Holman Autry Band – Roots – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Der ungebrochene Ehrgeiz, das „eigene Ding“ zu machen, ist in der 12-jährigen Bandgeschichte der Holman Autry Band aus Madison County, Georgia, die konstante musikalische Triebfeder geblieben. Auch ihre neue, fünfte Scheibe „Roots“ entwickelt trotz vertrauter Einflüsse, die aus den weiten Gefilden des Southern und Country Rock zu spüren sind, ein maßgeschneidertes Eigenleben. Diese Maßarbeit verdankt die Combo u.a. wieder einmal Davis Causey, ihrem Freund und Produzenten, der den 12 „Original“ Holman Autry Songs den großartigen Studio-Sound verpasst.

Schon mit dem ersten Track „Keys In The Truck“ kommt die Band in der schnellen Südstaaten-Rock-Kategorie“ (Dickey Betts lässt grüßen) auf Touren. Sie erinnert im nächsten sehr eingängigen Country-Rock „Square“ an ihre Idole und im Refrain augenzwinkernd daran, dass die Holman Autrys einen Vergleich mit diesen bisweilen nicht scheuen müssen. Die Bandmitglieder Brodye Brooks (Lead Gitarre), Casey King (Vocals und Bass Gitarre), Josh Walker (Vocals und Rhythmus Gitarre) und Brandon Myers (Schlagzeug) sind alle „self-taught musicians“, die sich schon seit der Highschool-Zeit kennen und bei Sounds of South mittlerweile als Review-Stammgäste angekommen sind.

In der Interpretation, das gesamte Album als „Black Label Country“, also einer eigenen Stilrichtung zu bezeichnen, hat die Band auch den Titelsong „Roots“ melodisch einfallsreich und in gewisser Weise experimentell ausgestaltet – ein klassischer Mid-Tempo Südstaaten-Rock verbindet sich mit typischen Gospel-Soul-Rhythmen zum Ohrwurm. Dass diese spirituellen Wurzeln in der Country-Musik ebenfalls ihren Platz haben, belegt die folgende einfühlsame Akustik-Nummer „Jesus In Jail“ nicht nur im Storytelling, sondern bringt, wie der fünfte Titel „Cotton Gin“, althergebrachte Folk- und Bluegrass-Weisen wörtlich ins Spiel einer mehr als unterhaltsamen Scheibe.

Ein Portrait der amerikanischen Provinz und deren originellen Eigenheiten gelingt der Holman Autry Band weiterhin beim geradezu „leichtfüßig“ daher kommenden „Dam Fishing“, das im Country Rock Stil und Mitsing-Refrain wirkungsvoll hängen bleibt. Sowie bei der mittel-schweren Blues-Rock-Nummer „Louisiana Lucy“ mit ausgeprägter E-Gitarren-Dominanz. Die gefühlvoll-angenehme Gitarren-Arbeit auf dem achten Stück „Small Price“ findet ihre vertraute Klangatmosphäre vergleichbar durchaus bei den Eagles wieder, während die „Great American Tragedy“ als intensive Southern-Rock-Sound-Collage mit balladenartiger Struktur auch bei den Drive-By Truckers für Begeisterung gesorgt hätte.

Diese unbekümmerte, aber gleichwohl erfrischende, eigene Songschmiede der Holman Autry Band liefert im Anschluss mit „Something Old“ schließlich wie selbstverständlich den alternativen Mid-Tempo Highway-Country-Song, der vom Riff-Gewitter des markanten Southern-Rock-Blues „Your Own Desaster“ im unverkennbaren Skynyrd-Mythos abgelöst wird. Den Abschluss der Scheibe bildet die langsame Country-Rock-Ballade „Where The Song Went“ und fordert damit unvermittelt zum „Play It Again!“ auf.

Nach „Sweet Southern Wind“ (2009) und „Electric Church“ (2016) hat die Holman Autry Band mit dem bemerkenswerten Album „Roots“ erneut einen starken Longplayer vorgelegt, der ihre Songwriting-Qualitäten nochmals bestätigt und die musikalischen Wurzeln der Gruppe im breiten Umfeld des Southern- und Country-Rock energiegeladen präsentiert.

Eigenproduktion (2019)
Stil: Southern Rock, Country

01. Keys In The Truck
02. Square
03. Roots
04. Jesus In Jail
05. Cotton Gin
06. Dam Fishing
07. Louisiana Lucy
08. Samall Price
09. Great American Tragedy
10. Something Old

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Blackberry Smoke – Support: Quaker City Night Hawks – 27.10.2018, Musiekcentrum De Bosuil, Weert – Konzertbericht

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Drittes Southern Rock-Konzert innerhalb von fünf Tagen mit drei hochkarätigen Bands (alle irgendwie mit unterschiedlichen musikalischen Ansätzen) – wann hat es das schon mal gegeben? Erlebt das Genre bei uns in Europa nochmal ein kleine Renaissance?

Dritte im Bunde waren die momentanen Platzhirsche der Szene, vor allem was den Zuschauerzuspruch angeht, Blackberry Smoke, die sich zur Zeit wieder auf hiesiger Tournee befinden.

Ich begleite das Georgia-Quintett ja eigentlich review-technisch schon von Anfang an, selbst als sie noch jedem Zuschauer in relativ kurzem Zeitraum die Hände schütteln konnten und man mit den Jungs nach dem Gig an der Theke noch gemütlich ein Bier trinken konnte.

Die Zeiten sind lange vorbei. Charlie Starr und seine Bandkumpanen Paul Jackson, Brandon Still, Richard und Brit Turner haben sich durch kontinuierlich gute Scheiben und regelmäßige Live-Präsenz bei uns, eine stetig wachsende Fangemeinde aufgebaut (überraschender Weise mit auch sehr vielen jüngeren Anhängern), und sorgen hier mittlerweile in den mittelgroßen Locations für ausverkaufte Häuser.

So auch an diesem Abend im brechend vollen Musiekcentrum De Bosuil im holländischen Weert, zu dem auch viele Deutsche aus dem Grenzgebiet angereist waren.

Als Support hatten sie diesmal die texanischen Quaker City Night Hawks mit dabei. Ich muss direkt sagen, endlich mal ein Act, der auch Spaß gemacht hat, nachdem bei allen Konzerten zuvor, die ich bisher von Blackberry Smoke erlebt hatte, immer grottenschlechte und  nicht passende Acts erstmal die Toleranz auf die Probe gestellt hatten.

Das Lonestar-Quartett um die beiden Leader Sam Anderson (so ein Marcus King-Typ) und David Matsler (schöne Stimme Richtung Cody Canada) lieferten angenehme, versierte Kostproben aus ihren bisherigen Fundus (mit u. a. „Cold Blues“, „Mockingbird“, „Fox In The Hen House“) und gaben mit Stücken wie „Colorado“ und „Suit In The Back“ einen Ausblick auf ihr neues, voraussichtlich im Februar erscheinendes Album.

