Yep – CD-Review

Ich glaub, ich steh im Wald! So oder so ähnlich geht es einem nicht nur nach Betrachten des Fantasy-Art-Covers von Michael Lee Firkins‘ neuer CD „Yep“. Da posiert er mit seinem Lieblingsgerät innerhalb eines solchen vor einem monumentalen Baumstamm. Nein, auch musikalisch fühlt man sich in eine sumpfige Waldlandschaft irgendwo im tiefen Süden der Staaten versetzt, aus der von irgendwo swampige Jam Rock-Töne erklingen. In einer auftauchenden Lichtung erblickt man eine alte Holzhütte, auf deren Veranda diverse Boxen, Verstärker, Kabel, eine mit Bierdosen gefüllte Kühltruhe sowie diverse herumstehende Whiskeyflaschen zu erkennen sind.

Inmitten dieses einsamen, ungestörten Ambientes haben sich vier langhaarige Typen etwas reiferen Alters mit ihren Instrumenten gemütlich im Kreis zusammengesetzt und erzeugen in entspannter Atmosphäre die vernommenen, in diesem suggerierten Zusammenhang schon fast ein wenig mystisch erscheinenden Klänge. Es handelt sich dabei um Herrn Michael Lee Firkins, den Hauptprotagonisten dieses Werkes, samt seiner Mitstreiter Chuck Leavell, Andy Hess und Matt Abts, unseren Lesern allseits bekannt durch ihr Mitwirken in diversen Superbands wie den Allman Brothers, Rolling Stones, Black Crowes oder Gov’t Mule, etc.

Michael Lee Firkins‘ bisherige musikalische Vita besteht, genau wie ihr recht unregelmäßiger Verlauf, aus einem Sammelsurium von ziemlich unterschiedlich gestalteten Werken. Einig ist man ist sich in der Kritikerschaft, dass er zu der Spezies der außergewöhnlich guten Gitarristen gezählt werden kann. Das bekannte Magazin ‚Guitar For The Practicing Musician‘ bezeichnete ihn mal als ‚One of the most influential Players of the next ten years‘. Aber auch sein Gesang (mit viel Southern-Soul in der Stimme) kann sich hören lassen, wie sein neues Album „Yep“ eindeutig beweist.

Die eingespielten Kollegen Abts und Hess bilden das gewohnt starke Rhythmus-Fundament für solche Art von Musik. Abts passt sein Drumming der jeweiligen Situation perfekt an, Hess muss mit seinem Tieftöner gegen die geballte Kraft der anderen natürlich im Hochleistungspumpmodus anzupfen. Aber wo er zugange ist, braucht man sich eigentlich nicht zu sorgen, dass da nicht was Vernünftiges zustande kommt.

Chuck Leavell bedient das Piano eher dezent und ist mehr auf das Betätigen der Orgel fixiert. Er bildet hier, gerade was das Solieren betrifft, das ergänzende Element zu Michaels Gitarrenvariationen. Heimlicher Star ist auf diesem Album eindeutig eine Telecaster, die zur Resonator-Gitarre modifiziert wurde, auf der Firkins vom Dobro-ähnlichen bis zum elektrischen Sliden herkömmliches E-Spiel bis zu seinen berühmten Schredder-Einlagen so einiges anstellt. Das ist teilweise richtig furios.

Im 7½-minütigen swampigen Opener „Golden Oldie Jam“ spiegelt sich dann sofort auch so ziemlich alles, was man in der Folgezeit an instrumentellen Finessen geboten bekommt, wider. Klasse bluesig-souliger Gesang, satter Rhythmusteppich durch Abts und Hess, Akustik- und E-Slides, schön gurgelnde Leavell-Orgel, markanter Refrain, Tempowechsel, E-Gitarren-/Orgel-Schlagabtausch im Gov’t Mule/Allman-angehauchten Jam-Teil, dazu durch Firkins eingestreute HT-Pianountermalungen. Klingt wie live im Studio eingespielt.

Ergänzende Einflüsse zu den aus der Vergangenheit der Musiker resultierenden Erfahrungen bei o. a. Bands, sind Southern Rock-Combos wie Lynyrd Skynyrd, Laidlaw („Cajun Boogie“) oder Outlaws („Standing Ovation“ – herrlich hier Michaels Hughie Thomasson-Gedächtnis-Strat-Solo) in ihren Anfangstagen anzuführen. Aber auch klassische Rockbands wie bluesige Whitesnake (zu ihrer „Ready An‘ Willin'“-Phase) bei „No More Angry Man 2“ oder Led Zeppelin mit ihrer psychedelischen Note bei „Out Of Season“ schimmern immer wieder durch. Trotzdem darf auch die jederzeit melodische Ausrichtung fast aller Tracks nicht unerwähnt bleiben.

