Frank Foster – Southern Soul – CD-Review

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Überragend! „Southern Rock-Country“, fett, saftig, mit tollen Melodien und großartigen Gitarren, wie man ihn besser kaum spielen kann! Frank Foster heißt der Mann, aus dem nördlichen Louisiana stammend, der jetzt mit „Southern Soul“, seinem dritten Album, in der (Southern) Country Rock-Szene ein mehr als fettes Ausrufezeichen setzt. Duftmarken von Southern Rock Bands wie Lynyrd Skynyrd, The Marshall Tucker Band, The Charlie Daniels BandBlackberry Smoke, Rambler oder  Dry County sind omnipräsent, aber auch Outlaw-Größen wie Hank Williams jr. und Waylon Jennings samt Sohnemann Shooter Jennings, wie auch New Country-Sänger der Marke Billy Ray Cyrus oder Bobby Pinson sind sind in Franks Musikspektrum wiederzufinden.

Das elf Tracks umfassende Album fließt herrlich, ohne jegliche Schwachstellen dahin. Da sieht man sich vorm geistigen Auge zu dieser wunderbaren „Mucke“ irgendwo in den tiefen Swamps des Südens auf der Veranda einer Holzhütte sitzemd, die von staubigen Cowboystiefeln umhüllten Füße auf dem Tisch liegend (natürlich eisgekühlte Bierdosen zur Hand), einfach nur herumpflegeln. Die CD beginnt mit einer rhythmischen „Crazy Country Night“: Schöne fluffige Akustikgitarrenuntermalung, zu der sich dann die typischen E-Gitarren und und sumpfigen Slidefills gesellen. Hat diese Nummer eine großartige Melodik, einen saftigen Sound. Eine Wonne!

Fosters wohlige Wäme versprühende, raspelnde Stimme erinnert sofort an die eines Billy Ray Cyrus. Beim folgenden „Bringin‘ My Pole“ kommen direkt wehmütige Reminiszenzen an Lynyrd Skynyrds Klassiker „Things Goin’ On“ auf, stark hier besonders die quäkigen Telecaster-Licks. Überhaupt haben die beiden Gitarristen Chris Lohr und Topher Peterson das große Einmaleins des Skynyrd’schen Gitarrenspiels bestens einstudiert und ergänzen sich nahezu meisterhaft. Als Rhythmus-Fraktion komplettieren Caleb Hooper (Bass, BGV) und Jeremy Warren (Drums, Percussion) das Quintett um ihren Frontmann Frank Foster, der alle Lieder allein komponiert hat.

Aber auch einige wenige Gastmusiker wissen durchaus Akzente zu setzen. Klasse die pfeifenden Hammond- und gluckernden E-Piano-Einlagen von Dave Cohen, die die herrlich famose, swampige Stimmung bei „Backwood Babydoll“ (wieder saustarke E-Gitarren) noch mehr rauskitzelt. Man spürt förmlich, wie der Schweiß aus sämtlichen Poren tritt. Grandioser Song. Nach der Pathos-geladenen Countryballade „Who I Am“ folgt mit dem melancholisch zurückblickenden „Good Old Days Are Gone“ ein Song, der so ein wenig „Made In The Shade“-Feeling aufkommen lässt. Herrlich hier die den Ton angebende Dobro-Arbeit des weiteren, recht stark eingebundenen Gastspielers Kyle Everson (auch mit einigen Steelguitar-Einlagen vertreten).

Mann, hätte ein Ronnie Van Zant – so wäre er noch am Leben – einen Spaß an Typen wie jenem Frank Foster gehabt… Songs wie „Old Man In Me“, „Miss Those Days“, „Against The Wall“ (dezentes Bob Seger Flair) und „Been Gone“ erzählen allesamt zu Midtempo-E-Gitarren-/Steel-Klängen kleine, sympathisch rüberkommende Geschichten, bei denen man schön relaxt innehalten kann. Unterbrochen allerdings vom temporeichsten Stück des Werkes „Gettin’ Right“. Erneut treffen fulminante Southern Rock-Gitarren (inkl. heulendem Solo) auf rotzigen Redneck-Gesang Marke Dry Country: Textfragmente im Refrain wie „…Yelling Skynyrd and Hank…“ zeigen mehr als deutlich, wo’s lang geht.

Am Ende hält Foster dann nochmal mit „That Kid“ eine echte Granate bereit. Wieder sein typisches Storytelling und dann mischen sich weinende Steel und toll gepielte E-Gitarren dazu. Grandios, wie sich dann ein bedächtig beginnendes „Gitarren-Lüftchen“ zu einem regelrecht heftigen Solo-Gewitter, wie es wohl so schön nur im Southern Rock zu erleben gibt, kurz vor Ende des Stücks zusammenbraut. Zum Ausklang haucht Frank dann noch zwei, drei emotionale Sätze ins Mikro. Klasse! Eine Art „Lucille“ im Southern Rock-Outfit.

Frank Foster legt mit „Southern Soul“ zum Ende des Jahres 2013 noch mal ein echtes Pfund hin. Ein massiver (Geheim)Tipp für alle Southern Rocker und Country Outlaws! Eine Scheibe, die scheinbar spielend leicht Southern-, Outlaw Country Rock und dezente New Country-Zutaten harmonisch miteinander verschmelzen lässt. Er und seine Band erfinden das Rad sicher nicht neu, aber sie machen das einfach „zum Zunge schnalzen“. Frank Foster und seine Mannen haben – und das spürt man sofort – einfach eine Südstaaten (Rock)-Seele!

Malaco Records (2013)
Stil: Southern Rock

01. Crazy Country Night
02. Bringin‘ My Pole
03. Backwoods Babydoll
04. Who I Am
05. Good Old Days Are Gone
06. Old Man In Me
07. Gettin‘ Right
08. Miss Those Days
09. Against The Wall
10. Been Gone
11. That Kid

Frank Foster
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Bärchen Records

The Dirty Guv’nahs – Somewhere Beneath These Southern Skies – CD-Review

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Die Dirty Guv’nahs ziehen weiter ihre Kreise! Mit ihrem neuen, wundervollen Werk „Somewhere Beneath These Southern Skies“ eröffnet sich das Sextett aus Knoxville/Tennessee nun ganz neue Dimensionen. Trotz bärenstarker Alben im Vorfeld, unzähliger begeisternder Live-Shows, „standout festival appearances at Bonnaroo, Wakarusa, SXSW and others“, sowie einer stetig wachsenden Fanbasis, konnten sich die Mannen um ihren energiegeladenen Frontmann James Trimble und Gitarrist Michael Jenkins (beide auch diesmal wieder hauptverantwortlich für das Songwriting) bisher doch eher nur einen, allerdings hoch geachteten, Insider-Status erarbeiten (Rest des Line-ups: Aaron und Justin Hoskins, Chris Doody und Cozmo Holloway).

