Radney Foster – Everything I Should Have Said – CD-Review

Radney Foster, ex Foster & Lloyd, gilt heute ohne jeden Zweifel als einer der einflussreichsten und bedeutendsten Künstler der Texas Roots-, Americana-, und Country(rock)-Szene. 5 Jahre nach seinem famosen Werk „Revival“ veröffentlicht dieser exzellente Sänger, Songwriter, Gitarrist und Produzent, nachdem er sich zuvor mit der Unplugged-Neueinspielung seines Debütwertkes „Del Rio, TX 1959“ ein edles Acoustic-Intermezzo gegönnt hatte, mit „Everything I Should Have Said“ nun wieder ein Album mit vollkommen neuen, eigenen Stücken – und es ist ein herausragendes Teil geworden.

Der Mann hat einfach Stil und Klasse und es macht einfach Spaß, sowohl seinen intelligenten und authentisch gesungenen Texten, als auch der wie immer herrlich dazu passenden instrumentellen Umsetzung beizuwohnen. Stark direkt zum Auftakt die introvertiert gestrickte, nachdenkliche Ballade „Whose Heart You Wreck (Ode To The Muse)“, die sich fast schmerzvoll mit atmosphärischen Orgel- und Pianotönen sowie stechender Slidegitarre von Gastmusiker Mike Zito (Royal Southern Brotherhood) voranschleppt. Um nicht weiter aufs Gemüt zu drücken, folgt mit „Hard Light Of Day“ (geschrieben mit Fosters Angelkumpel Jack Clementi, der mit „Lie About Loving Me“ noch ein weiteres Lied ähnlicher Art beisteuert) ein erster locker dahingleitender, aber durchaus knackiger Americana-Track (klasse E- Gitarren, gurgelnde Orgel).

Dieses Wechselspiel von langsameren Stücken und roostig angerockten, melodischen Tracks zieht sich dann auch wie ein roter Faden durch die gesamte CD. Wunderbar auch wieder das textlich hervorragend gestaltete „California“, wo sich zwei auf der Suche befindliche Menschen auf dem Weg nach Kalifornien für eine Nacht zusammenfinden, um dann aber wieder getrennt ihr Glück zu versuchen. Stark hier die Harmoniegesänge von Kacey Musgraves und die wimmernde Steel, gespielt von Richard Corneaux. Ein weiterer Song, der von einer starken Damenbeteiligung getragen wird (ebenfalls Steel-haltig), ist das überragende „Mine Until The Morning“, bei dem Patty Griffin mit ihrer markanten Stimme ein geniales Gespann mit Foster bildet. Großartig auch die mit einem tollen Akustikgitarrenriff geführte Countryballade „The Man You Want“ (genial hier die B3-Klänge und die nadelstichartig gestzten E-Gitarrenfills).

Das erneut von schwermütiger Melancholie getragene „Holding Back“ zählt ebenfalls zu diesee Kategorie. Mit-Produzent Justin Tocket sorgte aber, wie bereits angedeutet, mit vielen recht flockigen Nummern für eine sehr schön ausgewogene Balance. Das aus der Feder von Foster mit Gordie Sampson und Jim McCormick stammende „Talk Myself Out Of Falling“ ist sogar durchaus Nashville-kompatibel, könnte aber auch zu einem heißen Cover-Aspiranten für Acts wie die Eli Young Band & Co. avancieren. Das gleiche Songwriter-Trio zeichnet sich auch für die humorvolle Liebeserklärung „Noise“ (schöne Heartland E-Gitarre, B3-/Pianotupfer) verantwortlich. „Unh,Unh,Unh“ ist ein feiner, auf den Punkt gebrachter Honky Tonker, den man sicherlich am besten in Bierlaune genießen kann. Sarah Buxton streut bei dieser Nummer ein paar sehr schöne „Backs“ ein. Der wohl wuchtigste Track ist das southernrockige „Not In My House“ (klasse E-Gitarren inkl. Genre-kompatiblen Zwischen- und Endsolo), das ebenfalls durch seinen amerikanisch untypischen, kritischen Text aufhorchen lässt (diese sind in beigefügtem Booklet zum toll in Südstaatenflair gestalteten DigiPak beigefügt – phantastisch vor allem das Titelbild, das Foster fast ehrfurchtsvoll immitten einer beeindruckend hohen Baumgruppe eines südstaatlichen Anwesens abbildet).

Das wieder voller Selbstreflektion und in Mollpianotönen gehaltene Titelstück zum Abschluss, lädt dann nochmal regelrecht zu emotionalem Mitgefühl an Fosters entschuldigendem Gesang ein. Ein unter die Haut gehender, packender Ausklang! Fazit. 12 wundervolle Nummern zwischen Rootsrock, Americana, und Texas Countryrock, eingespielt mit einer vorzüglichen Band (unter anderem mit dem aus der Louisiana-Szene bekannten Meistergitarrist Joe Stark an Bord, dazu kommen noch Klasse-Leute wie John Lancaster, Justin Tocket und Keith Brogdon), geradezu perfekt zusammengestellt aus atmosphärischen, überaus zeitgemäss arrangierten Midetmpo-Songs, knackigen, kernigen, dabei sehr melodischen Roots-, und Countryrockern, sowie der ein oder anderen vorzüglichen Ballade. Eine wahre Glanzvorstellung des Texaners!

Devils River Records (2014)
Stil:  Country Rock

01. Whose Heart You Wreck (Ode To The Muse)
02. Hard Light Of Day
03. California
04. Taking Myself Out Of Falling
05. Mine Until The Morning
06. Unh, Unh, Unh
07. Not In My House
08. The Man You Want
09. Lie About Loving Me
10. Holding Back
11. Noise
12. Everything I Should’ve Said

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Radney Foster – This World We Live In – CD-Review

Vier Jahre sind bereits wieder ins Land gezogen, seitdem uns die eine Hälfte des einst in Nashville so erfolgreichen Duos Foster & Lloyd mit dem tollen „Another Way To Go“ so begeistert hatte. Untätig war ein Mann dieses musikalischen Formates in der jüngeren Vergangenheit allerdings nicht. So produzierte er beispielsweise die Randy Rodgers Band, schrieb Songs für Größen wie u. a. Keith Urban, die Dixie Chicks oder Kenny Chesney, und, und, und!

