Ben Granfelt Band – 17.02.2017, Blues, Rhede – Konzertbericht

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Big Ben Time im Sounds Of South! An diesem Wochenende haben wir uns mit der Ben Granfelt Band sowie Ben Poole gleich zwei ‚Benjamine‘ vorgenommen, wobei die Finnen um ihren Chef Ben Granfelt im schönen Blues in Rhede den Anfang machten.

Ben Granfelt hat als Musiker und Mitglied von Bands wie Gringos Locos, den berühmten Lenningrad Cowboys, Guitar Slingers und der Kultband Wishbone Ash schon einige interessante Stationen in seiner Karriere durchlaufen. Mein einziger Berührungspunkt mit ihm war bisher sein Doppelalbum, das er mit den Guitar Slingers kurz vor der Jahrtausendwende eingespielt hat und ihn zumindest ansatzweise mit dem Southern Rock einte.

Nebenher hatte Ben auch immer sein Solo-Projekt gepflegt. Diesmal ist er mit seinen finnischen Kumpanen Miri Miettinen und John „Groovemeister“ Vihervä im Rahmen seines neuen Albums „Another Day“ auf Europa-Tournee unterwegs. Schmunzeln musste ich sofort, als ich bei Vihervä, der in seinen bunt verzierten Klamotten wie ein Überbleibsel aus der Hippie-Generation-Ära anmutete, ein Motiv auf seinem T-Shirt erblickte (siehe Bildergalerie), das ich mal vor einigen Jahren in stattlicher Größe für mein Wohnzimmer gemalt hatte. Zufälle gibt es!

Aber kommen wir zum Wesentlichen. Die drei Finnen legten pünktlich um 21:00 Uhr mit einem Instrumental los, bei dem Ben die Drähte seiner blau-weißen Stratocaster erstmals mit filigranem Spiel anwärmte. Im ersten von zwei Sets präsentierten die Drei mit dem unter Wah-Wah-Klängen dahinstampfenden „Too Many Gods“ und dem ordentlich groovenden „Confession Time“ zunächst zwei Stücke aus Granfelts 2006er Werk „The Sum Of Memories“.

„Another Day“ (mit teilweise Fusion-mäßiger E-Gitarrenarbeit), das atmosphärische  „Shine Like The Sun Over Me“ und das – nomen est omen – rockige „Rocking The Boat“ (ZZ Top-Flair) rückten dann sein aktuelles Werk stark in den Fokus. Mit dem Melodic Blues „Falling For You Again“ von 2001 (zwei sehr schöne E-Soli von Ben – am Ende mit kurzem Pink Floyd-Intermezzo) wurde nach der Länge einer Fußballhälfte die Pause eingeläutet.

Im zweiten Set ging es mit „Hangman’s Tree“, „Wayward Child“ (grandioses E-Solo am Ende), dem psychedelisch angehauchten „Open Road, Open Book“ von der neuen CD weiter, Granfelt wechselte bei diesen Tracks zur Gibson Les Paul. „Endless“ widmete Ben einem seiner Heroes, Jeff Beck, mit „Breathe“ (Pink Floyd) wurde dann die große Cover-Phase eingeläutet.

Hier wurden bekannte Stücke, wie u. a. Deep Purples „Space Truckin'“, „Woman From Tokyo“ und „Hush“ (mit kurzem Gesang), Creams „White Room“, Hendrix‘ „Third Stone From The Sun“ und Derek And The Dominos‘ berühmtes „Layla“ in anspruchsvoll gestaltete Intrumentalversionen als Medley gekleidet. Zwischendrin konnten sich Vihervä und Miettinen noch mit Soli kurz austoben.

Mein Highlight war das schon fast in Melodic Rock-Manier performte „Going Home“ als erste Zugabe, bei dem Ben nochmals alles aus seiner Strat herausholte. Herrlicher Song! Der tollen Stimmung im Blues geschuldet, ließen sich die drei Musiker, die der anstrengenden Tour, kräftemäßig gegen Ende, doch ein wenig Tribut zollen mussten, noch zu einem weiteren Nachschlag bewegen. Hier verwandelte  Granfelt „Little Wing“ instrumentell in ein eigenwilliges Konglomerat aus Hendrix-, Beck- und Black Sabbath-Ingredienzien und ließ ein weiteres Mal seine technische Brillanz in Sachen E-Gitarrenspiel aufblitzen.

Ben Granfelt kehrte an an diesem Abend mit seinen Leuten ins Blues zurück, wo mit seinem Auftritt 2009, die Geschichte dieser ansprechenden Location im westlichen Münsterland begann und diese hoffentlich noch lange mit solchem Engagement weitergeführt wird. Sounds Of South bedankt sich für die unkomplizierte Akkreditierung.

Line-up:
Ben Granfelt (lead vocals, guitars)
John „Groovemeister“ Vihervä (bass, bgv)
Miri Miettinen (drums, bgv)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Ben Granfelt Band
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Blues Rhede

Eric Gales – Middle Of The Road – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Eric Gales, obwohl ich bekennender Blues und Bluesrock-Fan bin, bislang nicht auf dem Schirm hatte. Dabei ist „Middle Of The Road“ sein inzwischen 15. Studioalbum. Und was für eins es ist! Nicht umsonst wird der afro-amerikanische Ausnahmegitarrist aus Memphis in einem Atemzug mit Jimi Hendrix genannt. Und als Linkshänder spielt er seine Gitarre daher nicht nur im übertragenen Sinne mit links. Herausgekommen ist ein vielschichtiges Bluesalbum mit Anleihen aus Gospel, Swing, Soul, Reggae und sogar Jazz, immer gepaart mit quäkenden oder verzerrten Gitarrenklängen. Genau diese Mischung macht das Werk so faszinierend und spannend.

Produziert wurde die Scheibe von Fabrizio Grossi, der bereits mit solchen Größen wie Alice Cooper, Joe Bonamassa, Walter Trout oder Lance Lopez zusammen gearbeitet hat. Musikalisch unterstützt wird Gales auf dem Album von dem kalifornischen Drummer Aaron Haggerty, von Dylan Wiggins an der Orgel, von LaDonna Gales mit Backgroundgesang und von Maxwell “Wizard” Drummey am Melotron. Gales selbst bedient neben dem Bass auch seine zahlreichen Gitarren. So ganz nebenbei steuert er auch den Leadgesang bei.

Gleich der Opener „Good Time“ geht mit seinem Gospel- oder Spirituell-betonten Gesang von LaDonna Gales mächtig in die Beine, versprüht Lebensfreude und macht Lust auf mehr, wobei sich das Rhythmus-Intro von Eric Gales treibend durch die gesamte Komposition zieht und dabei auch noch Anleihen aus dem Funk aufgreift. Toll gemacht!

