Randy Rogers & Wade Bowen – Hold My Beer Vol. 1 – CD-Review

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Ist das herrlich! Liebe Leute, kann Countrymusic schön sein. Die beiden eng befreundeten, texanischen Red Dirt-Ikonen Randy Rogers (Randy Rogers Band) und Wade Bowen haben sich zusammen getan, um ein gemeinsames Album einzuspielen – ein Album reinster, edler Countrymusic. Unter der Produktion von Lloyd Maines (auch mit vielen Instrumenten wie Pedal Steel, Dobro, Akustik-Gitarre und Mandoline involviert) spendieren die beiden uns mit “Hold My Beer – Vol. 1“ ein durch und durch traditionelles Werk in einem prächtigen, klaren Sound aus wunderbar transparenten Gitarren (E-Gitarren, Baritone Gitarren, herrliche Telecaster-Soli, akustische Gitarren), brillanter Pedal Steel und surrenden Fiddles, der sich jedoch gleichzeitig, trotz traumhafter Melodien, immer eine feine Portion „Grit“ bewahrt.

Diese Musik ist rein, ehrlich und authentisch bis in ihren tiefsten Kern und man merkt allen beteiligten hochkarätigen Akteuren (u. a. Jay Saldana, Caleb Jones, Will Knaak, Todd Laningham, Riley Osborne, Micah Vasquez sowie Brady Black und Geoffrey Hill von der Randy Rogers Band) den Spaß deutlich hörbar an, den sie bei dem Projekt hatten. Maines kitzelte aus ihnen förmlich Höchstleistungen heraus, es macht wirklich Laune, den vielen Feinheiten beizuwohnen.

Das Werk startet mit “In The Next Life“, einem Lied über ihre lang währende Freundschaft, vorgetragen im Wechselgesang der beiden (wie fast alle Stücke) und gespickt mit klasse Telecaster-/Fiddle-Fills und Solokombination. Das erste Coverstück (aus der Feder von Joe Ely) “I Had My Hopes Up High“ groovt mit herrlich selbstironischem Text locker in Saloon-Manier vor sich hin. HT-Piano, Twin Gitarren, Steel, Fiddle – Herz was willst du mehr? – einfach nur klasse!

Mit “‘Til It Does“ folgt eine wunderschöne Countryballade, die Wade mal live in einer Kurzfassung vorgestellt hatte und dann auf Randys Drängen für das Projekt zu Ende geschrieben wurde. Ähnlich schön auch das später platzierte “El Dorado“. Weiter geht’s mit dem Line Dance-tauglichen Schunkler “Good Luck With That“ (pumpender Bass, Dobro, Steel), dem starken Merle Haggard-Klassiker “It’s Been A Great Afternoon“ (tolle Dobro-/Fiddle-/ Telecaster-Solo-Kombination) und dem textlich wieder hochamüsanten “Standards‘‘ (es geht um einen Musikmanager, der Randy mal einen potentiellen Hit anbieten wollte, der aber dankend ablehnte, weil er sich für diesen Song nicht ‘verbiegen‘ lassen wollte).

“Hangin‘ Out in Bars“ beschreibt wieder mit viel Augenzwinkern, was Männer am liebsten tun, um ihre Verflossene zu vergessen. Ein typischer Country-Drinkin‘-Song. “Lady Bug“ bewegt sich auf einem toll vom Maines ausgebreiteten Banjo-Fundament, das mit Fiddle, feiner Mandoline und Dobro um weitere Country-Komponenten ergänzt wird. Den Abschluss macht ein weiteres Cover “Reasons To Quit“ aus der Feder von Merle Haggard und Willie Nelson. Eigentlich hatten Wade und Randy vor, ein eigenes Stück zu dem Thema (Ausstieg aus dem Künstlerleben) zu verfassen, entschieden aber, dass man die Thematik nicht besser und humorvoller auf den Punkt bringen kann, als es die Countryveteranen seiner Zeit getan hatten. Dafür ist die Umsetzung mit großartiger Akustikgitarre, Dobro und Fiddle umso besser gelungen. Toll!

Sehr schön auch die Gestaltung des Klapp-DigiPaks von Betsy Baird. Im Innern ist auf der rechten Seite ein alter Gemälderahmen ausgestanzt. Die Infos/Songtexte zum Werk wurden jeweils auf die Rückseite von vier einzelnen Polaroid-artigen Schwarz-/Weiß-Bildern (mit Randy und Wade) gedruckt. Diese kann man dann je nach Gusto wechselweise in den Bilderrahmen passgenau einschieben. Eine nette Zusatzgeschichte.

“Hold My Beer – Vol. 1“ von Randy Rogers und Wade Bowen ist geradezu ein Musterbeispiel dafür, wie gehaltvolle, natürliche, genauso honky-tonkige, wie Outlaw-behaftete, lupenreine „real Countrymusic“ der Gegenwart klingen sollte. Nashville, bitte mal genau hinhören! Das ist die höchste Country-Qualität! Klasse vor allem, dass vermutlich, wie es das ‘Vol. 1‘, ja förmlich suggeriert, ein Nachschlag irgendwann wohl schon in ihren Planungen mitberücksichtigt ist. Bitte mehr davon, die Herren! Großartig!

Stil: Country
Eigenproduktion (2015)

01. In The Next Life
02. I Had My Hopes Up High
03. ‚Til It Does
04. Good Luck With That
05. It’s Been A Great Afternoon
06. Standards
07. El Dorado
08. Hangin‘ Out In Bars
09. Lady Bug
10. Reasons To Quit

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Randy Rogers Band
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Josh Abbott Band – She’s Like Texas – CD-Review

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Ungemein frisch, schön knackig, locker, spritzig, aufgenommen in einem glasklaren, saftigen Sound: Die Josh Abbott Band mit einem herrlichen, traumhaft melodischen Countryrock-Juwel, das wie selbstverständlich die Trademarks der goldenen Countryrock-Tage der Siebziger (Poco, Eagles), traditionelle Countrywurzeln und die kernigen, würzigen Charakteristika der rockigen Texas/Oklahoma-Red Dirt-Bewegung (ala Eli Young Band, Wade Bowen, Cross Canadian Ragweed, Randy Rogers Band) miteinander vereint. Countryrock lebt – und wie!

Ein Konzertbesuch der Randy Rogers Band im „Blue Light“, einem kultigen Club in seiner Heimatstadt Lubbock/Texas stellte 2004 so etwas die Initialzündung für Josh Abbott dar, seine musikalischen Talente zu seinem absoluten Lebensmittelpunkt zu machen. Deren Art zu spielen, ihre Bühnenpräsenz und Rogers’Gesang, sowie die Verbundenheit mit dem Publikum faszinierten und motivierten Abbott derartig, dass er sein Studium abbrach und fortan nur noch auf die Karte Musik setzte. „I think I can do that, too“, lautete seine Maxime.