Hier ist sie nun endlich, die neue, einmal mehr ganz hervorragende Scheibe des ohne Zweifel zu den besten texanischen Songwritern zählenden Radney Foster. Wunderbarer, rootsiger Texas-Country/Alternate Country/Countryrock/Americana vom Allerfeinsten mit einem tollen, schön trockenen, auf den Punkt genau produzierten, angerauten, „gritty“ Sound! Zehn neue Stücke, alle aus seiner Feder, zum Teil in Kooperation mit exzellenten Co-Writern, wie Blue Dogs-Frontmann Bobby Houck, Jack Ingram oder Darrell Brown, mit dem er sich auch die Produktionsarbeit teilte.

Bediente er sich bei seiner letzten Scheibe noch einer Menge Begleitmusiker aus dem schier unerschöpflichen „Nashville-Pool“, so versammelte er diesmal eine tolle, namhafte Band langjähriger Freunde um sich, wie Drummer Charlie Drayton und den „alten“ Westcoast-Haudegen Waddy Wachtel (Linda Ronstadt; Warren Zevon, James Taylor, John David Souther, Ronin, Bob Dylan) an der E-Gitarre (beide haben schon auf Keith Richard’s Solo-Alben zusammen gearbeitet), Session Bass-Veteran Bob Glaub (u.a. Jackson Browne) und dem Keyboarder Rami Jaffe, vielen sicher nicht nur als Mitglied der Wallflowers ein Begriff. Mit an Bord sind auch wieder der starke Slide-Gitarrist Mike McAdam und ein weiterer Klassemann an der E-Gitarre, Adam Shoenveld, der etatmäßig bei Big & Rich die Saiten bedient.

Und um es nochmal klar herauszustellen. Radney Foster ist schlichtweg wieder ein Sahneteil gelungen. Dem leicht Stones-infizierten, Slide-angerockten, rootsigen, trockenen „Drunk On Love“ folgt mit „Sweet And Wild“ ein wunderbar melodischer Americana-Midtemposong. Bei beiden Songs glänzt neben der starken instrumentellen Umsetzung Sarah Buxton mit ihrer klasse Stimme im Background, die gegen Ende der Stücke mit in den Vordergrund tritt. Die Ballade „The Kindness Of Strangers“ lebt von Foster’s starker Akustikgitarrenarbeit, toller atmosphärischer Cello-Untermalung und einem bewegend geschriebenem und gesungenem Text. Ganz große Klasse!

Der anschließende, exzellente, forsche Retro Country-Rocker „Big Idea“ (erinnert stark an alte Foster & Lloyd-Hits) reißt einen regelrecht aus der poetischen Welt des Vorsongs, und bildet den gelungenen Vorläufer zum Center-Song des Gesamtalbums, „Half Of My Mistakes“. Was für eine herrliche Melodie! Auch hier wieder ein toller Text, der Menschen dazu ermutigt, viele Dinge im Leben einfach zu riskieren, auch wenn mal etwas schief laufen sollte.

Der Lerneffekt und viele positive Dinge, die sich trotzdem daraus entwickeln, sind laut Foster nicht zu unterschätzen. Den gleichen Song hat vor geraumer Zeit fast ebenso gut Jace Everett auf seinem Erstling, allerdings etwas mainstreamiger, interpretiert. Bei Radney Foster wirkt das Stück etwas kantiger, zurückhaltender und einen Schuss introvertierter. Starke Slide-Arbeit hier vom bereits erwähnten Mike McAdam. „New Zip Code“ (mehr balladesk) und „Prove Me Right“ (wäre auch durchaus von der Randy Rogers Band oder Chris Knight coverbar) liefern wieder etwas leichter verdauliche, überaus melodische Gute Laune-Kost, letzteres in durchaus Nashville-kompatibler, radiotauglicher, wenn auch leicht rootsiger Country-Manier, voller Hooklines, die ein wenig an Radney’s Frühwerke erinnern. Stark hier die angenehmen Fiddle-Fills. Eine weitere „Killer“-Ballade folgt mit „Fools That Dream“.

Im Background diesmal die zauberhafte Kim Richey, die auch beim Vorgänger schon ihre Stimme zur Verfügung gestellt hat. Zum Abschluss folgt dann noch mal ein herrlich locker dahinfließender, super-melodischer Alternate Country-/Roots-/Americana-Song, den Foster zusammen mit Jack Ingram komponiert hat. Neben dem eingängigen Rhythmus und den lässigen Drums stechen hier die immer wieder eingestreuten und punktgenauen Stratocaster- und Slide-Fills im harmonischen Wechselspiel heraus. Klasse Orgelarbeit auch vom Rami Jaffe. Das Stück hält einen noch Minuten nach Ende der CD regelrecht gefangen. Ein würdiger Abschluss eines wieder einmal großen Albums!

„This World We Live In“ etabliert und festigt Radney Fosters Platz in die Riege der heutigen, wichtigen, ganz großen texanischen Singer-Songwriter im Country-/Americana-Bereich nachhaltig. Durch und durch beeindruckende und fesselnde Musik!

Sony Music, Dualtone Music Group (2007)
Stil:  Country Rock

01. Drunk On Love
02. Sweet And Wild
03. The Kindness Of Strangers
04. Big Idea
05. Half Of My Mistakes
06. New Zip Code
07. I Won’t Lie To You
08. Prove Me Right
09. Fools That Dream
10. Never Gonna Fly

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Radney Foster – Another Way To Go – CD-Review

Ich bin immer wieder erstaunt und frage mich oft, wie viele gute Musiker und Songwriter dieses Land Amerika noch aus dem Zylinder zaubert.
Okay, der Name Radney Foster ist nicht gerade neu im Musikbusiness, aber ich kannte ihn bis jetzt nur als Autor von Liedern, die von Interpreten wie z.B. The Kinleys, Dixie Chicks oder Hootie & The Blowfish gecovert wurden.

Seiner Biographie entnehme ich, dass dies die erste Solo-CD seit vier Jahren ist, nachdem er in früheren Tagen auch als Duo mit seinem Partner Bill Lloyd schon einige Achtungserfolge errang. Beim ersten Reinschnuppern fand ich die Scheibe, die man sicherlich nicht als typisch New-Country charakterisieren kann, noch ziemlich unspektakulär. So nach und nach hat sie sich aber immer mehr in mein Herz geschlichen.

