Jordan Davis – Home State – CD-Review

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Rein optisch hätte ich bei Jordan Davis mit seinem opulenten Rauschebart auf eine Mucke fernab jeden Mainstreams getippt. Die meisten Typen mit ähnlichem Erscheinungsbild, die ich in letzter Zeit, musikalisch unter die Lupe genommen habe, bewegten sich meist in irgendwelchen Insider-Sphären zwischen zünftigen Honkytonk Country-, Roots- und Southern Rock.

Gut, wir haben es hier mit einem Debüt auf einem Major-Label tun, wo eigentlich immer ein größeres Publikum als Adressat im Fokus steht. Vielleicht geht es daher ja eventuell in Richtung Chris Stapleton, war der zweite Gedanke, aber die Parfüm-Fotografie-ähnliche Aufmachung des Coverbildes hegte die ersten Zweifel. Und in der Tat, mit Jordan Davis haben wir es mit einem Neuling zu tun, der sich dem massenkompatiblen Country Pop verschrieben hat, wobei das ‚Country‘ eher marginalen Charakter aufweist (etwas Mandoline, Banjo, aber kaum wahrnehmbar).

Der aus einer, wie so oft, musikbegeisterten Familie (sein Onkel hat Songs für keinen geringeren als Tracy Lawrence geschrieben) stammende Künstler aus Louisiana, hat nun mal einfach eine, eher dem Pop und R&B zuträgliche Stimme. Warum sollte man solche Fakten dann einfach ignorieren? Trotzdem ist „Home State“ ein tolles Album geworden!

Ich mag es  eigentlich immer, wenn die Protagonisten auch kompositorisch stark involviert sind, was hier der Fall ist. Davis hat alle Tracks mitgeschrieben zum Teil mit Leuten, die man nicht so oft in den Credits findet (u. a. Ben Daniel, Pawel Dovgalyuk, Steven Dale Jones, Justin Ebach, Jamie Paulin), aber auch mit arrivierten Songwritern wie Blair Daly, Jeff Middleton, Scooter Carouso oder Jonathan Singleton, die einem alle Nase lang bei Nashville-Veröffentlichungen über den Weg laufen.

Schon mit dem Opener „Take It From Me“ lässt sich Davis‘ Händchen für feine Hooks, Melodien und eingängige Refrains ausmachen. Bestes Beispiel ist „Singles You Up„, ein Song, dem man sofort anmerkt, dass er Hitcharakter in sich trägt und auch prompt unter den ersten 15 der Billboard-Charts landete. Weitere Kandidaten sind vielleicht Stücke wie „Selfish“, „So I Do“ oder das, wie für Tim McGraw geschaffene „Dreamed You Did“. Im Prinzip haben die Entscheidungsträger hier durchgehend die Qual der Wahl .

Produziert hat Paul di Giovanni, Gitarrist von Boys Like Girls, der in Nashville als Schreiber von Dan+Shays  No.1-Hit „How Not To“ bisher von sich Reden machte. Den Löwenanteil am Gelingen des Werkes aber haben die involvierten Nashville Star-Musiker wie Ilya Toshinsky, Tony Lucido, Bryan Sutton, Nir Z & Co., aber auch di Giovanni und Derek Wells sorgen mit ihren auf den Punkt gebrachten, filigranen E-Gitarren-Soli (in fast allen Liedern) für das Salz in der Suppe.

Deshalb ist „Home State“ eine flockige, launige Scheibe geworden, die ideal für die kommenden wärmeren Tage geeignet ist. Im Prinzip zwar mehr auf die weibliche Klientel zugeschnitten oder für Leute aus unserer Kundschaft, die ab und zu mal zwischendurch für unkomplizierte, aber gut gemachte Musik offen sind (wie gesagt, in fast jedem Stück ist ein E-Gitarren-Solo präsent). Wer mit Interpreten wie David Nail, Brett Young, Canaan Smith, Sam Hunt oder besagten Dan+Shay etwas anfangen kann, wird ganz sicher auch bei Jordan Davis seine Freude haben. Der Rolling Stone deklarierte ihn übrigens als ‚Artist You Need To Know‘.

MCA Nashville (2018)
Stil: New Country Pop

01. Take It From Me
02. Goin‘ Round
03. More Than I Know
04. Slow Dance In A Parking Lot
05. Singles You Up
06. Sundowners
07. Tough To Tie Down
08. Selfish
09. Made That Way
10. So I Do
11. Dreamed You Did
12. Leaving New Orleans

Jordan Davis
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Universal Music

High Valley – Support: American Young and Jarrod Dickenson – 07.03.2018, Köln, Luxor – Konzertbericht

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Endlich mal wieder Nashville-Zeit in unserer Gegend! Da will man sich nach einem Arbeitstag im Büro und 80 km langer Reise in die Domstadt, samt Kampf durch deren dicht befahrenen Feierabendverkehr bei Regenwetter, einen runden und entspannten New Country-Abend mit High Valley und den Supportern American Young und Jarrod Dickenson gönnen, aber Pustekuchen.

