Holman Autry Band – Sweet Southern Wind – CD-Review

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Großartiger Stoff für Southern Rock-Freunde! Die Holman Autry Band, fünf junge Burschen, allesamt in den Mitzwanzigern (der Älteste, Lead-Gitarrist Brodye Brooks, ist gerade mal 27 Jahre alt, dazu kommen Casey King – Lead vocals, Bass, Josh Walker – Guitar, Brandon Myers – Drums und Daniel Sartain – Guitar) aus Madison County in Georgia, legt für ihr bisher erst 3 Jahre währendes Bestehen schon eine mächtige Schlagzahl an musikalischem Treiben an den Tag.

Benannt hat sich das Quintett, bevor man jetzt ins große Grübeln gerät, nicht nach einem alten Südstaaten-General, sondern schlicht nach dem Straßennamen, nämlich der Holman Autry Road in Danielsville, dem Ort, an dem der Probenraum der Band beherbergt ist. „Sweet Southern Wind“ ist bereits das zweite Album der Jungs, die in Athens den „Georgia Battle of The Band“-Kontest gewann und dort auch schon zweimal das geschichtsträchtige Georgia Theatre (dort spielten über viele Dekaden verteilt wahrlich gut bekannte Acts wie u.a. Sea Level, The Police, Widespread Panic, R.E.M.und die Derek Trucks Band, die in dieser Location sogar ein Live-Album aufgenommen hat) bis auf den letzten Platz füllen konnte.

Als Haupteinflüsse nennt der Georgia-Fünfer Kollegen wie Lynyrd Skynyrd, The Allman Brothers Band, Gov’t Mule, Stevie Ray Vaughan, Metallica, Eric Clapton bis hin zur Country-Legende Hank Williams. All das passt auch hervorragend, wobei man stets die Fahnen des puren und klassischen Southern Rocks mit aller musikalischen Würze hoch hält, dabei aber auch immer eine gewisse Lockerheit und Entspanntheit an den Tag legt. Die aktuelle CD wird direkt mit dem großartigen Titelstück „Southern Wind“ eröffnet, das seinem Namen wirklich alle Ehre macht und von einer unwiderstehlichen, warmen Southern Rock-Brise durchweht wird.

Ein etwas kratziges Akustikgitarren-Intro, stampfende E-Gitarren-Riffs mit kraftvollen Drums und eine wunderbar „gurgelnde“ Orgel, die von niemand geringerem als dem legendären Südstaaten-Keyboarder Chuck Leavell (u.a. The Allman Brothers Band, Eric Clapton, The Rolling Stones) gespielt wird, verbreiten sofort eine herrliche Swamp-Atmosphäre. Ein Stück, das im übertragenen Sinn auch prima auf Skynyrd’s starkes „Edge Of Forever“-Album gepasst hätte. Casey Kings Gesang weist vom Stil manchmal durchaus einige Parallelen zu Johnny van Zant auf, doch auch das Timbre eines Gregg Allman ist nicht so sehr weit weg. Das folgende „Hear Me Callin’“ vereint dezente, wenn auch nicht so harte, Molly Hatchet-Anlagen (E-Gitarren-Intro) mit erneutem Lynyrd Skynyrd-Appeal.

Eine jaulende Slide-Gitarre, Kings pumpender Bass und der sehr melodische Refrain mit kurz angedeuteten Harmoniegesängen sind weitere markante Trademarks. „Next Time“ rockt klassisch geradeaus, die E-Gitarren Twin-Passage sorgt für den entscheidenden Southern-Anstrich. Der Knaller des Albums, „Still Loud, Still Proud“, stampft und groovt (wieder klasse Kombination aus E-Gitarren und Orgel), dass es eine wahre Freude ist. Besonders stark der melodische und gefühlvolle Refrain, der am Ende aber wieder den Bogen zur knackig rockigen Strophengestaltung findet. Etablierte Bands wie Skynyrd oder die Allman Brothers, die bei diesem Stück eindeutig Pate gestanden haben, können stolz auf diesen hoffnungsvollen Nachwuchs blicken. Tolle Nummer!

Der „große“ Chuck Leavell setzt dann am Piano bei „In A Little While“ fast die alleinigen Akzente. Der wunderbar melodische Midtempo-Track liegt irgendwo auf einer Linie von Bruce Hornsby, Bob Seger (leichter „Against The Wind“-Touch) und dem Marshall Tucker-Ableger SevenMoore, und wird von Leavells herrlich flüssigen Pianoläufen dominiert. Gleiches gilt für das etwas später folgende „Watch You Go“, bei dem Leavell ein grandioses Klavier-Solo hinlegt. Dieser Song hat zunächst etwas Barroom-Atmosphäre, wirkt dezent soulig und bluesig, endet dann aber mit rollenden Twin-Gitarren wieder im Southern Rock-Gefilde.

Relativ monoton, aber hart, treibend und richtig klasse rockt „Long Nights“ (Mischung aus The Regulators und Lynyrd Skynyrd)! Toll hier das quirlige E-Gitarren-Solo am Ende. „New Breed“ glänzt wieder durch viel Atmosphäre, erzeugt durch ABB-mäßiges E-Gitarren- und Orgel-Zusammenspiel. Darüber hinaus gibt es noch drei Stücke, bei denen durchaus Parallelen zu bereits existierenden Klassikern durchschimmern, die aber natürlich von den Jungs in ein eigenes Gewand verpackt wurden.

„Gypsy“ wippt und groovt in der Tradition von Charlie Daniels‘ altbekanntem Stomper „Trudy“ (Sprechgesang, plus kräftige E-Gitarren- und Orgel-Elemente), das textlich launige „I Ain’t Bitter“ (herrlich surrende Slidepassagen, quirlige Akustikgitarre) könnte als Southern-Antwort zu Steve Millers berühmtem „The Joker“ durchgehen und das abschließende, wunderbare, voller Atmosphäre befindliche, mit filigraner Sirenenfiddle, kratziger Akustikgitarre und trockenem Dobro durchzogene „State Of Peace“ schwebt fast auf gleiche Höhe mit Skynyrds legendärem „All I Can Do Is Write About It“. Ein klasse Abschluß, der keine Wünsche offen lässt.

Mit „Sweet Southern Wind“ ist der Holman Autry Band ein überaus vielversprechendes Werk von konstanter Klasse gelungen. Diese wohlige Südstaaten-Brise lässt man sich gerne um die Ohren wehen. Obwohl Holman Autry natürlich einige Bezugspunkte ihrer arrivierten Vorgänger und Idole aufgreifen, kann man ihren Stil durchaus als eigenständig bezeichnen. Sämtliche Stücke stammen aus der eigenen Feder! Nach Brothers Of The Southland, Rebel Pride, Hogjaw und Blackberry Smoke eine weiterer Hoffnungsträger mit viel Potential für die Zukunft. Das Genre lebt wieder auf!