Trademark des Vierers sind die wechselnden Lead- und sich ergänzenden Harmoniegesänge der beiden Hauptprotagonisten, gepaart mit texanisch angehauchter E-Gitarrenarbeit. Mein Favorit aus ihrem Programm war der „Rattlesnake Boogie“, der passender Weise mit schönen Rasseleffekten versehen wurde. Eine klasse Truppe, bei der es durchaus lohnt, sich mit ihr tiefergehend zu beschäftigen.

Charlie Starr und seine Kollegen hatten mit dem launigen Auftakttrio „Fire In The Hole“, „Nobody Gives A Damn“ und „Good One One Comin‘ On“ die Audienz sofort auf ihrer Seite. Schwerstarbeit musste ihr Gitarren-Rowdie leisten, der Starr und Paul Jackson mit stetig wechselnden Arbeitsgeräten versorgen musste.

Im Gegensatz zu Lynyrd Skynyrd, die es jetzt Jahrzehnte geschafft haben, sich bei Ihren Live-Auftritten auf ein paar wenigen Stücken auszuruhen, darf man sich bei Blackberry Smoke über einen steten Wechsel in der Setlist freuen. Konstant ist bei Blackberry Smoke nur das Line-up, was eine auf eine gute interne Harmonie Rückschlüsse zulässt. Rein äußerlich ist eigentlich hier nur das Wachsen und Ergrauen der beiden imposanten Turner-Bärte als marginale Randnotiz zu vermerken.

So wurden natürlich die aktuellen Silberlinge „Find A Light„/“The Southern Ground Sessions“ („Best Seat In The House“, das wunderbare „Run Away From It All“) genauso umfassend abgebildet wie auch Stücke aus den vergangenen Alben (u. a. „Waiting For The Thunder“, „Let It Burn“, Sanctified Woman“, „Up In Smoke“, „Son Of The Bourbon“, „Like An Arrow“).

Zu gefallen wusste der Fünfer sowohl bei instrumentell ausufernderen Sachen mit zum Teil progressivem Touch wie „Medicate My Mind“, „The Whippoorwill“ oder „Sleeping Dogs“ (mit Einbindung des Beatles-Klassikers „Come Together“) als auch bei Ausflügen in den countryesken Bereich z. B. „I Ain’t Got The Blues“ und dem Gänsehaut-erzeugenden Ohrwurm „One Horse Town“.

Über den Mehrwert, der durch Brandon Still mit seiner variablen Keyboard-Arbeit (Orgel, E-Piano, HT-Piano) erzeugt wird, ist ja hier schon mehrfach philosophiert worden. Die Turners verrichteten ihr routiniertes Rhythmus-Werk, Paul Jackson glänzte neben Charlie Starr als unangefochtenem Leader (viele schöne E-Gitarrenspielereien), vornehmlich in den Twin-Passagen und bei kleineren Soli.

Blackberry Smoke präsentierten sich an diesem Abend in bester Spiellaune und hatten spürbar richtig Bock, was sich am Ende mit „Flesh And Bone“, dem herrlichen „Ain’t Much Left Of Me“ (mit integriertem „Mississippi Kid“ von Skynyrd) und dem, auf Zuschauerwunsch gespielten, zuvor schon länger nicht mehr performten „Train Rollin'“ in gleich drei Zugaben äußerte.

Eine gut aufgelegte Band, erstmalig ein perfekter Sound von Anfang an (Kompliment an den Mischer) und ein begeistert mitgehendes Publikum sowie die dementsprechend tolle Stimmung – Blackberry Smoke lieferten eine starke Werbung für den Southern Rock! Unser Dank an Olli Bergmann von Oktober Promotion und den Tourmanager Dan Tobin für die unkomplizierte Akkreditierung. Hat Spaß gemacht – eine Woche, die lange in Erinnerung bleiben wird!

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Paul Jackson (electric guitar, acoustic guitar, vocals)
Brandon Still (keys)
Richard Turner (bass, vocals)
Brit Turner (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Musiekcentrum De Bosuil Weert
Oktober Promotion

Blackberry Smoke – The Southern Ground Sessions – EP–Review

Review: Stephan Skolarski

Wer von DER Southern-Rock Band, Lynyrd Skynyrd, ausgewählt wird, um sie als Support-Act auf ihrer Abschieds-Tour zu begleiten, dem eilt ein beträchtlicher Ruf voraus. Zu Blackberry Smoke muss daher nicht viel gesagt werden, auch weil sie den Southern-Rock Virus bereits seit den 2000er Jahren erfolgreich verbreiten.

Das im April veröffentlichte sechste Studioalbum „Find A Light“ wurde hier in „Sounds of South“ schon ausführlich bewertet. Zur eigenen Tournee folgt jetzt eine Sonderausgabe, inklusive Akustik-Session-EP.

Aufgenommen in Zac Browns Southern Ground Studios in Nashville, TN, sind fünf Stücke vom aktuellen Album als abgewandelte Version enthalten. „Run Away From It All“ und „Medicate My Mind“ klingen durch die fehlende Lead-Gitarren-Power und die hinzugefügte Akustik-Bridge wie „echte“ Country Songs.

Amanda Shires – Ehefrau von Jason Isbell und in seiner Band The 400 Unit aktiv – haben Blackberry Smoke auch auf der Akustik-Version von „Let Me Down Easy“ an die Fiddle gebeten. Die wehmütige Grundstimmung des „Originals“ kommt als Akustik-Song jetzt noch deutlicher zur Geltung.

Das eingängige „Best Seat In The House“, hat als Akustik-Track nichts von der Lebendigkeit der Urfassung verloren. Auf „Mother Mountain“ performt, wie schon auf „Find A Light“, wieder Oliver Wood von den Wood Brothers im Duett mit Charlie Starr. Die beiden Versionen unterscheiden sich aber leider nur geringfügig voneinander.

Als Highlight ist natürlich das Tom Petty and the Heartbreakers-Cover „You Got Lucky“ vom 1982er Album „Long After Dark“ hervorzuheben, dem Blackberry Smoke in der Akustik-Spielart eine ganz neue musikalische Atmosphäre geben.

Lynyrd Skynyrd haben schon 1994 auf „Endangered Species“ (1994) Ausflüge in die Akustik-Welt unternommen. Blackberry Smoke wandeln mit der „Southern Ground Sessions“-EP daher auf den Spuren ihrer Idole. Die EP ist ein spannender Versuch einige Songs des Longplayers neu zu interpretieren und mit der Zugabe von Pettys Klassiker „You Got Lucky“ wird es besonders für eingefleischte Fans ein Genuss sein, die Southern-Rocker von ihrer ruhigen Seite kennenzulernen.