Nachdem wir um kurz vor halb Acht einen Parkplatz direkt in der Nähe des Luxors gefunden hatten, mussten wir beim Opener Jarrod Dickenson leider passen. Trotz des eigentlich avisierten Konzert-Beginns von 20:00 Uhr hatte dieser und seine Frau Claire schon zum Einlass-Termin vor spärlicher Kulisse für nicht mal eine halbe Stunde angefangen zu spielen, so dass wir nur noch wenige Sekunden des letzten Liedes mitbekamen. Ganz zu schweigen davon, dass Kollege Gernot noch seine Objektive aufschrauben und knipsen konnte.  Viele waren vermutlich genauso wie wir überrascht worden. Schade – von Dickensons toller Stimme hätte ich gerne mehr gehört.

Auch das nächste Duo, American Young, bestehend aus Kristy Osmunson und Jon Stone  machte schon um 19:35 Uhr weiter, auch hier füllte sich das Auditorium erst merklich gegen Ende ihrer Performance.

Die sympathische Blondine mit ihren geflochten Zöpfen an der Fiddle und ihr Hut-tragender Begleiter an der Gitarre, Jon Stone, präsentierten eine schöne Mischung aus bewährten („Be Here“, „Love Is War“, „Something To You“, „Point Of View“, „Soldiers Wife“, „American Dream“) und einigen brandneuen Stücken („Closest Faraway Place“, das herrlich groovige „Last Night Alone“ und „What Are You Working For“ – Angaben der Titel ohne Gewähr) in Singer/Songwriter-Manier. Als einziges Cover wurde Bill Withers‘ „Just The Two Of Us“ in einer smooth-grassigen Version klasse interpretiert.

Wechselseitige Leadvocals (Stones Stimme war für mich übrigens die überragende des ganzen Abends), tolle Harmoniegesänge, garniert mit den Instrumenten der beiden, waren Garant für eine unterhaltsame Dreiviertelstunde. Starke Leistung von American Young!

Auch hier ist eine ärgerliche Sache anzumerken: Direkt vor der Bühne hatte sich eine ganze Horde spät-pubertierender Mädels postiert, deren Großteil bis zum Ende scheinbar an allem interessiert waren, außer der Musik (vielleicht marginal). Es wurde in einer Tour geschnattert, und mit Pocketkameras oder Handies geblitzt, was das Zeug hielt. Aber hier den Exemplaren dieser Gattung in der heutigen Zeit mit ein wenig ‚Anstand und Respekt gegenüber den Musikern‘ zu kommen, wäre vermutlich eh absolut zum Scheitern verurteilt gewesen…

Um 20:40 Uhr ging es mit den Headlinern, Brad und Curtis Rempel, alias High Valley, zügig weiter (vermutlich der bevorstehenden Reise zum bombastischen Country2Country-Festival in London geschuldet, wo man Teil des Line-ups sein wird). Inzwischen war das Luxor mit rund 150 Zuschauern für einen Termin inmitten der Woche, durchaus passabel gefüllt.

Meine Befürchtungen, auch hier eventuell nur minimalistische Kost serviert zu bekommen, hatten sich schon durch den Voraufbau auf der Bühne neutralisiert. Die beiden Brüder traten mit ihren Kumpeln Andrew Hemmerling, Dave Myers, Clint Milburn und Raymond Klassen in voller Besetzung an und spielten sich durch ein launiges Set, das demnach wie im Fluge vorüber ging.

Klar, dass sich natürlich ihr aktuelles Major-Werk „Dear Life“ (der Titelsong bildete zugleich auch den Opener des Gigs) mit Tracks wie „Soldier“, „I Be U Be“, The Only“, das hymnische „Young Forever“, „Roads We’ve Never Taken“ und „She’s With Me“, absolut im Mittelpunkt ihrer Vorstellung befand.

Gut gefiel, dass die beiden Protagonisten, auch den Nebendarstellern immer wieder Spielraum gaben, ihr instrumentales Können in vorderster Linie einzubringen. So hatten vor allem Clint Milburn (an der E-Gitarre und Banjo) und auch Raymond Klassen mit schön knarzigen Dobro-Einlagen mehrere starke Szenen.