Vielleicht ähnlich wie Lee Roy Parnell zuletzt mit „Tell The Truth“, hat Foster zu den traditionellen („Scary Old World“ / „Disappointing You“) und modernen („Real Fine Place To Start“ / „Sure Feels Right“) Countryparts auch Bluesrock- („I Got What You Need“), Americana- („Tired Of Pretending“), Westcoast- („Again“ / „Love Had Something To Say About It“ / „What Are We Doing Here Tonight“) und ein paar leichte Gospelelemente („What It Is That You Do“) miteingebracht.

In ein festes Schema kann man dieses Werk sicherlich nicht fassen. Und so ist der Titelsong „Another Way To Go“ (ein wahres Killerstück) auch eine perfekte Umschreibung des Ganzen. Zitat Radney Foster. ‚Mir wurde mal gesagt, dass man einer bestimmten Formel folgen sollte, um Erfolg zu haben. Aber es ist genau umgekehrt. Die Regeln zu brechen, bringt meistens die kreativste Art von Musik zum Vorschein!‘ In seinem Fall kann ich dies nur bejahen.

Trotz der wechselnden Stile sind die Übergänge beim Erzählen seiner Geschichten fließend und kaum merkbar. Hier passt ein Zahnrädchen ins andere. Die Melodien der einzelnen Stücke sind durchgehend auf hohem Niveau. „Another Way To Go“ ist für mich eine der stärksten CDs des Jahres und Leute, die Lee Roy Parnell, Pat Green, John Hiatt, Trace Adkins, ruhige Bottle Rockets oder Jackson Browne mögen, sollten hier ganz schnell zugreifen.

Sony Music, Dualtone Music Group (2002)
Stil:  Country Rock

01. Real Fine Place To Start
02. Everday Angel
03. Again
04. Sure Feels Right
05. Disappointing You
06. I Got What You Need
07. Tired Of Pretending
08. What It Is That You Do
09. Scary Old World
10. Love Had Something To Say About It
11. What Are We Doing Here Tonight
12. Just Sit Still
13. Another Way To Go

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Radney Foster / Del Rio Texas: Revisited Unplugged & Lonesome – CD-Review

Zwanzig Jahre nach seinem Solo-Debüt „Del Rio. Texas 1959“ hat Radney Foster auf vielfachen Wunsch seiner Fangemeinde, das Album in einer Unplugged-Version neu eingespielt. Zuvor hatte er als Part des Duos Foster & Lloyd bereits Erfolge erzielt, sich aber 1990 von seinem Partner getrennt (übrigens haben er und Bill Lloyd letztes Jahr auch ein recht schönes Comeback-Werk veröffentlicht).

Radney Foster hat sich seit jener Zeit prächtig entwickelt. Mittlerweile ist er in den Staaten ein hochangesehener Interpret, Songwriter und auch Produzent, der für Qualitätsprodukte garantiert. Viele Kollegen wie z. B. Keith Urban, Dixie Chicks, Sara Evans oder Darius Rucker (Hootie & The Blowfish) wurden durch ihn inspiriert und coverten seine Songs. Hier bei uns in Deutschland ist er aber ein immer noch viel zu wenig beachteter Künstler. Ähnlich wie bei Keith Urban, darf ich mir auf die Fahne schreiben, ihn schon relativ frühzeitig mit seiner CD Another Way To Go mal bei uns vorgestellt zu haben.

Wenn man so ein Projekt bespricht, bietet es sich quasi an, beide Werke zu vergleichen, obwohl dies nach so vielen Jahren hier eher wenig bringt, zumal das eine elektrisch und das andere richtig ‚naturbelassen‘ eingespielt wurde. Fosters Erstling wirkt – kurz zusammengefasst – in der Nachbetrachtung viel mehr retro (teilweise wie im Jukebox-Sound der 60er) und mit einem deutlich höheren Honkytonk-, und Dancehall-Flair behaftet.

Was in jedem Fall aber deutlich erkennbar ist, ist der spürbare Reifeprozess, den Foster im Laufe der Zeit durchlebt hat, und vor allem das Zulegen an Charisma, das durch seine angenehme Stimme heute deutlich offenbart wird. Für die Unplugged-Version hat Radney einen edlen Kreis an Musikern (Marty McGuire, Jon Randall Stewart, Steve Fishell, Brady Black von der Randy Rodgers Band, Michael Ramos, Matt Borer und Glenn Fukunaga) und Backgroundsängern (Dan Baird, Jack Ingram, Marc Broussard) und -sängerinnen (Jessi Alexander, Ashley Arrison, Georgia Middleman) im Kreise versammelt und alles an einem Wochenende ohne jeglichen technischen Firlefanz eingespielt. Sicherlich beneidenswert, wer diese magisch anmutende Arbeit, live im Studio verfolgen durfte.

Die Trackliste wurde zum Debüt variiert, dazu gibt es mit „Me And John R.“ noch einen herrlichen neuen Track, der sich im Gesamtgefüge einordnet, als hätte er immer schon dazugehört. Aus den herbeigeschafften Saiteninstrumenten (Akustikgitarre, Mandoline, Dobro, Weisenborn, Shuitar, Fiddle, Cello, Upright Bass) wird wirklich so alles herausgeholt, was möglich ist. Hier klingt, surrt, zirpt, quietscht und leiert es an allen Ecken und Enden, dass es eine Freude ist. Dazu kommen noch wohlige, grandios unterstützende Wurlitzer-, Akkordeon- und dezente (Pinsel-) Drum- und Percussion-Zutaten.

