The Captain Legendary Band – Lifetime – CD-Review

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So ist es manchmal. Gerade noch mit Jake OwensAmerican Love“ eine Scheibe reviewt, die zur Zeit ganz Amerika, Genre-übergreifend aufmischt, jetzt mit „Lifetime“ von der Captain Legendary Band, ein Werk zur Begutachtung, das mir zwar viel mehr Spaß bereitet, aber sicherlich sowohl in den Staaten, eher mehr regional, und besonders hierzulande, nur einem neugierigen Insider-Kreis vorbehalten sein wird. Aber das sind ja ganz genau die Interpreten, denen wir bei uns eine Plattform bieten wollen, damit sie, falls sie den Weg mal über den großen Teich schaffen sollten, auch eine gewisse Resonanz geboten bekommen.

Kapitän an Bord dieses vielversprechenden Quartetts aus Houston, Texas, ist der Multi-Instrumentalist und Hauptkomponist Charlie Hager (lead and background vocals, electric and acoustc guitars, banjo, mandocaster), der in Aaron Bancroft (electric and acoustic guitars, keys, lead („White Dog“) and background vocals) einen ebenso hochversierten und -talentierten Mitstreiter gefunden hat. Hervorragend ergänzt werden sie durch die Rhythmusfraktion, bestehend aus Jeff Hager (bass) und Matt ‚The Kid‘ Groll (drums, percussion).

Die Jungs sind längst keine musikalischen Nobodies mehr. Sie haben seit 2005 bereits Platten veröffentlicht, zuletzt ein von Kritikern mit Lob überschüttetes Doppel-Live-Album, das ihren Ruf und den Titel als ‚Live Band of the Year‘, den sie 2010 von der Texas Music Academy verliehen bekam, weiter nachhaltig untermauerte. 2014 sind sie bereits einmal durch Europa getourt und haben auch bei uns Stopps eingelegt.

Die neue CD „Lifetime“ ist ihr bereits viertes Studio-Album und stellt eindeutig den Zenit ihrer bisherigen Schaffensphase dar. Was für eine kongeniale Verschmelzung des besonders im Lonestar State so beliebten Red Dirts und dem herkömmlich bekannten Southern Rock einstiger Hochzeiten. Nach einem 20 sekündigen instrumentellen Rumgenudel („Noodle“) eröffnet der Lonestar-Vierer direkt mit dem Titelsong (schönes authentisches Video), ein starker Red Dirt-Rocker in der Tradition von Szene-Acts wie Texas RenegadeCody Gill Band, Willie Stradlin, Casey Donahew Band & Co., klasse! Das folgende „Honey“ lässt die Entertainer-Fähigkeiten ihres Fronters erahnen: Toller affektierter Gesang mit einem Hauch von Elvis-Attitüde in einem dezent psychedelisch angehauchten atmosphärischen Rocksong.

Das melodische, Steel-getränkte und demnach auch Country-lastige „Wishing Well“ erinnert unweigerlich an Sachen von Cooder Graw. Der launige Schunkler „Honey“ (klasse Dobro von Gastmusiker Billy Jo High) aktiviert sofort die Fußwippe, während das Bois D’Arcs-mäßige balladeske „Gypsy Eyes“ Freudentränen in die Augen des Rezensenten treibt. Nicht nur Fans von plusternden Harptönen (gespielt durch Mike Parker) werden am „Everyman’s Blues“ ihre Freude finden. „Porch Stompin'“ dient als Intro für einen der großen Kracher des Werkes, „Fire In The Valley“, einem Banjo- und Slide-durchzogen Swamper, mit dem der Schwenk zu deutlich Southern Rock-haltigerem Stoff sehr harmonisch vollzogen wird.

Das Tucker-mäßige, von grandioser Akustikgitarrenarbeit und weinender Steel durchzogene „Writing On The Wall“ erzeugt unweigerlich Gänsehaut, ebenso wie das wunderbare Solo auf der Holzklampfe (mal als Alternative zu den vielen starken E-Soli). Geht runter wie Öl, mein Lieblingssong! Der dreckige Rocker „Drowned In New Orleans“ und das, wie eine Countrymodifikation des Floydschen „Wish You Were Here“ schön melancholisch klingende „She Waits“ sind der Vorbote für den krönenden Abschluss des Silberlings: Das von Aaron Bancroft komponierte und besungene „White Dog“.

Ok – auch wenn hier viele Ingredienzen recht bekannt wirken – dieser Song geht als eine ehrwürdige Hommage an Hughie Thomasson durch, Bancroft lässt dessen typisches Stratocaster-Spiel wieder aufleben, und das furiose Instrumentalfinish verdeutlicht einem, was für ein sensationelles Stück das damalige „Green Grass And High Tides“, gerade im furiosen E-Gitarrenteil, abgab. Die CLB lässt diesen Spirit in knapp neun Minuten hier wieder aufleben. Nicht nur für Outlaws-Liebhaber ist dieser ‚weiße Hund‘ ein absolutes Leckerchen!

„Lifetime“ von der Captain Legendary Band ist ein hervorragend investiertes Stückchen musikalische Lebenszeit, das Leser unseres Magazins in jedem Fall begeistern wird. Ein weiteres tolles und zulegenswertes Album, in einem, für Southern Rock-Verhältnisse samt seiner verwobenen Genres, überaus starken Jahr. Dafür lege ich meine legendäre Tischtennis-Hand ins Feuer!

Eigenproduktion (2016)
Stil: Red Dirt / Southern Rock

01. Noodle
02. Lifetime
03. Honey
04. Wishing Well
05. Anymore
06. Gypsy Eyes
07. Every Man’s Blues
08. Porch Stompin‘
09. Fire In The Valley
10. Writing On The Wall
11. Drowned In New Orleans
12. She Waits
13. White Dog

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Red Shahan – Men & Coyotes – CD-Review

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Alles fing mit einer Nachricht an, dass der bei uns auch reichhaltig besprochene und verehrte Red Dirt-Musiker Randy Rogers, zusammen mit seinem Partner Robin Schoepf, eine Künstler-Agentur namens Big Blind Management gegründet hat. Ihr erster Klient, den sie sich ‚gekrallt‘ haben, war ein gewisser Red Shahan.

Randy Rogers‘ überschwengliche Laudatio auf ihn “Red has a uniqueness in his approach to songwriting and performing that we feel will soon propel him into the spotlight he deserves, he’s one of the guys that will make great records for some time to come”, weckte natürlich sofort Begehrlichkeiten, zumal mein Faible für texanisch geprägte Country/Red Dirt-Musik, ja kein offenes Geheimnis mehr ist. So schrieb ich die beiden Herren an, bat um Zusendung des Debütwerkes des Protagonisten, und siehe da, einige Zeit später, lag das Teil im heimischen Briefkasten.

