Red Beard – Die Trying – Digital-Album-Review

Über die, von den Kanaren (ich bin übrigens großer Fuerteventura-Fan) stammende spanische Band Red Beard habe ich ja in diesem Magazin bereits mehrfach meine Begeisterung zum Ausdruck gebracht. Für mich zählt sie eindeutig zur Speerspitze des Southern Rocks auf dem europäischen Kontinent. 

Die Vorfreude auf ihr Konzert in der Rampe im Dezember 2021 im Rahmen ihres hervorragenden Albums „It Ain’t Been Easy“ war riesengroß, als Corona in letzter Sekunde einen Strich durch die Rechnung machte. Jetzt hat das Quintett um Bandleader Jaime Jiménez Fleitas den nächsten großen Schritt gemacht und ist für das neue Werk „Die Trying“ (im Moment nur in digitaler Form erhältlich) über den großen Teich geflogen, um in den berühmten Fame Recording Studios in Muscle Shoals, Alabama, das nächste Level in ihrer Entwicklung anzugehen.

Wie beim letzten Mal gibt es wieder  neun starke Stücke zu begutachten, wobei mit „Down South Jukin'“ und „Can’t You See“ zweimal auf das Liedgut altbekannter Southern-Acts zurückgegriffen wurde.

Schon der Opener „You Can’t Stop Me“ beinhaltet alles, was man als Southern Rock-Liebhaber gerne ins Gehör serviert bekommt. Klasse engagierter Gesang von Fleitas, zünftige E-Gitarren samt Slide-Gefiepe, HT-Piano, raunzende Orgel (Solo) und Backgroundgesänge (männlich und weiblich). „Never Sounded So Good“ kommt wie ein neues „Sweet Home Alabama“ daher (man höre sich die weiblichen Backs am Ende an) und dient als Einstimmung für das rotbärtig umgesetzte, sich recht dicht am Original befindliche „Down South Jukin'“-Cover.

Das bärenstarke soulig-angehauchte Titelstück „Die Trying“ (Fleitas und die großartigen Backgroundsängerinnen mit herrlicher Vocal Performance) bildet zurecht den Centertrack in der Mitte des Werks, dem mit „My Kind“ ein schöner pianogetränkter Barroom-Countryschunkler folgt. Die gefühlt 300ste Version von „Can’t You See“ in meiner musikalischen Sammlung enthält hier mit einem spanischen Akustikgitarrenintro und -outro sowie toller Percussionarbeit ihre neue Daseinsberechtigung.

Das grimmige „I Got What You Need“ lässt mit Stones-, Skynyrd-, Cinderella– als auch AC/DC-Ingredenzien wohl das Herz aller Rockfans unisono höher schlagen, klasse hier der Lead-Kurzeinsatz von einer der Backgroundsängerinnen. Und am Ende lassen die Spanier mit dem wüsten „Getting Loco“ den Hund in der Pfanne verrückt werden. Man spürt regelrecht die Euphorie, die das tolle Werk an historischer Aufnahmestelle bei den Protagonisten hinterlassen hat.

Red Beard beweisen mit „Die Trying“ nachhaltig, dass es in unseren Sphären kaum eine Southern Rock Band gibt, die Ihnen das Wasser reichen kann. Mit Jaime Jiménez Fleitas haben sie so etwas wie einen europäischen Ronnie Van Zant in ihren Reihen, der auf unserem Kontinent momentan gerade gesanglich kaum Konkurrenz aufzuweisen hat.

Wenn es nach mir geht, dürfen Red Beard bei ihrem nächsten Live-Gastspiel (ich hoffe noch in diesem Jahr in der Rampe) gerne beide Alben ausgiebig vorstellen. Tolle Band! Absolute „Die Trying“-Kaufempfehlung, auch für hartnäckige Verfechter physischer Tonträger.

Eigenproduktion (2023)
Stil: Southern Rock

Tracks:
01. You Can’t Stop Me
02. For The Travellers
03. Never Sounded So Good
04. Down South Jukin‘
05. Die Trying
06. My Kind
07. Can’t You See
08. I Got What You Need
09. Getting Loco

Red Beard
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MojoThunder – 08.04.2023 – Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

Wenn sich Bands aus dem Teenage Head Music-Fundus nach Europa begeben und dann auch in der Kulturrampe auftreten, weiß man mittlerweile, dass eine dementsprechend gute musikalische Qualität zu erwarten ist. Wo früher Bands wie u. a. Robert Jon & The Wreck sich ihr Standing und den entsprechenden Publikumszuspruch hart erkämpfen mussten, haben es Debütanten jetzt doch schon etwas leichter.

Das gilt auch für das erstmals in der Rampe aufschlagende, aus Lexington in Kentucky stammende Quartett MojoThunder, die ihren energiegeladenen, Southern-umwobenen Hard Rock bei uns salonfähig zu machen versuchen. Die Kulturrampe war so gut wie voll. Ihr 2021 erschienenes, auch bei uns besprochenes Album „Hymns From The Electric Church“ bildete dabei den Schwerpunkt.

Der Black Crowes-umwehte Opener „Movin‘ On“, eine Single aus dem Jahr 2019, gab bereits die Richtung vor, es wurde ordentlich laut. Auffällig für den Les Paul-, Strato- und Telecaster-gewohnten Southern-Kenner war, dass die beiden Gitarristen (Sänger Sean Sullivan und Solist Bryson Willoughby) im ersten Set, bis auf eine Ausnahme bei „Evergreen“, zunächst beide mit rot-schwarzen Gibson SG-Klampfen (wie man sie u. a. von Angus Young, Derek Trucks oder Gary Rossington kennt) agierten.

Obwohl der Gesang von Fronter Sean Sullivan gut zu vernehmen war, litten die E-Gitarren für meinen Geschmack etwas zu sehr durch den viel zu laut ausgesteuerten Drum-Sound, des agilen und immens heftig polternden Schlagzeugers Zac Shoopman, der quasi immer die Pace vorgab. Apropos ‚agil‘: Ich habe selten einen solch beweglichen Bassisten live gesehen wie MojoThunders Andrew Brockman, dessen aus Gummi zu bestehen scheinender Körper vom Anfang bis zum Ende tanzte, in diversesten Verrenkungen poste und natürlich auch einen heftigen Groove entfachte.