Steve Fishell, der das Debüt damals produziert hatte, mit seiner filigranen Dobro-Arbeit und die Fiddler McGuire und Black sowie natürlich Foster mit seinem hervorragenden, trockenen, teilweise introvertiert klingenden Gesang hinterlassen dabei, den bleibendsten Eindruck. Auch die süßen Harmonies der o. a. Damen (ihre männlichen viel prominenteren Pendants bleiben dagegen eher unauffällig) bereiten dem Rezensenten süffisanten Genuss. Eine, was diese Musik betrifft, zugetane Arbeitskollegin von mir, war auch direkt nach nur wenigen Klängen vom klaren und reduzierten Sound fasziniert. OT:  „Da kann man ja fast jeden String einzeln hören.“

Insgesamt betrachtet ist Radney Fosters „Del Rio. Texas Revisited Unplugged & Lonesome“ die perfekte Umsetzung einer tollen Idee. Hier macht es Spaß sich zurückzulehnen und relaxt dem Gebotenen zu lauschen und dabei natürlich viel feines musikalisches Fingerspitzengefühl und Können zu entdecken. Teilweise kommt es einem vor, als wenn man mit dabei säße. Ich bin jetzt schon gespannt (falls Radney und meine Wenigkeit es hoffentlich noch erleben sollten…) was dieser sympathische Musiker aus Del Rio sich im Jahre 2032 zu dieser Platte einfallen lassen wird…

Devil’s River Records (2012)
Stil: Country

01. Just Call Me Lonesome
02. Don’t Say Goodbye
03. Easier Said Than Done
04. A Fine Line
05. Me And John R.
06. Nobody Wins
07. Old Silver
08. Louisiana Blue
09. Closing Time
10. Hammer And Nails
11. Went For A Ride

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Hootie & The Blowfish – Live In Charleston – The Homegrown Concert Event – DVD-Review

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Wie groß war die Erleichterung, als sich Hootie & The Blowfish im letzten Jahr, nach einigen eher durchwachsenen Werken, mit ihrem glänzenden Album „Looking For Lucky“ wieder so eindrucksvoll zurückgemeldet hatten. Die Last und der Erfolgsdruck ihres megaerfolgreichen Debütwerkes „Cracked Rear View“ schien sich, abgesehen von den finanziellen Aspekten, eher zum Fluch zu entwickeln, so dass man lange den Eindruck hatte, das Ende des Quartetts sei nur eine Frage der Zeit. Soloversuche von Mark Bryan und Darius Rucker brachten ebenfalls keine erwähnenswerten Fortschritte, und so versuchten die vier Musiker noch mal einen „Neuanfang“ auf einem eigenen Label mit angeschlossenem Independant-Vertrieb.

Auf „Looking For Lucky“ schien dann auch der gesamte Ballast, die ganze Verklemmung von den Schultern der Akteure gefallen zu sein. Endlich sprudelten aus ihnen wieder diese lockeren, unverwechselbaren Songs wie zu ihren Anfangstagen heraus. Sie waren wieder die alten! Konsequenterweise gab es zu diesem Album natürlich auch eine Tour, die am 12. August 2005 mit dem Auftritt im ausverkauften „Family Circle Tennis Center Stadium“ ihrer Heimatstadt Charleston/South Carolina, einer altehrwürdigen Südstaaten-Metropole, einen ihrer Höhepunkte erlebte. Die brillant gefilmte DVD dieser Show, in ganz fantastischer Dolby-Surround 5.1-Qualität (auch in Stereo 2.0), beschränkt sich, nachdem es ein paar kurze Impressionen von Charleston und dem Geschehen vor Konzertbeginn gab, ausschließlich auf den Gig selbst!

So darf man sich über satte zwanzig Stücke freuen, die Hootie & The Blowfish im „vollen Saft“ präsentiert, ja man muss sogar konstatieren, dass die Truppe mit den beiden zusätzlichen Gastmusikern Gary Green, Percussion und Peter Holsapple (ex dB’s und Continental Drifters), Guitars, Mandoline und Keyboards, live sogar noch mehr an Substanz und musikalischer Vielfalt zu bieten hat, als im Studio. Der Fokus des Songrepertoires lag schwerpunktmäßig auf ihrem Hitalbum „Cracked Rear View“, mit acht Songs vertreten („Time“, „Hannah Jane“, „Running From An Angel“, „Look Away“, „Let Her Cry“ – bärenstarke Version-, „Drowning“, „Hold My Hand“ und „Only Wanna Be With You“- letzte Zugabe) und, wie man es bei vielen Bands nicht so oft präsentiert bekommt, recht selbstbewusst auf dem aktuellen Werk, mit sechs Stücken („State Your Peace“, „Hey Sister Pretty“, „One Love“ – der absolute Ohrwurm der CD -, „Leaving“, „Get Out Of My Mind“ und „The Killing Stone“ – die 2. Zugabe).

Auch die restlichen Alben werden, zumindest mit einem Song, gestreift. Somit erhalten selbst nicht ganz so „Hootie-feste“ Betrachter einen recht umfangreichen Gesamt-Überblick. Stark auch die herrlich entspannte Coverversion von Tom Waits großartigem „I Hope That I Don’t Fall In Love With You“! Insgesamt ein brillanter Streifzug durch wunderschöne Rock-, Countryrock- und Rootsrock/-pop-Gefilde der nicht alltäglichen Art. Dean Felber am Tieftöner, Jim Sonefeld an den Drums (sporadisch auch an der Gitarre) und Gary Greene, mit diversesten Percussion-Instrumenten geben den Rhythmus vor, während Rucker mit seiner einzigartigen, zwischen Introvertiertheit, unterschwelliger Aggressivität und wundervoller Melodik hin und her pendelnder Stimme das zentrale Element der Show darstellt. Für die Feinheiten sind dann allerdings Co-Leader Mark Bryan (mit recht vielen Ansagen zwischen den Stücken), der ein ums andere Mal mit tollem Solospiel auf diversen (Gibson-E- und Akustik-) Gitarren glänzt, wie auch der anfangs erwähnte Peter Holsapple, der an der (E-) Mandoline, der Lap Steel-Gitarre (ganz toll bei „Desert Mountain Showdown“) und der Orgel für jede Menge spannende Akzente sorgt.

Er ist vielleicht so etwas wie der „heimliche Star im Hintergrund“. Auf höchsten Niveau liegend auch die immer wieder eingestreuten, zu Ruckers toller Stimme einen schönen Kontrast bildendenden Harmoniegesänge! Das sehr angenehme Publikum kitzelte am Ende schließlich drei Zugaben heraus, wobei das recht funkige „Go And Tell Him (Soup Song)“ live wesentlich besser zur Geltung kommt als in der Studioversion.