Sechs Jahre später veröffentlicht er mit seiner Band, bestehend aus Preston Wait (Fiddle, Electric guitar), Edward Villaneva (Drums), Daniel Almodova (Bass) und Gabe Hanson (Electric guitar, baritone, harmonica) mit „She’s Like Texas“ seine bereits zweite CD, nachdem er zuvor schon mit seinem Debüt bei den Kritikern („they rumble out like a Texas thunderstorm“; „honest songs about real-life emotions with strong harmonies and winsome melodic hooks“) und den Radiostationen in und um Texas herum für mächtig Furore sorgte.

Das musikalische Konzept von Josh Abbott orientiert sich naturgemäß durchaus an der Randy Rogers Band, wenngleich Abbott und seine Truppe mit diesem Album Rogers & Co. fast schon in den Schatten stellen. Wie bei Rogers spielen variabel eingesetzte Akustik/E-Gitarren (sehr stark Lead Gitarrist Gabe Hanson) und eine markante Fiddle (Preston Wait gleicht fast einem Pendant zu Brady Black) als essentieller Part neben Abbott’s charismatischer gesanglicher Präsenz (tolle, überaus angenehme, typisch texanische Red Dirt-taugliche Stimme) die dominierende Rolle. Das Songmaterial ist ohne jede Ausnahme vom Allerfeinsten!

Um zu erahnen, was das für die Zukunftsaussichten der Josh Abbott Band bedeuten könnte, braucht man kein Hellseher zu sein, sofern man die Erfolgsstory der Randy Rogers Band verfolgt hat. Für „She’s Like Texas“ konnte man zudem den überaus erfolgreichen Produzenten Erik Herbst (u.a. Eli Young Band, Bois D’Arcs, Kyle Bennett Band, Macon Grayson) gewinnen, der den Sound der JAB in noch professionellere und, das meinen wir nur positiv, sehr radiokompatible Bahnen gelenkt hat, ohne dabei auf das nötige rootsige, ursprüngliche, erdige und würzige Ambiente zu verzichten. Damit scheinen die Weichen für den ganz großen überregionalen Wurf gestellt zu sein.

Zu der großen Klasse des Albums tragen ohne Zweifel auch die klug ausgewählten Gastmusiker (u.a. Clay und Carla Corn, Gerald Jones und vor allem Virtuose Milo Deering mit seinem unwiederstehlichem Mandolinenspiel) bei, die allesamt bestens mit dem Quintett harmonieren. Dazu kommen wirklich gelungene Guestvocals, zum einen durch die exzellente Kacey Musgraves beim traumhaften Duett „Oh Tonight“ (wie eine Session der Randy Rogers Band mit den Wreckers – Musgraves klingt wie Michelle Branch; toll hier auch das bereits erwähnte grandiose Mandolinengeklirre von Milo Deering), zum anderen im Trio mit den Abbott-Kumpeln Trent Willmon und Roger Creager, die sich beim lockeren, dezent grassig angehauchten „End Of A Dead Road“ deutlich hörbar mit viel Freude die Gesangsbälle gegenseitig zuwerfen. Ganz stark dieser Song.

Das an die Eli Young Band oder No Justice erinnernde, wunderbare „All Of Sudden“ mit seinem nicht mehr aus den Ohren weichendem Refrain wurde schon im Vorfeld an die Radiostationen verschickt und erntete bereits höchste Chart-Ehren in den Texas Music-Charts. Die herrlich melodischen „The Walking Out“ und „If You’re Leaving (I’m Coming Too)“ gehen fliessend ineinander über und versprühen mit ihrem tollen E-Gitarrenrhythmus eine gewisse Heartland-Countryrock-Atmosphäre. Voller Hit-Potential stecken die flockigen „Fall In Love Again“ und „She’s Like Texas“, beide mit toller Mandolinenuntermalung, weiblichen Harmonies und Fiddle-Solo.

„Brushy Creek“ glänzt mit einem satten Hill Country-/Hillbilly-Flair, erzeugt durch Banjo und Fiddle, und erinnert mit seinen kernigen E-Gitarren-Riffs (inkl. großartigem Solo) sogar entfernt an eine countryeske Ausgabe von Lynyrd Skynyrd’s „Swamp Music“. Fröhlichen, knackigen Country mit einem Refrain zum Mitsingen bietet „I Just Wanna Love You“. Beeindruckend hier das starke Baritone-E-Gitarren-Spiel von Gabe Hanson. Das Ende der Scheibe gehört dann dem Bandleader (fast) allein, der bei „Let My Tears Be Still“ (es geht um einen kurz vor dem Tode stehenden, seine Lebensbilanz ziehenden Kriegsveteranen) zu den traurigen Pianoklängen von Gastmusiker Clay Corn eine emotionsgeladene, unter die Haut gehende Gesangsperformance abliefert und seine ganze vokale Klasse nochmals eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Josh Abbott und seine Band haben mit „She’s Like Texas“ einen tollen Longplayer hingelegt, der nachhaltig die Prognose eines amerikanischen Kritikers untermauert, der sagt: „The next big thing out of this terrific Texas music scene“! Das unterschreiben wir blind! Die CD kommt in einem schönen, 2-fach aufklappbaren Digipack mit ausführlichem, 16-seitigem Booklet, inklusive aller Texte. Hier passt alles! Begeisternder (Red Dirt)-Countryrock, wie wir ihn aus Texas lieben!

Pretty Damn Tough Records (2010)
Stil: Red Dirt

01. Road Trippin
02. All of A Sudden
03. The Walking Out
04. If You’re Leaving (I’m Coming Too)
05. Fall In Love Again
06. She’s Like Texas
07. Brushy Creek
08. Oh, Tonight
09. Hot Water
10. I Just Wanna Love You
11. End Of A Dirt Road
12. Let My Tears Be Still

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Cory Morrow- Live At Billy Bob’s Texas – Electric – CD/DVD-Review

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Einfach großartig! Cory Morrow mit seinem 30. Auftritt im legendären Billy Bob’s Texas in Forth Worth (und gleichzeitig als 40. Künstler, der ein Live-Album in dem texanischen Kulttempel aufnimmt). Angesichts der Fülle der Songs, die an diesem herrlichen Abend im Juni des vergangenen Jahres aufgenommen wurden, hat man den ‚elektrischen’ Teil (um den es hier geht) und den Akustik-Set gesplittet und als separate CD/DVD-Kombination veröffentlicht. Das Konzert beginnt mit einem knapp gehaltenen Instrumentalintro, bei dem Cory inklusive aller Beteiligten (John Carroll, Jon Cearley, Kim Deschamps, Clint Litton und Brendan Anthony) ihre Instrumente mal kurz zum ‚Warmlaufen’ bringen, um dann mit „Ramblin’ Man“, einem stimmungsträchtigen Country-Road-Song, so richtig Fahrt aufzunehmen.

