Various Artists – Petty Country – A Country Music Celebration Of Tom Petty – CD-Review

Review: Michael Segets

Der vor sieben Jahren plötzlich verstorbene Tom Petty hinterließ tiefe Spuren in der Geschichte des Rock. Sein Werk dient vielen Musikern als Inspirationsquelle und dementsprechend oft werden seine Songs gecovert oder als Referenzpunkte herangezogen. Für „Petty Country – A Country Music Celebration Of Tom Petty“ fanden sich namhafte Vertreter der Country-Szene zusammen, um ihn und seine Musik zu feiern. Drei Viertel der Interpreten sind alte Bekannte bei Sounds-Of-South. Wie nicht anders zu erwarten, finden sich viele Hits von Petty unter den Titeln. Angesichts seines umfangreichen Outputs, verwundert es nicht, dass ebenso viele Stücke fehlen, die eine Aufnahme auf das Tribute-Album verdient hätten. Das hinterlassene Songmaterial hätte sicherlich ein Doppelalbum gerechtfertigt.

Sich an ein Cover von Tom Petty heranzuwagen, ist ja nicht ohne. Petty hatte seinen eigenen Stil, gesanglich ist er unverwechselbar und der Sound – auch wenn er ihn in seiner Laufbahn durchaus variierte – weist einen hohen Wiedererkennungswert auf. Ein bloßes Nachspielen funktioniert nicht. Die Herausforderung besteht darin, den Songs eine individuelle Note mitzugeben. Dies gelingt den Musikern auf dem Sampler durchgängig. Sie transformieren die jeweiligen Stücke meist behutsam, sodass sie direkt zu identifizieren bleiben. Die vorliegenden Versionen klingen insgesamt erdig, wie man es von Vertretern der Country Music erwartet. Wie Pettys Originale bleiben aber auch die entsprechenden Interpretationen oft dem Rock verhaftet, sodass das Album stellenweise durchaus in Richtung Roots oder Country Rock geht.

Die ausgewählten Titel decken die Jahrzehnte von Pettys Karriere ab. Der Bogen spannt sich von den frühen Klassikern aus den siebziger Jahren über seine großen Hits in den Achtzigern und Neunzigern bis zu seinem letzten Album mit der von ihm wiederbelebten Band Mudcrutch aus dem Jahr 2016. So dürfen natürlich „American Girl“ (Dierks Bentley) und „Breakdown“ (Ryan Hurd) von Pettys erstem Longplayer mit den Heartbreakern nicht fehlen. Wynonna liefert eine wunderbare Version von „Refugee“ und damit zugleich ein Highlight der CD ab.

Die achtziger Jahre vertreten Titel von den Alben „Southern Accents“ (1985) und „Full Moon Fever“ (1989). Ebenfalls dieser Dekade zuzuordnen ist „Stop Draggin‘ My Heart Around“. Lady A covert das ursprünglich von Stevie Nicks und Tom Petty gesungene Duett. Die starken Werke „Hard Promises“ (1981), „Long After Dark“ (1982) und „Let Me Up (I’ve Had Enough)“ (1987) sind zu meiner Überraschung nicht berücksichtigt. Von den Sessions zum letztgenannten Werk stammt allerdings „Ways To Be Wicked“, dem sich Margo Price annimmt. Bei der Konzeption des Tribute lag der Fokus nicht auf einer repräsentativen Werkschau, sondern auf den persönlichen Verbindungen der Interpreten zu den einzelnen Songs.

Dolly Parton gibt sich bei „Southern Accents“ die Ehre. Rhiannon Giddens macht aus dem ursprünglich aufgekratzten „Don’t Come Around Here No More“ eine langsame, soulige Nummer. Der Track verändert das Original erheblich, aber sehr gelungen. Mit „Runnin‘ Down A Dream“ (Luke Combs), „I Won’t Back Down” (Brothers Osborne), „Yer So Bad” (Steve Earle) und „Free Fallin’” (The Cadillac Three) sind gleich vier Songs des erfolgreichen „Full Moon Fever” auf dem Tribute zu finden.