Dies dürfte sich mit dem neuen, fantastischen Silberling allerdings schlagartig ändern. Denn diesmal wird das 14 Songs umfassende Werk genau den Zahn der Zeit treffen. Der Band gelingt es glänzend ihre neuen Stücke in einem, und das meinen wir im positivsten aller Sinne, radiotauglicheren Gewand zu präsentieren, ohne dabei auch nur annähernd ihre bisherigen Trademarks zu sehr in den Hintergrund zu drängen. Das heißt, dass sowohl die Fans ihres leicht retro-infizierten, rock’n’roll-getränkten Southern Rocks, so gut wie keine Einbußen zu verkraften haben, aber auch jede Menge neue Fans durch eine sehr peppige und moderne Präsentation ihrer Lieder hinzugewonnen werden dürften.

Ein absolut schwieriger Balanceakt, der grandios gelingt. Das schöne dabei ist, dass ihre Aura einer typischen Live-Band, auch im Studio wunderbar erhalten blieb. Zum Auftakt schreit uns James Trimble direkt aus tiefstem Herzen ein inbrünstiges „Can You Feel It?“ entgegen und dann geht es in typisch euphorischer Guv’nahscher Manier mit dem gleichnamigem Song in die Vollen. Ja, wir fühlen es – und wie! Das ist Musik, die einen regelrecht ansteckt, das spürt man sofort und ist unmittelbar von der herrlichen, rootsigen Instrumentierung und der traumhaften Melodik gefangen. „Yes we do“ möchte man ihm direkt danach am liebsten entgegenschmettern.

Auch im weiteren Verlauf wird der Gute Laune-Pegel mit kleinen Durchatmern („Fairlane“ ein toller, souliger, wunderbar relaxter „Southern-Schwofer“ – klasse Slide-Solo) fast immer am oberen Limit gehalten. Herrlich, wenn beispielsweise bei „Good Luck Charm“ dem typischen Stones-Intro-Riff ein markiger Rocker wie zu besten Bob Seger-Zeiten folgt,.Goßartig hier auch die, in bester Alto Reed-Manier eingestreuten Saxophon Einsätze (arrangiert von Jeff Coffin). Überhaupt fühlt man sich bei vielen Tracks an diverse Größen des Business (Ther Black Crowes, Bruce Springsteen, The Rolling Stones, The Kings of Leon, Sister Hazel) erinnert, ohne aber den eigenen Charme und die eigene Identität einzubüßen.

Das Ganze wird vermutlich zu immens steigenden Popularitätswerten führen, sofern, davon ist aber auszugehen, die Radiostationen mitspielen. Sie finden hier aber tatsächlich einen immensen Fundus an tollen Stücken vor und dürften letztendlich sogar die Qual der Wahl haben, denn Ausfälle gibt es absolut keine. Der von den Hoskins-Brüdern entfachte flammende Rhythmus-Teppich, die immer wieder im Southern Rock verankerten E-Gitarren von Jenkins und Holloway, die raffinierten Orgel- und Piano-Einlagen (mit viel Honkytonk) von Doody und dieser sich immer am Limit zu bewegen scheinende, sich total verausgabende Gesang Trimbles (so eine Mischung aus Chris Robinson und Rob Thomas) sind schon eine Wucht.

Und so kommen die Lobeshymnen arrivierter Magazine wie „The Dirty Guv’nahs sling out boozy, bluesy Southern Rock with plenty of soul, chops and a rugged commitment to prove themselves at every show“, „Youth may be in their blood, but tradition guides their instincts“ oder „The Dirty Guv’nahs don’t just play music; they capture the human experience through song“ nicht von ungefähr. Mit ihrer neuen CD „Somewhere Beneath These Southern Skies“ haben die Dirty Guv’nahs einen echten Meilenstein in ihrer Karriere gesetzt. Energiegeladener, richtig Laune machender, herrlicher Southern Rock’n’Roll vom Feinsten, in der Tradition der Stones, Black Crowes, Georgia Satellites, Bob Seger, Faces & Co., der einen richtig mitreißt. „You will feel it“…

Dualtone Music Group (2012)
Stil: Southern Rock

01. Can You Feel It
02. Don’t Give Up On Me
03. Good Luck Charm
04. Temptation
05. Honey You
06. Live Forever
07. 3000 Miles
08. This Is My Heart
09. Fairlane
10. Lead Kindly Light
11. Dear Alice)
12. Child)
13. Goodnight Chicago
14. One Dance Left

The Dirty Guv’nahs
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Galloway & Kelliher – Outlaws & Renegades – CD-Review

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Die Rockmusik steckt doch immer wieder voller Überraschungen. Da tauchen zwei schon etwas reifere Herren wie aus dem Nichts in der Southern Rock-Szene auf und legen eine richtig starke Debüt-Scheibe hin! Die Rede ist von Mike Galloway und Tim Kelliher, zwei Namen, bei denen ich lügen würde, wenn ich behaupte, dass sie mir in meinem bisherigen Leben im musikalischen Sinne schon mal bewusst erschienen wären.

Aber die beiden in Florida lebenden Recken waren in früheren Tagen auch eher in der Blues-/Blues Rock-Sparte aktiv (Galloway als Frontmann einer Band namens The Midnight Creepers, Kelliher bei seinem Cousin Mark Emerick in einer Truppe namens SouthPaw), trotzdem behaupte ich mal einfach, dass sie auch bei meinem Kollegen, dem wandelnden Blues-Lexikon Joe Brookes, eher für nichtsagendes Schulterzucken sorgen dürften. Sie haben aber laut Bio schon mit vielen bekannten Musikern gearbeitet, u.a. auch für einige namhafte Southern-Acts (Blackfoot, Allman Brothers).
Auf dem Cover blicken uns zwei sonnenbebrillte, echte Typen entgegen. Galloway könnte als Bruder von Orange County Chopper-TV-Kultfigur Paul Teutal sr. durchgehen, wenn er noch ein wenig an seinem grauem Schnauzer feilen würde, Kelliher ähnelt mit seinem bescheuerten Hut einem als Cowboy verkleidetem Klaus Meine (sorry Tim, soll keine Beleidigung sein…). Im Gegensatz zur vor einiger Zeit von mir beleuchteten Scheibe von Smith & Harley, zur der ich zunächst spontan Ähnlichkeiten vermutet habe (es gibt hier auch durchaus Stücke, die der Biker-Klientel schmeicheln könnten), ist das musikalische Niveau aber in deutlich höheren Regionen anzusiedeln.

