Joanna Connor – 30.06.2022 – to hoop, Rheinberg – Konzertbericht

Sami Durak ist es gelungen mit Joanna Connor ein besonderes Highlight in den Rheinberger Stadtteil Alpsray ins to hoop zu locken. Bei der Ansage war sein Stolz zu spüren, als er daran erinnerte, dass Connor vor etwa 30 Jahren in einer der legendären Rheinberger Blues Nächte mit Canned Heat als Top Act aufgetreten war.

Mit viel Applaus wurde die Band von den etwa 80 Fans begrüßt, die den Weg an einem schwül-warmen Mittwochabend nach Alpsray angetreten hatten. Schon beim Opener, dem Instrumental „Cissy Strut“ konnten alle Musiker der Band ihre Qualität in Soloeinlagen zeigen, was sich auch durch beide Sets des Abends zog. Immer wieder zog sich Connor aus dem Vordergrund zurück und überließ ihrer jungen Begleitband die Bühne um deren Treiben lächelnd und applaudierend zu folgen.

Insbesondere Bassist Shaun Gotti Calloway konnte in mehreren, zum Teil mehrminütigen Soli zur Schau stellen, was so aus einem Bass alles herauszuholen ist. Aber auch der junge Keyboarder Daniel Souvigny zeigte, dass er sowohl an den Keyboard als auch an der Hammond Orgel ein Meister seines Fachs ist, was er einmal mit der Untermalung der Songs und in quirligen Soli zeigte.

Last but not least sein Drummer Jason Jroc Edwards in seinem AC/DC-T-Shirt genannt. Wuchtige Drumarbeit und dezente Begleitung wechselten sich ab und beim Bill Withers-Cover „Ain`t No Sunshine“ übernahm er sogar passend mit seiner weichen Stimme den Leadgesang.

Joanna Connor war trotz der Reisestrapazen mit 4 verschiedenen Fliegern aus den Staaten bestens aufgelegt und offenbarte, warum sie zu den besten Bluesgitarristinnen zählt. In mehreren jammenden Zwischenparts ließ sie ihrer spielerische Vielfalt freien Lauf und war auch stimmlich bestens aufgelegt.

Aus den beiden Sets, wo die eigenen Songs durch feine Coverversionen wie z. B. „Going Down“ oder „I Just Want To Make Love To You“ abgelöst wurden, ragten für mich die harte Bluesnummer „Magic Sam Boogie“,  die irgendwo zwischen Canned Heat und ZZ Top pendelte und die Zugabe „When The Levee Breaks“ heraus, wo sich die Band noch einmal jammend richtig austoben konnte. Unter den stehenden Ovationen wurde das Konzert beendet, welches insbesondere bei den letzten Songs einige Fans zum Mittanzen animierte und damit für eine tolle Stimmung gesorgt wurde.

Im Anschluss betrat ein sichtlich gerührter Sami Durak noch einmal die Bühne und bedankte sich bei der Band aber auch bei den Fans für diesen tollen Musikabend im to hoop und machte schon einige interessante Ankündigungen für den Sommer und Herbst. 

Das einzige, was mich persönlich an dem Abend störte, war das für mich respektlose Verhalten einiger Besucher gegenüber den Musikern, aber auch den anderen Gästen gegenüber, die zuweilen schon fast auf der Bühne stehend, das Handy mit ausgestreckten Arm den Musikern beinahe unter die Nase hielten. Es ist mit Sicherheit auch möglich, dezenter Erinnerungsbilder zu machen.

Line-up:
Joanna Connor – guitars, lead vocals
Shaun Gotti Calloway – bass
Jason Jroc Edwards – drums
Daniel Souvigny – keyboards

Text und Bilder: Gernot Mangold

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Rheinberger Bluesparty – 05.11.2016, Rheinberg, Stadthalle – Festivalbericht

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Ich muss, ehrlich gesagt, gestehen, dass ich schon mit leichten Magenschmerzen in die, von mir, nur zwei Minuten Fußweg entfernte schmucke Rheinberger Stadthalle zur Bluesparty (darf sich jetzt übrigens auch Niederrhein Blues-Festival nennen) gegangen bin. Zum einen angesichts des ziemlich hohen Arbeitsvolumens (CD-Reviews, Konzertberichte), das in Sounds Of South im Moment ansteht (am Abend zuvor hatten wir auch schon ein Konzert besucht), zum anderen  wegen des angekündigten Gesamt-Line-ups, das selbst mir, als Musikmensch mit recht großem Horizont, eher trotzdem fast als eine Art Wundertüte daherkam.

