Todor ‚Tosho‘ Todorovic (Blues Company) – Interview

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Anmerkung: Das Interview entstand in Zusammenarbeit der beiden befreundeten Magazine Bluesmagazine Niederlande (www.bluesmagazine.nl) und Sounds Of South.

Vor dem Konzert der ältesten deutschen Bluesband (44 Jahre) Blues Company im Musiktheater Piano in Dortmund, ergab sich die Gelegenheit, ein Interview mit Bandleader Todor ‚Tosho‘ Todorovic zu führen. Sämtliche Alben dieser Band sind im Bluesmagazine rezensiert worden und bekamen sehr gute Kritiken. Nach dem sehr freundlichen Empfang von Jenny Dore vom Piano ging es Backstage, wo ein sehr gut gelaunter Todor sich alle Zeit für uns nahm und dafür sogar das bereitgestellte Buffet warten ließ.

BM/SoS: Blues Company ist als die älteste Bluesband Deutschlands bekannt. Wann habt ihr angefangen Musik zu machen?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: 1976 haben Pianist Christian Rannenberg und ich die Band in Osnabrück gegründet. Wir waren sehr interessiert am Blues und entschieden uns eine Bluesband zu gründen. Osnabrück ist bekannt als Hauptstadt des Friedens aber auch als Hauptstadt des Blues in Deutschland! Viele bekannte Bluesmusiker kommen aus Osnabrück oder wohnen in der Gegend z.B. Kai Strauss, Tommy Schneller, The Bluesanovas, Christian Rannenberg und ich selbst. Montagsabends sind oft Bluesjamsessions in der Lagerhalle in Osnabrück, wo sich viele Bluesmusiker treffen, wirklich toll. Letzte Woche war ich auch noch dabei.

BM/SoS: Wie bist du zur Musik und Blues gekommen?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Meine Familie kommt aus dem ehemaligen Jugoslawien, und die ‘Balkanmusik’ war mein erster Kontakt mit Musik, obwohl ich in Deutschland geboren bin. Mein Vater war Chorleiter in der orthodoxen Kirche, die ganze Familie war im Kirchenchor und ab meinem sechsten/siebten Lebensjahr sang ich im Chor, mehrstimmig und ohne Noten. Mit ungefähr neun Jahren fing ich an die akustische Gitarre zu spielen und mit fünfzehn elektrische Gitarre. Einmal in der Woche bekam ich Unterricht von Nicolai Witsch Avri Bashew. In einer Band spielte ich zunächst jugoslawische Folksmusik mit Gitarre, viel Jazz und Swing, Dixieland und Trompeten. Ich erinnere mich an eine Zeit mit schwierigen Akkorden, Schnaps und Rauchen. Mit fünfzehn hörte ich das grandiose Album von B. B. King „Live At The Regal“ und das haute mich um! Ich fing an, ihn und andere Bluesmusiker, nach zu spielen, aber auch Folk Blues von z. B. Sonny Terry und Brownie McGhee. Das war der Bluesanfang für mich.

BM/SoS: Die Blues Company gibt es seit 44 Jahren, es hat bestimmt viel Wechsel in der Besetzung gegeben?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Nicht viele, wir hatten und haben viele langjährige Bandmitglieder. Mike Titre ist schon seit 1980 dabei, Florian Schaube seit 2000 und Arnold Ogrodnik für immerhin 10 Jahre.

BM/SoS: Wie schreibt ihr eure Songs? Erst den Text und dann die Musik, Melodie oder umgekehrt?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Als erstes schreiben Mike und ich den Text. Mike ist Engländer, also ist in Englisch schreiben für uns kein Problem. Wir suchen ein Thema, eine Idee und eine Hookline. Wir wollen eine Story erzählen, die realistisch ist und keine Erfindung. Wenn der Text fertig ist, kommen Bass und Schlagzeug dazu und dann Bläser und eventuell Backgroundsängerinnen. Wir üben, machen ein Demo und gehen dann ab ins Studio. Für unser neues Album sind schon 20 Stücke aufgenommen. Einer der Songs hat mit Corona zu tun: „I Need A New Job“. Das sagt doch alles….