„Change In Me“, der zweite Song auf der Scheibe, ist da mit dem streckenweise an Gary Moore erinnernden Gitarrenspiel schon wesentlich bluesiger. Schön auch hier wieder der als Refrain sehr soulig gesungene Titel des Songs. Weiter geht’s dann mit dem etwas betulicheren, ruhigen „Carry Yourself“, einem Stück mit schönen melodiösen E-Gitarreneinlagen. Bei „Boogie Man“ wird Eric Gales von dem jungen, aus Austin/Texas stammenden Gitarristen Gary Clark jr. unterstützt, der einem größeren Publikum erstmals 2010 bekannt wurde, als er auf dem Crossroads Guitar Festival u. a. mit Eric Clapton, Jeff Beck, B. B. King und Buddy Guy spielte. Sein vom Jazz beeinflusster Stil, Gitarre zu spielen und Gales soulige Stimme, geben diesem Song seinen besonderen Reiz.

Mit „Been So Long“ liefert Eric Gales einen weiteren Beweis für seine musikalische Vielfältigkeit. Der Song besticht durch seinen ins Ohr gehenden Reggae-Rhythmus und den dazu passenden Leadgesang. Der Track hat durchaus Ohrwurmqualitäten und zeigt, wie sich Elemente aus Blues und Reggae zu etwas wunderbar Neuem verschmelzen lassen. „How, how, how Help Yourself“ hat gesanglich, zumindest stellenweise, gewisse Ähnlichkeiten mit dem großen John Lee Hooker. Zum Sound dieses Songs hat als weiterer Gastmusiker der 18-jährige Christone „Kingfish“ Ingram maßgeblich beigetragen. Er ist ein Multiinstrumentalist, im Delta aufgewachsen und er hat den Blues mit der Muttermilch aufgesogen. Von ihm wird in Zukunft sicherlich noch viel zu hören sein! Der Song selbst ist sehr rhythmisch angelegt und wird hauptsächlich von klaren Gitarrenriffs und dezenten Harpeinlagen getragen.
Wesentlich rauer und mit verzerrten Spiel à la Hendrix kommt „I’ve Been Deceived“ daher, wobei Erics megaphonartig verfremdete, klagende Stimme in einem spannenden Kontrast zu den Background vocals steht.

Im folgenden Song „Repetition“ ist Eric Gales‘ großer Bruder Eugene, dessen musikalische Vorbilder u. a. Muddy Waters, Albert King und Jimi Hendrix sind, mit von der Partie. Er ist auch der Mentor und Lehrmeister seines jüngeren Bruders Eric. Mit ihm zusammen gründete er die ursprüngliche Eric Gales Band. Heute spielt Eugene mit seiner eigenen Band „The Eugene Gales Project“. „Repetiton“ ist, bis auf die Gitarrensoli von Eugene, eher zurückhaltend instrumentiert und mutet ansonsten leicht Jazz-beeinfusst an, wobei sich das Grundmotiv dem Titel entsprechend immer wieder wiederholt.

Im Gegensatz zu den anderen Stücken dieses Albums ist „Help Let Me Go“ sehr melodiös, ruhig und besinnlich strukturiert, ein sehr schönes Stück also für die stillen Momente im Leben. „I Don’t Know“ beginnt mit einem Scat-Gesang, welcher auch immer wieder im Verlauf des Stückes auftaucht und sich mit dem souligen Hintergrundgesang abwechselt. Dann noch ein quitschiges E-Gitarrensolo dazu und fertig ist der Song, ohne aber weitere besonders hervorstechende Eigenschaften zu besitzen. Aus Sicht des Rezenten ist es der schwächste Titel des Albums.

Den Abschluss bildet Swamp, ein schlagzeuggetriebenes Instrumentalstück, quirlig wie ein Mückenschwarm in den Sümpfen, schweißtreibend und fordernd, mit dem Potential den Zuhörer durchaus in Trance versetzen zu können. Insgesamt ist das Album also eine recht abwechslungsreiche, aber keine Delta Blues-typische Scheibe, wie sich aufgrund von Erics Herkunft vielleicht vermuten ließe. Roots Blues-Elemente tauchen allenfalls nur hier und da mal auf. Eher schon sind da Spielweisen aus dem Chicago Blues erkennbar.

Eric selbst sagt über sein Album, dass sich der Titel „Middle Of The Road“ wie ein roter Faden durch das gesamte Werk zieht. Sein Credo: Für deinen Weg ist es das Beste, wenn du dich absolut fokussiert und mit dir selbst im Reinen in der Mitte, also „On the middle of the road“ befindest. Insofern spiegelt die CD sicherlich die momentanen Befindlichkeiten von Eric wieder. Er hat sich gefunden und nimmt sich die Freiheit, Musik zu machen, so wie sie ihm gefällt. Und herausgekommen ist dabei beileibe kein Mittelmaß, sondern ein kaufenswerter Silberling, mit „Good Time“, „Been So Long“ und „Swamp“ als absolute Highlights dieses Albums.

Mascot Label Group (2017)
Stil: Blues Rock

01. Good Time
02. Change In Me (The Rebirth)
03. Carry Yourself
04. Boogie Man (feat. Gary Clark Jr.)
05. Been So Long
06. Help Yourself (feat. Christone „Kingfish“ Ingram)
07. I’ve Been Deceived
08. Repetition (feat. Eugene Gales)
09. Help Me Let Go
10. I Don’t Know
11. Swamp

Eric Gales
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Mascot Records
Netinfect Promotion

Thorbjorn Risager & The Black Tornado – Change My Game – CD-Review

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Thorbjørn Risager und seine The Black Tornado hatten uns bei ihrem furiosen Konzert im Rheinberger Schwarzen Adler, schon bereits mit einigen Tracks aus ihrem neuen Album „Change My Game“ im Vorfeld konfrontiert. Hier war die spannende Frage, ob die Stücke auch im Studio so zünden würden und was die Dänen sich noch so an weiteren Dingen einfallen lassen haben.

Der erste Blick fällt natürlich auf die äußerst geschmackvolle Covergestaltung mit dem tollen Titelbild, auf dem die Burschen in irgendeiner düsteren nächtlichen Hintergasse, effektvoll in passenden Farben abgelichtet wurden. Sowas nennt man hohe Fotokunst.

Musikalisch bleibt sich das Oktett, bestehend aus Thorbjørn Risager (lead vocals, guitar), Peter Skjerning (guitars, canjo), Emil Balsgaard (keys), Søren Bøjgaard (bass, guitar, percussion), Martin Seidelin (drums, percussion), Hans Nybo (saxophone), Peter W Kehl (trumpet, saxophone) und Kasper Wagner (saxophone) weitestgehend treu, öffnet sich aber auch mit einer gesund eingebrachten Portion von mainstreamigerem Songwriting, einem breiteren Spektrum an Hörerschaft. Produziert in erstklassigem Sound haben die Burschen selbst.