Grandios die beiden in Slow Blues-Manier gebrachten, ebenfalls wieder über sieben Minuten währenden „Long Day“ und das, wie eine Hommage an den verstorbenen Jeff Healey klingende „Last Call“, bei denen sich die ganze Power der beteiligten Klassemusiker entlädt (toll immer wieder der Dialog zwischen Firkins‘ Gitarrenzaubereien und Leavells Tastenvariationen). Das Ende mittels „The Cane“ bestreitet Firkins dann im Alleingang. Sein Gesang klingt verzerrt wie durch ein Megaphon, er spielt sowohl Bass als auch Drums. Herrlich hier seine rasiermesserscharfen Slides.

Michael Lee Firkins‘ neues Werk „Yep“ hält, was die Konstellation der hochkarätigen Musiker an Erwartungshaltung mit sich bringt. Ein Freudenfest für Southern-, Jam- und Blues-Rockfreunde zugleich, die auf, von filigraner Gitarrenarbeit dominierte Musik der etwas ausgiebigeren Art stehen. Weit über eine Stunde Gesamtspielzeit sprechen zusätzlich für sich. Die Frage nach der Empfehlbarkeit der Scheibe kann von daher mit einem eindeutigen ‚Yep, We Can!‘ beantwortet werden.

Magnatude Records (2013)
Stil:  (Southern) Jam Rock

01. Golden Oldie Jam
02. Cajun Boogie
03. No More Angry Man
04. Standing Ovation
05. Long Day
06. Wearin‘ Black
07. Out Of Season
08. Take Me Back
09. Last Call
10. No More Angry Man (Part 2)
11. The Cane

Michael Lee Firkins
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Bärchen Records

David Grissom – How It Feels To Fly – CD-Review

Als großer Verehrer von David Grissoms Gitarrenkünsten bei Storyville und seinen vielfältigen Saiteninputs bei diversen anderen Künstlern (z. B. auf Bonnie Bishops herrlichem „Soft To The Touch“ und auch bei so einigen Interpreten in meiner geliebten Nashville-Zunft), bin ich natürlich nicht darum herum gekommen, auch seinen Weg als Solo-Künstler zu begleiten.

So bin ich dann auch im Besitz seiner beiden ersten Longplayer. „Loud Music“ und „10,000 Feet“. Jetzt bot sich günstige die Gelegenheit, sein neustes Werk „How It Feels To Fly“ mal zu beleuchten, das Grissom zum ersten Mal unter der Flagge des immer mehr expandierenden Blue Rose-Labels präsentiert.

David setzt dabei seinen von Anfang an beschrittenen Weg kompromisslos fort, eine Mischung aus besungenen Liedern und anspruchsvoll und filigran gestalteten Instrumentalstücken, bei denen natürlich seine famosen Saitenkünste im Vordergrund stehen, markant in Szene zu setzen…

Neu ist hier allerdings und das ist vor allem aufgrund seiner anstehenden Live-Auftritte in unseren Gefilden (sh. unsere Tourtermine – leider kein einziger im westlichen Ruhrgebiet, grrr!) interessant, dass noch zu den acht neuen Studio-Tracks vier Live-Stücke, aufgenommen in Davids Heimat (The Saxon Pub, Austin), dazu gepackt wurden. So erhält man schon mal einen schönen Vorgeschmack auf das, was einen zu erwarten hat.

Hier werden mit „Jessica“ (Allman Brothers) und dem fett abrockenden „Nasty Dogs And Funky Kings“ (ZZ Top, hier in einer furiosen Version) zwei Klassiker geboten, bei denen es Grissom locker mit den Urgesteinen in seiner eigenen Interpretation aufnimmt. Die beiden anderen Sachen sind das intelligent verschachtelte Instrumental „Flim Flam“ (teilweise grandioses Zusammenspiel von E-Gitarre und Orgel) und das Titelstück seiner zwischenzeitlich eingeschobenen EP „Way Down Deep“.

Seine drei Mitstreiter Stefano Intelisano (keyboards), Scott Nelson (bass) und Bryan Austin (drums) wurden (mit einigen wenigen Gästen) auch für die acht Studio-Nummern involviert. Der starke bluesrockige Opener „Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night“ ruft direkt wehmütig alte Storyville-Zeiten in Erinnerung.

Ich ertappe mich immer wieder – auch bei einigen anderen Stücken („How It Feels To Fly“, „Gift Of Desperation“) – wie ich mir innerlich ausmale, wie die Songs wohl geklungen hätten, wenn hier Grissoms charismatischer früherer Bandkollege Malford Milligan am Mikro gestanden hätte. Denn hier kommen wir zum einzigen, allerdings nicht unerheblichen Manko. Grissoms dünner, eher introvertierter und wenig emotionaler Gesang will mich – im Gegensatz zu seinen unglaublichen Gitarrenkünsten – wie auch schon auf seinen Alben zuvor, irgendwie nicht begeistern.