Earache Records (2018)
Stil: Southern Rock / Country Rock

01. Run Away From It All
02. Medicate My Mind
03. Let Me Down Easy (feat. Amanda Shires)
04. Best Seat In The House
05. You Got Lucky (feat. Amanda Shires)
06. Mother Mountain (feat. Oliver Wood)

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Oktober Promotion

Blackberry Smoke – 24.03.2017, Bürgerhaus Stollwerck, Köln – Konzertbericht – Support: The Biters

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Ich muss zugeben, dass man sich, selbst als erfahrener Musikjournalist, nach einem Weltklasse-Gig, wie dem von der Tedeschi Trucks Band schwer tut, die Dinge wieder genau einzuschätzen, vor allem, wenn man sich 48 Stunden später beim nächsten Konzert zunächst im Vorgruppenmilieu wiederfindet.

Da hatte der eigentliche Grund des Besuchs, die Southern Rocker aus Atlanta Georgia, Blackberry Smoke, nämlich eine junge Band, namens, The Biters, im ausverkauften Kölner Bürgerhaus Stollwerck, mit im Schlepptau. Sagen wir es mal so: Die ebenfalls aus Georgia stammenden Burschen waren zumindest besser als die grauenhafte Vorband, die BS 2014 in der Kantine supportet hatte.

Aber auch das, was das Quintett, letztendlich mit ihrem 70ies-umwehten Rock, mit vereinzeltem Southern-Touch („Going Back To Georgia“, „1975“), zum Besten gab, war nicht allzu erbaulich. Mein Rat an Jungs wäre es, sich mehr auf die Verbesserung ihrer kompositorischen und spielerischen Fähigkeiten zu konzentrieren, als mit vulgären Ansagen und Bierdosen-Ex-Saufen auf der Bühne mit zwei jungen Trunkenbolden aus dem Publikum, punkten zu wollen. Das Ganze war somit eher bitter als bissig.

Das hatte was von, um es mal im Fußballer-Jargon auszudrücken, Mittwochs  das 6:1 vom FC Barcelona gegen Paris live vor Ort zu erleben und sich dann zwei Tage danach ungewollt bei Viktoria Köln gegen die U23 von Schalke 04 in der Kicker-Alltags-Realität wiederzufinden (und in diesen Sphären kennt sich der Autor, könnt ihr mir glauben, bestens aus…).

Kommen wir zum eigentlichen Anlass des Besuches, Blackberry Smoke. Obwohl ich die Band auf ihren Alben eigentlich unheimlich mag, konnten sie mich bei meinen bisher erlebten Gigs (Zwischenfall Bochum, Luxor Köln und Kantine Köln) auch nicht gerade vom Hocker reißen, jedesmal war der Sound ziemlich bescheiden, in der Kantine vor drei Jahren sogar mehr als übel.

Das Quintett erfreut sich aber gerade in der Domstadt, offensichtlich unglaublicher Beliebtheit, das Bürgerhaus Stollwerck war picke-packe-voll und somit ausverkauft. Charlie Starr und seine Jungs sorgten dann mit dem launigen Eröffnungstrio „Six Ways To Sunday“, „Fire In The Hole“ und „Good One Comin‘ On“, von Beginn an, für gute Stimmung in der Bude. Der Sound war bis dato wieder zu laut und übersteuert, mich beschlich erneut ein mulmiges Gefühl.

Nach „Testify“ und dem furiosen Opener ihres neuen starken Werkes „Like An Arrow„,  „Waiting For The Thunder“, bekam der Mann am Mischpult, die Sache deutlich besser in der Griff und es entwickelte sich ein richtig dynamischer und guter Gig. Über „Rock And Roll Again“ (schönes Honkytonk-Piano-Geklimper von Brandon Still), „Let It Burn“ (Skynyrd-Flair), dem atmosphärisch dichten „Pretty Little Lie“ (tolles E-Solo von Starr)  bis hin zum, durch einen jammigen Mittelteil erweiterten „Sleeping Dogs“, wo das Quintett zum ersten Mal, auch seine Qualitäten im feineren Zusammenspiel bewies (z. B. schöne Double Leads von Starr und Paul Jackson), fand die Georgia-Truppe immer besser in ihren Rhythmus.

In satt rockender Manier wurden dann imaginär mit dem heiligen Geiste die Hände geschüttelt, um mit dem progressiven Prachtstück „The Whippoorwill“, erneut ein Highlight zu setzen. „Up In Smoke“ brachte dann interaktiv, die Hütte wieder zum Kochen. Als Charlie Starr erstmals die Akustikgitarre überstreifte, hieß es mit „I Ain’t Got The Blues“ Countrytime, im, bis zu den Oberrängen, gefüllten Bürgerhaus.

Das shufflige „Payback’s A Bitch“, der herrliche Stampfer „Restless“ (HT-Piano, quirliges E-Solo Starr) und eines meiner Lieblingstracks der Band, der melodische Ohrwurm „One Horse Town“ (diesmal Paul Jackson an der Akustikgitarre) läuteten das Finale des Hauptteils ein, der mit dem tollen „Freedom Song“ (Starr mit Slide, nachher beide Gitarristen mit Double Leads) beendet wurde.

Mit starken und launigen Fassungen von „What Comes Naturally“  und „Ain’t Much Left Of Me“ kehrte die Band zum Zugabenteil (Charlie mittlerweile mit einem lustig aussehenden Indianer-Hut auf dem Kopf) auf die Bühne zurück und machten den musikalischen Sack zu. Insgesamt eine starke Vorstellung mit leichten Abzügen zu Beginn. Blackberry Smoke hatten mich zum ersten Mal, auch live, überwiegend richtig beeindruckt und im Stollwerck diesmal doch die Schokoladenseite des Southern Rocks repräsentiert. Danke natürlich auch an Wizard Promotions für die problemlose Akkreditierung.

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Paul Jackson (electric guitar, acoustic guitar, vocals)
Brandon Still (keys)
Richard Turner (bass, vocals)
Brit Turner (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Wizard Promotions
Bürgerhaus Stollwerck Köln

Blackberry Smoke – Like An Arrow – CD-Review

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Ich verfolge die Entwicklung von Blackberry Smoke ja schon quasi von Beginn an. So erinnere ich mich noch gut, als sie hier, fast noch völlig unbekannt, im Bochumer Zwischenfall vor ein paar Leutchen ihr Live-Debüt in unserm Lande gaben. Damals erhielt man die Truppe aus Georgia noch zum Anfassen und es wurde nach dem Gig zusammen am Tresen getrunken.

So kam es auch dazu, dass sich Bandleader Charlie Starr plötzlich inmitten einer geballten Macht an Rot-Weiss Essen-Fußball-Kompetenz, in Form von RWE-Uralt-Ultra-Präsident Happo, seinem Freund Däddi und mir, wiederfand, was natürlich bildlich festgehalten wurde. So, infiziert von der Aura des ganz Großen, war es irgendwie klar, dass es ab jetzt nur noch steil bergauf gehen konnte. Erklärungen sind manchmal halt ganz einfach…

Und siehe da, in den nächsten Jahren füllten sie dann bei uns wesentlich größere Locations wie z. B. das Luxor oder die noch viel größere Kantine in Köln. In Amerika tourten sie mit den großen Acts und zählten ganz schnell auch selbst zu begehrten Headlinern. Auch, was ihre Alben, angeht, haben sie sich mit ihrem letzten Werk „Holding All The Roses“, das die Spitze der Billboard Country Charts erklomm, in kontinuierlicher Form zum Branchen-Primus der Southern Rock-Szene gemausert, zumal die Ex-Größen der Zunft, in kreativer Hinsicht, ihre Parade-Zeiten ja längst hinter sich gelassen haben.