BM/SoS: Jetzt wo du Corona angedeutet hast, was hat das alles mit dir gemacht? Keine Shows, Unsicherheit, kein Einkommen. Stimmt es, das viele Musiker oder Leute, die in der Musikbranche arbeiten, sich einen Nebenjob suchen müssen?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Es war und ist ein Drama. Ich hatte große Probleme, konnte keine Musik machen, keine Auftritte, nicht zusammen üben. Neben der Blues Company spiele ich in einer Hobbyband, die mehr auf Jazz und Pop gerichtet ist. Im Durchschnitt übte ich vier Mal in der Woche und dann auf einmal nichts. Das erste Mal in 50 Jahren hatte ich kein Ziel. Aber so langsam geht es ein bisschen besser, wir üben wieder und heute Abend ist für uns die erste Show seit März! Wir haben wieder eine Motivation. Finanziell habe ich weniger Probleme als viele meiner Kollegen. Ich habe an der Musik-Hochschule in Osnabrück Unterricht gegeben und habe eine Rente. Mittlerweile bin ich auch fast siebzig Jahre alt, habe aber immer noch Spaß und einiges vor mit der Band. Ich unterrichtete Bandcoaching und habe mit Kollegen an der Hochschule eine neue Abteilung gegründet, die sich mit Rock, Pop, Jazz und Blues beschäftigt. Ich unterrichte noch einen Tag in der Woche Musikschüler. Ich muss immer was zu tun haben. Wir spielen, weil wir es wollen, nicht weil wir müssen, was natürlich sehr angenehm ist!!

BM/SoS: Ihr habt in vielen (ich glaube vierzehn) Ländern gespielt, welches Land war etwas Besonderes?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Ohne Zweifel Russland! Russland ist ein Paradies für Künstler. Man merkt das Kultur dort sehr wichtig ist. Artisten und Musiker sind sehr hoch angesehen, anders als hier in West-Europa. Als Gitarrist konnte ich bei Konzerten manchmal aus siebzehn Fender-Verstärker wählen!! Hotels, Essen, Transport, Sound alles ist hervorragend geregelt. Man will auch noch deine Koffer tragen. Es gibt dort auch eine sehr gute Jazz- und Bluesszene. In Moskau steht ein Gebäude mit zwei Klubs: ein Blues- und ein Jazzklub und jeder fasst 600 Personen. Jeden Abend spielt eine Band mit Vorprogram und der Laden ist voll. Hier undenkbar.

BM/SoS: Die Blues Company hat in all den Jahren viele Alben veröffentlicht. Ich glaube es sind über zwanzig. Jeden Monat kaufe ich das Magazine AUDIO und oft ist eine audiofiele Bonus-CD dabei. Das erste Mal, dass ich eure Musik hörte war vor Jahren auf so einem Album. Ist die Aufnahmequalität besonders wichtig für euch?
Todor ‚Tosho‘ Todorovic: Wir machen unsere Aufnahmen immer in sehr guten Studios im Kreis Osnabrück und nehmen uns die nötige Zeit. Wir können dann zu Hause schlafen und sind wieder topfit am nächsten Tag. Leider ist der Eigentümer von einem Studio in Osnabrück gestorben, wo wir viel aufnahmen. Deshalb haben wir das Studio gewechselt. Das neue Album ist in Bad Iburg aufgenommen. Wir haben nicht nur Bluesfans sondern auch audiophile Fans (mit einem Schmunzeln)! Wir versuchen die Aufnahmen so lange wie möglich dauern zu lassen, weil Mike Titre unfassbar gut kochen kann und wir es so länger genießen können. Seit 30 Jahren sind wir bei der Plattenfirma In-Akustik und im Vertrag steht, dass wir jedes zweite Jahr ein Album machen müssen. Durch Corona konnten wir jetzt zunächst nicht ins Studio und keine Aufnahmen machen. Das nächste Werk nun wird Ende 2021/Anfang 2022 veröffentlicht, wenn es nach Plan läuft. Wir wollen im November ein Livealbum, mit Songs, die wir live mitgeschnitten haben, veröffentlichen. Es kann doch noch was passieren – auch zu Zeiten von Corona.

