Melissa Etheridge – 23.04.2015, Live Music Hall, Köln – Konzertbericht

 

Es war gestern beim Melissa Etheridge-Gig in der Domstadt irgendwie nicht mein Tag. Lange Schicht auf der Arbeit, danach unglaubliche 2½ Stunden Fahrtzeit von Essen nach Köln, dank Bahnstreik und einer Baustelle auf der A3. Das relativ späte Eintreffen an der Live Music Hall war aufgrund der Akkreditierung mit Fotopass (danke nochmal dafür an Mark Dehler von Netinfect) kein Problem, da ich mit den anderen Fotografen per Security separat zur Bühne geleitet wurde. Der sonst übliche Fotograben war hier zu einer Fotozelle umfunktioniert worden. Das Gatter war so dicht an die Bühne gepfercht worden, dass man sich, mit quasi null Bewegungsfreiheit, wie eines der bemitleidenswerten Tiere in der Massenhaltung vorgekommen ist (wenn auch nur für knapp vier Minuten). Jeder Schwerverbrecher hätte unter diesen Bedingungen wahrscheinlich sofort Amnesty International auf den Plan gerufen…

Dazu wurde nur die Erlaubnis erteilt, beim Opener „Ain’t It Heavy“ zu fotografieren. Für mich also unter diesen allürenhaften Bedingungen bei etwas größeren Events, zumal ich eh nicht der große Kameraprofi bin, Stress pur. War nicht so schön. Nach dem Abgeben der Ausrüstung durfte man sich dann wieder von hinten durch die fast voll besetzte Halle halbwegs nach vorne schlängeln. Danach die nächste Enttäuschung: Ich war in der Annahme zum Konzert gereist, die Kalifornierin mit Band zu sehen zu bekommen, da ich sie vor Jahren schon mal bei ihrer „Live And Alone“-Tour solo erlebt habe. Aber nix da. Melissa also wieder ‚leibhaftig und allein‘.

Na ja, zumindest hatte ich beim Studieren ihrer Setlists von 2015 die leise Hoffnung, dass sie wenigstens ihr neues Album „This Is M.E. ausführlich präsentieren würde, aber auch dem war leider nicht so. Später mehr dazu. Aber gut, genug gemeckert jetzt, kommen wir zu den erwähnenswerten Dingen des Abends. Die Live Music Hall war mit geschätzten 1300 Besuchern ziemlich gut gefüllt und als Hetero den Massenauflauf von vornehmlich gleichgeschlechtlichen weiblichen Paaren zu beobachten, war natürlich für den Bewohner einer mittelgroßen Kleinstadt wie mich, der den Christopher Street Day nur aus dem Fernsehen kennt, schon wieder etwas Besonderes (allerdings war ich durch den damaligen Konzertbesuch schon innerlich darauf vorbereitet).

Nach dem bereits erwähnten Eröffnungsstück ging es über „Chrome Plated Heart“ zu „Enough Of You“, wo die Etheridge kurz eine Anekdote, wie sie mal vor geraumer Zeit in den Kölner Karneval geriet, zum Besten gab. Mit „Take My Number“ gab es das erste Stück vom neuen Album. Auffällig, dass diese Tracks, und auch ein paar andere, immer wieder von Melissa durch eine Loop Machine (dazu schlug sie meist ein paar Mal auf eine Handpauke und einen Schellenring) playbackartig in Sachen Rhythmik unterstützt wurden, was den Ablauf zumindest nicht ganz so eintönig machte.

Vor „I Want To Come Over“ berichtete sie kurz von ihrem nahenden Auftritt in der NDR-Talkshow „3 nach9“, wo wohl ein Song von ihr mit dem ebenfalls anwesenden Howard Carpendale im Duett als Überraschung geplant sei. Und tatsächlich, neben „Monster“, sang sie am Ende mit diesem Springsteens „Dancing In The Dark“, das schonungslos offenbarte, dass der mutige, aber gesanglich hoffnungslos unterlegene Howie wohl besser seinem Schlagergenre beiwohnen bleiben sollte. Zu einem von ihr bisher unveröffentlichen Stück, „Ready To Love“ (das sie einem europäischen Superfan widmete, der angeblich über zehn Jahre fast alle Gigs von ihr im hiesigen Raume besucht haben soll), besetzte sie zum ersten Mal das Piano, das sie dann auch für das angenehme Joan Armatrading -Cover „The Weakness In Me“ später nochmals frequentierte. Schön auch ein weiterer aktueller Song „Like A Preacher“.

Nach „Must Be Crazy For Me“ brachte das in der Zuschauergunst recht hoch angesiedelte „Come To My Window“ erstmalig spürbare Emotionen in die Halle. Ein sehr schöner Song! Klasse, als sie für „Ain’t That Bad“ vom neuen Album mal eine schwarze Gibson Les Paul schulterte und das mit einer Mischung aus E-Gitarre und Dobro gespielte großartige „Monster“ bewies, dass sie auch richtig gut Alarm auf diesen Teilen machen kann. Hier bevorzugte sie die Slide-Variante und obendrauf gab es auch noch ein deftiges Harp-Solo. Ein Highlight! Das war es dann aber auch mit den neuen Sachen. Meine Favoriten „Do It Again“ und „All The Way Home“ blieben leider außen vor. Über „I’m The Only One“ ging es dann schon auf die Zielgerade. Das übliche und routiniert von ihr runtergespulte „Bring Me Some Water“ vom Debüt sollte dann nach knapp 1½ Stunden Spielzeit den Hauptteil beenden.

Klar war, dass als Zugabe dann nur noch „Like The Way I Do“ folgen konnte. Eigentlich bin ich ja nicht so der Fan von Stücken, die immer wieder im Radio gedudelt werden und über die Künstler von der gemeinen Masse meist ausnahmslos definiert werden. Aber was Melissa bei diesem Stück, in einer um die acht Minuten währenden Fassung, zum textsicheren Mitgesang des Publikums vom Stapel ließ, war schon sehens- und hörenswert, ja atemberaubend. Nach dieser bravourösen Darbietung konnte man das Ende des Gigs ohne weitere Lieder kritiklos hinnehmen.