Es ist natürlich legitim, vor allem, wenn er Spaß daran hat, seine selbst kreierten Sachen auch selber zu singen, aber, aus meiner Sicht, wären da andere Leute wesentlich prädestinierter. Irgendwie ist es hier doch dann wie bei dem Spruch vom Schuster und seinen Leisten. Das spürt man vor allem, wenn die beiden Gastsängerinnen Candi Sanders (beim Opener) und Kacy Crowley (bei „Overnight“ und „Satisfied“), mal ihre Stimmorgane mit in die Waagschale werfen.

Ein weiterer von mir verehrter Gastsänger, Drew Womack (solo, Sons Of The Desert), ist beim melodischen Midtempo-Roots-Lied „Georgia Girl“ leider nur marginal in den Harmonies zu vernehmen. So entpuppt sich auch in dieser Reihe das Instrumental „Way Jose“ als der große Höhepunkt. Hier meint man teilweise Gov’t Mule und Santanas Rhythmus-Section hätten sich mit Grissom zu einer Jam-Session versammelt. Instrumentalkost vom Feinsten. Eine wunderschöne Stelle auf dem Werk ist auch, wenn bei „Satisfied“ Davids Akustikgitarrengezwirbel fließend in ein Allman-umwehtes E-Solo übergeht.

David Grissoms „How It Feels To Fly“ beschert dem Hörer erneut instrumentelle Raffinessen en masse. Er entlockt seinem PRS-Gitarrenmodel mal wieder Töne zum Dahinschweben. Toll strukturierte Musik mit viel Substanz und Saitenkünsten mit fast schon himmlischen Zügen. Und das, ohne wirklich ganz dick aufzutragen. Großartig! Lediglich der eher unspektakuläre brave Gesang des Texaners sorgt dafür, doch eine gewisse Bodenhaftung zu bewahren.

Blue Rose Records (2014)
Stil:  (Texas) Blues Rock

01. Bringin‘ Sunday Mornin‘ To Saturday Night
02. How It Feels To Fly
03. Georgia Girl
04. Never Came Easy To Me
05. Way Jose
06. Overnight
07. Gift Of Desperation
08. Satisfied
09. Jessica (Live)
10. Way Down Deep (Live)
11. Flim Flam (Live)
12. Nasty Dogs And Funky Kings (Live)

David Grissom
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Blue Rose Records

Joe Bonamassa – A New Day Yesterday – Live – CD-Review

Joes grandioses Abschlusskonzert einer 60 Gigs umfassenden Tour in Ft. Wayne, Indiana vom 21.12. 2001 jetzt auf CD! Gab es auch schon mal als Bonus-DVD zu der mittlerweile nicht mehr erhältlichen, limitierten Ausgabe seines zweiten Albums „So, It’s Like That“!

Nicht nur in den Staaten, sondern auch dank fleißigen Studioschaffens und regelmäßiger Präsenz in Europa, hat sich Joe Bonamassa mit seinen Spielgefährten Kenny Kramme (Drums) und Eric Czar (Bass) zu einem überaus beliebten Act in der globalen Blues-Rock-Szene gemausert. Kräfteraubende Shows für Band und Zuschauer auf technisch allerhöchstem Niveau sind dabei das Erfolgsrezept.

Ein wohl dosierter Mix aus traditionellen Coverversionen, die aber oftmals dank fetter, groovender, jamartig ausgedehnter Gitarrenarrangements kaum wiederzuerkennen sind, und modern gehaltener Eigenkompositionen, lässt sowohl das Herz altgedienter Bluesfreunde, als auch das des hinterher rückenden Nachwuchses höher schlagen. Bonamassa und Co. betreiben Akkordarbeit im wahrsten Sinne des Wortes.

Dieses Werk transportiert die völlig unverkrampfte, nicht von Starallüren geprägte Atmosphäre bestens herüber. Vom Intro, einer slidegetränkten Gitarrenorgie, geht es über Interpretationen von Rory Gallagher („Cradle Rock“), Clapton („Steppin’ Out“), Jeff Beck („Rice Pudding“), Jethro Tull („A New Day Yesterday“) und Free („Walk In My Shadow“) bis zum abschließenden „Don’t Burn Down That Bridge“ (mit dezentem Cream-Charakter) richtig zur Sache. Die Hütte kocht!

Joes strapaziöses Behandeln von Plektron und Saiten seines Arbeitsgerätes, Kennys Trommelwirbel im Hintergrund und Eric’s knackig pulsierender Bass setzen Maßstäbe in Sachen Blues-Rock-Trio. Selbst bei ezwas ruhigeren Nummern wie „Miss You, Hate You, „Colour & Shape“ oder dem leicht an „Stormy Monday Blues“ erinnernden „If Heartaches Were Nickels“, hat das Publikum aufgrund eingepasster, intensiver Instrumentalpassagen, kaum Zeit zum Durchatmen.

