Victoria Ginty – Unfinished Business – CD-Review

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Zunächst möchte ich mal meine Freude zuteil werden lassen, dass sich unsere engagierte Arbeit scheinbar auch in den Staaten rum zu sprechen scheint. Als aktuelles Beispiel möchte ich hier eine Dame namens Victoria Ginty aus Tampa Bay, Florida, anführen, deren Management mir jetzt ihren neuen Lonplayer „Unfinished Business“ ohne jeden vorherigen Kontakt zugeschickt hat.

Die mir bis dato völlig unbekannte Künstlerin ist seit 2015 im Sunshine-State musikalisch präsent und auch schon in Nashville unter Vertrag gewesen. Nach einer Live-Scheibe, gilt es vermutlich jetzt, den Karriereverlauf mit eigens kreiertem Material unter Studiobedingungen zu unterfüttern.

Die größtenteils von Victoria mit diversen Co-Writern (den Löwenanteil hat ein gewisser Mike Ivey beigetragen) unter den Umständen einer beendeten und neu gefundenen Liebesbeziehung komponierten Tracks, wurden mit ihrer, sie aktuell begleitenden Tourband namens Ladyhawke (J. Livington – bass; G. Lougen – guitar; R. English – piano; B. Decker – organ; J. English – drums; G. Castillo – Percussion; J. Diggs – bgv; E. Wozniak – sax; C. Weierich – trumpet; J. Cheslak – trombone) eingespielt.

Die allesamt recht swampig und soulig, instrumentell meist sehr schön ausgefeilten Blues-Tracks (da bleibt kaum ein Stück unter 4 Minuten), erinnern mich aufgrund der Bläser-Präsenz an den Sound, den man aus den Muscle Shoals-Umfeld oder zum Teil auch aus New Orleans kennt. Die Ginty hat eine energische, dazu gut passende Stimme, durchaus mit der Ausstrahlung einer ‚Grande Dame‘.

Als markanteste Songs würde ich das retro-bluesig swingende Titelstück „Unfinished Business“ (hier als Clip in einer Live-Version), die allmaneske Ballade „Hard To Move On“, der 81/2 Minuten währende Slow Blues „Every Night, Every Day“, der atmosphärische Schwofer „Water“ (mein Lieblingsstück des Werkes, tolle E-Gitarre, Harmonies, herrlich quäkende Bläser-/E-Gitarren-Solo-Kombination) und das gelungene Terence Trent D’Arby-Cover von „Sign Your Name“ (mit schönem Latin-Vibe) anführen.

Fazit: Victoria Ginty bietet mit ihrem Studio-Debüt „Unfinished Business“ einen musikalisch sehr reifen Einstieg in die Blues-Szene. Hier hat alles Hand und Fuß. Als Referenzgrößen würde ich Damen wie Bekka Bramlett, Dusty Springfield, Eve Selis, Big Mama & The Cool ungefähr benennen, vom Spielstil ihrer Begleiter her kommen mir Acts wie Delta Moon oder The Radiators spontan in den Sinn. Ihre Biografie, bzw. ihr Business wird unter diesen Voraussetzungen in Zukunft sicherlich weiter mit Leben gefüllt werden.

Blue Door Records (2018)
Stil: Blues, Soul, R&B

01. Unfinished Business
02. Take Me Down
03. Hard To Move On
04. You Don’t Love Me No More
05. Every Night, Every Day
06. Give It Up
07. Water
08. Sign Your Name
09. Lyin‘ (In Each Others Arms)
10. Do Me Right
11. The Blues Found Me

Victoria Ginty
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Devin Dawson – Dark Horse – CD-Review

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Mit Devin Dawson betritt ein weiterer hochtalentierter Jungkünstler die Bühne Nashvilles. Kein geringerer als Star-Produzent Jay Joyce (The Wallflowers, Emmylou Harris, John Hiatt, Eric Church, Little Big Town) erkannte sein Potential und verhalf dem zuvor bereits durch YouTube-Clips populären Burschen, direkt zu einem Major-Kontrakt bei Warner Music Nashville.

Zwölf gelungene Eigenkompositionen (mit teilweise namhaften Co-Writern wie a. a. Barry Dean, Brett Beavers und den Warren Brothers), sein starker variabler Gesang und seine Einbindung an der Akustikgitarre (da gibt es ja wahrlich auch viele Spezialisten unter Nashvilles Studiomusiker-Zunft) sind zweifellos Indikatoren dafür, warum Joyce hier frühzeitig seine Fühler in Richtung Dawson ausgestreckt hat.

Trotz seines Lippenbekenntnisses im Titelstück „Dark Horse“ mit „my heart bleeds for country music“ benötigt man, wie schon in letzter Zeit bei Kollegen der Marke Brown, Hunt, Rhett & Co., meiner Ansicht nach, bis auf ein paar typischer Akustik- und E-Gitarrenspiel-Ingredienzien (Steel-ähnliches Slide, Bariton-E-Fills), doch ein erhebliches Maß an Phantasie, um Genre-Bezüge herzustellen.

Vieles erinnert mich persönlich von der dezent introvertierten, melancholischen Art und auch vom Gesang her, an die weniger Blues-betonten Sachen eines John Mayers. Überwiegend sehr schöne Musik zum Relaxen, manchmal auch tanzbar, nicht zuletzt auch dank der sehr transparent und glasklaren Produktion von Joyce.

Wir tauchen mit „Dip“, „Placebo“, „War Paint“ und „Prison“ in zum Teil sehr kühl und distanziert wirkende Klangwelten ein, aber genießen auch mit Stücken wie „Second To Last“ oder „Symptoms“ das wärmende Esprit R&B-lastiger Kreationen.

Besonders Spaß bereiten mir die Sachen, wo zumindest unterschwelliges (New) Country-Flair aufkommt. Hier stehen mit dem wunderschönen Ohrwurm „All On Me“ (erste Single mit Top-20-Platzierung), dem atmosphärischen „Asking For A Friend“ (Acoustic Slide), „I Don’t Care Who Sees“, dem Schwofer „Secondhand Hurt“, „I Can’t Trust Myself“ und dem finalen, Melancholie-getränkten Titelstück „Dark Horse“ doch gut die Hälfte der Tracks zu Buche.

Trotz eines gewissen Faibles Devin Dawsons für die Dunkelheit (Coverartwork mit allen Texten als auch der Videoclip zur ersten Single sind komplett im düsteren Bereich der Schwarz/Weiß-Skala gestaltet), stellt der Protagonist mit seinem insgesamt hörenswerten Debütalbum „Dark Horse“ die Weichen in eher rosarote Zeiten.

Atlantic/Warner Music Nashville (2018)
Stil: R&B, Countrypop

01. Dip
02. All On Me
03. Asking For A Friend
04. Second To Last
05. Symptoms
06. I Don’t Care Who Sees
07. Secondhand Hurt
08. Placebo
09. War Paint
10. I Can’t Trust Myself
11. Prison
12. Dark Horse

Devin Dawson
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Warner Music Germany