Fazit: Die Etheridge ist auch heute noch zu jeder Zeit in der Lage, eine Location alleine zu rocken, trotzdem wäre ein Auftritt mit kompletter Band (zumindest aus meiner Sicht) trotz aller gegebener Mühe sicherlich deutlich interessanter und abwechslungsreicher gewesen. Die Foto-Geschichte von zu Anfang mit nur einem Lied, in Zeiten, wo alle eh mit dem Handy ständig zugange sind, halte ich unter den genannten Bedingungen, für völlig daneben. Irgendwie ist mir die intime Atmosphäre bei kleinen Clubkonzerten in weniger abgehobener Atmosphäre dann doch etwas lieber. Für mich persönlich gilt in Zukunft, was M. E. angeht, deshalb nur noch live, wenn ’not alone‘!

Line-up:
Melissa Etheridge (vocals, guitars, piano, harp, percussion)

Melissa Etheridge
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Live Music Hall Köln

Zane Williams – Texas Like That – CD-Review

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Der beliebte Singer/Songwriter aus Abilene, Texas mit seinem 5. Album. Und wieder ist es ein brillantes Werk allerfeinster, genauso klassisch fundamentierter wie moderner, texanischer Country– und New Country-Musik, zum Teil mit einem Hauch von Americana und Red Dirt, auf allerhöchstem Niveau geworden. “Texas Like That“ lautet der Titel seines neuen Albums, das wieder, wie schon der Vorgänger, in enger Zusammenarbeit mit Tom Faulkner entstanden ist, der hier als Produzent und stark involvierter Musiker seinen Stempel mit aufsetzt. Zane Williams – Texas Like That – CD-Review weiterlesen

Randy Rogers & Wade Bowen – Hold My Beer Vol. 1 – CD-Review

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Ist das herrlich! Liebe Leute, kann Countrymusic schön sein. Die beiden eng befreundeten, texanischen Red Dirt-Ikonen Randy Rogers (Randy Rogers Band) und Wade Bowen haben sich zusammen getan, um ein gemeinsames Album einzuspielen – ein Album reinster, edler Countrymusic. Unter der Produktion von Lloyd Maines (auch mit vielen Instrumenten wie Pedal Steel, Dobro, Akustik-Gitarre und Mandoline involviert) spendieren die beiden uns mit “Hold My Beer – Vol. 1“ ein durch und durch traditionelles Werk in einem prächtigen, klaren Sound aus wunderbar transparenten Gitarren (E-Gitarren, Baritone Gitarren, herrliche Telecaster-Soli, akustische Gitarren), brillanter Pedal Steel und surrenden Fiddles, der sich jedoch gleichzeitig, trotz traumhafter Melodien, immer eine feine Portion „Grit“ bewahrt.

Diese Musik ist rein, ehrlich und authentisch bis in ihren tiefsten Kern und man merkt allen beteiligten hochkarätigen Akteuren (u. a. Jay Saldana, Caleb Jones, Will Knaak, Todd Laningham, Riley Osborne, Micah Vasquez sowie Brady Black und Geoffrey Hill von der Randy Rogers Band) den Spaß deutlich hörbar an, den sie bei dem Projekt hatten. Maines kitzelte aus ihnen förmlich Höchstleistungen heraus, es macht wirklich Laune, den vielen Feinheiten beizuwohnen.

Das Werk startet mit “In The Next Life“, einem Lied über ihre lang währende Freundschaft, vorgetragen im Wechselgesang der beiden (wie fast alle Stücke) und gespickt mit klasse Telecaster-/Fiddle-Fills und Solokombination. Das erste Coverstück (aus der Feder von Joe Ely) “I Had My Hopes Up High“ groovt mit herrlich selbstironischem Text locker in Saloon-Manier vor sich hin. HT-Piano, Twin Gitarren, Steel, Fiddle – Herz was willst du mehr? – einfach nur klasse!

Mit “‘Til It Does“ folgt eine wunderschöne Countryballade, die Wade mal live in einer Kurzfassung vorgestellt hatte und dann auf Randys Drängen für das Projekt zu Ende geschrieben wurde. Ähnlich schön auch das später platzierte “El Dorado“. Weiter geht’s mit dem Line Dance-tauglichen Schunkler “Good Luck With That“ (pumpender Bass, Dobro, Steel), dem starken Merle Haggard-Klassiker “It’s Been A Great Afternoon“ (tolle Dobro-/Fiddle-/ Telecaster-Solo-Kombination) und dem textlich wieder hochamüsanten “Standards‘‘ (es geht um einen Musikmanager, der Randy mal einen potentiellen Hit anbieten wollte, der aber dankend ablehnte, weil er sich für diesen Song nicht ‘verbiegen‘ lassen wollte).

“Hangin‘ Out in Bars“ beschreibt wieder mit viel Augenzwinkern, was Männer am liebsten tun, um ihre Verflossene zu vergessen. Ein typischer Country-Drinkin‘-Song. “Lady Bug“ bewegt sich auf einem toll vom Maines ausgebreiteten Banjo-Fundament, das mit Fiddle, feiner Mandoline und Dobro um weitere Country-Komponenten ergänzt wird. Den Abschluss macht ein weiteres Cover “Reasons To Quit“ aus der Feder von Merle Haggard und Willie Nelson. Eigentlich hatten Wade und Randy vor, ein eigenes Stück zu dem Thema (Ausstieg aus dem Künstlerleben) zu verfassen, entschieden aber, dass man die Thematik nicht besser und humorvoller auf den Punkt bringen kann, als es die Countryveteranen seiner Zeit getan hatten. Dafür ist die Umsetzung mit großartiger Akustikgitarre, Dobro und Fiddle umso besser gelungen. Toll!

Sehr schön auch die Gestaltung des Klapp-DigiPaks von Betsy Baird. Im Innern ist auf der rechten Seite ein alter Gemälderahmen ausgestanzt. Die Infos/Songtexte zum Werk wurden jeweils auf die Rückseite von vier einzelnen Polaroid-artigen Schwarz-/Weiß-Bildern (mit Randy und Wade) gedruckt. Diese kann man dann je nach Gusto wechselweise in den Bilderrahmen passgenau einschieben. Eine nette Zusatzgeschichte.

“Hold My Beer – Vol. 1“ von Randy Rogers und Wade Bowen ist geradezu ein Musterbeispiel dafür, wie gehaltvolle, natürliche, genauso honky-tonkige, wie Outlaw-behaftete, lupenreine „real Countrymusic“ der Gegenwart klingen sollte. Nashville, bitte mal genau hinhören! Das ist die höchste Country-Qualität! Klasse vor allem, dass vermutlich, wie es das ‘Vol. 1‘, ja förmlich suggeriert, ein Nachschlag irgendwann wohl schon in ihren Planungen mitberücksichtigt ist. Bitte mehr davon, die Herren! Großartig!

