Kane Brown – Different Man – CD-Review

Wenn man jemandem das Coverbild des Protagonisten in hiesigen Gefilden unter die Nase halten würde und um eine berufliche Einschätzung bitten würde, bin ich mir ganz sicher, dass Kane Brown irgendwo zwischen Hip-Hop-Musiker, Gangster-Rapper, Schauspieler oder vielleicht noch als Basketballspieler oder Leichtathletikstar (z. B. 100m-Läufer) verortet würde.

Dass dieser Bursche was mit Countrymusik zu tun hat, würden sicherlich wohl nur absolute Insider konstatieren. Brown stammt aus Georgia, ist aber größtenteils in Tennessee aufgewachsen. Nachdem er sich zunächst in der R&B-Sparte versuchte, dann aber mit einigen Countrycoversongs Erfolg hatte und auch durch erste, selbst geschriebene Lieder aufhorchen ließ, wurde er bei RCA Nashville unter Vertrag genommen.

Seither läuft es für den 28-jähreigen wie am Schnürchen. Beide bisherigen Alben landeten auf Platz 1 der Country Billboard Charts, das zweite, „Experiment“ sogar auch in den genreübergreifenden allgemeinen Charts. Mit „Different Man“ unternimmt er also den nächsten Angriff auf die Spitzenpositionen.

Das mit 17 Tracks umfangreiche Werk gibt dann auch Anlass zu hoffen, dass es Brown eventuell mal wieder gelingt, Morgen Wallens Dauerbrenner „Dangerous“ zumindest temporär die Stirn bieten zu können. Eingerahmt wird der Longplayer mit „Bury Me In Georgia“ vorn und mit „Dear Georgia“ hintern von zwei starken Bekenntnissen zu seiner Herkunft, vor allem der Opener erweist sich als furioser Southern Country Rocker à la The Cadillac Three mit furiosen E-Gitarren-Soli von Derek Wells und Dann Huff, der als Mitproduzent (dazu kommen noch Brown sowie Andrew Goldstein, Lindsay Rimes und Ilya Toshinsky) hier wieder seinen unverkennbaren Stempel aufdrückt.

Neben ihm begeistern vor allem Ilya Toshinsky (banjo 1, 4, 9, 15, 17, acoustic guitar 2–4, 7–17, ukulele 15) mit seinem ebenfalls filigranen Saitenspiel, Paul Franklin an der Steel guitar (2–4, 7, 10–12, 14–17) und Stuart Duncan sowie Lars Thorson (1, 9, 17) an der Fiddle (4, 10, 15), was erkennen lässt, dass es sich hier nicht nur um Alibi-Einlagen handelt.

Gut, nach dem Shania Twain-umwehten, launigen „Like I Love Country Music“ mit country-typischem Instrumental-Schlagabtausch-Outro, gibt es zwar auch eine Pop- beziehungsweise R&B-umwehte Phase (u. a. mit einem schönen Duett zusammen mit Ehefrau Katelyn, dazu mit Backgroundvocals von Shy Carter, der uns neulich in Köln als Support von Lindsay Ell sehr positiv aufgefallen ist), die dann aber spätestens mit dem swampigen Countryrocker „Riot“ wieder in die Spur findet.

Browns variable Stimme weiß vor allem zu gefallen, wenn sie Mark Wystrach ähnelt und Tracks wie „Leave You Alone“, „Drunk Or Dreamin'“ oder „Nothin‘ I’d Change“ diese lässig-leicht-relaxte Midland-Note vermittelt.

Die bereits oben erwähnte flockige Hommage an seinen Heimatstaat „Dear Georgia“ inklusiv verspieltem E-Gitarrensolo schließt ein umfangreiches, wie der Titel „Different Man“ es schon suggeriert, von Diversität gekennzeichnetes tolles Album ab, das keine Langeweile aufkommen lässt. Sicherlich stellt Kane Brown damit am Ende dieses Jahres eines der Top-Werke der Szene!

RCA Records Nashville (2022)
Stil: New Country

01. Bury Me In Georgia
02. Different Man
03. Like I Love Country Music
04. Go Around
05. Grand
06. See You Like I Do
07. Thank God (featuring Katelyn Brown)
08. Leave You Alone
09. Riot
10. One Mississippi
11. Drunk Or Dreamin‘
12. Losing You
13. Whiskey Sour
14. Pop’s Last Name
15. Devil Don’t Even Bother
16. Nothin‘ I’d Change
17. Dear Georgia

Kane Brown
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