Mit „Be My Baby Tonight“ (dabei wurde als nette Geste ein kleiner Junge zur tänzerischen Unterstützung auf die Bühne geholt und am Ende dafür mit einem HV-Cap belohnt) und „Way Down Deep“ huldigten sie ihre Vorbilder John Michael Montgomery  und Country-Ikone Vern Goslin (hier versammelte sich die gesamte Band vor der Bühnenfront zum launigen Traditional-Stelldichein) . Bei „Father’s Love“ gab es den Dank der Rempel-Söhne in Richtung Daddy, ohne dessen Unterstützung in jeder Hinsicht, diese Karriere nicht möglich gewesen wäre.

Das launige „Make You Mine“ war mit den inbrünstigen ‚Oohooh‘-Gesängen der ideale Rausschmeißer, bei dem es dann auch im textsicher mitsingenden Publikum kein Halten mehr gab. Somit ein kurzweiliger und auch musikalisch ansprechender Gig mit den Rempel-Brüdern und ihrer spielstarken Truppe, der dann am Merchandising-Stand noch seine Fortsetzung fand, wo auch noch für Selfies, Autogramme, etc.,  Zeit gefunden wurde (u. a. auch für ein Bild für unsere VIP-Galerie).

Eigentlich ein toller, gut durchorganisierter Abend mit drei gut gewählten Acts, dem vielleicht nur, eine etwas eindeutigere Kommunikation, bzw. Transparenz im Vorfeld gut getan hätte, z. B. was die Luxor-Hompage betrifft). So hätten dann vermutlich auch die beiden Supporter von vorne herein mehr Zuschauerzuspruch erhalten. Danke an das concert team nrw für die Akkreditierung.

Line-up: High Valley
Brad Rempel (lead vocals, acoustic guitar)
Curtis Rempel (mandolin, acoustic guitar, vocals)
Andrew Hemmerling (drums)
Dave Myers (bass, vocals)
Clint Milburn (electric guitar, acoustic guitar, banjo, vocals)
Raymond Klassen (dobro, banjo, vocals)

Line-up: American Young
Kristy Osmunson (lead vocals, fiddle, vocals)
Jon Stone (lead vocals, acoustic guitar, vocals)

Line-up: Jarrod Dickenson
Jarrod Dickenson (lead vocals, guitar)
Claire Dickenson (vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Jarrod Dickenson
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concert team nrw
Luxor Köln

Wade Bowen – The Given – CD-Review

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Red Dirt Vorzeige-Countryrocker/Texas Country-Artist Wade Bowen ist mit seinem vierten Studioalbum “The Given” (nebst zweier Live-Werke) erneut ein Meisterwerk gelungen. Er ist ein Künstler, dem es seit Anbeginn seiner Karriere gelungen ist, stetig sein Leistungsvermögen in behutsamen Schritten zu verbessern. Somit zeigt seine Formkurve auch weiterhin nach oben. Wade hat für seine neue CD einen (Major-) Labelwechsel vollzogen (jetzt bei BNA/Sony) und auch mit Justin Niebank (Bon Jovi, Kenny Chesney, Lonestar, Blackberry Smoke) einen neuen Produzenten angeheuert.  Wade Bowen – The Given – CD-Review weiterlesen

Wade Bowen – Live At Billy Bob’s Texas – CD/DVD-Review

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2 CDs & 1 DVD-Set, inklusiv zweier neuer Studiotracks! Tolles Live-Konzert des sympathischen und so ungemein populären, großartigen Red Dirt-Countryrockers und seiner Band aus dem legendären Billy Bob’s in Fort Worth/Texas vom 21. November 2009 – auf einer Doppel-CD mit zwei neuen Studio-Tracks, und als DVD (komplette Show)! Der aus Waco, Texas stammende Wade Bowen hat sich im Laufe seiner mittlerweile elf Jahre währenden Karriere, ähnlich wie Randy Rogers, Pat Green, sein Schwager Cody Canada (als Bandleader von Cross Canadian Ragweed) oder die Eli Young Band zu den Leitfiguren der Red Dirt-Szene entwickelt.  Wade Bowen – Live At Billy Bob’s Texas – CD/DVD-Review weiterlesen

Devin Dawson – Dark Horse – CD-Review

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Mit Devin Dawson betritt ein weiterer hochtalentierter Jungkünstler die Bühne Nashvilles. Kein geringerer als Star-Produzent Jay Joyce (The Wallflowers, Emmylou Harris, John Hiatt, Eric Church, Little Big Town) erkannte sein Potential und verhalf dem zuvor bereits durch YouTube-Clips populären Burschen, direkt zu einem Major-Kontrakt bei Warner Music Nashville.