Galloway glänzt neben seinen außergewöhnlichen Qualitäten als Harp-Spieler auch mit einer trockenen, whiskeygeschwängerten und sehr bissigen Stimme, wie wir sie einst von Molly Hatchet-Frontman Danny Joe Brown zu schätzen gelernt haben, Tim Kelliher weiß sämtliche Gitarrenkünste aller wichtigen Southern-Genre-Vertreter im Gibson-Bereich mehr als nur zu imitieren. Und so erhält man summa summarum neun sehr gefällige, abwechslungsreiche Southern Rock-Stücke mit dezenten Blues Rock-Tupfern, die man sofort in sein Herz schließt.

Vom flotten Opener „Rebel Rock“ (erinnert von der Untermalung an ZZ Tops „La Grange“, kombiniert mit Skynyrd– und Hatchet-Einflüssen, klasse Instrumental-Finish) bis zur abschließenden Live Studio-Session „Blues In The Morning“ (stampfender Southern-Blues Rock mit Harp und HT-Piano), werden alle Facetten aus der Blütezeit des Southern Rocks gestreift. Nicht zuletzt dadurch begünstigt, dass relativ viele Stücke mit über fünf Minuten Spielzeit aufwarten und viel Platz für instrumentale Gestaltungsmöglichkeiten offen lassen.

Mir persönlich gefallen die sich im Dunstkreis der Marshall Tucker Band befindlichen, entspannten „Virginia Moon“ (schöne Twin-Gitarren a lá Caldwell/McCorckle, herrliches Country-Flair) und „Carolina Mountain Time“ (Double Leads-Passage, schöne Pianountermalung, gurgelndes Organ-Solo), das ebenfalls recht balladeske und an die Allman Brothers angelehnte „‚Nite Train“, aber auch die mächtig ins Bein gehenden „Hurt“ (Johnny Cash-inspiriert, aber in Wahrheit als Doc Holliday-/Molly Hatchet-Kracher serviert) und „She’s Got The Rhythm“ (klasse Southern-Blues-Boogie im Stile von Molly Hatchet zur „Flirtin‘ With Disaster“-Phase).

Im Prinzip haben Galloway & Kelliher ein Werk ohne große Schwächen abgeliefert, das einen wehmütig in einstige Southern Rock-Zeiten zurückschwelgen lässt. Hier wurde zwar nicht gerade eine Bewerbung für den Genre-Innovationspreis abgegeben (außer bei „Willie“ mit seinem integriertem ‚Redneck Rap‘), aber das in der Szene über Jahrzehnte geschätzte Liedgut mit viel Liebe abgewandelt und weitergepflegt (ähnlich wie es Rambler auf ihrem Erstling getan haben). Aus diesem Grunde bleibt eigentlich nur ein Fazit. Die Kombination aus Country-, Blues- und Southern Rock, wie sie von Galloway & Kelliher auf „Outlaws & Renegades“ praktiziert wird, passt hervorragend zusammen. Nachschlag gerne erwünscht!

Eigenproduktion, 2007
Stil:  Southern Rock

01. Rebel Rock
02. Virginia Moon
03. Willie
04. ‚Nite Train
05. Hurt
06. Carolina Mountain Time
07. She’s Got The Rhythm
08. Edna
09. Blues In The Morning

Galloway & Kelliher
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Tim McGraw – Southern Voice – CD-Review

Respekt, Respekt! Tim McGraw hält auch auf seinem bereits 12. Longplayer „Southern Voice“ sein hohes Niveau, und das trotz der riesigen Erfolge. Nach wie vor sind keine Anzeichen von „Müdigkeit“ oder gar von Schwächen bei ihm wahrnehmbar. Er knüpft mit diesem Werk vielleicht sogar wieder ganz nah an seine starken Zeiten an, die ihn Ende der neunziger Jahre in den Superstarstatus hievten. Auffällig einmal mehr das sorgfältig ausgesuchte, exzellente Songmaterial, zumeist im Midtempo-Bereich, das ihm wie auf den Leib geschneidert ist.

Auch diesmal setzte Tim wieder weitestgehend auf Konstanz. Eingespielt wurden sämtliche Stücke, bis auf das finale „Love You Goodbye“, mit seinen Dancehall Doctors (Billy Mason, John Marcus, Bob Minner, Jeff McMahon, Denny Hemingson, Darren Smith, Dean Brown und David Dunkley), die zudem seit Jahren einen Garanten für McGraw’s grandiose Live-Vorstellungen abgeben. Produziert hat Tim, wie schon bei den Vorgängern, zusammen mit seinen Langzeitweggefährten Byron Gallimore und Darren Smith.

Im Vorfeld zu „Southern Voice“ hatte es allerdings hinter den Kulissen gewaltig im Gebälk geknistert, nachdem Curb Records eine dritte Greatest Hits-Kompilation ohne Zustimmung McGraws veröffentlicht hatte. Insider mutmaßen bereits, dass dies die letzte Zusammenarbeit McGraw/Curb gewesen sein könnte. Schön, dass die Qualität von „Southern Voice“ aufgrund der internen Querelen überhaupt nicht gelitten hat, im Gegenteil: Der als Sohn eines Baseballspielers in Delhi, Louisiana geborene, mittlerweile auch vermehrt als Schauspieler tätige und sozial überaus stark engagierte McGraw scheint in seiner Paradedisziplin noch mal richtig angreifen zu wollen.

Den Auftakt bestreitet Tim zunächst mit der wunderschönen, entspannt instrumentierten Ballade „Still“, die sich im Verlauf des Songs emotional steigert und mit einem sehr schönen E-Gitarren-Solo verziert wurde. Das folgende „Ghost Town Train (She’s Gone)“ bietet für McGraw recht ungewöhnliches Retro-Western-Countryflair. Der Song lebt von seiner flockigen Instrumentierung aus klassischem Drumming, Baritone-E-Gitarren-Klängen, garniert mit Fiddle- und Steeleinlagen und einer filigranen Akustikgitarrenpassage.

Etabliert hat sich auch die Zusammenarbeit von Tim mit den Warren Brothers, die gleich drei Stücke auf diesem Silberling komponiert haben: „Good Girls“, eine atmosphärische Ballade (schöne Mandolinentupfer), mit surrendem E-Gitarren-Führungsriff, das locker dahingleitende „If I Died Today“, sowie das auch ihrer eigenen Musik sehr stark ähnelnde, ironisch getextete „I’m Only Jesus“ (psychedelischer Ausklang mit markantem Wah-Wah-E-Gitarren-Spiel). McGraw scheint zurecht einen großen Gefallen an den Songs der beiden gefunden zu haben. Die erste Single „It’s A Business Doing Pleasure With You“ hat bereits im Vorfeld die Top-15 der Charts erreicht.