Red Shahan stammt aus dem, dem texanischen Fort Worth nahe gelegenen Bluff Dale, und hat unter der Firmierung Red & The Vityls zunächst in der Musiker-Szene um Lubbock herum, erste Ausrufezeichen gesetzt. Mittlerweile ist er nach Stephensville gezogen, unterstützt die Band Six Market Blvd. als Keyboarder, und hat Ende letzten Jahres mit „Men & Coyotes“ sein erstes Solo-Album eingespielt.

Allein schon der wunderbare Titelsong und Opener zugleich, so ein wenig zwischen Introvertiertheit und gedrückter Melancholie pendelnd, das geteilte Schicksal der Einsamkeit von Cowboys und Kojoten, abseits in der Wildnis, in dezentem Red Dirt-Ambiente reflektierend, erzeugt beim Autor Momente musikalischer Glückseligkeit. Klasse auch, wie Red hier in der Manier eines Kojoten ein paar ‚U-u-uhs‘ als Zwischengesänge rausheult.  Hammer!

Shahan und seine Mitmusiker Matthew Smith, Ryan Tharp, Elijah Ford, Ben Hussey, Brock Wallace, Jeff Dazey und Lemon Pepper (produziert haben in einem starken Sound Shahan, Smith, Tharp und Ford zusammen mit Grant Jackson) präsentieren im weiteren Verlauf eine stilistische Bandbreite zwischen Country/Southern Rock, Blues und Soul, immer mit einem dezent unterschwelligen Retro Flair. Shahans Texte über schwer schuftende Mütter, gebrochene Männer, Einsamkeit, schmerzende Liebe, etc. veranlassen zwar nicht gerade zur Verlockung, lassen den Zuhörer gefühlsmäßig, in ihrer gedrückten Art, aber recht authentisch, in die vorgegebenen Szenarien eintauchen.

Zum, meist von Bariton-E-Gitarren, hölzern pumpendem Bass und unaufdringlichen Drums geführten Grundgerüst der Stücke, gesellen sich je nach Art Cello und Violine („Boom Town“, das kammermusikartige „Long Way To Fall“), plusternde Bläser („White Knuckle Heart“, der Memphis-behaftete Blues-Schwofer „Move Over“), eine raunzende Dobro (bei „Long Way To Fall“) oder eine heulende Steel beim melancholischen „Drag You Down“.

Freunde des klassischen Slow Blues werden beim großartigen „Black & Blue regelrecht mitfiebern. Die Southern Rock-Klientel wird mit dem Stampfer „303“ (klasse Gesang von Shahan, gurgelnde Orgel, herrliches Slide-Solo), dem bedrohlichen wirkenden „Low Down Feeling“ (wieder messerscharfes Slide-Solo) und dem flockigen „Southern Man“ (klasse Hammond, typisches E-Gitarren-Solo) belohnt.

Und wenn Red beim knarzig gespielten „Black Veins Pt.1“ „Ain’t no medicine gonna help anymore“ schmerzhaft intoniert, kann eigentlich nur noch solch fantastische Mucke zur nachhaltigen Genesung beitragen. Red Shahans „Men & Coyotes“ muss man gehört haben. Es besteht regelrechte Suchtgefahr! Und auf das Urteil einer Koryphäe wie Randy Rogers und auch auf das meiner Person ist doch wohl Verlass, oder…?

Magnolia Records (2015)
Stil: Country Rock & More

01. Men & Coyotes
02. Boom Town
03. 303
04. White Knuckle Heart
05. Low Down Feeling
06. Black & Blue
07. Long Way To Fall
08. Never Turn Around
09. Southern Man
10. Black Veins Pt.1
11. Drag You Down
12. Move Over

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Dolly Shine – Walkabout – CD-Review

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Man kann schon in unseren Breitengraden richtig neidisch werden, wenn man sieht und hört, was im Bundesstaat Texas so alles an hochkreativer Musik fabriziert wird. Nächstes Beispiel ist die Band Dolly Shine, die jetzt mit „Walkabout“ nach dem Debüt „Room To Breathe“ und der EP „All In“ ihren dritten Tonträger veröffentlicht.

Benannt nach einer spanischen Redensart im tiefen Süden von Texas („Dale Shine“), die im übertragenen Sinne hier bei uns so etwas wie ‚Gib Gas‘ bedeutet, hat sich das Quintett aus Stephensville in diversen Besetzungen zu einem mittlerweile richtig heißen Red Dirt-Act entwickelt. Stücke wie „Spinning My Wheels“, „Should Have Known“, „Her Name Was Trouble“ oder „Dangerous Love“ hatten bereits die Texas Music Charts erobert.

Die beiden Gründungsmitglieder Zack McGinn (Lead vocals) und Wes Hall (Fiddle) haben sich mittlerweile den starken E-Gitarristen Jerrod Flusche gekrallt und mit Ben Hussey (Bass, vocals) sowie Johnny Goodson (Drums, percussion) die passende Rhythmus-Fraktion gefunden. Produziert haben Hussey und Josh Serrato (der sich hier auch  mit diversen Saiteninstrumenten und B3-Organ einbringt), besonders bekannt für ihre Mitwirkung als Musiker bei Six Market Blvd.

Schon der ruppig polternde Opener „Blackbird“ deutet an, wie diese Truppe die dortig einschlägigen Lokalitäten wie das Billy Bob’s Texas, Gruene Hall & Co. in Wallung zu verbringen mag. Schon hier offeriert sich ein Trademark der Band, das sich wie ein roter Faden durch alle Stücke zieht, und zwar das wüste Fiddlespiel von Wes Hall, der es immer wieder geschickt versteht, sein Teil in allen erdenklichen Variationen wie ‚Sägen‘, ‚Quietschen‘, ‚Surren‘, ‚Heulen‘ oder sonstwie in den Fokus zu rücken, allerdings in Flusche, mit seinen E-Gitarren-Attacken, einen kongenialen, ihm Paroli bietenden Mitspieler erwischt hat.

Das folgende flockige, an der Schnittstelle zwischen Reckless Kelly und Micky & Motorcars liegende „Come Out Swingin'“ besticht durch die hervorragende Harmonie zwischen Fronter Zack McGinn und der zauberhaft mitsingenden Rachel Loy, die u. a. auch beim grandiosen atmosphärischen Abschlussstück „Old Flame“ nochmals zum Einsatz kommt. Höre ich immer wieder gerne!