Eigenproduktion (2009)
Stil: Southern Rock

01. Sweet Southern Wind
02. Hear Me Callin‘
03. The Next Time
04. Still Loud, Still Proud
05. In A Little While
06. Gypsy
07. Long Nights
08. New Breed
09. Watch You Go
10. I Ain’t Bitter
11. State Of Peace

Holman Autry Band
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Bärchen Records

HER – Gold – CD-Review

Einen Tag vor Beginn meiner Abreise in den verdienten Urlaub kam noch die neue Scheibe von der mir liebgewonnen Monique Staffile und ihren Kumpanen ins heimatliche Haus getrudelt. „Gold“ heißt das neue Werk und es hat sich ein bisschen was geändert. Aus dem Kollektivnamen Her & Kings County ist nur noch HER übrig, was eine noch stärkere Fokussierung auf die attraktive Frontfrau impliziert. Auch der Musikstil wurde zugunsten einer etwas jüngeren Zielgruppe deutlich mehr in die Breite modifiziert.

So wie ich es den Begleitinformationen entnehme, sind aber ihre gewohnten Mitstreiter auch weiterhin mit an Bord, vor allem Caleb Sherman, der heimliche Chef der Band, hat beim Songwriting (alle zehn Stücke von ihm und Monique kreiert), der Einspielung (sein prägnantes Banjo- und Akustikgitarrenspiel ist ebenfalls gut vernehmbar) und der transparenten Produktion (er alleine) erneut eine tragende Rolle. Monique singt wieder in ihrer frechen, angriffslustigen, fast rotzigen Art und Weise.

Einige Lieder wie das swampige Titelstück „Gold“, den lasziven Barroomschwofer „Seperately“ und das country-poppige, etwas an die JaneDear Girls erinnernde „Addicted“ hatte sie ja bereits Anfang des Jahres vorab bei ihrem unterhaltsamen Konzert in Köln zum Besten gegeben.

Mit dem New Country-/Southern-Rock affinen Raise A Little Hell-Vorgängeralbum sind wohl noch am ehesten Tracks wie das launige „Tramp Stamp“ (es geht um ein etwas vorschnell getätigtes ‚Arschgeweih’…), das einem ‚Bad Boy‘ gewidmete „Jimmy Jones“ (schöner Country Rock mit Banjo und E-Gitarre), das Big & Rich-verwandte „Betty Ford“ sowie die in Faith Hill-Manier gebrachte Powerballade „Alive“ kompatibel.

Das retro-poppige Auftaktstück „Mine All Mine“, das dezent punkig angehauchte „(Come On) America“ und das mit schon fast kindlichen Gesangsbridges durchzogene „Ring“ fallen ziemlich aus der Rolle, auch wenn hier ab und zu durchaus country-typische Zutaten wie Banjo oder Steel auftauchen. Fast durchgehend eingeflochtene Soundeffekte wie Drum-Loops, Synthies (z. T. simulierte Bläser- und Streichereinlagen), Voicebox, Girlie-Gesang, Hip Hop-Einlagen sowie überdrehte Harmonie-Gesänge und Lead vocals erzeugen eine ständige Unruhe, ja schon fast ‚Hibbeligkeit‘, die für Musikhörer meiner Generation im Ganzen dann doch ziemlich anstrengend ist. Und die zieht sich konsequent wie ein roter Faden durch die gesamte CD.

Das kann man in Dosierung bei ihrem netten Anblick live sicherlich mal verschmerzen, im heimischen Wohnzimmer ist mir das am Stück – auch wenn der Silberling nur eine knappe halbe Stunde dauert – ‚too much‘. Damit kommen vielleicht Baseballcaps-verkehrtrum-tragende Jungspunde der heutigen Zeit ganz gut zurecht, der Cowboyhut-gewohnte Southern-Countryrock-Liebhaber möchte es dann doch musikalisch etwas gediegener und Gitarren-orientierter.

Alles in Allem liefert HER, alias Monique Staffile mit „Gold“ trotzdem eine sympathische und durchaus authentische Platte ab, die eben eher auf jüngere Käuferschichten zielt. Das ist ja auch völlig legitim. Mir persönlich gefällt es aus o. a. Gründen leider nicht so gut. Wenn es nach mir ginge, beim nächsten Mal bitte ein bisschen weniger auf hartes Edelmetall in der Tasche abzielen, aber gerne dafür wieder etwas mehr „Raise A Little Hell“ in die musikalische Waagschale werfen.

India Records (2015)
Stil: Countrypop & More

01. Mine All Mine
02. Tramp Stamp
03. Gold
04. Seperately
05. (Come On) America
06. Ring
07. Jimmy Jones
08. Addicted
09. Betty Ford
10. Alive

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India Media Group

JESS! PR

Kid Rock – Born Free – CD-Review

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Meine Berührungspunkte mit dem in der Nähe von Detroit geborenen Robert James Ritchie, der sich selbst den Künstlernamen Kid Rock auferlegte, konnte ich bisher an einer Hand abzählen. In negativer Hinsicht, als er damals zur Verschandelung des Skynyrd-Klassikers „Gimme Back My Bullets“ seinen, nicht unwesentlichen Beitrag leistete, zum anderen durch seine regelmäßig durch die Medien gegangenen Proll-Attacken. Auch das letztendlich dann doch ziemlich nervende „All Summer Long“ ging an einem, ohne, dass man sich dagegen wehren konnte, nicht spurlos vorüber.

Positiv blieb im Hinterstübchen, dass er ‚frauentechnisch‘ mit mir auf einer Wellenlänge zu schweben scheint (ich bin, zumindest rein optisch, ebenfalls – möge sie sein, wie sie wolle – bekennender Pamela Anderson-Fan…) und sein starkes Duett mit Willie Nelson auf dessen „The Great Divide-Scheibe, als er die Country-Ikone bei „Last Stand In Open Country“ förmlich an die Wand sang. Da bewies er in jedem Fall schon sein großes Gesangstalent.

Nachdem ich das fluffige, groovige „Care“ (herrlich begleitendes Orgel-Spiel, grandiose Gesangsunterstützung von Mary J Blige – wow, was für eine Röhre! Das Stück gibt es übrigens auch noch in einer zweiten, hier nicht vertretenden Version mit Country-Diva Martina McBride als Duettpartnerin; selbst die kurze Einlage von Rapper I.T. ist erträglich und wird deshalb verziehen) im Radio gehört hatte und die nachträgliche Recherche ihn (Kid Rock) als ausführenden Künstler outete, klickte ich bei Amazon mal in die Soundschnipsel des dazu gehörenden Albums „Born Free“ rein. Die machten allesamt einen vielversprechenden Eindruck und auch die Tatsache, dass so namhafte und für Qualität bürgende Künstler wie u.a. Bob Seger, Sheryl Crow, Zac Brown, Trace Adkins, Los Lobos-Chef Dave Hidalgo, Red Hot Chilli Peppers-Drummer Chad Smith, Chavez-Gitarrist Matt Sweeney und Heartbreaker-Klimperer Benmont Tench mit an Bord waren, ließ eine Kaufentscheidung in unmittelbar greifbare Nähe rücken.