Der aus Houston stammende Singer/Songwriter, mit einer Vorliebe für barfüßiges Auftreten, bietet dann im Verlauf des Abends ein Intermezzo seiner wichtigsten und beliebtesten Lieder sowie einiger toll umgesetzter Coverversionen. Auffällig, dass die im Billy Bob’s bisher immer recht steril wirkende Bühne diesmal etwas räumlich reduziert und auch viel angenehmer beleuchtet in Szene gesetzt wurde, und die starke musikalische Präsentation von Morrow & Co. damit auch noch optisch aufwertet. Genau wie beim Akustik-Set werden hier immer wieder kurze Interviews zu einigen Tracks mit Cory dazwischengesschaltet, bei denen er dann ein wenig ‚aus dem Nähkästchen’ plaudert. So erfährt man beispielsweise, dass Morrow „Good Intentions“ zwar mit den drei Co-Autoren Ray Wylie Hubbard, Radney Foster und Patrick Davis kreierte, ohne aber , dass die vier jemals beisammen gesessen hätten. Morrow trug Hubbard zunächst eine Idee vor, der gab seinen Input, dem fügte Foster bei einem Treffen mit dem Lalala-Gesang ein weiteres Element bei, um dann später den finalen Feinschliff durch Davis zu erhalten.

Das Konzert bewegt sich über die gesamte Distanz auf überaus hohem Niveau und bietet eine schöne Mischung aus Country-, Red Dirt- und Rock-Elementen, getragen von Morrows sympathischer Performance. Für die spielerischen Glanzlichter sorgen die variabel agierenden Brendon Anthony (Fiddle und Mandoline) und Kim Deschamps (Dobro, E-Gitarre, Mandoline und Steel) und natürlich der als Guitar-Wizard bezeichnete John Carroll, der ein ums andere Mal die Saiten seiner Telecaster bis zum Äußersten strapaziert. Ein Genuss den Leuten zuzuschauen und zuzuhören! Mit den Songs steigert sich auch zunehmend die Stimmung im Publikum und auf der Bühne und gipfelt dann in der furiosen Endphase des Gigs. Beim auch von Travis Tritt im Repertoire befindlichen „It’s A Great Day To Be Alive“ nimmt das Auditorium dankbar die Gelegenheit wahr, den Refrain lauthals mit zusingen.

Das Pete Townsend-Cover „Let My Love Open The Door“ rockt aus allen Rohren, Morrow begibt sich gegen Ende zum Handshaking und assisitiert dem reichhaltig tätowierten Drummer Clint Litton noch an den Cymbals. Spätestens beim abschließenden dezent punkig angehauchten “Beer“ brechen dann alle Dämme: Morrow, der sich wie von der Tarantel gestochen wild auf den ausgelegten Teppichen wälzt, und Carroll, der eine E-Gitarrensalve nach der anderen losfeuert (inklusiv grandiosem Southern-E-Solo), reißen das anfangs auf Stühlen verweilende Publikum dann völlig von den Sitzen. Ein temperamentvoller und genau richtig gewählter Abschluss eines fanatstischen Konzerts, das dann auch keine Wünsche mehr offen lässt. Nicht nur aus Vollständigkeitsgründen sollte man sich in jedem Fall auch den ebenfalls bärenstarken lohnenswerten Akustik-Set vom gleichen Gig gönnen! Die DVD ist Code-free und auf jedem Player abspielbar.

Smith Entertainment (2012)
Stil: Red Dirt

CD:
01. Ramblin‘ Man
02. Nothing Better
03. Lonesome
04. Good Intentions
05. Lead Me On
06. Spinning Around the Moon (Fly)
07. Brand New Me
08. Hold Us Together
09. All Said And Done
10. Drink One More Round
11. Restless Girl
12. 21 Days
13. A Love Like This
14. Gettin‘ Ready to Rain
15. It’s A Great Day To Be Alive
16. Let My Love Open The Door
17. Beer

DVD:
01. Ramblin‘ Man
02. Nothing Better
03. Lonesome
04. Good Intentions
05. Lead Me On
06. Spinning Around the Moon (Fly)
07. Brand New Me
08. Hold Us Together
09. All Said and Done
10. Drink One More Round
11. Restless Girl
12. 21 Days
13. A Love Like This
14. Gettin‘ Ready To Rain
15. It’s A Great Day To Be Alive
16. Let My Love Open The Door
17. Beer

Cory Morrow
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Rob Baird – Blue Eyed Angels – CD-Review

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Erneut ein Klasse-Debüt aus Texas! Erneut eine famose Leistung eines jungen Singer-Songwriters mit einem tollen, Roots-, Americana-, Countryrock-Album voller ins Ohr gehender, wunderschöner Songs! Rob Baird stammt zwar aus Memphis/Tennessee, hatte aber mit dem dort vorherrschenden Soul nie wirklich was am Hut. Trotzdem prägte diese musikverrückte Stadt seine Persönlichkeit und sorgte dafür, dass er schon im frühen Kindesalter begann, Gitarre zu spielen und Songs zu schreiben. Durch das Leben und Arbeiten auf Farmen fühlte er sich allerdings mehr zum Country hingezogen und nach den ersten musikalischen Gehversuchen, liess ein Treffen mit Chris Knight den Entschluss reifen, sich nach Texas zu begeben, um seiner Passion professionell nachzugehen.

Dank der Bekanntschaft mit Scott Davis (Mitglied der Hayes Carll-Band) wurde Bairds großartiges Debüt in einem schönen Antebellumhaus in Lockhart, Texas eingespielt (Davis hatte sich spontan als Instrumentalist und Produzent zur Verfügung gestellt, und die Mithilfe der übrigen Bandmithlieder angeboten). Zudem übernahm Frank Liddells Carnival Recording Company (Liddell produzierte schon solch namhafte Interpreten wie Chris Knight, Miranda Lambert, Jack Ingram oder die Eli Young Band) die Vermarktung. Frank Liddell und sein Partner Travis Hill waren (im übrigen vollkommen zurecht) sofort Feuer und Flamme und verpflichteten Baird stante pede. Diese Begeisterung kann man nach dem Durchhören des elf Songs umfassenden Werkes „Blue Eyed Angels“ total nachvollziehen. Rob Baird hat ein außergewöhnliches Talent und auch seine Art Musik zu machen ist nicht alltäglich.