BM/SoS: Vielen Dank für die Zeit, die du dir für uns genommen hast und das angenehme Gespräch mit vielen Anekdoten Todor ‘Toscho’ Todorovic.

Interview: André Wittebroek (bluesmagazine.nl)
Bilder: Gernot Mangold

Blues Company
Bluesmagazine Niederlande
Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Blues Company – 11.09.2020, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

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Anmerkung: Der Konzertbericht entstand in Zusammenarbeit der beiden befreundeten Magazine Bluesmagazine Niederlande (www.bluesmagazine.nl) und Sounds Of South.

An diesem Freitagabend gab es wieder das erste Livekonzert im Piano und auch für die Blues Company war es die Premiere seit dem Corona-Lockdown. Schon beim ersten Song ist die Freude bei Band und Publikum zu spüren. Alle Anwesenden hatten Live-Musik in der beliebten Lütgendortmunder Location vermisst. Das Team vom Piano hatte alles nach den vorgegebenen Hygieneregeln organisiert und umgesetzt: Saal bestuhlt, Getränke wurden zum Sitzplatz gebracht, für ausreichend Handgel und Mundschutz war gesorgt. Kompliment ans Pianoteam!

Genau um halb neun begann das Quartett mit dem instrumentell performten, Uptempo-Shuffle „Middlename“. Man erkannte sofort, dass hier eine eingespielte solide Band mit ausgezeichneten Musikern auftrat. Der Sound ist großartig und differenziert ausgesteuert. Auf den Alben sind oft Bläser und Backgroundsängerinnen dabei, aber an diesem Abend spielte die Basisband. Gitarrist und Sänger Todor ‘Toscho’ Todorovic glänzt mit einer harmonischen, angenehmen Stimme und sein Gitarrenspiel ist auf dem Punkt gebracht. Jeder Ton stimmt.

Gitarrist und Sänger Mike Titre hat eine volle, warme und tiefere Stimme und spielt auch Slidegitarre im „Walking Blues“, während Todor sich eine Auszeit nimmt und die Bühne seinen Mitstreitern überlässt. Zudem glänzt er mit schönem, nicht zu aufdringlichen Harmonicaspiel, beispielsweise in „Riot“. Bassist Arnold Ogrodniks Auftritt ist solide und er wechselt in manchen Songs („Almost“) zu den Keyboards, wobei Mike hier stellvertretend den Bass übernahm. Florian Schaube bearbeitet sein Schlagzeug mit einem tollen Groove. Eine exzellente Rhythmusgruppe, bei der man merkt, dass es sich um studierte Musiker handelt! Hut ab.

Es wurden mehr als zwanzig Tracks gespielt, in denen sich alle Stile des Blues wiederfanden: Instrumental Blues („Middleman“& „Albatros“), funky Blues („Big Legged Woman“ & „Move To The Groove“), Swampblues („Blues Been Good To Me“), Groovy („Blue And Lonesome“& „One Short“), Slowblues („Blues Is A Feeling“), Boogie, Swing („Hey Little Girl“& „Fool“), Jazzy („Brother Where Are You“) Bluesrock („Riot“, „Almost,The Blues Is Allright“) und Slide („Walking Blues“). Als Zugabe legte die Band ein Medley mit Sachen wie u.a. „Hide Away“, „Johnny Be Good“, „Gangster Of Love“ und „The River“ nach.