Als der bald in Rheinberg, meiner Heimatstadt, ansässige Konzern (die bauen dort zur Zeit ein riesiges Logistikcenter), den Preis für den Download auf 4,23 Euro runtergesetzt hatte (mittlerweile wieder auf 9,94 hochgestuft), griff ich zu und habe es nicht bereut. Eine wahre Sternstunde des Mainstreamrocks, die ich diesem Kid Rock nie und nimmer zugetraut hätte. Ein Ohrwurm reiht sich an den nächsten, kein Hänger über die gesamte Spielzeit.

Klaro, viele werden die Scheibe mit rümpfender Nase als Anbiederung ans gemeine, oberflächliche und konsumorientierte Musikvolk abtun. Ich sehe es, als jemand mit nicht gerade kleinem Horizont in dieser Hinsicht, der immer mal wieder durchaus auch den Blick über den Tellerrand wirft, aber etwas anders. Wenn ein Interpret eine erstklassige Leistung abliefert und hier stimmt von Rocks Songwriting, seinem grandiosen Gesang, den eingebundenen, songdienlich spielenden und mitsingenden Musikern bis hin zur knackigen Produktion, von keinem geringeren als Rick Rubin betreut, einfach alles, sollte man das auch honorieren. Lediglich für die unverbesserliche, Ami-typische zur Schau-Stellung der Knarren auf dem ansonsten lässigen Titelfoto gibt es marginale Abzüge.

Die Stücke sind allesamt abwechslungsreich gestaltet (gut abgestimmte Songanordnung), von der Slow- (das wunderbare „Collide“ mit Bob Seger am Piano; das bluesige „Rock On“), über die Midtempo- („Care“; die beiden mit unterschwelliger Countrynote versehenen „When It Rains“ Richtung Eli Young Band und „Flyin‘ High“ im Duett mit Zac Brown; die melancholisch anmutende Detroit-Hommage „Times Like These“ im Bereich zwischen Bob Seger, den Eagles und Poco und das abschließende „For The First Time In A Long Time“ in Quireboys-Manier) bis hin zur launigen Uptempo-Variante (der heartlandträchtige, stadiontaugliche Titeltrack mit tollen Slidepassagen, der furiose Southern Rocker „Slow My Roll“, mit herrlichen weiblichen Backs und starker E-Gitarrenuntermalung plus Solo, das fröhliche „Purple Sky“, das treibende, nicht nur für Rednecks konzipierte, mitgröhlbare „God Bless Saturday“ im Black Crowes-Stil oder das shufflige, fußwippende, honkytonkeske „Rock Bottom Blues“) ist alles vertreten.

Kid Rock hat mit „Born Free“ zweifellos eine Meisterleistung hingelegt. Eine Art Karrierealbum, das in Zukunft nur schwer zu toppen sein wird. Trotz seiner simplen, eingängigen und radiokompatiblen Strukturen, eine klare Bereicherung meiner Musiksammlung, gerade zu den jetzt wieder steigenden Temperaturen. Irgendein vertracktes musikalisches Konstrukt hinzubekommen, mag für den einen oder anderen zwar spannender und anspruchsvoller sein, der kann dann ja bei Bedarf auch gerne zu den reichhaltigen Alternativen greifen. Mal ehrlich. Wer an meiner Stelle würde zu dieser Jahreszeit (oder auch generell) nicht tausend Mal eher ein, von einem flotten Feger Marke Pamela Anderson serviertes, banales kaltes Bier und ein erstklassig gegrilltes Nackensteak, einem filigranen, von Johann Lafer kredenzten 3-Sterne- Salatteller mit raffiniert begleitendem Früchtecocktail vorziehen? Und wenn es noch so ungesund sein und primitiv erscheinen sollte…!

Atlantic Records (2010)
Stil: Rock

01. Born Free
02. Slow My Roll
03. Care
04. Purple Sky
05. When It Rains
06. God Bless Saturday
07. Collide
08. Flyin‘ High
09. Times Like These
10. Rock On
11. Rock Bottom Blues
12. For The First Time (In A Long Time)

Kid Rock
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Laidlaw – Same – CD-Review

Laid

Gute und schlechte Nachricht für Southern-Rock-Freunde. Die Gute: Nach ihrem schon tollem Debütwerk „First Big Picnic“ ist auch der zweite Ausflug von Laidlaw mit ihrem gleichnamig betitulierten Album in Südstaatengefilde wieder überaus gelungen.
Die Schlechte: Damit dürfte der Höhepunkt des Jahres schon erreicht sein, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeine andere Band in 2004 dieses Schmuckstück toppen können wird.

Endlich mal wieder eine Truppe mit A-Qualitäten also, die sich selbstbewusst anschickt, in die Phalanx der ewig etablierten Bands des Genres einzubrechen, ja ihnen sogar den Rang abzulaufen. Wenn man das in letzter Zeit häufig gebrauchte Wort New-Southern-Rock in den Mund nimmt, kann im gleichen Atemzug eigentlich nur Laidlaw gebracht werden. Schade, dass sie wohl, trotz ihrer Klasse, nicht die große Kohle machen werden, da sind sie einfach zwanzig Jahre zu spät dran. Das Herz der Fan-Gemeinde dieser Stilart werden sie mit dieser CD aber im Sturm erobern, da bin ich mir relativ sicher.

Die raue Gangart des Vorgängers ist zwar ein wenig auf der Strecke geblieben, aber das gesunde Maß an Härte haben sich Joe Pantera, Craig DeFalco und Co. natürlich bewahrt. So haben sie diesmal gleich bei drei Stücken („Everything’s Gonna be Alright“, „Bag Full Of Pills“, „This Must Be Love“) versucht, Country- und Südstaatenrock harmonisch ineinander zu verschachteln, was meiner Ansicht nach auch bestens geklappt hat. Gerade erstgenanntes Lied zählt für mich schon jetzt zu den Top-Balladen des Jahres. Wunderbare Melodie, unaufdringliche Steelelemente, starke Akustik-, Slide- und E-Gitarren, hervorragender Gesang. Ein Song zum Dahinschmelzen.

