Midland – Barely Blue – Deluxe Version – CD-Review

Seit Midland, alias Sänger und Gitarrist Mark Wystrach, Bassist und Sänger Cameron Duddy sowie Leadgitarrist und Sänger Jess Carson mit ihrem Superhit „Drinkin‘ Problem“ (wie heißt es so schön im Volksmund: „Ich habe kein Problem mit Alkohol, sondern ohne Alkohol…!“) im Jahr 2017 durch die Decke gegangen sind, ist das Trio aus den höheren Gefilden des Country-/New Country in Nashville nicht mehr wegzudenken.

Die drei Musiker, die sich eher zufällig auf der Hochzeit eines gemeinsamen Freundes kennengelernt hatten, sind seither mit jeder neuen Veröffentlichung immer mehr gereift und bieten so gut wie immer Qualitätsware an.  Für ihr neues Werk „Barely Blue“ (hier mit zwei zusätzlichen Songs in der Deluxe-Version), das thematisch eine Reise durch die Einsamkeit, der Männlichkeit und die Kraft der Widerstandsfähigkeit in Zeiten von Herzschmerz behandelt, konnten sie zum ersten Mal Dave Cobb als Produzenten gewinnen.

„Dave Cobb war ein Produzent, mit dem wir schon lange zusammenarbeiten wollten, seit wir Metamodern Sounds in Country Music von Sturgill Simpson gehört hatten“, merkt Mark Wystrach an. „Daves vielseitiger musikalischer Hintergrund und seine Herangehensweise, das Aufnehmen als Erlebnis zu betrachten, machten ihn zur perfekten Wahl für uns. Bei „Barely Blue“ haben wir wirklich das Gefühl, dass Dave uns geholfen hat, genau den Sound zu finden, den wir schon lange gesucht hatten.“

Cobb stellte bei vielen  Stücken immer einzelne Instrumente ein wenig in den Vordergrund, beim Opener „Lucky Sometimes“ zum Beispiel ist es eine nölende Harp, beim Titelstück tritt eine fiepende E-Gitarre mit Steelergänzungen in den Vordergrund, „Better Than A Memory“ wird von einer knisternden Akustikgitarre mit Flamenco-Touch geführt,  „Old Fashioned Feeling “ und „Halfway To Heaven“ enthalten ein wenig Duane Allman-Gedächtnis-Slide.

Eine CD, auf der sich nur zehn Stücke befinden, wovon dann auch noch zwei („Vegas“ und „Lone Star State Of Mind“) in verschiedenen Versionen als die beiden Bonustracks serviert werden, als Deluxe-Ausgabe zu benennen, halte ich, gelinde gesagt, für recht kühn, aber an Selbstbewusstsein hat es den Burschen ja noch nie gemangelt. 

„Lone Star State Of Mind“, das für mich stärkste Stock des Werkes, erhält in der Bonusversion durch die hölzernen kauzigen Zusatzvocals von Paul Cauthen tatsächlich nochmal eine besondere Note.

So bekommt man auf „Barely Blue“ quasi acht neue melodische, Melancholie-umwobene Ohrenschmeichler, die aus meiner Sicht genau das Midland-Flair ausstrahlen, wofür sie ihre Fans lieben. Die große bahnbrechende Veränderung sehe ich hier trotz Dave Cobb eigentlich nicht.