Stil: Country
Eigenproduktion (2015)

01. In The Next Life
02. I Had My Hopes Up High
03. ‚Til It Does
04. Good Luck With That
05. It’s Been A Great Afternoon
06. Standards
07. El Dorado
08. Hangin‘ Out In Bars
09. Lady Bug
10. Reasons To Quit

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Wade Bowen – Same – CD-Review

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Herrlich! Wade Bowen zeigt sich auf seinem neuen, „self-titled“ Album in absoluter Höchstform! Was dieser aus Waco, Texas stammende Red Dirt-/Roots-/Countryrock-Singer/Songwriter auch kreiert, es gelingt immer. Aber was er jetzt auf seinem, zwölf wunderbare Stücke umfassenden, neuen Werk abliefert, ist schon mehr als allererste Sahne.

Nach zuletzt kleineren Flirts mit dem Nashville-Genre und dem Vertrag bei BNA Records (nun übergegangen in Columbia Nashville), ist der beliebte Musiker mittlerweile wieder in Eigenregie tätig. Der Qualität tut dies jedoch keinen Abbruch, ganz im Gegenteil, Wade sprüht nur so vor Energie, Frische und Ideen, wirkt im wahrsten Sinne des Wortes regelrecht befreit.

Und wer hier irgendwo den „Spartrumpf“ vermutet, befindet sich ebenfalls auf dem Holzweg. Das Album ist von der Produktion (Justin Niebank), den Co-Writern und Komponisten neben Bowen (u. a. Rodney Clawson, Jedd Hughes, Jeremy Spillman, Scooter Carusoe, Travis Meadows, Ashley Ray, Lori McKenna, Rob Dipiero, Dylan Altman), den herausragenden Musikern (Fred Eltringham, Tony Lucido, Trigger Hippy-Gitarrist Tom Bukovac, der ehemalige Black Crowes-Gitarrist Audley Freed, Tim Lauer, Russ Pahl, Jonathan Lawson, Justin Niebank, Wes Hightower) und den klangvollen Gästen wie Vince Gill, Sarah Buxton, Will Hoge, Sean McConnell, Randy Rogers und Schwager Cody Canada, auf einem absoluten Top-Major-Niveau angesiedelt.

Was diese ganze Mannschaft an fantastischem Songmaterial, grandiosen Melodien und vorzüglichen Arrangements, an erfrischendem, locker rockendem, von diesem unwiderstehlichen Red Dirt-Feeling durchzogenen Americana-/Countryrock auf den Punkt bringt, löst schlichtweg Begeisterung aus. Die CD startet mit sofort der ersten Single „When I Woke Up Today“, einem überaus dynamischen, knackigen, herrlich eingängig melodisch dahinfließenden Rocker, dessen Einflüsse von klassischem Reckless Kelly-Sound bis hin zu Tom Petty reichen. Man ist sofort gefangen von den tollen Gitarren, dieser Melodik und dieser zwanglosen Frische. Das ist zeitloser Texas-Countryrock von höchster Qualität. Wird ganz sicher ein Riesen-Hit in den Texas Music Charts.

Es schließt sich das ebenfalls wunderbar melodische, lockere, mit schönen E-Gitarren (ganz feines Kurz-Solo) bestückte „Sun Shines On A Dreamer“ aus der Feder von Jedd Hughes an. Beeindruckend! Und es geht mit einem Highlight nach dem nächsten weiter. Es folgen die herrlich melancholische Ballade „My California“ mit hinreißenden Harmoniegesängen von Sarah Buxton, das brillant dahinfließende, mit einem schönen Southern Soul-Vibe versehene „Watch Her Drive“ (grandiose Southern-E-Gitarren-Passage am Ende) und das entspannte „Hungover“ (Piano-/Steel-/Fiddle-Tupfer).

Bei dem nächsten, potentiellen Texas-Chart-Hit „West Texas Rain“ gibt sich der große Vince Gill mit seinem unverwechselbaren Harmoniegesang die Ehre und beim flotten Roots-Rocker „When It‘s Reckless“ ist die Handschrift von Will Hoge unverkennbar (er ist zudem mit schönen mit Harmonies vertreten). „Long Enough To Be A Memory“ (schöne Tempowechsel, dezente Heartland Rock-Note), die Harp-verzierte Südstaaten-Ballade „Sweet Leona“ (erinnert weitläufig an Dickey Betts‘ „Mr. Blues Man“), oder das schwungvoll Latino-durchtränkte „Welcome Mat“ (Santana-angelehnte E-Gitarrentöne) sind dann Vorboten für das launige Southern Rock-Feier-Stück „Honky Tonk Road“ (natürlich mit Honky Tonk-Piano, tolle Twin Lead-Riffs, 2 kernige E-Gitarren-Soli), bei dem sich Wade, Randy Rogers, Cody Canada und Sean McConnell gesangstechnisch die Klinke in die Hand geben. Auch höchst hitverdächtig.

Auf dem längsten Stück zum Ausklang des Werkes (über sechs Minuten) zeigt Bowen eindrucksvoll, wie man eine gefrierende Psychedelic-Atmosphäre erzeugen kann, auch ohne übermäßig die Nervenstränge seiner Audienz zu strapazieren: Mit „I’m Gonna Go“ verabschiedet Wade den Hörer nochmals mit einem Klassestück, das einen restlos gefangen nimmt. Wade Bowen macht mit seinem neuen Album allerbeste Werbung in eigener Sache. Ein Werk auf dem absoluten Höhepunkt seiner Schaffenskünste. Ganz große Red Dirt-/Countryrock-Schule! Einfach toll! Ein Meilenstein in 2014!

Eigenproduktion (2014)
Stil: Red Dirt

01. When I Woke Up Today
02. Sun Shines On A Dreamer
03. My California
04. Watch Her Drive
05. Hungover
06. West Texas Rain
07. When It’s Reckless
08. Long Enough To Be A Memory
09. Sweet Leona
11. Honky Tonk Road
12. I’m Gonna Go

Wade Bowen
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Little Texas – Young For A Long Time – CD-Review

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Neue Scheibe von Little Texas! “Young For A Long Time“ lautet der Titel, der irgendwie auch ganz gut zu der mittlerweile seit 1984 aktiv gebliebenen Band passt (natürlich mit einigen Unterbrechungen), denn die hat es auch in geschrumpfter Besetzung (ihre beiden charismatischen damaligen Bandleader Brady Seals und Tim Rushlow sind ja schon lange nicht mehr dabei) geschafft, ihren typischen Sound den heutigen Gegebenheiten wunderbar anzupassen, ohne dabei das Gesicht und ihren Stil zu verlieren.

