Sons Of Bill – One Town Away – CD-Review

Eine von großartiger Musikalität und ungemein starkem Songmaterial geprägte, exzellente Mixtur aus genauso würzigen wie wunderbar in unsere Gehörgänge einfliessende Rootsrock-, Americana- und Countryrock-Elementen, mal durchaus entspannt und relaxt, dann wieder schön kraftvoll und Energie geladen, präsentiert von einer noch richtig hungrig und unverbracht wirkenden, erstklassigen jungen Band aus Charlottesville/Virginia. Sons Of Bill sind die Söhne (James, Sam und Abe) eines gewissen Bill Wilson (selbst wohl ein talentierter Countrymusiker), der seine Nachkömmlinge schon sehr frühzeitig mit der „Droge“ Musik infizierte.

Die drei Brüder veröffentlichen jetzt mit ihren beiden Langzeitfreunden Seth Green (Bass) und Brian Caputo (Schlagzeug) ihr zweites, mit einem im Vergleich zum Debüt deutlich größeren Budget ausgestattetes Album, „One Town Away“, produziert von niemand geringerem als Grammygewinner Jim Scott, der bereits mit solch klingenden Namen wie Tom Petty, Wilco oder Whiskeytown zusammenarbeitete. Das passt schon sehr gut, denn Spuren dieser Kollegen sind bei den Sons Of Bill durchaus zu entdecken. Doch am ehesten spielt sich das Geschehen an der Schnittstelle von erdigen Rootsrock-Einflüssen solcher Leute wie Steve Earle, Son Volt und mit Abstrichen auch der Drive-By Truckers, dem magischen Retro Countryrock-Flair eines Gram Parsons und den so wunderbaren, unwiderstehlichen Elementen der texanischen Red Dirt-Clique ala No Justice, Wade Bowen, Stoney LaRue und der Kyle Bennett Band ab. Klar, dass bei dieser Konstellation durch die Stücke auch ein Hauch von Southern-Flair weht.

Die Band hat sämtliche Tracks selbst komponiert (der Löwenanteil stammt dabei aus der Feder von James Wilson) und eingespielt. Lediglich der in der Rootswelt so bekannte Multiinstrumentalist Greg Leisz (Stel, Lap Steel, E-Gitarre) ergänzt als Gastmusiker auf vier Tracks („One Town Away“ -tolle Countryrock-Ballade mit viel Retro Gram Parsons-Feeling, einer durchaus californischen Note und toller Steelguitar-Begleitung-; „Charleston“; „In The Morning“ und „Rock And Roll“ -ein kräftiger, kerniger Rootsrocker, der seinem Namen alle Ehre macht) die Band mit seinem exquisiten Spiel. Trotz der rootsigen Basis wirkt das Material sehr „radiotauglich“ und überaus eingängig, was wir als absolut positiv verstanden haben möchten. Die Songs sind gespickt mit tollen Melodien und bleiben prächtig hängen.

Die beiden das Album eröffnenden Stücke „Joey’s Arm“ und „Broken Bottles“ stehen prinzipiell für das gesamte Konzept des Albums, nämlich die ausgewogene Balance zwischen zwar würzigen, aber entspannt wirkenden Balladen und Midtempo-Nummern und flotten, knackigen Rockern. Erstgenanntes, eine traumhafte, mit herrlichen Gitarren und prächtigem Hammond-Untergrund in Szene gesetzte Roots-/Countryrock-Ballade (schön angerauter, leicht introvertiert klingender, erstklassiger Gesang, ein bis zwei genau auf den Punkt gebrachte Lead-Gitarrenpassagen, eine geradezu Gänsehaut erzeugende Melodie), das zweite (schöne Textzeile: „Hank Williams might have been a love-sick drinker, but being a love-sick drunk don’t make you a Hank“), kommt dann trocken, flott und ordentlich rootsig, wobei einem sowohl die oben genannten Red Dirt-Kollegen, als auch Son Volt, Steve Earle oder gar die Gin Blossoms in Erinnerung kommen.

Auch bei weiteren Stücken blinzelt dann die Earle’sche Songwritingschule hin und wieder durch (z. B. „Western Skies“, „Charleston“). Beim textlich dramatisch und ergreifend dargebotenen „Never Saw it Coming“ (klasse Outlaw-Flair) wurde das im Staate Virginia noch relativ aktuell anmutende Thema Amoklauf in fiktiver Form musikalisch aufgearbeitet. Ein unter die Haut gehender, atmosphärisch, ja in seiner Bedrohlichkeit sehr authentisch wirkender Song. Baumstark auch der prachtvolle, voller texanischem Red Dirt-Feeling und viel Southern Rock-Flair (The Marshall Tucker Band) steckende, kernige, riffige, von satten E-Gitarren durchzogene, gar ein wenig jammig anmutende Roots-/Countryrocker „Going home“ (tolles Gitarrensolo am Ende)! Zum Schluß des Albums wird es dank der recht prägnanten Steel-Arbeit von Greg Leisz noch ein wenig country-infizierter. „Charleston“ entpuppt sich dabei als recht trockener Honky Tonk-Song mit einer spröden Schönheit, wie sie sonst eben nur von einem Steve Earle zelebriert wird.

Gleiches gilt für das finale „The Song Is All That Remains“, bei dem James Wilson sein Lied, nur von einer trockenen Akustikgitarre und einem Hauch von hallenden E-Gitarren Hintergrundklängen begleitet, auf ein Minimum reduziert. Wer auch immer dieser Bill Wilson sein möge, er hat seinen Söhnen jedenfalls eine Menge musikalisches Talent mit in die Wiege gelegt. „One Town Away“ ist ein klasse Album! Die Rootsrock-/Americana-/Countryrock-Gemeinde darf sich auf eine neue,.richtig starke „Kapelle“ freuen, die auf dem besten Weg ist, den Etablierten des Genres „Feuer unterm Hintern“ zu machen. Respekt für diese großartige Leistung!