Die Jungs haben auch eine sporadisch düstere Note in ihren Tracks, was bei Liedern wie „Rattlesnake“ (kühle Fiddelei von Hall) oder dem schon fast bedrohlich wirkenden Southern-Stampfer „Hitchhikin‘ zum Ausdruck kommt. Auch der absolut überragende Song des Werkes „“Snakeskin Boots“, mit seinem bedrückenden Fiddle-/Banjo-Intro geht auch in diese Richtung. Ein hallendes und gurgelndes B3-Organ und Flusches starke E-Arbeit verleihen dem Stück eine leicht swampige Atmosphäre. Klasse auch das Bridge, in dem McGinns Stimme durch eine Voicebox modifiziert wurde. Grandiose Musik!

Für die Charts bleiben dann die eingängigen Sachen wie „Closing Time“ (mit schön klirrender Mandoline), „Twist The Knife“ (launiger Refrain, sirenenartige Fiddle, markante E-Gitarrenlinie) und das rockig-rhythmische und trotzdem sehr melodische „Anywhere Close To Find“ über.

Insgesamt entpuppt sich das neue Werk „Walkabout“ von Dolly Shine, wie der Titel es schon suggeriert, als runde Sache. Sehr abwechslungsreich und kurzweilig. Jedes Stück eine Perle für sich. Wer auf recht Fiddle-dominierten Red Dirt Richtung Reckless Kelly, Casey Donahew Band, oder Micky & Motorcars steht (Texas Renegade– und Randy Rogers Band-Liebhaber dürfen auch mal ein Ohr riskieren) ist hier an der richtigen Adresse.

Die typisch geschmackvolle Cover-Art-Gestaltung der, bei uns auch schon oft erwähnten, Dodd-Sisters (Backstage Design Studio), kommt auch noch hinzu. Wir sind uns ganz sicher, dass Dolly Shine in der nächsten Zeit noch ordentlich Gas geben werden! Tolle Burschen!

Vision Entertainment (2016)
Stil: Red Dirt

01. Blackbird
02. Come Out Swingin‘
03. Closing Time
04. Rattlesnake
05. Twist The Knife
06. Anywhere Close To Fine
07. Snakeskin Boots
08. Hitchhikin‘
09. Old Flame

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Rob Baird – Wrong Side Of The River – CD-Review

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Drittes, wundervolles, ja geradezu umwerfendes Album des aus Memphis stammenden, heute aber in Texas lebenden Rob Baird. Welch eine Wonne! Hinreißender, genauso prächtig groovender, wie traumhaft melodischer Red Dirt Roots-, Americana- und Countryrock, der zu dem besten gehört, was das Genre zu bieten hat. Die Songs sind fantastisch! Vier Jahre war Rob Baird in sich gekehrt, um sich in seiner typischen Art mit aktuellen Dingen des Lebens wie Trubel, Ausdauer, Einsamkeit, Zurückweisung oder Depression thematisch in seinen neuen Songs auseinander zu setzen und betrieb damit auch ein wenig Selbstfindung in eigener Sache.

„Wrong Side Of The River“ heißt seine neue Scheibe und führt den Weg seiner beiden schon extrem starken Vorgänger konsequent fort. Das Album ist erneut ein zehn Stücke umfassendes, kleines Meisterwerk geworden, das einen von vorne bis hinten mit seiner Magie gefangen hält. Baird hat die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Scott Davis beendet und in Brian Douglas Philipps, einen neuen Multi-Instrumentalisten (guitars, keys, pedal steel, harmony vocals) als kongenialen Partner an seiner Seite gewonnen, der als Mitspieler, Songwriter und Produzent einen erheblichen Beitrag zu dem herausragenden Gesamtergebnis geleistet hat.

Die Musikerriege wurde zu früher komplett ausgetauscht und bewegt sich diesmal mit Jacob Hilddebrand (guitars, banjo), Z Lynch (bass, harmony vocals), Fred Mandujano (drums, percussion) und Jamie Harris (harmony vocals) in einem recht überschaubaren, aber umso kompetenteren Rahmen. Beim Songwriting ist aus älteren Tagen nur Rick Brantley als Co-Writer bei einem bärenstarken „Oklahoma“ übrig geblieben (unglaublich melodischer, dennoch herrlich „gritty“ und mit einem von effektvollen Gitarren- und Keyboard-Klängen und einem tollen Drive nach vorn getriebener, flüssiger Red Dirt Country-/Americana-Rocker), ansonsten assistierten Douglas Philipps und Leute wie Ruston Kelly und Ben Danaher.

Am typischen Rob Baird-Stil, einer dezent melancholisch und introvertiert klingenden Melange aus Country, Red Dirt, Americana und Roots Rock, wurde aber so gut wie nichts verändert. Gut so! Schon das Auftaktstück „Ain’t Nobody Got A Hold On Me“ (unterkühlte Retro Bariton-E-Gitarre, tolles Solo, hallende Orgel-Untermalung) mit seinen atmosphärischen Stimmungs- und Tempowechseln (starker Powerrefrain) lassen einen tief in Bairds Seelenleben eintauchen. Hat irgendwie den Vibe eines jungen Rodney Crowell. Ganz toller Song! Danach „bettelt“ Rob (immer noch so ein bisschen wie ‚Schwiegermutters Liebling‘ aussehend) in der, mit wundervoller Steelguitar verzierten, flockig, flotten Countryrocknummer „Mercy Me“ hingebungsvoll um Verzeihung (tolles Steel-/Bariton-Gitarren-Zusammenspiel, traumhafte Melodie).

Einer der wichtigsten Co-Writer dieses Albums ist der texanische Songwriter Mando Saenz. Der liefert in seiner extravaganten, rootsigen Manier die Ideen und Texte sowohl für das brillante, dezent Rockabilly-umwehte „Pocket Change“ als auch für die edle, ruhige, staubige, dabei wunderschöne Americana-Ballade „Horses“ (tolle Akustikgitarre). Zwei absolute Highlights! Herrlich auch die wunderbare, reduzierte Ballade „Run Of Good Luck“, bei dem sich die Instrumente wie Piano, Steel und Akustikgitarre sehr erhaben miteinander verbinden. Großartig hier zudem der Baird assistierende, texanisch gefärbte Harmonie-Gesang von Jamie Harris.

