Blackberry Smoke – Support: Quaker City Night Hawks – 27.10.2018, Musiekcentrum De Bosuil, Weert – Konzertbericht

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Drittes Southern Rock-Konzert innerhalb von fünf Tagen mit drei hochkarätigen Bands (alle irgendwie mit unterschiedlichen musikalischen Ansätzen) – wann hat es das schon mal gegeben? Erlebt das Genre bei uns in Europa nochmal ein kleine Renaissance?

Dritte im Bunde waren die momentanen Platzhirsche der Szene, vor allem was den Zuschauerzuspruch angeht, Blackberry Smoke, die sich zur Zeit wieder auf hiesiger Tournee befinden.

Ich begleite das Georgia-Quintett ja eigentlich review-technisch schon von Anfang an, selbst als sie noch jedem Zuschauer in relativ kurzem Zeitraum die Hände schütteln konnten und man mit den Jungs nach dem Gig an der Theke noch gemütlich ein Bier trinken konnte.

Die Zeiten sind lange vorbei. Charlie Starr und seine Bandkumpanen Paul Jackson, Brandon Still, Richard und Brit Turner haben sich durch kontinuierlich gute Scheiben und regelmäßige Live-Präsenz bei uns, eine stetig wachsende Fangemeinde aufgebaut (überraschender Weise mit auch sehr vielen jüngeren Anhängern), und sorgen hier mittlerweile in den mittelgroßen Locations für ausverkaufte Häuser.

So auch an diesem Abend im brechend vollen Musiekcentrum De Bosuil im holländischen Weert, zu dem auch viele Deutsche aus dem Grenzgebiet angereist waren.

Als Support hatten sie diesmal die texanischen Quaker City Night Hawks mit dabei. Ich muss direkt sagen, endlich mal ein Act, der auch Spaß gemacht hat, nachdem bei allen Konzerten zuvor, die ich bisher von Blackberry Smoke erlebt hatte, immer grottenschlechte und  nicht passende Acts erstmal die Toleranz auf die Probe gestellt hatten.

Das Lonestar-Quartett um die beiden Leader Sam Anderson (so ein Marcus King-Typ) und David Matsler (schöne Stimme Richtung Cody Canada) lieferten angenehme, versierte Kostproben aus ihren bisherigen Fundus (mit u. a. „Cold Blues“, „Mockingbird“, „Fox In The Hen House“) und gaben mit Stücken wie „Colorado“ und „Suit In The Back“ einen Ausblick auf ihr neues, voraussichtlich im Februar erscheinendes Album.

Trademark des Vierers sind die wechselnden Lead- und sich ergänzenden Harmoniegesänge der beiden Hauptprotagonisten, gepaart mit texanisch angehauchter E-Gitarrenarbeit. Mein Favorit aus ihrem Programm war der „Rattlesnake Boogie“, der passender Weise mit schönen Rasseleffekten versehen wurde. Eine klasse Truppe, bei der es durchaus lohnt, sich mit ihr tiefergehend zu beschäftigen.

Charlie Starr und seine Kollegen hatten mit dem launigen Auftakttrio „Fire In The Hole“, „Nobody Gives A Damn“ und „Good One One Comin‘ On“ die Audienz sofort auf ihrer Seite. Schwerstarbeit musste ihr Gitarren-Rowdie leisten, der Starr und Paul Jackson mit stetig wechselnden Arbeitsgeräten versorgen musste.

Im Gegensatz zu Lynyrd Skynyrd, die es jetzt Jahrzehnte geschafft haben, sich bei Ihren Live-Auftritten auf ein paar wenigen Stücken auszuruhen, darf man sich bei Blackberry Smoke über einen steten Wechsel in der Setlist freuen. Konstant ist bei Blackberry Smoke nur das Line-up, was eine auf eine gute interne Harmonie Rückschlüsse zulässt. Rein äußerlich ist eigentlich hier nur das Wachsen und Ergrauen der beiden imposanten Turner-Bärte als marginale Randnotiz zu vermerken.

So wurden natürlich die aktuellen Silberlinge „Find A Light„/“The Southern Ground Sessions“ („Best Seat In The House“, das wunderbare „Run Away From It All“) genauso umfassend abgebildet wie auch Stücke aus den vergangenen Alben (u. a. „Waiting For The Thunder“, „Let It Burn“, Sanctified Woman“, „Up In Smoke“, „Son Of The Bourbon“, „Like An Arrow“).

Zu gefallen wusste der Fünfer sowohl bei instrumentell ausufernderen Sachen mit zum Teil progressivem Touch wie „Medicate My Mind“, „The Whippoorwill“ oder „Sleeping Dogs“ (mit Einbindung des Beatles-Klassikers „Come Together“) als auch bei Ausflügen in den countryesken Bereich z. B. „I Ain’t Got The Blues“ und dem Gänsehaut-erzeugenden Ohrwurm „One Horse Town“.

Über den Mehrwert, der durch Brandon Still mit seiner variablen Keyboard-Arbeit (Orgel, E-Piano, HT-Piano) erzeugt wird, ist ja hier schon mehrfach philosophiert worden. Die Turners verrichteten ihr routiniertes Rhythmus-Werk, Paul Jackson glänzte neben Charlie Starr als unangefochtenem Leader (viele schöne E-Gitarrenspielereien), vornehmlich in den Twin-Passagen und bei kleineren Soli.