Im ersten Set wussten noch „Blackbird“, das psychedelisch verarbeitete Stones-Cover „Can’t You Hear Me Knocking“ und das etwas ruhigere und atmosphärische, mit einem Allman-Touch versehene „Soul“ zu gefallen. Nach der Pause wechselten dann sowohl Sullivan als auch Willoughby (der spielte sich mit einigen längeren Soli etwas in den Vordergrund) ausnahmslos zu Les Paul-Gitarren und ließen dann auch sporadisch die Southern-typischen Twin-Einlagen (u. a. bei „Untitled #69“ oder „Rising Sun“) einfließen.

Meine Favoriten in Set 2 waren das an eine härtere Version von „Midnight Rider“ erinnernde „Memphis Motel“ und das wie eine Mischung aus AC/DC, Bad Company und den Black Crowes wild dahinrockende „No Good“. Mit dem ebenfalls AC/DC-trächtigen „Jack’s Axe“, auf dem aktuellen Werk „Hymns From The Electric Church“ der Opener, wurde erneut nochmal die Hard Rock-Axt geschwungen und beim Konzert im Hauptteil der Schlusspunkt gesetzt. Insgesamt erinnerte mich alles ein wenig an die ebenfalls aus Kentucky stammenden Black Stone Cherry, nur in etwas kleineren Dimensionen.

Das Publikum war vom harten Stil des Kentucky-Vierers sehr angetan und auch Sullivan & Co. genossen den offerierten Zuspruch bei ihrem Rampen-Debüt sichtlich. So ließen sie ich nicht lange bitten und brachten auch die Freunde des psychedelischen Classic Hard Rocks mit einem ca. 10-minütigen Led Zeppelin-Medley in Euphorie.

Am Ende gab es noch ein kurzes Gespräch mit den sympathischen MojoThunder-Jungs am Merchandising-Stand, wo sie sich dann auch für unser obligatorisches SoS-VIP-Bild ablichten ließen. Dabei versprachen sie bereits eine baldige Wiederkehr nach Deutschland.

Line-up:
Sean Sullivan – lead vocals, electric guitar
Bryson Willoughby – electric guitar
Andrew Brockman – bass
Zac Shoopman – drums

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

MojoThunder
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Teenage Head Music
Kulturrampe

Lucinda Williams – Lu’s Jukebox – You Defenitely Got Me – A Tribute To 38 Special – Doppel-Vinyl-Review und Gewinnspiel

Dass sich Lucinda Williams von Zeit zu Zeit dem Liedgut geschätzter Koryphäen des Musikbusiness gerne annimmt und ihnen Tribut zollt, ist hinlänglich bekannt und kann auch in diesem Magazin mehrfach nachvollzogen werden. Diesmal hat sie sich nun dem Songkatalog von 38 Special gewidmet.

Besonders gefreut hat uns, dass wir, auf Anfrage ihres Managements, ein Bild von ihr, das im Rahmen eine SoS-Konzertberichtes aufgenommen wurde, für das Frontcoverbild (gerne) beisteuern durften. Auf Nachfrage, warum es nicht die vermeintlichen Platzhirsche Lynyrd Skynyrd geworden sind, antwortete sie uns, dass deren Klassiker schon immer überbewertet seien und 38 Special aus ihrer Sicht die eigentlichen Könige des Southern Rocks wären.

Gerade die Phase mit Max Carl als Sänger und Keyboarder, mit dem sie gut befreundet ist und der heute bei Grand Funk Railroad agiert (der deutsche Star-Musiker Peter Maffay coverte übrigens 1985 mal deren Song „A Thousand Nights“ und veröffentlichte die deutsche Version „Für Immer“) und den Alben „Rock And Roll Stragedy“ als auch „Bone Against Steel“, zählt für sie definitiv zu den innovativsten und essentiellsten Meilensteilen des Genres.

Carl singt demnach auf diesem Werk auch ihren größten kommerziellen Hit „Second Chance“ mit Lucinda zusammen im Duett. Klasse finde ich persönlich, dass auch Donnie Van Zant (trotz weiterhin währender Stimmprobleme) für zwei Titel zur Verfügung stand. Zum Einen beim überragenden Rausschmeißer „Rebel To Rebel“ und bei „Money Honey“. Da läuft es allerdings genau anders herum als beim Original: Hier übernimmt Lucinda die Leads von Donnie und Donnie die von Dale Krantz zu damaliger Zeit.

Da ließ sich auch Don Barnes nicht lumpen und macht bei „Hold On Loosely“ in gleicher Hinsicht gesanglich Nägel mit Köpfen. Als schöne Abrundung ist auch  der unvergessene Gitarrist Jeff Carlisi bei diversen Tracks hier wieder mit aktiv.

Den besonderen Charme des Scheibe macht natürlich die Verschmelzung von Southern Rock mit Williams-typischem Americana-Roots Rock-Style aus und natürlich ihre eigenwillige und unverwechselbare Stimme, die den Tracks im Zusammenwirken ganz neue Facetten abgewinnt. Sie ist Gott sei Dank nicht von ihrem, vor zwei Jahren erlittenen Schlaganfall beeinträchtigt. Neben Carlisi, Doug Pettibone (Steel) und Gitarrist Stuart Mathis sind zusätzlich viele prominente Musiker aus der Nashville-Studio-Szene vertreten und sorgen für entsprechend hohe instrumentelle Qualität.

