Cold Truth – Do Watcha Do – CD-Review

Cold Truth sind ein amerikanisches Rock-Quartett und stammen aus Murfreesboro, Tennessee. Ihr Debüt hatte bei den wenigen Insidern hierzulande glänzende Kritiken zufolge, da sie in zeitgemäßer und höchst authentischer Form an die klassischen Rockbands der siebziger Jahre anknüpften. Ihre furiose Cover-Version des Free-Klassikers „Fire And Water“ wusste dabei besonders zu gefallen.

Cold Truth bestehen aus der hervorragenden Rhythmus-Sektion Matt Green (Drums) und Abe White (Bass), dem immer wieder brillant agierenden Lead-Gitarristen Kurt Menck (erinnert an Mick Ralphs) und dem Musiker, der dieser Band so etwas wie ein außergewöhnliches Gesicht verpasst, Thane Shearon (Vocals, Guitar). Shearon ist nicht nur mit einer begnadeten Charakterstimme gesegnet, sondern beweist im Verbund mit Kurt Menck auch noch famose Songwriter-Qualitäten.

Er hört sich an wie eine geniale Mischung aus Paul Rodgers, David Coverdale und Chris Thompson und passt unheimlich gut zum straight rockenden Stil der Band. Die Southern Rock-Fraktion dürfte ihn auf dem letzten All-Star-Tribute-Sampler für Lynyrd Skynyrd schon mal zur Kenntnis genommen haben, als er im Verbund mit Ed King, Artimus Pyle und den Original Honkettes eine fulminante Version von „Double Trouble“ hinlegte, die teilweise auch als Saturday Night Special Band Konzerte geben.

Apropos Ed King. Der ist voller Lobes für Thane Shearon und bezichtigt ihn in einem Interview als denjenigen, der den Skynyrd-Stoff wohl gesangstechnisch am besten beherrscht und erteilt seinen früheren Kollegen damit eine kleine Breitseite. Ihrer guten Beziehung zu einander sei Dank, hat man auf „Do Watcha Do“ die Gelegenheit Ed Kings Gitarrenkünste wieder mal ein paar Minuten genießen zu dürfen, denn der bedient die Slide-E-Gitarre beim starken „If That Ain’t Enough“, einem der vielen Highlights dieser durchgehend selbst komponierten Scheibe. Klasse hier auch die rotzigen, weiblichen Backs von Nancy Roark.

Die vier Jungs rocken in relativ kompakter Form (man verzichtet scheinbar bewusst auf länger ausufernde Songs) in der Tradition von Bands wie Bad Company (wohl stärkster Einflussgeber), Black Crowes, Humble Pie, AC/DC, Steve Schuffert Band oder Whitesnake (hauchzart), dazu mit einem dezenten Southern Rock-Teint, hat aber den Muff der damaligen Zeit völlig abgelegt. Das ist moderner Rock, ein bisschen bluesig angehaucht, wie er heutzutage sein muss. Klar produziert, gut abgehend, riffig und hochmelodisch. Lediglich bei „Peace With Me“, „Whisper To Me“ und beim tollen, abschließenden „Light My Way“ wird Zeit zum Ausatmen gewährt. Die Empfehlung für Cold Truths „Do Watcha Do“ kann daher nur lauten. Schleunigst kaufen tun!

Eigenproduktion (2009)
Stil:  Southern Rock / Hard Rock

01. Cold As Hell
02. Diesel
03. If That Ain’t Enough
04. Gimme Some
05. Set Me Free
06. Peace With Me
07. Shakedown
08. Together
09. This Time
10. Finding The Way
11. Whisper To Me
12. Payin Dues
13. Light My Way

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Cold Truth – Grindstone – CD-Review

Ich hatte bei Cold Truth eigentlich keine Zweifel, dass das oft so schwierige dritte Album einer Band nach zwei Klassewerken (vor allem dem saustarken Vorgänger „Do Watcha Do„) der vorgegebenen Pace und der damit verbundenen immensen Erwartungshaltung nicht standhalten könnte. Erst recht nicht, als ich vor kurzem die Bewertung des geschätzten Schreibkollegen Steve Braun zur vorab ausgegebenen 5-Song-EP mit Neugier und Freude zugleich vernommen hatte.

Mittlerweile liegt mir der komplette Silberling mit insgesamt zwölf Tracks vor, der nicht nur den anspruchsvollen Status Quo wahrt, sondern sogar die Messlatte wieder in beeindruckender Art noch ein wenig höher schraubt, so dass ich mir guten Herzens erlaube, dem Quartett, bestehend aus Sänger Thane Shearon, Gitarrist Kurt Menck, Bassist Abe White und Drummer Matt Green, bereits zum zweiten Mal ein blendendes Arbeitszeugnis auszustellen.

Der Rock-Vierer aus Nashville, Tennessee, setzt erneut auf Konstanz, was Songwriting (die meisten Lieder stammen wieder aus der Feder des Duos Shearon und Menck, aber auch Green und White bringen sich jeweils einmal ein), Produktion (wieder zusammen mit Michael St. Leon) und sparsamem Musikereinsatz (mit Bekka Bramlett und Chris Carmichael nur zwei Gäste an Bord) betrifft.

Das grandios eröffnende Trio („Livin‘ Hard“, „Where The Music Takes Me“, und der potentielle neue Biker-Hit „No Sleep Still Sturgis“ (herrlich die Thin Lizzy-Gedächtnis-Twin-Passage) gleicht 1. 1 der EP und bekommt mit dem knackigen, in Bad Company-Manier lasziv rockenden „Leave Your Leather On“ ein weiteres Highlight hinzugefügt. Der vielleicht etwas andere Musikstoff für die einschlägige Tabledance Bar um die Ecke…

Der Titelsong „Grindstone“ malmt, seinem Titel gerecht, mit einem wunderbar an AC/DC reminiszierenden E-Führungs-Riff alles nieder, was in die musikalische Quere kommt. Nach diesem insgesamt ziemlich heftigen Auftakt, bescheren uns Shearon, Menck & Co. mit „The Long White Line“ (übrigens nicht Christoph Daum gewidmet) eine erste atmosphärische Ruhepause, die aber wieder mit exzellenter E-Gitarrenarbeit, inklusiver Double Leads-Elemente, durchzogen ist. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch das später folgende „Last Man Alive“.