Den Einstieg wählten die Nordlichter mit dem, vom Konzert bekannten, sehr atmosphärischen „I Used To Love You“, klasse hier das E-Solo von Skjerning, wie auch der, im gesamten Verlauf, wieder überragende Gesang ihres Leaders Thorbjørn Risager. Das folgende „Dreamland“ stampft mit Urgewalt in Südstaaten Rock-Manier, hat so ein bisschen was von „Penthouse Pauper“ vom einstigen Molly Hatchtet– Album „Beatin‘ The Odds“. Wahnsinn hier das Zusammenwirken von plusternden Bläsern, E-Gitarre und Emil Balsgaards gurgelnder Orgel.

Der ebenfalls schon performte Titelsong „Change My Game“ hat eine funkige Note. Cooler Song, sogar durchaus tanzbar. Auf „Holler’N’Moan“ kam vermutlich das von Skjerning in Rheinberg, mit einem, aus einer Blechbüchse als Korpus versehene, präsentierte Canjo zum Einsatz, das geslidet, quasi Dobro-ähnliche Klänge hervorruft. Demnach ein, auf unser Magazin zugeschnittener Track mit Swamp-Flair. Klasse auch das quäkige Trompeten-Solo.

„Hard Time“ entpuppt sich mit einer mandolinenartig gespielten flockigen Akustikgitarrenlinie als mein persönliches Lieblingsstück . Ein wunderbar eingängiger Ohrwurm, der statt nach harten Zeiten, eher nach melancholischer Besinnung bei Abendsonne mit kühlem Getränk in einer zum Meer geöffneten Strandbodega klingt. Wunderbar die Slide-Passagen und auch die schön dazu säuselnde Background-Crew samt Miriam Mandipura-Mumba, Pia Trøjgaard und Mads Lumboldt.

Der Slow Blues „Long Gone“ bietet wieder Atmosphäre pur. Hier kann sich Risagers Charakter-Stimme natürlich am besten entfalten. Unter dem Motto „ZZ Top meets Lynyrd Skynyrd“ fliegt einem das von röhrenden Gitarren,  wummernder Orgel und pausbackigen Bläsern dominierte „Hold My Lover Tight“ um die Ohren. Hier lässt die Band förmlich ihr ganzes, wuchtiges Spiel-Potential los.

„Maybe It’s Alright“ mit stoneskem E-Gitarren-Rhythmus ist wieder typischer Stoff, um ein Live-Publikum in Wallung zu bringen. Spaß machen die weiblichen Harmoniegesänge.  Der „Train“ dürfte mit markanter Canjo-Hook und klimpernden HT-Piano, erneut unsere Southern Rock-Klientel verzücken.

Schwere Kost bietet „Lay My Burdon Down“. Erinnert ein wenig an den guten alten Tom Waits. Wer sich schon mal mit seiner eigenen Beerdigung auseinandersetzen möchte, hätte, auch wenn er ja nicht mehr viel davon mitbekommen würde,  hier einen stilvollen Trauermarsch zu seinen Ehren im Angebot. Als Rausschmeißer haben dann die Dänen mit „City Of Love“ noch einmal einen stark instrumentierten Blues Rocker im Portfolio, der aufgrund der E-Gitarre, zum krönenden Abschluss, Esprit von ZZ Tops berühmten „La Grange“ versprüht.

Thorbjørn Risager & The Black Tornado sind mit „Change My Game“ auf einem Zwischen-Zenit ihrer Karriere angelangt. Der Begriff ‚Danish Dynamite‘ erhält in diesem Fall eine musikalische Dimension. Ihr unermüdliches Auftreten, ob in Clubs, Hallen oder auf Festivals hat sich auch auf ihre Studio-Arbeit weiter positiv ausgewirkt.  Hier passt und reift eigentlich alles zusammen, um zu einem der ganz großen (Blues) Rock-Acts unser Zeit zu avancieren. Ich hab momentan echt keine Idee, was man da noch groß verbessern könnte! Einfach erstklassig!

Ruf Records (2017)
Stil: Blues Rock & More

01. I Used To Love You
02. Dreamland
03. Change My Game
04. Holler ‚N‘ Moan
05. Hard Time
06. Long Gone
07. Hold My Lover Tight
08. Maybe It’s Alright
09. Train
10. Lay My Burden Down
11. City Of Love

Thorbjørn Risager & The Black Tornado
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Ruf Records

Mike Zito – Make Blues Not War – CD-Review

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Einer meiner Lieblings-Musiker legt schon wieder nach. Der umtriebige Mike Zito hat keinesfalls ‚ein Rad ab‘, auch wenn er sich schon wieder von seiner starken Begleitband der letzten Veröffentlichungen „The Wheel“ losgelöst hat. Es passt halt einfach zu seiner unsteten, sich immer in Bewegung befindlichen Persönlichkeit, Dinge zu ändern,  konstant ist bei ihm scheinbar nur die Liebe zur Familie und dem Blues Rock an sich.

Für sein neues Werk mit dem plakativen Titel „Make Blues Not War“ hat er sich mit dem uns ebenfalls gut bekannten, Musiker, Songschreiber und Produzenten Tom Hambridge zusammengetan. Der auch in Nashville viel beschäftigte Tausendsassa erweist sich für das aktuelle Album, aufgrund der Ruppigkeit vieler Stücke und der partiellen Southern-Ausrichtung auch als absoluter Gewinn. Er hat einen Großteil der Tracks (mit) komponiert, spielt das Schlagzeug, sang Harmonies bei „One More Train“ und hat das Gesamtwerk in einem schön rauen, aber auch knackigen ‚Live-Sound‘ produziert.

Das Album lebt natürlich von der Präsenz des Protagonisten, der in Sachen Stimme (mit eine der besten im Blues Rock-Genre) und E-Gitarrenspiel (wieder mit vielen prächtigen Slide-Einlagen), dieses Werk dominiert. Aber auch Leute wie der stark auftrumpfende Keyboarder Kevin McKendree (B3, Wurlitzer-Piano, Clavinet), Nashville-Musiker Rob McNelley (tolle E-Gitarrenzuarbeit) oder Gastmusiker wie Walter Trout (herrliches E-Solo beim Auftaktstück), Jason Ricci an der Harp und Sohnemann Zach (Gitarre bei „Chip Off The Block“) sorgen für kurzweilige Momente in der Zito-Show.