Die Scheibe ist fast so etwas wie ein zweites Comeback. Seit ihrem letzten Album sind mittlerweile (wo ist die Zeit geblieben?) acht Jahre vergangen. Die Besetzung mit Porter Howell (lead vocals, guitars, banjo), Duane Propes (bass, piano, vocals), Dwayne O’Brian (acoustic guitar, vocals) und Del Gray (drums, percussion) ist konstant die gleiche wie beim Vorgänger “Missing Years“. Produziert hat diesmal das Quartett selbst, Anthony Martin durfte nur noch zwei Mal assistieren, hat aber auch ergänzende Keyboards-Einsätze. Auch das Songwriting (die Titel wurden von 2007 bis 2014 kreiert) behielt der texanische Vierer weitestgehend in eigener Hand, lediglich wenige Co-Autoren (u. a. Paul Jefferson – ex-Hilljack) wurden mit eingebunden.

Das Werk beginnt mit dem Titelsong, einem knackigen New Country-Track, der mit schönen Southern-typischen Twin-Gitarren verziert wurde. Herrlich das direkt auf dem Fuße folgende, entspannt verlaufende “Can’t Get In A Hurry Here“. Das Lied durchströmt ein warmes Westcoast-Feeling im Stile der Eagles mit tollen Vokalharmonien, angenehmer Akustik- wie auch E-Gitarrenbegleitung, Porter Howell singt auf gleicher Wellenlänge wie ein Don Henley. Starkes Stück!

In eine ähnliche Kerbe schlagen auch “Kings Of This Town“ (Akkordeonklänge im Hintergrund, relaxte Akustikgitarre) und die schönen atmosphärischen Schwofer “Slow Ride Home“ (nette Pianotupfer), “Take This Walk With Me“ (klasse Akustikgitarrenspiel, Piano, E-Baritongitarren-Fills) und das mit fast progressiver E-Gitarrenarbeit vorgetragene “How Many Chances“ (Synthie-Strings) oder das flockige, sehr melodische “Nothin‘ You Can Do“(starke Harmoniegesänge). Ansonsten geben die Jungs aber ordentlich Dampf und überraschen zum Teil auch mit deftig rockiger Gangart. “Why I Brought My Boots“ ist ein launiger Countryrock-Stampfer Marke Jack Ingram, und solange es solch tolle Slide-trächtige Southern Rocker gibt, wird der Titel “Rednecks Do Exist“ nicht s an Aktualität verlieren.

“Yeah Yeah Yeah“ kommt mit einem lässigen Keith Urbanschem Banjo und zum Mitgrölen animierenden Shout-Refrain. Der perfekte Song fürs Live-Programm. Zum Abschluss geht mit “This Hot In Texas“ nochmal richtig die Post ab. Der Song ist purer Southern Rock und wird mit seiner schweren E-Gitarrengangart (klasse Solo mit Wah-Wah-Anschluss) und einem furiosen Instrumental-Finish (inkl. klimperndem Honky Tonk-Piano) so manchen glühenden Verehrer des Genres vom Hocker werfen. Hammer!

Als Zusatz-Bonbon gibt es noch zwei Neueinspielungen ihrer Hits vom einstigen “Big Time“-Werk, “What Might Have Been“ und “God Blessed Texas“, die sich am Original orientieren, aber ihren Reiz durch den neuen Gesang von Howell (damals sang Brady Seals) und einer deutlich peppigeren Produktion auszeichnen. Gerade letztgenanntes Stück dürfte nochmal die Skynyrd-Fans begeistern (herrliches Slide-Solo, Honky Tonk-Piano), Little Texas haben ganz sicher auch den Southern Rock im Blut. Meisterlich!

Sie setzen beim Independent-Label „Goldenlane Records“ konsequent den Weg fort, den sie seit “Missing Years“ eingeschlagen haben. Eine gelungene Mischung aus ruhigen, melodischen Tracks und einigen prächtigen Southern Rock Stücken. Mit “Young For A Long Time“ beweisen sie, dass sie noch längst nicht zum alten Eisen zählen und immer noch genug Energie für neue starke Kreationen vorhanden ist. Die Zeitspanne bis zum nächsten Werk darf dann allerdings gerne etwas kürzer ausfallen… Toller Stoff!

Goldenlane Records (2015)
Stil: New Country

01. Young For A Long Time
02. Can t Get In A Hurry Here
03. Why I Brought My Boots
04. Slow Ride Home
05. Rednecks Do Exist
06. Kings Of This Town
07. Yeah Yeah Yeah
08. Take This Walk With Me
09. Nothin You Can Do
10. How Many Chances
11. This Hot In Texas
12. What Might Have Been
13. God Blessed Texas

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Will Hoge – Small Town Dreams – CD-Review

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Neues Werk von Will Hoge! Baumstarker Roots-/Americana-Rock mit einem Schuß Country-, Heartland- und Southern-Feeling. Dieser Mann gibt einfach weiter Gas! Auch bei seinem mittlerweile 9. Studiowerk “Small Town Dreams“ (seinem zweiten bei Thirty Tigers Records) hält der Songwriter aus Nashville das fast schon beängstigend hohe Niveau seiner Voralben. Ja, man hat den Eindruck, dass die Ideen, seit seinem schweren Unfall, den er vor Jahren im Vorfeld zu den Aufnahmen von “The Wreckage“ erlitten hatte und nur knapp dem Tode von der Schippe gesprungen war, nur so weiter aus ihm heraussprudeln.

Produziert hat diesmal der Musiker, Songwriter und Produzent Marshall Altman (Eric Paisley, Frankie Ballard, Marc Broussard, Amy Grant), der in allen relevanten Bereichen ebenfalls stark mitmischt und ein tolles Team mit Hoge und den Restmusikern bildet. Den Einstieg wählte Will diesmal mit einer typischen Kleinstadt-Hommage. Der Song kommt im flockigen Stil der einstigen Tom Petty-“Into The Great Wide Open“-Zeit, durch die hervorragenden Nashville-Musiker (wie u. a. Tom Bukovac, Rob McNelly, Shannon Forrest, Jeff Roach, Tony Lucino) aber in ein zeitgemäßes Soundgefüge gebracht. Hitverdächtig!