„New Horizon“ lässt erneut Bad Company-Wolken am Firmament aufziehen, dem ein ZZ Top durchtränkter Texas Blues-Rocker in Form von „Hands On The Wheel“ auf dem Fuße folgt. Bei „Take Up The Serpents“ brodelt es southern-rockig in bester Skynyrd’scher „Gimme Back My Bullets“-Manier, klasse hier der verspielte E-Gitarren-Ausklang.
Kommen wir zu meinem persönlichen Highlight. Als Liebhaber von weiblichen Background- und Harmoniegesängen, gibt es mit einer meiner absoluten Lieblingssängerinnen in Nashville-Gefilden, Bekka Bramlett, eine eine furiose Gastbeteiligung. Beim kleinen, dreckigen, von Twin-Gitarren ummantelten Rocker „Give It Time“ rotzt die vielgebuchte Röhre in ihrer unnachahmlichen Art dem ebenfalls groß aufsingenden Thane Shearon immer wieder unwiderstehlich entgegen. Gesangskunst beider auf Weltklasse-Niveau! Herrlich!

Dem abschließenden hymnischen „Free Man“ wurden bereits durch Steve Braun die passenden Worte gewidmet. Die erwähnte, von Chris Carmichael (wirklich sehr schön und harmonisch, ohne jeden Anflug von Kitsch) im Studio arrangierte String-Passage bietet sich nahezu an, live durch ein southern-typisches Gitarrenfinale als absolutes i-Tüpfelchen ersetzt zu werden. Toller Abschluss. Der Gesamtsound des Albums ist übrigens selbst bei erhöhter Lautstärke recht transparent gelungen. Cold Truth lassen auch mit ihrem dritten Werk „Grindstone“ nichts unversucht, dem Spirit vieler klassischer Rock-Bands, die unser Leben seit den siebziger Jahren nachhaltig begleitet haben, mit vielen eigenen Ideen, neuen Zeitgeist einzuhauchen. Und das ist wieder mal blendend gelungen!

Kommen wir nun zu den Ungerechtigkeiten dieser Erde. Die nackte Wahrheit (freie Übersetzung) ist leider, dass dieses Quartett aus Nashville mit solcher Musik in der zuvor erwähnten Zeit, aller Wahrscheinlichkeit nach, zur gutbezahlten Elite der Szene gezählt hätte, heute leider aber immer noch, händeringend nach einem Plattenvertrag, Klinken putzen muss. Wo sind hier die mutigen Entscheider der größeren Labels in Music City, die auch mal für einen kurzen Moment das Country-Auge zudrücken können? Aber wie dem auch sei. erneut absolute Zulegeempfehlung!

Eigenproduktion (2014)
Stil:  Southern Rock / Hard Rock

01. Livin‘ Hard
02. Where The Music Takes Me
03. No Sleep ‚Til Sturgis
04. Leave Your Leatrher On
05. Grindstone
06. The Long White Line
07. New Horizon
08. Hands On The Wheel
09. Last Man Alive
10. Take Up Serpents
11. Give It Time
12. Free Man

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Dry County – Cowboy Up – CD-Review

Achtung! Aufgepasst! Dies ist eine CD für Männer, dementsprechend ist diese Besprechung auch nur für echte Männer gedacht. Emanzen, Frauenversteher und all die, die unserer Spezies seit Jahrzehnten ihre angeborenen Instinkte madig zu reden gedenken und an unserem unzerrüttbaren Selbstbewusstsein (inkl. unseres eigenwilligen Humors) kratzen wollen, sollten sich die vorprogrammierten Schreie der Empörung sparen. Sie sind hier fehl am Platze. Das ist Musik für uns eindimensional gestrickte Geschöpfe, die sich um Multitasking einen Dreck scheren, und, wenn überhaupt, dann höchstens für die Pams, Katies oder Lindseys & Co. dieser Erde.

Einfach herrlich diese, dank ihres charismatischen Bandleaders Jeff Gallagher, so machohaft klingende, mit viel Redneck-Flair umwobene New Country-Band (weitere Mitglieder. Randy Solski, Don Laframboise, Keith Silver, Uncle Dik) aus Toronto, Ontario in Kanada, die jetzt mit „Cowboy Up“ ihr Meisterwerk hinlegt, nachdem ihr Debüt und auch der superstarke Vorgänger „Waitin‘ On Hank“ schon nicht von schlechten Eltern waren.

AC/DC meets Alabama‘ heißt die Formel, auf die ihr bisheriges musikalisches Treiben grob reduziert wurde. Sicherlich sind all ihre Werke immer wieder mit einigen an die berühmten Australier reminiszierenden Riffs (wie „Cowboy Up“ natürlich auch) durchzogen, aber im Prinzip wird doch hauptsächlich deftiger New Country mit sattem Southern Rock auf’s Vortrefflichtste gepaart. Diese CD riecht förmlich nach schwülheißen Swamps, schlammüberzogenen, öligen Pickups, lodernder, knisternder Holzkohle, bruzzelndem Grillfleisch sowie Whiskyflaschen und Bierdosen, die es bei guter Musik in rauen Mengen zu leeren gilt.

Gallaghers Eröffnungsstatement »So turn it up and up and up, we want it louder« zeigt beim feucht-fröhlichen, rockigen Opener „Hey Hey Cheers“ direkt die Richtung an, in die der Hase in den folgenden knapp 40 Minuten läuft. Kronkorken klackern und das zischende Einfließen eines kühlen Gerstensaftes bilden den passenden Abschluss eines launigen Liedes. Ich bin mir sicher, dass Toby Keith, John Rich und Trace Adkins der Band begeistert zuprosten würden. „Cowboy Up“ und „Redneck Song“ sind zwei weitere, mit fetten Drums (grandios auftrumpfend Uncle Dik, vor allem mit seiner poltrigen Fußtrommelarbeit), klirrenden Gitarren und Gallaghers grimmigem Gesang bestückte, kompromisslose Southern-Rocker, die den (vermutlich eh schon überhöhten) Blutdruck der meisten Genre-Fans noch weiter empor schnellen lassen. Klasse!

Mit ganz dezenten Mitteln wird auch immer wieder für Abwechslung gesorgt. Für die Countrynote sorgen ab und zu schön eingeflochtene Banjopassagen in Urbanscher Manier („Hillbilly Train“, „Drunk On Yer Love“). Einmalige, weibliche Harmonies (schade, warum eigentlich nur hier?) veredeln einen weiteren Southern-Stampfer namens „Ditry Secrets“. Bläsereinsätze verleihen dem furiosen „The Way You Is“ noch mehr Volumen, als es ohnehin schon hat. Und wenn Gallagher wie ein räudiger Hund bei einer der zwei Balladen »Thank you for loving me imperfect«, frei nach dem Motto „Liebling ich habe dich zwar schon hundertmal betrogen, aber ab jetzt wird alles anders“ dahinseufzt, kann man sich ein mitleidiges Grinsen nicht verkneifen.