Das Werk bietet, wie nicht anders erwartet, die typischen Blues Rock-Ingredienzien. Da wird im Tempo variiert, zwischen retro (das stampfende „Wasted Time“, das an Muddy Waters erinnernde, harp-infizierte Titelstück „MBNW“ und der finale Piano-Klimper-Boogie „Route 90“)  und moderner Auslegung gependelt. Mit „Bad News Is Coming“ und „Road Dog“ sind zwei Mörder Slow ‚Bluese‘ samt großartiger E-Gitarren-Solo-Passagen dabei, psychedelisches à la Hendrix gibt es bei „Redbird“. Was uns besonders gefällt, sind aber immer wieder, die Southern-rockigen Zutaten.

Da wär z. B. der furiose Opener „Highway Mama“ der in Sachen Orgel- und E-Gitarren-Arbeit die Allman Brothers-Fangemeinde zum Niederknien bringen wird. Hätte ein Gregg Allman nicht besser performen können! Die Signalwirkung aufreizender Beine des weiblichen Geschlechts ist schon in so manchem Song thematisiert worden, der in Texas beheimatete Zito, machte es bei „Crazy Legs“ ZZ Top nach und mischt zusätzlich noch Skynyrdsche Zutaten mit unter.

Großartig auch das wieder in Allman-Manier shuffelnde „On The Road“ (typische Orgel) sowie das launig Southern-rockende „One More Train“ (McKendree mit zünftigem HT-Piano) oder die delta-bluesige wehmütige Hommage an seine Frau „Girl Back Home“ (surrende Slide-Gitarre). Bei „Chip Off The Block“ zeigt Zitos Sprössling Zach, dass er die Fingerfertigkeit des Vaters mit den Genen übertragen bekommen hat. Er soll seinen alten Herrn demnächst auf Tour mit begleiten.

Mike Zitos neue Scheibe setzt nicht nur aufgrund des Titels „Make Blues Not War“ ein starkes Ausrufezeichen. Ein absolutes Blues Rock-Klasse-Werk, das Spielfreude pur offeriert und schön aufzeigt, wie man diesen Musikstil perfekt mit südstaatlichem Flair kombinieren kann. Wenn dieser Appell auch noch eine einvernehmliche Forderung nach gerechterer Verteilung des Vermögens und der Ressourcen, sowie ein respektvolleres Untereinander auf diesem Erdball,  implizieren würde (musikalisch gehören unsere Vorlieben bei Zito ja eh dazu), würde Sounds Of South eine dererlei Charta sofort auf dem Fuße mit unterzeichnen!

Ruf Records (2016)
Stil: Blues Rock

01. Highway Mama
02. Wasted Time
03. Redbird
04. Crazy Legs
05. Make Blues Not War
06. On The Road
07. Bad News Is Coming
08. One More Train
09. Girl Bak Home
10. Chip Off The Block
11. Road Dog
12. Route 90

Mike Zito
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Ruf Records

Blue Notez-Kalender 2017 – Gewinnspiel

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Das Gewinnspiel ist beendet.

Die richtige Antwort hieß ‚Dortmund‘!

Über einen tollen Kalender unseres Fotografen Peter Schepers darf sich

Helmut Tautges aus Essen

freuen, dem der Gewinn in den nächsten Tagen zugeht!

Sounds Of South wünscht viel Spaß damit!

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Ein Kalender mit Konzert-Schnappschüssen unseres Fotografen Peter Schepers aus dem Blue Notez-Club zu gewinnen! Damit 2017 auch ja kein wichtiger Gig verpasst wird!

Wer unsere Konzertberichte aufmerksam verfolgt hat, dürfte bei der Lösung gute Chancen haben.

Die Frage diesmal lautet:

In welcher Stadt ist der beliebte Club beheimatet?

a) Dortmund
b) Gelsenkirchen
c) Essen

Bitte sende eine E-Mail mit der richtigen Lösung bis zum 18.12.2016 an dan@sounds-of-south.de.

Wir losen unter allen richtigen Einsendern eine/n Gewinner/in aus, der/die dann umgehend benachrichtigt und mit dem Teil beliefert wird.

Blue Notez

Timo Gross Band – 17.11.2016, Krefeld, Kulturrampe – Konzertprotokoll

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Berichterstatter + Bilder: Jörg Schneider

Folgendes Telegramm ging in der Sounds Of South-Zentrale von Außendienstmitarbeiter Jörg Schneider ein, mit dem er, im Stile und der Genauigkeit eines Protokolls einer Bauingenieurs-Planungsausschuss-Sitzung, folgende Nachrichten vom Timo Gross Band-Gig in der Krefelder Kulturrampe übermittelte:

– Beginn 20:30 Uhr, Band, aber erst etwas verspätet, unter Beifall auf der Bühne
– Kulturrampe anfangs gut gefüllt, nach der Pause aber deutlich leerer (wg. Uhrzeit ?)
– Stimmung insgesamt gut und ausgelassen
– Timo erweist sich während des Konzertes zwischendurch immer wieder als humorvoller Erzähler kleiner Begebenheiten („Small Town Blues“, „Why“, „I Thank You“)

– Gast: SoS-Freund Mario Scholten, E-Gitarre (hat sich gut in die Band eingefügt, starke Bühnenpräsenz)

Setlist:

01 Down To The Delta (2008 „Travelling“)
02 Love Sick (2008 „Travelling“)
03 Time Ain’t Tight (2016 „Heavy Soul“)
04 Small Town Blues (2011 „Fallen From Grace“ – Song mit launiger Ansage über   die Spießigkeit einer Kleinstadt, von Timo seinen neugierigen Nachbarn       gewidmet)
05 Caribou River (2016 „Heavy Soul“)
06 Driftin‘ Blues (2013 „Landmarks“ – schöner Slow Blues voller Weltschmerz)
07 You Don’t Love Me (2013 „Landmarks“ – mit ausgiebigem, sehr gutem Drum-Solo von Andreas Eichenhauer)
08 Slow Down (2011 „Fallen From Grace“ – mit sehr schönen Slide-Einlagen)

Pause

09 Bound To The Shadows (2014 „It’s All About Love“ – mit Mario Scholten, einem Freund von Timo aus Krefeld, genannt auch der ‚Gitarrenhexer von der Grotenburg‘)
10 Voodoo Priest (2008 „Desire“ – mit Mario Scholten)
11 Why (2016 „Heavy Soul“ – ein Song, den Timo einem seinem besten viel zu früh an Krebs verstorbenen Freund Meinolf gewidmet hat)
12 King Of Nothing (2014 „It’s All About Love“)
13 The Desert (2016 „Heavy Soul“ – markantes Gitarrenspiel)
14 Lots Of Fun (2014 „It’s All About Love“)
15 I Thank You (2011 „Fallen From Grace“ – Band verabschiedet sich mit diesem ZZ Top Klassiker, nachdem Timo mit einer kleinen Geschichte an die Zeiten ohne Internet und Youtube, aber mit Rockpalast-Sendungen, die damals noch in Mono auf kleinen Röhrenfernsehern angeschaut wurden, erinnerte)

– Ende Hauptteil

– Publikum singt den Refrain „I Thank You“ im Chor weiter, bis die Band nach ein paar Minuten wieder die Bühne betritt und gemeinsam noch eine Zugabe spielt:

16 Home Sick (2013 „Landmarks“)

– Zusätzlich gab’s dann noch eine Solo Zugabe von Timo an der Akustik-Gitarre

– Konzertende dann gegen 23:00 Uhr

PS: Vielen Dank an Jörg für den Aufwand mit den vielen detailgetreuen Infos, es war eigentlich nur eine schlichte Bildergalerie geplant.