Mit “They Don’t Make ‚Em Like They Used To“ folgt eine am Ende immense Intensität aufnehmende Powerballade. Jeff Roach leistet hier an den Tasten (Piano, Electric Piano, Orgel) Prachtarbeit und entwickelt sich im Verlauf neben Hoge zu heimlichen Star der CD. So ganz sind die zur Zeit in Nashville angesagten poppigen ‚Oh-oh-oh‘- Harmonie-Gesänge auch an Will nicht vorübergegangen. Das rhythmische und sehr leicht ins Ohr fließende, absolut radiotaugliche „Better Than You‘! (klirrende Mandolinenklänge von Jason Mowery), bleibt in der Hinsicht aber die einzige Ausnahme. Mit “Little Bitty Dreams“ liefert der sich im Booklet mit neuem frischen Kurzhaarschnitt präsentierende Künstler eine schöne, entspannte atmosphärisch Roots-Ballade (relaxtes E-Gitarren-Solo von Rob McNelly).

Die Frage ‚Outlaw oder Rockstar‘ ist die beherrschende Thematik von “Guitar Or A Gun“. Ein toller fast dramatisch anmutender, genauso fetziger wie melodischer Rootsrocker mit dezentem Outlaw-Flair und starken E-Gitarren. Hoge hat sich Gott sei Dank zu unser aller Freude für die erste Option entschiedenen. Die aktuelle Single, das großartige “Middle Of America“, typisch amerikanisch mit patriotischem Flair durchzogen (Will macht das aber in Maßen), verläuft in der Tradition großer US-Songwriter vom Kaliber Bruce Springsteen oder Bob Seger & Co. Ein toller Stimmungsmacher für seine Konzerte. Schöne Harmoniegesänge übrigens von Jessi Alexander, die das Lied mit kreiert hat.

Mit ‚“All I Want Is You Tonight“ und dem sensationellen “Just Up The Road“ liefert der Musiker aus Nashville zwei fantastische, kraftvolle Balladen ab, vollgepackt mit kleinen instrumentellen Delikatessen (u. a. herrliches E-Piano von Roach, wunderbarer Gastauftritt bei Zweitgenanntem durch Vince Gill mit Harmoniegesang und erstklassigem E-Gitarren-Gitarren-Solo). Bei “Desperate Times“ schien Will der alten Zeiten mit Kumpel Dan Baird zu gedenken. Ein launiger Southern Rocker in bester Georgia Satellites-Manier und Billy Powell-Gedächtnis-Honky Tonk-Pianogeklimper durch den erneut furios aufspielenden Jeff Roach. Der Song geht durch Mark und Bein! Das wieder sehr cool und relaxte “The Next Thing I Needed“ dient zum Durchatmen. Klasse hier die eingeflochtenen Slidefills von McNelly. Den krönenden Abschluss bildet “Til I Do It Again“, ein kochender, abgehender Rootsrocker mit einer dezent unterschwelligen CCR-Note. Hoge mitsamt seiner Musikerschar gibt nochmal richtig Gas. Ein super Finale eines super Albums!

Will Hoge beweist mit seinem 9. Longplayer “Small Town Dreams“, dass sein Name in in vorderster Reihe stehen muss, wenn um die wichtigsten US-Songwriter/Musiker in Sachen zeitgenössischer Roots-/(Country-)Rock-/Americana-Musik debattiert wird. Schöne zum Thema des Titels passende DigiPak-Gestaltung mit integriertem Steckbooklet mit allen lohnenswert zu verfolgenden Texten. Einfach große Klasse!

Thirty Tigers Records (2015)
Stil: Country-/Roots Rock

01. Growing Up Around Here
02. They Don’t Make ‚ Em Like They Used To
03. Better Than You
04. Little Bitty Dreams
05. Guitar Or A Gun
06. Middle of America
07. All I Want Is Us Tonight
08. Just Up The Road
09. Desperate Times
10. The Last Thing I Need
11. Til I Do It Again

Will Hoge
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Kristian Bush – Southern Gravity – CD-Review

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Jennifer Nettles hat es getan. Jetzt zieht auch die andere Hälfte des mega-erfolgreichen Sugerland-Duos – Kristian Bush – mit einem Soloalbum nach und zwar einem ganz tollen. Inspiriert zu seinen Songs wurde Kristian durch Reisen um die ganze Welt, die er in den letzten Monaten getätigt hatte. Herausgekommen sei ein Fülle an Eindrücken und Ideen (in Kooperation mit vielen namhaften Songwritern wie Jeff Cohen, Rodney Clawson, Tim Owens, Scooter Carusoe, Paul Overstreet, Bob DiPiero, etc.), so der Protagonist, die zum einen, auf seinem Debüt “Southern Gravity“ jetzt reflektiert werden, aber auch noch zu Genüge Stoff für weitere Werke bieten werden. Da darf man sich schon jetzt freuen, denn seine brandaktuelle Scheibe macht schon jetzt richtig Laune.

Im Gegensatz zu Nettles, die sich unter der Regie von Rick Rubin (auch dank ihrer grandiosen Charakterstimme) eher sperrigem Singer-/Songriter-Liedgut verschrieben hatte, präsentiert Kristian (sein sehr angenehmes Vokalorgan bewegt sich in Sphären von Billy Currington, JT Hodges, Glenn Frey) auf seiner CD eher die Leichtigkeit des (New) Country-Daseins (wie man es schon an Titeln wie “Flip Flops“, “Feeling Fine California“, “Sending You A Sunset“, “Sweet Love“ oder “House On A Beach“ deutlich vor Augen geführt bekommt), aber auch knackigen Countryrock und ein paar Americana-Anleihen. Die Mischung stimmt!

Eine Scheibe voll immenser Frische, ungemein eingängig, voller positiver Energie, ja ein Werk, das für die Radiostationen geradezu prädestiniert ist und jede Cabriofahrt oder Poolparty bereichern wird. Man merkt schon nach wenigen Songs, dass man es hier mit einem absolut ausgeglichenen, zufriedenen, sehr angenehmen Menschen zu tun hat, der über seine Lieder relativ simple, aber auch durchaus mal kritische Botschaften transportiert. Zu den einzelnen Tracks gibt es im umfangreichen Faltbooklet (mit allen Texten) und jeweils kurze Statements/Zusammenfassungen von ihm. Ein gutes Beispiel ist seine erste Single ‚“Trailer Hitch'“ (erreichte immerhin Platz 25 der Billboard Country-Charts) mit einem wunderschön relaxten Reggae-Groove, wo er fragt, warum alle Leute danach streben, reich sterben zu wollen (… I’ve never seen a hearse with a trailer hitch…), als ihr Dasein mit den einfachen Dingen des Lebens zu genießen.