Gray Fox Records (2009)
Stil: Country- /Roots Rock

01. Joey’s Arm
02. Broken Bottles
03. The Rain
04. One Town Away
05. Going Home
06. Never Saw It Coming
07. Western Skies
08. So Much For The Blues
09. Rock And Roll
10. Charleston
11. In the Morning
12. The Song Is All That Remains

Sons Of Bill
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Bärchen Records

Casino Steel – There’s A Tear In My Beer – CD-Review

Bei Casino Steel handelt es sich um einen mir bis zum heutigen Tage unbekannt gebliebenen Kultmusiker der Punkrockszene. Namen von Truppen mit seiner Beteiligung wie The Boys und Hollywood Brats sind daher meinem, von Southern-Rock und New-Country dominierten Geschmack naturgemäß nie begegnet. Erstgenannte Gruppe soll zumindest vom Sänger einer, in unseren Breitengraden recht bekannten Düsseldorfer Band (auch berühmt für ihren schlechten Fußballgeschmack), die in ähnlichen Gefilden einsortiert wird, glühend verehrt werden. Ach ja, irgendwann war dieser Herr Steel auch mal recht kurzweilig Teilzeitarbeiter von The Ramones, die mir natürlich in weiter Ferne auch musikalisch geläufig sind.

Warum landet ein Album dieses Musikers also bei Herrn Daus? Ganz einfach, der gute Casino Steel hat ein Countryalbum aufgenommen und die Experten auf diesem Gebiet sind oft noch rar gesät. Punk und Country passt das zusammen? Befürchtet hatte ich zunächst irgendein trockenes kurzes Uptempo-Alternate-Country-Geschrammel, dass dann nach einer knappen halben Stunde Qual eventuell beendet ist. Dem ist aber nicht so! Casino Steel widmet sich vornehmlich altem, traditionellen Countryliedgut (bin ich eigentlich auch kein großer Freund von) wie der Titel „There’s a Tear In My Beer“ (ein alter Hank Williams-Klassiker) bereits andeutet, der auch als Opener, direkt mit noch zwei weiteren Stücken des alten Countryhaudegens gecovert wird.

Das erledigt Steel mit viel Hingabe, Ruhe und durch eine recht kräftige, moderne Einspielung sehr zufriedenstellend. Dazu lockert die Beteiligung von Duettpartnerinnen wie u. a. Claudia Scott und Liz Tove Vespestad, die sich im Stile von Emmylou Harris oder Dolly Parton vokal einbringen, die Songs ein wenig auf. Das traditionelle country-typische Flair bleibt aber durch recht markante Steel-Parts jederzeit erhalten.

Am besten gefallen mir jedoch die Sachen, die Steel selbst oder mitkomponiert hat. Das bluesig-balladeske, sehr melodische, rau gesungene „I Was Barely Getting By“ mit herrlichen E-Passagen, irgendwo zwischen Tom Waits und Mitch Ryder angesiedelt, dürfte dabei ganz sicher auf meinem Best-Of-Jahres-Sampler landen. Ein starker Song! Genauso klasse das ebenfalls bluesige „Real Rain“ (mit schönen weiblichen Harmonies, starkem, sirenenartigen E-Solo), das flotte, mit dezentem Rockabilly-Flair umgarnte „I’m Unable To Toe The Line“, oder das authentisch traurig überbrachte „Ballad Of The Sad Café“ (Piano-Barroom-Ballade mit Tom Waits-Spirit), und das abschließende „Heroine“ (70ies-Retro-Schwofer mit schönen Stimmungswechseln).

Lediglich die gar nicht mal so unübel gemachte Countryinterpretation von „What A Wonderful World“ erscheint angesichts des wohl unerreichbaren Louis Armstrong-Vermächtnisses im unweigerlich aufkommenden Vergleich chancenlos. Trotzdem, Casino Steels „There’s A Tear In My Beer“ hat in seiner Gesamtheit durchaus die Berechtigung, mal von Freunden solcher Traditions-Musiker der Marke Williams, Cash & Co., sowie von Bluesern, die sich offen für Country der alten Schule zeigen, mal unter die Lupe genommen zu werden. Selbst aus meiner eher New-Country-orientierten Sicht ein recht akzeptables Werk!

Wild Kingdom (2007)
Stil. Country Rock

01. There’s A Tear In My Beer
02. I Was Barely Getting By
03. I’m So Lonesome I Could Cry
04. That’s All I Need To Hear
05. She Thinks I Still Care
06. Real Rain
07. Cold, Cold Heart
08. Oh Ramona
09. What A Wonderful World
10. I’m Unable To Toe The Line
11. Ballad Of The Sad Café
12. Baby, That’s Cold
13. I Wish I Could Come Home
14. Heroine

Casino Steel

Don Johnson – Heartbeat – CD-Review

Wir schreiben das Jahr 1986. Don Johnson alias Sonny Crockett und Philip Michael Thomas als Rico Tubbs befinden sich im Steilflug, eine der beliebtesten US-Krimserien der Achtziger Jahre zu werden. Bis dato kannte meine Generation meist nur knochig-kauzige Ermittler wie Kojak, Columbo, Rockford und Cannon. Lediglich mit Tom Selleck in der Serie Magnum war eine etwas saloppere Gangart in den TV-Krimi-Alltag eingezogen. DNA-Analyse und sonstiger forensischer Kram samt technischem Equipment als Hilfsmittel zur Beweiserbringung oder Klärung von Verbrechen waren noch ein Buch mit sieben Siegeln. Im Großen und Ganzen waren auch bei diesen beiden ungestümen jungen Herren traditionelle und konventionelle Polizeimethoden noch angesagt.

Es war auch die Zeit, als die Compact Disc so langsam begann, sich für die Schallplatte als eine ernsthafte Konkurrenz zu entwickeln. Musikalisch hatte der Synthesizer als mittragendes Element Einzug in die Rock- und Popmusik erhalten. Für viele ist bis heute die Ära der Achtziger somit immer noch eine der schlimmsten Epochen der Musikgeschichte. Die ebenfalls aufkommenden Vermarktungsstrategen hatten erkannt, dass man mit populären Schauspielern auch auf musikalischer Ebene, sofern sie ein wenig Talent mit sich brachten, durchaus Profite erwirtschaften kann.