Big Machine Records (2024)
Stil: Country

Tracks:
01. Lucky Sometimes
02. Barely Blue
03. Better Than A Memory
04. Old Fashioned Feeling
05. Vegas
06. Baby It’s You
07. Halfway To Heaven
08. Lone Star State Of Mind
09. Vegas (feat. Kaitlin Butts)
10. Lone Star State Of Mind (feat. Paul Cauthen)

Midland
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Lime Tree Music

Various Artists – Petty Country – A Country Music Celebration Of Tom Petty – CD-Review

Review: Michael Segets

Der vor sieben Jahren plötzlich verstorbene Tom Petty hinterließ tiefe Spuren in der Geschichte des Rock. Sein Werk dient vielen Musikern als Inspirationsquelle und dementsprechend oft werden seine Songs gecovert oder als Referenzpunkte herangezogen. Für „Petty Country – A Country Music Celebration Of Tom Petty“ fanden sich namhafte Vertreter der Country-Szene zusammen, um ihn und seine Musik zu feiern. Drei Viertel der Interpreten sind alte Bekannte bei Sounds-Of-South. Wie nicht anders zu erwarten, finden sich viele Hits von Petty unter den Titeln. Angesichts seines umfangreichen Outputs, verwundert es nicht, dass ebenso viele Stücke fehlen, die eine Aufnahme auf das Tribute-Album verdient hätten. Das hinterlassene Songmaterial hätte sicherlich ein Doppelalbum gerechtfertigt.

Sich an ein Cover von Tom Petty heranzuwagen, ist ja nicht ohne. Petty hatte seinen eigenen Stil, gesanglich ist er unverwechselbar und der Sound – auch wenn er ihn in seiner Laufbahn durchaus variierte – weist einen hohen Wiedererkennungswert auf. Ein bloßes Nachspielen funktioniert nicht. Die Herausforderung besteht darin, den Songs eine individuelle Note mitzugeben. Dies gelingt den Musikern auf dem Sampler durchgängig. Sie transformieren die jeweiligen Stücke meist behutsam, sodass sie direkt zu identifizieren bleiben. Die vorliegenden Versionen klingen insgesamt erdig, wie man es von Vertretern der Country Music erwartet. Wie Pettys Originale bleiben aber auch die entsprechenden Interpretationen oft dem Rock verhaftet, sodass das Album stellenweise durchaus in Richtung Roots oder Country Rock geht.

Die ausgewählten Titel decken die Jahrzehnte von Pettys Karriere ab. Der Bogen spannt sich von den frühen Klassikern aus den siebziger Jahren über seine großen Hits in den Achtzigern und Neunzigern bis zu seinem letzten Album mit der von ihm wiederbelebten Band Mudcrutch aus dem Jahr 2016. So dürfen natürlich „American Girl“ (Dierks Bentley) und „Breakdown“ (Ryan Hurd) von Pettys erstem Longplayer mit den Heartbreakern nicht fehlen. Wynonna liefert eine wunderbare Version von „Refugee“ und damit zugleich ein Highlight der CD ab.

Die achtziger Jahre vertreten Titel von den Alben „Southern Accents“ (1985) und „Full Moon Fever“ (1989). Ebenfalls dieser Dekade zuzuordnen ist „Stop Draggin‘ My Heart Around“. Lady A covert das ursprünglich von Stevie Nicks und Tom Petty gesungene Duett. Die starken Werke „Hard Promises“ (1981), „Long After Dark“ (1982) und „Let Me Up (I’ve Had Enough)“ (1987) sind zu meiner Überraschung nicht berücksichtigt. Von den Sessions zum letztgenannten Werk stammt allerdings „Ways To Be Wicked“, dem sich Margo Price annimmt. Bei der Konzeption des Tribute lag der Fokus nicht auf einer repräsentativen Werkschau, sondern auf den persönlichen Verbindungen der Interpreten zu den einzelnen Songs.

Dolly Parton gibt sich bei „Southern Accents“ die Ehre. Rhiannon Giddens macht aus dem ursprünglich aufgekratzten „Don’t Come Around Here No More“ eine langsame, soulige Nummer. Der Track verändert das Original erheblich, aber sehr gelungen. Mit „Runnin‘ Down A Dream“ (Luke Combs), „I Won’t Back Down” (Brothers Osborne), „Yer So Bad” (Steve Earle) und „Free Fallin’” (The Cadillac Three) sind gleich vier Songs des erfolgreichen „Full Moon Fever” auf dem Tribute zu finden.