Der Titeltrack „Wrong Side Of The River“ begeistert mit leicht psychedelischem Teint, in einem klasse, ein wenig an Jason Isbell erinnernden Rootsrock-Ambiente mit kernigen Gitarren und Robs exzellenter Gesangsleistung. Das eingängige, mit einem sehr melodischen Refrain ausgestattete „Mississippi Moon“ wäre wohl eine potentielle Cover-Option für die Eli Young Band. Am Ende sinniert Baird voller Melancholie in „When I Go“, was wohl passieren würde, wenn er fortgeht. Die dritte Fremdkomposition des Werkes „Cowboy Cliche“ (Orgel, E-Gitarren-Fills, dezente Bläser), von dem bei Carnival Music unter Vertrag stehenden Songwriter Peter Hultquist, räumt mit Cowboy-Klischees auf und beendet sehr atmosphärisch und ruhig ein weiteres hervorragendes Baird-Exemplar.

„Wrong Side Of The Rive“ ist eine erneute absolute Glanzleistung des Protagonisten. Möge Rob Baird sich vielleicht in seinem Gefühlsleben auf der ‚falschen Seite des Flusses‘ wähnen, so hat der Texas-Troubadour musikalisch längst den richtigen Weg eingeschlagen. Welch ein beeindruckendes Teil.

Hard Luck Recording Co. (2016)
Stil: Country / Roots Rock

01. Ain’t Nobody Got A Hold On Me
02. Mercy Me
03. Pocket Change
04. Run Of Good Luck
05. Wrong Side Of The River
06. Oklahoma
07. Horses
08. Mississippi Moon
09. When I Go
10. Cowboy Cliche

Rob Baird
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Corey Hunt Band – The Tower – CD-Review

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Im Laufe der vielen Jahre als Rezensent entwickelt man ja schon so sein Gespür für gute Musik. Ich überlege gerade eigentlich immer noch, wie ich letztendlich auf der Jagd nach neuem guten Stoff im Netz auf die Corey Hunt Band gestoßen bin. Allein der Bandname löste in mir schon irgendwie positive Red Dirt-Assoziationen aus. Und so geschah es dann auch, dass ich in ein paar Soundschnipsel des aktuellen Albums „The Tower“ hineingehört habe und mir sofort klar war, dass ich zu dem Burschen Kontakt aufnehmen würde.

Corey Hunt fackelte auch nicht lange zu antworten und kurze Zeit später hatte ich das Werk, übrigens schon sein drittes, zum Besprechen vorliegen. Für „The Tower“ wurde allerdings zum ersten Mal etwas feineres Besteck aufgefahren. Die beiden ersten („Same“ und „Come On Out Tonight“) wurden noch im Schlafzimmer seines Freundes Eric Wise produziert.

Zunächst ein paar Hintergründe. Die Corey Hunt Band ist eigentlich gar keine richtige Band sondern eher ein Duo. Man hatte zwar zu Beginn im Quartett angefangen, aber im Laufe der Zeit entstand zwischen dem, aus North Carolina stammenden Namensgeber Corey Hunt und besagtem Drummer Eric Wise so eine dicke Freundschaft, dass man nur als Duo agieren wollte und dann je nach Bedarf für Ergänzung sorgt. Die beiden treten allerdings die meiste Zeit zu zweit auf.

Da Corey Hunt sich im Songwriting deutlich weiterentwickelt hatte und wirklich gutes Songmaterial, wie ich es im Nachhinein anstandslos bestätigen kann, kreiert hatte, machte es jetzt Sinn, in ein vernünftiges Studio zu gehen (Echo Mountain Studios in Asheville, NC – dort haben auch schon Bands wie American Aquarium und Blackberry Smoke ihre Sachen eingespielt) und sich bei Kyle Mann (Cowboy Troy, Richie McDonald, Ted Russell Kemp, Lady Antebellum) unter die Fittiche eines erfahrenen Produzenten zu begeben.

Mann hat allerdings am Sound gar nicht allzu viel herumpoliert, es ist ein richtig schön schroffes, raues, unverbrauchtes Red Dirt-Album, im Stile der vielen jungen hungrigen Bands geworden, die in dieser Szene noch vor einiger Zeit, ja gefühlt, alle zwei Wochen, wie Pilze neu aus dem Boden sprossen. Diese hat sich mittlerweile aber deutlich beruhigt, umso schöner, dass die Corey Hunt Band jetzt wieder für schönen Nachschub sorgt.

Das Werk beginnt mit dem launigen „Always Liked The Rain“, das sofort in gute Stimmung versetzt. Ein flotter Country Rocker mit Southern Rock-typischen E- Gitarreneinlagen und Kurzsoli (klasse hier Robert Smith). Hunt besticht direkt mit einer sehr texanisch klingenden, angerauten und energiegeladenen Stimme. Toller Auftakt. Ein echter Song für die Texas Music Charts.

Sein knarziges Akustikgitarrenspiel, das oft bei den Intros und als Untermalung vorzufinden ist, gibt den Songs eine schön erdige Note. Auch das folgende „The Good Fight“ rockt richtig Southern-mäßig (interessant hier das Drum-Tippel-Bridge von Eric Wise). Das dezent melancholische „Walked Away“ erinnert an die Eli Young Band, als die noch nicht vom Mainstream eingefangen wurde.

Die Stücke „A Troubadour’s Prayer“ und „Stuck In Arkansas“ (hallende Orgel) stehen für Hunts Talent als Storyteller, toll hier die verschiedenen Stimmungen, die in den Songs mittels Tempowechsel erzeugt werden. Das von einem Acapella-Intro eingeleitete „Hannah Belle“ erzielte mit Platz 47 in den Texas Regional Radio-Charts einen Achtungserfolg. Herrlich bei diesem kleinen Südstaaten-Einod (mit Marschtrommeln am Ende) auch das surrende Akkordeon vom exzellenten Keyboarder Aaron Price.

Als zweite Single ist das, sich in Josh Abbott Band-Sphären befindliche „Explain“ geplant. Schön hier die atmosphärische Fiddle von Lyndsay Pruett. Starker Titel. Das zunächst ruhig, im Erzählgesang beginnende Titelstück „The Tower“ nimmt im Verlauf deutlich Fahrt auf und erweist teilweise Meister Tom Petty ein wenig Red Dirt-Ehre. Die E-Gitarren heulen richtig Southern-mäßig. Der Saturday Night-Song („SASN“) ist der Soundtrack für die trunkenfreudige Grillparty in reiner Männergesellschaft. Steaks auf den Grill und Bier Marsch! Dazu dieser CHB-Song. Da ist dann selbst der letzte Muffel bei bester Laune. Auch Chart-tauglich!

