ZZ Top kamen in mein musikalisches Leben in der Nacht vom 19. auf den 20. April 1980 um 4:00 Uhr morgens. In den Staaten längst eine gefeierte Band, traten Sie damals zum ersten Mal in Europa und im Fernsehen überhaupt auf. Es war die 6. Rockpalastnacht, in den Stunden vorher hatten Joan Amatrading, The Blues Band und Ian Hunter ihre Visite abgegeben. Damals hatte man bei diesem legendären Event noch regelrecht mitgefiebert.
Gut 1 1/2 Jahre später sah ich sie dann im Rahmen ihrer „El-Loco“-Tour erstmalig leibhaftig in der Düsseldorfer Philipshalle. Vorband waren die Hard Rocker Rose Tattoo. Weitere 5 Jahre danach in der Kölner Sporthalle zu ihrem Album „Afterburner“ mit dem unvergessenen Moment am Anfang, als eine Sphinx ein großes schwarzes Tuch in ihren Mund aufsaugte und ein für damalige Zeiten futuristisches Bühnenambiente offenlegte.
Und es ist tatsächlich schon wieder 20 Jahre her, dass ich sie zum letzten Mal 2002 mit Gary Moore als Support in der Essener Grugahalle live im Beisein meiner Ehefrau erlebt habe. Der kreative und kommerzielle Höhepunkt des texanischen Trios war da mittlerweile schon überschritten.
Seitdem ist viel Wasser den Rhein heruntergelaufen. Es gab noch zwei Alben „Mescalero“ und „La Futura„, die sicherlich gar nicht mal so schlecht waren, aber keineswegs nochmal so einen Hype wie zu „Eliminator“-Zeiten entfachen konnten.
Heute, wo ich diese Zeilen zum Album schreibe, das einen Soundtrack zu einem Film über ZZ Top darstellt, hat es ein einschneidendes Moment im Leben des Trios gegeben. Ihr charismatischer Bassist Dusty Hill, der sich in diesem scheinbar noch bester Gesundheit erfreute, weilt nicht mehr unter den Lebenden.
Der Film zur CD, der vor geraumer Zeit hierzulande in 3sat gezeigt wurde, war in der berühmten Gruene Hall in New Braunsfeld aufgenommen worden, in der die drei ganz alleine ohne Publikum nochmal frei weg von der Seele spielten und jammtenn, wobei sie einen Teil ihrer großen Stücke plus einiger Überraschungen nochmals nach eigenem Dünken ziemlich rau, wie es der Albumtitel schon suggeriert, zum Besten gaben.
Für mich waren dabei der Opener „Brown Sugar“ (mit tollem Intro), „Thunderbird“ und der „Certified Blues“, die Stücke, die ich nicht mehr so bewusst auf dem Schirm hatte, der Rest ist ein Auszug ihrer weltbekannten Hits, allerdings sehr schön, mit Herz und Freude sowie jeden technischen Firlefanz gespielt. Es macht spaß sich das Teil so zwischendurch mal reinzuschmeißen.
Die Frage, die sich allerdings für mich am Ende stellt, ist, ob es nach dieser Zäsur, wirklich Sinn macht, ohne Dusty Hill weiterzuspielen. Ich finde man hätte hier einen würdigen Cut machen, und erhobenen Hauptes die Bühnen und Studios dieser Welt verlassen können. Gelegenheit zu Musizieren hätten Billy F. Gibbons und Frank Beard sicherlich noch genug (auch separat) für den Rest ihres Lebens.
Eine Antwort darauf haben die beiden allerdings längst gegeben. Angeblich auf Wunsch Hills, geht es mit seinem ehemaligen Gitarrentechniker Elwood Francis am Tieftöner weiter. The show must go on…
Shelter Records/BMG (2022)
Stil: Texas Blues Rock
01. Brown Sugar
02. Just Got Paid
03. Heard It On The X
04. La Grange
05. Tush
06. Thunderbird
07. I’m Bad, I’m Nationwide
08. Legs
09. Gimme All Your Lovin‘
10. Blue Jean Blues
11. Certified Blues
12. Tube Snake Boogie