Begeisterte „Joe-Joe-Joe“-Rufe des enthusiastischen Publikums sind der verdiente Lohn für ein beispielloses Blues-Rock-Spektakel, gespickt mit filigranster Gitarrenkunst. „A New Day Yesterday Live“ heißt knappe 72 Minuten Mitfiebern bei „Smokin’ Joe“, wie er leibt und lebt.

Mascot Label Group (2004)
Stil: Blues Rock

01. Jam Intro
02. Cradle Rock
03. Steppin Out/Rice Pudding
04. A New Day Yesterday
05. Miss You/Hate You
06. Walk in my Shadows
07. I Know Where I Belong
08. Colour & Shape
09. Trouble Waiting
10. If Heartaches Were Nickles
11. Don’t Burn Down That Bridge

Joe Bonamassa
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Bärchen Records

Scott Holt – Revelator – CD-Review

Über sein fünftes Solo-Album „Revelator“ konstatiert Scott Holt, dass es seiner Meinung nach sein bestes ist. Er geht im Begleittext des Booklets sogar noch einen Schritt weiter. „This Record is the Truth. It comes from the sounds of Nashville, Memphis and Chicago. It’s for people who know Jimi Hendrix and Son House. It’s for people who know Muddy Waters and Hank Williams.” Keine Selbstüberschätzung, kein übertriebenes Eigenmarketing – er hat einfach recht!

Nach dem Durchhören des Albums fällt einem ein zustimmendes und anerkennendes Nicken nicht schwer. Im Prinzip muss es der Mann (mittlerweile mit Cowboyhut bekleidet) ja auch selbst am besten selbst, denn in Sachen Blues hat der großartige Gitarrist aus Tennessee bereits eine glorreiche Vergangenheit hinter sich. Schließlich spielte er zehn Jahre lang in der Band des legendären Buddy Guy (Carlos Santana bezeichnete diese Zeit einmal als Scotts „musikalisches Universitätsstudium“), bis er sich eines Tages nach reiflichen Überlegungen und schweren Herzens dazu entschloss, es auf Solopfaden zu versuchen.

Und der Erfolg gibt ihm Recht. Scott Holt hat sich bei Kennern von Blues, Rock oder Blues-Rock längst etabliert und wird auch mit „Revelator“ seiner Fangemeinde mehr als nur gerecht. Der Mann lebt seine Musik, man spürt selbst beim Hören im heimischen Wohnzimmer, wie die Schweißtropfen an seinem Arbeitsinstrument herabfließen. Hier bekommt man Authentizität und handwerklich ehrliche Arbeit in einem geliefert. Vor allem Abwechslungsreichtum kommt auf seinem neusten Werk nie zu kurz.

Der Opener „Sunday“, unterlegt mit einer an ein Dobro erinnernde Akustik-Slide und von dezent gospelartig eingeworfenen weiblichen Backs durchzogen, startet noch relativ relaxt und traditionell, danach aber geht mit „Computer Baby“ (dreckig, shuffelig, Boogie-mäßig), „Cut You Loose“ (noch eine Spur rauer und „rougher“ rockend) und „Bad Way Baby“ (intensiv, gefühlvoll, soulig) in die Vollen! Jeweils eine sehr rhythmische Gestaltung und Scotts Markenzeichen, die schwere, fette Gitarrenführung, inklusiver glühender, hervorragender Soli, erweisen sich hier als markante Eckpfeiler! Hinzu kommen sauberes, knackiges Drumming und pulsierend pumpende Bassläufe!

Erstgenanntes Stück führt zu unweigerlichen Reminiszenzen Richtung Joe Bonamassa, zweites Stück erinnert aufgrund der eingebrachten texanischen Note an die Frühzeiten von ZZ Top, letzteres versprüht sogar leichtes Southern-Rock-Flair (wieder schöne, weibliche Background-Vocals)! Zum Durchatmen bringt Scott Holt dann auch gerne immer mal wieder eine entspannte Ballade. Ganz stark hier zum Beispiel die Stücke „Power Of Your Love“ (sehr melodisch, mit feinem E-Piano begleitet – und schließlich sticht wie aus dem Nichts so ein richtig fettes E-Gitarren-Solo in den Song hinein) oder das grandiose, über 7 Minuten lange „Civil War“, wieder recht southern-trächtig.