Zwischen den Liedern erzählte Todor immer etwas über den folgenden Song. So nennt er „Red Blood“ einen Kriegsblues. Geschrieben über den Krieg in Ex-Jugoslawien ist der Text leider noch immer sehr aktuell. Anlässlich der Wahlen in Nordrhein-Westfalen, erinnerte er an Politiker diverser Parteien, die sich weigern, Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager Moria in Griechenland aufzunehmen. Man solle doch überlegen, wen man in einem offenen Land wählt. Auch das ist BLUES….

Nach mehr als zwei Stunden endete dieses großartige, intensive Konzert, bei dem Spiellaune und die Interaktion zwischen Band und Publikum jederzeit im Mittelpunkt standen. Ein herrlicher Bluesabend nahm so ein würdiges Ende und die Bluesfans, die dem Hygienekonzept des Piano vertraut hatten, haben ihr Kommen mit Sicherheit nicht bereut.

Bluesmagazine und Sounds Of South bedanken sich bei Jenny Dore und ihrem Team (von der Bedienung bis zum Soundtechniker) vom Piano für den gewohnt freundlichen Empfang und den sehr schönen Abend. Es bleibt zu hoffen, dass bei den nächsten Konzerten noch mehr Besucher den Weg ins Piano finden werden, wo, wie bereits oben angeführt, alles getan wird, um ein Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten.

Line-up:
Todor ‚Tosho‘ Todorovic – Lead vocals, guitar
Mike Titre – (slide) guitar. vocals, harp
Arnold Ogrodnik – bass, keys
Florian Schaube – drums

Interview: André Wittebroek (bluesmagazine.nl)
Bilder: Gernot Mangold

Blues Company
Bluesmagazine Niederlande
Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Rheinberger Bluesparty – 05.11.2016, Rheinberg, Stadthalle – Festivalbericht

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Ich muss, ehrlich gesagt, gestehen, dass ich schon mit leichten Magenschmerzen in die, von mir, nur zwei Minuten Fußweg entfernte schmucke Rheinberger Stadthalle zur Bluesparty (darf sich jetzt übrigens auch Niederrhein Blues-Festival nennen) gegangen bin. Zum einen angesichts des ziemlich hohen Arbeitsvolumens (CD-Reviews, Konzertberichte), das in Sounds Of South im Moment ansteht (am Abend zuvor hatten wir auch schon ein Konzert besucht), zum anderen  wegen des angekündigten Gesamt-Line-ups, das selbst mir, als Musikmensch mit recht großem Horizont, eher trotzdem fast als eine Art Wundertüte daherkam.

Kollege Gernot war aber im Vorfeld der Meinung, dass wir als Magazin aus Rheinberg in jedem Fall berichten sollten, auch wenn unser Fokus dem Blues-Genre ja eigentlich nur indirekt verbunden ist. Da mir das letzte Festival, in seiner liebe- und mühevollen Aufmachung, mit charmanter Moderation und auch den damalig vertretenen Bands (u. a. Layla Zoe) ganz gut gefallen hatte (es fehlten hier eigentlich nur der Bürgermeister und mehr Zuschauer…), und dieser Event auch quasi die Initialzündung für Gernots und meine toll funktionierende Zusammenarbeit gewesen war, ließ ich mich dann doch darauf ein.

Ich hatte im Gespräch bei und nach der letztjährigen Veranstaltung, sowie neulich beim Risager-Gig, Sami Durak  nahegelegt, beim Nachfolger deutlich früher und intensiver zu werben, als auch zumindest mal wenigstens ein richtiges Zugpferd zu verpflichten (z. B. King King, Beth Hart – die ist gerade in der Nähe und macht die Tage die Essener Lichtburg mit 1200 Zuschauern mal locker alleine voll), das zum Einen minimum schon 400-500 Leute alleine zieht und auch zu später Stunde noch bei Laune halten kann. Zur Schonung des Budgets könnte man vielleicht dazu zwei u. U. (eher lokale) Acts mit kürzeren Spielzeiten, die evtl. auch ein jüngeres Publikum mal ansprechen (falls das im Genre möglich ist…), als Vorgruppen präsentieren. Vielleicht als Idee, die in der Berkastadt beliebten Zauberlehrlinge z. B. mal fragen, ob die nicht Lust hätten, ein Blues (Rock)-Programm einzuspielen.