Aus oben angeführten Gründen konnten wir vorab fünf Doppel-Vinyl-Exemplare der limitierten Auflage von „Lu’s Jukebox – You Defenitely Got Me – A Tribute To 38 Special“ aushandeln, wovon wir drei an unsere Leser weitergeben möchten. Bitte sende eine Email an dan@sounds-of-south.de und schreibe uns, welche Band Lucinda Williams, und warum, beim nächsten Mal in ihre Jukebox-Reihe aufnehmen sollte. Die drei originellsten Beiträge werden mit der Scheibe belohnt.

Die Platte kann von Nichtgewinnern gerne auch für 18,90 Euro bei uns geordert werden (bitte Namen und Adresse angeben), wir reichen dann die Bestellungen weiter.

Highway 20 – Thirty Tigers/Membran (2023)
Stil: Southern Rock, Roots, Americana

Tracklist:

LP 1 – Seite A:
01. Rock And Roll Stragedy
02. You Got The Deal
03. Gypsy Belle
04. Second Chance (feat. Max Carl)
05. Wild Eyed Southern Boys

LP 1 – Seite B:
01. One In A Million
02. Chattahoochee
03. Turn It On
04. Bone Against Steel
05. You Defenitely Got Me

LP 2 – Seite A:
01. Long Time Gone
02. Jimmy Gillum
03. Has There Ever Been A Good Goodbye
04. The Love That I’ve Lost
05. Hold On Loosely (feat. Don Barnes)

LP 2 – Seite B:
01. Money Honey (feat. Donnie Van Zant)
02. Caught Up in You
03. Take Me Back
04. Sombody Like You
05. Rebel To Rebel (feat. Donnie Van Zant)

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Thirty Tigers

Marcus King – 16.03.2023 – Carlswerk Victoria, Köln – Konzertbericht

Um 20:00 Uhr beginnt Leah Blevins den Support für Marcus King mit seiner Band. In einem 30-minütigen Auftritt verkürzt die aus Sandy Hook, Kentucky, stammende, nun in Nashville lebende Sängerin die Wartezeit zum Topact. Mit ihrem Auftritt, den sie solo nur mit der Akustikgitarre spielt, kommt sie beim Publikum gut an, was sich am Applaus nach den Countrysongs zeigt.

Nach einer etwa 30-minütigen Umbaupause ist es soweit. Markus King und seine Musiker betreten unter Applaus die noch abgedunkelte Bühne im Carlswerk, wo sich zwischen 900 und 1000 Besucher in der Halle, in der  das letzte Viertel abgehängt ist, eingefunden haben und so der offene Bereich sehr gut gefüllt ist. Im Vergleich zum letzten King-Konzert ist die Besetzung um einen weiteren Gitarristen und Bläser erweitert, was den Sound noch einmal kraftvoller macht.

Im Zentrum der Bühne steht natürlich der mit Cowboyhut bedeckte King, links von ihm Keyborder und Orgelspieler Mike Runyon, auf der rechten Seite Drew Smithers (Bishop Gun) als zweiter Gitarrist, Bassist Stephen Campbell, während Drummer Jack Ryan und die drei Bläser nach hinten versetzt spielten, wobei die Bläser auf einem Podest stehen und so auch gut zu sehen sind. In dem über zweistündigen Auftritt umspannt King die Bandbreite von Southern Rock, Blues, Country und Soul, sodass den Fans ein sehr abwechslungsreiches Konzert geboten wird.

King zeigt dabei, dass er sowohl ein exzellenter Gitarrist als auch auch ein guter Sänger ist und kann sich bei seiner Soloarbeit voll auf seine Band verlassen, die ihm mit ihrem starken Zusammenspiel den Freiraum gibt, sich zuweilen regelrecht auszutoben. Auch wenn er mittlerweile als Soloartist und nicht mehr als Marcus King Band auftritt, ermöglicht er seinen Musikern genügend Gelegenheiten, in Soloparts ihr Können zu zeigen. Mit Drummer Ryan und Bassist Campbell hat er dabei seine aus der King Band bewährte Rhythmusfraktion dabei, wobei Ryan in einem der letzten Songs mit einem etwa fünfminütigen Drumsolo auf der Bühne allein gelassen wird und dafür Szenenapplaus einheimst.

Mike Runyon sorgt an den Tasten für einen voluminösen Sound, bringt in jammenden Phasen psychedelische Einflüsse und hat in den Songs mehrfach kurze Soloparts. Drew Smithers ist mehr als nur ein zweiter Gitarrist, der insbesondere die Rhythmusarbeit leistet. Einige starke Soli, zum Teil sich mit King duellierend und slidendend, offerieren, dass er eine absolute Bereicherung ist. Die drei Bläser bringen oft souliges Flair in die Tracks und sorgen bei den jammenden Parts für eine besondere Dynamik. In manchen Stücken legen sie aber ihre Blasinstrumente beiseite, um mit verschiedensten Perkussioninstrumenten mit der Rhythmusfraktion für einen gewaltigen Beat zu sorgen. 

Es fällt schwer aus den allesamt starken Songswelche herauszuheben. Ein besonderer Moment war, als die Band „Saturday Night Special“ von Lynyrd Skynyrd ertönen ließ. In den Augen mancher Fans sah man das sprichwörtliche Tränchen im Auge (mit Rossington ist das letzte Alltime-Mitglied der Southern-Legende vor wenigen Tagen verstorben). Dies war dann allerdings ganz schnell Schnee von Gestern, als die Band den Song in die Halle feuert und beweist, dass spätestens jetzt eine neue Epoche im Southern Rock eingeläutet ist, in der Markus King mit Sicherheit eine wichtige Rolle spielen wird. 

Eine schöne Geste ist, als King Leah Blevins auf die Bühne holt und mit ihr einen ruhigen Countrysong im Duett aufführt. Zum Ende des Konzertes bringt King mit dem hymnischen „Oh Carolina“ einen absoluten Höhepunkt, um nach Zugabeforderungen noch einmal nachzulegen. Mit „Coming Home“, das von einem mehrminütigen Mörderintro eingeleitet wird, verabschiedet Marcus King mit seiner Band die Fans gegen 23:10 Uhr von einem großartigen Abend, in dem der Hauch des Südens das Carlswerk erfasst hatte.