Hat erneut eine tolle Melodie, eine dreckige Basis und begeistert in der Mitte durch ein mitreißendes, explosives, fett glühendes, brodelnd würziges Gitarrensolo! Scott’s klasse, rauchige Gesangsleistung darf hierbei nicht unerwähnt bleiben! Bei „I’ve Been Searching“ und „Bout’ to Make Me Leave Home“ geht es dann auch mal ein wenig funkig und schön groovig zur Sache, während sich „Give Up Drinkin'“ als, großartiger, „spaßiger“ Roadhouse-Party-Boogie-Kracher entpuppt.

Die rein akustische Nummer „Shorty“ lässt das Album schließlich bedächtig ausklingen. Scott Holt offenbart mit „Revelator“, wie schmackhaft man gepflegte Blues-/Bluesrock-Kost durchaus servieren kann, wenn man sich auch an etwas modernere Zutaten herantraut. Der Mann ist aber auch ein Könner! Ein überaus starkes, sehr sympathisches, modernes, kraftvolles, facettereiches Bluesrock-Album, dem sich die Kenner des Genres sowieso nicht entziehen können, das sich vielleicht aber auch für „mutige“ Neueinsteiger eignet, es mal mit bluesigeren Tönen zu versuchen! Ja, wir bestätigen es nochmal gerne. „Revelator“ ist Holts bis dato bestes Werk!

Rockview Records (2005)
Stil: Blues Rock

01. Sunday
02. Computer Baby
03. Cut You Loose
04. Bad Way Baby
05. Power Of Your Love
06. I’ve Been Searching
07. Civil War
08. Give Up Drinkin’
09. Price I Pay
10. Another Rainy Day
11. Bout’ To Make Me Leave Home
12. Ginger Snaps
13. I Know A Little
14. Sunday (Reprise)
15. Shorty

Scott Holt
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John Mayer – Paradise Valley – CD-Review

Nachdem sich John Mayer mit „Born And Raised“ überaus erfolgreich dem Country angenähert hatte (sein drittes US-Nr. 1-Album), knüpft er mit seinem neuen Werk „Paradise Valley“ nahtlos an die gezeigten Leistungen des Vorgängers an.

Der angesehene Musiker mit dem Hang zu prominenten Damen (im Moment ist er mit der schillernden Sängerin und Songschreiberin Katy Perry liiert) setzte produktionstechnisch erneut auf die Zusammenarbeit mit Don Was, auch bei den ihn begleitenden Musikern gab es nur marginale Veränderungen. Das Grundgerüst bildeten weiterhin Aaron Sterling (drums, percussion) und Sean Hurley (bass) aus seiner Tourband, Chuck Leavell an den Tasten. Die Pedal Steel bedient statt Greg Leisz diesmal ein weiterer Könner dieses Instruments aus der Nashville-Garde, Paul Franklin.

Mit Zane Conway an der Gitarre und Rami Jaffe (keyboards) gab es zwei Ergänzungen, die sich harmonisch ins beschrittene Gesamtkonzept einreihen. Was soll man groß erwähnen, die Stücke sind allesamt sehr ruhig, laid back gehalten, instrumentell voller leiser Feinheiten (z. B. die herrliche Slidearbeit bei „I Will Be Found (Lost At Sea)“ oder Franklins Steel-Spiel/-Solo auf „You’re No One Til‘ Someone Lets You Down“, die es bei konzentriertem Hören zu entdecken gilt, gepaart mit Mayers zwischen Melancholie und Introvertiertheit pendelndem Gesangsstil.

Den typischen Mayer-Ohrwurm des Werkes bekommt man mittels „Who You Love“, einer Komposition von ihm und seiner neuen o. a. Herzensdame, die hier im Duett auch ihre, ohne Zweifel vorhandenen Gesangsqualitäten unter Beweis stellen darf. Eine schöne, relaxte, sehr melodische Nummer mit claptonesker E-Begleitung!

Angesichts des kürzlichenTodes von J.J. Cale erhält seine wunderbare Cover-Version von „Call Me The Breeze“ (sehr nah an Cales Original gehalten, selbst der Gesang – stark die herrlichen E-Gitarrenpassagen), traurige Aktualität. Sicherlich das absolute Highlight des Albums. Den Song „Wildfire“ gibt es hier übrigens in zwei nicht identischen Versionen, wobei sich das kurze Stück im hinteren Teil mit dem Gastauftritt von Hip-Hopper Frank Ocean als eher überflüssig erweist.

John Mayer macht mit „Paradise Valley“ erstmal, sich scheinbar pudelwohl fühlend, auf Countrypfaden weiter. Leute, die sich auf eine Rückbesinnung des eher Pop-/Rock-/R&B-orientierten Stiles oder gar der Blues-Schiene seines John Mayer-Trios erhofften, werden sich wohl noch ein Weilchen gedulden müssen. Klasse auch die wunderschön, zur Stimmung und Art des Albums rural gehaltene Covergestaltung (besonders das farblich ansprechende, toll fotografierte Titel- und Rückseitenbild von Mayer in Gaucho-Manier mit schwarzem Labrador vor grandioser Kulisse), die dazu alle Songtexte beinhaltet.