Kollege Gernot war aber im Vorfeld der Meinung, dass wir als Magazin aus Rheinberg in jedem Fall berichten sollten, auch wenn unser Fokus dem Blues-Genre ja eigentlich nur indirekt verbunden ist. Da mir das letzte Festival, in seiner liebe- und mühevollen Aufmachung, mit charmanter Moderation und auch den damalig vertretenen Bands (u. a. Layla Zoe) ganz gut gefallen hatte (es fehlten hier eigentlich nur der Bürgermeister und mehr Zuschauer…), und dieser Event auch quasi die Initialzündung für Gernots und meine toll funktionierende Zusammenarbeit gewesen war, ließ ich mich dann doch darauf ein.

Ich hatte im Gespräch bei und nach der letztjährigen Veranstaltung, sowie neulich beim Risager-Gig, Sami Durak  nahegelegt, beim Nachfolger deutlich früher und intensiver zu werben, als auch zumindest mal wenigstens ein richtiges Zugpferd zu verpflichten (z. B. King King, Beth Hart – die ist gerade in der Nähe und macht die Tage die Essener Lichtburg mit 1200 Zuschauern mal locker alleine voll), das zum Einen minimum schon 400-500 Leute alleine zieht und auch zu später Stunde noch bei Laune halten kann. Zur Schonung des Budgets könnte man vielleicht dazu zwei u. U. (eher lokale) Acts mit kürzeren Spielzeiten, die evtl. auch ein jüngeres Publikum mal ansprechen (falls das im Genre möglich ist…), als Vorgruppen präsentieren. Vielleicht als Idee, die in der Berkastadt beliebten Zauberlehrlinge z. B. mal fragen, ob die nicht Lust hätten, ein Blues (Rock)-Programm einzuspielen.

Sami ließ sich, nach meinem Eindruck, allerdings auch diesmal (ich hoffe, dass ich ihm nicht Unrecht tue) wieder, allen Unkenrufen zum Trotz, mehr von seinen persönlichen Präferenzen leiten und gab dann zwar renommierten, aber doch, für solch eine lange Veranstaltung, eher schwierigen Interpreten den Vorzug.

Die Halle wirkte mit knapp 250 – max. 300 Leuten (würde ich mal schätzen, die Logen waren voll) zumindest anfangs trotz großzügiger Lücken optisch einigermaßen befüllt. Es waren jedenfalls ein paar mehr als bei der Vorveranstaltung.

Den Einstieg machten „The Orange Whips“, eine Art Blues Brothers Revival Band, die zu schlecht klingendem Halb-Playback, ein paar Hits der Marke „Soul Man“, „Everybody Needs Somebody“, „Jailhouse Rock“ oder „Gimme Some Lovin'“ der berühmten Brüder sangen und dazu ein paar Faxen machten. Mit viel Wohlwollen erhalten sie dafür von uns das Prädikat ‚gewöhnungsbedürftig‘.

Harp-Spezialist Big Pete, alias Pieter van der Pluijm (dafür aber ein eher schwacher Sänger) und seine Mannen Sander Kooiman, Erkan Özdemir sowie dem kauzigen Drummer-Urgestein Willy Maes, hatten ihre aktuelle Live-CD „Live At BluesNow!“ im Gepäck. Sie präsentierten den Blues in all seinen Facetten von retro/traditional, groovig, slow bis rockig, wobei Petes Harp-Spiel und Kooimans ausgedehnte E-Soli im Vordergrund standen. Am Ende bewies der, auf die Siebzig zugehende Maes mit einem Schlagzeug-Solo, seine immer noch vorhandene Vitalität. Insgesamt eine akzeptable Vorstellung für den gediegenen Blues-Freund (der ja meist eigentlich akademisch bewandert und demnach politisch der wilden und aufmüpfigen 68er-Generation zugeneigt ist, es aber in Sachen Musik gerne schön traditionell und überschaubar hat…), aber auch eher eine Truppe für kleine rauchige Clubs.

Mein o. a. metaphorisches Magengrummeln war scheinbar in eine virale Form mutiert und auf den bis dato fleißig fotografierenden Kollegen Gernot übergegangen, der musste nämlich plötzlich aufgrund echter Probleme passen (Scherz beiseite, seine tatsächlich kranke Tochter schien ihn angesteckt zu haben) und das Festival vorzeitig verlassen. Zum Glück war sein Blues- und auch Foto-affiner Kumpel Joachim Hunke zur Stelle, der dann das Vergnügen hatte, sich an Gernots Multi-Objektiv-Equipment samt Kamera versuchen zu dürfen. Vielen Dank hier für die spontane und unkonventionelle Mithilfe.