Um noch ein wenig den Spannungsbogen zu erhalten, möchte man eigentlich gar nicht mehr verraten. Ganz sicher aber ist, dass die Genre-Liebhaber und die Fans der Band mit Hooties „Homegrown Concert Event“ eine fantastische Live-DVD geliefert bekommt, die eindrucksvoll beweist wie lebendig, ja wie frisch Hootie & The Blowfish heutzutage (wieder) sind! Herrlich! Die DVD ist „code free“ und somit auf jedem DVD-Spieler abspielbar!

Sneaky Long (2006)
Stil: Country Rock

01. State Your Peace
02. Time
03. Space
04. Hannah Jane
05. Hey Sister Pretty
06. Running From An Angel
07. One Love
08. Look Away
09. Leaving
10. I Hope That I Don’t Fall In Love
11. Desert Mountain Showdown
12. Let Her Cry
13. I Go Blind
14. Old Man And Me
15. Drowning
16. Get Out Of My Mind
17. Hold My Hand
18. Go And Tell Him (Soup Song)
19. The Killing Stone
20. Only Want To Be With You

Hootie & The Blowfish
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Edwin McCain – Tinsel & Tap Shoes Live – CD/DVD-Review

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DVD & 5-Track Bonus CD! Singer/Songwriter und Warren Haynes-Kumpel Edwin McCain samt seiner großartigen, 5-köpfigen Band mit einer wundervollen Live-DVD! McCain ist mit seinem gefälligen, so herrlich melodischen, zuweilen von einer frischen Southern-Brise umhüllten Midwestern-/Heartland-/Roots-Rock-Pop in den Staaten längst kein Geheimtipp mehr. Gerade bei seinen Konzerten erfreut er sich einer immer größer werdender Beliebtheit. Zurecht! Eindrucksvoll dokumentiert wird das Ganze jetzt mit dieser tollen Live-DVD (+ Bonus-CD mit fünf Live-Stücken), die im House Of Blues in Myrtle Beach, seinem Heimatstaat South Carolina, während der aktuellen „Scream & whisoper“-Tour aufgenommen wurde.

Nicht nur das anwesende, sehr textsichere Publikum ist schier begeistert, nein, auch als Heim-Betrachter dieses Werkes kommt man voll auf seine Kosten und ist sicher stark beeindruckt. Diese locker und völlig unverkrampft vorgetragenen, herrlichen Songs, mit ihren Wahnsinns-Melodien erzeugen eine absolut angenehme Stimmung. Trotz einer hohen Anzahl von Besuchern verbreitet sich im Saal so etwas wie Wohnzimmer-Atmosphäre, und das nicht nur wegen der auf der Bühne ausgelegten, orientalischen Teppiche.

Die Burschen präsentieren ihre musikalischen Arrangements mit nahezu blindem Verständnis. Auch wenn Edwin McCain und sein exzellenter Lead-Gitarrist Larry Chaney die dominierenden Persönlichkeiten des Abends darstellen, muss man hier von einer glänzenden Mannschaftsleistung sprechen. Ein kleiner Einblick in die Setlist. Vom leicht psychedelisch-angehauchten Opener “My Mystery“ an, jagt in der Folgezeit ein Ohrwurm den nächsten. „Coming Down“ mit seinem hinreißenden, flüssigen Southern-Feeling, „Shooting Stars“ mit so etwas wie James Taylor meets U2-Flair, „Couldn’t Love You More“ als liebevolle Widmung an die Ehefrau, „Say Anything“, eine prächtige semi-akkustische Ballade, bei der sich Edwin’s Stimme voll entfalten kann, bis hin zu ihrem größten Hit „I’ll Be“, der das Hauptprogramm abschließt.

Da bleiben keine Wünsche offen. Zwischendurch macht der Frontmann seinem Ruf als Storyteller immer wieder alle Ehre und gibt die ein oder andere Anekdote zum Besten. Ganz stark auch „Sign The Door“, ein Slow-Blues mit phantastischen Sax- und E-Gitarrenparts oder „Beautiful Life“, ein Midtemposong, in dem sich der zweite Gitarrist Pete Railey einmal richtig ausleben kann, und wo sogar am Ende in Thin-Lizzy-Manier mit Larry Chaney zweistimmig agiert wird. Als Zugabe gibt es den Rod-Stewart-Klassiker „Maggie Mae“, der Edwin McCain mit seiner sanft-kratzigen Röhre natürlich gesangstechnisch auf den Leib geschnitten ist. Ein wirklich glänzendes, 90-minütiges Konzert in einer durchweg entspannten Atmpsühäre (viele, allerdings knackige Balladen) – ein Auftritt, der aufgrund seiner variablen musikalischen Darbietung vollends überzeugt. Von Blues-, Heartland-, Pop-, Southern- Roots, bis Jam-Rock-Pop-Elementen wird ein recht breites Spektrum abgedeckt.

Als Bonusmaterial gibt es noch ein paar Statements aller beteiligten Musiker, sowie einen Einblick in den Tourbus „The Black Pearl“ vom Meister persönlich, wie auch eine klasse 5-Track Bonus-CD vom gleichen Konzert, wobei zwei Stücke dort („Sorry to the friend“ und „Solitude“) nicht auf der DVD enthalten sind! Bild und Tonqualität sind hervorragend! Dazu kommt das Set in einer klasse Digipack-Verpackung, nicht im länglichen DVD-, sondern im CD-Format! Die DVD ist „code free“ und somit auf allen gängigen Geräten abspielbar!

Vanguard Records (2004)
Stil: Singer/Songwriter

DVD.
01. My Mystery
02. Coming Down
03. Darwin’s Children
04. Shooting Stars
05. Gramercy Park Hotel
06. Sing On The Door
07. Take Me
08. Couldn’t Love You More
09. Jesters, Dreamers & Thieves
10. Beautiful Life
11. Say Anything
12. I’ll Be
13. Maggie Mae
14. Wild At Heart

CD.
01. My Mystery
02. Shooting Stars
03. Gramercy Park Hotel
04. Sorry To A Friend
05. Sollitude

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Brian Capps – Walk Through Walls – CD-Review

Brian Capps dürfte vielen Leuten noch aus seiner Zeit bei den Domino Kings bekannt sein, deren Mitbegründer und langjähriger Bass-Spieler er war, eine Band, die sich mit ihrer energiegeladenen und rebellisch anmutenden Mischung aus Country-, Honkytonk-, und Rockabilly-Musik in Szenekreisen, und darüber hinaus, einen immer größer werdenden Bekanntheitsgrad erarbeitet hat.