Ein launiger Seitenhieb auf die Jet-Set-Girls der heutigen Zeit, gebracht im Stil von „Keep your Hands To Yourself“, dem Dan Baird-/Georgia Satellites-Klassiker, dessen flotte, gitarrendominierte, Southern Rock-typische Gestaltung (satter E-Gitarren-Rhythmus, klasse Solo) für viel Auflockerung sorgt. Apropos Southern Rock: Mit dem Titelstück „Southern Voice“ haut Tim einen richtigen Genre-Kracher heraus. Der Song huldigt diverse Musiker, wie Hank Williams, Tom Petty, die Allman Brothers und Charlie Daniels mit markanter Refrainzeile („We’re just boys, makin’ noise, with a Southern voice“), beinhaltet in erträglicher Form ein wenig amerikanischen Patriotismus, glänzt aber vor allem durch viel Power und zwei starken genre-typischen E-Gitarren-Passagen (am Ende mit Twin-Teil und anschliessendem, dynamischem Solo). Ein Klasse-Song, der Southern Rock-Freunden bestens gefallen dürfte.

Südsaaten-Atmosphäre verströmen auch Midtempo-Lieder wie „I Didn’t Know at The Time“, „You Had To Be There“ oder das abschließende „Love You Goodbye“ (u.a. unter Mitwirkung von Shannon Forrest, B. James Lowry, Tom Bukovac, Dan Dugmore), die mit viel Pathos im Stile von Referenzgrößen wie Travis Tritt, Montgomery Gentry oder den Van ZantBrüdern von McGraw vorgetragen werden. Einen Hauch von Sentimentalität bringt dann nochmal das balladeske und sehr authentisch gesungene „Forever Seventeen“. Ingesamt eine sehr starke Vorstellung von Tim McGraw! Feinste New Country-Musik von exquisiter Qualität! Guter Stoff als Grundlage für die längst fällige und hoffentlich bald in Angriff zu nehmende Live-DVD!

Curb Records (2009)
Stil: New Country

01. Still
02. Ghost Town Train (She’s Gone)
03. Good Girls
04. I Didn’t Know It At The Time
05. It’s A Business Doing Pleasure With You
06. If I Died Today
07. Mr. Whoever You Are
08. Southern Voice
09. You Had To Be There
10. I’m Only Jesus
11. Forever Seventeen
12. Love You Goodbye

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Montgomery Gentry – Something To Be Proud Of – The Best Of 1999-2005 – CD-Review

Klasse „Greatest Hits“-Zusammenstellung von Montgomery Gentry! Seit sich Troy Gentry und Eddie Montgomery (übrigens der Bruder des ebenfalls erfolgreichen Nashville-Künstlers John Michael Montgomery) vor sechs Jahren mit ihrem Debütwerk „Tattoos And Scars“ anschickten, in der New Country-Szene für Furore zu sorgen, haben sich die Ereignisse für das Duo förmlich überschlagen. Zahlreiche Hits, Platin-honorierte Album-Verkäufe, Nominierungen, Auszeichnungen, Gigs vor über einer Million Besucher, Teilnahme an so medienwirksamen Events wie das „CMT Outlaw Special“ oder „CMT Crossroads“, und und und. Sie brachten seitdem insgesamt vier Silberlinge heraus, die alle auf einem ansprechend hohen Niveau angesiedelt sind, und trotzdem immer noch so etwas wie kontinuierliche Steigerungen beinhalteten.

Was zeichnet MG eigentlich aus? Zum einen sicherlich die abwechslungsreichen Gesangs-Performances beider Akteure: Eddie mit seiner rauen, kraftvollen aber sehr angenehm ins Ohr fließenden Bariton-Röhre, Troy mit der wesentlich helleren Tenor-Stimme, die aber mit deutlich mehr Aggressivität rüberkommt. So ist das Duo jederzeit in der Lage, sich den fast immer wohlbedachten und mit viel Fingerspitzengefühl ausgewählten Fremdkompositionen (meist arrivierter Songwriter) optimal anzupassen.

Ein anderer Eckpfeiler ihres Erfolges dürfte auch in der von Anfang an praktizierten Zusammenarbeit mit Southern Rock-Größen wie Charlie Daniels oder Lynyrd Skynyrd (mit dementsprechender Einbindung musikalischer Inhalte des Genres) zu finden sein, das dem Duo noch ein Zusatzspektrum (in ihren Ausläufern sogar bis in die Biker-Szene) zur etatmäßigen New Country-Anhängerschaft eröffnete. Will heißen: Auch bei der Southern Rock-Fraktion genießen die beiden einen sehr hohen Stellenwert! Im Prinzip bot sich nach diesen ersten „wilden“ sechs Jahren eine „Verschnaufspause“ zum jetzigen Zeitpunkt mittels einer Compilation geradezu an. Ihr „Best Of“-Sampler beinhaltet naturgemäß einen repräsentativen Querschnitt ihrer vier Alben „Tattoos And Scars“, „Carrying On“, „My Town“ und dem zuletzt super erfolgreichen „Do Your Thing“. Die großen Hits wie „Hillbilly Shoes“, „Daddy Won’t Sell The Farm“, „Lonely And Gone“, „If You Ever Stop Loving Me“, „Speed“, „She Couldn’t Change Me“ und der jüngste Knaller „Something to be proud of“ sind alle mit dabei.

Aber es gibt auch noch drei „Extra-Bonbons“: Zum einen ein bärenstarkes, neues Stück mit dem Titel „She Don’t Tell Me To“ (aus der Feder des namhaften Songwriter-Trios Bob Dipiero/Tom Shapiro/Rivers Rutherford), eine echte Power-Ballade, mit klaren Akustikgitarren, Orgel-Fills, rockigem E-Gitarren-Solo, sehr typisch emotional-kräftigem Gesang von Eddie Montgomery, vor allem im satten, druckvollen Refrain, und dezenten, nicht störenden Streicher-Einlagen. Zum anderen mit „Didn’t I“ einen relaxten Slide-bestückten Song aus dem Soundtrack zum Film „We Were Soldiers“, sowie das von Robert Earl Keen geschriebene humorvolle, und recht unkonventionell weihnachtliche „Merry Christmas From The Family“, bislang nur veröffentlicht auf dem Sampler „16 Biggest Christmas Hits“!

Also, wie man liest, sieht und hört, haben Montgomery Gentry in ihrer jetzt sechs Jahre währenden Karriere schon richtig was bewegt. Diese „Greatest-Hits“-Auswahl untermauert das noch einmal nachhaltig. Ohne Zweifel mehr als nur ein Grund, um ein klein wenig stolz auf sich zu sein!