Der Unterschied zu den ganzen B-Truppen. Die Lieder wirken leicht, haben Charakter und Wiedererkennungswert; ihre Liebe zum Genre ist in jeder Phase des Albums spürbar und nicht aufgesetzt. „5 Knuckle Shuffle“ und „Brings My Baby Down“, beide aus der Feder von Slide-Gitarrist Buzzy James, lassen keine Zweifel an seiner Sympathie für ZZ Top. Unnachahmlich, wie die Herren diesen cool-schwülen Slow-Boogies mit unerhörter Spielfreude Tribut zollen.

Auch vor Lynyrd Skynyrd wird sich nachhaltig verbeugt. Zum einen mit dem als Südstaaten-Blues gebrachten „Ode To Ronnie“. Lustigerweise setzt sich die erste Strophe ausnahmslos aus Titeln ihrer Heroes zusammen. Auch der Refrain ‚He was a simple man, they called him The Breeze, free as a bird, he made me believe‘ braucht wohl nicht weiter kommentiert werden.

Zum anderen wurde, ähnlich wie bei 38 Special damals auf „Rockin‘ Into The Night“ Dale Krantz, diesmal Skynyrd-Background-Dame Carol Chase im Duett bei „Never Been Any Reason“ die Chance gelassen, sich als Frontfrau darzustellen, was ihr auch prächtig gelingt. Alles in allem ein Werk, bei dem sich eine Perle an die andere reiht und das bei glasklarem und knackigem Sound. Also, Southern-Fans: Schnell zugreifen, solange diese CD noch vorrätig ist! Für mich stellt sich allerdings zum Schluss noch eine Frage. Jungs, wann taucht ihr eigentlich endlich mal in Deutschland auf?

Yessir Records(2003)
Stil: Southern Rock

01. Intro
02. Are You Living Your Dream
03. 5 Knuckle Shuffle
04. Everything’s Gonna Be Alright
05. Something To Say
06. Never Been Any Reason
07. Bag Full Of Pills
08. Fly Away
09. Ode To Ronnie (Lynyrd Skynyrd Tribute)
10. Brings My Baby Down
11. This Must Be Love

Bärchen Records

Laidlaw – The Foam Box Sessions – CD-Review

Lai

„Öfter mal was Neues“, nach diesem Motto scheint besonders Laidlaw-Führer Craig DeFalco sein musikalisches Leben zu bestreiten. „Revolution Is Coming“ heißt es auf Laidlaws drittem Album „The Foam Box Sessions“, dass unter der Regie von Joe Hardy (ZZ Top, Steve Earle) in Houston, Texas produziert wurde. Die bandinterne Revolution hatte aber wohl bereits im Vorfeld stattgefunden, mit dem Ergebnis, dass nicht wie beim letzten Mal nur der Sänger und Produzent, sowie Entdecker Nikki Six (übrigens Bassist von Mötley Crue) auf der Strecke blieben, sondern diesmal die gesamte restliche Truppe.

Übrig blieb Leader Craig DeFalco. Aber nicht nur personaltechnisch führt die DeFalco-Gefolgschaft ein bewegtes Leben, auch stilistisch hat man sich scheinbar einen ständigen Wandel auf die wehenden Fahnen geschrieben. Beim starken Debüt „First Big Picnic“ hieß noch 1999 die Maxime ‚Southern-orientierter Hard-Rock‘, die beim hervorragenden Nachfolger „Laidlaw“ von 2004 durch ‚Countryfizierten Southern-Rock‘ abgelöst wurde (sh. auch alten Artikel). Mittlerweile hat sich die Band wieder von den etwas ruhigeren Tönen abgewendet, und dem psychedelisch-southern-angehauchtem Retro-Rock zugewendet. So was muss man erst mal hinkriegen, aber hier wurden die stilistischen Übergänge dank hervorragender Musiker wirklich fließend gemeistert.

Das aktuelle Laidlaw-Line-Up gibt sich wie folgt. Robbie Locke – lead vocals; Brian Huffman – guitars, lap steel, mandolin, harp, bouzouki, background vocals; Eric Jarvis – bass, guitars, B-3 Organ, background vocals; Greg Hokanson – drums, background vocals. Ein Verdienst sicher auch von Sänger Robbie Locke, dessen Stimmlage sich von Ex-Frontmann Joey Pantera kaum unterscheidet, und der mit einer ebenso rotzig-dreckigen Röhre den recht aggressiv-kraftvollen Tönen seiner Mitstreiter bestens Paroli bietet. Ein merklicher Gewinn ist sicher Drummer Greg Hokanson, der mit teilweise maschinengewehrartigen Trommelwirbeln dem Sound der Band erheblich mehr Volumen und Power verleiht.

Die beiden Gitarristen setzen diesmal den Schwerpunkt weniger im Solo-Bereich (von denen es natürlich aber auch einige zu bewundern gibt), liefern sich jedoch in der wechselseitigen Untermalung mit psychedelischen-Retro-E-Riffs, wie einst Jimi Hendrix oder Jimmy Page ihre ständigen kleinen Duelle. Dafür präsentieren sie sich dann mal exklusiv an ihren Nebeninstrumenten wie DeFalco an der Dobro bei „Let Your Love Shine“ oder Huffman an der Harmonika beim texas-bluesigen Stomping-Rocker „Austin City Wendy“, beim Bouzouki-Intro von „Down So Long“ oder beim Mandolinen-Break von „Swan Song“. „Over the hills and far away there’s a whole lotta love…“ heißt es hier, und der Song ist wie schon beim letzten Mal bei „Ode To Ronnie (Lynyrd Skynyrd-Tribute)“ als titelbestückte Hommage an eine weitere Band gedacht, die als maßgeblicher Einflussgeber in ihrer Bio benannt ist, nämlich Led Zeppelin.

Weitere Bezugsgrößen gehen in Richtung Black Crowes, vielleicht ein wenig Lenny Kravitz beim recht überdrehten „War Machine“, und die zum Teil meditationsinspirierten Stücke wie „Open Up Your Mind“ und die abschließende sechs-minütige Ballade „A Little Time“ (starkes Mellotron-Intro und emotionale Streicherunterlegung von Joe Hardy), die im weitesten Sinne so ein wenig Flair von „Seagull“, dem Abschlussstück des einstigen Bad Company-Klassikers „Bad Company“ vermitteln.

Der Southern-Rock lebt dann vornehmlich in den melodischen, aber ebenfalls auf recht hohem Tempo beweglichen Songs wie „Sunshine Woman“ (schönes E-Break) oder „Nascar Superstar“ (klasse Slide-Gitarren). Nach einer wirklich sehr powervollen Dreiviertelstunde muss man selbst nach der oben erwähnten Abschluss-Ballade erst mal tief durchatmen, die Band ging wirklich ein enormes Tempo. Die Scheibe bietet höchstes Musikniveau und ist sowohl für die härtere Fraktion als auch für Anhänger klassischer, im Dunstkreis befindlicher o.a. (Retro-)Rock-Bands durchaus als antestenswerte Alternative zu empfehlen.