Sami ließ sich, nach meinem Eindruck, allerdings auch diesmal (ich hoffe, dass ich ihm nicht Unrecht tue) wieder, allen Unkenrufen zum Trotz, mehr von seinen persönlichen Präferenzen leiten und gab dann zwar renommierten, aber doch, für solch eine lange Veranstaltung, eher schwierigen Interpreten den Vorzug.

Die Halle wirkte mit knapp 250 – max. 300 Leuten (würde ich mal schätzen, die Logen waren voll) zumindest anfangs trotz großzügiger Lücken optisch einigermaßen befüllt. Es waren jedenfalls ein paar mehr als bei der Vorveranstaltung.

Den Einstieg machten „The Orange Whips“, eine Art Blues Brothers Revival Band, die zu schlecht klingendem Halb-Playback, ein paar Hits der Marke „Soul Man“, „Everybody Needs Somebody“, „Jailhouse Rock“ oder „Gimme Some Lovin'“ der berühmten Brüder sangen und dazu ein paar Faxen machten. Mit viel Wohlwollen erhalten sie dafür von uns das Prädikat ‚gewöhnungsbedürftig‘.

Harp-Spezialist Big Pete, alias Pieter van der Pluijm (dafür aber ein eher schwacher Sänger) und seine Mannen Sander Kooiman, Erkan Özdemir sowie dem kauzigen Drummer-Urgestein Willy Maes, hatten ihre aktuelle Live-CD „Live At BluesNow!“ im Gepäck. Sie präsentierten den Blues in all seinen Facetten von retro/traditional, groovig, slow bis rockig, wobei Petes Harp-Spiel und Kooimans ausgedehnte E-Soli im Vordergrund standen. Am Ende bewies der, auf die Siebzig zugehende Maes mit einem Schlagzeug-Solo, seine immer noch vorhandene Vitalität. Insgesamt eine akzeptable Vorstellung für den gediegenen Blues-Freund (der ja meist eigentlich akademisch bewandert und demnach politisch der wilden und aufmüpfigen 68er-Generation zugeneigt ist, es aber in Sachen Musik gerne schön traditionell und überschaubar hat…), aber auch eher eine Truppe für kleine rauchige Clubs.

Mein o. a. metaphorisches Magengrummeln war scheinbar in eine virale Form mutiert und auf den bis dato fleißig fotografierenden Kollegen Gernot übergegangen, der musste nämlich plötzlich aufgrund echter Probleme passen (Scherz beiseite, seine tatsächlich kranke Tochter schien ihn angesteckt zu haben) und das Festival vorzeitig verlassen. Zum Glück war sein Blues- und auch Foto-affiner Kumpel Joachim Hunke zur Stelle, der dann das Vergnügen hatte, sich an Gernots Multi-Objektiv-Equipment samt Kamera versuchen zu dürfen. Vielen Dank hier für die spontane und unkonventionelle Mithilfe.

Tom Vieth & Co. spielten zwischenzeitlich wieder, wie zuletzt, in den Umbaupausen im Foyer.

Diverse Altersstufen höher bewegte sich dann die nächste Protagonistin, Janice Harrington, die mit Martin Hötte (guitar), Daniel Sok (keys), Frank Mellies (drums) und Jochen Eminger (bass), alias Still A Fool, eine kurzfristig zusammengestellte Begleitband, zur Seite hatte. Man konnte erst tags zuvor mit dem Proben beginnen. Die 74-jährige präsentierte eigene Songs und Covernummern  wie „A Million Dollar Secret“, „Seven Days A Week Man Blues“, „Magic“, „C.C. Rider“ und als Zugabe den abgehangenen Schinken „Route 66“.