Zum Schluss erfährt man noch bei Kuhglocken-Drumming, Mariachi-artiger Bläserbegleitung und rockigen Gitarren, was Margaritas, Darth Vader, The Undertaker, Sammy Hagar und jede Menge Tequilia mit „Mexicoma“ verbindet. Ein stimmungsreiches Finale! Die herrlich fette und glasklare Produktion (großes zusätzliches Lob hierfür), macht diese Scheibe zum kurzweiligen Erlebnis. Ein perfekter Begleiter bei allen Dingen, die wir Männer gerne machen, sofern wir mal unter uns sind und uns den Fängen dieser uns zu femininen Geschöpfen abrichten wollenden Strategen/innen entziehen können.

Lasst uns von daher in Sachen Dry County auf ein weiteres Laster, das wir fortan bedingungslos unser Eigen nennen können, anstoßen. Cheers!

RS Sounds (2010)
Stil:  New Country, Southern Rock

01. Hey Hey Cheers
02. Cowboy Up
03. Hillbilly Train
04. Redneck Song
05. We Ain’t Messed
06. Imperfect
07. Drunk On Yer Love
08. Dirty Secrets
09. Little Girl Of Mine
10. The Way You Is
11. Mexicoma

Dry County
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Bärchen Records

Michael Lee Firkins – Yep – CD-Review

Ich glaub, ich steh im Wald! So oder so ähnlich geht es einem nicht nur nach Betrachten des Fantasy-Art-Covers von Michael Lee Firkins‘ neuer CD „Yep“. Da posiert er mit seinem Lieblingsgerät innerhalb eines solchen vor einem monumentalen Baumstamm. Nein, auch musikalisch fühlt man sich in eine sumpfige Waldlandschaft irgendwo im tiefen Süden der Staaten versetzt, aus der von irgendwo swampige Jam Rock-Töne erklingen. In einer auftauchenden Lichtung erblickt man eine alte Holzhütte, auf deren Veranda diverse Boxen, Verstärker, Kabel, eine mit Bierdosen gefüllte Kühltruhe sowie diverse herumstehende Whiskeyflaschen zu erkennen sind.

Inmitten dieses einsamen, ungestörten Ambientes haben sich vier langhaarige Typen etwas reiferen Alters mit ihren Instrumenten gemütlich im Kreis zusammengesetzt und erzeugen in entspannter Atmosphäre die vernommenen, in diesem suggerierten Zusammenhang schon fast ein wenig mystisch erscheinenden Klänge. Es handelt sich dabei um Herrn Michael Lee Firkins, den Hauptprotagonisten dieses Werkes, samt seiner Mitstreiter Chuck Leavell, Andy Hess und Matt Abts, unseren Lesern allseits bekannt durch ihr Mitwirken in diversen Superbands wie den Allman Brothers, Rolling Stones, Black Crowes oder Gov’t Mule, etc.

Michael Lee Firkins‘ bisherige musikalische Vita besteht, genau wie ihr recht unregelmäßiger Verlauf, aus einem Sammelsurium von ziemlich unterschiedlich gestalteten Werken. Einig ist man ist sich in der Kritikerschaft, dass er zu der Spezies der außergewöhnlich guten Gitarristen gezählt werden kann. Das bekannte Magazin ‚Guitar For The Practicing Musician‘ bezeichnete ihn mal als ‚One of the most influential Players of the next ten years‘. Aber auch sein Gesang (mit viel Southern-Soul in der Stimme) kann sich hören lassen, wie sein neues Album „Yep“ eindeutig beweist.

Die eingespielten Kollegen Abts und Hess bilden das gewohnt starke Rhythmus-Fundament für solche Art von Musik. Abts passt sein Drumming der jeweiligen Situation perfekt an, Hess muss mit seinem Tieftöner gegen die geballte Kraft der anderen natürlich im Hochleistungspumpmodus anzupfen. Aber wo er zugange ist, braucht man sich eigentlich nicht zu sorgen, dass da nicht was Vernünftiges zustande kommt.

Chuck Leavell bedient das Piano eher dezent und ist mehr auf das Betätigen der Orgel fixiert. Er bildet hier, gerade was das Solieren betrifft, das ergänzende Element zu Michaels Gitarrenvariationen. Heimlicher Star ist auf diesem Album eindeutig eine Telecaster, die zur Resonator-Gitarre modifiziert wurde, auf der Firkins vom Dobro-ähnlichen bis zum elektrischen Sliden herkömmliches E-Spiel bis zu seinen berühmten Schredder-Einlagen so einiges anstellt. Das ist teilweise richtig furios.

Im 7½-minütigen swampigen Opener „Golden Oldie Jam“ spiegelt sich dann sofort auch so ziemlich alles, was man in der Folgezeit an instrumentellen Finessen geboten bekommt, wider. Klasse bluesig-souliger Gesang, satter Rhythmusteppich durch Abts und Hess, Akustik- und E-Slides, schön gurgelnde Leavell-Orgel, markanter Refrain, Tempowechsel, E-Gitarren-/Orgel-Schlagabtausch im Gov’t Mule/Allman-angehauchten Jam-Teil, dazu durch Firkins eingestreute HT-Pianountermalungen. Klingt wie live im Studio eingespielt.

Ergänzende Einflüsse zu den aus der Vergangenheit der Musiker resultierenden Erfahrungen bei o. a. Bands, sind Southern Rock-Combos wie Lynyrd Skynyrd, Laidlaw („Cajun Boogie“) oder Outlaws („Standing Ovation“ – herrlich hier Michaels Hughie Thomasson-Gedächtnis-Strat-Solo) in ihren Anfangstagen anzuführen. Aber auch klassische Rockbands wie bluesige Whitesnake (zu ihrer „Ready An‘ Willin'“-Phase) bei „No More Angry Man 2“ oder Led Zeppelin mit ihrer psychedelischen Note bei „Out Of Season“ schimmern immer wieder durch. Trotzdem darf auch die jederzeit melodische Ausrichtung fast aller Tracks nicht unerwähnt bleiben.

Grandios die beiden in Slow Blues-Manier gebrachten, ebenfalls wieder über sieben Minuten währenden „Long Day“ und das, wie eine Hommage an den verstorbenen Jeff Healey klingende „Last Call“, bei denen sich die ganze Power der beteiligten Klassemusiker entlädt (toll immer wieder der Dialog zwischen Firkins‘ Gitarrenzaubereien und Leavells Tastenvariationen). Das Ende mittels „The Cane“ bestreitet Firkins dann im Alleingang. Sein Gesang klingt verzerrt wie durch ein Megaphon, er spielt sowohl Bass als auch Drums. Herrlich hier seine rasiermesserscharfen Slides.

Michael Lee Firkins‘ neues Werk „Yep“ hält, was die Konstellation der hochkarätigen Musiker an Erwartungshaltung mit sich bringt. Ein Freudenfest für Southern-, Jam- und Blues-Rockfreunde zugleich, die auf, von filigraner Gitarrenarbeit dominierte Musik der etwas ausgiebigeren Art stehen. Weit über eine Stunde Gesamtspielzeit sprechen zusätzlich für sich. Die Frage nach der Empfehlbarkeit der Scheibe kann von daher mit einem eindeutigen ‚Yep, We Can!‘ beantwortet werden.

