Cooder Graw – Wake Up – CD-Review

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Wenn es sich eine Band erlaubt, einen der besten Songs des Albums als „hidden-track“ zu bringen, der ohne Übertreibung schon allein das Geld wert ist, zeugt das von einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein. Zu recht, denn mit ihrem dritten Studioalbum „Wake Up“ ist Cooder Graw ein echter Meilenstein im Country/New Country/Alternate Country/Countryrock-Genre mit 14 ebenso prächtigen Liedern, die vor besagtem, nicht in der Tracklist aufgeführtem Bonusstück platziert sind, gelungen, was zu die Vermutung zulässt, dass noch jede Menge kreatives Potential in diesem Quintett schlummert.

Eigentlich wollte man sich vor sieben Jahren mal nur zu einem gemütlichen Bier treffen und ein wenig jammen, man spürte aber sofort, dass die Geschichte ausbaufähig sein würde. Sänger Matt Martindale eröffnete nach Abschluss des Debütalbums seiner zum zweiten Mal schwanger gewordenen Frau, dass er die Juristerei an den Nagel hängen wolle, und sich vollständig der Musik widmen werde. Ein weiser Entschluss!

Auch Gitarrist Kelly Turner hatte zunächst ausdrücklich nur für einen Gig seine Unterstützung zugesagt, ist mittlerweile aber aus der Band nicht mehr wegzudenken. Ein mit entscheidender Grund der außerordentlichen Beliebtheit von Cooder Graw dürfte auch die ständige Live-Präsenz sein. Man höre und staune: Die Jungs stehen seit sieben Jahren fast jedes Wochenende auf der Bühne, was ihnen in Kritikerkreisen den Spitznamen „Road Warriors“ einbrachte.

Zwei personelle Veränderungen gibt es auf dem aktuellen Album: Nick Worley (Fiddle, Mandoline) und Kelly West (Drums) sind mittlerweile fest im Line-up integriert und stellen eine spürbare Belebung dar. Die Stücke sind allesamt abwechslungsreich, mit vielen instrumentalen Finessen und textlich intelligent verpackt. Eigentlich hätte jedes für sich ein paar Zeilen verdient.

Eine kleine Auswahl: „Clarksdale“, ein knackig kratziger, rootsiger Countryrocker mit sattem Rhythmusteppich, bestehend aus druckvollen Drums, Slidegitarre und Fiddleelementen, heizt direkt mal richtig ein. Sicherlich ein tolles Live-Stück! „Lifetime Stand“, die erste Single, ein melodisches, auf traditionellen Countryelementen basierendes, lockeres New Country-Lied mit netter Akustikgitarrenbegleitung und dezenten Fiddleeinlagen handelt von der oftmals schwierigen Suche einsamer Menschen, den richtigen Partner zu finden. „That Girl Crystal“ ist der absolute Kracher der CD. Der Song wurde von allen Bandmitgliedern zusammen komponiert. Er variiert zwischen Mid- und Uptempobereich, Martindales Stimme pendelt irgendwo relaxt an der Schnittstelle zum Sprechgesang. Granaten-Stratocaster-E- und Slidegitarrenspiel von Kelly Turner, inklusive eines furiosen Abschluss-Solos. Rootsig, staubig, trocken… – Texas Red Dirt Countryrock vom Feinsten!

„Ugly Angel“ ist eine herrliche Ballade, wieder mit wunderbaren Akustik und E-Gitarren, sowie unaufdringlichen Hammond-Einsätzen von Gastmusiker Andy Langham. Ach ja, da war ja noch der eingangs erwähnte „hidden track“ mit dem Titel „Come Pick Me Up“, eine Power-Ballade, die nach bedächtigem Akustik-Intro mit Einsatz von Piano, E-Gitarre, Fiddle und Neil-Young-mäßigem Harmonika-Spiel immer mehr Fahrt aufnimmt. Herrlich! Also bitte ’ne gute Minute nach Stück 14 warten und keinesfalls vorher die Repeat-Taste drücken. Für Cooder-Graw-Neueinsteiger wären z.B. Cross Canadian Ragweed, Django Walker oder Jason Boland & The Stragglers weitere, vergleichbare Orientierungshilfen.

Erwähnenswert vielleicht auch noch das lustige Titelbild (sieht aus wie eine Werbung für Kellogs Cornflakes) vom Bassisten Paul Baker kreiert, der auch das komplette graphische Design übernommen hat. Neben der vermeintlichen Müsli-Schale steht etwas von „Wake up“ (der Titel des Albums), „Net wt. 14 songs“ (eigentlich sind’s ja 15) und „A great way to get thru your day“! In der Tat, mit diesem Album kommt man bestens durch den Tag! Und auch durch den nächsten, den übernächsten…! Insgesamt ein brillantes Team-Work mit einer Spieldauer von weit über einer Stunde, das anregend und entspannend zugleich wirkt. Texas Country/Countryrock von seiner allerbesten Seite!

Smith Entertainment (2004)
Stil: Country Rock

01. Clarksdale
02. Lifetime Stand
03. Wake Up
04. That Girl Crystal
05. He Ain’t Ever Gonna Leave Her
06. Ugly Angel
07. Next To The Truth (Chiclets)
08. Afraid Of The Dark
09. Tomorrow’s Milk
10. How Can I Sleep
11. (Welcome To The) End Of The Road
12. Dirty And Sober
13. I Got Kids
14. Many Moons
15. Come Pick Me Up (Hidden Track)

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