Line-up:
Marcus King – guitars & vocals
Stephen Campbell – bass
Jack Ruyan – drums
Mike Runyon – keyboards
Drew Smithers – guitars
Alex Bradley – trumpet
Chris Spies – sax
Kyle Snuffer – trombone

Text & Bilder: Gernot Mangold

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Leah Blevins
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Carlswerk Victoria
Prime Entertainment Promotion

Blackberry Smoke – Support: Read Southall Band – 15.03.2023, Carlswerk Victoria, Köln – Konzertbericht

Köln entpuppt sich immer mehr als gutes Pflaster für Blackberry Smoke und steht auch so ein wenig als Synonym für das Steigerungspotential der Mannen um Bandleader Charlie Starr. Meine persönlichen Besuche der Southern Rocker aus Georgia über die vielen Jahre hinweg entwickelte sich so: Das kleinere Luxor ausverkauft, danach die Kantine rappelvoll, das Stollwerck als nächste Station ausverkauft, das gleiche diesmal, in dem für Kölner Location-Verhältnisse schon beachtlichen Carlswerk Victoria. Wo mag das noch enden?

Aber zunächst galt es den blutjungen Nachwuchs der Szene in Form der Read Sothall Band zu begutachten, die von Blackberry Smoke ins Schlepptau genommen wurden. Das Sextett um Fronter Read Southall hat immerhin schon mit „For The Birds“ das dritte Album am Start, das jetzt den ersten größeren Karrieresprung einleiten soll.

In einer Dreiviertelstunde wurden dann Songs wie „Stickin‘ n Movin'“, „Don’t Tell Me“, „Scared Money“, „Why“, „Beautiful Eyes“, „High- Speed Feed“, „Damn“ und  „DLTGYD“ präsentiert. Die engagierte Vorstellung kam insgesamt beim Publikum gut an.  Ähnlich wie bei den Georgia Thunderbolts im Vorprogramm von Black Stone Cherry, gab es ein ziemlich lautes Riff-Gedresche, sodass die zweifellos gute Stimme von Southall erst ab dem ruhigeren „Why“ besser zur Geltung kam.

So hatte ich am Ende, der die Musik bis dato nur marginal zur Kenntnis genommen hat, doch etwas Probleme mit dem Wiedererkennungswert der Tracks und auch die Bühnenpräsenz von Read hatte eher etwas vom Sänger einer High School Band, statt der eines charismatischen Southern Rock-Fronters. Hier gilt es den Cowboyhut aufzusetzen und demnächst noch etwas an seiner Ausstrahlung zu arbeiten. Trotzdem ein, für eine Vorband, ansprechender Auftritt. Die junge Read Southall Band, da bin ich mir sicher, wird sich noch weiter positiv entwickeln.

Line-up:
Read Southall (lead vocals)
John Tyler Perry (electric guitar, vocals)
Reid Barber (drums)
Jeremee Knipp (bass)
Braxton Curliss (keys)
Ryan Wellman (electric guitar)

Nach ganz kurzer Umbaupause wählte das seit geraumer Zeit als Septett agierende Kollektiv (Perkussionist Preston Holcomb und Gitarrist Benji Shanks sind als neue Personalien zu vermelden) mit dem rockigen „Six Ways To Sunday“ direkt einen idealen Einstieg, um das prall gefüllte Carlswerk Victoria sofort in gute Stimmung zu versetzen.

Das erste Drittel mit Songs wie u. a. „Good One Comin‘ On“, „Workin‘ For a Workin‘ Man“ „You Her Georgia“, Pretty Little Lie“ oder „Hey Delilah“ stand dann ganz im Zeichen von Charlie Starr, dass man sich teilweise fragte, wofür eigentlich ein dritter Gitarrist mit dazu genommen wurde. Es war fast eine gefühlte One Man Show bis dahin, natürlich auf absolut hohem und sehr unterhaltsamen Niveau.

Mit dem verschachtelten „Sleeping Dogs“ (mit eingebautem Tom Petty-„Don’t Come Around Here No More“-Intermezzo), wandelte sich das Blatt aber, und immer mehr kam zur Geltung, warum Benji Shanks als absoluter Gewinn für die Band gesehen werden kann. Der spielte sich im weiteren Verlauf, vor allem mit schönen Slideeinlagen immer mehr in den Vordergrund und gab dem Gesamtsound von Blackberry Smoke deutlich mehr Fülle. Gut dabei war, dass der Soundmischer einen glänzenden Tag erwischt hatte und sämtliche Instrumente sehr schön transparent zur Geltung kamen.

Das herrlich progressive „The Whippoorwill“, das countryeske „What Comes Naturrally“, das saustarke „All Rise Again“ und das mit schöner E-Hook von Shanks versehene „Ain’t Gonna Wait“ waren dann die Vorboten einer furiosen Schlussphase, in der es mit den ‚Hits‘ wie „Resstless“ (Einleitung mit Skynyrds „Things Goin‘ On“), dem Countrygassenhauer „Ain’t Got The Blues“ (die Halle singt mit), dem eingängigen „Run Away From It All“, der Covernummer „Sunrise In Texas“, dem „Ohrwurm „One Horse Town“ (auch wieder mit Publikumsgesang) und dem, den Hauptteil abschließenden  „Old Scarecrow“, dann absolut kein Halten mehr gab. Eine wirklich tolle Stimmung im Carlswerk.

Der Zugabenteil stand dann natürlich wieder ganz im Zeichen von Charlie Starr, der nun mit Hut bedeckt, zunächst „Old Enough To Know“ (erneut im Countryambiente) und schließlich das überragend performte „Ain’t Much Left Of Me“ (auch hier wieder mit integriertem „Mississippi Kid“ von Skynyrd) ganz fett seinen Stempel aufdrückte. Man sieht zu jeder Zeit, dass er  seine Mitstreiter fest im Griff hat und einen echten Plan zielstrebig verfolgt. Tosender Beifall am Ende für die eindeutig beste Vorstellung von Blackberry Smoke, die ich bis jetzt gesehen habe.

