Sam Riggs – Breathless – CD-Review

riggs_300

Der Sounds Of South-Geheimtipp:

Sam Riggs war 2013 mit seiner Begleitband The Night People und ihrem grandiosen Debütalbum „Outrun The Sun“ wie aus dem Nichts in die Phalanx der texanischen Red Dirt Bands eingebrochen, bei denen einem schon nach den ersten Akkorden sofort klar wird, welch immenses Potential sich hier in vielerlei Hinsichten offenbart.

Mittlerweile ist mit „Breathless“ der Nachfolger fertiggestellt und hier spricht der Titel bereits Bände, was die musikalische Entwicklung und Zukunftsperspektive dieses jungen Mannes angeht. Marketing-technisch hat man sofort reagiert und das ‚And The Night People‘ zugunsten einer einfacheren und memorableren Identität des Protagonisten weggelassen.

Dies ist in diesem Fall auch mehr als legitim, denn Riggs ist als Sänger, Co-Songwriter (in alle Tracks involviert), Musiker und Co-Produzent (wieder zusammen mit Erik Herbst) auf dieser CD nun mal der unumstrittene Mittelpunkt.

Das Werk startet direkt mit der ersten Single „The Lucky Ones“. Ein atmosphärisches E-Gitarrenführungsriff eröffnet und ummantelt einen, mit starken Lyrics versehenen Song (es geht um von der Herkunft nicht bevorzugte Menschen, die sich im Leben alles erkämpfen müssen), das perkussiv unterlegte Ende mit fast kriegerisch gestalteten ‚Ohohoh‘-Gesängen schwenkt in fast epische Gefilde über.

„Gravity“ (auch mit starkem Text) und das wunderbar melodische „Heartbraak Girl“ zeigen Riggs auf Augenhöhe mit Acts wie der Eli Young Band oder No Justice. Ob sich der Texaner im doch stark religiös verwurzelten Amerika bei „Wake The Dead“ mit pietätlos anmutenden Zeilen wie „… shake the ground until you wake the dead…“ viel Freunde machen wird, kann bezweifelt werden.

Fest steht, dass der Bursche scheinbar ‚kein Blatt vorm Mund‘ nimmt. Das Lied ist auch vom flotten Tempo, dem Rap-artigen Sprechgesangsstil und  der recht harschen Instrumentierung (blecherndes Banjo, Fiddle, raunzende E-Gitarre) her, einer der besonders herausstechenden Momente. Erinnert ein wenig an Hilljacks damaliges „Throw-Down, Hoe-Down“.

Der Titelsong und das in zwei Versionen gebrachte „Second Hand Smoke“ (am Ende in einer schönen reduzierten Akustikversion) bieten wieder eingängigen und melodischen Midtempo-Red Dirt.
Beim rhythmischen „Burn Me Down“ (kratzige Akustikgitarre, herrlich leierige Steel – gespielt von Milo Deering, Bariton-E-Fills, hallende Orgel, klasse E-Solo) kommt unweigerlich die Fußwippe in Gang. Der Song hat leichtes Lonestar-Flair, und Sams Stimme weist ja dezente Ähnlichkeit zu deren Fronter Richie McDonald auf.

Der wohl stärkste Track des Albums ist „High On A Country Song“. Ein Banjo-lastiger Countryrock-Kracher mit viel Redneck-Attitüde, stilistisch zwischen Interpreten wie Hilljack oder Little Texas angesiedelt. Dürfte ganz sicher auch die Southern Rock-Klientel berauschen!

Recht ruhig, aber unglaublich melodisch und klasse instrumentiert, verläuft die Zielgerade mit „To Save Someone You Love“ (Steel- und Fiddle-betont) und “One More Chance To Stay“ (sehr markantes Dobrospiel inkl. Solo vom überragend agierenden Milo Deering), bevor das bereits o. a. Unplugged-Stück (gekoppelt mit einer weiteren Akustikversion von „The Lucky Ones“ als Hiddentrack, beginnend nach 6:14 Minuten) in recht melancholischer Singer/Songwriter-Manier den Hörer final gefangen nimmt.

Mit „Breathless“ präsentiert Sam Riggs einen unglaublich starken Nachfolger, der ihn weit über Texas hinaus bekannt machen dürfte. Auch in Nashville wird vermutlich schon der eine oder andere Major-Vertreter, den Bleistift gespitzt haben. Wenn es überhaupt etwas zu mäkeln gibt , ist es vielleicht die Auswahl der Single (da gibt es zwei, drei deutlich massenkompatiblere Tracks) und vielleicht die Anordnung der Lieder (man hätte besser das flotte „High On A Country Song“ als vorletztes Stück platziert), um das recht ruhige Ende noch ein wenig aufzulockern. Das ist dann aber Jammern auf ganz hohem Niveau.

Sam Riggs hat aus unserer Sicht mit seinem „Breathless“ einen weiteren starken Akzent in seiner noch jungen Karriere gesetzt und das hohe Level seines Debüts gehalten, wenn nicht übertroffen. Von dem Burschen ist ganz sicher noch einiges zu erwarten. Dazu eine nahezu ideale Gelegenheit um das Vakuum, das die Eli Young Band, No Justice, Bart Crow, Wade Bowen & Co. bis zu ihren neuen Kreationen hinterlassen haben, bestens zu überbrücken. Einfach atemberaubend gut!

P.S.
Zum Schmunzeln übrigens ein Kommentar im Netz zum Protagonisten, nach dem Motto „…lege Sam Riggs bei der nächsten Party auf und die Mädels gehören alle dir“!
Müsste man glatt mal ausprobieren…

Deep Creek Records (2016)
Stil: Red Dirt

01. The Lucky Ones
02. Gravity
03. The Heartbreak Girl
04. Wake The Dead
05. Breathless
06. Second Hand Smoke
07. Burn Me Down
08. High On A Country Song
09. To Save Something You Love
10. One More Chance To Stay
11. Second Hand Smoke (Acoustic)

Sam Riggs
Sam Riggs bei Facebook
RPR Media
Bärchen Records