Der neben Southern Rock schwerpunktmäßig (New-) Country-liebende Autor des Artikels möchte allerdings nicht verheimlichen, dass ihm die zweite Scheibe aufgrund ihrer ruhigeren und insgesamt melodischeren Art nach seiner persönlichen Definition besser gefallen hat als „The Foam Box Sessions“, und er vor allem die bis dato immer verwendeten, tollen weiblichen Backs vermisst. Aber wer weiß, was Craig DeFalco, alias Laidlaw demnächst wieder für Überraschungen in petto hat, die nächste Revolution kommt bestimmt…

Yessir Records (2006)
Stil: Rock / Southern Rock

01. Intro
02. Revolution Is Coming
03. Let Your Love Shine
04. Open Up Your Mind
05. Swan Song (Tribute To Led Zeppelin)
06. War Machine
07. Sunshine Woman
08. Austin City Wendy
09. Nascar Superstar
10. Are You Living Your Dream
11. Down So Long
12. A Little Time

Bärchen Records

The Marshall Tucker Band – The Next Adventure – CD-Review

Die Marshall Tucker Band gibt es nun bereits seit 35 Jahren. Ich habe sie seit frühesten Tagen immer recht gerne gehört, muss allerdings gestehen, ihr Treiben in den vergangenen Jahren fast völlig aus den Augen verloren zu haben. Mein letzter richtiger Berührungspunkt war eigentlich das tolle Debüt-Album ihrer einstigen Mitglieder, Jerry Eubanks und Paul Riddle, die ihre neue musikalische Heimat in einer schon vor einiger Zeit in einer Band namens SevenMoore gefunden haben.

Die Marshall Tucker Band! Jeder weise Rockfan kennt ihre großen Songs wie „Can’t You See“, „Take The Highway“, „24 Hours At A Time“, und wie sie alle heißen. Verbunden hat man mit ihr in erster Linie die beiden Caldwell-Brüder, Toy und Tommy, die leider schon seit längerem nicht mehr unter uns weilen. Ebenfalls seit kurzem verstorben ist ihr damaliger Rhythmus-Gitarrist George McCorkle, der zum aktuellen Werk „The Next Adventure“ noch mal drei Tracks beisteuerte, aber auch schon seit längerem nicht mehr zur Truppe gehörte.

Übrig geblieben ist eigentlich nur noch Sänger Doug Gray, der als letzter im Bunde der Ursprungsmitglieder die Fäden des Bandgefüges mit viel Fingerspitzengefühl zusammenzuhalten scheint. Southern-Fans dürften Drummer B B. Borden aus früherer Molly Hatchet-Zeit und Chris Hicks aus seinen Outlaws-Tagen sicherlich geläufig sein. Stuart Swanlund an der zweiten Gitarre, David Muse an der MTB-markanten Flöten- und Bläser-Position, sowie Pat Ellwood am Bass vervollständigen das Line-up und tragen eindrucksvoll mit dazu bei, dass das musikalische Erbe von Caldwell & Co. lebendig gehalten wird.

Wie schon zu früheren Zeiten haben sich auch für ihre neue CD wieder jede Menge Gastmusiker und Songwriter (u.a. Michael B. Smith, Paul Hornsby, Tony Heatherly) eingefunden, um den traditionell familiären Charakter fast aller MTB-Werke weiter zu pflegen. Bei der Zusammenstellung der Instrumental-Besetzungen der einzelnen Stücke kann man feststellen, dass sich keiner allzu wichtig zu nehmen scheint. Bis auf Chris Hicks gönnen sich alle festen Mitglieder die eine oder andere Auszeit, und lassen sich an ihren Positionen adäquat ersetzen.

Von den insgesamt zehn Songs gefallen mir acht ganz ausgezeichnet, lediglich der steelgetränkte Countryheuler „A Sad Cowboy Song“ und das abschließende „Jesus Never Had A Motorcycle“ fallen ganz dezent ab. Bei den beiden Openern „The Guitar Playing Man“ und „Come Runnin‘ Like A Friend“ mit diesem unnachahmlichen MTB-Flair (herrlich die Flöten-Parts und auch das filigrane Spiel von Hicks an der klassischen Gitarre) fühlt man sich in das Coverbild (ein reitender Cowboy blickt von einem Felsen auf einen See im Sonnenuntergang) regelrecht reinversetzt.

Stark auch das bluesige „Travelin‘ Man“ (Harp- und Slide-Einlagen), das ein wenig im Allman Brothers-Stil präsentiert wird. „Cold Steel“ und „Down This Road Before II“ sind zwei wunderbare gitarrenbetonte, melodische Countryrocker, bei denen Hicks und Borden auch ihre exzellenten Gesangsqualitäten unter Beweis stellen. Schon bald New Country-Charakter weist das im Duett gebrachte „I Love You That Way“ (Chris Hicks und Dougs Tochter Gabrielle Gray) auf. Das Lied wäre durchaus mal für Faith Hill und Tim McGraw als Cover eine Alternative. Eine Nummer aus der Feder von Toy Caldwell „Why Am I Crying?“ (ein dezent angejazzter, entspannter Barroom-Country-Song) sollte nicht unerwähnt bleiben.

Die Marshall Tucker Band fügt mit „The Next Adventure“ ein weiteres schönes Kapitel zu ihrer von guter Atmosphäre und einzigartigem Sound geprägten Bandgeschichte bei. Schöne, instrumental filigran auf den Punkt gestaltete Country-Songs mit den MTB-typischen Zutaten aus Rock, Pop, Jazz und Southern Rock geben Anlass zu großer Freude, lediglich die einst ausgedehnten Improvisationsparts blieben diesmal außen vor. Insgesamt aber eine tolle Team-Leistung! Mögen sie uns weiter noch lange erhalten bleiben!

Ramblin‘ Records (Shout! Factory) (2007)
Stil: Country / Southern Rock

01. The Guitar Playing Man
02. Come Runnin‘ Like A Friend
03. Travelin‘ Man
04. I Love You That Way
05. Cold Steel
06. Why Am I Crying?
07. Down This Road Before II
08. A Sad Cowboy Song
09. Crossroad
10. Jesus Never Had A Motorcycle

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Bärchen Records

Montgomery Gentry – My Town – CD-Review

Was für ein geiles Album! Nur den wenigsten, selbst guten, Bands des Business gelingt es heutzutage, nach zwei sehr guten CDs eine dritte auf gleichem Level nachzulegen. Und was machen Eddie Montgomery und Troy Gentry? Sie toppen noch ihre beiden Vorgänger, die mit so vielen tollen Songs wie „Hillbilly Shoes“, „Lonely And Gone“, „Daddy Won’t Sell The Farm“, „She Couldn’t Change Me“ oder „Cold One Comin‘ On“, nur um einige zu nennen, gespickt waren.