Auch wenn ich nicht ausschließen möchte, dass Lynyrd Skynyrd nach dem Tod von Gary Rosssington vor einigen Tagen, trotzdem weiter machen wird, spürte man an diesem Abend, dass der Macht- und Generationenwechsel im Southern Rock endgültig vollzogen ist. Das neue Flagschiff des Genres heißt eindeutig Blackberry Smoke! Und wer weiß, wo das demnächst in der Domstadt noch hinführen wird – in eine ausverkaufte Lanxess-Arena etwa…?

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar, percussion)
Paul Jackson (acoustic guitar, electric guitar, vocals)
Benji Shanks (electric guitar, acoustic guitars)
Brandon Still (keys)
Brit Turner (drums)
Richard Turner (bass, vocals)
Preston Holcomb (percussion)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Oktober Promotion
Carlswerk Victoria

Robert Jon & The Wreck – 26.02.2023, Harmonie, Bonn – Konzertbericht

Zum Abschluss der Wintertour spielen Robert Jon & The Wreck in der Harmonie mit Meghan Parnell und Dave Barnes von Bywater Call als Support ein begeisterndes Konzert. Schon beim zweiten Song „Do You Remenber“ entwickelt sich eine Stimmung, zu der Stammkunden der Harmonie sagten, dass sie so etwas hier selten erlebt haben. Im Vergleich zum Tour-Auftakt spielt die Band in der sehr gut besuchten Harmonie ein leicht verändertes Set und es gelingt den Kaliforniern noch einmal spielerisch einen drauf zu setzen.

Regelrecht angetrieben vom Publikum legen die fünf Musiker mit „Ride Into The Light“, dem krachenden „Waiting For Your Man“, dem groovenden „High Time“ direkt nach, um beim Westcoast-Song „Who Can You Love“, der durch Harmoniegesänge und Gitarrenpassagen leicht an die legendären Eagles erinnert, etwas ruhiger wird und die Ballade „Gold“ zum Träumen einlädt.

Danach kommen Momente, die das Konzert unvergesslich und auch einzigartig machen. Meghan Parnell kommt mit auf die Bühne und unterstützt den bestens gelaunten Robert Jon Burrison bei „Oh Miss Carolina“ mit starken Backgroundgesang. Bei „Shine a Light On Me Brother“ stößt dann auch noch Dave Barnes als zusätzlicher Gitarrist hinzu, der mit Henry James feine Soli beisteuert.

Ein besonderes Highlight ist dann das Cover des The Band-Klassikers „The Weight“. Dabei teilen sich Robert Jon, Meghan Parnell und Henry James in den Strophen den Sologesang und letztgenannter zeigt, dass er nicht nur ein exzellenter Gitarrist ist, sondern auch über eine gute Stimme verfügt, was man auch beim Background Gesang in den meisten Songs bemerkt. Stark auch die instrumentalen Solopassagen von Henry James und Dave Barnes, der auch ein Meister des Slidens ist sowie Jake Abernathie an den Keyboards.

Zum Abschluss folgt dann der Southern-Feger „Cold Night“. Sunnyboy Warren Murrel am Bass und Andrew Espantman, der mit einem ständigen Lächeln die Drums beackert, legen eine fette Soundgrundlage, in die dann insbesondere Henry James und Dave Barnes sich regelrechte Gitarrenduelle liefern., die zu mehrfachen Szenenapplaus führen, in die zuweilen auch noch Robert Jon einsteigt, dass der Begriff Guitar Armee wieder zum Leben erweckt wird. Wer denkt, dass nach diesem Rausschmeißer nichts mehr geht, wird schnell eines Besseren belehrt.

Nach lautstarken Zugabe Forderungen kommen die fünf Burschen von Robert Jon & The Wreck noch einmal auf die Bühne, um sich mit dem zweiteiligen „Last Light On The Highway“, dass sich vielleicht zu einer Hymne der Band entwickeln kann, musikalisch vom Bonner Publikum zu verabschieden.

Schon wenige Minuten nach der Show standen alle beteiligten Musiker den Fans für Andenkenfotos und Smalltalk parat. Man darf gespannt sein, was Robert Jon & The Wreck im Sommer bei einigen Festivals und im Herbst bei einer ausgedehnten Europatour auf die Beine stellen werden und ob eine nochmalige Steigerung erfolgt, was nach dem Abend schwer vorstellbar ist. Eine weitere frage ist, ob Bywater Call, dann mit kompletter Besetzung, nach der gelungenen Werbung in eigener Sache, einen ähnlichen Weg geht wie RJTW.

Ein besonderer Dank an Manny Montana (Mr. Teenage Head Music) und die Harmonie für die Akkreditierung für dieses Highlights.

Text und Bilder: Gernot Mangold

Line-up Robert Jon & The Wreck:
Robert Jon Burrison – lead vocals, guitar
Hanry James – guitar, vocals
Warren Murrel – bass
Andrew Espantman – drums, vocals
Jake Abernathie – keyboards

Line-up Support:
Meghan Parnell – vocals
Dave Barnes – guitars

Robert Jon And The Wreck
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Teenage Head Music
Harmonie, Bonn

Robert Jon & The Wreck – Support 2/7 Bywater Call – 03.02.2023 – de Bosuil, Weert – Konzertbericht

Nach dem fulminanten Auftritt beim Bospop im letzten Sommer und anderen Festivals scheinen Robert Jon & The Wreck nun auch im Faninteresse zu einem der Topacts des Southern Rock aufgestiegen sein. So war das de Bosuil in Weert mit etwa 650 Besuchern zum Tourauftakt der Europa-Frühjahrstour sehr gut gefüllt. Diesbezüglich erinnerte Robert Jon an den ersten Auftritt der Band vor einigen Jahren vor 25 Zuschauern damals auf der kleinen Bühne der Location.