Am Ende lassen das voller Selbstmitleid getränkte „Damn Country Music“ (heulende Fiddle, hallende Orgel, Pianotupfer und Steel-ähnliches Slide drücken aufs Gemüt) und das sehr reduziert gehaltene „Waiting On You“ (nur Gesang, Akustikgitarre und kurzes Cello-Intermezzo von Daniel Iannucci) nochmals Hunts unverkennbare Singer/Songwriter-Qualitäten aufblitzen.

Fazit: Corey Hunt liefert mit „The Tower“ sein bisheriges Paradestück ab. Ein echter Rohdiamant, dem man nur, weitere Aufmerksamkeit wünschen kann. Gute Stimme, ordentliches Gitarrenspiel, dazu hohes kreatives Potential. Smith Entertainment oder Thirty Tigers & Co. sollten da mal ruhig die Ohren spitzen! Insgesamt Stoff für Liebhaber von den klassischen jungen wilden Red-Dirt Bands der Marke Britt Lloyd Band, Kyle Bennett Band, Mike Ryan, Cody Gill Band aber auch arrivierten Acts wie Josh Abbott Band, Wade Bowen, Casey Donahew Band oder besagter Eli Young Band. Gut, dass ich mich scheinbar bedenkenlos weiter auf meinen Instinkt verlassen kann!

Eigenproduktion (2016)
Stil: Red Dirt

01. Always Liked The Rain
02. The Good Fight
03. Walked Away
04. A Troubadour’s Prayer
05. Stuck In Arkansas
06. Hannah Belle
07. Explain
08. The Tower
09. SASN
10. Damn Country Music
11. Waiting On You

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Brandon Jenkins – Blue Bandana – CD-Review

Brandon Jenkins Cover

Brandon Jenkins hatte schon immer seinen eigenen Kopf. Damit meine ich in erster Linie eigentlich nicht sein oberstes Körperteil (auch wenn dies mit Glatze und langem roten Rauschebart ebenfalls eine gewisse Extravaganz widerspiegelt, abgesehen von seinen reichhaltigen Tattoos, die ihn quasi zu einem wandelnden Kunstwerk gemacht haben). Nein ich rede von seinem Kopf, den er als Musiker und Mensch vornehmlich zum Nachdenken und Kreieren benutzt und mit diesem, im Gegensatz zu den meisten, oberflächlich strukturierten Amerikanern, Dinge differenziert und (selbst-) kritisch betrachtet und zu seiner Meinung sowie dem damit verbundenen Handeln im Wesentlichen auch steht.

So konfrontiert Brandon seine Anhängerschaft auf seinem 13. Album „Blue Bandana“ mit Material, das sich vom Rahmen seines bisherigen Schaffensspektrums doch ziemlich unterscheidet. Der aus Tulsa stammende, seit vielen Jahren in Austin, Texas, lebende Vollblutmusiker/Songwriter, hat dieses Werk, das nur digital produziert wurde, in gerade mal zwei Tagen mit Langzeitfreund Dave Percefull (zusätzlich an den Reglerknöpfen) in dessen Yellow Dog Studio in Wimberly eingespielt und verarbeitet.

Herausgekommen ist ein instrumentell sparsam arrangiertes Gebilde von zehn Stücken, bei denen vornehmlich Brandons Gesang, eine knarzige Akustikgitarre und eine, auf allen erdenklichen Arten surrende Fiddle, die Hauptrollen spielen. An Jenkins‘ Stimme haben sich in meinem Bekanntenkreis schon immer die Geister geschieden. Die meisten kommen mit seinem knochigen hölzernen Gesangsstil überhaupt nicht klar. Mir persönlich gefällt er aufgrund des hohen Grades an Unverwechselbarkeit und Wiedererkennung. Sein vokales Organ kommt hier auf „Blue Bandana“ natürlich noch deutlicher zum Tragen.

Lediglich beim fröhlichsten Track (wenn man das hier überhaupt so bezeichnen darf) „High John The Conquerer“ und dem, von einem Southern Redneck-Flair umwehten Titelstück „Blue Bandana“ ist mal eine dezent hallende Orgel zu vernehmen, auch Drums und Percussion wurden sehr ‚zurückhaltend‘ eingesetzt. Stücke wie der Opener „Black Mood Ring“, der wie ein Grabesrede für eine gescheiterte Beziehung daherkommt, der leicht Gypsy-mäßige Coutrysong „She Likes To Ride“, das atmosphärische „The Path“ oder das, das trostlose Arbeiterleben in den Fabriken, melancholisch reflektierende „Under The Shadow Of The Refinery“ nehmen nach mehrmaligem Hören doch zunehmend gefangen.

„Burn“ versetzt sofort das Kopfkino in Gang und man sieht Brandon förmlich mit einer Akustikgitarre abends vor einer Brandstelle sitzend und über das Leid in der Welt sinnieren. In eine ähnliche Erzählgesangsrichtung gehen weitere Lieder wie „Don’t Hold On To The Past“ und das abschließende „Send Down An Angel“, wo es als Rhythmusunterstützung lediglich ein paar Claps von Brandon an den Korpus seiner Akustikklampfe zu vermelden gibt.

„Blue Bandana“ von Red Dirt-Legende Brandon Jenkins, ist, wie beschrieben, ein insgesamt sehr spezielles, aber überaus authentisches Werk geworden, für das man sich Zeit nehmen, sowie Ruhe lassen muss und mit dem man sich erst nach mehrmaligem Hören besser anfreundet. Ehrlich gesagt, fehlt mir doch ein wenig sein kratziges E-Gitarrenspiel (auf das gänzlich verzichtet wurde), das man, meiner Ansicht nach, durchaus an der einen oder anderen Stelle (als Fills oder Kurzsolo) hätte einfließen lassen können, ohne dem Werk seinen Charakter zu nehmen. Vielleicht wäre es ja eine interessante Option, dieses Album mal irgendwann als ‚Vollversion‘ umzusetzen.

Brandon Jenkins spielt übrigens mit dem Gedanken, demnächst nach Nashville zu ziehen. Man darf gespannt sein, welchen Einfluss Music City und seine Songwriter-Szene auf diesen eigenwilligen Musiker haben wird, der immer für neue Wege und Inspirationen offen ist.

Red Dirt Legend Recordings (2016)
Stil: Red Dirt / Singer/Songwriter

01. Black Mood Ring
02. She Likes To Ride
03. The Path
04. Under The Shadow Of The Refinery
05. Burn
06. High John The Conquerer
07. Reeva
08. Blue Bandana
09. Don’t Hold On To The Past
10. Send Down An Angel

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Cooder Graw – Wake Up – CD-Review

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Wenn es sich eine Band erlaubt, einen der besten Songs des Albums als „hidden-track“ zu bringen, der ohne Übertreibung schon allein das Geld wert ist, zeugt das von einer gehörigen Portion Selbstbewusstsein. Zu recht, denn mit ihrem dritten Studioalbum „Wake Up“ ist Cooder Graw ein echter Meilenstein im Country/New Country/Alternate Country/Countryrock-Genre mit 14 ebenso prächtigen Liedern, die vor besagtem, nicht in der Tracklist aufgeführtem Bonusstück platziert sind, gelungen, was zu die Vermutung zulässt, dass noch jede Menge kreatives Potential in diesem Quintett schlummert.