Don Johnson, der das T-Shirt unter dem Armani-Sakko salonfähig machte, war für diese Zeit ein idealer Typ, smart, gut aussehend und seine Stimme erwies sich zwar nicht als die eines Übersängers, hatte aber doch so was wie eine gewisse Unverkennbarkeit. Dazu gelang ihm, samt des federführenden Major-Labels, Epic Records für sein Debüt eine illustre Schar an Musikern Bonnie Raitt, Willie Nelson, Stevie Ray Vaughan, Ron Wood, Dickey Betts,etc.) mit ins Boot zu holen. Auch die Songauswahl mit Stücken von Gastschreibern wie u. a. Tom Petty und Bob Seger liest sich nicht so schlecht. Somit kann man auch aus heutiger Sicht seine erste Platte „Heartbeat“, die es immerhin in die Top-20 der Billboard-Album-Charts brachte, als durchaus für die damalige Zeit gelungen bezeichnen.

Der melodische Titelsong mit seiner markanten Refrainzeile wurde mit Platz 5 in den US-Single-Charts und auch internationaler Präsenz zugleich sein erfolgreichstes Lied, der wohl stärkste Song des Werkes „Heartache Away“ (klasse Backs von Bonnie Raitt, E-Solo Stevie Ray Vaughan) und die atmosphärisch unterkühlte, Saxophon-bestückte Ballade „Voice On A Hotline“ landeten irgendwo im Nirvana der Musikerhebungen.

Weitere markante Tracks sind der ebenfalls balladeske Petty-Song „Lost In Your Eyes (erneut mit netten Raitt-Harmonies), der wie einige andere Songs auch, mit Phil-Collins-In–The-Air-Tonight-Gedächtnis Drumpoltern (performt durch Curly Smith) durchzogen ist. Stark auch die Gastpräsenz beim von Bob Seger-kreierten, dezent Country-infizierten Heuler „Star Tonight“ von Willie Nelson (klasse hier sein Akustikgitarrensolo).

Bei den zwei Stücken „Love Roulette“ und der Piano-getränkten Ballade „Can’t Take Your Memory“ (mit dem späteren Nashville-Studiomusiker Charlie Judge an den Tasten) ist Johnson kompositorisch involviert. Dass er hier durchaus Talente besitzt, zeigen weitere Lieder aus dem Allman Brothers-Dunstkreis. So ist er für deren „Blind Love“ und „Can’t Take Me With You“ und das schöne „Bougainvillea“ von Dickey Betts & Great Southern mitverantwortlich. Bei der starken Uptemponummer „Love Roulette“ gibt es mit Stevie Ray Vaughan (E-Solo), Dickey Betts (Rhythmus-E-Gitarre) und Ron Wood (Akustikgitarre) den Aufmarsch von gleich drei Schwergewichten der Saitenkunst.

Don Johnsons Debütalbum „Heartbeat“ kannte zu besagter Zeit vermutlich nur freudenstrahlende Gesichter. Eine typische ‚Win-Win-Situation‘. Der smarte Frauentyp (übrigens gleich zweimal mit Melanie Griffith verheiratet und wieder geschieden) konnte sich neben seiner auf dem Zenit befindlichen Schauspielerära noch auf musikalischem Terrain als zweitem Standbein profilieren, das Major-Label Epic Records wurde für seine relativ risikoarme Investition werbetechnisch wie finanziell ordentlich belohnt und selbst die stattliche Anzahl der zumeist prominenten Gastmusiker und Songwriter konnte sich vermutlich auch noch ein paar Dollars auf die Tasche packen.

Epic Records (1986)
Stil:  Rock / Pop

01. Heartbeat
02. Voice On A Hotline
03. The Last Sound Love Makes
04. Lost In Your Eyes
05. Coco Don’t
06. Heartache Away
07. Love Roulette
08. Star Tonight
09. Gotta Get Away
10. Can’t Take Your Memory

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Kevin Costner & Modern West – Turn It On – CD-Review

Wenn Schauspieler ins (Rock-) Musikfach wechseln (vor allem die aus dem vermeintlich glamourösen Stadtteil einer kalifornischen Metropole) gilt das in der Regel als eine weitere Option, ihre Kontostände (die sich eh meist schon jenseits von Gut und Böse befinden) aufzubessern oder ihre vermutlich schon von Geburt an verankerte Profilneurose noch intensiver ausleben zu können. Ein halbwegs positives Beispiel war mal vor einer gefühlten Ewigkeit für kurze Zeit Don Johnson (mittlerweile natürlich auch in der Versenkung verschwunden), der mit seinen zwei Alben „Heartbeat“ und „Let It Roll“ die Gunst der Stunde von Miami Vice nutzen konnte und dabei eine ganz akzeptable Figur abgab. Was viele vielleicht nicht wissen, er ist auch Co-Writer des schönen Dickey Betts & Great Southern-Stückes „Bougainvillea“.

Eine wirklich erfreuliche und sehr ernst zu nehmende Ausnahme bahnt sich hier seit geraumer Zeit auch im Fall von Kevin Costner an. Der scheint auf jeden Fall den Vorteil zu haben, auf eine recht fundierte musikalische Grundausbildung verweisen zu können (er musiziert schon über zwanzig Jahre). Dazu legt er, was seine Person und seine Möglichkeiten betrifft, eine für Schauspieler seines Levels ungewöhnlich gesunde Portion Realismus an den Tag. Mit seinem Debüt „Untold Truth“ verbuchte er bereits viele positive Kritiken und auch die Live-Auftritte mit seiner Band Modern West ernteten Lob von fast allen Seiten.

Sein zweites Werk „Turn It On“ untermauert sein Bestreben, auf musikalischem Terrain kontinuierlich sesshaft zu werden, nachhaltig. Um es vorwegzunehmen. Costner und seine Modern West-Crew (John Coinman, Teddy Morgan, Park Chisolm, Blair Forward, Larry Cobb) haben erneut ein kurzweiliges Americana-Häppchen (von Roots Rock bis New Country sind alle damit verbundenen Ingredienzien verarbeitet) kreiert, das sich vor bereits etablierten Vertretern in diesen Genre-Sphären keineswegs zu verstecken braucht.