Den Auftakt zu einem klasse Konzertabend machten Meghan Parnell und Dave Barnes, die in einem etwa 30-minütigen Auftritt die Besucher mit einer Auswahl von Bywater Call-Songs wie „Silver Lining“ oder „Fortune“ reduziert auf Gesang und Gitarre in Stimmung brachte. Passend zur derzeitigen Weltsituation war dabei der letzte Song „Sign Of Peace“. Mit ihrem überzeugenden Auftritt machte Sie schon einmal Werbung in eigener Sache, denn Parnell kündigte schon die Tour im Herbst, dann wieder in voller Besetzung an.

Nach einer Umbaupause betraten dann die Kalifornier die Bühne und zeigten von Anfang an, dass sie sich vor Southern Rock-Größen wie Blackberry Smoke nicht zu verstecken brauchen, sondern dabei sind, viele etablierte Bands des Genres abzulösen. Hier könnte der Titel „Southern Rock Will Never Die“ der Outlaws durchaus als Programm gesehen werden.

Neben den live erprobten Songs wie „Do You Remember“, „High Time“, „Shine A Light On Me Brother“ oder „Oh Miss Carolina“ spielte die Band einige bisher noch nicht live gespielte Stücke. Darunter war mit „One Of A Kind“ auch ein noch nicht veröffentlichter Song, der auf der nächsten gleichnamigen EP erscheinen wird.

Robert Jon zeigte sich stimmlich bestens aufgelegt und man merkte ihm an, dass dies ein besonderer Abend war, in der es der Band als Headliner gelang, eine Halle wie das Bosuil so gut zu füllen. Henry James offerierte einmal mehr, mit auf den Punkt gespielten Soli, was für ein exzellenter Gitarrist er ist. Die Rhytmussektion mit dem Wirbelwind Andrew Espantman an den Drums und Warren Murrel am Bass legten eine fette Soundgrundlage und der neue Tastenmann Jake Abernathie konnte mit einigen starken Soloparts beweisen, dass die Band nach dem Abgang von Steve Maggiora auch an den Tasten bestens aufgestellt ist.

So sorgte die Band mit einem knapp zweistündigen Auftritt für einen tollen Southern Rock-Abend, der mit den letzten Songs „Waiting for Your Man“ und „Cold Night“ (meist die letzte Zugabe) ein finale furioso hatte, auf die Robert Jon und seine Mannen mit dem psychedelisch beginnenden und dann in eine regelrechte Southern-Hymne wandelnden „Last Light on the Highway Pt.1“ und „Last Light on the Highway Pt. 2“ das i-Tüpfelchen auf den Abend setzten.

Danach standen beide Bands am Merchstand den Fans zur Verfügung, wo Manny Montana der Tourmanager, in seinen Geburtstag feiern konnte. Das schönste Geschenk wird für Ihn vielleicht der Konzertabend gewesen sein, an dem eine Band, die er nach Europa geholt hat, mittlerweile auf den Pfaden einer anderen Band, Blackberry Smoke, wandelt, die er vor vielen Jahren auch aus Amerika holte.

Text und Bilder: Gernot Mangold

Line-up Robert Jon & The Wreck:
Robert Jon Burrison – lead vocals, guitar
Hanry James – guitar, vocals
Warren Murrel – bass
Andrew Espantman – drums, vocals
Jake Abernathie – keyboards

Line-up Support:
Meghan Parnell – vocals
Dave Barnes – guitars

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de Bosuil

DeWolff – Love, Death & In Between – CD-Review

Anfang Oktober hatten wir im Rahmen eines Interviews, und anlässlich ihres Konzertes im Bochumer RuhrCongress als Support der Black Crowes, mit den sympathischen und kommunikativen Jungs von DeWolff, alias Luca und Pablo van den Poel sowie Robin Piso bereits über ihr neues Album „Love, Death & In Between“ ausgiebig gesprochen. 

Dies war noch ziemlich weit weg vom eigentlichen Erscheinungstermin, der jetzt aber zeitnah am 03. Februar ansteht. Ich hatte gut eine Woche vorher mp3-Daten zur Vorbereitung erhalten und dann das Werk dementsprechend intensiv, meist auf dem Arbeitsweg, im Auto angehört.

Seit geraumer Zeit liegt mir die Scheibe jetzt als finale CD vor. Nachdem ich sie einige Wochen nicht mehr gehört habe, und den Silberling jetzt mal zuhause im Player im Wohnzimmer laufen lassen habe, klingt er – ich weiß nicht, ob ich mir das nur einbilde (ich bin wahrlich kein audiophiler Feingeist in dieser Hinsicht) – tatsächlich etwas verändert, natürlich positiv gemeint.

Musikalisch gesehen ist natürlich alles gleich geblieben. Vom eröffnenden treibenden „Night Train“ (mit James Brown-Tribut zollendem Sprechintro, der Song ist aber aus eigener Feder) bis zum Led Zep-angehauchten Rausschmeißer „Queen Of Space & Time“ bieten die Burschen einen engagierten bunten Retro-Ritt durch die Facetten der Rockmusikgeschichte, wobei sowohl in Sachen Tempi als auch bezüglich der Stile (wie u. a. Southern Rock, Soul, Psychedelic Rock), viel Wert auf Diversität gelegt wurde.

Sämtliche Tracks wurden dabei eigenständig vom besagten Trio kreiert, lediglich beim Allman Brothers-umwehten „Jackie Go To Sleep“ (mit Reminiszenzen an „Elizabeth Reed“) war auch noch Bassist Levi Vis mit im Boot. Der auffälligste Track ist natürlich das 17 Minuten währende „Rosita“, der im Mittelteil mit vielen instrumentellen Wendungen, als auch stimmungsmäßigen Wechseln aufwartet, bis er am Ende wieder zum Ursprungsschema zurückfindet.

Wer auf handgemachte Rockmusik der guten alten Zeit mit frischem neuen jugendlichen Elan steht, ist bei DeWolff und ihrem neuen Werk „“Love, Death & In Between“ an der richtigen Stelle. Wie schon ihr Live-Auftritt in Bochum kann auch die CD auf ganzer Linie überzeugen.