Line-up:
Timo Gross (lead vocals, guitars)
Patrick Pilarski (bass)
Andreas Eichenhauer (drums)
Special guest: Mario Scholten (electric guitar)

Timo Gross
Timo Gross bei Facebook
Kulturrampe Krefeld
Jörg Schneider Webseite

Hundred Seventy Split – 17.11.2016, Schwarzer Adler, Rheinberg – Konzertbericht

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Hatten wir tags zuvor bei The Cadillac Three im Kölner Luxor noch den ungestümen Musiknachwuchs in Form knallharten Southern Rocks begutachtet, stand schon am nächsten Abend der nächste Gig an, allerdings wieder eher im Zeichen unserer Altersklasse… Hundred Seventy Split traten im heimischen Schwarzen Adler auf. Und so hatten sich im, für einen Wochentag ziemlich gut gefüllten Rheinberger Blues Club auch viele Leute eingefunden, die ähnlich wie wir, bereits die Jugend des Alters beschritten haben.

Das Trio mit Bass-Legende Leo Lyons, Gitarren-Hexer Joe Gooch und Drummer Damon Sawyer, ist ja quasi in einem Atemzug mit der Kultband Ten Years After zu nennen, die parallel auch immer noch aktiv ist. Lyons war ja TYA-Originalmitglied, Gooch hatte bereits früher über einen langen Zeitraum Alvin Lee ersetzt. Demnach wurden natürlich einige Klassiker aus guten alten Zeiten zum Besten gegeben.

Joe hatte an diesem Abend mit Halsschmerzen zu kämpfen und war von Adler-Inhaber Ernst Barten noch medizinisch versorgt worden. Er ließ sich aber so gut wie nichts anmerken und zog, mit leicht heiserer Stimme, die Show professionell durch. Vor allem seine filigranen Gitarrenkünste waren schon alleine den Besuch wert. Ein echter Wizard.

Leo Lyons, mittlerweile weit in den Siebzig angelangt, führte mit charmanter und humorvoller Art im Stile eines britischen Gentlemans die Song-Ansagen durch und bewies, dass man auch im gesetzten Alter immer noch flink und energiegeladen, die Finger über ein Saiteninstrument fliegen lassen kann. Gegen Ende griff er für zwei Tracks dann auch am großen Contrabass in die Strings. Drummer Damon Sayer blieb nur die Rolle im Hintergrund über, die er aber mit kraftvollem und effektivem Drumming angenehm ausfüllte.

Die Eröffnung des in zwei Sets unterteilten Konzerts stand mit „The Game“ (mit psychedelischen Kurzphasen) und dem swampigen, mit dezentem Southern Rock umwehten „I Grew Up In The Muddy Waters“ im Zeichen des neuen Werkes „Tracks“. Erstes Futter für die Nostalgiker im Raume gab es mit „Fifty Thousand Miles Beneath My Brain“ (stoneske Note). Weitere Exemplare von Anno dazumal wurden in Form von „Good Morning Little School Girl“ und „Love Like A Man“ zum Abschluss der ersten Hälfte dargereicht. Klasse in diesem Set auch noch der Slow Blues “Going Home” (von „The World Won’t Stop“), bei dem Gooch für mich das beste seiner vielen quirilgen Soli einbrachte. Er braucht sich, was seine spielerische Qualität angeht, hinter Größen wie Joe Bonamassa & Co. wirklich nicht zu verstecken.

Der zweite Part stand dem ersten in Nichts nach. Den Auftakt hier machte das orientalisch verpackte „Looking For A Sign“, für das Joe eine spezielle E-Gitarre verwendete, griff dann aber für das End-Solo wieder auf seine stark malträtierte türkis-weiß-farbende Stratocaster zurück. Das swampige „Pork Pie Hat“, der Footstomper „Coming Back Around“ und das Blues-Traditional „Devil To Pay“ ( für beide greift Leo zum Contrabass), das starke „Gonna Dance On Your Tombstone“, sowie der countryeske Schunkler „Tennessee Plates“ (auf Zuschauerwunsch hin), wieder mit herrlich quirligen Gooch-Soli, waren die nächsten Meilensteine.

Der lässig groovende Rocker„The Smoke“ (Leo lässt seinen Bass schwer pumpen) bildete den launigen Abschluss des Hauptteils. Das begeisterte Publikum forderte vehement Nachschlag und wurde mit „King Of The Blues“ (erinnerte phasenweise an ZZ Tops „La Grange“) und, last but not least, mit dem TYA-Parade –Stück „I’m Going Home“ mit Medley-haft integirierten, weiteren Klassikern wie u. a. „Baby Please Don‘t Go“, „Blue Suede Shoes“, „Whole Lotta Shakin‘ Goin‘ On“, etc. gebührend belohnt.

Fazit: Ein starker Abend mit Hundred Seventy Split, der einen gelungenen Spagat aus alt-ehrwürdigem und modernem Blues Rock-Material offerierte. Leo Lyons charismatische, wie auch sympathische Ausstrahlung, sein immer noch lebhaftes Treiben im Tieftöner-Segment in Kombination mit Goochs Gitarrenkünsten sind absolut einen Besuch wert. Selbst unser spezielles Southern Rock-Nischen-Magazin konnte sogar sporadische Bezugspunkte ausmachen. Der Sound war klasse. Insgesamt also eine kurzweilige Sache! Danke erneut ans Adler-Team für die problemlose Akkreditierung.

Line-up:
Joe Gooch (lead vocals, guitar)
Leo Lyons (bass)
Damon Sawyer (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Schwarzer Adler

Rheinberger Bluesparty – 05.11.2016, Rheinberg, Stadthalle – Festivalbericht

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Ich muss, ehrlich gesagt, gestehen, dass ich schon mit leichten Magenschmerzen in die, von mir, nur zwei Minuten Fußweg entfernte schmucke Rheinberger Stadthalle zur Bluesparty (darf sich jetzt übrigens auch Niederrhein Blues-Festival nennen) gegangen bin. Zum einen angesichts des ziemlich hohen Arbeitsvolumens (CD-Reviews, Konzertberichte), das in Sounds Of South im Moment ansteht (am Abend zuvor hatten wir auch schon ein Konzert besucht), zum anderen  wegen des angekündigten Gesamt-Line-ups, das selbst mir, als Musikmensch mit recht großem Horizont, eher trotzdem fast als eine Art Wundertüte daherkam.