Songs aus den Neunzigern suchten sich die Eli Young Band („Learning To Fly“), Midland („Mary Jane’s Last Dance“) und Thomas Rhett („Wildflowers“) aus. „You Wreck Me“ (Georg Strait) fällt etwas aus dem Rahmen, da es der einzige Live-Mitschnitt auf der CD ist. Altmeister Willie Nelson greift sich „Angel Dream (No. 2)“ heraus.

Nach „Wildflowers“ (1994) schuf Petty nach meiner Einschätzung keine durchweg überzeugenden Alben mehr. Von seiner Spätphase geht wahrscheinlich auch kein so prägender Einfluss auf andere Musiker aus. Auf der Zusammenstellung ist sie vielleicht aus diesem Grund unterrepräsentiert. Dass Petty aber auch im neuen Jahrtausend gute Songs produzierte, zeigt Chris Stapleton. Dieser macht aus „I Should Have Know It“ einen hervorragenden Roots Rocker, der zu meinen Favoriten auf der Compilation zählt. Schließlich spielt Jamey Johnson „Forgive It All“, sodass zumindest Pettys letzte Scheibe noch gewürdigt wird.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Hervorragendes Songmaterial von renommierten Musikern aus der Country-Ecke performt. Was kann da schief gehen? Nichts! Die Country-Gilde sitzt fest im Sattel und zieht die Hüte vor Tom Petty. „Petty Country“ ist eine posthume Verbeugung vor einem der ganz Großen der Rockgeschichte, die zeigt, dass Genregrenzen fließend sind.

Ein paar unveröffentlichte, von Tom Petty selbst eingespielte Stücke hält die am 18. Oktober erscheinende Deluxe-Version von „Long After Dark“ bereit.

Universal (2024)
Stil: Country, Country Rock

Tracks:
01 I Should Have Known It – Chris Stapleton
02 Wildflowers – Thomas Rhett
03 Runnin’ Down A Dream – Luke Combs
04 Southern Accents – Dolly Parton
05 Here Comes My Girl – Justin Moore
06 American Girl – Dierks Bentley
07 Stop Draggin’ My Heart Around – Lady A
08 Forgive It All – Jamey Johnson
09 I Won’t Back Down – Brothers Osborne
10 Refugee – Wynonna
11 Angel Dream (No. 2) – Willie Nelson
12 Learning To Fly – Eli Young Band
13 Breakdown – Ryan Hurd
14 Yer So Bad – Steve Earle
15 Ways To Be Wicked – Margo Price
16 Mary Jane’s Last Dance – Midland
17 Free Fallin’ – The Cadillac Three
18 I Need To Know – Marty Stuart And His Fabulous Superlatives
19 Don’t Come Around Here No More – Rhiannon Giddens
20 You Wreck Me (live) – George Strait

Tom Petty

Larkin Poe – Venom & Faith – CD-Review

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Review: Michael Segets

Die beiden Schwestern Rebecca und Megan Lovell haben sich mit Larkin Poe nach ihrem Ur-Ur-Opa benannt. Dabei ist ihre Musik alles andere als rückwärtsgewandt. Sie kombinieren Roots-Musik mit verschiedenen Elementen anderer Musikstile wie dem Pop oder sogar dezentem Rap. Sie entziehen sich damit der einfachen Kategorisierung. Tendenziell überwiegt auf „Venom & Faith“ eine Art progressiver Blues. Mehrere Titel zeichnen sich durch akzentuierte Wiederholungen des Textes oder durch Breaks bei Rhythmus oder Melodien aus, die interessant sind und zum konzentrierten Zuhören anhalten.