Apropos handgemacht. Das Coverbild (mit in die Rückseite des DigiPaks übergehend) wurde von der Künstlerin Rosa De Weerd aus Amsterdam nicht am PC designt, sondern ganz konventionell mit Palette und Pinsel handgemalt. Insgesamt eine sehr empfehlenswerte Angelegenheit!

Mascot Label Group (2023)
Stil: Blues Rock, Soul & More

Tracks:
01. Night Train
02. Heart Stopping Kinda Show
03. Will O‘ The Wisp
04. Jackie Go To Sleep
05. Rosita
06. Mr. Garbage Man
07. Counterfeit Love
08. Message For My Baby
09. Guilded (Ruin Of Love)
10. Pure Love
11. Wontcha Wontcha
12. Queen Of Space & Time

DeWolff
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Netinfect Promotion
Mascot Label Group

Laura Cox – Head Above Water – CD-Review

‚Weiterentwicklung‘. Das ist das Schlagwort, das mir spontan als erstes nach dem Hören vom neuen Album „Head Above Water“ von Laura Cox in den Sinn kam. Und dabei ist ja gerade oft das dritte Werk immer mit das schwierigste, meist der Zeitpunkt, bei denen bei Interpreten und Bands nach Abebben der Anfangseuphorie, der leidige Alltag eintritt.

Ob es das Entfernen des Wörtchens Band und der vielleicht noch stärkeren Fokussierung auf die eigene Person damit zu tun hat, darüber kann zunächst nur spekuliert werden, aber auch nach mehrmaligen Hören der Scheibe steht eindeutig fest, dass es sich klar um den bis dato besten Longlayer der einst durch Youtube-Videos bekannt gewordenen Französin (mit englischem Vater) handelt.

Ob es ihrem Daddy geschuldet ist, der ja, so liest man, einen Faible für Country und Rock’N‘ Roll besitzen zu scheint, ist nicht überliefert, man nimmt allerdings (wohlwollend) eine deutliche Abkehr von klassischen Hard Rock in Richtung mehr ergänzender Southern Rock- und (New) Country-Einflüsse zur Kenntnis, wobei man in vielen Tracks auch immer wieder (meist in Form von Riffs und Sequenzen in ihren Soli) an die großen Rockbands der guten alten Zeit wie den Stones, Lynyrd Skynyrd, Bad Company, Molly Hatchet oder ZZ Top erinnert wird.

Einen Löwenanteil trägt auch ihr deutlich besser gewordener Gesang mit zum Gesamtergebnis bei. Statt den üblichen Shouterattitüden beweist die junge Dame diesmal auch viel Einfühlungsvermögen und Variabilität am Mikro, was zu viel Diversität im Gesamtgeschehen beiträgt. Das gleiche gilt für die Einbindung von Akustikgitarren, Slide und vor allem des meist schön vor sich hin klackernden Banjos. Dass sie eine Meisterin der E-Gitarre ist, ist natürlich auch weiterhin unverkennbar.

Meine Lieblingsstücke sind neben den vier New Country-lastigen Stücken („Old Soul“, „Before We Get Burned“, das fast schon hypnotisch von Laura dahingehauchte „Seaside“ und „Glassy Days“), die, man lese und staune, auch auf jedem Little Big Town-Album integriert werden könnten, das für das Werk richtungsweisende Titelstück „Head Above Water“, eine Art Mischung aus eigenen Ingredienzien, vermischt mit dem Flair von altgediegenen Rockbands wie den Rolling Stones, Lynyrd Skynyrd und Bad Company und vor allem „One Big Mess“, das mit einem, an Skynyrds „Simple Man“ erinnernden atmosphärischen E-Intro beginnt, dann aber in einen treibenden Rocker der Marke „Beatin‘ The Odds“ mündet. Gerade Southern Rock-Fans werden an den vielen quirligen und klirrenden E-Soli (man höre sich nur das Solo im The Georgia Thunderbolts-umwobenen „Set Me Free“ an) der zierlichen Französin großen Spaß haben.

Mit eingespielt haben das Werk ihre etatmäßigen Mitreiter Mathieu Albiac (Rhythmusgitarre) und Antonin Guerin (Drums, Percussion) und als neue Personalie Adrien Kah am Bass. Germain Destremont (Keys, Glockenspiel) und Nina Babel, Monique Harcum sowie Steve Kashala (alle Backing vocals) verbuchen Credits als Gastmusiker.

Auch wenn ich anfangs ein wenig noch Probleme mit dem Wiedererkennungswert der Refrains hatte, hat sich das mit jedem weiteren Hördurchgang immer mehr gelegt. Ob der eine oder andere Song für die Ewigkeit dabei sein wird, ist zwar fraglich, aber das gelingt ja heute in unserer schnelllebigen Zeit auch so gut wie gar keiner Rockband mehr, nicht mal den noch existierenden großen Acts dieser Zunft (die bekommen ja fast garnichts Kreatives mehr hin).

Kein Grund für Laura Cox also den Kopf in den Sand zu stecken, ihr neues Album „Head Above Water“ stellt, wie anfangs erwähnt, eine mehr als deutliche Weiterentwicklung dar. Ich freue mich jedenfalls schon jetzt, wenn sie die enthaltenen Tracks im März live im (u. a. im Musiktheater Piano in Dortmund) hoffentlich ausgiebig vorstellen wird. Ein tolles, melodisches und kurzweiliges Rockalbum, dass sicherlich mit zu den positiven Überraschungen in 2023 avancieren wird.. Oder, wie es der Franzose sagen würde: „Merveilleux, Laura!“

Earmusic (Edel) (2023)
Stil: Rock & More

Tracklist:
01. Head Above Water
02. So Long
03. One Big Mess
04. Set Me Free
05. Old Soul
06. Wiser
07. Before We Get Burned
08. Seaside
09. Fever
10. Swing It Out
11. Glassy Days

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Harlem Lake – 04.12.2022 – Yard Club, Köln – Konzertbericht

Am zweiten Advent traten Harlem Lake erstmals in Köln im Yard Club auf. Die aus Harlem bei Amsterdam stammende Band konnte im Sommer bei einigen Festivals begeistern und gewann den European Blues Award. Umso trauriger war es, dass nur etwa 30–40 Musikfans den Weg in den Yard  Club gefunden hatten. Den wenigen Fans, die an diesem Sonntagabend anwesend waren, boten die jungen Niederländer einen Abend, den sie so schnell nicht vergessen werden.