Mittlerweile ist ihr neuer Silberling „Like An Arrow“ fertig. Dazu hat sich der Fünfer, wie gewohnt bestehend aus Charlie Starr (lead vocals, guitar), Richard Turner (bass, vocals), Brit Turner (drums), Paul Jackson (guitar, vocals) und Brandon Still (keyboards) in  das Quarry Recording Studio in Kennesaw, GA, unweit von ihrer Heimatstadt Atlanta, begeben.

Das Teil beginnt direkt mit einem Donnerhall. Der satt rockende Opener „Waiting For The Thunder“ signalisiert der, in letzter Zeit, stark auflebenden Konkurrenz samt vieler junger heißer Bands, wer im Southern Rock-Hause noch das Sagen hat. Ein bärenstarker Auftakt! „Let It Burn“, mit schöner an „3 Steps“ erinnernder E-Gitarren-Hook und launigem HT-Piano-Geklimper, dürfte mit seinem dezentem Bakersfield-Touch so manchen Club oder auch diverse Dancehalls in Wallung bringen.

Das folgende „The Good Life“ wandelt in dezent progressiver Art auf den Spuren ihres „Whippoorwill“, die Harmoniegesänge kommen mit früherem Outlaws-Feeling. Schön hier auch die weinenden Steel-Einlagen. Der knarzige Stampfer „What Comes Naturally“ ist wieder ein typischer Kneipenheuler, der sich vermutlich am besten in Bierlaune entfaltet. Klasse das Slide-Solo von Starr.

Das allmaneske „Running Through Time“ dient schon mal als Vorbereitung auf das spätere große Finale. Der rockig stampfende Titeltrack lädt mit seinem eingängigen und mitsingbaren Refrain “… we all live and die, time will always roll on by, like an arrow we will fly”, some stay low and some get high…“ zur Interaktion in ihren Live-Shows ein.  Das von typischer Southern Rock-E-Gitarrenarbeit (Twin-Part im Soloteil) durchzogene „Ought To Know“ dient zum Durchatmen.

Sunrise In Texas“ hat das Quintett schon viele Jahre im Live-Programm. Jetzt hat man sich entschlossen, es auch im Studio aufzunehmen. Eine wunderbar zirrpende Mandoline als Führungsinstrument dominiert die melodische Countrynummer „Ain’t Gonna Wait“, während bei „Workin‘ For A Workin‘ Man“ wieder in bester BS-Tradition gerockt wird (stark Brandon Stills heulende Orgel).

Gegen Ende überrascht der Atlanta-Fünfer mit einem herrlich durch Mark und Bein gehenden funkigen Groover namens „Believe You Me“, eher selten im Genre anzutreffen, aber mit tollen Gitarren, E-Piano und pumpendem Bass durchaus kompatibel gestaltet. Passt! Für das Finale „Free On The Wing“ darf Urgestein Gregg Allman dann sein immer noch herrlich rotziges Organ für ein paar Gesangszeilen im Duett mit Starr mit einfließen lassen. Ein schön entspannter Instrumentalteil lässt das Lied passender Weise in Allman-/Gov’t Mule-Manier ruhig ausklingen.

Blackberry Smoke melden sich mit ihrem selbst-produzierten, brandneuen „Like An Arrow“ beeindruckend zurück. Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, wie man neue Kreationen im Southern Rock, besser gestalten könnte. Ein rundum abwechslungsreich gestaltetes Werk, ansprechende Songs mit vielen kleinen Highlights und Überraschungen. Kein Frage. Dieser Pfeil trifft ganz klar ins Schwarze!

3 Legged Records (2016)
Stil:  Southern Rock

01. Waiting For The Thunder
02. Let It Burn
03. The Good Life
04. What Comes Naturally
05. Running Through Time
06. Like An Arrow
07. Ought To Know
08. Sunrise In Texas
09. Ain’t Gonna Wait
10. Workin‘ For A Workin‘ Man
11. Believe You Me
12. Free On The Wing (feat. Gregg Allman)

Blackberry Smoke
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Oktober Promotion

The Georgia Shine Band – Same – CD-Review

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‚Smokin‘ hot original Southern Rock‘! Eine absolut treffende Umschreibung der seit 2013, aus Atlanta, Georgia, bestehenden, recht neuen Southern Rock- Formation Georgia Shine Band, die  mit ihrem gleichnamigem Debüt (alles Eigenkompositionen) sofort famos auftrumpft. Hier sind allerdings keine Jungspunde zu Werke geschritten, sondern gestandene und erfahrene Musiker aus der Atlanta-Musik-Szene, die schon für und mit arrivierten Bands des Genres zusammengespielt haben.

Bei einem klangvollen Namen wie dem von Doug Southern, dem Leader, Sänger, Songwriter/Texter und Gitarrist der Truppe, war der einzuschlagene Musikpfad ja quasi schon determiniert. Er bildet mit den weiteren Gitarristen Kevin Taylor und Dustin McElroy (beide haben früher mit dem einstigen, mittlerweile ja leider verstorbenen Skynyrd-Drummer Bob Burns in einer Band gespielt, Taylor auch sporadisch mal für Molly Hatchet) das klassische 3-Gitarren-Line-Up.

Drummer Mark Smith (früher Southbound Band und Three Leg Dog) und Bassist Brian Watson bilden die routinierte Rhythmus-Fraktion. Als zusätzliche Gast-Musiker hat der Georgia-Fünfer noch Southerns Tochter Layla Rae (die ist schon bei den berühmten ‚Simple Man Cruises‘ aufgetreten) im Background, David Smith (bass), Dave Lamar James (klasse Keys) und Rick Willaford (percussion) mit an Bord genommen, Letztgenannter hat das Werk sehr schön rau, ungeschliffen und erdig, ja fast im Live-Ambiente mit Doug in Assistenz produziert.

Vierzehn durchgehend großartige, packende, sich an der großen Southern Rock-Zeit der Siebziger Jahre orientierende Stücke mit einer Spielzeit von fast genau einer Stunde, sind der treffliche Beweis, dass diese Musikrichtung sich einfach nicht tot kriegen lässt und immer wieder für neue Überraschungen gut ist.

Die Opener „Redneck“ und „Ink Under My Skin“ lassen es sofort standesgemäß in einstmaliger Skynyrd-/Molly Hatchet-Tradition voller typischer E-Gitarreneinlagen krachen und knarzen. Southern, dessen kauzige und durchaus charismatische Stimme insgesamt entfernt an die von John Hiatt erinnert (dazu kommen leichte Tendenzen in Richtung Ronnie Keel, Gary Jeffries, Jimmy Van Zant), hat hier dieses schön ‚grimmige‘ Flair eines damaligen Danny Joe Browns.