Sony Music (2013)
Stil: Country Rock

01. Wildfire
02. Dear Marie
03. Waiting On The Day
04. Paper Doll
05. Call Me The Breeze
06. Who You Love (feat. Katy Perry)
07. I Will Be Found (Lost At Sea)
08. Wildfire (feat. Frank Ocean)
09. You Are No One ‚Til Someone Lets You Down
10. Badge And Gun
11. On The Way Home

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Steve Schuffert Band – 29.04.2011, ABC-Keller, Kamp-Lintfort – Konzertbericht

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Der gute, immer sehr urig anzusehende Steve Schuffert, den ich neben meiner Lieblingsband Lynyrd Skynyrd wohl live auf der Bühne bis jetzt mit am häufigsten erlebt habe, hatte sich im benachbarten Kamp-Lintfort angesagt. Im von mir sehr geschätzten und wunderschönen ABC-Keller noch dazu, in dem ich ihn schon letztes Jahr zusammen mit dem Schreibkollegen Brookes gesehen hatte. Da supportete er aber nur den Gig des furiosen Pianoklimperers Brandon Giles als Gitarrist. Fast zeitgleich hatte Schuffert sein überragendes Solowerk „Destination Anywhere“ herausgebracht, von dem ich mir diesmal eine reichhaltige Stückepräsentation erhofft hatte.

Ich nahm den Schuffert-Auftritt als Anlass, um eine Premiere zu feiern: Meinen ersten Konzertbesuch eines hochwertigen Künstlers per Fahrrad! Die räumliche Nähe von Rheinberg zu Kamp-Lintfort (etwa 8 km) und das prognostizierte gute Wetter (nach einem unglaublichen Gewitter tags zuvor mit Blitz, Donner, Sturm, fulminantem Hagelschauer, sintflutartigem Regen, das meinen Heimatort wie nach einem Wintereinbruch aussehen ließ und dazu noch meinen Pavillon im Garten dahinraffte) brachten mich auf die Idee, mein schon seit ungefähr seit zehn Jahren nicht mehr benutztes Gefährt aus dem Keller zu holen. Der Anblick war ernüchternd. Das Teil hatte naturgemäß einiges an Erneuerungsbedarf eingefordert. So bestellte ich mir neue Mäntel, Schläuche, LED-Lampen und erledigte die anstehende handwerkliche Reparatur mit dem für einen ungeübten Bürohengst dann auf dem Fuße folgenden Nervenaufrieb. Immerhin – irgendwann war der alte, aber immer noch gut aussehende und stabile Kabachel soweit hergerichtet, dass die Umsetzung des Vorhabens in Angriff genommen werden konnte.

Pünktlich eine halbe Stunde vor Beginn waren wir vor Ort angekommen und es ist schon immer eine Freude die, mit gemütlichen Windlichtern links und rechts bestückte Treppe zum gemütlichen, mit viel Liebe zum Detail eingerichteten und beleuchteten ABC-Keller hinunterzusteigen. Wir wurden direkt von Besitzer Uli Op de Hipt begrüßt, der mal wieder für eine unproblematische Akkreditierung gesorgt hatte. Ca. 150 Personen hatten sich dann am Ende eingefunden, nicht zuletzt ein Verdienst von Schufferts Präsenz und guter Leistungen schon zuvor in dieser Location. Das Konzert begann um 20:15 Uhr jedoch zunächst problematisch. Beim Opener „Six Days“ knarzte es mehrfach in Steves Gitarrenparts und Schuffert brach dann kurz vor Ende des Liedes ab und suchte in etwas aufgewühlter Art den Fehler in der Technik. Nach einigem Hin und Her war die Störungsquelle dann gefunden, behoben und eine gute Viertelstunde später begann das Ganze nochmals mit der erneuten Performance des o.a. Songs.

„Hot Love“ und das in einer sehr peppigen Form dagereichte „Love Me Too“ sind jedem regelmäßigen Schuffert-Besucher bestens bekannt. Mit „Running Away“ folgte eines der eher unspektakuläreren Stücke der bereits erwähnten „Destination Anywhere“-CD. Zur recht poppig umsetzten Nummer hatte Schuffert seine Sonnenbrille angelegt. Die folgenden „When Love Comes Around“, das starke „Love Is Strong“ (sehr groovig, bluesige Zwischenparts, fettes Drumming vom sich wieder an Bord befindenden Matt Carmichael, starkes E-Solo), das rockige Cover des oft kopierten Box Tops-Stückes „The Letter“ (am bekanntesten wohl in der Joe Cocker-Version), mein Schuffert-Lieblingstrack „Walk On Down The Road“ und das in ZZ Top-Manier bewältigte „I Ain’t No Saint“ (klasse Fills und Soli von Steve) beendeten eine recht spannungsarme, aber stark gespielte erste Halbzeit.