Geboten wird eine interessante Mixtur aus Alt Country in der Tradition großer Songwriter wie Steve Earle, Chris Knight oder auch Townes Van Zandt, jedoch verbunden mit den herrlichen, eingängigen Melodien, wie man sie aus der Red Dirt Szene von Acts wie u.a. der Eli Young Band, Wade Bowen oder Honeybrowne gewohnt ist. Dazu viel Countryrock-, Americana-, und eine dezent staubige Roots-Atmosphäre. Bairds Stücke (bis auf eine Ausnahme allesamt von ihm mit ein paar Co-Autoren geschrieben) behandeln im Großen und Ganzen Situationen und Gründe um das Scheitern von Beziehungen herum und sind nicht gerade von Optimismus geprägt. Teilweise sind sie dabei sehr atmosphärisch untermauert mit dunklen E-Bariton-Tönen („Louise“, „Maybe Tonight“) und einer wunderbaren Steelgitarre (klasse z.B. beim Dustin Benthall-Cover „Crash Hard“ oder bei „Say Goodbye“).

Trotz dieser textlich recht bedrückenden Inhalte gelingt es Baird mit seiner angenehmen Stimme (sehr Mike Eli ähnelnd) und den immer wieder eingeflochtenen, flockigeren Stücken („Could Have Been My Baby“ – die erste Single des Albums, „Here Comes The Day“ – Tom Petty-Flair, klasse Slidearbeit/-soli, „Lonely Road“ – knackiger E-Gitarren-Rhythmus, tolle Harmonies im Refrain, „Running away“ – fantastische, viel Rootsflair verbreitende Lap Steel Gitarren-Begleitung, inkl. Solo) das Ganze nicht in Depressivität ausarten zu lassen. Ganz im Gegenteil sogar, er zieht den Hörer regelrecht in seinen Bann und lässt immer wieder eine angenehme, entspannende musikalische Wärme aufkommen.

Nicht zuletzt auch ein Verdienst des durchgehend hohen instrumentellen Niveaus, wobei Ricky Ray Jackson und Scott Davis, die hier so ziemlich alles spielen, was an Saiteninstrumenten im Genre zur Verfügung steht, die meisten Akzente setzen. Der Titelsong „Blue Eyed Angels“ (vor denen Rob im Text eindringlich warnt…) beispielsweise wartet nach einem recht bedrückendem Midtempo-Auftakt mit einem überraschend kräftigen Refrain auf (zwei E-Gitarren-Soli, sich steigernde Orgel), das als Mischung aus ein wenig Folk, dezentem Bluegrass und Country angelegte „Fade Away“ (herrliches Zusammenwirken von Akustikgitarre, Mandoline und Bariton-E-Gitarre) ist einfach umwerfend und „Let Me Down Easy“ (klasse Steel, knackige Drums) will einem mit seiner markanten Refrainzeile nicht mehr aus dem Gehör gehen.

Fazit: Rob Baird ist mit seinem „Blue Eyed Angels“ ein ganz starkes Album geglückt, dass in Sachen Anspruch, musikalischem Niveau und Reifegrad bereits eine ordentliche Pace vorlegt und für jeden Liebhaber texanischer Americana-, Alternate Country-, Roots-, Countryrock-Klänge eine Menge zu bieten hat. Das Digipack ist zudem noch in recht geschmackvoll in Szene gesetzten Blautönen gestaltet (sehr passend zum Titel und der Atmosphäre des Werkes), das eingesteckte Booklet beinhaltet sämtliche, lesenswerte Texte. Rob Baird, ein großartiger, junger Typ – im Moment sicher noch ein Geheimtipp, schon bald aber vielleicht einer der neuen Vorzeige-Künstler aus Texas! Beeindruckend!

Carnival Recording Co. (2010)
Stil: Country / Roots Rock

01. Running Away
02. Could Have Been My Baby
03. Blue Eyed Angels
04. Louise
05. Fade Away
06. Maybe Tonight
07. Here Comes The Day
08. Crash Hard
09. Lonely Road
10. Let Me Down Easy
11. Say Goodbye

Rob Baird
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Josh Grider – Luck & Desire – CD-Review

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Klasse! Viele Kenner und Experten der heutigen Countryszene sind ja schon seit langem der Meinung, dass die schönere und bessere Countrymusic in Texas gespielt wird, nicht in Nashville – vor allem auch die ehrlichere. Ein absolutes Musterbeispiel für diese These ist der hier mit einem gnadenlos starken, neuen Album aufwartende Josh Grider. Red Dirt meets Country!

Ja, Grider, der sich bisher eigentlich eher auf dem Terrain des texanischen Red Dirts tummelte, legt mit dem herrlichen „Luck & Desire“ den Fokus eindeutig auf traditionsbewussten, dabei absolut zeitgemässen, reinen Country und New Country im Stile der angesagten Neo-Traditionalisten wie die texanischen Kollegen Cody Johnson, Curtis Grimes, John Slaughter und Jason Boland & The Stragglers, und erzielt dabei eine großartige Nashville-Kompatibilität zu solchen Leuten wie George Strait, Easton Corbin, aber auch Dierks Bentley. Er vergisst dabei nie seine Red Dirt-Roots. Joshs vierter richtiger Longplayer (dazwischen gab es eine EP und ein Live-Album) bietet ein in Eigenregie entstandenes Werk voller spürbarer Authentizität.

Der kommerzielle Gedanken blieb weitestgehend außen vor. Trotzdem strotzt das Album nur so vor Qualität und Hitpotential. Mit ein wenig Glück könnte Grider hiermit den Grundstein für einen gewaltigen Karrieresprung gelegt haben, wenngleich es im Lone Star State bereits schon richtig rund für ihn läuft. Die Single „White van“ schaffte es gerade, im übrigen völlig zu Recht, auf die Nummer 1 der dort sehr bedeutenden Texas Music Charts. Der Opener und Titelsong des Albums, „Luck & desire“ erzählt von einer Unterhaltung zwischen Josh und dem Songwriter Jeff Middleton, in der es darum geht, dem großen Traum nachzujagen, in Nashville Fuß zu fassen. Ein sehr nachdenkliches Stück, musikalisch hinreissend schön und melodisch in Szene gesetzt – ruhig, mit akustischer Gitarrenuntermalung, ein paar Piano-Tupfern, Pedal Steel-Linien und lockeren Drums.