Tom Vieth & Co. spielten zwischenzeitlich wieder, wie zuletzt, in den Umbaupausen im Foyer.

Diverse Altersstufen höher bewegte sich dann die nächste Protagonistin, Janice Harrington, die mit Martin Hötte (guitar), Daniel Sok (keys), Frank Mellies (drums) und Jochen Eminger (bass), alias Still A Fool, eine kurzfristig zusammengestellte Begleitband, zur Seite hatte. Man konnte erst tags zuvor mit dem Proben beginnen. Die 74-jährige präsentierte eigene Songs und Covernummern  wie „A Million Dollar Secret“, „Seven Days A Week Man Blues“, „Magic“, „C.C. Rider“ und als Zugabe den abgehangenen Schinken „Route 66“.

Die vierfach-verheiratete Grand Dame erteilte dabei zwischendurch Lebensratschläge an die im Auditorium versammelte Damenschaft. Respekt aber für ihre Leistung in diesem Alter, auch wenn ich mir den Kommentar, dass sie wohl eher meinen 84 Lenze zählenden Vater begeistert hätte, gegenüber Joachim nicht verkneifen konnte. Sein schlagfertiger Kommentar: „Wie, steht der etwa auf jüngere Frauen?“

Die Halle hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits merklich ausgedünnt. Nach einer weiteren Vieth-Performance war die Bühne für den eigentlichen Star des Abends, Zed Mitchell (& Special Guest) recht fix hergestellt, der seine Gitarrenkünste ja bereits für Größen wie u. a. Pink Floyd, Phil Collins (mit dem hatte Zed sogar ein wenig Ähnlichkeit) oder Eros Ramazotti in den Dienst stellen durfte, allerdings als Solo-Interpret eher ein unbeschriebens Blatt ist.

Es war dann klar der beste Act, seine Fingerfertigkeit an der E-Gitarre war schon beeindruckend. Auch sein mitspielender Sohn Ted, hat die Fähigkeiten seines alten Herren weitervererbt bekommen und ließ ebenfalls das eine oder andere tolle Solo vom Stapel. Als Special Guest sorgte dann noch Tosho Todorovic von der Blues Company für weitere Gitarren-Power (fast im Dreier-typischen Southern-Stil) und besseren Lead-Gesang („Everyday I Have The Blues“, „Cold Rain“, „Messin‘ With The Kid“) .

Das Problem hier, beide Mitchells sind eher blasse Fronter und auch keine charismatischen Shouter, die ein Publikum mitreißen können. Die Tracks aus Zeds CDs wie „Game Is On“, „Autumn in Berlin“ oder „Springtime in Paris“  waren trotz ‚Tristesse in Rheinberg‘ anspruchsvoll instrumentiert, aber fast ohne Widererkennungswert (mein Highlight war der grandiose Slow Blues „River Minus Water“), sodass am Ende vielleicht noch 50 Leutchen (inkl. Personal) ihrem Treiben bis zum Ende (ohne Zugabe) beiwohnten. Fand ich, ehrlich gesagt, egal wie einem der Abend gefiel, schon ein bisschen respektlos gegenüber diesem renommierten Künstler und auch Sami Durak gegenüber, der ja viel Herzblut und Arbeit in dieses Projekt investiert hat.

Dem blieb am Ende nicht viel mehr übrig, als, wie ein bedröppelter Hund, die paar Verbliebenen (inkl. mir und Joachim) recht kleinlaut und sichtlich enttäuscht zu verabschieden.

Fazit, die ungeschminkte Wahrheit lautet: Die Rheinberger Bluesparty ist in solchen Konstellationen und dieser Größendimension nicht praktikabel. Man ist hier nicht in Plön am See, irgendwo in der norddeutschen Wallachei, sondern in einem Einzugsgebiet, wo vermutlich parallel 500 schnell zu ereichende kulturelle Konkurrenzveranstaltungen am gleichen Abend stattfinden.

Hier müssen einige Dinge grundlegend geändert werden (siehe meine Anmerkungen oben), sonst macht das einfach keinen Sinn. Gut gemeint, ist halt leider auch nicht immer gut gemacht. Bei der nächsten Veranstaltung muss es in allen Belangen, wie einst in den 90ern, krachen, oder man lässt es besser wirklich ganz bleiben. Wirklich schade um die viele Mühe und den unbestrittenen Einsatz für die Sache, Sami Durak!

Bilder: Gernot Mangold + Joachim Hunke
Text: Daniel Daus

Rheinberger Bluesparty