Magnatude Records (2013)
Stil:  (Southern) Jam Rock

01. Golden Oldie Jam
02. Cajun Boogie
03. No More Angry Man
04. Standing Ovation
05. Long Day
06. Wearin‘ Black
07. Out Of Season
08. Take Me Back
09. Last Call
10. No More Angry Man (Part 2)
11. The Cane

Michael Lee Firkins
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Bärchen Records

Billy Crain – Skeletons In The Closet – CD-Review

Bärenstarkes Solo-Album des legendären Southern Rock-Gitarristen! „Billy Crain has been a driving force on the Southern Rock and Rock scene for over three decades“, heißt es in einem renommierten Online Southern Rock-Fanzine – und genau so ist es. Billy Crain war nicht nur Mitbegründer der einstigen Henry Paul Band, sondern ist auch seit dem Tod Hughie Thomassons bei den aktuellen Outlaws involviert, wo er sich seitdem größtenteils für dessen Gitarrenparts verantwortlich zeigt. Zudem zählt er zum Line-Up von Henry Pauls New Country-Seitenprojekt BlackHawk, das ja mittlerweile fast identisch zur aktuellen Outlaws-Besetzung musiziert.

Was an vielen bisher allerdings weitestgehend vorüber gegangen sein dürfte, ist, dass Billy (sein Bruder Tom Crain war übrigens über 15 Jahre lang ein ebenfalls überaus erfolgreicher Gitarrist und eine tragende Säule der legendären Charlie Daniels Band) auch als Songwriter in Nashville ungemein gefragt ist und so prominente Interpreten wie Shania Twain, die Dixie Chicks, Sara Evans oder Martina McBride zu den Abnehmern seiner Kompositionen zählen darf. Mit seinem neuen, wunderbaren Solo-Werk „Skeletons In The Closet“ hat er sich selbst nun ein Album auf den eigenen Leib zugeschnitten, welches einerseits der ewig hungrigen Southern Rock-Fangemeinde (besonders den Traditionalisten) regelrecht Tränen in die Augen treiben dürfte, das aber auch die Anhänger knackiger, zeitloser Countryrock-„Mugge“ und vor allem die Gitarren-Enthusiasten extrem begeistern wird.

Es ist eine CD der Extraklasse, die genau das in den Mittelpunkt stellt, was die Anhänger des Genres so gerne mögen. Satte, vielfältige und filigrane E-Gitarrenarbeit! Und die gibt es voller zündender und absolut melodischer, kerniger Soli wirklich in Hülle und Fülle, Billy feuert hier mit seinen Saitengeräten regelrecht aus allen Rohren. Teilweise meint man sogar, dass Hughie Thomasson imaginären Beistand bei vielen der typischen Stratsoli leistet. Bis auf die Covergestaltung und den Mix der Stücke hat Crain sämtliche anderen Dinge wie Produktion, Songwriting und Gesang, sowie alle vertretenen Instrumente im Alleingang eingespielt. Das Ergebnis kann sich mehr als nur hören lassen. Zehn wunderbare, leicht retroangehauchte Tracks (wirken aber dank der kräftigen und glasklaren Produktion sehr zeitgemäß), allesamt sehr melodisch und abwechslungsreich, die den Hörer vor allem dank der erwähnten, furiosen Gitarrenarbeit des Protagonisten teilweise staunend zurücklassen.

Hatten die Outlaws auf ihrer neuen „Demos“-Scheibe (wo Billy auch beim Songwriting stark mitgemischt hatte) schon sehr positiv überrascht, so ist Crains Solowerk jetzt der richtige, exzellent passende Nachschlag. Vom flockigen Opener „Rise Up“ (schöne Akustikgitarre, 38 Special-typischer E-Gitarren-Rhythmus, Outlaws-trächtige Soli) bis zum herrlichen Abschluss „Running With The Rebels“ (ein Lied zum Mitsingen, Mitwippen; auch hier grandiose Stratocaster-Soloarbeit im Thomasson-Stil) bleiben absolut keine Wünsche offen.

Billys Gesang hat allerdings nicht die typische Whiskey-getränkte Southern-Röhre, sondern klingt teilweise wie eine Mischung aus Timothy B. Schmidt (Eagles / Poco) und Rusty Young (Poco), was allerdings ebenfalls prima zu dieser schwungvollen, erfrischenden, sich prächtig in unseren Gehörgängen festsetzenden Musik passt und so manchem Song zusätzlich gar ein unterschwelliges Westcoast-Ambiente verleiht. „Muddy Waters“ im typischen Outlaws-Gewand der Anfangsjahre (leichter Western-Einschlag, herrliche, virtuos gespielte E-Gitarren-Salven), das hochmelodische „White Picket Fence“ (klasse E-Gitarren-Fills, schöne Harmoniegesänge) und das dezent folkige „Hard Times At Ridgemont High“ (Mandolinen-betont, könnte auch gut ins BlackHawk-Programm passen) bilden die Vorboten für eine sich im Verlauf immer weiter steigernde CD.

„Quick Silver“ mit seiner markanten Refrainzeile (hat viel early Poco-Fwwling) überzeugt mit polternden Drums, richtig raubeinigen, erdigen Slides und furiosem E-Gitarren-Spiel in bester Lynyrd Skynyrd-Tradition. Allen Collins zu seiner Glanzzeit lässt grüßen! Der stampfende Titeltrack (übrigens nicht zu verwechseln mit dem Lied „Too Many Skeletons In Your Closet“ der auch den Outlaws nahestehenden Ghost Riders) zeichnet sich durch eine markante E-Gitarren-Führungslinie aus und bietet die in Szenekreisen obligatorischen Twin-Parts. Das swampige und leicht countryumwobene „Daisy Chain“ entpuppt sich mit seinem sofort in den Gehörgängenen verwurzelten Retro-Refrain (man fühlt sich teilweise in Crosby, Stills, Nash & Young-Tage zurückversetzt) und der tollen E-Gitarren-Arbeit, inklusiv kleinem Gitarrenfinish, als weiterer Kracher.

Das erneut in allerbester Outlaws-Manier präsentierte „Borrowed Freedom“ und das in den Strophen ein wenig an „House Of The Rising Sun“ erinnernde „Cracks“ (zum Teil dezent psychedelisch anghauchte, herrliche E-Gitarren-Arbeit) überzeugen wieder durch modern interpretierte Retroabwandlungskunst. Das bereits erwähnte „Running With The Rebels“ würde jeden Southern-Fan auf die Knie gehen lassen, wäre da nicht der kleine Makel des Fehlens des Genre-obligatorischen Gitarrenfinishs, auf das man sich im Verlauf des Songs (trotz toller Soli zuvor) schon fast unweigerlich einrichtet. Trotzdem ein Klasse-Abschluss!