Songs aus den Neunzigern suchten sich die Eli Young Band („Learning To Fly“), Midland („Mary Jane’s Last Dance“) und Thomas Rhett („Wildflowers“) aus. „You Wreck Me“ (Georg Strait) fällt etwas aus dem Rahmen, da es der einzige Live-Mitschnitt auf der CD ist. Altmeister Willie Nelson greift sich „Angel Dream (No. 2)“ heraus.

Nach „Wildflowers“ (1994) schuf Petty nach meiner Einschätzung keine durchweg überzeugenden Alben mehr. Von seiner Spätphase geht wahrscheinlich auch kein so prägender Einfluss auf andere Musiker aus. Auf der Zusammenstellung ist sie vielleicht aus diesem Grund unterrepräsentiert. Dass Petty aber auch im neuen Jahrtausend gute Songs produzierte, zeigt Chris Stapleton. Dieser macht aus „I Should Have Know It“ einen hervorragenden Roots Rocker, der zu meinen Favoriten auf der Compilation zählt. Schließlich spielt Jamey Johnson „Forgive It All“, sodass zumindest Pettys letzte Scheibe noch gewürdigt wird.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Hervorragendes Songmaterial von renommierten Musikern aus der Country-Ecke performt. Was kann da schief gehen? Nichts! Die Country-Gilde sitzt fest im Sattel und zieht die Hüte vor Tom Petty. „Petty Country“ ist eine posthume Verbeugung vor einem der ganz Großen der Rockgeschichte, die zeigt, dass Genregrenzen fließend sind.

Ein paar unveröffentlichte, von Tom Petty selbst eingespielte Stücke hält die am 18. Oktober erscheinende Deluxe-Version von „Long After Dark“ bereit.

Universal (2024)
Stil: Country, Country Rock

Tracks:
01 I Should Have Known It – Chris Stapleton
02 Wildflowers – Thomas Rhett
03 Runnin’ Down A Dream – Luke Combs
04 Southern Accents – Dolly Parton
05 Here Comes My Girl – Justin Moore
06 American Girl – Dierks Bentley
07 Stop Draggin’ My Heart Around – Lady A
08 Forgive It All – Jamey Johnson
09 I Won’t Back Down – Brothers Osborne
10 Refugee – Wynonna
11 Angel Dream (No. 2) – Willie Nelson
12 Learning To Fly – Eli Young Band
13 Breakdown – Ryan Hurd
14 Yer So Bad – Steve Earle
15 Ways To Be Wicked – Margo Price
16 Mary Jane’s Last Dance – Midland
17 Free Fallin’ – The Cadillac Three
18 I Need To Know – Marty Stuart And His Fabulous Superlatives
19 Don’t Come Around Here No More – Rhiannon Giddens
20 You Wreck Me (live) – George Strait

Tom Petty

Kane Brown – Different Man – CD-Review

Wenn man jemandem das Coverbild des Protagonisten in hiesigen Gefilden unter die Nase halten würde und um eine berufliche Einschätzung bitten würde, bin ich mir ganz sicher, dass Kane Brown irgendwo zwischen Hip-Hop-Musiker, Gangster-Rapper, Schauspieler oder vielleicht noch als Basketballspieler oder Leichtathletikstar (z. B. 100m-Läufer) verortet würde.

Dass dieser Bursche was mit Countrymusik zu tun hat, würden sicherlich wohl nur absolute Insider konstatieren. Brown stammt aus Georgia, ist aber größtenteils in Tennessee aufgewachsen. Nachdem er sich zunächst in der R&B-Sparte versuchte, dann aber mit einigen Countrycoversongs Erfolg hatte und auch durch erste, selbst geschriebene Lieder aufhorchen ließ, wurde er bei RCA Nashville unter Vertrag genommen.