Mit den herrlichen Balladen „Shame“ (klingt wie eine Modifikation von „Lonesme Guitar“) und „Love Is Alive“ (Piano-bestückter Schwofer), dem Tucker-mäßigen „I’m Gone“,  dem Bandnamen getreuen „Georgia Shine“ (hier blinzelt ein wenig Daniels „Long-Haired Country Boy“ durch) und dem starken „Johnny Rebb“ (erinnert vom Aufbau an Doc Hollidays „Southern Man“, zwei starke verschachtelte mehrstimmige E-Gitarren-Kurz-Passagen in der Mitte und am Ende) hat die Band gleich fünf Hymnen-taugliche Tracks am Start (!), an die man spielend, ein typisches langezogenes Gitarrenfinish hätte anbauen können.

Zur Anhebung des biergelaunten Stimmungsbarometers eignen sich vortrefflich Songs wie das furiose „Junkie Dumb“, bei dem die höllisch gespielten Lead Gitarren regelrecht Funken sprühen lassen (Wahnsinn!), die rhythmisch-shuffligen Boogie-Nummern wie „Hot Mess“ (klingt wie eine Reinkarnation von Skynyrds „What’s Your Name“) und der inkludierte zünftige Hidden-Track „You Know What I Mean“ (folgt dem abschließenden überwiegend akustisch gehaltenen „64“).

Die Georgia Shine Band bedient mit einem starken Debüt, in erster Linie, die Fraktion der Southern Rock-Nostalgiker, die es wehmütig nach Musik aus der Hochzeit von Bands wie Skynyrd, Molly Hatchet, Doc Holliday, Allman Brothers (einige Duane Allman-mäßige Slides sind hier auch vertreten), MTB oder der CDB dürstet. Dies in Verbindung mit viel kreativer musikalischer Neuenergie, ähnlich wie es zeitgenössische Interpreten der Marke Rebel Pride, Rambler, Blackberry Smoke, Gary Jeffries, Holman Autry Band & Co. auch immer wieder praktizieren und umzusetzen versuchen.

Ein echter neuer Stern am Southern Rock-Firmament dieses Quintett aus Atlanta, Georgia, und eine weitere bärenstarke Veröffentlichung in einem Reigen von recht vielen guten Neuveröffentlichungen der letzten Zeit! So darf es gerne weitergehen. ‚Shine On‘ Georgia Shine Band!

Dog South Records (2015)
Stil: Southern Rock

01. Redneck
02. Ink Under My Skin
03. Shame
04. Born To Do
05. I’m Gone
06. Junkie Dumb
07. Georgia Shine
08. Love Is Alive
09. Hot Mess
10. Crazy Daisy
11. Johnny Rebb
12. Under Cover
13. 64 (inkl. Hidden Track)

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Bärchen Records

Holman Autry Band – Electric Church – CD-Review

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Die Holman Autry Band meldet sich mit einem bärenstarken Southern Rock-Album zurück! „Be it any race, religion, or walk of life, we are standing, cheering and rocking as one. This is our Electric Church“. Mit diesem Zitat aus der Anonymous-Szene stellt die mittlerweile vom Quintett zum Quartett geschrumpfte Holman Autry Band ihren dritten, großartig gelungenen Longplayer „Electric Church“ vor, der in diesem Jahr sicher eines der ganz großen Highlights des Southern Rocks abgeben wird.

Die Holman Autry Band aus Athens, Georgia, die seit ihrem starken Vorgänger „Southern Wind“ von 2009 (kein geringerer als Piano-Legende Chuck Leavell hatte damals auf diesem Werk als Gastmusiker mitgewirkt) so ein wenig in der musikalischen Versenkung verschwunden zu sein schien, kehrt jetzt mit einem echten Paukenschlag auf die Southern Rock-Bühne zurück. Das von Brodye Brooks (lead guitar, vocals), Josh Walker (guitar, vocals), Casey King (bass, vocals) und Brandon Myers (drums) eingespielte Werk, umfasst elf selbst kreierte Tracks ohne jede Schwachstelle, die im Genre dieses Jahr so schnell nicht zu toppen sein dürften. Traditioneller Southern Rock wie aus den einstigen Parade-Zeiten, ohne jeden Schnick-Schnack, natürlich mit vielen kleinen integrierten Reminiszenzen an die großen Bands der Zunft wie Lynyrd Skynyrd, The Marshall Tucker Band, Molly Hatchet, The Charlie Daniels Band oder The Allman Brothers Band.

Gleich der satt rockende Opener „Friday Night Rundown“ eröffnet dieses tolle Album mit zwei sehr starken E-Gitarren-Passagen. Die Kult-umwobene Band von einst, Copperhead, lässt hier ein wenig grüßen. Das folgende, von fetten Drums eingeleitete „Pennies And Patience“ stampft mit einem feurigen Skynyrd-/Hatchet-Flair (kochende Riffs) aus den Lautsprechern wie zu allerbesten, goldenen Southern Rock-Zeiten, schön swampig, und ein herrliches E-Gitarren-Solo inbegriffen.

Auffällig ist, dass bei fast allen Stücken ein kleines Instrumental-Intro vorangestellt wurde. So stimmt, wie einst bei Skynyrds berühmten „Travelin‘ Man“, ein schöner, knochentrockener Bass, Lieder wie den großartigen, dynamischen Boogie „Things I’d Miss“ (E-Gitarren erinnern Molly Hatchets „Flirtin‘ With Desaster“-Phase), das satt groovende „Home To You“ (mit Twin-Gitarren, tolles Marshall Tucker-Flair) und das wunderschöne, melodische, sonnige „Sunset On The Water“ (jeweils mit einem Skynyrd- und einem Betts-trächtigen E-Gitarren-Solo) ein.

Auch Gastmusiker kommen wieder sporadisch zum Einsatz. Zum Beispiel lässt der aus dem Widespread Panic-Umfeld bekannte John Keane (hat bereits etliche Panic-Alben produziert), der hier als „Executive Producer“ fungiert, sein grandioses Pedal Steel-Spiel bei der wundervollen, ruhigen, mit angenehm klarer Akustikgitarre untermalten Southern-Ballade „The Fall“ mit einfließen. Eine Wonne! Nathalie McClure hinterlässt mit hallender oder sakral anmutender Orgel einige schöne Duftmarken bei Songs wie dem famosen Titelstück und dem gospelig/soulig groovenden „Good Woman, Good God„. Emily Joiner besticht mit typischen Harmoniegesängen im Refrain beim packenden, Slideguitar-durchzogenen „Electric Church“. Sie hätte gerne durchaus noch öfter eingebunden werden dürfen.