Das Tom Petty-verwandte “Make Another Memory“ und das euphorisch-fröhliche “Light Me Up“ hatten zuvor eröffnet. Grandios der Titelsong “Southern Gravity“: Von ganz dezenten Untertönen des berühmten Band-Songs “The Weight“ getragen, macht besonders die im Southern Rock verwurzelte Hintergrund E-Gitarrenarbeit, inkl. eines schönen Solos, Spaß. Hier ist vornehmlich Andrew DeRoberts (neben einigen anderen Saitenkünstlern, wie etwa Peter Stroud, Troy Lancaster) zu nennen, der auch bei anderen Titeln immer wieder klasse Fills und Soli einstreut. Das launige, Sommerstimmung verbreitende “Flip Flops“ kommt im Kenny Chesney-Stil. Klasse hier, die auch in anderen Stücken immer wiederkehrenden Pedal Steel-Fills (gespielt von Justin Schipper, Dan Dugmore), die sich wie ein roter Faden durchs gesamte Werk ziehen.

In eine ähnliche Kerbe schlagen weitere Nummern wie “Giving It Up“ (herrlicher Banjorhythmus von Ilya Toshinsky), “Feeling Fine California“ (mit typischer Westcoast-Note, klasse Harmoniegesänge von Megan und Rebecca Lovell, großartige E-Gitarren-Arbeit) und das Heartland-trächtige “Sending You A Sunset“ (hier zirpt mal Kristians durch Sugarland bekannte Mandoline). Ein wenig nachdenklich stimmen Lieder wie das lässige “Waiting On An Angel“ (wieder klasse Harmonies der Lovell-Sisters, schönes Slidehuitar-Spiel von DeRoberts) oder der abschließende Aussteiger-Song “House On A Beach“ (tolle klare Akustikgitarre von leiernder Steel begleitet – dezentes Seventies-Flair), die am Ende aber in eine positive Stimmung münden.

Kristian Bush serviert uns mit seinem Erstwerk “Southern Gravity“ ein wundervolles New Country-Werk, das, wie gesagt, eine ungeheure Frische ausstrahlt und gerade auch musikalisch voll zu überzeugen weiß. Es wird mehr als deutlich, welch ein großartiger Songwriter Bush ist (das Album enthält nicht eine einzige schwache Nummer), und welche Bedeutung er auch für Sugarland hatte. Bei dem unzählige Hits abwerfenden Country-Duo gehörte die Lead-Stimme weitestgehend Jennifer Nettles, doch Kristian ist ebenfalls ein hervorragender Sänger, der eigentlich auch früher schon viel mehr Songs für sich hätte in Anspruch nehmen dürfen (müssen).

Um die 300 Stücke hat Kristian Bush laut eigener Aussage noch im Köcher, da darf man sich schon jetzt, falls nur annähernd das Niveau gehalten werden kann, auf reichhaltigen Nachschub freuen. Wer mit Kollegen wie Kip Moore, JT Hodges, Kenny Chesney, Luke Bryan (sein „Spring Break“-Stoff) und z. T. auch einem klassischem Keith Urban gut kann, der bei auch bei Bush aufs Beste bedient . Mit seinem “Southern Gravity“ dürfen die warmen Tage endlich eingeläutet werden. Exzellentes Solo-Debut! Bestnote!

Eigenproduktion (2015)
Stil: New Country

01. Make Another Memory
02. Light Me Up
03. Trailer Hitch
04. Southern Gravity
05. Flip Flops
06. Giving It Up
07. Feeling Fine California
08. Waiting On An Angel
09. Walk Tall
10. Sending You A Sunset
11. Sweet Love
12. House On A Beach

Kristian Bush
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Brad Paisley – Moonshine In The Trunk – CD-Review

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Nach dem sehr kontrovers diskutierten, vergangenen Werk „Wheelhouse“ kommt der Superstar nun mit seinem neuen Album „Moonshine In The Trunk“ und liefert diesmal wieder eine bärenstarke Leistung ab. Das Songmaterial ist exzellent und Paisley trifft die Schnittstelle zwischen klassischer Country-Tradition und modernen Klangelementen geradezu perfekt. Eingespielt wieder mit den Mitgliedern seiner Tourband (u.a. Gary Hooker, Randle Currie, Kendal Marcy, Justin Williamson, Kenny Lewis, Ben Sesar – aber auch einigen namhaften Nashville-Studiocracks wie Gordon Mote, Bryan Sutton, Wes Hightower) dürfte Brad nicht nur im Studio, sondern vor allem auch live wieder die Massen in seinen Bann ziehen.

Das Album startet so ein wenig auf der zur Zeit populären „Luke Bryan-Welle“. Mit den bestens für die „berüchtigten“ Springbreak-Parties geeigneten „Crushin’ It“ und dem in den Charts bereits etablierten „River Banks“, lässt Paisley den Gute Laune-Pegel direkt mal in die Höhe schellen. Die markanten Refrain- und Titelzeilen beinhalten Mitsing- und Mitgröl-Garantie. „Perfect Storm“, die zweite Single, ist dann aus dem großen New Country-Powerballaden-Stoff gestrickt (Synthie-Intro, Piano, emotionalerGesang, satte E-Gitarren, grandioses Gänsehaut-E-GitarrenSolo, tolle Melodie), der in jeden Blockbuster passt. Ein klarer Hit-Aspirant!

Bei einem richtig taditionell gehaltenen Countrysong (alle typischen Intrumente mit Brads typischem Telecaster-Spiel vereint) die eher dem Countypop zugeneigte Carrie Underwood als Gastsängerin auszuwählen, ist schon ziemlich überraschend. Die „keift“ bei dem starken „High Life“ immer wieder zu Bads Countryerzählgesang richtig rotzig dazwischen und hält den Unterhaltungswert des Liedes damit auf sehr hohem Level. Klasse die beiden! Der Titelsong „Moonshine In The Trunk“ ist ein Oktan-geschwängerter „Driving Song“, der richtig rockig dahinpowert und bei dem Paisley sein filigranes, quirliges Telecaster-Spiel optimal einbringen kann.