Zwölf gelungene Eigenkompositionen (mit teilweise namhaften Co-Writern wie a. a. Barry Dean, Brett Beavers und den Warren Brothers), sein starker variabler Gesang und seine Einbindung an der Akustikgitarre (da gibt es ja wahrlich auch viele Spezialisten unter Nashvilles Studiomusiker-Zunft) sind zweifellos Indikatoren dafür, warum Joyce hier frühzeitig seine Fühler in Richtung Dawson ausgestreckt hat.

Trotz seines Lippenbekenntnisses im Titelstück „Dark Horse“ mit „my heart bleeds for country music“ benötigt man, wie schon in letzter Zeit bei Kollegen der Marke Brown, Hunt, Rhett & Co., meiner Ansicht nach, bis auf ein paar typischer Akustik- und E-Gitarrenspiel-Ingredienzien (Steel-ähnliches Slide, Bariton-E-Fills), doch ein erhebliches Maß an Phantasie, um Genre-Bezüge herzustellen.

Vieles erinnert mich persönlich von der dezent introvertierten, melancholischen Art und auch vom Gesang her, an die weniger Blues-betonten Sachen eines John Mayers. Überwiegend sehr schöne Musik zum Relaxen, manchmal auch tanzbar, nicht zuletzt auch dank der sehr transparent und glasklaren Produktion von Joyce.

Wir tauchen mit „Dip“, „Placebo“, „War Paint“ und „Prison“ in zum Teil sehr kühl und distanziert wirkende Klangwelten ein, aber genießen auch mit Stücken wie „Second To Last“ oder „Symptoms“ das wärmende Esprit R&B-lastiger Kreationen.

Besonders Spaß bereiten mir die Sachen, wo zumindest unterschwelliges (New) Country-Flair aufkommt. Hier stehen mit dem wunderschönen Ohrwurm „All On Me“ (erste Single mit Top-20-Platzierung), dem atmosphärischen „Asking For A Friend“ (Acoustic Slide), „I Don’t Care Who Sees“, dem Schwofer „Secondhand Hurt“, „I Can’t Trust Myself“ und dem finalen, Melancholie-getränkten Titelstück „Dark Horse“ doch gut die Hälfte der Tracks zu Buche.

Trotz eines gewissen Faibles Devin Dawsons für die Dunkelheit (Coverartwork mit allen Texten als auch der Videoclip zur ersten Single sind komplett im düsteren Bereich der Schwarz/Weiß-Skala gestaltet), stellt der Protagonist mit seinem insgesamt hörenswerten Debütalbum „Dark Horse“ die Weichen in eher rosarote Zeiten.

Atlantic/Warner Music Nashville (2018)
Stil: R&B, Countrypop

01. Dip
02. All On Me
03. Asking For A Friend
04. Second To Last
05. Symptoms
06. I Don’t Care Who Sees
07. Secondhand Hurt
08. Placebo
09. War Paint
10. I Can’t Trust Myself
11. Prison
12. Dark Horse

Devin Dawson
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Warner Music Germany

Radney Foster – For You To See The Stars – CD-Review

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Abschließen möchte ich das Jahr mit einem der ganz großen Singer/Songwriter unseres Metiers, unserer Zeit, mit Radney Foster. Hier schon einige Male besprochen, hat der Anwaltssohn, geboren 1959 in Del Rio, Texas, im September mit „For You To See The Stars“ ein weiteres, unaufdringliches Meisterwerk geschaffen.

Bekannt wurde Radney zunächst Mitte der Achtziger Jahre mit seinem Partner Bill Lloyd als Duo Foster & Lloyd (übrigens 2011 auch mit einem durchaus passablen Comeback-Album „It’s Already Tomorrow“ kurzzeitig wieder präsent), bevor er sich 1992 auf eigene Pfade begab.

Seine Songs wurden durch viele Künstler wie u. a. Keith Urban, Sara Evans, Dixie Chicks oder Hootie & The Blowfish gecovert, nicht zu vergessen auch seine Tätigkeiten als Produzent zweier Alben für die Randy Rogers Band.

Mit dem Brille-tragenden Foster (einer der wenigen in der Branche), verbindet man schon von seinem rein äußerlichen Erscheinungsbild, einen gewissen Intellekt, der sich im Rahmen seiner Texte, in Kombination mit seinem immer etwas steif wirkenden Gesang (aber mit einer ungemeinen Markanz)  und der dezent introvertiert klingenden Musik bestätigt.

„For You To See The Stars“ (übrigens parallel von Radney auch als Buch mit zehn Kurzgeschichten aufgelegt), beginnt sofort mit dem Titelstück, einer Ode an das ‚Prinzip Hoffnung‘, das sich thematisch auch durch dieses Werk fortführt. Frei nach dem Motto, egal was auch passiert, es gibt irgendwo immer Licht am Ende des Tunnels.