Seither läuft es für den 28-jähreigen wie am Schnürchen. Beide bisherigen Alben landeten auf Platz 1 der Country Billboard Charts, das zweite, „Experiment“ sogar auch in den genreübergreifenden allgemeinen Charts. Mit „Different Man“ unternimmt er also den nächsten Angriff auf die Spitzenpositionen.

Das mit 17 Tracks umfangreiche Werk gibt dann auch Anlass zu hoffen, dass es Brown eventuell mal wieder gelingt, Morgen Wallens Dauerbrenner „Dangerous“ zumindest temporär die Stirn bieten zu können. Eingerahmt wird der Longplayer mit „Bury Me In Georgia“ vorn und mit „Dear Georgia“ hintern von zwei starken Bekenntnissen zu seiner Herkunft, vor allem der Opener erweist sich als furioser Southern Country Rocker à la The Cadillac Three mit furiosen E-Gitarren-Soli von Derek Wells und Dann Huff, der als Mitproduzent (dazu kommen noch Brown sowie Andrew Goldstein, Lindsay Rimes und Ilya Toshinsky) hier wieder seinen unverkennbaren Stempel aufdrückt.

Neben ihm begeistern vor allem Ilya Toshinsky (banjo 1, 4, 9, 15, 17, acoustic guitar 2–4, 7–17, ukulele 15) mit seinem ebenfalls filigranen Saitenspiel, Paul Franklin an der Steel guitar (2–4, 7, 10–12, 14–17) und Stuart Duncan sowie Lars Thorson (1, 9, 17) an der Fiddle (4, 10, 15), was erkennen lässt, dass es sich hier nicht nur um Alibi-Einlagen handelt.

Gut, nach dem Shania Twain-umwehten, launigen „Like I Love Country Music“ mit country-typischem Instrumental-Schlagabtausch-Outro, gibt es zwar auch eine Pop- beziehungsweise R&B-umwehte Phase (u. a. mit einem schönen Duett zusammen mit Ehefrau Katelyn, dazu mit Backgroundvocals von Shy Carter, der uns neulich in Köln als Support von Lindsay Ell sehr positiv aufgefallen ist), die dann aber spätestens mit dem swampigen Countryrocker „Riot“ wieder in die Spur findet.

Browns variable Stimme weiß vor allem zu gefallen, wenn sie Mark Wystrach ähnelt und Tracks wie „Leave You Alone“, „Drunk Or Dreamin'“ oder „Nothin‘ I’d Change“ diese lässig-leicht-relaxte Midland-Note vermittelt.

Die bereits oben erwähnte flockige Hommage an seinen Heimatstaat „Dear Georgia“ inklusiv verspieltem E-Gitarrensolo schließt ein umfangreiches, wie der Titel „Different Man“ es schon suggeriert, von Diversität gekennzeichnetes tolles Album ab, das keine Langeweile aufkommen lässt. Sicherlich stellt Kane Brown damit am Ende dieses Jahres eines der Top-Werke der Szene!

RCA Records Nashville (2022)
Stil: New Country

01. Bury Me In Georgia
02. Different Man
03. Like I Love Country Music
04. Go Around
05. Grand
06. See You Like I Do
07. Thank God (featuring Katelyn Brown)
08. Leave You Alone
09. Riot
10. One Mississippi
11. Drunk Or Dreamin‘
12. Losing You
13. Whiskey Sour
14. Pop’s Last Name
15. Devil Don’t Even Bother
16. Nothin‘ I’d Change
17. Dear Georgia

Kane Brown
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Sony Music

Midland – The Sonic Ranch – CD-Review

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Sehr schönes Album des Erfolgs-Trios Jess Carson, Cameron Duddy und Mark Wystrach alias Midland, das die Zeit reflektiert, als man sich gerade zu einer Band zusammenfand und vom nachfolgenden Ruhm und Glanz noch nichts zu erahnen war.