„Shattered Glass“ kommt als zweite unter die Haut gehende Ballade. Im Stile der trinkfreudigen beiden Opener folgt dann „Limes“ mit der eindeutigen Botschaft „When life gives you limes, make margaritas“! Der wieder schön tradionell gehaltene Truckersong „4WP“ offeriert erneut Brads E-Gitarrenkünste und einen kurzen Ausflug in seinen früheren Megahit „Mud On The Tires“. Brad Paisley kann auch Southern Rock! Sein „Cover Girl“ erinnert ein wenig an Sachen von Marshall Tucker, 38 Special und den Outlaws aus den 90er-Jahren. Stark hier die E-Gitarren-/Fiddle-/Steel-Kombi im Soloteil.

Tollen Acoustic Country bietet „Gone Green“, in dem ein alter Redneck plötzlich seine grüne Seite entdeckt. Herrlich typische Veranda-Musiziererei mit Akustik-/E-Gitarre, Mandoline, Banjo und Fiddle. Und mit Emmylou Harris als Mitsing-Gast die perfekte Begleitung. Das ist dann natürlich die ganz große Kunst des Traditional-Country! Gegen Ende unterstreicht Paisley seine patriotische Seite (er hat ja auch in Afghanistan vor den Truppen gespielt und ist bei Präsident Obama in der Air Force One mitgeflogen). In dem berühmten Flugzeug hat Brad auch Tom T. Halls Klassiker „Me And Jesus“ abgemischt. Perfekt hier sein ausdrucksvoller Gesang, begleitet nur von seinem versierten klaren Akustikgitarrenspiel. Das Lied gibt es als abschließenden Bonus-„Hidden“-Track.

„An American Flag On The Moon“ (mit integrierter Rede von John F. Kennedy im Intro, inspiriert durch seinen Sohn, der hier auch ein wenig mitsingt) und „Country Nation“ (eine Hommage an die amerikanische Arbeiter-Klasse) tragen beide in Sachen Pathos dick auf und werden unzählige seiner Landsleute ins Herz treffen.

Brad Paisley hat nach seinem gewöhnungsbedürftigen Vorgänger mit „Moonshine In The Trunk“ eindeutig wieder den Weg „zurück in die Spur“ gefunden. Ein Album mit allen Zutaten, die einen Superstar der zeitgenössischen New Country-Szene ausmacht. Hier regieren Fiddles, Steelguitars und seine fantastische Country-Leadgitarre in kongenialer Verbindung mit zeitgemässen, „jungen“ Arrangements. Klasse! Brad Paisley wieder in absoluter Bestform!

Sony Nashville / Arista (2014)
Stil: New Country

01. Crushin‘ It
02. River Bank
03. Perfect Storm
04. High Life
05. Moonshine In The Trunk
06. Shattered Glass
07. Limes
08. You Shouldn’t Have To
09. 4WP (Feat. Brad Paisley)
10. Cover Girl
11. Gone Green
12. JFK 1962
13. American Flag On The Moon
14. Country Nation

Brad Paisley
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Bärchen Records

38 Special – Rockin‘ Into The Night – CD-Review

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Mir ist persönlich schleierhaft, warum ich dieses Meisterwerk der Band bis heute nur als LP und CDR, und vor allem seit langem ungehört in meiner Sammlung stehen habe. Denn „Rockin‘ Into The Night“ ist seit je her mein absolutes Lieblingsalbum von 38 Special. Das Problem ist, dass man als Rezensent für ein Online-Mag und einen Mailorder kaum noch Zeit hat, sich den alten Schätzen zu widmen. Selbst der aktuell gerade rezensierte Silberling ist dann schon meist wieder auf unbestimmte Zeit Schnee von gestern. Ganz zu schweigen vom Material, dass man sich zu Zeiten anschaffte, als das Internet noch so weit weg war, wie heute mein potentieller Zweitwohnsitz in Marbella.

Um so schöner, dass Bärchen Records die dritte Scheibe der Mannen Donnie Van Zant, Don Barnes & Co. jetzt als digital gemasterte Version zum Spottpreis von 8,90 Euro wieder ins Programm genommen hat. Es war das Jahr 1979, der Schock des Skynyrd-Flugzeugabsturzes saß immer noch tief. Mit Freude nahm man zur Kenntnis, dass der wieder genesene Billy Powell bei den Gastmusikern auftauchte, und bei vier Stücken in unnachahmlicher Manier am Piano mitklimperte. Auch Dale Krantz, die heutige Ehefrau von Brummbär Gary Rossington, reichte mit grandiosem Background-Gesang ihre Bewerbung für die Skynyrd-Nachfolge-Truppe, Rossington Collins Band, ein, und übernahm dann prompt zur Überraschung der Southern-Gemeinde als Weiblein die Lead Vocals.

„Rockin‘ Into The Night“ war für 38 Special der Beginn eines Umbruchs. Waren die beiden Erstwerke noch Southern-Rock dem eigentlichen Sinne nach, begann man hier frühzeitig im Vorfeld dem musikalischen Anforderungsprofil der sich anbahnenden 80er-Jahre Genüge zu leisten, allerdings noch in einem für Genre-Freaks absolut akzeptablen Maße. Survivor-Keyboarder Jim Peterik, so was wie einer der Pioniere des 80er-Mainstream-Rocks, steuerte den rockig dahinstampfenden Titeltrack mit kreischigem Barnes-Gesang bei, und auch „Stone Cold Believer“ (grandioses Zusammenspiel von E-Gitarren und E-Piano von Terry Emery) und „The Love That I’ve Lost“ (mein absoluter Favorit der von Don Barnes verfassten Stücke) deuteten bereits an, in welche Richtung der Hase zukünftig laufen würde.

„Take Me Through The Night“ und „You Got The Deal“ hielten noch der Linie der beiden Erstalben ihre Treue, das keltisch inspirierte Instrumental „Robin Hood“ (Tolles E-und Akustikgitarrenspiel) überraschte dagegen mit seiner unkonventionellen Art. Kommen wir zu den absoluten Highlights: „Money Honey“, ein launiger Honkytonk-Southern-Rocker mit herrlichem Piano-Geklimper und dem unwiderstehlichen Dazwischengebölke von Dale Krantz (grandios ihr „What’s Wrong With You“-Keifer), mit dem sie Donnie Van Zant im Duett die Show stiehlt. Unerreicht bis heute, mein absoluter ‚Fav‘ „You’re The Captain“, ein atmosphärischer Anti-Drogen-Song, mit prägnantem E-Riff und starker Saitenarbeit vom Duo Jeff Carlisi und Don Barnes. Krantz und Powell sind ebenfalls wieder recht gut hörbar involviert, wie auch beim Rausschmeißer „Turn It On“ in bester Southern-Rock’n’Roll-Manier (herrliche E-/Slide-Gitarren, HT-Piano, Weltklasse der „Turn It On For Youuu“-Harmony-Abschluss mit der fetten Gitarrenpassage).