Das grassige, familiäre „Greatest Show On Earth“ (wunderbar mit den typischen Instrumenten wie u. a. Akustikgitarre, Fiddle und Mandoline in Szene gesetzt) bildet mit seiner Spielfreude und dem fröhlichem Unterton, einen Ausgleich zum etwas schwermütigen  Vorsong.

„It Ain’t Done With Me“ erinnert sofort an countryrockige Sachen von Pat Green oder Jack Ingram. Die Skynyrd-umwehten Gitarren-Soli werden auch Southern Rock-Freaks begeistern. Das eher durch Keith Urban zu Bekanntheitsgraden gelangte „Raining On Sunday“ (hier jetzt als Neuauflage der Altversion Fosters von 1999 nochmals modifiziert) ist so ein Track, bei dem man sofort ein gewisses Etwas spürt und der auf dem Fuße (für immer) hängen bleibt. Zweifellos ein ganz großer Moment in Radneys kreativem Schaffensspektrum.

Mit dem der Veteranen-Thematik zugewendeten „Belmont And 6th“, dem Filmmusik-tauglichen „Rock And Roll Slow Dance“, der Ballade „While You Were Making Time“ (wäre ein Cover-Kandidat für Joe Cocker gewesen, wenn er noch leben würde), dem politischen Country-Storyteller „All That I Require“ und dem swampigen „Howlin‘ (Richtung CCR/Tony Joe White) bekommt man die geballte Ladung Fosterscher Musik-Divergenz, immer unter der Prämisse eines hohen Anspruchs, geboten.

Das melancholische „Sycamore Creek“ (plus instrumentelle Reprise im Anschluss) mit herrlichen weiblichen Harmoniegesängen, wunderbaren Piano- und Steelfills) interpretiere ich mal frei als Danksagung des dreifachen Familienvaters an die Toleranz und Ausdauer seiner Frau, seinem (genialen) musikalischen Treiben, über die Jahre hinweg, den nötigem Freiraum einzuräumen.

Fazit: Mit „For You To See The Stars“ untermauert Radney Foster erneut seinen Status als einer der ganz großen intellektuellen Musikpoeten des Country/Roots/Red Dirt-Genres und darüber hinaus. Am Ende dieses, in jeder Hinsicht packenden und faszinierenden Werkes, sind ‚goosebumbs on your skin‘ eine unweigerliche Begleiterscheinung!

Devil’s River Records (2017)
Stil: Country (Rock) / Singer/Songwriter

01. For You To See The Stars
02. Greatest Show On Earth
03. It Ain’t Done With Me
04. Raining On Sunday
05. Belmont And 6th
06. Rock And Roll Slow Dance
07. While You Were Making Time
08. All That I Require
09. Howlin‘
10. Sycamore Creek
11. Sycamore Creek (Instrumental Reprise)

Radney Foster
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Chris Stapleton – From A Room Volume 2 – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Vollbärtiger Mann mit Westernhut und Gitarre? Bei dieser Beschreibung wird vielen Musikfans in den USA zurzeit sicherlich als erstes Chris Stapleton in den Sinn kommen. Mit seinem mehrfach ausgezeichneten Debütalbum „Traveller“ (u. a. Album of the Year) hat er sich vor zwei Jahren direkt in der Spitze der Stars der Country-Szene festgesetzt. Seiner Produktivität hat der schlagartige Erfolg offensichtlich nicht geschadet. Seinem erst im Mai erschienen Album „From A Room: Volume 1“ lässt er nun bereits das Nächste folgen.

Auch für sein drittes Album, das leider nur neun Titel umfasst, hat sich Stapleton wieder den Produzenten Dave Cobb (u.a. Jason Isbell and The 400 Unit: The Nashville Sound) an die Seite geholt und verzichtet damit weitgehend auf musikalische Experimente.

Der gelungene Opener „Millionaire“ ist ein gefühlvolles Heartland Rock-Duett mit Ehefrau Morgane. Darauf folgt das wild drauflos stampfende „Hard Livin‘“ mit einer repetitiv dumpf-verzerrten Gitarre. Auf der schönen Midtempo-Ballade „Scarecrow In The Garden“, bereits als Vorabsingle veröffentlicht, sinniert Stapleton über das beschwerliche Farmerleben nordirischer Immigranten. Ein toller Übergang folgt mit „Nobody’s Lonely Tonight“, ein ruhiges, von dunkler Stimmung beherrschtes und von seiner starken, souligen Stimme getragenes Klagelied.