Und was hat dieser Josh Grider für eine reine, klare, angenehme Countrystimme! Die folgenden, knackigeren Stücke „Anything Can Happen“, mit einem etwas an Tom Petty erinnernden-Führungsriff und einem den guten, alten Restless Heart recht nahe kommenden Refrain, das fröhlich wippende, großartige „White Van“ und das flotte „Boomerang“ (tolle Bariton-E-Gitarren-/Steel-Solo-Kombination) lassen den Gute Laune-Pegel dann deutlich ansteigen. Gerade das Red Dirt-infizierte „White Van“ hat in Texas, wie bereits erwähnt, sofort richtig eingeschlagen. Die Nummer mit ihrem markanten, leicht mitsingbaren Refrain hätte aber auch in Nashville große Chancen, wenn sie im dortigen Hitradio gespielt würde.

Melancholie pur wird dann in „High Enough“ geboten, offenbar deutlich beeinflusst von Garth Brooks, der zu Joshs Einflüssen zählt. „On Vinyl“, mit einem starken, Southern Rock-geprägten E-Gitarren-Solo, huldigt die alten Zeiten, als nicht nur das musikalische Leben noch etwas übersichtlicher war. Ein Stück, das gut auch zu einem Dierks Bentley passen würde. Ebenfalls mit gewaltigem Hitpotential! „Haymaker“ bietet mit swampiger Note, Geräuscheffekten und surrealem und dezentem psychedelischen Touch die richtige Hintergrundmusik in einem schwülen Südstaaten-Thriller. „Here We Are“ kommt im Stile des 90er New Country-Helden a là Restless Heart oder Diamond Rio.

Dass auch Joshs Ehefrau Kristi eine hoch talentierte Sängerin ist, beweist sie in dem wunderschönen Duett „Skin And Bone“, einer tollen, atmosphärischen Red Dirt Country-Ballade. Ebenfalls ruhig und sehr introvertiert verläuft „Pontiac“, die einzige Fremdkomposition des Werkes. Die Handschrift der uns bestens bekannten Mitschreiberin Lori McKenna ist hier deutlich erkennbar. Das mit einem markanten, sehr eingängigen Refrain ausgestattete „Can’t Stop“ wäre ebenfalls ein potentieller Cover-Aspirant für Dierks Bentley. Mit dem traditionellen, großartigen Honky Tonker „One Night Taco Stand“ gibt es am Ende noch mal einen schön Steelguitar-getränkten, echten Countrysong. Josh Grider lässt mit „Luck & Desire“ unter der Regie von Produzent und Nashville-Musiker Trent Willmon so ein wenig den Country im Stil der 90iger Neotraditionalisten wie Garth Brooks, Tracy Lawrence, Mark Chesnutt, Alan Jackson und Konsorten wiederaufleben, ohne den Zahn der Zeit auch nur ansatzweise zu verfehlen.

Das hat viel Charme und richtig Klasse. Wenn die richtigen Leute in Nashville sein „Luck & Desire“ mal ordentlich durchleuchten, dürfte ein Major-Vertrag zum Greifen nahe sein. Ob das allerdings infolge der Profitgier der großen Labels und dem unweigerlich damit verbundenen Verlust an Authentizität lohnenswert ist, sei einmal dahin gestellt. Auf jeden Fall täte Josh Grider mit diesem Album Music City richtig gut! Wir wünschen Dir viel Glück, Josh! Bleib, wie Du bist – das ist der richtige Weg! Tolles Album!

Eigenproduktion, 2014
Stil: New Country

01. Luck And Desire
02. Anything Can Happen
03. White Van
04. Boomerang
05. Theme
06. High Enough
07. On Vinyl
08. Haymaker
09. Theme
10. Here We Are
11. Skin and Bone
12. Pontiac
13. Can’t Stop
14. One Night Taco Stand

Josh Grider
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Galloway & Kelliher – Outlaws & Renegades – CD-Review

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Die Rockmusik steckt doch immer wieder voller Überraschungen. Da tauchen zwei schon etwas reifere Herren wie aus dem Nichts in der Southern Rock-Szene auf und legen eine richtig starke Debüt-Scheibe hin! Die Rede ist von Mike Galloway und Tim Kelliher, zwei Namen, bei denen ich lügen würde, wenn ich behaupte, dass sie mir in meinem bisherigen Leben im musikalischen Sinne schon mal bewusst erschienen wären.

Aber die beiden in Florida lebenden Recken waren in früheren Tagen auch eher in der Blues-/Blues Rock-Sparte aktiv (Galloway als Frontmann einer Band namens The Midnight Creepers, Kelliher bei seinem Cousin Mark Emerick in einer Truppe namens SouthPaw), trotzdem behaupte ich mal einfach, dass sie auch bei meinem Kollegen, dem wandelnden Blues-Lexikon Joe Brookes, eher für nichtsagendes Schulterzucken sorgen dürften. Sie haben aber laut Bio schon mit vielen bekannten Musikern gearbeitet, u.a. auch für einige namhafte Southern-Acts (Blackfoot, Allman Brothers).
Auf dem Cover blicken uns zwei sonnenbebrillte, echte Typen entgegen. Galloway könnte als Bruder von Orange County Chopper-TV-Kultfigur Paul Teutal sr. durchgehen, wenn er noch ein wenig an seinem grauem Schnauzer feilen würde, Kelliher ähnelt mit seinem bescheuerten Hut einem als Cowboy verkleidetem Klaus Meine (sorry Tim, soll keine Beleidigung sein…). Im Gegensatz zur vor einiger Zeit von mir beleuchteten Scheibe von Smith & Harley, zur der ich zunächst spontan Ähnlichkeiten vermutet habe (es gibt hier auch durchaus Stücke, die der Biker-Klientel schmeicheln könnten), ist das musikalische Niveau aber in deutlich höheren Regionen anzusiedeln.

Galloway glänzt neben seinen außergewöhnlichen Qualitäten als Harp-Spieler auch mit einer trockenen, whiskeygeschwängerten und sehr bissigen Stimme, wie wir sie einst von Molly Hatchet-Frontman Danny Joe Brown zu schätzen gelernt haben, Tim Kelliher weiß sämtliche Gitarrenkünste aller wichtigen Southern-Genre-Vertreter im Gibson-Bereich mehr als nur zu imitieren. Und so erhält man summa summarum neun sehr gefällige, abwechslungsreiche Southern Rock-Stücke mit dezenten Blues Rock-Tupfern, die man sofort in sein Herz schließt.

Vom flotten Opener „Rebel Rock“ (erinnert von der Untermalung an ZZ Tops „La Grange“, kombiniert mit Skynyrd– und Hatchet-Einflüssen, klasse Instrumental-Finish) bis zur abschließenden Live Studio-Session „Blues In The Morning“ (stampfender Southern-Blues Rock mit Harp und HT-Piano), werden alle Facetten aus der Blütezeit des Southern Rocks gestreift. Nicht zuletzt dadurch begünstigt, dass relativ viele Stücke mit über fünf Minuten Spielzeit aufwarten und viel Platz für instrumentale Gestaltungsmöglichkeiten offen lassen.

