Review: Stephan Skolarski
Nach über 15 erfolgreichen Bandjahren hat sich die niederländische Gruppe DeWolff einen Trip in die USA gegönnt, um in den legendären Fame und Muscle Shoals Sound Studios in Alabama das neue Album aufzunehmen. Unter dem Titel “Muscle Shoals” ist eine (fast) klassische Scheibe entstanden, gefüllt mit grandiosen Tracks, individuellen Klangfarben und der staubigen Tradition der alten Recording-Räume, ein ausgesprochener Retro-Southern-, Blues Rock, Psychedelic- und Soul-Longplayer.
Schon der Opener “In Love” verbreitet ein ungezwungenes Upbeat-Flair der 60er/70er, angenehme Hammond-Sounds und knarzige Guitar-Parts bereiten den Weg für “Natural Woman”, der ersten Single, einem temporeichen, teils jazzigen Track. Ein souveräner Beginn der Scheibe, die einem auch bei “Out On The Town” voll mitnimmt und frühe, aufgefrischte Allmans “undercover” präsentiert. “Let’s Stay Together” kommt als feine Soul-Ballade vollendet rüber und serviert schöne alte Song-Schule in junger Dynamik.
Und gerade für solche Stücke bieten die Vintage-Studios eine scheinbar unvergleichliche Atmosphäre, eine Klangwelt, die in den Anfangsjahren z. B. Etta James, Aretha Franklin oder Arthur Conley ebenso nutzten, wie Duane Allman, Stones oder Bob Dylan. Lynyrd Skynyrds Titel “Sweet Home Alabama” setzte sogar ein musikalisches Denkmal. Kein Wunder also, dass DeWolff für den neuen Longplayer eine ganze Reihe Songs geschrieben haben, die im außergewöhnlichen Studio-Umfeld und mit Hilfe von Produzent Ben Tenner die unbändige Spielfreude der Formation reflektieren.
So klingt “Ophelia” im Orgelsound nach mitreißender Purple-Magie, die ein breites hemdsärmliges E-Solo sehr gut verträgt. Der Boogie “Truce” ist insgeheim vielleicht der beste Track der Scheibe und fügt sich nahtlos in das gesamte Erscheinungsbild Retro-soundiger Arrangements ein. Die Stilrichtung einer eleganten Vintage-Renaissance beflügelt “Book Of Life” vom Boogie-Woogie zum Gospel-Soul und zeigt den stilsicheren Variantenreichtum der Band, durch Rhythmus- und Stimmungswechsel permanent Medley-artige Verbindungen zu schaffen.
Mit “Winner”, “Fools & Horses” und dem mächtigen “Snowbird” (über 8 Minuten) werden noch einmal alle Register gezogen und Southern-, Psychedelic-. bis Blues-rockige und experimentelle Reminiszenzen an The Doors aufgeboten. Wenn dann zum eigentlichen Schlusstrack noch Singer/Songwriter Dylan LeBlanc seinen persönlichen Beitrag im Studio einbringt, wird die Ballade ”Ships In The Night” zum großartigen “Muscle Shoals” Schlussakkord, dessen Abschiedsrefrain “Take It Easy” unvermittelt mitgesungen wird.
Die im deutschsprachigen Raum bisher leider wenig beachteten DeWolff haben nach dem NL-Nr. 1 Vorgänger “Love, Death & In Between“ (2023) ein weiteres überragendes Studiowerk in den Startlöchern. “Muscle Shoals” verbindet großartiges, eigenständiges Songwriting mit leidenschaftlicher Spielkunst. Die geschichtsträchtige niederländische Blues/Rock-Musik (z.B. Cuby & The Blizzards) wird hier traditionsbewusst fortgeführt. Wer Gelegenheit hat, DeWolff mit “Muscle Shoals” auf der bevorstehenden großen Europatour zu erleben, sollte die Möglichkeit unbedingt nutzen.
Mascot Records (2024)
Stil: Blues, Southern, Blues Rock
Tracks:
01. In Love
02. Natural Woman
03. Out On The Town
04. Let’s Stay Together
05. Ophelia
06. Truce
07. Hard To Make A Buck
08. Book Of Life
09. Winner (When It Comes To Losing)
10. Fools & Horses
11. Snowbird
12. Ships In The Night
13. Cicada Serenada
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