Das eher durchschnittliche „Tryin‘ To Untangle My Mind“ weckt Erinnerungen an seinen Hit „Tennessee Whiskey“. Die spärliche, minimal besetzte, Country-Folk Ballade „Simple Song“ offenbart erfreuliche narrative Ansätze. „Midnight Train To Memphis“, ein kraftvoller Hard Rock Song in Manier der „Black Keys“, mit eingängigem Gitarrenriff, ein eher untypischer Song, beweist aber, dass er nicht nur ruhige Töne kann, sondern auch harte, temporeiche Sounds.

„Drunkard’s Prayer“, ein langsamer, vor sich hin dümpelnder, traditioneller Country-Song, ist das schwächste Stück des Albums. Das abschließende hymnenartige „Friendship“, bereits in einer souligen R&B Version von Pops Staples aufgenommen, erfreut den Hörer in der Country-Roots-Fassung, als Lobgesang auf die Freundschaft.

Chris Stapleton bleibt sich treu, glänzt auf dieser Platte aber mit erfreulichen Storytelling-Qualitäten („Scarecrow In The Garden“, „A Simple Song“, „Friendship“) und macht in dieser Hinsicht einen Schritt nach vorne. Das neue Album des begnadeten Singer-Songwriters hat wieder einige Songs mit Ohrwurmcharakter zu bieten. Hoffentlich überrascht uns der 39-jährige noch vor dem Jahreswechsel, nach den neuen Aufnahmen, wieder mit Tour-Terminen in Deutschland.

Mercury Records (2017)
Stil: New Country

01. Millionaire
02. Hard Livin‘
03. Scarecrow In The Garden
04. Nobody’s Lonely Tonight
05. Tryin‘ To Untangle My Mind
06. A Simple Song
07. Midnight Train To Memphis
08. Drunkard’s Prayer
09. Friendship

Chris Stapleton
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Universal Music International

Luke Bryan – What Makes You Country – CD-Review

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Luke Bryan krempelt gerne die Ärmel hoch, wie man es auch unschwer auf dem Titelbild vor großartigem Seepanorama und dem gesamten Coverartwork seiner neuen CD „What Makes You Country“ begutachten kann.

In kleinen Schritten und mit kontinuierlich guten Veröffentlichungen hat er sich peu à peu in die Gilde der ganz großen Superstars in Nashville emporgearbeitet. Und wer kann sich schon besser an der Erklärung versuchen, was ‚Country‘ bedeutet, als jemand, der in einem elterlichen Farmbetrieb groß geworden ist, bevor er über Studium und erste musikalische Nebenjobs, in dieser musikalischen Sparte, für Furore zu sorgen begann.

Das neue Werk ist nun mehr sein 6. Album und ist, inklusiv von 15 Stücken, wieder reichhaltig mit neuem Stoff ausgestattet. Es startet direkt mit dem Titelstück „What Makes You Country„, das somit quasi den Center-Song darstellt, da er auch aus meiner Sicht, das Highlight abgibt, obwohl der Rest sich natürlich auch sehen, bzw. hören lassen kann. Knackiger Southern Country Rock, aus der Feder der Hit-Songwriter Dallas Davidson und Ashley Gorley (in Assistenz von Luke) untermalt mit Banjo, geführt von einer markanten E-Gitarren-Hook, durchzogen mit satten Soli der starken Gitarristen Kenny Greenberg und JT Corenflos. Klasse!

Der Rest der durchweg sehr eingängigen Lieder unter der Produktionsregie von Jody und Jeff Stevens bewegt sich bis auf den feucht-fröhlichen Trink- und Mitgrölsong „Drinking Again“ (aus der Schmiede von David Lee Murphy und den Warren Brothers – wird sicherlich ein neues Stimmungshighlight auf seinen Konzerten) in deutlich poppigeren Gefilden, wahrt aber dank des Fingerspitzengefühls des weiteren kleinen Kreises an Spitzenmusikern wie Jimmy Lee Sloas, Greg Morrow (warum muss man sich eigentlich, angesichts eines so tollen Drummers, immer dieser unsäglichen Loops bedienen?), vom Tastenvirtuosen Mike Rojas und besonders Danny Raders filigraner Banjo-, Mandolinen-, Bouzouki- und Akustikgitarren-Einlagen, das Minimum an nötiger Countrydosis, um Anhänger des Genres nicht zu verprellen.

Erwähnenswert vielleicht noch, dass Luke es sich nicht, wie viele Interpreten aus seinem Umkreis, leicht gemacht hat, und sich die entsprechenden Hitanwärter nur eingekauft hat, sondern bei gut der Hälfte der Tracks kompositorisch beteiligt war. Insgesamt wird „What Makes You Country“ somit wieder, sowohl im Album-, als auch Single-Charts-Bereich, seine überaus erfolgreichen Momente haben, die Bryans Status Quo als Nashville-Superstar weiter festigen werden.