Ein gutes Händchen bewies der aus dem beschaulichen Compton stammende Kalifornier bei der Auswahl der Songs, die laut eigener Aussage ohne Rücksicht auf eventuell verletzte Eitelkeiten (auch bei sich selbst) einer strengen Qualitätskontrolle standhalten mussten, um letztendlich den Platz auf dem Silberling zu ergattern. Bis auf ein sehr gelungenes, fetziges Cover des BoDeans-Stückes „Red River“ (mit klasse Fiddle-E-Gitarrenduell) setzten sich, soweit ich es beurteilen kann, ausnahmslos Eigenkompositionen aus dem bandintern geschaffenen Fundus durch.

Produzent und Mitmusiker Teddy Morgan hat gute Arbeit geleistet. Costners angenehmes Stimmorgan mit teilweise recht markantem Timbre wurde optimal mit den klar ausgesteuerten Instrumentalzutaten (E- und Akustikgitarren, Fiddle und dezente Keyboards spielen die zentrale Rolle) in Einklang gebracht, wobei im Aufbau der Tracklist als auch innerhalb der Songs auf Tempovariationen Wert gelegt wurde, was dem Ganzen eine große Portion Kurzweiligkeit beschert. Die knapp 45 Minuten vergehen daher wie im Flug.

Zu meinen Favorites des Albums zählen der flockige Opener „Turn It On“ (Mischung aus Bruce Springsteen und John Hiatt, klasse Slide-Solo), „Ashes Turn To Stone“ (wiehernde Fiddle, kreischendes E-Solo, sehr dynamischer Verlauf), „The Way You Love Me“ (rauchige Stimme Costners, weibliche Harmonies, ruhige Slidepassage, entspannte Atmosphäre) und der Gute Laune-Country-Stomper „Saturday Night“ (Marke Billy Ray Cyrus, wieder recht Slide-betont). Wenn es was zu beanstanden gibt, ist es höchstens das vielleicht etwas statische Drumming von Larry Cobb und ein marginales Absacken des Niveaus gegen Ende.

Insgesamt ist „Turn It On“ von Kevin Costner & Modern West in jedem Fall eine gelungene Sache. Und dann kommt das aber doch noch mit der Popularität. Auch wenn Costner die Gunst seines Bekanntheitsgrades als Support für sein musikalisches Treiben relativiert und auch berechtigt auf seine bisherigen Leistungen verweist, ein Todd Thibaud z.B. kann halt sein neues Album (leider) nicht mal eben in einer bekannten deutschen Fernseh-Unterhaltungsshow vorstellen. Denn dazu erhält der gute Kevin nämlich prompt am kommenden Samstag die Gelegenheit, wenn er seine Single „Let Me Be The One“ (hoffentlich wie hier auf dem Album im Duett mit der vorzüglich singenden Sara Beck) am Samstag präsentieren wird und dazu noch als Wettpate neben unserem allseits bekannten Star-Talkmaster (mit seinem ansonsten fürchterlich klischeehaften Musikgeschmack) auf der Couch Platz nehmen kann…

earMUSIC (Edel) (2010)
Stil:  Country Rock

01. Turn It On
02. Ashes Turn To Stone
03. Moon So High
04. Maria Nay
05. Let Me Be The One
06. Top Down
07. Red River
08. Palisades
09. The Way You Love Me
10. Saturday Night
11. All I Want From You

Kevin Costner & Modern West
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Melanie Dekker – Lekker Dekker Live 2010 – CD-Review

Ich hatte ja bereits 2009 das Vergnügen, die äußerst sympathische Musikerin aus Vancouver, Kanada, live erleben zu dürfen, als sie mit ihrem langjährigen musikalischen Weggefährten Jason Nett im Lintforter ABC-Keller eine feine Vorstellung gab.

Melanie wurde im Rahmen dieser Europa-Tournee von Elyse Jacobsen (Violine, Harmonies) und Mike Bell (Keyboards, Perkussion, Harmonies) begleitet, das hier zu besprechende Live-Album, enthält allerdings Mitschnitte von Auftritten aus Wien (Österreich), Ahaus (Deutschland) und Ebeltoft in Dänemark. Ein sehr spezielles Live-Album, wie ich finde. Gut, rein von der Besetzung und der Tatsache, dass Melanie noch vornehmlich einem Insider-Publikum vorbehalten ist, war klar, dass hier nicht ein Überschäumen an musikalischen Emotionen aufgezeichnet werden würde.

Aber dass dieses Dokument ein so derartig intimes Flair aufweisen würde, war für mich doch recht überraschend, denn die gute Melanie ist an sich ein recht temperamentvoller Mensch. Sehr minimalistisch vorgetragene Stücke, ganz wenig Ansagen von Melanie vor den Tracks und kaum Applaus nach den Stücken, gediegene Wohnzimmeratmosphäre omnipresent, fast eher aber wie im Studio. Ein Erklärungsansatz wäre, dass ein Großteil der Lieder vom Wiener Auftritt aufgezeichnet wurde, wobei man den Anwesenden wohl vorher vergessen hatte, explizit mitzuteilen, dass nach dem Songende auch geklatscht werden darf…

Aber Spaß beiseite, von einer Live-Scheibe erwarte ich halt auch ein wenig Lärm drum herum. An der Musik gibt es natürlich nichts zu deuteln. Melanies variable Stimme, ihr flockiges Gitarrenspiel, sowie das oftmals kammermusikartige Violinieren der Jacobsen und auch die filigranen Pianotupfer von Bell lassen keinen Zweifel daran, dass man es mit Könnern der Materie zu tun hat. So sind es auch letztendlich die flotteren Stücke wie „Saturday Night Show“ (mit ein bisschen Gypsy-Touch), „Little Miracle“ (schöne Tempowechsel), die ein wenig Shania-angehauchten „Hype (Somebody’s Baby)“ und „I Said I“, das recht rockige „Oh Yeah!“ (hier kommuniziert Melanie mal vor Songbeginn mit dem Audtorium) und das mit frechem Gesang bedachte „Soul Back“, die für etwas Schwung sorgen.