Das Ronnie Van Zant gewidmete (in großen Lettern im Innen-Folder abgedruckt), von Rodney Mills im legendären Studio One in Doraville, Georgia produzierte Album, war der Meilenstein der Band, dem dann noch die guten Werke „Wild-Eyed Southern Boys“ und „Special Forces“ folgen sollten. Danach verwurschtelte man sich mit einigen personellen Umbesetzungen zum Ärger der Southern-Rock-Fans im Synthie-dominierten 80er-Jahre-Mainstream-Rock-Geflecht. Es gab zwar immer wieder sporadisch kommerzielle Aufhorcher, aber bis zum letzten Lebenszeichen Drivetrain vor wenigen Jahren hat man eigentlich nie wieder die alte Klasse erreicht. Donnie Van Zant und Brüderchen Johnny flirten derweil lieber mit dem New-Country-Geschehen rund um Nashville und bringen bald ihre nächste gemeinsame CD dieser Art auf den Markt. Wer das heute immer noch sehr modern klingende „Rockin‘ Into The Night“ (toll auch das markante Coverbild) in digitaler Fassung noch nicht besitzt, muss jetzt einfach zugreifen!

A&M Records (1979, 2007)
Stil: Southern Rock

01. Rockin‘ Into The Night
02. Stone Cold Believer
03. Take Me Through The Night
04. Money Honey
05. The Love That I’ve Lost
06. You’re The Captain
07. Robin Hood
08. You Got The Deal
09. Turn It On

38 Special
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Bärchen Records

David Nail – I’m A Fire – CD-Review

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Drittes und bisher bestes Album von David Nail! Der ursprünglich aus Missouri stammende David Nail ist eine Kämpfernatur. Der ehemals talentierte Baseballspieler und -trainer hat in seiner Sportkarriere gelernt, dass man nach Niederlagen wieder aufstehen muss. Das hat ihm vermutlich auch in seinem nachfolgenden Leben als Musiker geholfen. Denn sein Weg war zunächst mehr als beschwerlich. Sein fertiggestelltes Debütalbum war nach einem ersten Singleachtungserfolg komplett gecancelt worden (somit wäre „I’m A Fire“ eigentlich schon sein viertes).

Erst fünf Jahre später konnte David bei MCA Nashville dann mit „I’m About To Come Alive“ im New Country Business so richtig Fuß fassen (die Single „Red Light“ schaffte es gleich unter die Top 10). Auch wenn Silberling Nr. 2 „The Sound Of A Million Dreams“ mit „Let It Rain“ dann prompt Nails erste Nr.1 Single mit sich brachte, blieb ihm die Tür zu den ganz Großen der Zunft immer noch versperrt. Das könnte sich jetzt mit seinem neuen Werk „I’m A Fire“ gravierend ändern. Nail hat sich von seiner immer ein wenig mitschwebenden Introvertiertheit freigeschwommen und präsentiert ein hochmodernes, niveauvolles Mainstream New Country-Album voller Hitpotential.

So schaffte es das mit herrlichem Banjo- und Dobrospiel (Ilya Toshinsky und Jerry Douglas) durchzogene „Whatever She’s Got“ direkt auf Platz 2 der Billboard Country Single-Charts (sogar Platz 1 der Country Airplays). Der Song ist ein Paradebeispiel dafür, wie man moderne Pop-/Rockmusik mit country-typischen Instrumenten veredeln kann. Klasse dieses Lied. David hat auf der von Frank Liddell, Chuck Ainley und Glenn Worf produzierten Scheibe vier der insgesamt elf Tracks mitkomponiert und zeigt auch beim Songwriting deutlich reifere und variablere Züge.

Sehr schön beispielsweise das mit einem Eli Young Band-Touch angenehm dahingleitende „Broke My Heart“, die atmosphärischen Balladen „Brand New Day“ (mit tollem Jerry McPherson E-Gitarren-Solo) und „The Secret“ (sehr düster, packender Text, fantastische Gesangsleistung) oder das in Keith Urban-E-Gitarren-Manier locker dahinfließende „Easy Love“. Spaß machen vor allem auch die sehr stilvoll eingeflochtenen und gut wahrnehmbaren Harmoniegesänge von Damen wie Sara Buxton, Micah Wildshire oder Aubrie Sellers, der Tochter von Lee Ann Womack.

Apropos Lee Ann Womack. Die hat einen Awards-verdächtigen Gastauftritt bei derDuettversion des Glen Campell-Klassikers „Galveston“. Auch hier zeigen die starken Nashville-Musiker (neben den bereits erwähnten u. a. Chris McHugh, Eric Darken, Paul Franklin, Mike Rojas) wie man heute so einen alten Schinken von seinem Staub befreien kann. Das ist traditionelle Countrymusic auf der Höhe der Zeit – und zwar vom Allerfeinsten! Fantastisch!

Die ganz hohe Kunst des Harmoniegesangs gibt es dann auf „When They’re Gone (Lyle County)“ zu hören. Hier hat David die Kollegen von Little Big Town mit ins Boot geholt. Ein herrlich rootsig-kratziger Countrysong, der auch perfekt ins LBT-Repertoire gepasst hätte. Glänzend erneut Jerry Douglas’ filigrane Dobro-Einlagen inkl. erstklassigem Solo. Auch der Titelsong könnte die Charts aufmischen. Aus der Feder von Hitgarant Tom Douglas und The Cadillac Three-Frontmann Daren Johnston (singt im Background mit) stammend, bekommt man hier so ein wenig „Bruce Springsteen goes New Country“-Feeling geboten. Starker Track!

David Nail beweist auf „I’m A Fire“ eindeutig, dass das musikalische Feuer in ihm brodelt. Die Radiostationen haben angesichts des hohen Hitvolumens wohl die Qual der Wahl. Spätestens jetzt dürfte er in der Topriege der Nashville-Elite angekommen sein. David Nail mit einer wahrhaftigen Top-Leistung!

MCA Nashville (2014)
Stil: New Country

01. Whatever She’s Got
02. Broke My Heart
03. Burnin‘ Bed
04. When They’re Gone (Lyle County) – (Featuring Little Big Town)
05. Brand New Day
06. Kiss You T
08. Countin‘ Cars
09. Easy Love
10. I’m a Fire
11. Galveston (Featuring Lee Ann Womack)

David Nail
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