Mir persönlich gefallen die sich im Dunstkreis der Marshall Tucker Band befindlichen, entspannten „Virginia Moon“ (schöne Twin-Gitarren a lá Caldwell/McCorckle, herrliches Country-Flair) und „Carolina Mountain Time“ (Double Leads-Passage, schöne Pianountermalung, gurgelndes Organ-Solo), das ebenfalls recht balladeske und an die Allman Brothers angelehnte „‚Nite Train“, aber auch die mächtig ins Bein gehenden „Hurt“ (Johnny Cash-inspiriert, aber in Wahrheit als Doc Holliday-/Molly Hatchet-Kracher serviert) und „She’s Got The Rhythm“ (klasse Southern-Blues-Boogie im Stile von Molly Hatchet zur „Flirtin‘ With Disaster“-Phase).

Im Prinzip haben Galloway & Kelliher ein Werk ohne große Schwächen abgeliefert, das einen wehmütig in einstige Southern Rock-Zeiten zurückschwelgen lässt. Hier wurde zwar nicht gerade eine Bewerbung für den Genre-Innovationspreis abgegeben (außer bei „Willie“ mit seinem integriertem ‚Redneck Rap‘), aber das in der Szene über Jahrzehnte geschätzte Liedgut mit viel Liebe abgewandelt und weitergepflegt (ähnlich wie es Rambler auf ihrem Erstling getan haben). Aus diesem Grunde bleibt eigentlich nur ein Fazit. Die Kombination aus Country-, Blues- und Southern Rock, wie sie von Galloway & Kelliher auf „Outlaws & Renegades“ praktiziert wird, passt hervorragend zusammen. Nachschlag gerne erwünscht!

Eigenproduktion, 2007
Stil:  Southern Rock

01. Rebel Rock
02. Virginia Moon
03. Willie
04. ‚Nite Train
05. Hurt
06. Carolina Mountain Time
07. She’s Got The Rhythm
08. Edna
09. Blues In The Morning

Galloway & Kelliher
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Stoney LaRue – Aviator – CD-Review

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Stoney LaRue mit seinem vierten Studioalbum! Nachdem sich der in Edmond, Oklahoma lebende Singer/Songwriter auf seinem letzten Album „Velvet“ ein wenig experimentierfreudig gezeigt hatte und trotzdem, was die Charts anbelangt, mit seinem bisher größten Erfolg belohnt wurde, wählt er mit seinem neuen Werk „Aviator“ wieder die eindeutig eingängigere Variante und wartet mit wunderbar lockeren, flockig dahin fliessenden und sehr melodischen Songs auf, die sich, immer noch weit entfernt vom Nashville-Mainstream, genüsslich an der Schnittstelle zwischen rootsigem Country, teils mit durchaus traditionellem Ambiente, Americana, Alternate Country und feinem Red Dirt-Country tummeln.

Das Material ist klasse! Verantwortlich hierfür ist die erneute Zusammenarbeit LaRues beim Songwriting mit Mando Saenz, der ja auch schon auf „Velvet“ stark mit eingebunden war. Lediglich der Merle Haggard gewidmete Countryschwofer „Natural high“ (weinende Steel, wunderschöne Harmoniegesänge von Aubrie Sellers) stammt aus der Feder von Freddy Powers. Produziert haben, in einem angenehm warmen und transparenten Sound, Frank Lidell (Eli Young Band) und Mike McCarthy. LaRue beeindruckt mit einer reifen, großartigen Gesangsleistung und hat zuweilen gar ein ganz dezentes Garth Brooks-Timbre in der Stimme, das hervorragend dem countrydurchzogenen Gehalt vieler Tracks unterstreicht.

Natürlich ist es eine Freude, den hervorragenden Musikern (u. a. Wallflowers-Drummer Fred Eltringham, Glenn Worf, Oran Thornton, Glenn Duncan, Jim Hoke) zuzuhören, wobei Randy Scruggs (Sohn von Bluegrass-Legende Earl Scruggs) mit seinem herrlich klaren Akustikgitarrenspiel, Aubrie Sellers mit bezaubernden Harmoniegesängen und der variable Josh Grange mit E-Gitarre, Steel und Keys die auffälligsten Akteure darstellen. Vom flockigen Opener „One And Only“ (quirliges Akustikgitarrenspiel, Steel, Fiddle-Tupfer) über das Dancehall-taugliche „Til I’m Moving On“, dem atmosphärischen Titelstück „Aviatior“ (tolle Akustik-Slide, Akkordeon, E-Piano, Crowd-Harmoniegesänge) den sehr eingängigen „A Little Too Long“ (Akkordeon-Tupfer) und „Million Dollar Blues“ (klasse Bariton-E-Gitarre, einfühlsame Harmoniegesänge von Sellers), bis zum bereits o. a. Steel-getränkten Heuler „Natural High“ lässt Stoney diesmal vor allem seinem Country-Herz freien Lauf. Ganz stark auch das wunderbar lockere, entspannte, traumaft melodisch dahin gleitende „Blending Colors“, das mit seiner Rhytmik, seinen vereinzelten Flöten-Klängen und dem markanten Akustik Gitarren-Spiel gar ein wenig an die „Heard It In A Love Song“-Art der Marshall Tucker Band zu erinnern scheint.

Am Ende gibt es mit „Studio A Trouble Time Jam“ noch einen recht schroffen, psychedelisch angehauchten Countryrocker (mit dezentem Rockabilly-Flair, quäkiger Harp, rauem E-Gitarrenfinale) als Bonustrack, mit dem gegen eine unverhoffte Schließung eines RCA-Studios, das wohl inmitten einer Musiker-Session dicht gemacht wurde, protestiert werden soll. Sehr schön wieder mal das Cover-Artwork (schon auf „Velvet“ hatte ja der Samtüberzug für Aufsehen gesorgt) mit allen Texten, das diesmal ganz im Zeichen des Flugwesens (zum Teil mit technischen Zeichnungen) nebst einigen Fotos von Stoney illustriert wurde.

Stoney LaRue gelingt mit „Abviator“ eine deutliche Steigerung zum Vorgänger „Velvet“. Das Werk dürfte den Fans von lockerem, melodischem Alternate Country, Red Dirt Country und sicher auch dem ein oder anderen, traditionbewusstenCountry-Freund eine Menge Freude bereiten. Der Mann hebt dabei, wie der Titel es vermuten lassen könnte, überhaupt nicht ab, sondern stellt sich ganz in den Dienst der Musik. Er geht dabei weiter seinen ganz eigenen Weg – und das ist gut so. Klasse Stoff für aufgeschlossene Americana-/Country-Feinschmecker!