Inzwischen weilt der Singer/Songwriter aus Springfield, Missouri auf Solopfaden und liefert jetzt mit „Walk Through Walls“ sein Debütwerk ab. Es ist ein klasse Teil geworden! Charakterisiert wird er von vielen als eine Mischung aus einem jungen Elvis, Buddy Holly und, rein äußerlich, mit der Ähnlichkeit zu einem gewissen James Dean, wobei musikalisch seine charismatische, emotionale Direktheit, sein Enthusiasmus, aber auch die ausstrahlende Wärme als Markenzeichen angeführt werden. Streng genommen hat er sich zur hausgemachten Konkurrenz für seine Vorband entwickelt, denn im Grunde genommen führt er konsequent den einstmals beschrittenen Weg mit seiner Ursprungstruppe fort.

Ebenfalls mit an Bord am Elektrik-Bass und als Produzent ist Lou Whitney, der ja auch bereits für die Domino Kings am Mischpult tätig war und immer noch ist. Auch auf „Walk through walls“ geht es um knackigen, schwungvollen, teils gut tanzbaren Country-Rockabilly, gewürzt mit traditionellen Country-Roots, klassischem Rock’n’Roll, Bakersfield-Sound, einer würzigen Prise Roots-/Americana-Rock und jeder Menge Roadhouse-Anleihen, wobei im geistigen Auge ausgelassen feiernde Anzugträger an einem vorüber fliegen, die leichtfüßig, in ihren schwarzen Lackschuhen und gelierter Haarpracht, ihre in Petticoats bekleideten Partnerinnen im Zwei-Viertel-Takt elegant übers Parkett schwingen – wohlgemerkt alles ausgesprochen Country orientiert!

Neben Anleihen der bereits erwähnten Künstler, wie Domino Kings, Elvis und Buddy Holly, verarbeitet Capps auch Stilelemente solcher Leute wie Dave Alvin, den Mavericks, den Derailers oder dem jungen Johnny Cash und streut zuweilen sogar eine ordentliche Portion, schmissiges NRBQ-/Rockpile-Feeling ein! Dann geht, unterstützt von dreckigen, fetten Gitarren ordentlich die Post ab! Die zehn auf dem Album befindlichen Stücke wurden ohne großen technischen Firlefanz aufgenommen. Capps transportiert auch im Studio eine erstaunliche Live-Atmosphäre in seine Kompositionen. Es geht größtenteils flott geradeaus, mit der einen oder anderen Verschnaufpause.

Eine gewisse Dynamik bleibt aber auch hier fortwährend existent. Stark beispielsweise die leicht countryinfizierte Nummer „The Devil To Pay“ im Outlaw-Erzählstil eines Johnny Cash. Richtig fetzig wird’s bei Liedern wie „Next Time“ (tolle Melodie, herrliche klarer Countryrock-/Rockabilly-Sound), „True Liar“ (Rockpile, Al Anderson und NRBQ lassen grüßen), oder „Standing On A Rock“, wo in astreiner Retro-Manier abgerockt wird, verbunden mit prächtigen Gitarren-Einlagen. Überhaupt muss man hier den Leadgitarristen D. Clinton Thomas einmal heraus heben, der in fast jedem Song knackige Soli der hohen Retro-Schule abliefert.

Wunderbar auch der Titelsong „Walk Through Walls“, eine Art locker dahinfließende Mischung aus Creedence-Clearwater-Revival-Flair, kombiniert mit einem relaxtem Rockabilly-Rhythmus, wobei am Ende noch mal ein CCR-typisches E-Gitarren-Riff den Ausklang bildet. Super auch der Opener „The bottom“, der herrlich dreckig, bissig und rootsig rüber kommt – stünde ebenfalls bestens einem Dave Alvin zu Gesicht! „Dark As A Dungeon“ ist ein typischer Elvis-Heartbreak-Song, mit einer Art Coolness vorgetragen, die auch Dwight Yoakam zum Stilmittel erkoren hat.

Brian Capps ist mit seiner ersten Solo-Scheibe ein kurzweiliges, flottes Werk gelungen, dass man Anhängern der beschriebenen Interpreten und Genres blindlings empfehlen kann. (Dem Rest vielleicht auch als überraschenden Coup in der Hinterhand, beim heimischen Date mit einer sich plötzlich als Elvis- oder Retro-Fan outenden weiblichen Schönheit…!) Scherz beiseite. Das ist knackiger, uriger, rootsiger, handgemachter, melodischer, schwungvoller Retro-Rockabilly-Country-Rock’n Roll vom Feinsten – und zwar ohne jeden Zweifel!

Shout Factory Records (2005)
Stil. Country, Rockabilly

01. The Bottom
02. Next Time
03. The Devil To Pay
04. True Liar
05. Walk Thru Walls
06. I Wouldn’t Say That’s Living
07. Dark As A Dungeon
08. When We Learn
09. Standing On A Rock
10. God Knows Why

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Slaid Cleaves – Unsung – CD-Review

Siebtes Studioalbum des in Austin, Texas lebenden Singer/Songwriters! Der Sänger mit der wunderbaren Stimme und seinem vorzüglichen Akustikgitarrenspiel hat sich diesmal für ein reines Cover-Album entschieden. Die Songs stammen allerdings allesamt aus dem Repertoire und Fundus von Leuten, die meist nur wirklichen Insidern bekannt sein dürften.

Cleaves hat für „Unsung“ überaus begabte Songwriter ausgesucht, die sich in seinem näheren Umfeld bewegen, wie zum Beispiel sein langjähriger Gitarrist Michael O’Connor (seine beigesteuerten Songs gab es bisher nur als Demo), die mit ihm schon früher in irgendeinem musikalischen Zusammenhang gearbeitet haben, wie Peter Keane, Adam Carroll, und Karen Poston (schrieb auch „Lydia“ vom „Broken Down“-Album), oder aber Leute, für die er schon immer eine tiefe Bewunderung verspürte (Steve Brooks, den in der Szene sehr geschätzten David Olney oder den talentierte JJ Baron). Er bietet somit den Komponisten dank seines über die Jahre hinweg erarbeiteten Bekanntheitsgrades eine neue Ebene, um ein wenig mehr ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu treten.

