Band Of Friends – 05.05.2017, Schwarzer Adler, Rheinberg – Konzertbericht

BOF_Haupt

Blues Rock-Legenden-Time im Schwarzen Adler zu Rheinberg! Der mittlerweile stramm auf die Siebzig zugehende Gerry McAvoy hatte mit seiner, seit 2012 bestehenden Formation Band Of Friends, mit dem wuchtigen Marcel Scherpenzeel und Drummer-Urgestein Ted McKenna (Alex Harvey Band, Rory Gallagher, Gary Moore, Michael Schenker Group) im Vierbaumer Blues Rock-Tempel, Halt gemacht.

Aber ähnlich wie auch bei Hundred Seventy Split mit u. a. Gary Lyons vor ein paar Monaten, war hier ebenfalls absolut kein gemütlicher Alt-Herren-Abend angesagt, sogar ganz im Gegenteil, McAvoy & Co. bluesrockten mit einer Energie und Dynamik, von der sich viele Jungtruppen unserer Zeit (egal welchen Genres), gleich mehrere Scheiben abschneiden können.

Ich habe McAvoy das letzte Mal vor ewigen Zeiten live gesehen und zwar im Rahmen eines zweitägigen Rockpalast-Festivals auf der Loreley (mit u. a. Molly Hatchet, The Band und Lynyrd Skynyrd), als er für Nine Below Zero, zu Ehren seines langjährigen, berühmten Bandkollegen Rory Gallagher, in seiner unnachahmlichen Art, den Bass zupfte. Apropos Rory Gallagher: Band Of Friends wurden ja von Gerry ins Leben gerufen, um sich dem Songkatalog des 1995 verstorbenen Irens wieder intensiver widmen zu können, aber auch gleichzeitig eigenes Material zu entwickeln.

So ging es mit „The Man I Am“ von ihrem aktuellen Studio-Album „Repeat After Me“ mit der vollen Blues Rock-Seite zum Auftakt in den zweiteilig angelegten Set, um dann das ebenfalls gut mitgehende Ü40/50-Publikum, mit einem fetten Rory Gallagher-Brett, bestehend aus launigen Tracks wie u. a. „The Last Of The Independance“, „Shin Kicker“, „Follow Me“ (mit schönem Southern E-Solo von Scherpenzeel), „Moonchild“, „Philby“ und dem für mich überragenden „Do You Read Me“ (mit herrlichem ‚Leisespiel‘-Bridge von Scherpenzeel und McAvoy im Solo-Part) bestens in Stimmung zu bringen. Beim melodischen BOF-Stück „Homeland“ bewies Gerry neben seinen fulminanten Entertainer- und Bass-Spiel-Qualitäten, auch sein Talent als Leadsänger. Dieser Track war der einzige, der auch ohne intensive E-Gitarren-Solo-Passage punktete, und den 1. Set abschloss.

Nach einer knappen halben Stunde Pause ließ auch der zweite Abschnitt nicht in seiner Intensität nach. McAvoy erstickte jeden aufkommenden Anflug von Alters-Müdigkeit im Auditorium sofort im Keim. Er pushte, was das Zeug hielt, rannte ins Publikum und bat sogar eine blonde Dame zum Tanz auf die Bühne. Dazu kamen zu den Songenden oft launige Erweiterungs-Finishes, wo er McKenna nochmals ordentlich die Drums beackern ließ. Lediglich der überragende Slow Blues „A Million Miles Away“ (aber auch da animierte er zum Mitsingen) gab mal Gelegenheit zum Durchatmen. Mit „Bad Penny“ und dem überragend gespielten „Shadow Play“ gab es am Ende kein Halten mehr.

Die vom Publikum mit lauten Rufen und Gesängen eingeforderten Zugaben wurden dann mit einer starken Version von u. a. „Bullfrog Blues“ erhört, bzw. bedient, Scherpenzeel war hier von der ansonsten, auch für Gallagher typischen, abgewetzten Stratocaster, mal auf eine Telecaster umgestiegen.

Insgesamt war der Gig der Bands Of Friends eine höchst unterhaltsame, dynamische und temperamtvolle Angelegenheit (wie man es auch an den tollen Bildern von Gernot Mangold unten in der Galerie nochmal nachvollziehen kann). Das Trio um Gerry McAvoy hatte merklich, richtig Bock zu spielen, und dies übertrug sich natürlich absolut positiv auf alle Beteiligten. Auch die Akustik war trotz des powervollen Treibens der Band wieder klasse. Einer der besten Abende, die ich, als eigentlich passionierter Southern Rocker, bis jetzt im Adler erlebt habe. Hut ab, meine Herren Bandfreunde!