Die vierfach-verheiratete Grand Dame erteilte dabei zwischendurch Lebensratschläge an die im Auditorium versammelte Damenschaft. Respekt aber für ihre Leistung in diesem Alter, auch wenn ich mir den Kommentar, dass sie wohl eher meinen 84 Lenze zählenden Vater begeistert hätte, gegenüber Joachim nicht verkneifen konnte. Sein schlagfertiger Kommentar: „Wie, steht der etwa auf jüngere Frauen?“

Die Halle hatte sich zu dem Zeitpunkt bereits merklich ausgedünnt. Nach einer weiteren Vieth-Performance war die Bühne für den eigentlichen Star des Abends, Zed Mitchell (& Special Guest) recht fix hergestellt, der seine Gitarrenkünste ja bereits für Größen wie u. a. Pink Floyd, Phil Collins (mit dem hatte Zed sogar ein wenig Ähnlichkeit) oder Eros Ramazotti in den Dienst stellen durfte, allerdings als Solo-Interpret eher ein unbeschriebens Blatt ist.

Es war dann klar der beste Act, seine Fingerfertigkeit an der E-Gitarre war schon beeindruckend. Auch sein mitspielender Sohn Ted, hat die Fähigkeiten seines alten Herren weitervererbt bekommen und ließ ebenfalls das eine oder andere tolle Solo vom Stapel. Als Special Guest sorgte dann noch Tosho Todorovic von der Blues Company für weitere Gitarren-Power (fast im Dreier-typischen Southern-Stil) und besseren Lead-Gesang („Everyday I Have The Blues“, „Cold Rain“, „Messin‘ With The Kid“) .

Das Problem hier, beide Mitchells sind eher blasse Fronter und auch keine charismatischen Shouter, die ein Publikum mitreißen können. Die Tracks aus Zeds CDs wie „Game Is On“, „Autumn in Berlin“ oder „Springtime in Paris“  waren trotz ‚Tristesse in Rheinberg‘ anspruchsvoll instrumentiert, aber fast ohne Widererkennungswert (mein Highlight war der grandiose Slow Blues „River Minus Water“), sodass am Ende vielleicht noch 50 Leutchen (inkl. Personal) ihrem Treiben bis zum Ende (ohne Zugabe) beiwohnten. Fand ich, ehrlich gesagt, egal wie einem der Abend gefiel, schon ein bisschen respektlos gegenüber diesem renommierten Künstler und auch Sami Durak gegenüber, der ja viel Herzblut und Arbeit in dieses Projekt investiert hat.

Dem blieb am Ende nicht viel mehr übrig, als, wie ein bedröppelter Hund, die paar Verbliebenen (inkl. mir und Joachim) recht kleinlaut und sichtlich enttäuscht zu verabschieden.

Fazit, die ungeschminkte Wahrheit lautet: Die Rheinberger Bluesparty ist in solchen Konstellationen und dieser Größendimension nicht praktikabel. Man ist hier nicht in Plön am See, irgendwo in der norddeutschen Wallachei, sondern in einem Einzugsgebiet, wo vermutlich parallel 500 schnell zu ereichende kulturelle Konkurrenzveranstaltungen am gleichen Abend stattfinden.

Hier müssen einige Dinge grundlegend geändert werden (siehe meine Anmerkungen oben), sonst macht das einfach keinen Sinn. Gut gemeint, ist halt leider auch nicht immer gut gemacht. Bei der nächsten Veranstaltung muss es in allen Belangen, wie einst in den 90ern, krachen, oder man lässt es besser wirklich ganz bleiben. Wirklich schade um die viele Mühe und den unbestrittenen Einsatz für die Sache, Sami Durak!

Bilder: Gernot Mangold + Joachim Hunke
Text: Daniel Daus

Rheinberger Bluesparty