Capitol Records/ Universal Music (2017)
Stil: New Country

01. What Makes You Country
02. Out Of Nowhere
03. Light It Up
04. Most People Are Good
05. Sunrise, Sunburn, Sunset
06. Bad Lovers
07. Drinking Again
08. Land Of A Million Songs
09. Like You Say You Do
10. Hooked On It
11. She’s A Hot One
12. Hungover In A Hotel Room
13. Pick It Up
14. Driving This Thing
15. Win Life

Luke Bryan
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Universal Music

Tyminski – Southern Gothic – CD-Review

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Hinter Tyminski verbirgt sich natürlich niemand anderes, als der, durch Alison Krauss & Union Station, bekannt gewordene Saitenvirtuose Daniel ‚Dan‘ Tyminski.

Der mehrfach mit Grammys ausgezeichnete, aus Rutland, Vermont, stammende Akustikgitarren- und Mandolinen-Spezialist, hat aber auch in eigener Sache bereits zwei Alben vorzuweisen.

Seine Popularität steigerte sich durch das Übertragen seiner Stimme an Schauspielstar George Clooney, im Rahmen seiner Gesangsparts im Film der Coen Brothers „Oh Brother, Where Art Thou“, als auch zuletzt 2013 durch das Covern des Songs „Hey Brother“ des schwedischen DJs Avicii. Mittlerweile hat Dan seinen dritten Longplayer „Southern Gothic“ in den Startlöchern, der in allen Belangen bis ins Tiefste zu überzeugen weiß.

Dass der instrumentelle Part in Co-Produktion mit Jesse Frasure (u. a. Rascal Flatts, Luke Bryan, Gary Allan) seiner allesamt eigens kreierten Stücke (mit diversen namhaften Mitschreibern wie Andrew Dorff, Cary Balowe, Sarah Buxton – die auch mit wunderbaren Harmoniegesängen, Ashley Monroe, etc.), mit Parademusikern wie Ilya Toshinski, Jimmy Lee Sloas, Derek Wells, Charlie Judge & Co. bis ins kleinste Detail filigran zelebriert wurde, gehört eigentlich hier zu den Selbstverständlichkeiten.

Die dreizehn durchgehend packenden Tracks, begeistern aber auch durch Tyminskis markanten Gesang (sehr charismatisch, teilweise in Richtung einer dezenten Sting-Aura gehend), als auch durch textliche Tiefe, bestückt mit vielen Metaphern, die irgendwie immer zur Nachdenklichkeit anstoßen und eine leichte Beklemmung in der Magengrube zurücklassen.

Ganz besonders gefallen mir z. B. Zeilen, wie die im Refrain des großartigen Titelstückes „Southern Gothic“ vorkommenden „…We got a church on every corner, so why does heaven feel so far away…“.  Hier gibt es selbst bei den ganz fröhlich klingenden Stücken wie „Bloodline“ (klingt fast wie Phil Collins), kaum countrytypisch verwendetes Melodie- und Klischeewortgut zu vermelden.

Vergänglichkeit („Temporary Love“), Obsession („Perfect Poison“), Konsterniertheit („Numb“), viel episches Flair („Southern Gothic“) und auch Düsternis („Devil Is Downtown“) durchweht dieses anspruchsvolle Werk, was zudem auch durch das brillante, dunkel gehaltene Coverartwork (mit allen Texten) der Dodd Sisters (Dodd Design) nochmals untermauert wird.

Die Musik ist insgsamt gar nicht so einfach zu beschreiben. Hier wurde aus meiner Sicht zum Teil sehr gekonnt versucht, 90er Pop-Rock-Reminszensen von Größen wie aus dem Genesis-Umfeld, Steve Winwood, Sting, The Hooters, Fleetwood Mac & Co., geschickt mit Country-typischen Instrumenten wie Mandoline, Dobro, Banjo und Akustikgitarren zu kombinieren. Dan Tyminskis „Southern Gothic“ zählt somit zu den absolut herausragenden Werken des Jahres 2017. Ein musikalisches Qualitätsprodukt durch und durch! Zugreifen empfohlen!

Mercury Records Nashville (2017)
Stil: New Country & More

01. Southern Gothic
02. Breahting Fire
03. Gone
04. Temporary Love
05. Perfect Poison
06. Devil Is Downtown
07. Hollow Halleluhja
08. Good For Your Soul
09. Wailing Wall
10. Haunted Heart
11. Bloodline
12. Wanted
13. Numb

Tyminski
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Universal Music

Lindsay Ell – The Project – CD-Review

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Kanadische Damen erobern ja in letzter Zeit unser Magazin. Neben Sass Jordan und Shania Twain hatte auch die aus Calgary, Alberta stammende Lindsay Ell beim Konzert im Kölner Blue Shell ihre bunte Visitenkarte neulich bereits abgegeben.