Columbia Nashville (2005)
Stil: New Country

01. She Don’t Tell Me To
02. Something To Be Proud Of
03. Gone
04. If You Ever Stop Loving Me
05. Hell Yeah
06. Speed
07. My Town
08. Didn’t I
09. She Couldn’t Change Me
10. Daddy Won’t Sell The Farm
11. Lonely and Gone
12. Hillbilly Shoes
13. Merry Christmas From The Family

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Montgomery Gentry – Some People Change – CD-Review

„Some People Change“ heißt das neue, starke Album der beiden Musiker aus Kentucky, ihr mittlerweile fünftes, wenn man mal ihr „Greatest Hits„-Werk aus dem letzten Jahr außen vor lässt. Hört ma sich die Scheibe an, so erkennt man a) schnell ihre Klasse und ist b) geneigt den Titel um den Zusatz „But Montgomery Gentry Don’t“ zu ergänzen, was wir allerdings als klares Kompliment verstanden wissen wollen. Denn auch diesmal sind die Beiden weitestgehend dem Prinzip treu geblieben, das sie auf allen bisherigen Silberlingen durchgezogen haben und das sie zu einem der angesagtesten und erfolgreichsten Major-Acts in Nashville werden ließ, nämlich abwechslungsreicher, druckvoller, herrlich southern-inspirierter, knackiger New Country/ New Country-Rock der Extraklasse.

Also wozu großartig rumexperimentieren, die beiden wissen schließlich ihre Stärken und die setzen sie einmal mehr ein. Ein mit Mark Wright, Rivers Rutherford und Jeffrey Steele überaus erfahrenes, zudem mit exzellenten Songwriterqualitäten ausgestattetes Produzententeam, viele weitere prominente Komponisten, ein Heer von Klasse-Musikern (so ziemlich alles, was in Nashville Rang und Namen hat), alles in exakter Kombination mit den beiden vokal unterschiedlichen Charakteren, lassen einmal mehr nichts anbrennen. Auffällig sicher, dass diesmal Jeffrey Steele, der ja gerade mit seinem Album „Hell On Wheels“ für Furore sorgt, einen recht großen Einfluss auf Sound und Songmaterial des Duos hatte.

Seine Handschrift ist bei Songs wie „Hey Country“ (wieder so ein frecher Southern Countryrock-Song in einem „hippen“ Styling mit toller, satter Double Leads-/Slide-Passage, harten, funky Basslines und starkem Banjo-Break; klasse hier der kurz eingebaute „Can’t You See“-Refrain in einem ganz anderem Gewand, mit dem Montgomery Gentry, wie es eigentlich schon Tradition ist, mal wieder eines ihrer großen Southernrock-Idole würdigen, diesmal eben The Marshall Tucker Band), „Your Tears Are Comin’“ (klasse Coverversion der Steele-Nummer von dessem letzten, bereits erwähnten.Werk, etwa auf der gleiche Qualitätsstufe wie das Original), dem so traurigen, Piano-balladesken „Clouds“, dem ganz starken „Twenty years ago“ (ein großartiger, enmotionaler Song über die Versöhnung eines rebellischen Sohnes am Sterbebett seines hartnäckigen Vaters), und dem schwungvollen, knackigen Outlaw-/Redneck-Feger „What Do Ya Think About That“ (klasse Mandolinen-/Wahbro-Kombination, filigrane Slide-Fills) überdeutlich zu spüren.

Der Opener und gleichzeitig die erste Single, „Some People Change“, kommt im Strophenbereich mit Eddie Montgomerys warmer Stimme zunächst sehr entspannt und melodisch daher, wird aber im Refrain durch Troy Gentry’s Energie-geladenen Gesang stilvoll abgelöst. Dazu gibt es als „Farbtupfer“ einen recht emotionalen, voller Southern Soul steckenden, gospelartigen Chorgesang am Ende. Das Stück befindet sich zu Recht bereits auf dem Vormarsch in den Charts. In etwa die gleiche Kerbe schlägt das glänzende „I’m A Lucky Man“, das mit humorvollem Text recht stoisch von Montgomery dargeboten wird. Die wahre Freude aber ist es immer wieder, wenn Montgomery Gentry ihre knackige New Country-Mucke mit dem obligatorischen Southern-Rock-Flair überziehen, bei dem sich die beteiligten Gitarreros mit all ihrer unzweifelhaften Klasse dann richtig austoben dürfen.

Beispiele dafür sind das bereits erwähnte „Hey Country“, „Takes All Kinds“ (mit sattem E-Slide-Führungsriff), „Redder Than That“ (ein prächtiger Redneck Party-Heuler zum Mitgrölen), das leicht bluesige „A Man’s Job“, wie auch die herrliche Rock’n Roll Country-Nummer „If You Wanna Keep An Angel“ mit wunderbarem, weiblichem Background-Gesang und großartigem Orgel-, Steel- und E-Gitarren-Zusammenspiel. Auch das abschließende „True Ride In The Fast Lane“ enthält Southern-typische, Skynyrd’sche Gitarren-Elemente, Honkytonk-Piano und die typischen „Ooh-Ooh“-Harmonies. Ein Pianoausklang mit sattem Drums-Tusch beendet eine erneut bärenstarke Vorstellung des Duos.

Vielleicht kann man das Album sogar nochmal als Steigerung zum Vorgänger bezeichnen! Wie dem auch sei, wer ihre bisherigen Werke mochte, wird auch von „Some People Change“ begeistert sein, wer die Beiden noch nicht „ausprobiert“ hat, für den wird’s nun endgültig Zeit! Exzellente Vorstellung von Montgomery Gentry!

Columbia Nashville (2006)
Stil: New Country

01. Some People Change
02. Hey Country
03. Lucky Man
04. Takes All Kinds
05. Your Tears Are Comin‘
06. Clouds
07. Twenty Years Ago
08. What Do Ya Think About That
09. Redder Than That
10. A Man’s Job
11. If You Wanna Keep An Angel
12. Free Ride In The Fast Lane

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Montgomery Gentry – Back When I Knew It All – CD-Review

Auch mit ihrem sechsten Studioalbum „Back When I Knew It All“ bleiben Montgomery Gentry eine sichere „Bank“! Alle ihre bisherigen Werke beeindruckten durch kontinuierliche Qualität, gute Musikerleistungen, hervorragend passende Songauswahl und natürlich immer durch das harmonische Miteinander von Bariton-Stimme Eddie Montgomery und der des Tenor-Sängers Troy Gentry. Und wie könnte es auch anders sein, lassen sie sich die beiden typischerweise zum sechsten Mal zusammen auf dem Coverbild abdrucken.