„All I Need Tonight“ (sehr retromäßig vorgetragen) bildete den Startschuss zu einer sich noch steigernden zweiten Hälfte. Das treibende „Free Born Son Of The Blues“ ist ebenfalls ein Klassiker aus dem Schuffert-Programm. Mit „Ran The Love Outta Me“ folgte dann ein brandneues Stück, das mit seinen stampfenden Southern Rock-Elementen fast ein wenig Skynyrd-Flair verströmte. Dass Steve Johnny Cash gerne mag, ist auch kein Geheimnis mehr, mit einer Rock-Variante von „Ring Of Fire“ erwies er ihm posthum die Ehre. Der bis dahin wie immer eifrig Bass-zupfende Pete Tomarakos übernahm bei der Beatles-Kamelle „Back In The U.S.S.R.“ den Gesangspart, ebenfalls bereits zigmal erlebt. Er stand dann allerdings nochmals im Rampenlicht als er, statt mit seinem obligatorischen Viersaiter, diesmal ein Weilchen allein auf einer Mini-Bazouki, orientalisch angehaucht, musizierte.

Bei “ A Man Without A Soul“ wurde dann mal kurz die Slow-Variante (letztendlich aber auch nicht wirklich) des Blues angedeutet, dezent retro und Schuffert bewies in seinen beiden tollen Solo-E-Passagen aber, dass er Gitarrero mit Leib und Seele ist. Das mit viel Speed dargereichte „The Devil’s Door“ bildete die Vorhut für einen weiteren allseits bekannten Teil des Schuffert-Programms, das Drum-Solo von Matt Carmichael, wie immer natürlich mit allerhand Showeinlagen und viel Power. Drum-Soli zählen allerdings nicht so zu meinen Präferenzen. Danach setze Steve sich auf den Barhocker und gab dem Publikum mittels Zuhilfenahme der Akustikgitarre bei „Lost And Found“ und „Straight Down The Line“ (mit Countrynote) vom neuen Album Zeit zum Durchatmen.

Das war’s dann leider schon vom neuen Werk. Wo blieben die ganzen Kracher „A Good Time All The Time“, „Old Love New“, das grandiose Titelstück „Destination Anywhere“ (Backgroundsängerin gerne mit auf der nächsten Tour gesehen…), „Back On The Road“ oder der famose Slow-Blues „Riding On Rims“? Fehlanzeige. Ich musste eine leichte innerliche Enttäuschung bei mir zur Kenntnis nehmen. Von einer echten ‚Live-Sau‘ und einem Durch-und-Durch-Musiker wie Steve Schuffert erwarte ich einfach den Mut, sich zu seiner aktuellen Arbeit zu bekennen und die auch in den Mittelpunkt seines momentanen Wirkens zu stellen. Sorry liebe Leute, aber hier kommt leider mein Skynyrd-Syndrom zu Tage, die ja eine ähnliche Vorgehensweise live bei neuen Werken präferieren, die mich immer wieder wurmt.

Soll aber nicht heißen, dass es letztendlich ein schlechter Abend war, im Gegenteil, die restlichen „Freight Train Love“ (sehr variabel mit Breaks gespielt, Carmichael mit teilweisem ‚Kuhglocken-Drumming‘), das fetzige „Second Chance“ und die beiden Zugaben „Foxy Lady“ (tolle Version!) als Gitarrenspielunterricht für Hendrix-Fans gebracht und das finale Instrumental „Good Time“, boten prächtige und hochwertige Blues Rock-Unterhaltung eines blind eingespielten Trios. Und Schuffert an sich mit seiner recht lustigen Erscheinung und seinem klasse Gitarrenspiel sind schon ein Erlebnis der besonderen Art. Blues Rock den ich in dieser abwechslungsreichen Art bei kühlem Biergenuss sehr gerne höre.
Fazit: Insgesamt ein kurzweiliger, unterhaltsamer Abend mit einer starken Steve Schuffert Band, die aber mehr Mut zu den neuen Stücken haben sollte. Denn die haben es alle Male verdient, gespielt und präsentiert zu werden!