Die drei hatten sich 2013 bekannter Maßen auf der Hochzeit Duddys kennengelernt, ein paar Songs auf der Veranda zusammengespielt und sich für ein weiteres Zusammenwirken entschieden. 2014 hatte man sich aus diesem Grund für elf Tage auf der Sonic Ranch in El Paso, Texas, mit ein paar weiteren Musikern eingemietet, um ein erstes Basis-Songmaterial zu erstellen, vermutlich aber auch um die menschliche ‚Chemie‘ der Charaktere untereinander auszuloten.

Herausgekommen ist ein schönes, frei von allen Zwängen, entstandenes Album mit zwölf, recht unpolierten, rauen und authentisch klingenden, größtenteils von Jess Carson geschriebenen Countrysongs und eine knapp 47-minütige, unterhaltsame Dokumentation über das Making Of, die man sich unter diesem Link anschauen kann.

Das Midland-Werk startet mit dem einzigen Track „Fourteen Gears“, der es auf eines der beiden folgenden ‚offiziellen‘ Major-Studio-Alben und zwar auf „Let It Roll“ geschafft hat. Im Prinzip bekommt man hier schon direkt wieder alles geboten, was man an den Jungs liebt. Flockige Akustik- und E-Gitarren, leiernde Steel, lässiger Shuffle-Rhythmus, dazu Wystrachs einnehmende Stimme, perfekte Harmoniegesänge (ab und zu hier auch dezente weibliche), nur alles etwas im Sound zurückgenommener. Bei wenigen Liedern gibt es auch ein paar Piano-Tupfer („Champagne For The Pain“,schön klimprig bei  „She’s A Cowgirl“).

Verantwortlich für die ‚Ranch‘-Produktion ist hier noch Omnisassa David Garza (Fiona Apple’s Fetch the Bolt Cutters), der besonders mit einigen quirligen E-Gitarrenparts brilliert. Zweimal, bei „Will This Life Be As Grand“ und „Cowgirl Blues“ als vorletztem Track, das zunächst in der Anfangsphase von Wystrach gesungen wird, offeriert Jess Carson seine stimmliche Markanz, die mit ihrem Donavan-Flair als Zusatz-Pfund ebenfalls für den Siebziger Jahre-Touch der Band prädestiniert ist.

Insgesamt ist der „The Sonic Ranch“-‚Soundtrack‘ vom mittlerweile bei den ACM-Awards 2018 zur New Vocal Duo or Group of the Year prämierten Trio Midland ein gut gewählter Füller bis zum nächsten, oft ’schwierigen‘ und mit Spannung erwarteten dritten Longplayer. Aber auch eine schöne Dokumentation, wie  zunächst ‚unbelastete‘ Musiker, den Grundstein zu einem kommerziellen Top-Act legen, vor allem, wenn dann Leute wie Scott Borchetta, Dann Huff & Co. das Ruder übernehmen.

Big Machine Records (2021)
Stil: Country

01. Fourteen Gears (Adobe House Version)
02. Cowgirl Blues
03. Worn Out Boots
04. Champagne For The Pain
05. Will This Life Be As Grand
06. Fool’s Luck
07. Whiskey
08. She’s A Cowgirl
09. Runnin‘ Wild
10. Texas Is The Last Stop
11. Cowgirl Blues (Jess Carson Vocal)
12. This Town

Midland
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Midland – Live From The Palomino – Digital-CD-Review

Mid_300

Einer der erfolgreichsten Newcomer-Acts der letzten Jahre in Nashville ist zweifelsohne das auf einer Hchzeitsfeier gegründete Trio Midland, bestehend aus dem ehemaligen Schauspieler und Unterhosenmodell Mark Wystrach (Gesang, Gitarre), dem Video-Regisseur Cameron Duddy (Bass, Gesang) und Gitarrist/Sänger Jess Carson.