Billy Crain überzeugt mit seinem Solo-Album „Skeletons In The Closet“ auf ganzer Linie. Eine phantastische Visitenkarte eines absoluten Ausnahme-Gitarristen, Songschreibers und Allround-Musikers, die von vorn bis hinten einfach nur Spaß macht. Ein kleines Manko ist die etwas spartanische Verpackung der CD im einfachen Papp-Sleeve in alter LP Cover-Optik, doch das darf und muß man bei dieser prachtvollen Musik einfach als zu vernachlässigen in den Hintergrund stellen. Ein tolles Album! Man darf gespannt sein, was Billy Crain in Zukunft noch so alles aus seiner offensichtlich mit Ideen nur so vollgepackten musikalischen Vorratskammer hevorholt…

Slidebilly Records (2010)
Stil: Southern Rock

01. Rise Up
02. Muddy Waters
03. White Picket Fence
04. Hard Times At Ridgemont High
05. Quick Silver
06. Skeletons In The Closet
07. Daisy Chain
08. Borrowed Freedom
09. Cracks
10. Running With The Rebels

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Bärchen Records

Ghost Riders – Fortune Teller – CD-Review

GR_300

Was passiert wohl, wenn sich zwei Musiker von ehemals etablierten Southern-Bands wie Outlaws und der Henry Paul Band zusammentun? Klar doch, sie machen natürlich Südstaaten-Rock! Steve Grisham war zu „Soldiers Of Fortune“ Zeiten Gitarrist an der Seite von Henry Paul und Hughie Thomasson und Barry Rapp begleitete den heutigen Blackhawk-Chef auf den ersten drei Solo-Alben und tat sich bei so starken Stücken wie „Grey Ghost, Whiskey Talkin'“ oder „Turn It Up“ als Co-Writer hervor.

Die CD der Ghost Riders kommt mir vor wie eine einzige Liebeserklärung an die großen Gruppen des Genres. Auch wenn mit „There Goes Another Love Song“ nur eine Nummer relativ originalgetreu gecovert wird, wirkt das Gesamtwerk wie ein Medley durch die Geschichte des Southern Rock. Der Opener „Gone South“ lässt sofort Good Time Feeling a la Dickey Betts & Great Southern aufkommen. Knackige Slides, Honky-Tonk-Piano, ein paar Allman Brothers-typische Organ-Breaks, ein bisschen Charlie Daniels-Gesang, sowie eine Brise Drivin‘ Sideways, und fertig ist ein Song, den man blind auf die berühmten NASCAR-Sampler packen könnte.

Bei „Roots“ denkt man an Stücke wie „Tashauna“ oder „One Known Soldier“ aus der Rossington/Collins-Zeit, als man nach dem Flugzeugabsturz wieder so langsam versuchte, musikalischen Boden unter die Füße zu bekommen. Für mich ein Highlight des Albums! Ein Stück mit viel Herzblut und Atmosphäre, sowie furiosem kurzem Gitarrenfinish.

„G.R.I.T.S.“ ist ein Honky-Tonk-Kracher der Marke Lynyrd Skynyrd, natürlich mit unnachahmlichem Billy Powell-Piano-Geklimper. „Good Lovin’s Hard To Find“, „Outta Hell In My Dodge“, „G.W.T.G.G.“ oder „FLA“ schlagen in die gleiche Kerbe. Das Titelstück macht der Atlanta Rhythm Section alle Ehre. „Champagne Jam“, „Doraville“ etc. könnten hier Pate gestanden haben.

„Shotgun Run“ enthält diverse Elemente von Bands wie Blackfoot und der Marshall Tucker Band, von den Gitarren her ziemlich deutliche Molly Hatchet-Anteile. Bei „The Ballad Of Ghost Riders“ geht einem zunächst die unverkennbar dünne Stimme von Barry Rapp ins Gehör, wie sie zum Teil sporadisch mal auch auf den Henry Paul-Alben zum Einsatz kam. Eine tolle Nummer mit einem Touch von „Hotel California“, aber sonst deutlich der Henry Paul Band nachempfunden.

Der Honky-Tonk-Blues „Handy Man“ gibt sich in der Tradition der Gregg Allman Band. Reißende Soli von Jimmy Bennett im Stile von Dan Toler bei Songs wie „Just Before The Bullets Fly“ oder „Can’t Get Over You“ mit einem kurzen Break wie bei „T For Texas“. Starke Gitarrenarbeit! „Song For The Angels“ ist das einzige Stück ohne Gesang. Reminiszenzen an Dickey Betts-Instrumentals der Marke „Pegasus“ und „Robin Hood“ von 38 Special oder „Both Sides“ von Molly Hatchet kommen einem in den Sinn.

Ein Hauch von Doc Holliday ist beim dahinplätschernden „Whiskey Drinkin‘ Woman“ zu spüren. „I Want The Blues Tonight“, eine ein wenig countryinfizierte Ballade im Stile der ganz frühen 38 Special-Platten („Take Me Back“) beschließt dann die Fahrt durch die Southern-Rock-Historie.

Mein Fazit. Ein sympathisches Album mit leider etwas schwachen Gesangsleistungen (da wäre ein charismatischer Frontmann angebracht gewesen) und spärlichem Cover (ein Blatt), aber jeder Menge Südstaaten-Flair und tollen Gitarren. Absolut empfehlenswert für Sammler, Puristen und Nostalgiker! Die limitierte erste Auflage kam durch Kontakt von Bärchen-Mann Jürgen Thomä und Steve Grisham persönlich zustande und ist relativ schnell vergriffen gewesen. Vielleicht mal anklingeln und nachfragen, ob noch mal Nachschub organisiert werden kann.

Mira Vista Records (2003)
Stil:  Southern Rock

01. Gone South
02. Roots
03. G.R.I.T.S.
04. Fortune Teller
05. Shotgun Run
06. Ballad Of The Ghost Rider
07. Handy Man
08. Song For The Angels
09. There Goes Another Love Song
10. Whiskey Drinkin‘ Woman
11. I Want The Blues Tonight

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Hurry Sundown – Same – CD-Review

Eine Brise Southern-Rock mit 70er-Jahre-Flair gefällig? Dann seid ihr bei Hurry Sundown goldrichtig. Ähnlich wie die Band Rambler, die vor einem halben Jahr mit ihrem Album „First Things First“ selbst geschriebene Stücke in Anlehnung an alte Lynyrd-Skynyrd-Klassiker auf den Markt brachte, tat es diese Truppe bereits im Jahre 2002 in der Tradition der ersten drei Outlaws-Alben.