Die versteckte „Can’t You See“-Hommage bei „Last Rites“ mit saustarkem Gitarrensolo dürfte von Marshall Tucker Bands Kultgitarrist Toy Caldwell im Southern Rock-Heaven mit viel Wohlwollen zur Kenntnis genommen werden. Sein E-Gitarrenspiel und der Grundrhythmus des berühmten MTB-Liedes wurden hier von Brooks und Walker exzellent adaptiert, bzw. modifiziert. Das mit einer markanten und leicht nachsingbaren Refrainzeile wieder launig rockende „The Grass Can Wait“ und das herbstlich, atmosphärisch melancholische „October Flame“ lassen ein durchgängig mehr als überzeugendes Southern Rock-Album der alten Schule ausklingen.

Die Holman Autry Band beweist, dass man den Spirit der damaligen Genre-Hoch-Zeiten auch heute noch bestens musikalisch aufleben lassen kann. Und diese Band aus Georgia hat eindeutig das Potential dazu. Ganz klar, eine der ganz großen Überraschungen des Jahres 2016. Diese „Electric Church“ wird Southern Rock-Fans elektrisieren! Fantastisch!

Eigenproduktion (2016)
Stil: Southern Rock

01. Friday Night Rundown
02. Pennies And Patience
03. Things I’d Miss
04. The Fall
05. Electric Church
06. Home To You
07. Good Woman, Good God
08. Last Rites
09. Sunset On The Water
10. The Grass Can Wait
11. October Flame

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Bärchen Records

Holman Autry Band – Sweet Southern Wind – CD-Review

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Großartiger Stoff für Southern Rock-Freunde! Die Holman Autry Band, fünf junge Burschen, allesamt in den Mitzwanzigern (der Älteste, Lead-Gitarrist Brodye Brooks, ist gerade mal 27 Jahre alt, dazu kommen Casey King – Lead vocals, Bass, Josh Walker – Guitar, Brandon Myers – Drums und Daniel Sartain – Guitar) aus Madison County in Georgia, legt für ihr bisher erst 3 Jahre währendes Bestehen schon eine mächtige Schlagzahl an musikalischem Treiben an den Tag.

Benannt hat sich das Quintett, bevor man jetzt ins große Grübeln gerät, nicht nach einem alten Südstaaten-General, sondern schlicht nach dem Straßennamen, nämlich der Holman Autry Road in Danielsville, dem Ort, an dem der Probenraum der Band beherbergt ist. „Sweet Southern Wind“ ist bereits das zweite Album der Jungs, die in Athens den „Georgia Battle of The Band“-Kontest gewann und dort auch schon zweimal das geschichtsträchtige Georgia Theatre (dort spielten über viele Dekaden verteilt wahrlich gut bekannte Acts wie u.a. Sea Level, The Police, Widespread Panic, R.E.M.und die Derek Trucks Band, die in dieser Location sogar ein Live-Album aufgenommen hat) bis auf den letzten Platz füllen konnte.

Als Haupteinflüsse nennt der Georgia-Fünfer Kollegen wie Lynyrd Skynyrd, The Allman Brothers Band, Gov’t Mule, Stevie Ray Vaughan, Metallica, Eric Clapton bis hin zur Country-Legende Hank Williams. All das passt auch hervorragend, wobei man stets die Fahnen des puren und klassischen Southern Rocks mit aller musikalischen Würze hoch hält, dabei aber auch immer eine gewisse Lockerheit und Entspanntheit an den Tag legt. Die aktuelle CD wird direkt mit dem großartigen Titelstück „Southern Wind“ eröffnet, das seinem Namen wirklich alle Ehre macht und von einer unwiderstehlichen, warmen Southern Rock-Brise durchweht wird.

Ein etwas kratziges Akustikgitarren-Intro, stampfende E-Gitarren-Riffs mit kraftvollen Drums und eine wunderbar „gurgelnde“ Orgel, die von niemand geringerem als dem legendären Südstaaten-Keyboarder Chuck Leavell (u.a. The Allman Brothers Band, Eric Clapton, The Rolling Stones) gespielt wird, verbreiten sofort eine herrliche Swamp-Atmosphäre. Ein Stück, das im übertragenen Sinn auch prima auf Skynyrd’s starkes „Edge Of Forever“-Album gepasst hätte. Casey Kings Gesang weist vom Stil manchmal durchaus einige Parallelen zu Johnny van Zant auf, doch auch das Timbre eines Gregg Allman ist nicht so sehr weit weg. Das folgende „Hear Me Callin’“ vereint dezente, wenn auch nicht so harte, Molly Hatchet-Anlagen (E-Gitarren-Intro) mit erneutem Lynyrd Skynyrd-Appeal.

Eine jaulende Slide-Gitarre, Kings pumpender Bass und der sehr melodische Refrain mit kurz angedeuteten Harmoniegesängen sind weitere markante Trademarks. „Next Time“ rockt klassisch geradeaus, die E-Gitarren Twin-Passage sorgt für den entscheidenden Southern-Anstrich. Der Knaller des Albums, „Still Loud, Still Proud“, stampft und groovt (wieder klasse Kombination aus E-Gitarren und Orgel), dass es eine wahre Freude ist. Besonders stark der melodische und gefühlvolle Refrain, der am Ende aber wieder den Bogen zur knackig rockigen Strophengestaltung findet. Etablierte Bands wie Skynyrd oder die Allman Brothers, die bei diesem Stück eindeutig Pate gestanden haben, können stolz auf diesen hoffnungsvollen Nachwuchs blicken. Tolle Nummer!

Der „große“ Chuck Leavell setzt dann am Piano bei „In A Little While“ fast die alleinigen Akzente. Der wunderbar melodische Midtempo-Track liegt irgendwo auf einer Linie von Bruce Hornsby, Bob Seger (leichter „Against The Wind“-Touch) und dem Marshall Tucker-Ableger SevenMoore, und wird von Leavells herrlich flüssigen Pianoläufen dominiert. Gleiches gilt für das etwas später folgende „Watch You Go“, bei dem Leavell ein grandioses Klavier-Solo hinlegt. Dieser Song hat zunächst etwas Barroom-Atmosphäre, wirkt dezent soulig und bluesig, endet dann aber mit rollenden Twin-Gitarren wieder im Southern Rock-Gefilde.

Relativ monoton, aber hart, treibend und richtig klasse rockt „Long Nights“ (Mischung aus The Regulators und Lynyrd Skynyrd)! Toll hier das quirlige E-Gitarren-Solo am Ende. „New Breed“ glänzt wieder durch viel Atmosphäre, erzeugt durch ABB-mäßiges E-Gitarren- und Orgel-Zusammenspiel. Darüber hinaus gibt es noch drei Stücke, bei denen durchaus Parallelen zu bereits existierenden Klassikern durchschimmern, die aber natürlich von den Jungs in ein eigenes Gewand verpackt wurden.

