Hundred Seventy Split – 17.11.2016, Schwarzer Adler, Rheinberg – Konzertbericht

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Hatten wir tags zuvor bei The Cadillac Three im Kölner Luxor noch den ungestümen Musiknachwuchs in Form knallharten Southern Rocks begutachtet, stand schon am nächsten Abend der nächste Gig an, allerdings wieder eher im Zeichen unserer Altersklasse… Hundred Seventy Split traten im heimischen Schwarzen Adler auf. Und so hatten sich im, für einen Wochentag ziemlich gut gefüllten Rheinberger Blues Club auch viele Leute eingefunden, die ähnlich wie wir, bereits die Jugend des Alters beschritten haben.

Das Trio mit Bass-Legende Leo Lyons, Gitarren-Hexer Joe Gooch und Drummer Damon Sawyer, ist ja quasi in einem Atemzug mit der Kultband Ten Years After zu nennen, die parallel auch immer noch aktiv ist. Lyons war ja TYA-Originalmitglied, Gooch hatte bereits früher über einen langen Zeitraum Alvin Lee ersetzt. Demnach wurden natürlich einige Klassiker aus guten alten Zeiten zum Besten gegeben.

Joe hatte an diesem Abend mit Halsschmerzen zu kämpfen und war von Adler-Inhaber Ernst Barten noch medizinisch versorgt worden. Er ließ sich aber so gut wie nichts anmerken und zog, mit leicht heiserer Stimme, die Show professionell durch. Vor allem seine filigranen Gitarrenkünste waren schon alleine den Besuch wert. Ein echter Wizard.

Leo Lyons, mittlerweile weit in den Siebzig angelangt, führte mit charmanter und humorvoller Art im Stile eines britischen Gentlemans die Song-Ansagen durch und bewies, dass man auch im gesetzten Alter immer noch flink und energiegeladen, die Finger über ein Saiteninstrument fliegen lassen kann. Gegen Ende griff er für zwei Tracks dann auch am großen Contrabass in die Strings. Drummer Damon Sayer blieb nur die Rolle im Hintergrund über, die er aber mit kraftvollem und effektivem Drumming angenehm ausfüllte.

Die Eröffnung des in zwei Sets unterteilten Konzerts stand mit „The Game“ (mit psychedelischen Kurzphasen) und dem swampigen, mit dezentem Southern Rock umwehten „I Grew Up In The Muddy Waters“ im Zeichen des neuen Werkes „Tracks“. Erstes Futter für die Nostalgiker im Raume gab es mit „Fifty Thousand Miles Beneath My Brain“ (stoneske Note). Weitere Exemplare von Anno dazumal wurden in Form von „Good Morning Little School Girl“ und „Love Like A Man“ zum Abschluss der ersten Hälfte dargereicht. Klasse in diesem Set auch noch der Slow Blues “Going Home” (von „The World Won’t Stop“), bei dem Gooch für mich das beste seiner vielen quirilgen Soli einbrachte. Er braucht sich, was seine spielerische Qualität angeht, hinter Größen wie Joe Bonamassa & Co. wirklich nicht zu verstecken.

Der zweite Part stand dem ersten in Nichts nach. Den Auftakt hier machte das orientalisch verpackte „Looking For A Sign“, für das Joe eine spezielle E-Gitarre verwendete, griff dann aber für das End-Solo wieder auf seine stark malträtierte türkis-weiß-farbende Stratocaster zurück. Das swampige „Pork Pie Hat“, der Footstomper „Coming Back Around“ und das Blues-Traditional „Devil To Pay“ ( für beide greift Leo zum Contrabass), das starke „Gonna Dance On Your Tombstone“, sowie der countryeske Schunkler „Tennessee Plates“ (auf Zuschauerwunsch hin), wieder mit herrlich quirligen Gooch-Soli, waren die nächsten Meilensteine.

Der lässig groovende Rocker„The Smoke“ (Leo lässt seinen Bass schwer pumpen) bildete den launigen Abschluss des Hauptteils. Das begeisterte Publikum forderte vehement Nachschlag und wurde mit „King Of The Blues“ (erinnerte phasenweise an ZZ Tops „La Grange“) und, last but not least, mit dem TYA-Parade –Stück „I’m Going Home“ mit Medley-haft integirierten, weiteren Klassikern wie u. a. „Baby Please Don‘t Go“, „Blue Suede Shoes“, „Whole Lotta Shakin‘ Goin‘ On“, etc. gebührend belohnt.

Fazit: Ein starker Abend mit Hundred Seventy Split, der einen gelungenen Spagat aus alt-ehrwürdigem und modernem Blues Rock-Material offerierte. Leo Lyons charismatische, wie auch sympathische Ausstrahlung, sein immer noch lebhaftes Treiben im Tieftöner-Segment in Kombination mit Goochs Gitarrenkünsten sind absolut einen Besuch wert. Selbst unser spezielles Southern Rock-Nischen-Magazin konnte sogar sporadische Bezugspunkte ausmachen. Der Sound war klasse. Insgesamt also eine kurzweilige Sache! Danke erneut ans Adler-Team für die problemlose Akkreditierung.

Line-up:
Joe Gooch (lead vocals, guitar)
Leo Lyons (bass)
Damon Sawyer (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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