Schöne Beispiele für Mels gesangstechnische Variabilität bieten „Hollow“ (im Stile von Melissa Etheridge), „Here & Now“ (ein leichter Bon Jovi-Teint im Refrain) und oder das Elfenhafte, Marke Kate Bush, beim Titel „Flowers“ und dem dazu sehr gut passenden blumigen Gitarrenspiel. Ingesamt ist Melanie Dekkers „Lekker Dekker Live 2010“ eher ein Tondokument zum Besinnen, ein schönes Teil für Genießer ruhigerer, reduzierter Töne. Teilweise fehlt mir dann doch mal eine E-Gitarre.

Ich persönlich hätte aus diesem Stoff eher ein Akustik-Studio-Album fabriziert, für ein Live-Album wäre ein elektrischer Rahmen, mit tosendem Applaus und Zugaberufen am Ende sicherlich die bessere und zu ihrem Naturell passendere Wahl gewesen, denn irgendwie ist Melanie doch eher ein ‚flotter Feger‘! Die CD kann über Mels Homepage im Store für 15 Dollar geordert werden.

Elephant Ears Entertainment (2010)
Stil:  Singer / Songwriter

01. Lullaby
02. Shakespeare Says
03. Maybe We’re The Angels
04. Saturday Night Show
05. Little Miracle
06. Somebody’s Baby (Hype)
07. Hollow
08. Oh Yeah!
09. Soul Back
10. Blush
11. Wounded Soldier
12. Wishful Thinking (Echo Song)
13. I Said I
14. Here & Now
15. Flowers

Melanie Dekker
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Melanie Dekker – Here & Now – CD-Review

Seit Melanie Dekker ihr eigenes Label Elephant Ears Entertainment besitzt, scheint die lebensfrohe, sympathische Musikerin aus dem kanadischen Vancouver gar nicht mehr zu bremsen zu sein. Es ist gerade mal ein paar gefühlte Wochen her, dass ich ihre Live-Scheibe beleuchtet habe, da liegt mir mit „Here & Now“ quasi ‚hier und jetzt‘ direkt ihr nächstes Werk auf dem Tisch.

Diesmal allerdings ein komplettes Studiowerk (zuvor hatte es ja bereits eine EP mit gleichem Titel gegeben, auf der sich die Stücke „Just So You Know“, „Flowers“, „Here & Now“ und „What A Fool I Am“ in identischer Version wie hier befinden) wie immer, mit ein paar netten Grüßen handsigniert. Mel ist eben ein äußerst netter Mensch. Schon das abstrakte, bunte Titelbild des Klapp-Pappschubers mit eingestecktem, sechsseitigen Falzbooklet und auch die Fotos von ihr in einer frechen Korsage lassen auf ein launiges Gesamtprodukt schließen.

Mit „Flowers“, „Lullaby“, dem Titelsong „Here & Now“, „Saturday Night Show“ und „My Soul Back“ enthält die CD dazu noch fünf Stücke, die sie auch auf ihrer Live-Scheibe (nur mit Keyboard- und Violinen-Unterstützung) performt hat, die aber allesamt, wie bereits von mir im Review gemutmaßt, aufgrund der jetzt kompletten instrumentellen Einspielung deutlich kräftiger herüberkommen (vor allem die Drums und die sehr filigranen E-Gitarren von Leuten wie Eric Reed und David Sinclair machen da den Unterschied aus). Letztgenanntes Stück gab es ja auch schon auf ihrem Acoustic Ride-Silberling, hier gefällt es diesmal durch eine unterschwellige Latino-Note und das leicht angejazzte E-Spiel von Sinclair. Toll neu interpretiert und absolut tanzparketttauglich!

Auch die mir bisher unbekannten Tracks machen allesamt einen guten Eindruck. Der mit einer schönen Akustikgitarre untermalte Opener „Rich Girl“ geht richtig flockig ins Ohr. Im Refrain wechselt Mel dann von ihrem natürlichen Gesang in höhere Falsett-Sphären Marke Kate Bush und beweist ihre Stimmvariabilität. Songs wie die einzige Fremdkomposition „Just So You Know“ (mit coolem Groove), das herrlich melodische „Every 20 Minutes“ (schöne kratzige Akustikgitarre, E-Solo) und das pianobetonte „Legacy“ würden auch einer Melissa Etheridge gut zu Gesicht stehen.

Mein persönlicher Favorit ist aber das fröhliche, Country-Reggae-trächtige „Hippie“, wo man am liebsten direkt in den Flieger steigen und die nächste Strandbar in der Karibik unsicher machen möchte. Ein Stück, wie es auch Jimmy Buffett oder Kenny Chesney gerne praktizieren. Melanie näselt hier aber ganz schön kräftig und verleiht dem Song damit eine klare Shania-Note. Wunderbar passend dazu das kurze, verschrobene E-Solo von David Sinclair. Klasse auch der vermutlich mit persönlichen Erlebnissen in Dänemark zusammenhängende, fluffige Lovesong „Until The Wind Stops Blowin“.

Melanie Dekker lässt ihr „Here & Now“ dann mit der in Molltönen gehaltenen, atmosphärischen Piano-Ballade „What A Fool I Am“ ausklingen und überzeugt zum Abschluss noch einmal mit einer großartigen vokalen Darbietung. Wer die nette Kanadierin (die schon mit Größen wie u.a. Bryan Adams, Faith Hill oder sogar April Wine (!) auf der Bühne gestanden hat) gerne näher kennenlernen möchte, kann sie demnächst leibhaftig genießen. Denn die umtriebige Mel tourt schon wieder den ganzen April durch unsere Lande. Auf ihrer Internetseite können die Termine, Locations sowie Bezugsmöglichkeit und Preis der aktuellen CD (und ihrer anderen) nachgelesen werden.