Dabei erfreut, dass man sich zwar aus finanziellen Aspekten weiter in New Country-Gefilden bewegt, aber inoffiziell immer mehr mit dem Southern Rock liebäugelt. Wahrscheinlich auch eine Folge des Wechsels von Producer Joe Scaife zu Blake Chancey, der dem Duo viel frischen Wind eingehaucht zu haben scheint.

So ist der kommerzielle Part mit dem Titelstück schnell abgearbeitet, bei dem aber eigentlich auch nur die „Nananas“ im Refrain nerven.
Danach reiht sich Knüller an Knüller: Ob bei Killerballaden wie „Break My Heart Again“ oder „Speed“, Midtempostücken wie „Scarecrow“ oder „Lie Before You Leave“, dreckigem Honky Tonk bei „Bad For Good“, Skynyrd-angehauchten Songs wie „Hell Yeah“ und „Free Fall“, oder zu Allman Brothers tendierenden Sachen wie „Why Do I Feel Like Running“ und dem Cover „Good Clean Fun“; das Duo verbreitet Southern-Feeling pur.

Die Scheibe besticht durch Ihre Abwechslung, die allein auch durch die unterschiedlichen Stimmcharaktere gewährleistet ist. Alles mit einem perfekten Klang glasklar abgemischt. Ein wahrer Hörgenuss! Die Nische, die bisher von Charlie Daniels oder der Marshall Tucker Band lange Zeit besetzt wurde, hat heute zurecht einen neuen Platzhalter: Montgomery Gentry!

Sony Music (2002)
Stil: New Country

01. My Town – Piano Intro
02. My Town
03. Break My Heart Again
04. Scarecrow
05. Bad For Good
06. Speed
07. Hell Yeah
08. Lonesome
09. Why Do I Feel Like Running
10. Free Fall
11. Lie Before You Leave
12. For The Money
13. Good Clean Fun

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Preacher Stone – PayDirt – CD-Review

Drittes Album der Southern Rocker aus Charlotte/North Carolina! Preacher Stone haben sich mit ihren beiden Vorgängeralben erhebliche Sympathien in Genre-Kreisen erspielt, ihr ungeschliffener ehrlicher Southern Rock im Stile der großen Vorbilder Lynyrd Skynyrd, Molly Hatchet, Blackfoot & Co., aber durchaus mit eigener Note, wird in diesen Kreisen immer noch mit Wohlwollen angenommen, zumal die Band um die Leader Marty Hill und Ronnie Riddle nie auf die großen Budgets irgendwelcher großer Labels zurückgreifen konnte.

Auch ihr Drittwerk ist wieder in Eigenregie entstanden. Mit leicht veränderter Formation (zum Line-up gehören jetzt Michael Gilbert – guitar, slide, dobro; Josh Sanders – bass, vocals; Johnny Webb – keyboards und Mark Hill – drums) ist ihnen jetzt mit „PayDirt“ ihr mit Abstand stärkstes Werk gelungen. Hill und Riddle, die sämtliche Tracks verfasst haben, ist es erstmalig gelungen, eine klare Linie in ihr Gesamtwerk zu bringen, woran es gerade beim Vorgänger „Uncle Buck’s Vittles“, mit doch recht stark variierenden Stilelementen und sehr unruhig wechselnden Songs, noch ein wenig gehapert hatte.

Die Truppe, die sich selber nicht als Southern Rock Band sieht, sondern als Band aus dem Süden, ist ihren Heroen ein wenig dichter in den Nacken gerückt. Obwohl die meisten Basisriffs überaus kraftvoll, kantig und zuweilen sogar ein wenig metallisch kommen, spielt die Band nicht mehr ganz so hart wie bei den Vorgängern, was nicht bedeutet, das sie „weich“ oder gar lasch spielen – im Gegenteil. Die Power und Energie ist stets spürbar, aber alles wirkt etwas lockerer, Song-orientierter, flüssiger. Und das kommt richtig gut.

Klasse direkt der Opener „Day Late“, ein selbstironischer Song über Leute, die bei allen Dingen ewig zu spät im Leben kommen („I’m just a day late and a dollar short, my ship came in, I was standin’ at the airport“ heißt es im Refrain), geht nach ein paar kurzen Beckenschlägen durch Drummer Marty Hill und einem „Hell Yeah“-Ruf von Riddle direkt gitarrentechnisch in „Pearl Jam meets Molly Hatchet“-Manier ordentlich zur Sache. Klasse auch die gurgelnde Orgel von Johnny Webb im Hintergrund, die sich dann im weiteren Verlauf des öfteren von ihrer ganz feinen Seite zeigt.

Mit „Meet My Maker“ wird mit religösem Unterton im atmosphärischen Midtempo weitergemacht. Schön hier das typisch surrende Slide-Solo. Eine kurze Dobroeinlage („Shrevport Stomp“) dient als Vorspiel für den herrlich stimmungsträchtigen Footstomper-Boogie „Louisiana Dog“, der von wunderbar flotten E-Gitarren und klimperndem Honky Tonk-Piano getragen wird und am Ende nochmals eine Temposteigerung erfährt. Ganz starker Song! Das folgende, ebenfalls schön kratzig stampfende „And Then Some“ erinnert so ein wenig an die Zeiten des Copperhead-Debüts. Tolles Zusammenwirken hier von quirlig gespielten E-Gitarren und aufheulender Orgel im Solo-Teil.

Ein Stratocasterintro kombiniert mit dem berühmten Lick von Bon Jovis „Dead Or Alive“ bildet den Pfeiler des tollen „Me And Mine“, einer southern-souligen Midtempoballade mit kräftigem Powerrefrain. Begeisternd die Lynyrd Skynyrd huldigende Solopassage gegen Ende mit eingebauten Double Leads. Ein richtiges Highlight! Ein bisschen in klassischere Rockrichtung a la Bad Company pendelt „Walk It Dry“ (tolles Orgelintro), Riddles Gesang ähnelt hier durchaus dem des großen Paul Rodgers. „Hand On The Bible“ gab es bereits auf dem Vorgänger, hier mit etwas stärker hervorgehobener Akustikgitarre.

Eine schöne melodische Southern-Ballade mit angenehmen Slide-Solo in Skynyrd-Tradition und pathosgetränkten Harmoniegesängen. „Place To Be“ führt einen mit dezent gospeligem Touch in die Hoch-Zeiten von Bands wie Dickey Betts & Great Southern, Charlie Daniels oder der Marshall Tucker Band zurück. Herrlich das Betts-typische Führungs-E-Gitarren-Spiel zum launigen Southern-Groove. Im Soloteil reichen sich E-Gitarren, E-Piano und Orgel die Klinke in die Hand. Lässig rockt „Swimmin’ Hole“ und lässt etwas wehmütig „Flirtin With Disaster“-Zeiten aufkommen.