Von Beginn an zeigte sich, welch exzellente Musiker in der Band sind. Als erstes sei dabei Dave Warmerdam genannt, der für das Songwriting verantwortlich ist und trotz seines jungen Alters ein feines Händchen beweist, Elemente aus Blues, Americana und Southern Rock verschmelzen zu lassen. Seine Partnerin, nicht nur auf der Bühne, Jane Timmer übernimmt dabei den Part, die Texte zu schreiben.

Musikalisch gibt es dabei einige Paralellen zu einer amerikanischen Band in der auch Partner eine prägende Rolle spielen. So gab es unter den Besuchern so einige, die Vergleiche mit der Tedeschi Trucks Band machten. Was auf jedem Fall gesagt werden kann, ist, dass Harlem Lake sich nicht hinter prominenten Acts aus dem Genre zu verstecken brauchen.

Die junge Sängerin Jane Timmer begeisterte mit einer klaren Stimme und einem großen Stimmvolumen, was von zarten fast zerbrechlichen Gesang bis hin zur Bluesröhre ging, Zudem ging von ihr eine sehr positive Bühnenpräsenz aus und es gelang ihr schon mit der Ansage in einer Mischung aus Deutsch und Englisch die Besucher direkt einzufangen, dass sich über die gesamte Dauer des Konzertes eine tolle Stimmung mit einigen Anlässen für Szenenapplaus ergab.

Dave Warmerdam hielt sich optisch, meist Piano und Hammond Orgel spielend, zurück, offerierte dabei aber sein Können auch in einigen starken Soli. In den Vordergrund trat er bei den Tracks, wenn er sich die Gitarre schnappte und sich neben der Rhythmusunterstützung einige Gitarrenduelle mit Sonny Ray van den Berg lieferte. Herausragend war dabei der jammende Part in „I Won´t Complain“, mit Soli feinster Southern Rock-Manier, und auch der sonst eher im Hintergrund agierende Bassist Kjelt Ostendorf ein feines Basssolo hinlegte.

Sonny Ray, auch vom äußeren Erscheinungsbild, genau wie Dave in jede Southern Rock-Combo passend, gelang es viele Soloparts so auf den Punkt zu spielen, dass die Songstruktur nicht zerstört wurde. 

Visuell im Hintergrund standen Drummer Benjamin Torbijn und Bassist Kjelt Ostendorf. Dabei zeigten die beiden jungen Musiker schon eine große Souveränität ganz ohne große Effekthascherei. Beide hatten auch ein Feeling dafür, wann man sich etwas zurückhalten muss, um insbesondere bei den ruhigeren Stücken nicht die eher träumerische Stimmung zu zerstören.

Neben dem fast kompletten aktuellen Album spielte die Band als Zugabe mit „Mean Man“ noch ein Lied der Dave Warmerdam Band, aus der letztlich Harlem Lake entstanden ist und mit „Carry On“, dem begeisternden „Crying In The Desert“, „Temptation“, „Beggars Can`t Choose“ und „The Sight Of You“ fünf Songs, die erst auf dem neuen Album im nächsten Jahr veröffentlicht werden. Nach dem, wie die Stücke in Köln präsentiert worden sind, kann ich schon jetzt eine Kaufempfehlung aussprechen!

Zudem coverten Sie mit „Beware“ (von Barrelhouse), „That`s How Strong My Love Is“ (von Little Milton), „Whiskey Drinkin` Woman“ (von Lou Donalson) und „Don’t Change Horses“ (von Tower Of Power) gekonnt einige Stücke von musikalischen Vorbildern und präsentierten so den Anwesenden ein abwechslungsreiches Programm mit einigen Überraschungen durch die noch nicht veröffentlichten Songs, die von den Fans begeistert angenommen wurden.
Nach dem Konzert begaben sich die Musiker sofort zu den wartenden Fans am Merchendise-Stand, um Fanartikel zu signieren, Erinnerungsfotos zu machen und um sich über den Abend zu unterhalten.

Neben den Musikern hatte ich noch ein nettes Gespräch mit dem Vater von Dave Warmerdam, der die junge Band unterstützt, über die Band und deren Pläne. Plan oder Traum wäre es nebenan in der Kantine, in die wir während des Gesprächs schauen konnten, zu spielen. Wenn man den Abend im Yard Club, mit der beeindruckenden Bühnenpräsenz der Band gesehen hat, kann aus diesem Traum ganz schnell Wirklichkeit werden. In der Form ist Harlem Lake auf dem Weg, eine der europäischen Topacts in deren Genre zu werden und sie bewiesen, dass sie nicht zu Unrecht den European Blues Award dieses Jahr gewonnen haben.

Harlem Lake werden voraussichtlich im nächsten Sommer auf dem Freideck der Kantine spielen, ein Termin, den man sich mit knallrot im Kalender markieren sollte. Ein besonderer Dank geht auch noch einmal an die Kantine/Yard Club insbesondere an Markus, der hoffentlich bald wieder vor Ort ist, die es immer wieder schaffen so großartige Künstler in den Kölner Norden zu holen.

Line-up:
Janne Timmer – lead vocals
Dave Warmerdam – organ, keyboards, guitar, bgv
Sonny Ray van den Berg – guitars, bgv
Kjelt Ostendorf – bass, bgv
Benjamin Torbijn – drums

Text und Bilder: Gernot Mangold

Harlem Lake
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Yard Club Köln