Nach ihren beiden überaus erfolgreichen Alben „On The Rocks“ und „Let It Roll“ legen die drei Burschen jetzt mit „Live From The Palomino“ einen auf rein digitaler Ebene veröffentlichten Live-Mitschnitt nach.

Eingespielt mit ihrer starken Touring-Band, aufgenommen und auch gefilmt, wurde ihr Auftritt im legendären Palomino Club im Norden Hollywoods, von der Los Angeles Times mal bezeichnet als ‚Country Music’s most important West Coast club‘.

Dazu haben sie sich die ‚Sahneschnitten‘ ihrer beiden CDs herausgepickt und in einem kurzweilig schmackhaften Menü angerichtet. Nach einem kleinen instrumentellen Vorgeplänkel begrüßen sie die Audienz mit den Worten „Welcome to the world famous Palomino Club“ und steigen mit dem fluffigen „Playboys“ in bester Bellamy Brothers-Manier („Let Your Love Flow“ lässt grüßen) in den Gig ein.

Dass die Jungs sich auch im Southern Rock wohl fühlen, beweisen das Titelstück ihres zweiten Silberings, „Let It Roll“ (mit starker Slide-Gitarre) oder der launige Rocker „21st Century Honky Tonk American Band“ (mit Twin-Gitarrenpart), sowie partiell auch das humorvoll shuffelnde „Mr. Lonely“.

„Wir sind (von den Großen der Country Music) inspiriert worden. Das wollen wir wie eigentlich wie jeder: Musik und Tradition. Es soll Musik sein, die zeitlos gut ist und nicht nur für den Augenblick“, äußerten sie mal in einem Interview.

Tracks wie „Burn Out“, „Cheatin‘ Songs“ und besonders die Schlussphase mit den Liedern „I Love You Goodbye“ (erinnert an „Tequilla Sunrise“), „Fast Hearts And Slow Towns“ und „Cheatin‘ By The Rules“ mit den tollen, Westcoast-behafteten Melodien und Harmoniegesängen, begeistern in der langlebigen Tradition vieler Eagles-Evergreens und werden von daher auch dieser Klientel bestens gefallen.

Und zum Abschluss gibt es dann mit dem augenzwinkernden „Drinkin‘ Problem“ (so nach dem Motto, ich habe kein Problem mit Alkohol, sondern ohne…!) ihren Smash-Hit vom Debütwerk und dementsprechend tosenden Applaus des entzückten Publikums.

Schade, dass Midland demnächst im Rahmen ihrer Mini-Deutschland-Tour im März nur in Hamburg (17.03. – Mojo Club) und in Berlin (18.03. – Columbia Theater) vorstellig werden und den ebenfalls immer mehr New Country-begeisterten Westen und Süden leider außen vor lassen.

Big Machine Records (2020)
Stil: New Country

01. Playboys
02. Let It Roll
03. Burn Out
04. 21st Century Honky Tonk American Band
05. Cheatin‘ Songs
06. Mr. Lonely
07. I Love You Goodbye
08. Fast Hearts And Slow Towns
09. Cheatin‘ By The Rules
10. Drinkin‘ Problem

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Universal Music

Midland – Let It Roll – CD-Review

Midl_300

Wer so einen Hammereinstieg (Album „On The Rocks“ auf Platz 2, ACM Award als beste neue Vokalband des Jahres, dazu der Superhit „Drinkin‘ Problem“) in die Countryszene feiert wie das Trio Midland, für den hängen die Trauben, was die Erwartungshaltung bezüglich des Nachfolgewerks betrifft, naturgemäß schon in erheblicher Höhe.

Wir hatten uns nach ihrem Debüt bereits auf weitere Kostproben gefreut. Und das texanische Trio mit Mark Wystrach, Jess Carson und Cameron Duddy liefert jetzt. Um es vorwegzunehmen, in erneut beeindruckender Form! „Let It Roll“ – da braucht man kein Prophet sein – wird wieder ordentlich abräumen, hier wird nur die spannende Frage sein, ob es diesmal zur absoluten Pole-Position in den US Country Billboard-Alben-Charts reichen wird.