Klasse hier Webbs gluckerndes E-Piano, dass toll mit den schweren Gitarren-Riffs harmoniert. Mit „All I Know“ folgt dann im Vergleich zum Rest ein recht unspektakulärer, aber schön melodischer Abschluss. Dieser Song hätte vielleicht etwas besser als Füller irgendwo in die Mitte gepasst. Trotzdem angenehm zu hören. Preacher Stone haben sich mit „PayDirt“ wieder ein Stück weiterentwickelt und gehören mittlerweile mit Bands wie Hogjaw, Skinny Molly, SwampDaWamp zum erweiterten Führungszirkel des Genres.

Man darf sich gar nicht vorstellen, was passieren würde, wenn die Band, ähnlich wie Blackberry Smoke, mal ein mutiges Label und einen arrivierten Produzenten Marke Justin Niebank oder Dan Huff als Support bekommen würde… Aber auch gut möglich, dass Hill, Riddle & Co. das auch garnicht wollen. Trotzdem ist das sich stetig steigernder, klassischer Southern Rock auf der Schiene solcher Helden wie The Allman Brothers Band, Lynyrd Skynyrd, Molly Hatchet, Blackfoot, Doc Holliday, 38 Special, und, und, und. Preacher Stone sind und bleiben eine der Bands, die das Erbe der goldenen Southern Rock-Zeit höchst authentisch weiterverfolgen. Klasse Futter für die ewig hungrige Southern Rock-Fraktion! Gut gemacht, Jungs!

Eigenproduktion (2014)
Stil: Southern Rock

01. Day Late
02. Meet My Maker
03. Shreveport Stomp
04. Louisana Dog
05. And Then Some
06. Me and Mine
07. Walk It Dry
08. Hand On The Bible
09. Place To Be
10. Swimmin‘ Hole
11. All You Know

Preacher Stone
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Moonshine – Same – CD-Review

moonshine

Southern Rock-Nostalgiker aufgepasst, hier erblickt ein Juwel des Genres nach langer Zeit, das Mond-, ähm bzw. das Tageslicht! Richtig guter Whisky sollte ja so zwischen 12 und 21 Jahren lagern, so sagen es wenigstens Kenner auf diesem Gebiet. Ob das Gleiche auch für Musik gilt – darüber kann man diskutieren – liegt aber wohl, wie auch bei dem berühmten Gerstensaft, letztendlich im subjektiven Empfinden des einzelnen Begutachters.

Das Debütalbum von Moonshine schlummerte jedenfalls satte zwanzig Jahre in den Archiven von Babylon A.D.-Frontmann Derek Davis, bis sein Genuss nun endlich für die Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde. Apropos Babylon A.D.. Mit dem Debütalbum dieser Band und anderen Acts wie Little Caesar und Thunder versuchte ich zu seiner Zeit meinen jüngeren Bruder David in Form von Geburtstagsgeschenken musikalisch halbwegs zu missionieren, was aber am Ende doch kläglich gescheitert ist. Vorletztes Wochenende wurde auf seiner ansonsten sehr schönen Hochzeit (u. a. mit vielen illustren Gästen aus unserer Tischtennis-Bundesliga-Vergangenheit) am Ende einer apostolischen Trauungszeremonie dann doch irgendeine schräge Grunge-Ballade als Wunschlied serviert…

Moonshine wurden 1991 in Los Angeles durch Buzzy James und dem uns/mir bestens bekannten Craig deFalco gegründet, die später auch das Grundgerüst der, leider zu Unrecht immer etwas im Schatten anderer Southern Rock-Bands gebliebenen, Formation Laidlaw bildeten. Als Rhythmus-Fraktion gesellten sich White Tiger-Drummer Brian Fox und der Bruder des ehemaligen Kiss-Gitarristen Mark St. John, Michael Norton, am Bass dazu. Die Wahl des Sängers fiel nach dem Testen mehrerer Kandidaten auf besagten Derek Davis. Am Ende wurde noch Mike Malone aus Marc Fords Band für Piano- und Mundharmonika-Parts mit hinzugenommen.

Das zusammengestellte Material wurde dann damals in Eddie Van Halens 5150 Studio unter Mithilfe von dessen Bassisten Michael Anthony (singt hier Background bei „Turn Me Around“), Mike Scott (Produzent) und ein paar Gästen (Jane Child, Kevin Hill, David Lauser) eingespielt. Aufgrund diverser Line-up-Änderungen wurde das fertiggestellte Projekt dann aber auf Eis gelegt. Der Rest ist Geschichte. Lediglich die Alben der neu gegründeten Laidlaw blieben später in Southern Rock-Kreisen hängen.

Die zehn Songs des Moonshine-Tonträgers wurden jetzt auf neustem Stand re-mastered und technisch bearbeitet, trotzdem ist ein gewisser nostalgischer Faktor omnipräsent. Schon der eröffnende Guitar Shuffle mit dazugefügtem Honky-Tonk-Piano-Geklimper und dem einsetzenden schweren Drumpolter-Rhythmus, gepaart mit surrenden Slidegitarren lassen beim Opener „Mississippi Delta Blues“ direkt Erinnerungen an Southern-Boogies aus dem ZZ Top-/Skynyrd-Dunstkreis wach werden. Direkt ein Hammer-Auftakt!

Das schunkelige „Warm Beer Catfish Stew“ (wie das wohl schmecken mag?) mit seinem alkoholgeschwängerten Mitsing-Refrain, kennt man bereits, sofern man im Besitz des Laidlaw-Debütwerks ist, bei dem es am Ende in einer modifizierten Form vertreten ist. In eine ähnliche Kerbe schlägt das später folgende, humorvolle „Mamas Kitchen Brew“. Launiger Stoff, den man auch immer wieder bei den Georgia Satellites oder den heutigen Bluefields serviert bekommt.
Unwiderstehliche Southern-Balladen gibt es mit dem herrlichen „The Devil’s Road“ (klasse hier die rotzigen Hintergrundharmonies von Jane Child), „The Last Song“ (überragend, The Dirty Guv’nahs meets Lynyrd Skynyrd!), „Southern Blood“ (Southern Variante von Bon Jovis „Dead Or Alive“ mit „Can’t You See“-Note) und „Fade Away“ (ebenfalls wunderbares Marshall Tucker-Flair), die alle auch mit einem ganz dezenten Sleaze Rock-Unterton rüberkommen. Toll, wie hier die Southern-typischen Slides, Twins (zudem klasse Dobro-Parts) mit Davis‘ variablen Gesang (Richtung
Ron Keel, Gary Jeffries, Tom Keifer) kombiniert wurden. Die Tracks hätte man sich zum Teil gut auch auf Teslas berühmten MTV-Unplugged-Live-Album vorstellen können.
Das einzige Cover auf dem Werk ist der CCR-Klassiker „Fortunate Son“. Hier versuchen James‘ groß auftrumpfende Slidekünste (auf Sonny Landreth-Niveau) und Malones Harpeinlagen, den von Davis recht guten, an John Fogertys aber nicht ganz heranreichenden Gesang vom Original, auf instrumenteller Ebene wettzumachen. Am Ende auch ganz gut gelungen!