Nun wollen wir uns auch noch mit ihrem aktuellen Silberling „The Project“ beschäftigen, den sie jetzt beim Broken Bow-Unterlabel Stoney Creek Records unter der Produktionsregie von Kristian Bush (Sugarland) eingespielt hat.

Lindsay hatte schon im zarten Alter von sechs Jahren angefangen, das Piano zu lernen, und sich zwei Jahre später über die Gitarrensammlung ihres Vaters hergemacht. Entdeckt wurde die heute gerade mal 28-jährige mit Fünfzehn von Randy Bachman (Bachman Turner Overdrive) und hat seitdem neben zwei Independant-CDs und einer EP auch reichhaltige Tourerfahrung mit namhaften Leuten wie Buddy Guy, Keith Urban, Luke Bryan, Big & Rich, Gretchen Wilson, Ronnie Dunn, Paul Brandt, Chris Isaak, Brad Paisley, Jennifer Nettles, oder The Band Perry sammeln können.

Auch wenn die Künstlerin unter der Sparte New Country vermarktet wird, ist „The Project“ doch eigentlich eher ein reines Poprock-Album geworden. Der Nashville-Bezug wird lediglich durch das involvierte hochwertige Umfeld (Studio, Produzent, Musiker und Co-Songwriter) gewahrt.

Das ist aber relativ egal, denn die Scheibe macht von vorne bis hinten Spaß und verbreitet dementsprechend einfach auch gute Laune. Miss Ell hat ein talentiertes ‚Händchen‘ für eingehendes Songwriting. Vor allem die Refrains bohren sich quasi schon mit dem ersten Hördurchgang ins Gedächtnis. Ihre ausdrucksstarke Stimme, die tolle Instrumentierung durch sie und ihre Mitmusiker (Brandon Bush, Kristian Bush Andrew DeRoberts, David Labruyere, Travis McNabb, Kevin Spencer und Ben Williams), sowie der durch Kristian Bush sehr schön eigefangene transparente und glasklare Sound, trugen das Übrige zum Gelingen bei.

So könnten Tracks wie der Opener “Waiting On You“, das prickelnde „Champagne“, in dem sich die Protagonistin – ob Segen oder Fluch sei mal dahingestellt –  ein wenig wie Actrice Jessica Biel fühlen darf, das sommerlich fröhliche „Good“, das farbenfrische, tanzbare „Mint“ (herrlich gluckerndes E-Piano), das kräftige freche „Just Another Girl“ (Ähnlichkeit mit HER) und das flapsige „Always Kiss The Girl“, problemlos von jeder Radiostation aufgegriffen werden.

Die Kanadierin versteht es aber auch meisterhaft Atmosphäre zu erzeugen und E-Gitarre zu spielen. Das ebenfalls textlich beeindruckende „Castle“ (über die menschliche Gier nach immer Mehr), „White Noise“ (dezentes Little Big Town-Flair), „Criminal“ (mit zwei starken E-Gitarren-Soli), „Space“ (schön bluesige E-Fills) oder das melancholische „Worth The Wait“ zum Abschluss, sind hier als Paradebeispiele anzuführen.

Der rockigste Track des Werkes ist ohne Zweifel das shufflige „Wildfire“ wo Lindsay in Chrissie Hynde-Manier, ein wenig Pretenders-Flair versprüht. Großartig hier der E-gitarrenlastige Instrumental-Ausklang, bei der sie ihr im Blues Rock präferiertes Spiel etwas intensiver ausleben darf.

Projekte gibt es ja in der heutigen Zeit, am laufenden Band, hier und überall, vor allem viele, die zu Lasten der steuerzahlenden Menschheit mit schwindelerregenden Kosten verbunden sind und dabei zum Teil auch noch in den Sand gesetzt werden. Die ist alles bei Lindsay Ells neuer CD nicht der Fall.

„The Project“ ist endlich mal ein Projekt, das Sinn macht, gelungen umgesetzt wurde und somit einen musikalisch spaßigen Mehrwert garantiert. Ein reichbebildertes Booklet mit allen Texten und Infos sowie ein farbenfrohes Cover mit einer hübsch in Szene gesetzten Protagonistin mit inbegriffen. Demnach uneingeschränkte Kaufempfehlung!

Stoney Creek Records (2017)
Stil: New Country

01. Waiting On You
02. Champagne
03. Castle
04. Good
05. Wildfire
06. Mint
07. White Noise
08. Criminal
09. Just Another Girl
10. Space
11. Always Kiss The Girl
12. Worth The Wait

Lindsay Ell
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