Line-up:
Steve Schuffert (lead vocals, guitars)
Pete Tomarakos (bass, vocals)
Matt Carmichael (drums)

Steve Schuffert
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ABC-Keller

Mezcaleros – Road To Texas – CD-Review

Ähnlich wie die Jungfrau zum Kinde, gibt es manche Dinge, die sich nicht immer rational erklären lassen. Wer anders kann, z. B. aufgrund seiner bestehenden Affinität zu Rot-Weiss Essen, besser ein Lied davon singen als ich? Ob Philippe Marseille, oder, wie er sich jetzt nennt, Phil Mezcal, kurz nach seiner Geburt in eine Neugeborenen-Station verfrachtet wurde, in der ein Krankenpfleger auf seinem Cassettenrecorder ständig ZZ Top rauf und runter laufen ließ oder ob Philippe seine Liebe zu texanisch angehauchtem Blues Rock/ Boogie gleich direkt mit der Muttermilch aufgesogen hatte, entzieht sich letztendlich meiner Kenntnis.

Fest steht aber, dass dieser französische Bursche, wie es auch immer letztendlich dazu gekommen sein mag, eine ungemeine Liebe für die Musik der drei Herren aus Houston, Texas in seinem Blut mit sich zu tragen scheint. Rein optisch, auch hier kann wild spekuliert werden, entschied er sich, vermutlich entweder aus hormonellen Zwängen heraus, der Chancen dem weiblichen Geschlecht gegenüber oder vielleicht schlichtweg auch aufgrund der komplizierteren Nahrungsaufnahme, von der Langbartvariante seiner Idole abzusehen und es in der Stevie Ray Vaughan-Ausgabe zu versuchen, was auch in einem gewissen Rahmen gelungen ist, wie das Cover von dieser zu besprechenden CD „Road To Texas“ eindeutig beweist.

Ok, weil es von ZZ Top seit „Mescaleros“, das immerhin auch schon wieder acht Jahre her ist, kein echtes kreatives Lebenszeichen mehr gibt, hat der gute Phil jetzt selbst die Sache in die Hand genommen und mit seinen Kumpels Yvan Ackermann (Schlagzeug) und Michel ‚Mitch‘ Sanchez (Bass) unter dem Bandnamen Mezcaleros selber den o.a. Longplayer im ‚Studio Tone House‘ in Paris fabriziert. Einer der Inhaber dieser Location, Jean-Etienne Loose, liefert als einziger musikalischer Gast noch eine wunderschöne spanische Akustikgitarrenarbeit bei „Eldorado“ ab.

Vom Gesang her erinnert Mezcal an eine Mischung aus J.J. Cale und Hank Shizzoe, manchmal kann er seinen französischen Akzent nicht ganz außen vor lassen, mit dezenten Abstrichen ist das aber in Ordnung. Ansonsten knarzt, stampft und rockt es in bester Gibbons & Co.- Boogie-Manier richtig fett aus den Boxen. Dazu kommen manchmal auch leichte Southern Rock-Anleihen Marke Blackfoot/Hatchet. Das macht richtig Spaß! Schön, wie es ihm bei den Stücken „Cajun River“, „My Life Is Running“ oder „Gotta Go“ zur Auflockerung gelingt, eine Dobro zu integrieren. Ähnlich seiner Heroen, lässt Phil auch immer wieder ein wenig Tex-Mex-Flair in die Stücke einfließen („Hasta La Vista“, „Eldorado“).

Hitverdächtig am ehesten sind vielleicht Tracks wie „The Fox“ (klingt wie eine Neuzeitfassung von „Legs“- toller rhythmischer Song), „Rock O’La“ oder „Breakdown Limousine“, weil sie stark an die Sachen der kommerziellen Blüte des texanischen Trios (zu Zeiten von „Eliminator“ und „Afterburner“) gelehnt wurden. Am Ende lässt Mezcal sein Werk mit „Little Jimmy“ entspannt ausklingen. Ein schöner, spartanisch gehaltener Country Blues, bei dem sein Gesang nur mit Harp, Dobro und Akustikgitarre ergänzt wird. Da kann man nach dem schweißtreibenden und intensiven Gitarrensound von zuvor den Puls ein wenig runterfahren.

„Road To Texas“ von Mezcaleros ist ein mit viel Herzblut und Liebe zum Detail eingespielter Longplayer geworden. Hier wird der Spirit der berühmten Langbärte, die sich vor zig Jahren im Rockpalast mit ihrem legendären Auftritt in unsere Herzen katapultierten (ich persönlich habe sie in Düsseldorf, Köln und Essen zu recht unterschiedlichen Phasen live gesehen), auf erfrischende und sympathische Weise sowie einem beträchtlichen Maß an kreativer Eigenständigkeit aufrecht erhalten. Somit habe ich diese Straße nach Texas sehr genossen! Chapeau, Monsieur Mezcal!

Cactus Rock Records (2011)
Stil: Texas Boogie / Blues Rock

01. Let It Down
02. Cajun River
03. The Fox
04. My Life Is Burning
05. Hasta La Vista
06. Gotta Go
07. Eldorado
08. Rock O’La
09. Love On The Screen
10. Breakdown Limousine
11. Little Jimmy

Mezcaleros