Ally Venable – Money & Power – CD-Review

Eigentlich haben mir bis dato alle Longplayer von Ally Venable gut gefallen, aber mit dem 2023er Werk „Real Gone“ hievte sie sich auf eine deutlich spürbar höhere Ebene. Für mich persönlich war es eines der besten Alben des Jahres, auch im Allgemeinen gesehen.  Damit verbunden natürlich auch eine hohe Bürde, was den Nachfolger betrifft.

Und der steht jetzt mit „Money & Power“ an, für den die Texanerin wieder nach Nashville gegangen ist. Sie hat sich – frei nach dem auch sicherlich  im Musikbiz gültigen Prinzip ‚Never change a winning team‘-  wieder den erfahrenen Musiker, Songschreiber und Produzenten Tom Hambridge erneut ins Boot geholt. Die beiden entwickeln sich, wie auch der neue Silberling wieder beweist, zu einer perfekt funktionierenden Gemeinschaft.

Der Blick auf das Coverbild wird, auch wenn es vermutlich ironischen Charakter hat, im Rahmen der hier vermeintlich unterstützenden Frauenbewegung (O-Ton Ally: „Frauen dürfen in ihrer Fähigkeit, in der Welt zu bestehen, niemals infrage gestellt werden“), aus meiner Sicht einen eher kontraproduktiven Effekt bewirken.

Provokatives Posen, Zigarre rauchend in barockem (Bordell)-Hinterzimmer-Ambiente: da werden sich die meist von wenig Humor geprägten und biestigen Feministinnen wohl  eher pikiert echauffieren, denn irgendeine Sinnhaftigkeit in Richtung Gleichberechtigung oder Emanzipation interpretieren.

Wie dem auch sei, der Beginn mit seinem ‚Stones meets Rosssington Collins Band‘-southern rockigen Flair ist ein perfekter Einstieg, der von einem stechenden Gastgitarrensolo des aus Mississippi stammenden Überfliegers Christone ‚Kingfish‘ Ingram verziert wird,

Die im weiteren Verlauf von Ally und Tom geschriebenen Stücke, bieten sehr viel Abwechslung, in Sachen Tempi und Atmosphäre, aber auch, was unterschiedliche Musik-Strömungen angeht. Und sowas  kann man eigentlich nur mit nahezu perfekten Begleitmusikern umsetzen.

Neben ihren beiden etatmäßigen Bühnenbegleitern Isaac Pulido und EJ Bedford mischen auch Weltklasse-Gitarrist Kenny Greenberg oder Tastenvirtuose Tim Lauer mit.  Dazu kommen noch die pfiffigen Background Vocals des Hambridge-Clans (Rachel, Sarah und Tom).

Der Titelsong „Money & Power“ ist – nomen est omen – pure Blues Rock Power, da werden selbst Ted Nugent-Fans den Gitarrenriffs und -soli ihre Ehrfurcht erweisen. Da braucht es dann erstmal einen schönen Slow Blues wie „Do You Cry„, um halbwegs wieder runterzukommen. „Heal Me“ hätte mit den tollen Slide-Einlagen auch auf jedes RCB-Album gepasst.

Mit dem shuffligen „Stopper Back Papa“ beginnt eine Phase, in der in den mehr eingängigen Bereich umgeswitcht wird, trotzdem bleibt alles natürlich sehr E-Gitarrenlastig. „Legends“ hat was vom 90er Pop-Rock der Bangles, „Keep Me In Mind“ ist ein absoluter Ohrwurm und somit auch mein Favorit des Albums, auch wenn ich mir hier, statt des etwas uninspiriert wirkenden Endes, einfach nur ein songdienliches E-Solo in der Mitte gewünscht hätte.

Hier kann Ally auch mal schön aus dem görenhaften Gesang herausbrechen und ihre durchaus variable Stimmseite in den Vordergrund stellen. Auf vokalem Parkett hat sie dann beim tollen Duett mit der furios singenden Shemekia Copeland in „Unbreakable“ („Dieser Song verbreitet eine Botschaft von Frauen, die unterdrückt wurden“) natürlich einen schweren Stand, meistert das aber ganz gut.

„Steppinig Stone“ überrascht dann wieder mit einer Portion 90er-Pretenders-Note. Den krönenden Abschluss bildet aber das in der Originalversion von Janet Jackson fast nicht topbare „Black Cat“, der diesen tollen Song noch mal in der Blues Rock 4.0-Version aufleben lässt.

Tom & Ally – das passt!  Ich hätte nie gedacht, dass das auf „Real Gone“ erzielte Niveau mit „Money & Power“ erneut gehalten werden kann. Die gerade mal 26-jährige Texanerin Ally Venable katapultiert sich mit diesem fulminanten Werk endgültig in das Nonplusultra der weiblichen Blues Rock-Riege.

