Dolly Shine – Walkabout – CD-Review

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Man kann schon in unseren Breitengraden richtig neidisch werden, wenn man sieht und hört, was im Bundesstaat Texas so alles an hochkreativer Musik fabriziert wird. Nächstes Beispiel ist die Band Dolly Shine, die jetzt mit „Walkabout“ nach dem Debüt „Room To Breathe“ und der EP „All In“ ihren dritten Tonträger veröffentlicht.

Benannt nach einer spanischen Redensart im tiefen Süden von Texas („Dale Shine“), die im übertragenen Sinne hier bei uns so etwas wie ‚Gib Gas‘ bedeutet, hat sich das Quintett aus Stephensville in diversen Besetzungen zu einem mittlerweile richtig heißen Red Dirt-Act entwickelt. Stücke wie „Spinning My Wheels“, „Should Have Known“, „Her Name Was Trouble“ oder „Dangerous Love“ hatten bereits die Texas Music Charts erobert.

Die beiden Gründungsmitglieder Zack McGinn (Lead vocals) und Wes Hall (Fiddle) haben sich mittlerweile den starken E-Gitarristen Jerrod Flusche gekrallt und mit Ben Hussey (Bass, vocals) sowie Johnny Goodson (Drums, percussion) die passende Rhythmus-Fraktion gefunden. Produziert haben Hussey und Josh Serrato (der sich hier auch  mit diversen Saiteninstrumenten und B3-Organ einbringt), besonders bekannt für ihre Mitwirkung als Musiker bei Six Market Blvd.

Schon der ruppig polternde Opener „Blackbird“ deutet an, wie diese Truppe die dortig einschlägigen Lokalitäten wie das Billy Bob’s Texas, Gruene Hall & Co. in Wallung zu verbringen mag. Schon hier offeriert sich ein Trademark der Band, das sich wie ein roter Faden durch alle Stücke zieht, und zwar das wüste Fiddlespiel von Wes Hall, der es immer wieder geschickt versteht, sein Teil in allen erdenklichen Variationen wie ‚Sägen‘, ‚Quietschen‘, ‚Surren‘, ‚Heulen‘ oder sonstwie in den Fokus zu rücken, allerdings in Flusche, mit seinen E-Gitarren-Attacken, einen kongenialen, ihm Paroli bietenden Mitspieler erwischt hat.

Das folgende flockige, an der Schnittstelle zwischen Reckless Kelly und Micky & Motorcars liegende „Come Out Swingin'“ besticht durch die hervorragende Harmonie zwischen Fronter Zack McGinn und der zauberhaft mitsingenden Rachel Loy, die u. a. auch beim grandiosen atmosphärischen Abschlussstück „Old Flame“ nochmals zum Einsatz kommt. Höre ich immer wieder gerne!

Die Jungs haben auch eine sporadisch düstere Note in ihren Tracks, was bei Liedern wie „Rattlesnake“ (kühle Fiddelei von Hall) oder dem schon fast bedrohlich wirkenden Southern-Stampfer „Hitchhikin‘ zum Ausdruck kommt. Auch der absolut überragende Song des Werkes „“Snakeskin Boots“, mit seinem bedrückenden Fiddle-/Banjo-Intro geht auch in diese Richtung. Ein hallendes und gurgelndes B3-Organ und Flusches starke E-Arbeit verleihen dem Stück eine leicht swampige Atmosphäre. Klasse auch das Bridge, in dem McGinns Stimme durch eine Voicebox modifiziert wurde. Grandiose Musik!

Für die Charts bleiben dann die eingängigen Sachen wie „Closing Time“ (mit schön klirrender Mandoline), „Twist The Knife“ (launiger Refrain, sirenenartige Fiddle, markante E-Gitarrenlinie) und das rockig-rhythmische und trotzdem sehr melodische „Anywhere Close To Find“ über.

Insgesamt entpuppt sich das neue Werk „Walkabout“ von Dolly Shine, wie der Titel es schon suggeriert, als runde Sache. Sehr abwechslungsreich und kurzweilig. Jedes Stück eine Perle für sich. Wer auf recht Fiddle-dominierten Red Dirt Richtung Reckless Kelly, Casey Donahew Band, oder Micky & Motorcars steht (Texas Renegade– und Randy Rogers Band-Liebhaber dürfen auch mal ein Ohr riskieren) ist hier an der richtigen Adresse.

Die typisch geschmackvolle Cover-Art-Gestaltung der, bei uns auch schon oft erwähnten, Dodd-Sisters (Backstage Design Studio), kommt auch noch hinzu. Wir sind uns ganz sicher, dass Dolly Shine in der nächsten Zeit noch ordentlich Gas geben werden! Tolle Burschen!

Vision Entertainment (2016)
Stil: Red Dirt

01. Blackbird
02. Come Out Swingin‘
03. Closing Time
04. Rattlesnake
05. Twist The Knife
06. Anywhere Close To Fine
07. Snakeskin Boots
08. Hitchhikin‘
09. Old Flame

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