Elephant Ears Entertainment, Fortune Records (2011)
Stil:  Singer / Songwriter

01. Rich Girl
02. Just So You Know
03. Flowers
04. Hippie
05. Lullaby
06. Here & Now
07. Saturday Night Show
08. Every 20 Minutes
09. My Soul Back
10. Until The Wind Stops Blowin‘
11. Legacy
12. What A Fool I Am

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Fortune Records

Melanie Dekker – Distant Star – CD-Review

Melanie Dekker zählt zu den Künstlerinnen, die bei unserem Magazin einen ganz dicken Stein im Brett haben. Ihre sympathische, lebensfrohe und unkomplizierte Art ist nahezu ansteckend. Sie ist jemand, der, eigentlich ganz musikeruntypisch, verinnerlicht hat, dass Nehmen und Geben immer in einem ausgewogenen Verhältnis stehen sollten. Ich erinnere mich immer wieder gerne an die netten Begegnungen mit ihr nach Konzerten oder natürlich an das unvergessene Weihnachtsvideo, das sie spontan, ohne mit der Wimper zu zucken, mit viel Liebe zum Detail für uns (als ich noch für RockTimes tätig war) gedreht hatte.

Auch wenn ihr die große Anerkennung bisher nur von einem relativ überschaubaren Insiderpublikum zuteil wurde, lässt die junge Dame aus dem kanadischen Vancouver mit holländischen Wurzeln nicht locker und tourt fleißig fast jedes Jahr durch Europa, wobei unseren Gefilde natürlich immer eine wichtige Bedeutung zugemessen wird (siehe unsere Tourtermine). Und in diesem Jahr hat sie mit „Distant Star“ auch wieder eine brandaktuelle CD mit im Gepäck, die dann auf Ihren (hoffentlich immer zahlreicher besuchten) Gigs reißenden Absatz finden sollte.

Wer wie ich, was Plattenveröffentlichungen betrifft, ihren Werdegang in den letzten Jahren konstant verfolgt hat, erkennt schnell, dass Melanie ihrem bisherigen Stil weiter treu bleibt. Sie offeriert uns auch diesmal eine hübsch kreierte Melange aus angenehmen melodischen Liedern, die irgendwo zwischen Country, Roots und Folk mit ganz dezentem poppigen/rockigen Einschlag liegen.

Melissa Etheridge im weitesten Sinne fällt mir da immer als sofortiger Vergleich ein, ohne allerdings an deren Popularitätswerte, geschweige ihrer Radiopräsenz hierzulande jemals auch nur annähernd heranzureichen. Die Welt ist halt meistens ziemlich ungerecht…

Melanie hat bei diesem Werk diesmal mit Allan Rodger zusammengearbeitet, der hier als Produzent, Co-Writer, Mitmusiker (diverse Instrumente) und -sänger (Harmonies) seine zentrale Position unterstreicht. Natürlich bestimmen Mels variabler Gesang (von elfenhaft bis rauchig) und ihr gutes Akustikgitarrenspiel in aller erster Linie wie gewohnt das Geschehen, aber in fast jedem Lied bekommt immer ein weiteres Instrument seinen speziellen Platz eingeräumt.

So bilden beispielsweise bei „Worry Gets You Nowhere“ das Banjo, bei „Black Swan“ eine Klarinette (?, im Booklet als ‚Woodwinds‘ aufgeführt), bei „Boomerang“ die E-Gitarre (schönes kurzes Solo), bei „Like Roses“ die Violine, bei „At The Junkyard“ das Piano und beim abschließenden „Silver Moon“ die Flöte die kleinen Zusatzfarbtupfer des jeweiligen Liedes. Vermutlich haben die beiden da schön zusammen getüftelt, was am besten wozu passt. Sehr gelungen letzten Endes.

Melanie Dekker setzt mit „Distant Star“ konsequent ihren musikalisch eingeschlagen Weg fort. Es gilt weiterhin. Wo Melanie Dekker darauf steht, ist auch Melanie Dekker drin. Sie weiß erneut mit ihrer ehrlichen Haut, viel Authentizität (auch in ihren Texten nachempfindbar) und angenehmer, sehr geschmackvoll gestalteter Musik zu punkten. Der kommerzielle Erfolg wird aber auch mit diesem Werk vermutlich leider wieder so weit entfernt bleiben wie die Sterne…

Eigenproduktion (2013)
Stil:  Singer / Songwriter

01. Distant Star
02. Worry Gets You Nowhere
03. Powerful
04. Give My Heart A Home
05. Nothing But Time
06. Black Swan
07. Boomerang
08. Like Roses
09. At The Junkyard
10. The Price You Pay
11. Silver Moon

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Melanie Dekker – Acoustic Ride – CD-Review

Wie sagt man doch oft so schön im Volksmund. »Hier wäre Weniger Mehr gewesen«. Und auch in diversen Reviews ist diese Aussage sicher schon öfter mal vom Stapel gelassen worden. Im Falle des aktuellen Albums „Acoustic Ride“ von Melanie Dekker muss ich das Statement zu meinem eigenen Leidwesen (und dem des potentiellen Käufers) in folgenden Slogan ummünzen. ‚Hier wäre Mehr eindeutig Mehr gewesen!‘

Dabei gibt es komischerweise am reinen Gehalt dieser Scheibe überhaupt nichts zu meckern. Die kanadische Dame mit holländischen Eltern sieht blendend aus (was im Layout der CD nachhaltig untermauert wird – Booklet mit allen Texten, nette Bilder der Protagonistin), schreibt in Singer/Songwriter-Manier tolle Stücke mit viel Gefühl für klasse Melodien, hat eine angenehme, leicht rauchige Stimme (irgendwo zwischen Shania Twain, Kim Carnes, Melissa Etheridge und Ann Wilson) und zupft ausgezeichnet die Gitarre.

Beim Einspielen der Lieder wurden nur die auch an der Produktion mitwirkenden Jason Nett und Eric Reed beteiligt, die neben Gitarrenparts auch noch ganz dezent mit Mandoline und Piano zu glänzen wissen. Die Songs bewegen sich in Bereichen von entspanntem semiakustischem Pop und Rock mit leichtem Indie-, (Sarah Bettens fällt mir da auch noch als Vergleichsmuster ein) Country- und Folk-Touch, was natürlich Dekkers variabler Stimme in diesem Fall als zentrales Moment entgegenkommt.