Ich freue mich schon jetzt die Tracks bei ihrem bereits bestätigten, nächsten Gig im Rheinberger to hoop in der Live-Version begutachten zu können!

Ruf Records (2025)
Stil: Blues Rock

Tracks:
01. Brown Liquor
02. Maybe Someday
03. Money & Power
04. Do You Cry
05. Heal Me
06. Stopper Back Papa
07. Legends
08. Keep Me In Mind
09. Unbreakable
10. Steppinig Stone
11. Feel That Sting
12. Black Cat

Ally Venable
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Ruf Records
Brooke Lynn Promotion

Quinn Sullivan – Midnight Highway – CD-Review

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Ich musste am Anfang schon ein wenig schmunzeln. Wenn man die Einleitung des Beipackzettels zu Quinn Sullivans neuem Album „Midnight Highway“ liest, könnte man meinen, dass man es hier mit einem Künstler zu tun hat, der sich glatt schon so um die 30 Jahre im Geschäft befindet.

Er hat bereits mit Leuten wie u. a. Buddy Guy, Eric Clapton, Los Lobos, der Tedeschi Trucks Band, Joe Bonamassa und Albert King die Bühne geteilt, bei berühmten Festivals wie Montreaux oder Mahindra in Indien mitgewirkt, ist in der Jay Leno Show aufgetreten – ok, das wäre für die lange Zeit jetzt ein bisschen wenig – hat mit o. a. Werk, seinen dritten Longplayer veröffentlicht.

Aber dieser Bursche aus Massachusetts zählt gerade mal unglaubliche 17 Lenze! Und was hat der für ein Talent. Er ist ein Super-Gitarrist, das Songwriting kann sich sehen lassen (hat immerhin drei Tracks kreiert) und auch der Gesang passt für das junge Stadium schon ganz gut (man hört es aber doch ein wenig – klingt oft wie ein ganz ganz junger Robert Plant).

Wie vor kurzem auch Joe Bonamassa, hat Quinn sich in Sachen Produktion, unter die Fittiche vom uns bestens bekannten Tom Hambridge in den berühmten Blackbird Studios in Nashville begeben. Hambridge bearbeitete auch das Schlagzeug und stellte dem Jüngling erfahrene Musiker wie Michael Rhodes, Tom MacDonald, Rob McNelley und Keyboard-Legende Reese Wynans an die Seite.

Schon der Opener „Something For Me“ mit herrlicher E-Gitarre (tolli Soli) und klimpernden HT-Piano-Einlagen, lässt Led Zeppelin-, ZZ Top– und Skynyrd-Indegrienzien zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen. Melodische Stücke wie „Tell Me I’m Not Dreaming“ und  das funkige „Lifting Off“ haben einen gewissen Popfaktor“, mit letztgenanntem kann man  jede Party in Schwung bringen.

Quinn mit seinen unzähligen quirligen, energiegeladenen, aber auch voller Seele befindlichen E-Gitarren-Soli (hat scheinbar eine sehr große Vorliebe für das Spiel der Allman Brothers-Akteure) und Wynans (mit variablen Keys-Parts) setzen natürlich insgesamt die meisten Akzente.

Absolut klasse  das atmosphärische „She Gets Me„, grandios die im allmanesken Instrumental-Stil abgewickelten Songs wie  „Big Sky“ und der Rausschmeißer „Buffalo Nickel“, aber auch das besungene Titelstück „Midnight Highway„. Hier beweist der Bursche, dass er neben dem Blues auch beste Southern Rock-Gene im Körper hat. Und mit was für einem Gefühl!

Ein Schmankerl und Höhepunkt zugleich ist die gelungene Coverversion von George Harrisons „While My Guitar Gently Weeps“, das man so originalgetreu wie möglich, wie auf dem „White Album“ der Beatles, abzubilden versucht hat. Hambridge hat dafür sogar recherchiert, wie die Musiker und Mikrophone damals im Studio standen. Quinn setzt natürlich mit furiosen Gitarren-Soli noch hier einen drauf.

Mentor Buddy Guy gab seinem Sprössling einst den Rat, raus zugehen und allen zu zeigen, wer er ist, die Leute sollen sich an ihn erinnern. Mit seinem tollen neuen Album „Midnight Highway“ hat er jedenfalls beim Autor (und sicherlich auch allen, die sich mit diesem Teil beschäftigen werden), schon bleibende Spuren hinterlassen. Eine abwechslungsreiche, kurzweilige, jederzeit melodische und auch instrumentell anspruchsvolle CD, die von vorne bis hinten Spaß macht, nicht zuletzt auch wegen der vielen Southern Rock-Bezüge.