Kollege Gernot war aber im Vorfeld der Meinung, dass wir als Magazin aus Rheinberg in jedem Fall berichten sollten, auch wenn unser Fokus dem Blues-Genre ja eigentlich nur indirekt verbunden ist. Da mir das letzte Festival, in seiner liebe- und mühevollen Aufmachung, mit charmanter Moderation und auch den damalig vertretenen Bands (u. a. Layla Zoe) ganz gut gefallen hatte (es fehlten hier eigentlich nur der Bürgermeister und mehr Zuschauer…), und dieser Event auch quasi die Initialzündung für Gernots und meine toll funktionierende Zusammenarbeit gewesen war, ließ ich mich dann doch darauf ein.

Ich hatte im Gespräch bei und nach der letztjährigen Veranstaltung, sowie neulich beim Risager-Gig, Sami Durak  nahegelegt, beim Nachfolger deutlich früher und intensiver zu werben, als auch zumindest mal wenigstens ein richtiges Zugpferd zu verpflichten (z. B. King King, Beth Hart – die ist gerade in der Nähe und macht die Tage die Essener Lichtburg mit 1200 Zuschauern mal locker alleine voll), das zum Einen minimum schon 400-500 Leute alleine zieht und auch zu später Stunde noch bei Laune halten kann. Zur Schonung des Budgets könnte man vielleicht dazu zwei u. U. (eher lokale) Acts mit kürzeren Spielzeiten, die evtl. auch ein jüngeres Publikum mal ansprechen (falls das im Genre möglich ist…), als Vorgruppen präsentieren. Vielleicht als Idee, die in der Berkastadt beliebten Zauberlehrlinge z. B. mal fragen, ob die nicht Lust hätten, ein Blues (Rock)-Programm einzuspielen.

Sami ließ sich, nach meinem Eindruck, allerdings auch diesmal (ich hoffe, dass ich ihm nicht Unrecht tue) wieder, allen Unkenrufen zum Trotz, mehr von seinen persönlichen Präferenzen leiten und gab dann zwar renommierten, aber doch, für solch eine lange Veranstaltung, eher schwierigen Interpreten den Vorzug.

Die Halle wirkte mit knapp 250 – max. 300 Leuten (würde ich mal schätzen, die Logen waren voll) zumindest anfangs trotz großzügiger Lücken optisch einigermaßen befüllt. Es waren jedenfalls ein paar mehr als bei der Vorveranstaltung.

Den Einstieg machten „The Orange Whips“, eine Art Blues Brothers Revival Band, die zu schlecht klingendem Halb-Playback, ein paar Hits der Marke „Soul Man“, „Everybody Needs Somebody“, „Jailhouse Rock“ oder „Gimme Some Lovin'“ der berühmten Brüder sangen und dazu ein paar Faxen machten. Mit viel Wohlwollen erhalten sie dafür von uns das Prädikat ‚gewöhnungsbedürftig‘.

Harp-Spezialist Big Pete, alias Pieter van der Pluijm (dafür aber ein eher schwacher Sänger) und seine Mannen Sander Kooiman, Erkan Özdemir sowie dem kauzigen Drummer-Urgestein Willy Maes, hatten ihre aktuelle Live-CD „Live At BluesNow!“ im Gepäck. Sie präsentierten den Blues in all seinen Facetten von retro/traditional, groovig, slow bis rockig, wobei Petes Harp-Spiel und Kooimans ausgedehnte E-Soli im Vordergrund standen. Am Ende bewies der, auf die Siebzig zugehende Maes mit einem Schlagzeug-Solo, seine immer noch vorhandene Vitalität. Insgesamt eine akzeptable Vorstellung für den gediegenen Blues-Freund (der ja meist eigentlich akademisch bewandert und demnach politisch der wilden und aufmüpfigen 68er-Generation zugeneigt ist, es aber in Sachen Musik gerne schön traditionell und überschaubar hat…), aber auch eher eine Truppe für kleine rauchige Clubs.

Mein o. a. metaphorisches Magengrummeln war scheinbar in eine virale Form mutiert und auf den bis dato fleißig fotografierenden Kollegen Gernot übergegangen, der musste nämlich plötzlich aufgrund echter Probleme passen (Scherz beiseite, seine tatsächlich kranke Tochter schien ihn angesteckt zu haben) und das Festival vorzeitig verlassen. Zum Glück war sein Blues- und auch Foto-affiner Kumpel Joachim Hunke zur Stelle, der dann das Vergnügen hatte, sich an Gernots Multi-Objektiv-Equipment samt Kamera versuchen zu dürfen. Vielen Dank hier für die spontane und unkonventionelle Mithilfe.

Tom Vieth & Co. spielten zwischenzeitlich wieder, wie zuletzt, in den Umbaupausen im Foyer.

Diverse Altersstufen höher bewegte sich dann die nächste Protagonistin, Janice Harrington, die mit Martin Hötte (guitar), Daniel Sok (keys), Frank Mellies (drums) und Jochen Eminger (bass), alias Still A Fool, eine kurzfristig zusammengestellte Begleitband, zur Seite hatte. Man konnte erst tags zuvor mit dem Proben beginnen. Die 74-jährige präsentierte eigene Songs und Covernummern  wie „A Million Dollar Secret“, „Seven Days A Week Man Blues“, „Magic“, „C.C. Rider“ und als Zugabe den abgehangenen Schinken „Route 66“.

Die vierfach-verheiratete Grand Dame erteilte dabei zwischendurch Lebensratschläge an die im Auditorium versammelte Damenschaft. Respekt aber für ihre Leistung in diesem Alter, auch wenn ich mir den Kommentar, dass sie wohl eher meinen 84 Lenze zählenden Vater begeistert hätte, gegenüber Joachim nicht verkneifen konnte. Sein schlagfertiger Kommentar: „Wie, steht der etwa auf jüngere Frauen?“

Die Halle hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits merklich ausgedünnt. Nach einer weiteren Vieth-Performance war die Bühne für den eigentlichen Star des Abends, Zed Mitchell (& Special Guest) recht fix hergestellt, der seine Gitarrenkünste ja bereits für Größen wie u. a. Pink Floyd, Phil Collins (mit dem hatte Zed sogar ein wenig Ähnlichkeit) oder Eros Ramazotti in den Dienst stellen durfte, allerdings als Solo-Interpret eher ein unbeschriebens Blatt ist.