Eigentlich wollte man sich vor sieben Jahren mal nur zu einem gemütlichen Bier treffen und ein wenig jammen, man spürte aber sofort, dass die Geschichte ausbaufähig sein würde. Sänger Matt Martindale eröffnete nach Abschluss des Debütalbums seiner zum zweiten Mal schwanger gewordenen Frau, dass er die Juristerei an den Nagel hängen wolle, und sich vollständig der Musik widmen werde. Ein weiser Entschluss!

Auch Gitarrist Kelly Turner hatte zunächst ausdrücklich nur für einen Gig seine Unterstützung zugesagt, ist mittlerweile aber aus der Band nicht mehr wegzudenken. Ein mit entscheidender Grund der außerordentlichen Beliebtheit von Cooder Graw dürfte auch die ständige Live-Präsenz sein. Man höre und staune: Die Jungs stehen seit sieben Jahren fast jedes Wochenende auf der Bühne, was ihnen in Kritikerkreisen den Spitznamen „Road Warriors“ einbrachte.

Zwei personelle Veränderungen gibt es auf dem aktuellen Album: Nick Worley (Fiddle, Mandoline) und Kelly West (Drums) sind mittlerweile fest im Line-up integriert und stellen eine spürbare Belebung dar. Die Stücke sind allesamt abwechslungsreich, mit vielen instrumentalen Finessen und textlich intelligent verpackt. Eigentlich hätte jedes für sich ein paar Zeilen verdient.

Eine kleine Auswahl: „Clarksdale“, ein knackig kratziger, rootsiger Countryrocker mit sattem Rhythmusteppich, bestehend aus druckvollen Drums, Slidegitarre und Fiddleelementen, heizt direkt mal richtig ein. Sicherlich ein tolles Live-Stück! „Lifetime Stand“, die erste Single, ein melodisches, auf traditionellen Countryelementen basierendes, lockeres New Country-Lied mit netter Akustikgitarrenbegleitung und dezenten Fiddleeinlagen handelt von der oftmals schwierigen Suche einsamer Menschen, den richtigen Partner zu finden. „That Girl Crystal“ ist der absolute Kracher der CD. Der Song wurde von allen Bandmitgliedern zusammen komponiert. Er variiert zwischen Mid- und Uptempobereich, Martindales Stimme pendelt irgendwo relaxt an der Schnittstelle zum Sprechgesang. Granaten-Stratocaster-E- und Slidegitarrenspiel von Kelly Turner, inklusive eines furiosen Abschluss-Solos. Rootsig, staubig, trocken… – Texas Red Dirt Countryrock vom Feinsten!

„Ugly Angel“ ist eine herrliche Ballade, wieder mit wunderbaren Akustik und E-Gitarren, sowie unaufdringlichen Hammond-Einsätzen von Gastmusiker Andy Langham. Ach ja, da war ja noch der eingangs erwähnte „hidden track“ mit dem Titel „Come Pick Me Up“, eine Power-Ballade, die nach bedächtigem Akustik-Intro mit Einsatz von Piano, E-Gitarre, Fiddle und Neil-Young-mäßigem Harmonika-Spiel immer mehr Fahrt aufnimmt. Herrlich! Also bitte ’ne gute Minute nach Stück 14 warten und keinesfalls vorher die Repeat-Taste drücken. Für Cooder-Graw-Neueinsteiger wären z.B. Cross Canadian Ragweed, Django Walker oder Jason Boland & The Stragglers weitere, vergleichbare Orientierungshilfen.

Erwähnenswert vielleicht auch noch das lustige Titelbild (sieht aus wie eine Werbung für Kellogs Cornflakes) vom Bassisten Paul Baker kreiert, der auch das komplette graphische Design übernommen hat. Neben der vermeintlichen Müsli-Schale steht etwas von „Wake up“ (der Titel des Albums), „Net wt. 14 songs“ (eigentlich sind’s ja 15) und „A great way to get thru your day“! In der Tat, mit diesem Album kommt man bestens durch den Tag! Und auch durch den nächsten, den übernächsten…! Insgesamt ein brillantes Team-Work mit einer Spieldauer von weit über einer Stunde, das anregend und entspannend zugleich wirkt. Texas Country/Countryrock von seiner allerbesten Seite!

Smith Entertainment (2004)
Stil: Country Rock

01. Clarksdale
02. Lifetime Stand
03. Wake Up
04. That Girl Crystal
05. He Ain’t Ever Gonna Leave Her
06. Ugly Angel
07. Next To The Truth (Chiclets)
08. Afraid Of The Dark
09. Tomorrow’s Milk
10. How Can I Sleep
11. (Welcome To The) End Of The Road
12. Dirty And Sober
13. I Got Kids
14. Many Moons
15. Come Pick Me Up (Hidden Track)

Cooder Graw
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Cooder Graw – Love To Live By – EP-Review

Cood

Cooder Graw hatte ich seit ihrer hervorragenden “Wake Up”-Scheibe von 2004 irgendwie überhaupt nicht mehr auf dem Schirm. Ich dachte, die Band aus Lubbock, die ihren Stil seiner Zeit mal als ‚Loud Country‘ bezeichnet hatte, sei irgendwo auf ‚Nie mehr wieder sehen‘ in der texanischen Musik-Versenkung verschwunden.

Vor ca. zwei Wochen dann die Überraschung, es gibt wieder neue Musik der Truppe, die sich ursprünglich mal Coup de Grâce nannte und dann ihren Namen in die texanische Version Cooder Graw abänderte. So mailte ich ihnen ganz unverbindlich eine Review-Anfrage zu und schon kurze Zeit später lag die neue EP „Love To Live By“ in meinem Briefkasten. Vorbildlich, man merkt halt, dass Leute wie Bandleader Matt Martindale und Gitarrist Kelly Turner, im Gegensatz zu vielen anderen Musikern, zwischenzeitlich auch im ‚richtigen Leben‘ Fuß gefasst haben…

Auch die Rhythmusfraktion, bestehend aus Bass-Bediener Paul Baker und Drummer Kelly Test ist noch an Board. Neu im Line-up sind Carmen Acciaioli (mandolin, fiddle) und Danny Crelin an der Pedal Steel Gitarre. Dazu haben sich auf „Love To Live By“ mit dem Akkordeonspieler Joel Guzman, dem Gitarristen Brian Beken, dem Multinstrumentalisten Marty Muse, Stefan Intelisano (u. a. BoDeans, Patty Griffin, David Grissom – mittlerweile Mitglied in der neuen Supergruppe Big Cat mit Malford Milligan) und der starken Sängerin Leeann Atherton einige klingende Gäste der Texas Music Scene eingefunden.