Auch hier sind sämtliche Songs aus der eigenen Feder, aber der Spirit dieser Epoche ist fast zu jeder Minute der CD spürbar. Nicht nur der Name spricht für sich, auch ein LP-Cover des Outlaws-Meisterwerkes von 1977 sowie eine beige-weiße Stratocaster, wie sie Hughie Thomasson’s Markenzeichen war, mit denen sich die Band in ihrem Proberaum ablichten ließ, untermauert mehr als deutlich wo hier dir Akzente zu suchen sind.

Genau wie der ehemalige Eagles-Produzent Bill Szymczyk, der es damals so spielend leicht schaffte, Southern-Rock-, Westcoast- und Countryelemente zu einer harmonischen Einheit verschmelzen zu lassen haben hier die Macher des Quartetts Scott Casteel (Lead Vocals, Acoustic and Electric Guitar) und Jeb Shelton (Bass Guitar, Vocals), die sämtliche Lieder komponiert haben, ebenso detailgetreu gewerkelt. Mit ihnen involviert sind Ryan Reichard (Drums, Vocals) und John Tiefry (Electric, Acoustic and Slide Guitar, Vocals).

Der Opener „Summer Skies“ beinhaltet instrumentale Hooklines von „There Goes Another Love Song“, Casteels Stimme kommt ebenso dünn daher wie einst Billy Jones, dazu exzellente Wechsel-Arbeit beider Gitarristen. „On My Way“ erinnert an eine relaxte Ausgabe von Marshall Tuckers „Can’t You See“ in Kombination mit „I’ll Be Loving You“ im Gitarrenpart. Überragend „So Many Days“. Locker flockiger Rhythmus, nette eingängige Melodie, ein erstes E-Solo, dann zweistimmiges Agieren und am Ende noch mal ein duellartiges Klampfenfeuerwerk.

Auch die abschließende Ballade „Faith“ hebt sich mit jeder Menge filigraner Saitenarbeit in den Vordergrund, verzichtet wurde aber auf das Southern-typische Finale. Knapp 37 nostalgisch anmutende Minuten sind ruckzuck vorbei, der Geist der Anfangswerke von Marshall Tucker, Eagles, Poco, mit einem Hauch 38 Special und Doc Holliday und natürlich in großem Maße Outlaws ist kurzzeitig wieder spürbar.

Ein wenig gewundert hat mich, dass die Scheibe im sonst so glänzend geführten Southern-Rock-Archiv keine Aufmerksamkeit erfahren hat. Ein paar Zeilen hätten die Jungs da sicherlich verdient, zumal es sich nicht um eine der berühmten Eintagsfliegen zu handeln scheint. Im Frühling 2005 soll nämlich ihr zweiter Silberling herauskommen. Als Produzent mit von der Partie Steve Grisham, natürlich ein Ex-Outlaws-Mitglied…

Eigenproduktion (2004)
Stil:  Southern Rock

01. Summer Skies
02. On My Way
03. Reflections
04. So Many Days
05. Simple Life
06. Change My Ways
07. For No One Else
08. Come Around
09. Highway
10. Faith

Bärchen Records

George Hatcher – Rich Girl – LP-Review

War ich tatsächlich erst 15 Jahre alt, als ich mir George Hatchers damaligen Tonträger zulegte? Und in der Tat – es ist fast satte 35 Jahre her, seit ich die LP „Rich Girl“ dieses Musikers mit einer relativ ungewöhnlichen Geschichte in meine – zu dieser Zeit vermutlich noch überschaubare – Sammlung fügte.
George Hatcher stammt aus den USA, genauer gesagt aus dem Staate North Carolina. Er sang recht frühzeitig in verschiedenen Bands (spielt bis heute kein Instrument), wobei er mit der Combo Flatrock schon als Support für Acts wie ZZ Top oder Bob Seger auftrat. Als sich ein lukrativer Plattenvertrag abzeichnete und man in Nashville zu den Aufnahmen schreiten wollte, wurde das Studio des plötzlich von Geldnöten geplagten Finanziers, samt des innenstehenden Equipments der Band konfisziert.

Hatcher ging frustriert nach England, lebte in London, um hier seinem musikalischen Traum nachzugehen. Als Unterstützer fand er den Produzenten Tom Allom (Judas Priest, Def Leppard), der Hatcher in Sachen Plattenvertrieb und Touring zur Seite stand. Und so ist es auch zu erklären, dass George in unseren Breitengraden wesentlich mehr Aufmerksamkeit erhaschen sollte, als in seiner Heimat.

„Rich Girl“ war zu dieser Zeit sein bereits viertes Werk und der mir bis dato völlig unbekannte Künstler ein Novum, was meine sich damals langsam aufbauende Passion für den Southern Rock anging. Ein ungewöhnliches Werk, zumal es im fränkischen Hilpoltstein aufgenommen und produziert wurde (George mit Assistenz von Manni Neuner). Allein schon das imposante Cover weiß im Hinblick auf den Titel zu überzeugen. Hatcher als Hallodri mit langer Matte in Wartestellung vor einer herrschaftlichen Villa samt Rolls Royce mit Fahrer, eine junge Dame – die gute Partie darstellend – verträumt im Fenster der mit Efeu berankten Herrschaftsimmobilie sitzend. Zur Verfügung gestellt wurde das beeindruckende Ambiente von einem Freiherr Tucher von Simmelsdorf. Herrlich wie sich der Chauffeur des Hauses, nach dem Motto ‚lass bloß die Finger von ihr‘ auf der Rückseite der LP im Park drohgebärend vor George aufbaut. Der Geldadel mag halt unter Seinesgleichen bleiben – eine zurzeit wieder hochaktuelle Thematik…

In der Besetzung George Hatcher (voc), James Morgan (g), Pete Gosling (g), Vic Young (b), Geralt Watkins (keys) und Mac Poole (dr) wurden hier neun feine, mit vielen kleinen Finessen bestückte (Southern) Rock-Perlen eingespielt, die selbst heute noch, aufgrund der transparenten Produktion, recht zeitgemäß rüberkommen.

Wenn dann zu Anfang mit Back To Dixie und „Hell Hole“ zwei so richtig dreckige, kurz und schmerzlose Boogies erklingen, schlägt das Herz des Genre-Fans direkt höher. Herrliche Slide- und Twin-Einlagen, ein bisschen ABB-Flair, dazu auch ein wenig Rory Gallagher-Esprit. Im Nachhinein könnte man auch schlussfolgern, dass sich Molly Hatchet auf ihren Anfangsalben vom Stile Hatchers durchaus ein wenig inspirieren haben lassen könnten.