Rumexperimentiert wurde eigentlich hin und wieder nur mal bei der Wahl des Produzenten, die dann allerdings stets von namhafter Natur waren, und fast immer erkannten, dass man dieses Duo niemals musikalisch umkrempeln, sondern höchstens in Nuancen beeinflussen kann. Mit Blake Chancey besann man sich bei „Back When I Knew It All“ diesmal auf einen Produzenten zurück, der im Jahre 2002 sicher eines der stärksten Montgomery Gentry-Alben betreut hatte, das sehr Southern Rock-inspirierte „My Town“ (man erinnere sich z.B. an das tolle Allman Brothers-Cover „Good Clean Fun“). Und mit diesem Blake Chancey ist dem Duo ein erneuter Meisterstreich gelungen!

Das neue Album (southern)rockt wie der Teufel (nicht zuletzt dank der beiden glänzenden Gitarristen Pat Buchanan und Storyville-Saitenhexer David Grissom) und verbreitet gute Laune pur. Nahezu die Hälfte der Stücke („Long Line Of Losers“, „Now You’re Talkin’“, „One In Every Crowd“, „Look Some More“, „I Pick My Parties“) lädt förmlich dazu ein, mal richtig abzurocken und eine ordentliche, viel Dixie-/Southern-Flair versprühende New Country-Party zu feiern. Herrlich humorvolle, augenzwinkernde Texte („Long Line Of Losers“), „Hey Y’all“- Schlachtrufe, Mitgrölpassagen, stampfende Rhythmen, klasse Gitarren, HonkyTonk-Piano lassen einem bereits vor dem geistigen Auge ablaufen, was demnächst auf Montgomery Gentry-Konzerten abgehen wird. Klar, dass sich selbst ein „Feierkönig“ wie Toby Keith nicht lumpen ließ und der Einladung, auf „I Pick My Parties“ vokale Unterstützung einzubringen, Folge leistete.

Nicht zu vergessen der brillante Opener „The Big Revival“, der sich nach dem zunächst etwas gewöhnungsbedürftigen Intro eines Gospelpredigers zu einem furiosen Southern-Country-Rock Stück entwickelt (klasse Banjo-Akustikuntermalung, furioses Zusammenspiel von Chuck Leavell, Pat Buchanan und Steve Grissom mittels fetter Orgel, sägenden Slide-Riffs und grandiosen E-Gitarrenläufen). Vielleicht eines der stärksten Montgomery Gentry-Stücke überhaupt. Zwischendurch wird natürlich dann auch ab und zu mal etwas auf die Bremse getreten und man erhält auch einige hochmelodische Midtempotracks bei denen besonders der Titelsong „Back When I Knew It All“ (sehr flockig dahin groovend), das wunderbar entspannte „Roll With Me“ (Allman Brothers verwandtes E-Gitarren-Riff, warmes Flair, grandiose Melodie) oder das von Hitschreiber Brett James komponierte „One Trip“ (klasse Slide Intro, Pianountermalung, Twin-Gitarrenpassage) zu gefallen wissen.

Erst zum Ende gibt es mit „God Knows Who I Am“ eine von Eddie Montgomery mitgeschriebene und auch gesungene, warmherzige Ballade. Fazit: Montgomery Gentry liefern mit „Back When I Knew It All“ wohl eines der besten Alben seit Beginn ihrer Karriere ab. Hier wurde einmal mehr bewiesen, wie herrlich das Zusammenspiel von New-Country und Southern Rock funktionieren kann, bei gleichzeitiger Akzeptanz in den Charts findet. Sämtliche Stücke bestechen durch enorme Qualität, durchgehend hohes Niveau und fulminante Stimmung, die auf Studiobasis kaum zu toppen ist. Jetzt wäre es eigentlich mal höchste Zeit für eine Live-DVD…

Columbia Nashville (2008)
Stil: New Country

01. The Big Revival
02. Long Line Of Losers
03. Now You’re Talkin‘
04. Back When I Knew It All
05. Roll With Me
06. One In Every Crowd
07. Look Some More
08. I Pick My Parties (Featuring Toby Keith)
09. One Trip
10. It Ain’t About Easy
11.“God Knows Who I Am (Featuring Lillie Mae Rische of Jypsi)

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Thieving Birds – Gold Coast – CD-Review

Vor zwei Jahren lieferte einer der besten, neuen Red Dirt-Acts der jüngeren Vergangenheit ein brillantes Debut ab, nun kommen die Thieving Birds mit dem oft so schweren Nachfolger. „Gold Coast“ heißt die Scheibe – und Leute, die Band knüpft mit ihrer außergewöhnlichen Klasse nahtlos an den Vorgänger an. Grandos schon der Auftakt: Kuhglocken-Drums, ein, trotz allen Drucks, lässig groovender E-Gitarrenrhythmus im Stile der Stones, dazu der charismatische Gesang von Frontmann Ace Crayton, dreckiges Skynyrd’sches E-Gitarren-Solo in „Gimme Three Steps“-Manier und fertig ist der herrliche Opener „In The Summer“, ein Stück, das in dieser Art auch gut in das Repertoire der The Dirty Guv’nahs passen würde. Das ziemlich harsch dahin polternde „Because My Baby Smiled“ hat ein wenig Roadhouse Rock-Flair, Craytons kräftiger, herausposaunender Gesang kommt voller Inbrunst.

Das ziemlich aggressiv vorgetragene „Black Canyon Boom“ bietet Southern Rock mit dezent psychedelischer Note der absoluten Extraklasse. Stark dabei die E-Gitarrenarbeit von John Seidler, dessen Vorliebe für Gibson-Les Paul-Klänge bei seinen Soli offensichtlich ist. Mit „Brother Ryan“ (Red Dirt-mäßssg, klasse E-Baritonführungsspiel und -solo) und dem mit Countryflair behafteten, sehr melodischen „Reasons“ wird dann vorübergehend eine etwas ruhigere Schiene gefahren. Hier erinnert Craytons Stimme immer wieder an die von Randy Rogers. Beim southern-bluesigen „In Your Arms“ groovt, stampft und shuffelt es wieder, dass es eine wahre Freude ist (toll auch hier wieder Craytons wuchtiger Gesang und die satte Rhythmusgebung durch Drummer Beau Brauer und Bassist Rody Molder).

Das rootsige „As Good As It Gets“ hat sogar einen unterschwelligen CCR-„Born In The Bayou“-Touch. Ganz großer „Sport“ ist der Seventies-inspirierte Slow-Blues „Graveyard Love“, wo sich psychedelische Elemente a la Led Zeppelin, progressive Töne Marke Pink Floyd und entspannte Southern Blues-Gitarren zu einem phänomenalen, atmosphärischen Gebräu vermischen. Wunderbar passend dazu auch die gurgelnde Orgel von Gastmusiker Tommy Young. Die abschließenden „December’s Favorite Daughter“ und „When I Arrive“ bieten melodischen, klassischen, sowie unbekümmert und gitarrenbetont verlaufenden Red Dirt-Rock, etwa im Stile der Randy Rogers Band zu Anfangstagen (nur gänzlich ohne deren Fiddle-Note). Es ist immer wieder eine Freude, diese nachrückenden, hochtalentierten Newcomerbands aus dem schier unendlich scheinenden Fundus der südlichen Sphären der Staaten entdecken zu können.