Es war dann klar der beste Act, seine Fingerfertigkeit an der E-Gitarre war schon beeindruckend. Auch sein mitspielender Sohn Ted, hat die Fähigkeiten seines alten Herren weitervererbt bekommen und ließ ebenfalls das eine oder andere tolle Solo vom Stapel. Als Special Guest sorgte dann noch Tosho Todorovic von der Blues Company für weitere Gitarren-Power (fast im Dreier-typischen Southern-Stil) und besseren Lead-Gesang („Everyday I Have The Blues“, „Cold Rain“, „Messin‘ With The Kid“) .

Das Problem hier, beide Mitchells sind eher blasse Fronter und auch keine charismatischen Shouter, die ein Publikum mitreißen können. Die Tracks aus Zeds CDs wie „Game Is On“, „Autumn in Berlin“ oder „Springtime in Paris“  waren trotz ‚Tristesse in Rheinberg‘ anspruchsvoll instrumentiert, aber fast ohne Widererkennungswert (mein Highlight war der grandiose Slow Blues „River Minus Water“), sodass am Ende vielleicht noch 50 Leutchen (inkl. Personal) ihrem Treiben bis zum Ende (ohne Zugabe) beiwohnten. Fand ich, ehrlich gesagt, egal wie einem der Abend gefiel, schon ein bisschen respektlos gegenüber diesem renommierten Künstler und auch Sami Durak gegenüber, der ja viel Herzblut und Arbeit in dieses Projekt investiert hat.

Dem blieb am Ende nicht viel mehr übrig, als, wie ein bedröppelter Hund, die paar Verbliebenen (inkl. mir und Joachim) recht kleinlaut und sichtlich enttäuscht zu verabschieden.

Fazit, die ungeschminkte Wahrheit lautet: Die Rheinberger Bluesparty ist in solchen Konstellationen und dieser Größendimension nicht praktikabel. Man ist hier nicht in Plön am See, irgendwo in der norddeutschen Wallachei, sondern in einem Einzugsgebiet, wo vermutlich parallel 500 schnell zu ereichende kulturelle Konkurrenzveranstaltungen am gleichen Abend stattfinden.

Hier müssen einige Dinge grundlegend geändert werden (siehe meine Anmerkungen oben), sonst macht das einfach keinen Sinn. Gut gemeint, ist halt leider auch nicht immer gut gemacht. Bei der nächsten Veranstaltung muss es in allen Belangen, wie einst in den 90ern, krachen, oder man lässt es besser wirklich ganz bleiben. Wirklich schade um die viele Mühe und den unbestrittenen Einsatz für die Sache, Sami Durak!

Bilder: Gernot Mangold + Joachim Hunke
Text: Daniel Daus

Rheinberger Bluesparty

Ten Years After – 03.11.2016, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

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Bericht und Bilder: Jörg Schneider

Endlich! Die Helden meiner Jugend treten fast 50 Jahre nach ihrer Gründung mal wieder in meiner alten Heimatstadt Dortmund auf. Diesmal im Musiktheater Piano, einer Location, die immer ein Garant für gute live Acts ist! Zuletzt hatte ich Alvin Lee mit seiner Truppe irgendwann Anfang der 80’er Jahre in der Dortmunder Westfalenhalle gesehen. Da mir das Konzert noch in bester Erinnerung war, hab ich mir natürlich sofort voller Neugier auf die neu formierte Band, eine der letzten Karten für den Gig am 3.11. im Piano besorgt. Die Fahrerei nach Dortmund war natürlich wieder eine Katastrophe, dennoch war ich eine Stunde vor Konzertbeginn da und konnte mir noch einen guten Platz direkt vor der Bühne sichern, dem Konzertgenuss und -shooting stand also nichts mehr im Wege.

Das aktuelle Line-up der Band besteht aus den beiden Gründungsmitgliedern Ric Lee (Schlagzeug), der nicht, wie vielfach fälschlicherweise angenommen, ein Bruder des 2013 viel zu früh verstorbenen Alvin Lee ist, und Chick Churchill (Keyboard). Den Bass bedient seit 2014 Colin Hodgkinson und Alvin Lee ersetzt nun Markus Bonfanti (Gitarre, Gesang und Harp). Auch bei den beiden Letztgenannten handelt es sich um musikalische Schwergewichte: Colin „Bomber“ Hodgkinson hat schon für Alexis Korner, Emerson, Lake & Palmer, Whitesnake, Chris Farlowe, Konstantin Wecker und sogar für Peter Maffay in die Saiten gegriffen. Auch Markus Bonfanti, zu dessen Vorbildern u. a. Jimmy Page zählt, kann auf eine lange Referenzliste mit z. B. Robert Cray, Jack Bruce, Beth Hart, John Mayall, Ginger Baker un, Eric Burdon verweisen. Genug Gründe also, das Konzert der Bluesrock-Urgesteine mit Spannung zu erwarten.

Pünktlich um 20 Uhr betraten die alten Herren dann unter lautem Beifall des Publikums, zu dem erstaunlicherweise auch zahlreiche junge Fans gehörten, die Bühne des wohl ausverkauften Musiktheater Piano und legten sofort mit dem seltener gespielten Klassiker „Sugar The Road“ von ihrem 1970’er Album „Cricklewood Green“ los. Was dann in den nächsten 90 Minuten folgte, war ein Feuerwerk vieler bekannter TYA-Hits aus den Jahren 1969 bis 1973, darunter u. a. auch die Songs „One Of These Days“, „Hear Me Calling“, „50000 Miles Beneath My Brain“, „Love Like A Man“, „I Say Yeah“ und „Good Morning Litte School Girl“. Ohne nennenswerte Pause und ohne Ermüdungserscheinungen rockten die alten Recken die insgesamt 15 Stücke ihrer Setliste mit beachtlicher Spielfreude.

Allen voran natürlich der im Vergleich zu den übrigen Bandmitgliedern noch vergleichsweise jugendliche neue Frontmann Markus Bonfanti. In der Mitte des Sets gab es dann den Titel „Colin’s Thing“, ein neuer Track offenbar extra von Colin Hodgkinson geschrieben. Mit einem minutenlangen Bass-Solo, an dessen Ende es tosenden Applaus gab, spielte er sich in die Herzen der Zuhörer. Auch Ric Lee kam zu seinem Recht und performte in „The Hobbit“ ein schier endlos scheinendes Schlagzeugsolo. Ric Lee hat’s trotz seiner 71 Jahre immer noch drauf und gehört noch lange nicht zum alten Eisen! Das Abschlussstück bildete dann, wie kann es anders sein, das legendäre „I’m Going Home“.