„Blue Skies“ flattert fröhlich, rockig mit schönen Breaks vor sich hin, die atmosphärischen „Rich Girl“ und „The Price I Pay“ weisen sogar dezente Prog-Bezüge auf. Bei letztgenanntem Track kommt einem aufgrund der Backs am Ende Pink Floyds „The Great Gig In The Sky“ spontan in den Sinn. Apropos Backs. Im zweiten Teil der Platte erweisen sich die drei deutschen Damen Renate Maurer, Claudia Schwarz und Gitta Walter mit ihren Ooooohs und Aaaahs als tolle Gegenpole zu Hatchers kauzigem Organ, dieser stimmlich irgendwo zwischen Bob Seger und Rory Gallagher pendelnd.

Großartig die Honkytonk-getränkte Version des viel gecoverten Womack-Stücks „It’s All Over Now“, das in einer coolen Version mit klasse Tempowechseln daherkommt. „Regrets“ rockt wieder als wenn Rory Gallagher und Molly Hatchet sich für eine gemeinsame Session zusammengetan hätten. Das wunderbar melodische „Black Rose“ hat dezente Ähnlichkeiten zu Bob Segers Art, Balladen zu zelebrieren (herrlich die immer wieder aufheulenden Twin-Gitarren, die grandiosen Backs der Damen sowie die schön rockigen Gitarrenbreaks, die mehrfach kurzzeitig das Tempo variieren). Absolut klasse!

Beim aus der Feder von Edgar Winter und Jerry LaCroix stammenden „Fly Away“ (auch wieder mit Bob Seger-Teint) wird dann am Ende das große Besteck rausgeholt. Streicher (unter Mithilfe der Nürnberger Symphoniker) und ein an „Hey Jude“ angelehntes ‚Na-na-na‘-Finale, bieten einen euphorischen Abschluss eines vermutlich viel zu wenig gewürdigten und nur Insidern bekannten Albums.

Die George Hatcher Band ist heute nach diversen Auszeiten wieder in folgender Besetzung aktiv. George Hatcher (voc), Blake Gross (b), John Hartley (dr), Ralph Oleski (g), Scott Braswell (g), Terry Collins (Keys) und Gustavo Juarez Sr. (perc). Ein neues Album oder ein paar Live-Auftritte des sympathischen und immer bodenständig gebliebenen Bandleaders in Deutschland wären da mal absolut wünschenswert. Vielleicht entdeckt die Familie des Freiherrn ja erneut mal ihr Herz für die Musik und greift als Sponsor in die Tasche… Dem gemeinen Southern Rock-Pöbel wie Unseresgleichen würde sie damit sicher viel Freude bereiten! Werke in digitalisierter Form von George Hatcher kann man über seine HP oder über einschlägige Anbieter im Internet beziehen.

Shark Records (1978)
Stil:  (Southern) Rock

01. Back To Dixie
02. Hell Hole
03. Blue Skies
04. Rich Girl
05. It’s All Over Now
06. The Price I Pay
07. Regrets
08. Black Rose
09. Fly Away

George Hatcher Band
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Gary Jeffries – Middle Class Man – CD-Review

Es sind gerade wieder gute Wochen für die Freunde des Southern Rocks! Da gibt es das starke Zweitwerk von Zach Williams & The Reformation, die mit viel Herzblut eingespielte Sam Morrison Band-Scheibe und auch noch das neue Solo-Album von Gary Jeffries. Dazu die Ankündigung des Skynyrd-Clans, demnächst wieder ein neues Album in Angriff nehmen zu wollen, was aber heute eher nur noch reservierte Vorfreude auslöst. Ja, dieser Gary Jeffries, um den es hier geht, der hat schon einiges an musikalischer Erfahrung auf dem Buckel. Asphalt Ballet, Coupdeville, Übergangssänger bei den Regulators (deren Debütscheibe ein unverzichtbarer Klassiker ist, allerdings nicht mit ihm am Mikro) und als Frontsau von den jetzt nicht mehr bestehenden Alligator Stew.

Jetzt hat Gary seiner Meinung nach das Beste an Songs aus diesen Bandphasen herausgepickt, neu eingespielt und dazu mit einigen brandaktuell kreierten Tracks garniert. Da ich nur eine Scheibe von Alligator Stew, und zwar die „A First Taste Of“ (und nichts bzgl. der anderen Bands), besitze und auf dieser hier kein einziger Song davon vertreten ist, kann ich mich auf komplettes Neuland konzentrieren, bis auf den CCR-Gassenhauer “ Bad Moon Rising“ als Cover natürlich, der hier in einem schönen Countryambiente (Banjo, Harp, Akustik-Slide) mit Bluegrass-Touch gegen Ende der CD präsentiert wird.

Obwohl die Scheibe eine Eigenproduktion ist und vermutlich mit streng kalkuliertem Budget erstellt wurde, macht Jeffries nicht den Fehler, sich als ‚Alleinwissender‘ über die Sache herzumachen. Er hat sich bei der Produktion von Ron Pease über die Schulter schauen lassen. Die ist nämlich hervorragend gelungen und bewältigt den Balance-Akt zwischen ’nicht zu altbacken und zu overstylt klingen‘ ganz hervorragend. Aufgrund des durchgehend starken Songmaterials ist somit ein echter Hörspaß über knapp fünfzig Minuten garantiert.

Schon beim Opener „Free“ heulen direkt die Slidegitarren zu einem flotten Rhythmus aus Akustik- und Baritongitarre, dass es jedem Southern-Rocker warm ums Herz wird. Das folgende „Heaven Winds Blow“ erinnert an die „Gator Country“-Tage von Molly Hatchet mit typischem E-Solo, wummernder Orgel und herrlichen Backs von Kristin Kincaid. Zu diesen sumpfigen Klängen bekommen vermutlich selbst Alligatoren eine Gänsehaut. Grandios auch der Titeltrack, mit seiner bumpigen Note und den tollen E-Gitarren. Eine Mischung aus Molly und Blackfoot zu besten Tagen. Stark!

Und die Highlights gehen weiter und weiter. Das melodische „Ashes To Ashes“ und der gitarrenlastige Honkytonker „Know Ya Too Well“ (Pianist Jimmy Rogers mit Billy Powell’schem Geklimper, erinnert ein wenig an „Jukin‘ City“ von Hatchet) bilden die Vorhut für das sensationelle „Blood On The Highway“ (aus dem Aphalt Ballet-Fundus) mit seinem swampigen E-Groove, quäkiger Harp, gurgelnder Orgel, klasse Backs und jaulender Les Paul. Ein Killersong! Atmosphärisch wird es bei „Flowers On My Grave“, da meint man die Hooters hätten sich dem Southern Rock zugewendet. Klasse auch hier der üppige Slideanteil.