Satte 14 Tracks, wieder produziert vom bewährten Trio Dann Huff, Shane McAnally und Josh Osborne, rollen auf „Let It Roll“ konsequent im ‚Flow‘ des Vorgängers weiter. Mir persönlich gefallen diesmal vor allem die etwas southern-rockigeren Ingredienzien. Die spiegeln sich in den, das Werk umrahmenden Tracks „Let It Roll“ (herrliches Slide) und „Roll Away“ (allmaneske Note, Songs wie „Jessica“ und „Melissa“ schimmern im tollen Instrumentalausklang durch), sowie dem, die zweite Hälfte einläutenden „21st Century Honky Tonk American Band“ (begeisternder Stampfrocker mit furiosen E-Gitarren) wider, und hinterlassen nachhaltige Wirkung.

Ansonsten lassen die Eagles, Bellemy Brothers und countryumwehte Bands, die ihren Fokus auf markanten Gesang und starke Vokalharmonien zu wunderbar eingängigen Melodien legen, an allen Stellen des Longplayers grüßen. Der perfekte Begleiter für die sommerliche Cabriofahrt oder auch zum träumerischen Entspannen auf der heimatlichen Couch.

Eine wahre Freude ist es auch den involvierten Studiomusikern – ich gehe davon aus, dass da überwiegend auch wieder die des Debüts mitwirkten – zuzuhören. Bei ihnen spürt man förmlich, die Motivation, der großen anstehenden Aufgabe, im Anspruch gerecht zu werden. Freunde  filigraner E-Gitarrenkunst (in allen Versionen, vor allem wieder klasse Bariton-Spiel), klarer Akustikgitarren und herrlichem Steelgeleier, toller Tastenarbeit (u. a. grandios Piano und Akkordeon bei „Cheatin‘ The Rules“) sowie routinierter Rhythmusarbeit, können sich hier satt hören.

Die erste Single mit dem Bakersfield-umwehten Heuler „Mr. Lonley“ (Dennis Quaid spielt ihn im lustig gemachten Video) überrascht etwas, ich hätte da eher auf die im Fahrwasser von „Drinkin‘ Problem“ schwimmenden Liedern wie „Cheatin‘ Songs“, „Fast Hearts And Slow Towns“ oder „Cheatin‘ By The Rules“ getippt.

Midlands These „Every song’s a drinkin‘ song when you are drinking“ beim kauzigen 7. Track (mit knarziger Dobro) scheint unwiderlegbar und wenn die drei Jungs bei „Mr. Lonely“ zum Ausklang „Long live the Blues!“ intonieren, bleibt mir am Ende des Reviews angesichts dieser erneut famosen Scheibe, nichts anderes übrig, als mit ehrfürchtiger Verbeugung zu konstatieren: „Long live Midland“! Dicke Kaufempfehlung!

Big Machine Records (2019)
Stil: New Country

01. Let It Roll
02. Fourteen Gears
03. Mr. Lonely
04. Cheatin‘ Songs
05. Put The Hurt On Me
06. I Love You, Goodbye
07. Every Song’s A Drinkin‘ Song
08. 21st Century Honky Tonk American Band
09. Fast Hearts And Slow Towns
10. Cheatin‘ By The Rules
11. Playboys
12. Lost In The Night
13. Gettin‘ The Feel
14. Roll Away

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Midland – On The Rocks – CD-Review

Midland_300

Eine Newcomer Band, die momentan in Nashville richtig für Furore sorgt, heißt Midland. Hinter dem Namen verbirgt sich ein texanisches Trio, bestehend aus dem ehemaligen Schauspieler und Calvin Klein-Unterwäsche-Model Mark Wystrach (Gesang – sieht mit seiner amüsanten Rotzbremse ein wenig aus wie eine Mischung aus Tom Selleck und James Coburn zu jüngeren Jahren), dem Video-Regisseur Cameron Duddy (Bass) und dem Gitarristen Jess Carson.