Die Thieving Birds reihen sich mit ihrem zweiten Werk „Gold Coast“ nahtlos in den Reigen solcher junger, großartiger Acts wie Whiskey Myers, Statesboro Revue, The Dirty Guv’nahs, The Vegabonds oder Blackberry Smoke ein. Was für ein Pracht-Album! Viel Druck, sehr saftiger, satter Sound (produziert hat übrigens Erik Herbst – Eli Young Band, Josh Abbott Band, Casey Donahew Band u.v.m.), fette Drums, tierische, raue Gitarrenlinien, klasse Melodien und jede Menge Southern Rock-Flair! Die Red Dirt Rock-/Countryrock- und Southern Rock-Gemeinde darf jubeln! „Hammer“!

Eigenproduktion (2013)
Stil: New Country

01. In The Summer
02. Because My Baby Smiled
03. Black Canyon Boom
04. Brother Ryan
05. Reasons
06. In Your Arms
07. You Gotta Believe Me
08. As Good As It Gets
09. Graveyard Love
10. December’s Favorite Daughter
11. When I Arrive

Thieving Birds
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Lynyrd Skynyrd – Searching – CD-Review

Ja es gibt sie tatsächlich noch, diese musikalischen Sensationen. Vielen Skynyrd-Anhängern der ersten Stunde wird immer noch die Schockstarre präsent sein, wenn sie bis heute überhaupt denn je überwunden ist, als im Oktober 1977 der Privat-Jet unserer Southern Rock-Lieblinge, die sich gerade auf einen ersten Höhepunkt ihrer Karriere zu bewegten, während ihrer US-Tour vom Himmel herabstürzte. Zwei Crew-Mitglieder, Cassie und Steve Gaines, sowie der Frontmann und das Aushängeschild des Septetts, Ronnie Van Zant kamen, wie allseits bekannt, dabei tragischer Weise ums Leben. Noch heute beschäftigt viele Fans die Frage, wie die Entwicklung von Lynyrd Skynyrd oder die des Southern Rocks überhaupt verlaufen wäre, hätte ihr charismatischer Bandleader das Unglück überlebt.

Nachdem sich die übrigen Musiker von ihren Blessuren nach und nach zu erholen begannen, brodelte bereits die Gerüchteküche, ob, wie und in welche Richtung die zukünftige musikalische Reise gehen sollte. Zunächst wurden naturgemäß die beiden Brüder Ronnies als Nachfolger am Mikro gehandelt. Donnie war aber bereits zu sehr in sein 38 Special-Projekt verwurzelt, der jüngste, Johnny, versuchte ebenfalls schon unter eigenem Namen mit eigener Band Fuß zu fassen. Er schien zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht reif genug für eine Aufgabe dieser Dimension. Natürlich wurden auch große, bereits etablierte Namen ins Spiel gebracht. Und, was bis vor kurzem ein wohl behütetes Geheimnis geblieben ist, es hat tatsächlich intensive, fast Casting-ähnliche (würde man heute sagen) Bewerbungsszenarien hinter den Kulissen gegeben.

Man höre und staune, unter den verbliebenen Kandidaten befanden sich letztendlich, Bob Seger, Paul Rodgers, John Fogerty (alle drei hatten ohne etwaige Auflagen spontan ihr Interesse bekundet) und Dale Krantz. Die wurden nach und nach in die berühmten Muscle Shoals-Studios eingeladen. Dabei bat man sie einen neuen Skynyrd-typischen Song selbst zu komponieren und ihn jeweils mit drei Tracks aus dem bestehenden Skynyrd-Fundus (nach freier Wahl) mit den verbliebenen Musikern (als dritter Gitarrist war wieder Ed King mit am Start) neu im Studio einzuspielen. Man wollte einfach genau testen, wer letztendlich am besten zur zukünftigen Gitarrenarmee aus Jacksonville passen würde. Seger brachte sein „Turn The Page“ mit, Rodgers hatte ein Stück namens „Straight Shooter“ im Gepäck (das Stück wurde nie veröffentlicht, nur das mit wohl beste Bad Co.-Album wurde bekanntlich später mit diesem Namen versehen), Fogerty versuchte mit „Proud Gary“ (eine emotionale Hommage an das Gitarrenspiel der Band) Pluspunkte für sich zu ergattern, die bis dato völlig unbekannte, allerdings von Donnie Van Zant empfohlene Krantz erschien mit „Love Your Man“.

Die Aufnahmen gestalteten sich schnell und unkompliziert (kein Wunder bei Könnern dieses Kalibers), die Tracks waren recht schnell eingefahren. Seger und Rodgers zogen ihre Bewerbung aufgrund eigener Erfolge aber kurze Zeit später wieder zurück. Übrig blieben John Fogerty und Dale Krantz. Gary Rossington und Dale Krantz waren sich bei den Aufnahmen näher gekommen und so hatte John Fogerty trotz der Rossington sehr schmeichelnden, o.a. Countryrockballade letztendlich keine Chance, zumal sich auch rechtliche Auseinandersetzungen mit Judy Van Zant, Ronnies Frau, anzubahnen drohten (sie bestand, wenn Skynyrd fortbestehen sollte, in jedem Fall auf einen Van Zant als Leadsänger). Wie hinlänglich bekannt, entschieden sich Rossington und Allen Collins dann doch lieber mit Dale Krantz (später Dale Krantz-Rossington) unter eigener Fahne weiterzumachen.

Was übrig geblieben ist, sind die Aufnahmen dieser hochbrisanten ‚Bewerbungssessions‘ (recht passend mit „Searching“ tituliert), die bis vor kurzem in den Archiven geschlummert haben, aber jetzt mit juristisch abgesegneter Genehmigung der Van Zant-Witwe zur Veröffentlichung freigegeben wurden. Wir sind ganz besonders stolz, die exklusiven Vermarktungsrechte in Deutschland erworben zu haben, vor allem, weil jeweils nur eine limitierte Auflage von 1.000 Stück für insgesamt vier Länder produziert wurde (USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland). Die Scheibe ist wirklich ein Kracher, unglaublich Paul Rodgers „What’s Your Name“, Seger „Tuesdays Gone“ (Gänsehaut garantiert) oder John Fogerty „That Smell“ mit ihren unvergleichlichen Stimmorganen performen zu hören. Für Dale Krantz hatte man „Gimme Three Steps“ sogar partiell umgetextet, aus ‚Linda Lu‘ wurde z.B. ‚Johnny Blue‘, ‚Mister‘ wurde durch ‚Sister‘ ersetzt, usw., auch ihre rotzige Röhre bei „I Ain’t The One“ ist einfach nur klasse.