Wenden wir uns wieder meinen einleitenden Worten zu. Ich vermisse hier leider den Bass und auch das Schlagzeug (man hat komplett darauf verzichtet), die den Songs, die zweifellos auch so wunderschön sind, noch mehr Volumen, Pepp und vor allem Abwechslungsreichtum verliehen hätten. Zum anderen sind neun Lieder für eine CD etwas mager. Angesichts des kreativen Potentials von Melanie hätte sie sicherlich locker noch drei Lieder aus dem Ärmel schütteln können oder man hätte zumindest noch ein paar prägnante Tracks von irgendwelchen früheren Live-Auftritten als Bonus hinzufügen können.

So kommt man sich nach einer halben Stunde vor, wie Einer, der nach schweißtreibender sportlicher Betätigung mit einem Mordsdurst an die Theke kommt und der Wirt nach der Bestellung trocken erwidert, dass das Bier alle sei. Apropos Bier. Das Mrs. Dekker auch mit eigenwilligem Humor ausgestattet ist, bewies sie bei einem Auftritt im legendären Rainbow in Horb-Altheim. Dort goss sie sich zur Verblüffung der anwesenden Zuschauer ein ihr gereichtes Gerstensaftgetränk am Ende des Gigs spontan über die eigene Mähne, mit der Anmerkung, dass dies doch gut für die Haare sein soll.

Wie dem auch sei, bei Melanie Dekkers sehr schönem Silberling „Acoustic Ride“ wäre Mehr letztendlich wirklich Mehr gewesen. ‚In der Kürze liegt die Würze‘ lasse ich hier nicht gelten. Diese Dame braucht angesichts ihres Könnens nicht rumzugeizen (was das Outfit betrifft ist das ok, über das kurze Röckchen auf dem Cover- und Backcoverbild sehe ich einfach mal großzügig hinweg… ). So bleiben mir am Ende nur die flehenden Worte an die Protagonistin. Melanie, beim nächsten Mal gib uns bitte etwas mehr von dir!

Eigenproduktion (2007)
Stil:  Singer / Songwriter

01. We’re The Angels
02. Meant To Be
03. Wishful Thinking (Echo Song)
04. Oh Yeah
05. Your Heart Beating
06. Right
07. Can’t Stop Laughin‘
08. Tell Me That I’m Wrong
09. Soul Back

Melanie Dekker
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Hemifran

Emory Quinn – The Road Company – CD-Review

Auch wenn die Amis ja nicht viel Gutes auf dieser Welt zustande bringen, eines muss man ihnen aber lassen. Musik machen können sie und der Nachwuchs an wirklich talentierten Interpreten scheint, anders als in unseren Gefilden, schier unerschöpflich zu sein. Fast fragt man sich, ob die meisten Kinder nicht schon im Kreissaal mit einem Saiteninstrument in den Händen aus dem Geburtskanal geschossen kommen…

Auch die in San Antonio, Texas ansässigen Emory Quinn sind wieder so eine Truppe. Dort haben sich drei hochbegabte Multiinstrumentalisten zusammengefunden, die im letzten Jahr ihr zweites Werk, „The Road Company“, in Eigenregie veröffentlicht haben, nachdem bereits ihr Debüt „Letting Go“ die Kritiker beeindrucken konnte. Der Bandname setzt sich aus den Mittelnamen der Herren Nathan (Emory) Rigney und Clint (Quinn) Bracher zusammen. Dazu gesellt sich noch als Dritter im Bunde Case Bell.

Die drei spielen bis aufs Schlagzeug (da sind dann noch Drummer Adam Littman, Ernie Durawa und Dan Dreben mit involviert) auf dem Album eigentlich so alles, womit man im Roots-/Country-Gewerbe genre-typische Klänge erzeugen kann. Clint Bracher, der auch sämtliche Stücke bis auf eines komponiert hat, bedient dazu mit sanft rauer Stimme das Mikro und erinnert an einen Wade Bowen.

Eine wunderbare Synthese aus Country, Rock, Southern Rock und Bluegrass lässt da mal wieder den Oberbegriff Americana durch den Raum schweben. Klasse Texte, grandiose Melodien und eine filigrane instrumentelle Umsetzung lösen unweigerliche Begeisterung aus. Ein entscheidendes Trademark der Band sind dabei die Stück-intern eingeflochtenen Überraschungseffekte und die Vielseitigkeit in der Songpräsentation, ohne aber den berühmten roten Faden auch nur eine Sekunde aus dem Auge zu verlieren.

So bekommt das eigentlich entspannt verlaufende „Highways Of Gold“ plötzlich eine superschnelles Instrumental-Bridge verpasst, „Ships And Planes“ einen Reggae-Rhythmus integriert (dazu noch ein Mandolinen-Solo und eine Organ-Passage) , „Blue Gone“ und das mit Westernflair behaftete „Idabel“ eine Southern Rock-kompatible E-Gitarrenphase (sogar z.T. mit Double-Leads) und „Dear London“, schon dem Titel entsprechend einen britisch anmutenden Ausklang (dezent U2-mäßig). Dazu wurde noch die einzige Fremdkomposition „Phone Went West“ von der amerikanischen Rockband Mr. Morning Jacket in eine höchst unterhaltsame Bluegrass-Fassung der Extraklasse verwandelt (mit Banjo, Fiddle, Mandoline).