Produziert hat der ebenfalls umtriebige Rich Brotherton (u. a. Robert Earl Keen, Rich O’Toole, Texas Renegade), der die schöne klare Produktion übernommen hat und sich auch instrumentell einbringt.

Die sechs Songs des neuen Werkes begleiten einen quasi von der Hölle bis ins Paradies. Vom Opener „Hello From Hell“ (entspannter texanisch gefärbter Country-Schwofer mit Akkordeon, Bariton-E-Gitarre und kurzem ’spanischem‘ Akustikgitarrensolo – Rich O’Toole-Flair) bis zum abschließenden „Adam And Eve“ (entspanntes Barroom-Relax-Feeling – richtig paradiesisch, pfeifende Steel, schön bluesige E-Solo-Parts mit Wah Wah-Komponente) präsentiert sich das Sextett in bestechender, ja, fast himmlischer Form.

Die darin eingebetteten und perfekt angeordneten vier anderen Stücke „Virgina Slims & Little Kings“ (schön southern rockig, starke Harmoniegesänge von Atherton, E-Gitarren-/Fiddle-Solo Kombi – ungewöhnlich: mit diesen beiden Instrumenten teilweise in Twin –Form), der Piano- und Steel-getränkte Country-Schleicher „Love To Live By“, der Akkordeon-trächtige, tolle „Mexican Blues“ und das flockige „Heart Of Breaking Up“ (erinnert irgendwie an Radney Foster) bieten extrem niveauvolle musikalische Unterhaltung.

Nicht zu vergessen Matt Martindales unverwechselbare Wohlfühlstimme, die den Songs ihr einzigartiges Esprit vermittelt. Der durch eine Bruderschaft mit Schauspieler Matthew McConnaughy verbundene Frontmann, der zwischenzeitlich auch mit seiner eigenen Matt Martinsdale Band immer wieder tätig war, hat alle sechs Tracks dieses tollen Silberlings komponiert.

Schade, dass es nicht für eine ganze CD gereicht hat. Stücke dieser abwechslungsreichen und kurzweiligen Art hätte ich gerne noch, in gleicher Anzahl oder mehr, so weiter hören können. Wie dem auch sei, hier liegt in der Kürze eindeutig die Würze. „Love To Live By“ erweist sich als tolle Rückmeldung von Cooder Graw. Sicherlich eine der ganz unverhofften Überraschungen dieses Jahres. Großartig!

Loud Country Records (2016)
Stil: Country Rock

01. Hello From Hell
02. Virginia Slims & Little Kings
03. Love To Live By
04. Mexican Blues
05. Heart of Breaking Up
06. Adam And Eve

Cooder Graw
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Sam Riggs – Breathless – CD-Review

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Der Sounds Of South-Geheimtipp:

Sam Riggs war 2013 mit seiner Begleitband The Night People und ihrem grandiosen Debütalbum „Outrun The Sun“ wie aus dem Nichts in die Phalanx der texanischen Red Dirt Bands eingebrochen, bei denen einem schon nach den ersten Akkorden sofort klar wird, welch immenses Potential sich hier in vielerlei Hinsichten offenbart.

Mittlerweile ist mit „Breathless“ der Nachfolger fertiggestellt und hier spricht der Titel bereits Bände, was die musikalische Entwicklung und Zukunftsperspektive dieses jungen Mannes angeht. Marketing-technisch hat man sofort reagiert und das ‚And The Night People‘ zugunsten einer einfacheren und memorableren Identität des Protagonisten weggelassen.

Dies ist in diesem Fall auch mehr als legitim, denn Riggs ist als Sänger, Co-Songwriter (in alle Tracks involviert), Musiker und Co-Produzent (wieder zusammen mit Erik Herbst) auf dieser CD nun mal der unumstrittene Mittelpunkt.

Das Werk startet direkt mit der ersten Single „The Lucky Ones“. Ein atmosphärisches E-Gitarrenführungsriff eröffnet und ummantelt einen, mit starken Lyrics versehenen Song (es geht um von der Herkunft nicht bevorzugte Menschen, die sich im Leben alles erkämpfen müssen), das perkussiv unterlegte Ende mit fast kriegerisch gestalteten ‚Ohohoh‘-Gesängen schwenkt in fast epische Gefilde über.

„Gravity“ (auch mit starkem Text) und das wunderbar melodische „Heartbraak Girl“ zeigen Riggs auf Augenhöhe mit Acts wie der Eli Young Band oder No Justice. Ob sich der Texaner im doch stark religiös verwurzelten Amerika bei „Wake The Dead“ mit pietätlos anmutenden Zeilen wie „… shake the ground until you wake the dead…“ viel Freunde machen wird, kann bezweifelt werden.

Fest steht, dass der Bursche scheinbar ‚kein Blatt vorm Mund‘ nimmt. Das Lied ist auch vom flotten Tempo, dem Rap-artigen Sprechgesangsstil und  der recht harschen Instrumentierung (blecherndes Banjo, Fiddle, raunzende E-Gitarre) her, einer der besonders herausstechenden Momente. Erinnert ein wenig an Hilljacks damaliges „Throw-Down, Hoe-Down“.

Der Titelsong und das in zwei Versionen gebrachte „Second Hand Smoke“ (am Ende in einer schönen reduzierten Akustikversion) bieten wieder eingängigen und melodischen Midtempo-Red Dirt.
Beim rhythmischen „Burn Me Down“ (kratzige Akustikgitarre, herrlich leierige Steel – gespielt von Milo Deering, Bariton-E-Fills, hallende Orgel, klasse E-Solo) kommt unweigerlich die Fußwippe in Gang. Der Song hat leichtes Lonestar-Flair, und Sams Stimme weist ja dezente Ähnlichkeit zu deren Fronter Richie McDonald auf.

Der wohl stärkste Track des Albums ist „High On A Country Song“. Ein Banjo-lastiger Countryrock-Kracher mit viel Redneck-Attitüde, stilistisch zwischen Interpreten wie Hilljack oder Little Texas angesiedelt. Dürfte ganz sicher auch die Southern Rock-Klientel berauschen!