Herausgekommen ist ein feines Album, das in einem angenehmen, ruhig relaxten Singer/Songwriter-, Americana-, Folk-, Roots-, Alternate Country-Bereich anzusiedeln, dabei jedoch sehr ursprünglich, ja schon ein wenig rustikal (hier „schluckt“ auch der Zuhörer den puren Staub Texas‘), aber voller Charme und Feeling in Szene gesetzt ist. Sein langjähriger Produktionspartner Gurf Morlix blieb diesmal außen vor und wurde durch Slaid’s, ebenfalls bestens bekannten Kumpel aus früheren Tagen, Rod Picott ersetzt. Dafür wechselte er sogar den Aufnahmeort vom geliebten Austin ins Country-Mekka nach Nashville, ohne jedoch die texanische Urwüchsigkeit je vermissen zu lassen. Mit dabei ist wieder Multiinstrumentalist Charles Arthur, der hier eine breite Palette seines Könnens präsentiert.

Sämtliche Stücke liegen im äußerst entspanntem Balladen- bis Midtempobereich, oftmals sehr sparsam, aber ziemlich effektvoll und stimmungsreich instrumentiert. Zentral, wie bereits oben erwähnt, der ruhige, warme, aber staubige Gesang-/Erzähl-Stil und die sehr gute Akustikgitarrenarbeit des Protagonisten. Hinzu kommen mal vereinzelte Harps („Devil’s Lullaby“, „“Song For June“) oder, wie beim erstgenannten Lied, kurz angedeutete E-Gitarren-Passagen (klasse hier Nashville-Star-Gitarrist Pat Buchanan), mal dezent Country-verwurzelte Steeleinlagen („Call It Sleep“, „Getaway Car“), kammermusikartige Streicherbegleitung mit Violinen und Cello („Fairest Of Them All“ – toll hier die Harmonies von Mary Gauthier / oder das texas-trockene „Flowered Dresses“).

Das bluesige „Rascar Joe“ (mit schöner Akustik-Slide), das voller Melancholie steckende „Oh Roberta“ und das holprig, ironische „Everette“ sind geradezu brillant erzählte, minimalistische Charakterstudien. Recht bissig geschrieben ist „Millionaire“ und dazu in bester Woodie-Guthrie-Manier vorgetragen. Das mit diversen Bläser-Elementen bestückte, an einen Trauermarsch mit New-Orleans-Flair erinnernde „Working Stiff“ rundet ein absolut interessantes, starkes Album mit künstlerisch hohem Anspruch ab. „13 hand-picked gems from some of Slaid’s favorite writers“ und „Cleaves tells gorgeously compact stories in a voice packed with Texas trail dust“ heißt es auf dem Album-Sticker! Dem schließen wir uns ohne Einschränkungen an!

Rounder Records (2006)
Stil:  Country

01. Devil’s Lullaby
02. Antoher Kind Of Blue
03. Erverette
04. Oh Roberta
05. Racecar Joe
06. Call It Sleep
07. Millionaire
08. Fairest Of Them All
09. Flowered Dresses
10. Gospel Moment
11. Working Stiff
12. Getaway Car
13. Song For June

Slaid Cleaves
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Bärchen Records

Jesse Dayton – Country Soul Brother – CD-Review

Einen hervorragenden Ruf, nicht nur bei den Kritikern, hat sich der aus Beaumont, Texas stammende Jesse Dayton bereits mit seinen drei ersten Alben „Raisin’ Cain“ (1995), „Tall Texas Tales“ (2000), und „Hey Nashvegas“ (2001) erspielt. Auch im Umfeld vieler anerkannter Größen der Marke Cash, Jennings, Haggard & Co. gilt der junge Gitarrist und Sänger als Ausnahmetalent. So verpflichtete ihn Waylon Jennings beispielsweise für sein Werk „Right For The Time“als Lead-Gitarristen und ließ es sich auch nicht nehmen, mit Jesse einige Gigs zu absolvieren. Nach dreijähriger Kreativpause liegt nun sein viertes Werk „Country Soul Brother“ vor.

Wieder ist ihm eine klasse, äußerst abwechslungsreiche Scheibe gelungen. Ein bunter Mix aus traditionellem Country, mit zum Teil leicht mexikanischer Note, sowie texanischem Roadhouse Rock, Blues und diesmal recht sparsam gehaltenen Rockabilly-Elementen. Das eröffnende Titelstück fegt dann direkt mit hohem Tempo los, fast wie ein wild gewordener Hengst, der durch die Prärie heizt. „Country Soul Brother“ ist in toller, feuriger Countryrocker mit kraftvollen Breaks, klasse E-Solo und einsetzendem Banjospiel im zweiten Teil des Songs.

Nach dem fröhlich tanzbaren, von Akkordeon und Steelgitarre dominierten Tex-Mex Countrysong „All Because Of You“, folgen drei recht ruhige und leicht ins Ohr fließende Countrynummern (darunter das Cars-Cover „Just What I Needed“), die trotz ihrer Eingängigkeit nie ihren Alternate Country-/Independent-Touch einbüßen. Überragend davon das rootsig gehaltene, aber umwerfend melodische „Ain’t Grace Amazing“, mit wunderbar heulender Mundharmonika, seichter Banjo- und Akustikgitarrenuntermalung. „Jesus Pick Me Up“ löst als temperamentvoller Hillbilly Blues unweigerlich das berühmte Wippen des Cowboystiefels aus. Ein flotter Song mit Spielraum für viele Soli, der im Studio aber nicht bis auf’s Letzte ausgereizt wurde.

Unaufdringliche und das Gesamtbild gut ergänzende Bläsereinsätze, die jedoch eher in Richtung Memphis, denn gen Nashville anmuten, findet man bei „It Won’t Always Be Like This“, „Just To Get You Off My Mind“ und dem recht rockig geratenen Stück „Talkin’ Bobby Dale’s Hard Luck Blues“. Fazit. 12 Songs, bis auf zwei, alle selbst geschrieben, mit kaum einem Schwachpunkt.