Insgesamt gesehen ist „The Road Company“ von Emory Quinn ein Freudenfest für jeden Liebhaber der Roots- und modernen Country-Schiene. Nach The Band Of Heathens und Driveway für mich mit das beste, was so in letzter Zeit in meinen CD-Player gewandert ist. Man fragt sich danach unweigerlich, warum noch keine Plattenfirma ihre Fühler nach dem Trio ausgestreckt hat. Wäre sicherlich ein idealer Übernahmekandidat für ein auf diesem Gebiet in unserem Lande emsiges und beliebtes Label, das nach einer blaufarbigen, dornigen Pflanze benannt ist…

Eigenproduktion (2008)
Stil:  Americana

01. Highway’s Of Gold
02. Dance With Me
03. Straight Through Me
04. No In Between
05. Ships And Planes
06. Blue Gone
07. Magnolia
08. Devil’s Disguise
09. Idabel
10. Better Next Year
11. Dear London
12. Phone Went West

Shannon Curfman
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Bärchen Records

Radney Foster – Revival – CD-Review

Triumphales neues Werk von Radney Foster! Meisterhafter Roost-/Americana-/Alternate Country-Rock – kernig, knackig, trocken und direkt auf den Punkt produziert (Darrell Brown und Radney Foster). Zu jeder Sekunde weht einem der raue, texanische Staub um die Nase. Und diese Melodik, diese Songqualität (aus dem Fundus dieser neuen Songs werden sich sicher wieder einige der großen Nashville-Acts bedienen), diese Arrangements – wunderbar! Ungeachtet seiner bereits erzielten Erfolge mit dem Duo Foster & Lloyd hat Radney Foster sich auch in eigener Person im letzten Jahrzehnt zu einer der nicht mehr wegzudenkenden Größen der texanischen Musikszene und darüber hinaus entwickelt.

Ob als Songlieferant für unzählige Kollegen (u.a. Dixie Chicks, Wade Bowen, Jack Ingram, Keith Urban, Kenny Chesney), als Produzent (er verhalf u.a. der Randy Rogers Band mit ihren beiden letzten Major-Werken zum Einstieg in die Country(rock)-Welt über die texanischen Grenzen hinaus) oder natürlich als Solo-Interpret, wo er in regelmäßigen Abständen exzellente Alben abliefert, hat man bei der Anschaffung von Material mit Foster-Beteiligung immer so etwas wie eine automatische Qualitätsgarantie. Was der Mann anpackt, hat einfach Stil und Klasse.

So natürlich auch sein famoses, neustes Album „Revival“, das er jetzt als Nachfolger des 2006 erschienen, ebenfalls sehr starken „This World We Live In“ präsentiert. Doch Foster hat immer noch neue Trümpfe im Ärmel, steckt voller neuer Songideen und sprüht vor immer währender Frische. Die rockigen Sachen von „Revival“, und davon gibt es eine ganze Menge, strotzen nur so vor Dynamik und grandiosen Melodien. Radney hat das aktuelle Werk, im Unterschied zum letzen Mal, heuer schwerpunktmäßig mit einer etatmässigen Begleitband „The Confessions“ eingespielt (dazu gehören u.a. der Gitarrenvirtuose Eric Borash und die durchaus bekannte und hoch geschätzte Background-Sängerin Georgia Middleman), darüber hinaus aber auch mit Leuten wie Adam Shoenfeld, Craig Kampf, Yonathan Yudkin, Tammy Rogers, Jon Randall, Darius Rucker (Hootie & The Blowfish) und Dierks Bentley noch ein illustres Gästeteam mit an Bord. Als zentrales Moment serviert der aus Del Rio stammende Texaner in leichter Abwandlung zum Albumtitel den Song „A Little Revival“ in gleich zwei Versionen. Zum einen direkt zu Beginn als straight rockenden, dynamischen Uptempo Americana-/Countryrocker (herrlich fett instrumentiert, klasse E-Gitarren-Passagen, knackiges, trockenes Drumming), zum anderen am Ende als um die erste Strophe gekürzte „Reprise“Fassung, die dank der furios agierenden Jon Randall (exquisites Mandolinenspiel, klasse Harmonies) und Tammy Rogers (tolle Fiddleperformance, Background Gesang) einen herrlichen „Bluegrass-Teint“ verpasst bekommt.

Die zum Mitsingen animierenden Refrainzeilen des Songs sind derartig markant, dass man sie noch Tage später mit sich im Gedächtnis herumträgt. Das seinem im letzten Jahr verstorbenem Vater gewidmete Album (besonders dokumentiert in dem sehr bewegend gebrachten „I Know You Can Hear Me“) besticht durch viel Abwechslung. Es gibt auch mal eine spirituelle Note („Shed A Little Light“ – Foster singt im Stile eines Hohenpriesters, Middleman und Co. halten mit Gospel-kompatible „Backs“ dagegen), sowie Fosters typisch introvertiert wirkende Stücke, die mit soviel, Gefühl, Wärme und Harmonie vorgetrahen werden, aber auch voller bewegender Texte stecken („Angel flight“, „Suitcase“, „I made peace with God“ – allesamt sehr fein instrumentiert) und, wie gesagt, eine ordentliche Anzahl abgehender Roots-/Countryrocker (bärenstark beispielsweise das fulminante „Until it’s gone“, das zusammen mit Jack Ingram komponierte „Trouble Tonight“ – sehr rhythmisch, retro, groovig, mit einer Portion Southern-Soul, E-Gitarren- und Pianosolo -, das melodische „Second Chances“ und das sich kernig in unsere Gehörgänge grabende „Life is hard“).

Alles in allem ein Werk von beeindruckender Qualität, ohne jeden Ausfall. Die Aufmachung des Digipacks besticht zudem durch eine sehr gelungene, geschmackvolle und farbenfrohe Gestaltung, inklusive eines schönen, 16-seitigen Booklets mit allen texten und vielen Infos. Foster, der erst vor kurzem 50 geworden ist, liefert mit „Revival“, ohne seine vielen starken Vorgänger entscheidend abwerten zu wollen, sein vielleicht bestes Album der letzten Jahre ab. Texas-Americana-/Roots-/Alternate Country vom Allerfeinsten! „This record is absolutely a triumph“, heißt es in einem U.S.-Review… – wie wahr!

Devil River Records (2009)
Stil:  Country Rock

01. A Little Revival
02. Forgiveness
03. Until It’s Gone
04. Second Chances
05. I Know You Can Hear Me
06. Angel Flight
07. Trouble Tonight
08. Shed A Little Light
09. I Made Peace With God
10. Life Is Hard (Love Is Easy)
11. If You Want To Be Loved
12. Suitcase
13. A Little Revival (Reprise)

Radney Foster
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