Da fällt mir eigentlich zu Jungspund Quinn Sullivan am Ende spontan nur noch ein altbekannter Schimanski-Spruch in abgewandelter Form ein: Noch keine Haare auf der Brust, aber schon im Blues Rock drängeln…

Mascot Label Group (2017)
Stil: Blues Rock

01. Something For Me
02. Tell Me I’m Not Dreaming
03. Midnight Highway
04. Crazy Into You
05. Eyes For You
06. Lifting Off
07. She Gets Me
08. Rocks (Bonus track)
09. Going
10. Graveyard Stone (Bonus track)
11. Big Sky (Bonus track)
12. While My Guitar Gently Weeps
13. Buffalo Nickel

Quinn Sullivan
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Mascot Records
Netinfect Promotion
Bärchen Records

Mike Zito – Make Blues Not War – CD-Review

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Einer meiner Lieblings-Musiker legt schon wieder nach. Der umtriebige Mike Zito hat keinesfalls ‚ein Rad ab‘, auch wenn er sich schon wieder von seiner starken Begleitband der letzten Veröffentlichungen „The Wheel“ losgelöst hat. Es passt halt einfach zu seiner unsteten, sich immer in Bewegung befindlichen Persönlichkeit, Dinge zu ändern,  konstant ist bei ihm scheinbar nur die Liebe zur Familie und dem Blues Rock an sich.

Für sein neues Werk mit dem plakativen Titel „Make Blues Not War“ hat er sich mit dem uns ebenfalls gut bekannten, Musiker, Songschreiber und Produzenten Tom Hambridge zusammengetan. Der auch in Nashville viel beschäftigte Tausendsassa erweist sich für das aktuelle Album, aufgrund der Ruppigkeit vieler Stücke und der partiellen Southern-Ausrichtung auch als absoluter Gewinn. Er hat einen Großteil der Tracks (mit) komponiert, spielt das Schlagzeug, sang Harmonies bei „One More Train“ und hat das Gesamtwerk in einem schön rauen, aber auch knackigen ‚Live-Sound‘ produziert.

Das Album lebt natürlich von der Präsenz des Protagonisten, der in Sachen Stimme (mit eine der besten im Blues Rock-Genre) und E-Gitarrenspiel (wieder mit vielen prächtigen Slide-Einlagen), dieses Werk dominiert. Aber auch Leute wie der stark auftrumpfende Keyboarder Kevin McKendree (B3, Wurlitzer-Piano, Clavinet), Nashville-Musiker Rob McNelley (tolle E-Gitarrenzuarbeit) oder Gastmusiker wie Walter Trout (herrliches E-Solo beim Auftaktstück), Jason Ricci an der Harp und Sohnemann Zach (Gitarre bei „Chip Off The Block“) sorgen für kurzweilige Momente in der Zito-Show.

Das Werk bietet, wie nicht anders erwartet, die typischen Blues Rock-Ingredienzien. Da wird im Tempo variiert, zwischen retro (das stampfende „Wasted Time“, das an Muddy Waters erinnernde, harp-infizierte Titelstück „MBNW“ und der finale Piano-Klimper-Boogie „Route 90“)  und moderner Auslegung gependelt. Mit „Bad News Is Coming“ und „Road Dog“ sind zwei Mörder Slow ‚Bluese‘ samt großartiger E-Gitarren-Solo-Passagen dabei, psychedelisches à la Hendrix gibt es bei „Redbird“. Was uns besonders gefällt, sind aber immer wieder, die Southern-rockigen Zutaten.

Da wär z. B. der furiose Opener „Highway Mama“ der in Sachen Orgel- und E-Gitarren-Arbeit die Allman Brothers-Fangemeinde zum Niederknien bringen wird. Hätte ein Gregg Allman nicht besser performen können! Die Signalwirkung aufreizender Beine des weiblichen Geschlechts ist schon in so manchem Song thematisiert worden, der in Texas beheimatete Zito, machte es bei „Crazy Legs“ ZZ Top nach und mischt zusätzlich noch Skynyrdsche Zutaten mit unter.

Großartig auch das wieder in Allman-Manier shuffelnde „On The Road“ (typische Orgel) sowie das launig Southern-rockende „One More Train“ (McKendree mit zünftigem HT-Piano) oder die delta-bluesige wehmütige Hommage an seine Frau „Girl Back Home“ (surrende Slide-Gitarre). Bei „Chip Off The Block“ zeigt Zitos Sprössling Zach, dass er die Fingerfertigkeit des Vaters mit den Genen übertragen bekommen hat. Er soll seinen alten Herrn demnächst auf Tour mit begleiten.