Recht ruhig, aber unglaublich melodisch und klasse instrumentiert, verläuft die Zielgerade mit „To Save Someone You Love“ (Steel- und Fiddle-betont) und “One More Chance To Stay“ (sehr markantes Dobrospiel inkl. Solo vom überragend agierenden Milo Deering), bevor das bereits o. a. Unplugged-Stück (gekoppelt mit einer weiteren Akustikversion von „The Lucky Ones“ als Hiddentrack, beginnend nach 6:14 Minuten) in recht melancholischer Singer/Songwriter-Manier den Hörer final gefangen nimmt.

Mit „Breathless“ präsentiert Sam Riggs einen unglaublich starken Nachfolger, der ihn weit über Texas hinaus bekannt machen dürfte. Auch in Nashville wird vermutlich schon der eine oder andere Major-Vertreter, den Bleistift gespitzt haben. Wenn es überhaupt etwas zu mäkeln gibt , ist es vielleicht die Auswahl der Single (da gibt es zwei, drei deutlich massenkompatiblere Tracks) und vielleicht die Anordnung der Lieder (man hätte besser das flotte „High On A Country Song“ als vorletztes Stück platziert), um das recht ruhige Ende noch ein wenig aufzulockern. Das ist dann aber Jammern auf ganz hohem Niveau.

Sam Riggs hat aus unserer Sicht mit seinem „Breathless“ einen weiteren starken Akzent in seiner noch jungen Karriere gesetzt und das hohe Level seines Debüts gehalten, wenn nicht übertroffen. Von dem Burschen ist ganz sicher noch einiges zu erwarten. Dazu eine nahezu ideale Gelegenheit um das Vakuum, das die Eli Young Band, No Justice, Bart Crow, Wade Bowen & Co. bis zu ihren neuen Kreationen hinterlassen haben, bestens zu überbrücken. Einfach atemberaubend gut!

P.S.
Zum Schmunzeln übrigens ein Kommentar im Netz zum Protagonisten, nach dem Motto „…lege Sam Riggs bei der nächsten Party auf und die Mädels gehören alle dir“!
Müsste man glatt mal ausprobieren…

Deep Creek Records (2016)
Stil: Red Dirt

01. The Lucky Ones
02. Gravity
03. The Heartbreak Girl
04. Wake The Dead
05. Breathless
06. Second Hand Smoke
07. Burn Me Down
08. High On A Country Song
09. To Save Something You Love
10. One More Chance To Stay
11. Second Hand Smoke (Acoustic)

Sam Riggs
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RPR Media
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Green River Ordinance – Fiveteen – CD-Review

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Grandioses, neues Album der aus Fort Worth stammenden Texaner! Die Bandmitglieder der Green River Ordinance befinden sich seit Teenager-Zeiten mittlerweile im 15. Jahr ihres Bestehens, was macht also besser Sinn, als ihr neues Werk voller Stolz demnach auch „Fifteen“ zu benennen. Der Fünfer hat sich von CD zu CD kontinuierlich gesteigert, der neue Silberling zeigt die Band eindeutig im Zenit ihrer bisherigen Schaffensphase.

Sämtliche elf Tracks wurden wie so oft im Kollektiv kreiert, dazu hat man sich wieder in eine alte Holzhütte am Caney Fork River zurückgezogen, wo man laut Frontmann Josh Jenkins fernab von Handyempfang und dem üblichen Stress, einfach mal völlig relaxt in den Fluss springen kann. An diesem für die Band, bestehend aus den weiteren Mitgliedern Denton Hunker (Drums, percussion), Geoff Ice (Bass, Harmonica, bg vocals), Jamey Ice (Lead guitar, banjo, mandolin) und Joshua Wilkerson (Electric guitar, mandolin, piano, bg vocals), heiligen Ort, kommen ihnen die wesentlichen Ideen für ihre so fein konstruierten Songs, wie der Bandleader weiter ausführt.

Schon der Auftakt ist bestechend. Der überragende Opener „Keep Your Cool“ stampft herrlich lässig in Country Rock-Manier mit quäkender Harmonica, hallender Orgel sowie satten Southern Rock-E-Gitarren vor sich hin, um letztendlich in ein kräftiges, an die Dirty Guv’nahs/Rolling Stones erinnerndes Finish überzugleiten. Ein wirklich cooler Song direkt zu Beginn. Das mit einem wunderbar trockenen, relaxten Banjo unterlegte, flockige, traumhaft melodische, flüssige „Red Fire Night“ erscheint, dank einer dominierenden Fiddle, in einem tollen Country-/Americana-Ambiente. Irgendwie kommen einem Blue Rodeo mit einem leichten Red Dirt-Flair in den Sinn.

Und so pendeln Green River Ordinance auch im weiteren Verlauf immer wieder zwischen Roots-/Folk-/Countryrock-/Country-beeinflussten, fein instrumentierten (sehr viele kleine eingeflochtene Hinhörer) Tracks wie „Simple Life“, „You, Me & The Sea“, „Endlessly“ (fein akzuentierte Mandoline, klasse Pedal Steel-Gastauftritt von Milo Deering), dem retrobehaften“„Life In The Wind“ (hier gibt eine slidende Dobro den Ton an) und eher rockig arrangierten Nummern wie „Maybe It’s Time (Gravity)“, „Tallahassee“ (tolles Southern-/Outlaws-Flair) oder „God Only Knows“ hin und her. Am Ende lässt die Band ihr Werk mit dem verletzlich gespielten, für ihre Verhältnisse recht sparsam angelegten „Keep My Heart Open“ sanft-melancholisch ausklingen.

Mit „Fifteen“ präsentiert das Quintett ein bärenstarkes neues Album, das damit den nächsten Schritt zum ganz großen Durchbruch macht. 11 herrliche Songs voller traumhafter Melodien, irgendwo an der Schnittstelle zwischen der frühen Eli Young Band, den kanadischen Blue Rodeo (mit deren countryorientierteren Songs), der Zac Brown Band, Will Hoge, der Josh Abbott Band, Rob Baird und ähnlicher Seelenverwandter. Eine geradezu perfekte Mischung aus Country, Countryrock, dezentem Red Dirt und Americana. Einfach umwerfend!

Residence Music (2016)
Stil: Country Rock / Americana

01. Keep Your Cool
02. Red Fire Night
03. Maybe It’s Time (Gravity)
04. Simple Life
05. Tallahassee
07. Always Love Her
08. Endlessly
09. Only God Knows
10. Life In The Wind
11. Keep My Heart Open

Green River Ordinance
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