Entertainment One Music (2014)
Stil: Red Dirt / Country

01. One And Only
02. Golden Shackles
03. Til I’m Moving On
04. Aviator
05. First One To Know
06. Blending Colors
07. Spitfire
08. Still Runnin‘
09. A Little Too Long
10. It’s Too Soon
11. Million Dollar Blues
12. Dark Side Of The Line
13. Natural High (for Merle Haggard)
14. Studio A Trouble Time Jam

Stoney LaRue
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Bärchen Records

Brandon Rhyder – Every Night – CD-Review

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Der im Osten von Texas geborene, in Austin lebende und mittlerweile musikalisch in Nashville ansässige Singer/Songwriter Brandon Rhyder gibt für sein fünftes Album mit dem Titel „Every Night“ (exzellente, sehr gediegene, voller Atmosphäre steckende Musik zwischen Americana, Texas Alternate Country, Countryrock und Roots) gleich einen Einblick in die Philosophie, mit der er angetreten ist, ein größtmögliches Spektrum an Zuhörern zu erobern. Rhyder, der seit über drei Jahren mehr als 200 Konzerte pro Saison bestreitet, meint damit allerdings nicht die Quantität, so oft wie möglich für seine Fans präsent zu sein, sondern vielmehr den Umstand, jeden Abend, egal unter welchen Umständen, mit seiner Band alles nur Erdenkliche zu geben, damit nachher jeder Besucher seiner Gigs restlos zufrieden ist.

Nicht nur auf der Bühne legt Rhyder ein beachtliches Tempo vor, auch mit fünf Alben in seiner erst sieben Jahren währenden Karriere, beweist der erst relativ spät zur Musik gekommene, gelernte Ingenieur ein enormes Arbeitspensum. So ist auch sein Produzent, kein geringerer als Radney Foster, voll des Lobes für Brandon. Er attestiert ihm ein einzigartiges lyrisches Talent, unglaubliche vokale Power und eine große Leidenschaft für die Musik, die ihres Gleichen sucht. Und in der Tat, die 12 Stücke (dazu noch der Hidden Track „Pea Pie“) seines neuen Albums offerieren in beeindruckender Weise, dass man es bei Brandon Rhyder nicht mit einem alltäglichen Künstler zu tun hat. Sämtliche Stücke wurden von ihm komponiert, dazu gab es mit Radney Foster, Liz Rose und Angelo bei einigen Songs prominente und hervorragend mit Rhyder harmonierende Co-Writer.

Eingespielt wurde das Werk mit hochkarätigen Musikern, wie u.a. Radney Foster, Eric Borash, Bob Britt, Michael Daly, Dan Dugmore, Phil Madeire, Craig Krampf, sowie tollen Backgroundartisten (Jon Randall, Georgie Middleman, Marcia Ramirez, Sarah Buxton). Den Auftakt bildet die Neueinspielung eines Songs von einem seiner früheren Alben, „Have I Waited Too Long“, bei der es Foster gelang, die beeindruckende Stimme von Rhyder deutlicher in den Vordergrund zu stellen und im Verlauf eine wunderbare emotionale Atmosphäre mit Steel, Orgel und Slidegitarren zu erzeugen. Einem recht knackigem, autobiografisch angehauchten Roots-/Countryrocker „Finger To The Bone“, sehr rhythmisch (wieder Slide und gurgelnde Orgel), folgt mit „Lets Don’t Go Down That Road“ eine herrliche, entspannte (Alternate) Countryballade mit viel Westcoast-Flair.

Hört sich an, als wenn ein Charlie Rich und die Eagles zusammen zum „Tequila Sunrise“ laden. „Again“ und „She Couldn’t Lie Anymore“ erinnern in ihrer Introvertiertheit und dem bardenhaft klingenden Gesang Rhyder’s an einen Hal Ketchum. Klasse auch das von Brandon und Angelo Petraglia komponierte „Red Door“, das in einer gut gelaunten Mischung aus Country und Southern Soul dahindriftet („Laughing, singing, whiskey drinking, drifting troubadours, living like it’s always Friday night, behind that old red door“) und seine Songwriterabende mit befreundeten Musikern in Nashville reflektieren soll.

Besonders gelungen ist der ständige Stimmungswechsel bei der Songanordnung. Dem für Rhyders Verhältnisse sehr poppigen „This Ain’t It“ (wurde als erste Single auserkoren) folgt mit „Happy Ever After“ wieder eine recht traditionell und klassisch angehauchte Countryballade (klasse Dobrospiel von Dan Dugmore), die mit den bezauberten Harmonies von Sarah Buxton vorzüglich ergänzt wird. Einfach nur stark eine weitere Kooperation von Rhyder und Foster, „When You Wake Up“, bei der die Handschrift Radney’s einmal mehr deutlich wird. Das Lied hätte auch aus einem seiner letzten Alben stammen können.

Das verspielte „It’s What I Do“ (Orgel, polternde Drums, E-Gitarren-Solo) glänzt mit toller Melodie, der Titelsong „Every Night“ mit seinem bluesig-souligem Southern-Teint (herrliche Stratocaster-Fills, pfeifende Orgel) erzeugt Gänsehaut. Das abschließende „Cowboy’s Work“ versprüht ruhige Lagerfeuerromantik und der nach kurzer Pause folgende Hidden Track „Pea Pie“ verläuft im gleichen Stil weiter, wechselt textlich aber die Thematik. Insgesamt hat Brandon Rhyder mit „Every Night“ ein sehr interessantes, hochwertiges und nicht alltägliches Album hingelegt. Die Zusammenarbeit mit Radney Foster hat Rhyder auf einen ganz neuen und vor allem höheren Level seiner Karriere gehievt. Klasse!

Reserve Records (2008)
Stil: Country Rock

01. Have I Waited Too Long
02. Fingers To The Bone
03. Let’s Go Down That Road
04. Again
05. She Couldn’t Lie Anymore
06. Old Red Door
07. This Ain’t It
08. Happy Ever After
09. When You Wake Up
10. It’s What I Do
11. Every Night
12. Cowboys Work (incl. hidden track „Pea Pie“)

Brandon Rhyder
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Bärchen Records

Bo Phillips Band – Dirt Road – CD-Review

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Goßartiger, genauso entspannt und locker, wie knackig und würzig in Szene gesetzter, überaus angenehm ins Ohr gehender, durchaus mit Elementen des traditionellen Country behafteter „Red Dirt“-Countryrock/New Country/Alternate Country aus Stillwater, Oklahoma. Bo Phillips ist der große Bruder des im „Red Dirt-Circus“ längst Kultstatus geniessenden Stoney LaRue – und er ist nicht minder talentiert. Obwohl er sich bereits mit neun Jahren das Gitarrespielen selbst beigebracht hatte (sein Großvater hatte ihm als Erstem seiner Enkel das Instrument geschenkt, worauf Stoney damals fürchterlich eifersüchtig reagierte), muss man Bo Phillips fast als so etwas wie einen Spätstarter bezeichnen.