Mike Zitos neue Scheibe setzt nicht nur aufgrund des Titels „Make Blues Not War“ ein starkes Ausrufezeichen. Ein absolutes Blues Rock-Klasse-Werk, das Spielfreude pur offeriert und schön aufzeigt, wie man diesen Musikstil perfekt mit südstaatlichem Flair kombinieren kann. Wenn dieser Appell auch noch eine einvernehmliche Forderung nach gerechterer Verteilung des Vermögens und der Ressourcen, sowie ein respektvolleres Untereinander auf diesem Erdball,  implizieren würde (musikalisch gehören unsere Vorlieben bei Zito ja eh dazu), würde Sounds Of South eine dererlei Charta sofort auf dem Fuße mit unterzeichnen!

Ruf Records (2016)
Stil: Blues Rock

01. Highway Mama
02. Wasted Time
03. Redbird
04. Crazy Legs
05. Make Blues Not War
06. On The Road
07. Bad News Is Coming
08. One More Train
09. Girl Bak Home
10. Chip Off The Block
11. Road Dog
12. Route 90

Mike Zito
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Ruf Records

Tom Hambridge – Bang n’ Roll – CD-Review

Drittes, starkes Soloprojekt des Musikallrounders Tom Hambridge! Dieser Mann ist wirklich ein „Hans Dampf in allen Gassen“. Er spielt Schlagzeug, Gitarre, singt, organisierte Tourbands für Größen wie Chuck Berry oder Bo Diddley, spielte mit Leuten wie Roy Buchanan, den Allman Brothers oder Ringo Starr, arbeitete mit Jonatha Brooke, produzierte für Susan Tedischi („Just Won’t Run“) und unterhält nebenbei seine eigene Band „Tom Hambridge & The Wreckage“! Trotzdem hat bisher alles irgendwie funktioniert, wundert sich der in Nashville geborene, aber auch mit Boston verwurzelte Vollblutrocker manchmal selbst.

„Es gibt Tage, da arbeitete ich morgens mit einem Pop-Musiker in Nashville, um danach an der Session-Arbeit bei Johnny Winter teilzuhaben, flog anschließend nach Boston, trat dort bei einem Festival auf, um nach der Rückkehr noch nachts Johnny Winters Tracks abzumischen“. Klingt schon ein wenig verrückt! Sein neues Werk ist ein durch und durch routiniertes (im positiven Sinne), fetziges, Energie geladenes Rootsrock-/Rock’n Roll-/ Bluesrock-Album geworden, das von seiner absolut glaubwürdigen und gekonnten Darbietung lebt. Es geht immer geradeaus.

Handgemachter, ehrlicher Rock’n Roll voller Roots- und Blues-Einflüsse! Dafür sorgen erfahrene Musiker wie Mike Welch, Kevin Barry, Duke Levine oder Sal Baglio, Urgesteine in der Boston-Szene, Delbert McClinton (Harmonika beim düsteren Blues „Cut My Way Back“) oder Songwriter und Gitarrist Al Anderson, klingende Namen in Nashville. Highlights sind sicher die Stücke, wenn zum mit ordentlicher Gitarrenpower angetriebenen Rock mittels Honkytonk-Piano noch eine gehörige Portion Boogie verabreicht wird. Zum Beispiel „Live With It“ mit seinen Stones-like Riffs, „Wrong Side Of The Tracks“, ein abgehender Rock’N Roll-Heuler in bestem NRBQ-/Rockpile-Stil oder „Get Off“, das mit seinem fetten 3 Gitarren Line-up (tolles Solo), gar den Georgia Satellites das Fürchten lehren könnte.

Hier und da erhebt sich aus dem rhythmischen Teppich, den Hambridge in Form von knackigen Drums auslegt, ein Skynyrd-ähnliches Solo. Schön auch die melodischen Songs wie „The Best Thing I Never Had“, „She Still Lives Here“, oder die mit Bill Lloyd (Foster & Lloyd) geschriebene Country-/Rootsrock-Nummer „Crashing down“. Naturgemäß traurig ist der George Harrison gewidmete Blues „Autumn Leaves“. Mit „Bang n’ Roll“ hat Tom Hambridge das Genre sicher nicht neu erfunden, hat ihm aber ohne Zweifel ein weiteres interessantes Kapitel hinzugefügt. Es rockt knallig drauflos und macht einfach Laune! Der Titel paßt schon, das ist bester „Bang n‘ Roll“!

Mercury Records (2004)
Stil: Rock

01. Some Things Never Change
02. Milk And Honey
03. Live With It
04. Best Thing I Never Had
05. Wrong Side Of The Tracks
06. Cut Way Back
07. She Still Lives Here
08. Pot Licker
09. Sarah
10. Autumn Leaves
11. Crashing Down
12. Get Off
13. Kingdom Come

Tom Hambridge
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Bärchen Records