Bereits als Teenager veröffentlichten Rebecca und Megan als Lovell Sisters – damals noch mit ihrer Schwester Jessica – zwei Bluegrass/Americana-Alben. Ab 2010 sind sie als Duo unter dem derzeitigen Bandnamen produktiv. Auf ihr Konto gehen fünf EPs und vier Longplayer. Sie arbeiteten bereits mit T Bone Burnett, Elvis Costello, Marcus Mumford (Mumford & Sons), Rhiannon Giddens, Kristian Bush (Sugarland) und Steven Tyler (Aerosmith) zusammen. Mit Jackson Browne und Don Henley (Eagles) standen sie anlässlich des Tom-Petty-Tributs in Los Angeles auf der Bühne.

Megan spielt Lap Steel, während Rebecca akustische und elektrische Gitarre, Banjo, Omnichord sowie die Percussion übernimmt. Beide singen und bedienen die Keyboards. Die Multiinstrumentalistinnen sind damit weitgehend autonom, zumal Drums und Rhythmus aus dem Computer stammen.

Ich habe lieber, wenn Schlagzeug und Bass von Menschen beigesteuert werden, weil ich meine, dass dadurch mehr Leben in die Songs kommt. Obwohl ich auf „Venom & Faith“ nur in einigen Momenten behaupte, dass ich heraushören könnte, dass eine Maschine die Rhythmusarbeit übernimmt – und das wahrscheinlich auch nur, weil ich es weiß.

Am ehesten hört man die Drum-Maschine bei „Honey Honey“ – aus einer der Textzeilen des Songs ist der Albumtitel entliehen – und bei „Fly Like An Eagle“. Durch die Beats erscheinen die Titel in einem poppigen Gewand, entwickeln aber durch sehr schöne Gesangspassagen ihren eigenen Reiz. Auch die eher gleichmäßigen Stücke „California King“ und „Ain’t Gonna Cry“ ziehen nach mehrmaligem Hören in ihren Bann.

Der Vergleich zu den Allman Brothers, als deren kleine Schwestern die Damen von Larkin Poe gelegentlich bezeichnet werden, drängt sich bei „Venom & Faith“ nicht unbedingt auf. Richtig ist aber, dass beispielsweise auf „Blue Ridge Mountain“ ein Southern-Hauch mitschwingt. Deutlich schlägt er bei „Mississippi“ durch, bei dem Tyler Bryant an der Resonator-Gitarre zu hören ist.

Mit Klatschen und Gesang nimmt „Sometimes“ einen dynamischen und Gospel-ähnlichen Einstieg. Nacheinander steigen dann Drumline und Horn Section ein, die dem von Bessie Jones und Alan Lomax geschriebenen Stück einen gehörige Drive geben. Auch „Bleach Blonde Bottle Blues“ ist treibend und nicht nur durch die „Kicks“ im Leadgesang durchaus spannend.

Dass sich Larkin Poe neben den modernisierten Spielarten auch auf den eher reduzierten Blues verstehen, zeigt das Duo mit „Good And Gone“. Zudem covern sie den eher traditionell angelegten Titel „Hard Time Killing Floor Blues” von Skip James. Die Songs des 1969 verstorbenen Bluesmusikers aus Bentonia, Mississippi, werden anscheinend von den jüngeren Künstlern gerade wiederentdeckt, denn Robert Connely Farr covert auf seinem gerade erschienenen „Dirty South Blues“ ebenfalls ein Stück von ihm.

Kaum eine Scheibe habe ich vor der Besprechung so oft gehört, wie „Venom & Faith“. Das Album eignet sich weniger zum Nebenherhören, sondern erfordert das Eintauchen in die Songstrukturen. Es belohnt dann aber mit abwechslungsreichen Klangvariationen und fesselnden Hörerlebnissen.

Ende November kommen die Schwestern für vier Konzerte nach Deutschland und Österreich, von denen bereits jetzt zwei Termine ausverkauft sind.

Tricki-Woo Records (2018)
Stil: Blues and more

Tracks:
01. Sometimes
02. Bleach Blonde Bottle Blues
03. Honey Honey
04. Mississippi
05. California King
06. Blue Ridge Mountains
07. Fly Like An Eagle
08. Ain’t Gonna Cry
09. Hard Time Killing Floor Blues
10. Good And Gone

Larkin Poe
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