Das nächste Superstück, das jedem Genre-Fan weiche Knie bescheren wird, ist „Mississippi Girl“. Der Anfang noch im sprechgesanglich gehaltenen Charlie Daniels-Ambiente, geht über in eine Uptemponummer der Marke Molly Hatchet mit fettem Drumming (von Randy Trent), vor allem der Tempowechsel im langen E-Solo in Ingram’scher Manier ist genial. „Free My Soul“ (aus der Coupdeville-Phase) erinnert mit seinem dezenten psychedelischen Touch ein wenig an Skynyrds „Voodoo Lake“. Das stampfende „Southern Pride“ (ebenfalls aus der Coupdeville-Zeit) mit Harp, Backs und Slide hat eine bluesige Note, toll hier die ruhige Billy Powell-Gedächtnis-Piano-Passage als Bridge angelegt. Am Ende lässt Jeffries, der mich auf den Bildern an eine schlanke Reinkarnation von Dave Hlubek erinnert) mittels „Free In Heaven“ (seinem verstorbenen Vater gewidmet) sein bärenstarkes „Middle Class Man“-Album gefühlvoll ausklingen. Wunderbar erneut die weiblichen Backs von Kristin Kincaid.

Gary Jeffries‘ musikalisches Plädoyer für den Mittelstand ist absolute Spitzenklasse geworden. Eine schöne, hervorragende, moderne Aufarbeitung der guten alten Southern Rock-Zeit im Stile der Anfangstage von Bands wie Skynyrd, Molly, Doc & Co. mit den heute etwas besseren technischen Möglichkeiten und Erkenntnissen. Für mich eine der besten Southern Rock-Scheiben des neuen Jahrtausends. Toll gemacht, Gary Jeffries!

Eigenproduktion (2011)
Stil: Southern Rock

01. Free
02. Heaven Winds Blow
03. Middle Class Man
04. Ashes To Ashes
05. Know Ya Too Well
06. Blood On The Highway
07. Flowers On My Grave
08. Mississippi Girl
09. Free My Soul
10. Bad Moon Rising
11. Southern Pride
12. Free In Heaven

Gary Jeffries bei Reverbnation
Bärchen Records

Jackson Stone Band – Risin‘ High – CD-Review

Ein Neuling auf der Southern-Rock-Ebene ist die Jackson Stone Band, die jetzt ihr Debüt „Risin‘ High“ auf den Markt gebracht hat. Kopf der Truppe ist der schwergewichtige Dave Verno jr. (man munkelt, dass er den gleichen Ernährungsberater wie Dave Hlubek haben soll…), der eine ganze Schar von exzellenten Musikern um sich versammelt hat. Gelungen ist ihm ein recht kurz gehaltenes Werk mit acht Stücken (knappe 35 Minuten), die es aber in sich haben. Er bietet eigenständige Songs in Anlehnung an die starke Phase der zweiten Bandgeneration wie Molly Hatchet, 38 Special, Doc Holliday etc., nachdem sich die Szene so langsam wieder vom Schock des Skynyrd-Flugzeugabsturzes zu erholen begann.

Wohl auch Dank seines Körpervolumens und der üblichen Getränke, ist Vernon jr. mit einer dreckig-erdigen Röhre ausgestattet, die meines Erachtens in Bereichen von Jimmy Farrar und Warren Haynes anzusieden ist. Allerdings gelingt es ihm immer wieder, sie variabel den Songmustern anzupassen, wenn es erforderlich zu sein scheint (beispielsweise bekommt „Throwing It All Away“ durch Veränderung der Stimme in Richtung Rickey Medlocke ein leichten Blackfoot-Touch). Und der Frontmann ist eindeutig mit Charisma ausgestattet, was im Southern-Rock ja schon immer eine wichtige Rolle gespielt hat.

Der Opener „Call Up The Doctor“ legt direkt in bester Molly-Hatchet-Tradition zur Zeit ihres 3. und 4. Albums los. Herrlich aggressiver Drive und ebenso feurige Gitarreneinlagen.  „Sympathy“ ist vom Stil her Van Zant zuzuordnen, scheint aber auch von Mollys „Respect Me In The Morning“ von „Take No Prisoners“ inspiriert zu sein (damals Duett Jimmy Farrar und Mother’s Finest Sängerin Baby Jean). Starker weiblicher Hintergrundgesang verleiht der Nummer eine wunderbar soulige Note. Überhaupt möchte ich hier ein Loblied auf die tollen Backgroundsängerinnen Dallis Craft, Melissa Mendenhall, Linda Dalziel und Tiwana Turner ablassen, die in fast jeden Song gut hörbar integriert wurden.

„Heavy Metal Outlaws“ ist ein typischer Stimmungsmacher und könnte das schon immer ausgeprägte Balzverhalten in der Bikerszene nachhaltig revolutionieren. „Seven Days“ kommt als rauchiger Southern-Blues der Marke Warren Haynes zu „Tales Of Ordinary Madness“-Zeiten mit jeder Menge filigraner Gitarrenarbeit daher. Im Repertoire der meisten Southern Bands findet man ein Lied wie „Gimme The Wheel“, ein rhythmischer, pianogetränkter Boogie. Drivin‘ Sideways und Doc Holliday dank der Eddie Stone-mäßigen Orgeleinlage fallen mir hier spontan als Referenzen ein.
Die Bitte der Backgroundsängerin am Ende des Liedes „Baby Don’t Slow Down“ wird schlichtweg ignoriert, es folgt im Anschluss die einzige richtige Ballade „Take Me Back“, die nicht nur vom Titel an ein gleichnamiges Stück von .38 Special von ihrem 2. Album erinnert. Piano-mäßig sind klare Parallelen zu Skynyrds „Free Bird“ feststellbar. Wieder verzieren den Song starke E-Gitarrenparts. Das ausklingende Titelstück ist eine Uptempo-Mixtur aus Molly Hatchet während der Farrar-Epoche und 38 Specials „Rockin‘ Into The Night“-Phase.

Eine gute halbe Stunde wird es einem wirklich warm ums doch oft so gebeutelte Southern-Herz. Geile Gitarren-Soli en masse, wie bereits schon vorher erwähnt. Zu meckern gibt es einzig und allein höchstens was über die recht spartanisch gehaltene Cover-Gesamt-Gestaltung, trotz des schönen Titelbildes und des klasse aussehenden Band-Logos. Die Scheibe stellt ohne Wenn und Aber eine große Bereicherung für die Südstaaten-Rock-Szene dar. Kompliment an die Jackson Stone Band alias Mr. Dave Verno jr!

Eigenproduktion (2004)
Stil:  Southern Rock

01. Call Up The Doctor
02. Throwing It All Away
03. Sympathy
04. Heavy Metal Outlaws
05. Seven Days
06. Gimme the Wheel
07. Take Me Back
08. Risin‘ High

Jackson Stone Band bei Reverbnation
Bärchen Records