Er hat zwar schon immer Musik gemacht und auch die Bühne mit bereits unzähligen Leuten (mit denen er zum Teil auch gut befreundet ist) der „Red Dirt“-Szene geteilt (u.a. Wade Bowen, Jason Boland, Cross Canadian Ragweed, Bleu Edmondson, Micky & The Motorcars, Reckless Kelly, Randy Rogers Band und, sich von selbst verstehend, natürlich mit Stoney LaRue), ist aber letztendlich immer zweigleisig gefahren. Er hat als einziger der Familie studiert, eine Zeitlang als Lehrer gearbeitet und berät auch heute noch Firmen und Haushalte in Energiefragen. Mit dem Ergattern eines Plattendeals beim im Genre federführenden und von uns so sehr geschätzten Smith Entertainment Label, dürfte sich das Blatt aber eindeutig zu Gunsten der Musik gewandt haben, zumal sich damit ein von ihm lang gehegter Wunsch nun endgültig erfüllt hat.

Sein dreizehn Songs (inkl. eines Hiddentracks) umfassendes Studiodebüt „Dirt Road“ fällt aufgrund der reichhaltigen Erfahrungen des Künstlers schon sehr reif und überaus kompetent aus. Phillips hat seine Hausaufgaben gemacht und präsentiert eine wunderbare, schnörkellose, jederzeit melodische, absolut bodenständige „Red Dirt“-Musik, deren Wurzeln genauso im traditionellen Country/New Country, wie auch im rootsigen, von einem gepflegten Southern-Feeling durchzogenen Americana liegen. Der überwiegende Teil des durchweg exzellenten Songmaterials wirkt, trotz seines durchaus würzigen Ambientes, angenehm relaxt. Bo’s hervorragende Stimme, die genauso im Country wie in der typische „Red Dirt“-Musik zu Hause ist, strahlt eine überaus angenehme Wärme aus.

Zuweilen wir man musikalisch und stimmlich ein wenig an die famose Zac Brown Band erinnert. Zudem hat seine Stimmlage etwas vom Timbre eines Garth Brooks, der ja auch aus Oklahoma stammt. Die meisten Stücke bewegen sich im lockeren Midtempo-Bereich, wenngleich auch der ein oder andere, etwas mehr Fahrt aufnehmende (Roots)Rocker nicht fehlt. Phillips und seine Musiker bewegen sich auf einem von vorn bis hinten gleichbleibend hohen Niveau. Der Silberling beginnt mit einem recht originellen Einstieg. Man hört jemanden den knisternden Sender-Suchlauf seines Radios bewegen, und als er dann letztendlich bei dem schönen, sich locker ins Ohr windenden „Never“ angelangt ist, geht das Lied in seinen echten, vollen Sound über. Eine tolle, lässige Midtempo-Countrynummer mit viel Southern-Esprit und exzellenter E-Gitarren-Begleitung. Dazu klasse Fiddle-Einlagen von Gastmusiker Jeremy Watkins.

Darauf folgt das cool groovende, deutlich kraftvollere, Southern Rock-kompatible „Cornfed“ mit seinen satten Slide-Passagen. Der Titeltrack „Dirt Road“ zeigt Phillips dann von seiner entspannten Seite. Der ruhig gehaltene Country-Song duftet förmlich nach ländlicher Atmosphäre (Akustikgitarre, schöne E-Gitarren-Fills, klasse Fiddle). Das rhythmische „Perfect Girl“ (bereits sehr erfolgreiche Single) gibt einen ersten Vorgeschmack auf die kommende Cabrio-Saison. Ein voller positiver Energie steckender, gut abgehender Sommersong. Exzellente Party-Stimmung verbreitet „Tip Jar“, ein Stück mit viel launigem Drive, wie man ihn von Brooks & Dunn bestens kennt.

Das anschliessende „Hitchhiker“ ist „pure country“ in schöner, „rural atmosphere“. Ein klassischer, knackiger, dennoch lockerer honky-tonkin‘ Two-Stepper mit tollem Fiddle-Drive und vorzüglichem E-Gitarren-Picking. Herrlich dann das mit laut aufheulenden Southern E-Gitarren (tolle Lead Gitarren-Arbeit von Bandmitglied Nick Tate, der auch im kompletten Verlauf des Albums immer wieder mit feinen Soli zu glänzen weiß) bestückte „Peace On Earth“, in dem Bruder Stoney LaRue auch textlich erwähnt wird. Das balladeske „Love Me Tonight“ erinnert ein wenig an eine „Red Dirt“-Variante von „That Summer“ von Garth Brooks. Der Song versprüht fast so was wie Lagerfeuerromantik.

Das abschließende „Friends Like You“ unterstreicht Bo’s starken Bezug zu seinem Großvater Harvey Allen Phillips, der im Juni des vergangenen Jahres verstorben ist. Neben einer Widmung im Inlay der CD, steckt dieser balladeske Song voller Skynyrd’scher „Tuesday’s Gone“/“Free Bird“-Atmosphäre (ohne Gitarrenschlacht) und ist mit sehr viel Emotionalität behaftet. Ein sehr bewegendes Stück. Nach 45 Sekunden Pause gibt es danach noch einen akustisch und ebenfalls sehr ruhig gehaltenen Hiddentrack (schönes Akustikgitarrenspiel von Bo).

Bo Phillips gelingt mit „Dirt Road“ ein klasse Einstieg in die „Red Dirt“-Szene, der keine Wünsche offen lässt. Anhänger von Leuten wie Pat Green und der Randy Rogers Band zu ihren Anfangstagen, Django Walker, Jason Boland & The Stragglers, oder eben auch der Zac Brown Band und ähnlicher New Country-Kollegen werden auch mit der Bo Phillips Band ihre helle Freude haben. Ein sehr konsequentes, ehrliches und authentisches Werk, weitestgehend auf kommerzielle Avancen verzichtend. Bruder Stoney LaRue und sein Großvater werden stolz auf ihn sein. Ein weiteres „Red Dirt“-Qualitätsprodukt aus dem Hause Smith Entertainment!

Smith Entertainment (2010)
Stil: Red Dirt

01. Never
02. Cornfed
03. Dirt Road
04. Perfect Girl
05. Tip Jar
06. Love Like That
07. Hitchhiker
08. Peace On Earth
09. More To Me
10. Love Me Tonight
11. What Do They Know
12. Friends Like You (incl. hidden track)

Bo Phillips Band
Bärchen Records