Die am 1. April auf den Markt tretende Scheibe kommt übrigens in einem äußerlich zwar recht spartanisch in s/w gestaltetem Digipack, enthält aber ein eingestecktes, achtseitiges 4c-Booklet mit tollen Fotos und Anmerkungen zu den „Searching“-Sessions.

MCA Nashville (2010)
Stil:  Southern Rock

01. What’s Your Name (Rodgers)
02. Simple Man (Rodgers)
03. Cheatin‘ Woman (Rodgers)
04. Straight Shooter (Rodgers)
05. Sweet Home Alabama (Seger)
06. Tuesdays Gone (Seger)
07. I Never Dreamed (Seger)
08. Turn The Page (Seger)
09. Gimme Back My Bullets (Fogerty)
10. Whiskey Rock-A-Roller (Fogerty)
11. That Smell (Fogerty)
12. Proud Gary (Fogerty)
13. I Ain’t The One (Krantz)
14. Searching (Krantz)
15. Gimme Three Steps (Krantz)
16. Love Your Man (Krantz)

Lynyrd Skynyrd
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Lynyrd Skynyrd – God & Guns – CD-Review

Auch ich muss es zugeben. Das große Kribbeln im Bauch bei einer Album-Neuveröffentlichung von Lynyrd Skynyrd, in diesem Fall bei „God & Guns“, wie es früher immer üblich war, ist schon lange nicht mehr da. Das hat in erster Linie gar nicht mal mit den Leistungen der Band zu tun. Der Hauptgrund liegt, was meine Person betrifft, sicher in der extremen Reizüberflutung, der man heutzutage als Musik-Redakteur ausgesetzt ist, in Sachen Skynyrd speziell an dem immensen Grad an Identifikationsverlust, den die hohe, bandinterne Sterblichkeitsrate nun mal zwangsweise mit sich brachte.

Mit dem Ableben von Hughie Thomasson und Billy Powell sind zwei weitere Pfeiler und Sympathieträger des Fundaments der einstigen Rockmusik-Institution, mit der ich groß geworden bin (Ean Evans möge mir bitte verzeihen, dass er von mir bereits als einer der beliebig austauschbaren Musiker eingestuft wird) gewichen, das verbliebene Trio Van Zant, Rossington, Medlocke, versprüht längst nicht mehr die Aura des einstigen Kollektivs. Die Alben der posthumen Ronnie Van Zant-Ära fand ich eigentlich im Großen und Ganzen, mit leichten Schwankungen nach oben („Twenty“, „Edge Of Forever“) oder unten (Vicious Cycle) immer recht gut, es gibt ohne Zweifel zahlreiche, tolle Stücke auch mit Johnny Van Zant-Beteiligung.

Ihren großen Kredit hat die Truppe eigentlich mit ihren Konzerten bei mir verspielt. Statt sich zu einer eigenen Identität zu bekennen und schwerpunktmäßig das eigens erarbeitete Material zu präsentieren, wurde bis zum heutigen Tage immer wieder das übliche „Greatest Hits“-Programm runtergedudelt. Was Anfang der neunziger Jahre vielleicht noch ok war, ist für den mündigen Skynyrd-Freund, Ronnie Van Zant-Kult hin oder her, einfach nur noch nervig. Das Weltbild, was die Band in ihren Texten zum Teil dank seines jüngsten Bruders verkörpert, kommt mittlerweile erschwerend hinzu (schlimme Beispiele sind leider auch wieder auf diesem Werk zu beklagen).
Aber egal, kommen wir zu dem, wofür wir Lynyrd Skynyrd lieben gelernt haben, der Musik. Entgegen den entrüsteten und teilweise recht unsachlich erscheinenden Kritiken anderer Magazine, bin ich der Meinung, dass man bei „God & Guns“ den Ball etwas flacher halten sollte. Das Album bietet bis auf eine unsägliche Phase von drei aufeinander folgenden Stücken („Unwrite That Song“, „Floyd“, „That Ain’t My America“), die allerdings das Gesamtgefüge des Werkes sichtlich stören, eigentlich vom übrigen Rest her gute Southern Rock-Kost, mit jeder Menge schöner Melodien, guter instrumenteller Umsetzung (gewohnt starke, southern-typische E-Gitarrenarbeit) und eine von Bob Marlette (Ozzy Osbourne, Nickelback) modern ausgeführte Produktion.

Das bereits im Vorfeld im Net veröffentlichte rockige „Still Unbroken“, das swampige „A Little Thing Called You“, das melodische an „Sweet Home Alabama“ angelehnte „Southern Ways“, das großartige Van Zant-Medlocke-Duett „Skynyrd Nation“, die fetten Gitarrenpassagen bei „God & Guns“ (den Text bitte ignorieren, echt übel) und das vermutlich Billy Powell gewidmete „Gifted Hands“ (mit einem Hauch von „Free Bird“-Flair) machen richtig Spaß und lassen das Southern-Herz kurz wieder auf höheren Frequenzen schlagen. Ob die integrierten Strings in letztgenanntem Song in Zusammenarbeit mit dem Kölner Gürzenich-Orchester erarbeitet wurden (wir erinnern uns an unseren Artikel vom 1. April dieses Jahres…) gaben die Infos der Promo-CD leider nicht her…

Fazit. Das neue Album „God & Guns“ ist keinesfalls so schlecht, wie es bisher dargestellt worden ist. Wenn man den extremen personellen Aderlass der letzten Zeit berücksichtigt, ist den Skynyrd-Überbleibseln insgesamt ein akzeptables Werk gelungen, das eben auch den Wandel der Zeit repräsentiert. Wer die heutigen Skynyrd politisch als ewig Gestrige (zu Recht) abstempelt, sollte nicht in gleichem Zuge auch auf Gedeih und Verderb nach den guten alten Rockmusik-Zeiten schreien. Die sind nämlich seit fast drei Dekaden passé. Die Entwicklung einer den Bandstrukturen angepassten musikalischen Identität halte ich für richtig, solange das Niveau noch überwiegend in Ordnung ist. Die sollte dann allerdings auch live dementsprechend verkörpert werden. Bei „God & Guns“ stehen insgesamt drei kapitale Böcke neun ganz guten Songs gegenüber. Mit den genannten Abstrichen von daher ein durchaus empfehlenswerter Longplayer!

Roadrunner Records (2009)
Stil:  Southern Rock

01. Still Unbroken
02. Simple Life
03. Little Thing Called You
04. Southern Ways
05. Skynyrd Nation
06. Unwrite That Song
07. Floyd
08. That Ain’t My America
09. Comin‘ Back For More
10. God & Guns
11. Storm
12. Gifted Hands

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