„Gypsy“ wippt und groovt in der Tradition von Charlie Daniels‘ altbekanntem Stomper „Trudy“ (Sprechgesang, plus kräftige E-Gitarren- und Orgel-Elemente), das textlich launige „I Ain’t Bitter“ (herrlich surrende Slidepassagen, quirlige Akustikgitarre) könnte als Southern-Antwort zu Steve Millers berühmtem „The Joker“ durchgehen und das abschließende, wunderbare, voller Atmosphäre befindliche, mit filigraner Sirenenfiddle, kratziger Akustikgitarre und trockenem Dobro durchzogene „State Of Peace“ schwebt fast auf gleiche Höhe mit Skynyrds legendärem „All I Can Do Is Write About It“. Ein klasse Abschluß, der keine Wünsche offen lässt.

Mit „Sweet Southern Wind“ ist der Holman Autry Band ein überaus vielversprechendes Werk von konstanter Klasse gelungen. Diese wohlige Südstaaten-Brise lässt man sich gerne um die Ohren wehen. Obwohl Holman Autry natürlich einige Bezugspunkte ihrer arrivierten Vorgänger und Idole aufgreifen, kann man ihren Stil durchaus als eigenständig bezeichnen. Sämtliche Stücke stammen aus der eigenen Feder! Nach Brothers Of The Southland, Rebel Pride, Hogjaw und Blackberry Smoke eine weiterer Hoffnungsträger mit viel Potential für die Zukunft. Das Genre lebt wieder auf!

Eigenproduktion (2009)
Stil: Southern Rock

01. Sweet Southern Wind
02. Hear Me Callin‘
03. The Next Time
04. Still Loud, Still Proud
05. In A Little While
06. Gypsy
07. Long Nights
08. New Breed
09. Watch You Go
10. I Ain’t Bitter
11. State Of Peace

Holman Autry Band
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Bärchen Records

Gary Ray & The Heartwells – Livin‘ The Dream – CD-Review

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Was für eine klasse Truppe! Ganz „heißer“ ‚rockin‘ New Country-Stoff aus Atlanta, Georgia! Eine feurige, zündende Mischung aus Southern-, Roots-, Americana-, Delta-, Boot Scootin‘ Roadhouse Country- und Countryrock-Zutaten, angerührt zu einem wunderbaren, genauso melodischen wie herzhaften New Country-Menü, das einen von der ersten bis zur letzten Minute begeistert. Gary Ray Pfaff, der 1978 auf einer Militärbasis in Landstuhl in Rheinland-Pfalz geboren wurde, hat bereits zwei Solo-Alben veröffentlicht. Jetzt, unter der neuen Namensgebung Gary Ray & The Heartwells (mit dem deutschen „Pfaff“ kamen die meisten Amis wohl nicht so klar) startet er mit dem großartigen Album „Livin’ The Dream“ in eine neue Dimension seiner Karriere.

Ein prächtiges, kraftvolles, knackiges und erdiges New Country(rock)-Album voller toller Melodien (meist mit herrlichem Southern-Flair), so dass man sich spontan fragt, warum diese Scheibe nicht auf einem Major, sondern „nur“ einem kleinen Indie Label (der Southstar Music Group) veröffentlicht wurde und dazu auch noch mit finanzieller Unterstützung seiner Fans. Gary Ray gilt bis dato als typischer Live-Musiker, der über 200 Gigs im Jahr spielt und dabei mit seinen Jungs (Matt Ulmer – Guitar, Banjo, Adam Lewis – Bass, Craig Eck – Drums) im bandeigenen Van durch die Lande reist. Sein überragendes musikalisches Talent erbte er von seinem Vater, der als Songwriter und Musiker trotz einiger Versuche in Nashville nie den Durchbruch schaffte. Für Gary Ray & The Heartwells allerdings dürften die Chancen mit diesem Werk enorm gestiegen sein, auch ausserhalb der Staatsgrenzen von Georgia die Aufmerksamkeit zu erlangen, die ihnen gebührt.

Diese Truppe hat das Zeug die New Country- und Countryrock-Szene ordentlich aufzumischen, denn das ist moderner Genre-Stoff auf allerhöchstem Niveau. Schon der Opener „Mississippi Streets“ ist ein Knüller! Brodelnder, dampfender Southern (Country-) Rock (die Orgel spielt hier übrigens Coy Bowles von der grandiosen Zac Brown Band, dazu gibt’s herrliches Dobro und fette E-Gitarren, inklusive eines kernigen, scharfen Solos), der einfach mitreißt. Heiß geht es weiter mit dem saustarken „Quit Bucking Around (Ride That Thang)“, das ein wenig an Anthony Smiths „If That Ain’t Country“ erinnert (swampige Akustikgitarre, Mundorgel, satte E-Gitarren). Vor seinem geistigen Auge sieht man förmlich die Pickups auf einem abgelegenen Grundstück in der Abenddämmerung irgendwo in den Swamps stehen; die Rednecks mit kalten Bierflaschen in den Händen, wie sie ihre tanzenden Mädels beobachten, die in der schwülen Hitze ihre heißen Körper zu den „driving rhythms“ einer auf der Veranda einer alten Holzhütte aufspielenden Band (Gary Ray & the Heartwells) kreisen lassen.Wow! Das ist es!

Danach kommt ein ganzer Reigen von wunderschön instrumentierten absolut radiotauglichen Stücken, wobei der tolle Titelsong „Livin‘ The Dream“ mit seinem markanten, fröhlichen Refrain (schöne weibliche Harmonie-Gesänge) wohl das größte Chartpotential mit sich bringt. Gary Rays leicht rauchige Charakterstimme (irgendwo zwischen Bill McCorvey von den Pirates Of The Mississippi, Travis Tritt, David Fenley, Mac Powell von Third Day oder Ken Block von Sister Hazel liegend) ist natürlich auch für Balladen wie geschaffen. Eine solche wird hier mit dem wunderbar melodischen „Hell Yes I Do“ eindrucksvoll dargeboten. Rasant geht es danach mit „Soldier’s Eyes“ weiter, einem Stück mit starkem Text, der jeglichen Patriotismus vermeidet und das voller Dramatik umgesetzt wurde. Swampige Slidegitarren, stampfende Drums, Dobro, eine Gypsy-mäßige Fiddle sind die Hauptzutaten für einen bewegenden Track im Stile von Chris Cagles „Country By The Grace Of God“.

Das rhythmische „Good Song“ geht direkt in Mark und Bein und man verspürt unweigerlich den Willen eine Tanzfläche zu betreten. Atmosphärisch geht es bei der Powerballade „I’m Gone“ zu (Piano, Mandoline, tolle E-Gitarren-Fills), wobei Streicherpassagen die Emotion des Liedes noch zusätzlich verstärken. Das dynamische, gewaltig abgehende „This Town“ (schneller Gesang, fetzige Drums, heulendes E-Gitarren-Solo) und das traumhaft melodische, herrliche New Country-Midtempostück „Walk Away“ (feine Steel- und E-Gitarren-Fills, Piano, Orgel – erinnert an die Großtaten der Eli Young Band oder auch von Sister Hazel), beenden eine durch und durch tolle New Country-CD.