Auf der Zielgraden des Silberlings gibt es mit „Turn Me Around“ und dem Rausschmeißer „The American Train“ noch recht derbe Kost, wobei deFalcos Vorlieben für Led Zeppelin-trächtige psychedelische Momente dezent durchschimmern. Fast alle Stücke stammen übrigens aus der Feder des Trios deFalco, Davis und James, lediglich bei „Fade Away“ gesellte sich noch Mike Malone dazu.

Mit dem lange verschollenen Debüt von Moonshine können sich jetzt gerade die Southern Rock-Fans glücklich schätzen, die als Anhänger der Früh- und Hochzeit des Genres groß geworden sind. Ähnlich wie man es bei einem Selbstgebrannten erwartet, findet man hier ein herbes, kantiges, intensives Konglomerat aus höchstauthentischen Zutaten ohne jeden schnieken Beigeschmack, bei dem man den Eindruck hat, als wäre es fast durchgehend live im Studio (bei Mondlicht?) eingespielt worden. Insgesamt ein tolles Southern Rock-Gebräu irgendwo zwischen den erwähnten Bluefields und Laidlaw. Ein ‚Must-have‘ für jede gut sortierte Sammlung dieser Sparte!

Southern Blood Records (2014)
Stil: Southern Rock

01. Mississippie Delta Blues
02. Warm Beer Catfish Stew
03. The Devil’s Road
04. Fortunate Son
05. The Last Song
06. Mams Kitchen Brew
07. Southern Blood
08. Turn Me Around
09. Fade Away
10. The American Train

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The Moss Brothers Band – Royal Orleans – CD-Review

‚Ohne Moss nix los‘, wird sich der gute Billy gedacht haben, als er vor kurzem eine Rückkehr seiner Rebel Storm-Truppe angedroht hat. In der Tat ist man heutzutage in Southern Rock-Kreisen froh um jeden Strohhalm, an den man sich klammern kann, nachdem die Bands der ersten Garde ihrem intensiven Leben immer stärker Tribut zollen, und sich deswegen wohl recht lange Auszeiten gönnen (müssen). Da gibt man sich dann auch schon mal mit dem berühmten Sturm im Whiskey-, ähm Wasserglas zufrieden.

Wie man CD-technisch mit relativ begrenzten finanziellen Mitteln glänzen kann, legen ihm jetzt seine beiden Brüder, die Herren Jeff und Troy Moss, mit ihrem Debüt „Royal Orleans“, einer schmucken Eigenproduktion, recht beeindruckend dar. Zwar waren die auch ein wenig mit Rebel Storm verbunden (Troy – Gitarrist, Jeff – Co-Songwriting), schienen mit ihrer Rolle im Hintergrund aber wohl doch nicht so ganz zufrieden gewesen zu sein.

Wie dem auch sei, in der neuen Kombination als ‚geteilte‘ bzw. ‚doppelte‘ Frontmänner scheint die Geschichte blendend zu funktionieren. Verstärkt werden sie übrigens durch Bassist Kevin Dale und Drummer Dave Smith sowie durch einzelne Gastmusiker (u. a. Bruder Billy beim Rebel Storm-Stück “ A Little Lovin'“und Tony Hauenstein am Piano). Joe Riggio, der auch bei Rebel Storm involviert war, hat sich produktionstechnisch enorm weiterentwickelt, und sorgte diesmal für ein glasklar und modern klingendes Resultat, und steuerte bei „Cajun Waltz“ dazu eine filigrane Akustikgitarrenmeisterleistung bei.

Warum gefallen mir die Moss Brothers um Längen besser als Rebel Storm? Zum einen haben beide eine wesentlich besser klingende Stimme. Der eine erinnert zum Teil an Jon Bon Jovi (ich vermute Jeff), der andere an eine Mischung aus Donnie Van Zant und Ronnie Hammond (wahrscheinlich Troy – die Zuordnung geht aus den Liner-Notes leider nicht hervor, sollte es nicht so sein, nehme ich alles zurück und behaupte das Gegenteil…).

Zweitens sind sie augenscheinlich die besseren Songwriter, d.h. sie verbinden recht emotionale, aber angenehm gehaltene Texte, (es geht im Großen und Ganzen um das Thema Verbundenheit mit New Orleans – die CD ist auch den Opfern der Hurrikan-Katastrophe gewidmet), mit instrumentalen Finessen (besonders das an Ed King erinnernde Stratocaster-Spiel weiß zu gefallen), ohne sich aber in selbstverliebte Frickeleien zu verwurschteln. Somit behalten die eine unheimliche Ruhe und Gelassenheit ausstrahlenden Stücke einen hohen Wiedererkennungswert. Drittens, durch die Einflechtung von Mandoline und Dobro werden Countryelemente und Southern-Rock harmonisch verschachtelt, was mir persönlich schon immer besondere Freude bereitet hat.

Highlights sind in einem mit neun Stücken (Spielzeit 36 Minuten) recht knapp, aber sehr gut durchstrukturiertem und ausgeglichenen Werk vielleicht der Opener „Cottonmouth Country“ (mit klasse E-Slide-Spiel – erinnert dezent an „Voodoo Lake“ von Lynyrd Skynyrd), der bluesige Southern-Stampfer „Southern Boys“ oder „Plantation“, dass nach trockener ersten Hälfte durch Einbindung vom Piano eine boogieartige Wendung nimmt, um am Ende aber doch beim Ursprung seinen Abschluss zu finden.

Insgesamt ein starke, sehr saubere Leistung. Es wird sich in sehr angenehmer, dezenter Art an den großen Bands der Zunft (frühe 38 Special, Atlanta Rhythm Section oder Lynyrd Skynyrd) orientiert, aber durchaus immer der eigene Stempel aufgedrückt. Das optimal passende Ambiente zum Hören der Moss Brothers Band wird dann leider nur im Cover-Inlay mitgeliefert. Eine säulenverzierte Prachtvilla auf einem gediegenen Südstaatenanwesen im Grünen. So ließe es sich mit Sicherheit blendend aushalten…!

Eigenproduktion (2006)
Stil: Singer/Songwriter

01. Cottonmouth Country
02. Red Clay Road
03. Southern Son
04. A Little Lovin‘
05. Harper’s Creek
06. Plantation
07. Royal Street
08. Cajun Waltz
09. Collard Greens

The Moss Brothers Band
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