Das Projekt ist eher ein reines Zufallsprodukt. Die drei Protagonisten waren Gäste bei einer Hochzeitsfeier eines gemeinsamen Freundes in einem kleinen Kaff in Wyoming. Im Laufe der Nacht schnappte man sich ein paar Instrumente und da man beim Jammen und Spielen soviel Spaß entwickelte, beschloss man einfach, eine Band zu gründen.

Big Machine Records hat sich die Burschen letztendlich gekrallt und für Midlands Debüt „On The Rocks“ mit Dan Huff, Shane McAnally und Josh Osborne ein Nashville-erprobtes Produzententeam gestellt, wobei die beiden Letztgenannten auch beim Songwriting neben den Jungs stark involviert waren (dazu kommen noch weitere prominente Co-Writer wie Rhett Akins, Jonathan Singleton, David Lee Murphy, Luke Laird und Rodney Clawson).

Auch in Sachen Musikern (diesmal Dan Huff omnipräsent) wurde mit Leuten wie u. a. Derek Wells , Ilya Toshinsky, Paul Franklin, Dan Dugmore, Charlie Judge, Danny Rader, Gordon Mote und Greg Morrow das ganz große Besteck herausgeholt.

Man erhält 13 wirklich wunderschön ins Ohr fließende Countrysongs ohne jeglichen modernen Firlefanz der heutigen Zeit, die aufgrund der Eingängigkeit und Vokal-Harmonien sehr stark im Fahrwasser der von Glenn Frey komponierten Songs der Eagles mit schwimmen. Auch Mark Wystrachs Art zu Singen geht in seine Richtung, wobei hier zudem Leute wie Ronnie Dunn, George Strait oder auch Dwight Yoakam unweigerlich in den Sinn kommen.

Das Center-Stück des Albums ist die vorab ausgekoppelte Single „Drinkin‘ Problem“ (herrlicher Schwofer), die in den Billboard-Charts Platz 3 erreichte und samt Video auf Youtube schon über 18 Millionen mal angeklickt wurde. Die digitale Version des Albums (physikalischer Termin 20.10.2017) hat die Band auf bereits Platz 2 gehievt.

Neben den tollen Melodien und Gesängen sind es immer wieder die vielen kleinen eingestreuten instrumentellen Tupfer, die für erheblichen Zusatz-Genuss sorgen. Da sind z. B. die ganzen starken Bariton- und Twin E-Gitarren, viel weinendes Steel-Geleiere (Dugmore und Franklin), Piano-Geklimper, Bläser beim Tex-Mex Stück „At Least You Cried“ oder Mickey Raphaels Harp beim abschließenden „Somewhere On The Wind“, nur als einige unter vielen Highlights herauszuheben.

Midlands „On The Rocks“ zählt ohne Zweifel zurecht zu den wohl prägnantesten und stärksten Veröffentlichungen des Jahres. Die Scheibe ist eigentlich sowohl für Parties, beim abendlichen Date, zum Cruisen, beim Barbecue im Garten, als auch zum gemütlichen Abhängen auf der Couch, überaus vielseitig geeignet. Ganz großes Kompliment an die Herren Wystrach, Duddy und Carson, davon hören wir gerne noch viele weitere Kostproben!

Big Machine Records (2017)
Stil: New Country

01. Lonely For You Only
02. Make A Little
03. Drinkin‘ Problem
04. At Least You Cried
05. Burn Out
06. Out Of Sight
07. More Than A Fever
08. Check Cashin‘ Country
09. Nothin‘ New Under The Neon
10. This Old Heart
11. Altitude Adjustment
12. Electric Rodeo
13. Somewhere On The Wind

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