Eine feurige, zündende Mischung aus Southern-, Roots-, Americana-, Delta-, Boot Scootin‘ Roadhouse Country- und Countryrock-Zutaten, angerühert zu einem wunderbaren, genauso melodischen wie herzhaften New Country-Menü, das einen von der ersten bis zur letzten Minute begeistert. Gary Ray & the Heartwells sind mit „Livin’ The Dream“ ihrem Traum von einer großen Karriere möglicherweise ein großes Stück näher gerückt. Liebe Major Labels, bitte Augen und Ohren offen halten. Diese großartige Band „is the real deal“. Moderner, mitreißender New Country vom Allerfeinsten!

Southstar Music Group (2010)
Stil: New Country

01. Mississippi Streets
02. Quit Bucking Around (Ride That Thang)
03. The Sound of Rain
04. Never Looking Back
05. Livin‘ The Dream
06. Things Will Get Better
07. Hell Yes I Do
08. Soldier’s Eyes
09. Good Song
10. I’m Gone
11. This Town
12. Walk Away

Gary Ray
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Bärchen Records

Kip Moore – Wild Ones – CD-Review

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Zweites Studioalbum des aus Tifton, Georgia stammenden Country-Singer/Songwriters! Nachdem Kip Moore mit seinem Debüt „Up All Night“ einen sensationell guten Einstand in Nashville gefeiert hatte (Album Platz 3, die Single „Somethin‘ ‚Bout A Truck“ sein erster Nr.1-Hit, „Beer Money“ und „Hey Pretty Girl“ jeweils nochmal unter den Top-10), folgt jetzt mit „Wild Ones“ der bereits heiß erwartete Nachfolger (wieder bei MCA Nashville), nachdem er zwischenzeitlich mit „Young Love“ und „Dirt Road“ bereits zwei Singles auf den Markt „geworfen“ hatte. Das damit schon unter beträchtlichem Erfolgsdruck stehende Werk stellt eine behutsame und gut durchdachte Verifikation des Vorgängers dar, also quasi ein Upgrade, bei dem an den bewährten Stärken festgehalten wurde und in vereinzelten Fällen ein wenig gefeilt und geändert wurde. Im Wesentlichen ist hier die etwas stärkere Rockausrichtung zu erwähnen.

Besonders hervorzuheben ist, dass Kip, wie schon zuvor, wieder konsequent sämtliche dreizehn Lieder (mit einigen bewährten und ein paar neuen Co-Writern) kreiert hat, was in diesen Künstlersphären nicht alltäglich ist (viele wählen sich ja meist bequem auf sie zugeschnittenes Fremdmaterial aus). Hut ab dafür. Geblieben ist angesichts der begonnenen Erfolgsstory natürlich seine Kooperation in Sachen Produktion mit Hitschreiber Brett James, der auch zwei Stücke kompositorisch begleitet und bei ein paar Background Vocals beigesteuert hat. Lediglich beim Opener und zugleich dem Titelstück „Wild Ones“, ein Percussion- und Basslinien-betonter Midtempotrack mit einem euphorisch gesungenen Refrain, hat der sich ebenfalls gut im Geschäft befindliche Chris DeStefano an den Reglerknöpfen mitgewirkt. Das folgende, sehr flockig und poppig ins Ohr gehende „Come And Get It“ überrascht am Ende mit einem überaus intensiven, E-Gitarren-dominierten Instrumentalfinish.

Für einige hitverdächtige Momente des Silberlings sorgen wieder die eingespielten Erfolgsautoren Troy Verges und Blair Daily („Beer Money“), die auf Sachen wie „Girl Of The Summer“ (heartlandträchtige Power-Ballade), „What Ya Got On Tonight“ (markante E-Gitarrenlinie, energiegeladener Refrain/Rhythmus) und dem, mit dezent keltischem Flair behafteten „Running For You“ (klasse E-Gitarren-Solo) eindrucksvoll demonstrieren, wie man in Nashville den Nerv der Zeit trifft. Klasse auch das mit Westin Davis und Dan Couch atmosphärisch konstruierte „That Was Us“, bei dem die in Axel Rose-/Kid Rock-Manier gebrachten Refrains/Harmoniegesänge schöne Farbtupfer abgeben. Zu einem Favoriten bei Kips Live-Konzerten (zur Zeit ist er ja mit Dierks Bentley und Canaan Smith groß auf Tour) dürfte im patriotisch geprägten „Amiland“ das heroische „Lipstick“ (‚Hey‘- Schlachtgesänge, ein wenig John Farnham-90er Stadion-Flair) avancieren, in dem Kip in so ziemlich allen bekannten Regionen der Staaten den Lippenstift seiner Liebsten küssen möchte. Sehr schön und im Refrain mitsingbar das ebenfalls Heartland-gefärbte „Heart’s Desire“.

Textlich überzeugt „Complicated“, wo mit starken Zeilen wie „All I know sometimes you love it, sometimes you hate it, but what good’s love if it ain’t a little complicated? No it don’t always go like you always hoped it would, but sometimes complicated is pretty damn good“” proklamiert wird, dass echte Liebe nicht immer nur „Friede, Freude Eierkuchen“ bedeuten muss. Banjo und E-Gitarren führen den wohl Country-behaftesten Song „I’m To Blame“. Das Stück klettert als erste Single gerade in den Charts nach oben. Steve Millers „The Joker“ dürfte bei „That’s Alright With Me“ Pate gestanden haben. Ein lustiger Text und eine typisch coole Gesangsperformance von Kip runden diesen launigen Track ab. Das Piano-betonte „Comeback Kid“ überzeugt in dezent pathetischer Weise im Stile großer zeitgenössischer, amerikanischer Songwriter wie z. B. Will Hoge und legt noch ein paar persönliche Seiten des Protagonisten offen. Ein recht emotional und autobiografisch gefärbter, starker Abschluss.

Kip Moore hat mit „Wild Ones“ dem Druck des erfolgreichen Vorgängers problemlos standgehalten, was, wie beschrieben, umso mehr zu würdigen ist, da es sich hier um Kompositionen handelt, in die er sich ausschließlich selbst miteingebracht hat. Das Album wird sicherlich einige Hits hervorbringen und vielleicht auch Chancen für diverse Nominierungen bei den anstehenden Awards in der einen oder anderen Sparte haben. Dazu muss man Kip eine deutlich spürbarere Reife und Weiterentwicklung attestieren. Bester Stoff für Liebhaber auf der Höhe von jungen Wilden wie Eric Church, Keith Urban, Tyler Farr & Co.! Dickes Kompliment dafür!

MCA Nashville (2015)
Stil: New Country

01. Wild Ones
02. Come And Get It
03. Girl Of The Summer
04. Magic
05. That Was Us
06. Lipstick
07. What Ya Got On Tonight
08. Heart’s Desire
09. Complicated
10. I’m To Blame
11. That’s Alright With Me
12. Running For You
13. Comeback Kid

Kip Moore
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