Man spürt regelrecht, wie sich der Texaner mit Leib und Seele in seine Musik reinhängt. Seine Stimme ist variabel, das Gitarrenspiel klar und auf den Punkt gebracht. Dem Burschen umschwebt bereits, dank seines nicht alltäglichen Schaffens, ein Hauch von Kult. Und wenn er sich bei „Tall Walkin’ Texas Trash“ mit den Sätzen „All I need is an amplifier and a warm little Whiskey glass“ outet, dann klingt das aus der Stimme dieses Vollblutmusikers glaubwürdig und absolut authentisch. Jesse Dayton ist eben ein wahrer „Country Soul Brother“!

Stag Records (2004)
Stil: Tex Mex Country

01. Country Soul Brother
02. All Because Of You
03. Ain’t Grace Amazing
04. Just What I Needed
05. Daily Ritual
06. Jesus Pick Me Up
07. It Won’t Always Be Like This
08. Tall Walkin‘ Texas Trash
09. Just To Get You Off My Mind
10. Moravia
11. One Of Them Days
12. Talkin‘ Bobby Dale’s Hard Luck Blues

Jesse Dayton
Bärchen Records

Kevin Fowler – How Country Are Ya? – CD-Review

Der Albumtitel „How Country Are Ya?“ verrät es schon. Hier geht’s um echte Countrymusic – authentisch, ehrlich, knackig, jung, ungemein frisch, vollgepackt mit herausragendem Songmaterial! Kevin Fowlers 7. Studioalbum serviert eine richtig „pfiffige“, jede Menge blendende Laune verbreitende, von tollen Musikern in Szene gesetzte Texas Traditional Country-Show vom Feinsten.

Auf den Punkt bringt es direkt das Alter-Ego von Texas Musik-Kumpel Granger Smith, Earl Dibbles jr., beim Intro. “This ain’t some old tard sitting on the front porch with your grandpa drinking unsweetened sweet tea kinda music. It’s Kevin Fowler, Y’ALL! It’s country that’s rockin’. The kinda music that makes you crack a cold one and put a good dip in. You see, it’s beer drinkin’, hell raisin’, even lovin’ up on country girl kinda music. Yup, he’s got it all.”

Es folgt auf dem Fuße der launige, großartige Titelsong des Albums (rockiger, purer Country-Rhythmus, wiehernde Fiddle, Mandolinen-Tupfer, tolles E-Gitarren-Picking), der Ende letzten Jahres prompt auch Platz 1 der Texas Music Charts eroberte. Das folgende „Guns And Guitars“ lässt kein Zweifel daran, wie in Texas die Uhren ticken. Tolle, knackige Uptempo Country-Nummer, die Fowler zusammen mit seinem Freund Cody Johnson komponiert hat, der nicht nur bei diesem Song mit von der Partie ist, sondern auch als Solist gerade in Texas, im übrigen völlig zu Recht (macht tollen Country), mächtig für Furore sorgt.

Der erste etwas mainstreamigere, Steelguitar-durchtränkte Track „Before Somebody Gets Hurt“ besticht durch seine schöne Melodie und die bezaubernden Co-Vocals von Amy Rankin (von den Rankin Twins). Ganz starken, gitarrenbetonten Red Dirt-Countryrock bietet „The Weekend“. Mit John Carroll und David Grissom hat Kevin Fowler zwei absolute Paradegitarristen dafür mit an Bord. Songs wie „If I Could Make A Livin’ Drinkin’“, „Love Song“ oder „Beer Me“ verbreiten mit ihren humorvollen Texten, dem tanzbaren musikalischen Honky Tonk-Drive (zuweilen sogar mit einem Hauch von Bakersfield-Anleihen) einfach nur gute Laune und dürften in entsprechender Trinkatmosphäre für reichlich Stimmung bei Fowlers Konzerten sorgen.

Die ruhigere Schiene bedient Kevin dann mit dem autobiografischen „Panhandle Poorboy“, der Marshall Tucker-umwehten (mit reichlich Steel) Countryballade „Habit I Can’t Break“ oder „Whiskey And I“ (Fiddle, Steel, dezente Mandoline). Dass Fowler seine Songs auch immer mit einem kleinen Augenzwinkern sowie einer gewisser Selbstironie kreiert, beweist das verrückte Tex-Mex-Lied „Borracho Grande“ (Übersetzung. Großer Trunkenbold), das dank der Gastmusiker Maz Baca und den Los Texmaniacs samt Mariachi-Trompeten und Akkordeon den passenden Rahmen verliehen bekommt. Ein herrlich durchgeknallter Track!

Eine kleine Kostprobe ihres Könnens dürfen dann seine Tourbegleitmusiker in Form des Instrumentals „Mousturdonus“ abliefern. Hier geben sich die country-typischen Instrumente mit aufeinanderfolgenden Soli die Klinke in die Hand. So launig wie schon der Beginn endet das Album mit dem lustigen „Chicken Wing“, wo sich Kevin und Davin James zu Akustkslide-Klängen textlich die Bälle zuspielen und sich gegenseitig aufs Korn nehmen. Bei allem Klamauk hier, trotzdem ein klasse gespielter und von beiden toll gesprochen und gesungenes Lied.

Insgesamt ein prall gefülltes Album und einer Spielwiese vor allem für Leute, die es gerne zwar knackig mögen, dabei aber auf absolut trditionelle Wurzeln stehen. Herrlich dazu auch die passende, ländliche und klischeebehaftete Covergestaltung der Dodd-Sisters. Kevin Fowler mit einer absoluten Bravourleistung! Der Mann aus Amarillo/Texas zeigt eindrucksvoll, wie man zündenden Texas-Country, New Country und Honky Tonk heute spielt. Macht das Laune! Bärenstarke Vorstellung! Jetzt heißt es nur noch. Wie viel Country steckt in Euch?

Kevin Fowler Records (2014)
Stil: Country

01. Intro
02. How Country Are Ya?
03. Guitars And Guns
04. Before Somebody Gets Hurt
05. The Weekend
06. If I Could Make A Livin‘ Drinkin‘
07. Panhandle Poorboy
08. Borracho Grande
09. Love Song
10. Habit I Can’t Break
11. The Girls I Go With
12. Beer Me
13. Mousturdonus
14. Whiskey And I
15. Chicken Wing

Kevin Fowler
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