Blackberry Smoke präsentierten sich an diesem Abend in bester Spiellaune und hatten spürbar richtig Bock, was sich am Ende mit „Flesh And Bone“, dem herrlichen „Ain’t Much Left Of Me“ (mit integriertem „Mississippi Kid“ von Skynyrd) und dem, auf Zuschauerwunsch gespielten, zuvor schon länger nicht mehr performten „Train Rollin'“ in gleich drei Zugaben äußerte.

Eine gut aufgelegte Band, erstmalig ein perfekter Sound von Anfang an (Kompliment an den Mischer) und ein begeistert mitgehendes Publikum sowie die dementsprechend tolle Stimmung – Blackberry Smoke lieferten eine starke Werbung für den Southern Rock! Unser Dank an Olli Bergmann von Oktober Promotion und den Tourmanager Dan Tobin für die unkomplizierte Akkreditierung. Hat Spaß gemacht – eine Woche, die lange in Erinnerung bleiben wird!

Line-up:
Charlie Starr (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar)
Paul Jackson (electric guitar, acoustic guitar, vocals)
Brandon Still (keys)
Richard Turner (bass, vocals)
Brit Turner (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Blackberry Smoke – Find A Light – CD-Review

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Sie sind mittlerweile die unangefochtene  Lichtgestalt des Southern Rocks. Keine der übrig gebliebenen arrivierten Vertreter des Genres wie Skynyrd, Molly Hatchet oder (am ehesten vielleicht noch) die Outlaws & Co.  können dem Quintett um ihren Leader Charlie Starr, was kompositorische Kraft und Variabilität angeht, noch annähernd das Wasser reichen.

Ich habe Blackberry Smoke quasi seit ihren ersten Stehversuchen in unserem Lande durchgehend begleitet (damals noch vor 50 Zuschauern spielend) und freue mich über ihre tolle Entwicklung. Nach ihrem starken Vorgänger „Like An Arrow“ heißt es jetzt „Find A Light“. Und das dreizehn Tracks umfassende Album (Charlie bei allen Liedern kompositorisch involviert) setzt diesmal noch einen drauf.

Der leichtgewichtige, aber auch nicht unbedingt spindeldürre Bandleader schickt seine Jungs mit „Flesh And Bone“, einem psychedelisch stampfenden Rocker ins Rennen, um mit dem von einer melodischen Hook getragenen „Run Away From It All“, den Anwärter für die Radiostationen nachzulegen. Toll auch das mit Tempowechseln herrlich verschachtelte rotzige „Crooked Kind“.

Bei „Medicate My Mind“ (im Gregg Allman-Stil) und „I’ve Got This Song“ (mit Fiddle-Ergänzung) werden erste Countrybezüge sichtbar (später folgen noch das balladeske „Seems So Far“, das mit Harmoniegesängen von Amanda Shires verzierte „Let Me Down Easy“, sowie das mit den Wood Brothers performte, dazu leicht folkige Schlussstück „Mother Mountain“).

Von Will Hoge hätte auch das launig ins Ohr gehende, rootsige „Best Seat In The House“ stammen können. Robert Randolph assistiert mit flinken Fingern dem Quintett bei der quirlig poltrigen Uptemponummer „I’ll Keep Ramblin'“. Auch das aus Skynyrd-, Black Crowes- und typischem Blackberry Smoke-Stil verschmelzende, NASCAR-taugliche „Nobody Gives A Damn“ knallt gewaltig. Klasse hier die HT-Fills von Brandon Still.

Kommen wir zum vermeintlichen Höhepunkt des Albums. Der ist aus meiner Sicht ganz klar das Pathos-getränkte „Till The Wheels Fall Off“ mit teilweise hymnischen Zügen a la „Free Bird“, „Lonesome Guitar“, „The Journey“ und Co. Doch wo bleibt hier am Ende das im Genre obligatorische E-Gitarrenfinish? Leider Fehlanzeige, nach dem Abschluss-Refrain ist abrupt finito. Hier hätte man zweifellos eine der großen Southern Rock-Hymnen des 21. Jahrhunderts für sich verbuchen können. Chance verpasst, vielleicht der einzige kleine Makel.

Trotzdem ist „Find A Light“ natürlich eine ganz brillante, vor allem sehr abwechslungsreiche Scheibe geworden. Ronnie Van Zant wäre vermutlich um sein Erbe stolz gewesen. Schön zu wissen, dass Blackberry Smoke im kommenden Oktober wieder in Europa (natürlich auch in Deutschland) auflaufen werden, wobei wir dann aus geografischen Gründen vermutlich den Termin im niederländischen Weert wahrnehmen werden.

Earache Records/ADA-Warner Music (2018)
Stil:  Southern Rock

01. Flesh And Bone
02. Run Away From It All
03. The Crooked Kind
04. Medicate My Mind
05. I’ve Got This Song
06. Best Seat In The House
07. I’ll Keep Ramblin‘ (feat. Robert Randolph)
08. Seems So Far
09. Lord Strikes My Dead
10. Let Me Down Easy (feat. Amanda Shires)
11. Nobody Gives A Damn
12. Till The Wheels Fall Off
13. Mother Mountain (feat. The Wood Brothers)

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