Das Publikum war aus dem Häuschen und feierte frenetisch mit, was Frontmann Markus Bonfanti zu sagen veranlasste, dass sie am liebsten nur noch in Dortmund spielen würden. Klar, dass die Band natürlich nicht ohne lautstarke „Zugabe-Rufe“ von der Bühne gehen konnte. So dauerte es dann auch nicht lang und die vier standen für zwei weitere Stücke auf der Bühne. Als Bonus gab es dann noch „I Woke Up This Morning“ und das rockige „Choo Choo Mama“.

Insgesamt klangen die neuen alten TYA natürlich nicht mehr ganz so wie vor 45 Jahren, aber immer noch TYA-typisch, was sicherlich auch dem exzellenten Bassspiel von Colin Hodgkinson und der Fingerfertigkeit von Markus Bonfanti an der Gitarre geschuldet ist. Den größten Unterschied macht aber eindeutig die Stimme des neuen Frontmanns Bonfanti. Seine Stimme ist rauer und live von der Tonlage eher eine Bassstimme, als eine Tenorstimme, wie sie Alvin Lee hatte.

Auch fehlten die teilweise Jazz-angehauchten und spacigen Einflüsse, die es früher bei TYA gab. Die Stücke klingen heute alle etwas rotziger und frecher, was durchaus nicht schlecht ist, aber eben ein wenig anders. Eingefleischten TYA-Fans fällt das natürlich sofort auf. Nichtsdestotrotz war es ein geiles Konzert mit junggebliebenen Bluesrock-Veteranen. So endete der Gig nach zwei vergnüglichen Stunden und entließ ein durchweg begeistertes Publikum in die Dortmunder Nacht. Herz, was willst Du mehr!

Line-up:
Markus Bonfanti (lead vocals, guitar, harp)
Chick Churchill (keys)
Colin Hodgkinson (bass)
Ric Lee (drums)

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Musiktheater Piano
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Davy Knowles – Three Miles From Avalon – CD-Review

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Der von der Isle of Man stammende, aber mittlerweile in Chicago lebende Davy Knowles hat mir, ob in Verbindung mit Back Door Slam oder, wie jetzt seit geraumer Zeit, komplett auf eigenen Füßen, schon immer richtig gut gefallen.

Sein exorbitant starkes, übrigens sich größtenteils selbst beigebrachtes Gitarrenspiel, seine Gabe, instrumentell anspruchsvolle und doch eingängige Songs, manchmal auch mit dezentem Southern-Touch, zu schreiben, und vor allem sein starker Gesang (in der Blues-/Blues Rock-Szene ja eher rar), konnten mich schon immer begeistern. Leider hatte ich bis dato nie die Gelegenheit, mal ein Review zu verfassen.

Bei seinem neuen, brandaktuellen Werk „Three Miles From Avalon“, habe ich die Gelegenheit, dann mal am Schopfe gepackt und um ein Rezensionsexemplar gebeten. Schon wenige Stunden später hatte mich der Protagonist, vorbildlicher Weise zu meiner großen Freude, eigens mit Files und den entsprechenden Credits versorgt.

Sein neues Album (übrigens sehr gelungenes, Linolschnitt-artiges Coverbild von Dan Georgopoulos) ist in guter, alter LP-Manier konzipiert. Jeweils eine A- und B-Seite mit vier Stücken, also insgesamt acht neue Tracks. Produziert, als ein echtes Klangerlebnis, hat Davy in Zusammenarbeit mit Anthony Gravino, der auch noch im Background singt und Percussionarbeit mitleistete.

Der erst 29-jährige tritt mit dem satten Opener „Ain’t Much Of Nothin’“ direkt vehement aufs Gaspedal. Hört sich an, als wenn er Acts wie Bad Company (Davy mit Paul Rodgers-Timbre in der Stimme), Rory Gallagher und Whitesnake zu einer Session um sich versammelt hätte. Tolles Stück!

Das herrlich rhythmisch groovende „What You’re Made Of“ erhält durch die starken Backgroundvocals des Chicagoer Damen Trios ‚The Oh Yeahs‘ einen gewissen Southern-Esprit. Als weitere Musiker sind übrigens noch Bryan Doherty (bass guitar, vocals), Michael Caskey (drums), Meghann Wilkinson (additional Percussion) und Andrew Toombs (Wurlitzer, hammond organ) mit vertreten.

Gerade letztgenannter Andrew Toombs, weiß mit seinem filigranen Tastenspiel neben Knowles die auffälligsten Akzente zu setzen, wie auch beim nachfolgenden wunderschönen Slow Blues „Falling Apart“ (herrlich das grandiose Finale mit raunzender Orgel und übergelegtem quirligen E-Gitarrenspiel). Der Slide-bestückte Stampfer „Never Gonna Be The Same“ beendet eine furiose A-Seite.

“Gov’t Row” mit zwei starken E-Soli wie auch das Southern-gospelige „Oxford, Ms“ (A-capella Intro mit Handclaps, unterschwelliger Delta Blues-Touch), das atmosphärische und von leichter Melancholie umwehte Titelstück „Three Miles From Avalon“ sind dann die starken Vorboten für das absolute Highlight und abschließende Finale: “What In The World“, eine Willie Dixon-Nummer, ein regelrechter ‚Mörder-Slow Blues‘.

Das Stück erinnert mich in seiner Art an verwandte Songs wie Claptons „Double Trouble“, „Old Love“ oder „Same Old Blues“ und auch andere Klassiker wie „Thrill Is Gone“ oder „Blue Jean Blues“. 12 Minuten vom Feinsten mit ausgiebigen Killer-Soli von Toombs und Davy. Jedes weitere Lied hätte danach nur verlieren können, somit die richtige Entscheidung, das Werk hier und jetzt zu beenden und den überwältigten Zuhörer in seiner Ehrfurcht zu belassen.

Davy Knowles „Three Miles From Avalon“ bietet modernen Blues Rock in nahezuer Perfektion. Die knapp vierzig Minuten vergehen wie im Fluge. Der gebürtige Brite hat auch ein Southern Rock-Magazin wie unseres, voll in seinen Bann gezogen. Großes Kino! Demnach ein absoluter Pflichtkauf für Rockmusik-Liebhaber aller Coleurs! Ach ja lieber Davy, wann dürfen wir dich denn eigentlich mal in Deutschland auf den einschlägigen Bühnen des Genres begrüßen?

WYAN (2016)
Stil: Blues Rock

01. Ain’t Much Of Nothin‘
02. What You’re Made Of
03. Falling Apart
04. Never Gonna Be The Same
05. Gov’t Row
06. Oxford, Ms
07. Three Miles From Avalon
08. What In The World

Davy Knowles
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