Line-up:
Marcel Scherpenzeel (lead vocals, electric guitar)
Gerry McAvoy (bass, lead vocals)
Ted McKenna (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Band Of Friends
Band Of Friends bei Facebook
Schwarzer Adler

Thorbjørn Risager & The Black Tornado – 27.04.2017, Piano, Dortmund – Konzertbilder

TR_Piano17_aktuell

Thorbjørn Risager & The Black Tornado im Rahmen ihrer neuen CD „Change My Game“ zu Gast im vollen Dortmunder Musiktheater-Piano.

Unser Fotograf Peter Schepers war angesichts der spektakulären Leistung der Dänen, die er bis dato nicht kannte, absolut begeistert.  Seine, wie immer, auf den Punkt gebrachten Schnappschüsse des in zwei Sets geteilten Konzerts, diesmal hier bei uns in einer unten angefügten Bildergalerie.

Line-up:
Thorbjørn Risager (lead vocals, guitar)
Peter Skjerning (guitars, vocals)
Emil Balsgaard (Keys)
Søren Bøjgaard (bass)
Martin Seidelin (drums, percussion, vocals)
Hans Nybo (saxophone, vocals)
Peter W Kehl (trumpet, percussion, vocals)

Bilder: Peter Schepers

Thorbjørn Risager & The Black Tornado
Thorbjørn Risager & The Black Tornado bei Facebook
Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Dudley Taft – 22.04.2017, Blue Notez, Dortmund – Konzertbilder

DT-akt (2)

Der Ur-Groß-Neffe des 27. Amerikanischen Präsidenten spielte, an seinem zweiten Abend der Europatour, mit seinen Mitstreitern (Kasey Williams am Bass und Darin Watkins am Schlagzeug) ein zweigeteiltes Set, das keine Wünsche offen ließ. Neben einem Querschnitt aus seinen letzten drei Alben präsentierte er solche Klassiker wie: „Leland Mississippi Blues“ (Johnny Winter), „When The Levee Breaks“ (Led Zeppelin), If Heartaches Were Nickels“ (Warren Haynes, Joe Bonamassa), „Backdoor Man“ (Willie Dixon) und „Oh Well“ (Fleetwood Mac). Die Musik, eine Mischung aus Rock-, Blues-, Blues Rock- sowie Grunge-Einflüssen, von einigen als Seattle Blues bezeichnet, kam jedenfalls beim Publikum richtig gut an.
CD Tipp: „Live in Europe“

Bilder: Peter Schepers

Dudley Taft
Dudley Taft bei Facebook
Blue Notez Dortmund

Henrik Freischlader – 19.04.2017, Zentrum Altenberg, Oberhausen – Konzertbericht

Freischlader_Haupt

Mit einer neuen Scheibe im Gepäck starte Henrik Freischlader eine recht spontane Tour unter dem gleichnamigen Motto „Blues For Gary“. Nachdem ich kurzfristig und unproblematisch eine Akkreditierung über die Florence Miller Agency erhalten hatte, ergab sich spontan und zufällig vor dem Konzert die Möglichkeit zu einem Gespräch mit der Chefin höchstpersönlich über den Ursprung der Tournee.

Henrik hatte schon länger geplant, ein Werk zu Ehren seines Idols Gary Moore zu produzieren und Anfang des Jahres war wohl der richtige Moment dafür gekommen. Zusammen mit etlichen Gastmusikern und den damaligen Begleitern von Gary Moore, Pete Rees am Bass und Vic Martin an den Keyboards, wurde innerhalb kurzer Zeit ein Album produziert, das Stücke, welche Gary Moore in seiner leider viel zu kurzen Karriere veröffentlicht hat, beinhaltet. Mit den Worten „viel Spaß und du wirst Großes hören“, endete unsere Konversation und genau mit dieser Erwartungshaltung ging ich dann auch in das Konzert.

Gegen 20 Uhr eröffnete der Support ROMI, ein Duo mit Mickey Neher an den Drums und Gesang sowie Roman Babik an den Keyboards. Unterhaltsame knapp 40 Minuten, bestehend aus einer Mischung von Jazz und Blues mit stark psychedelischem Hintergrund, kamen im ordentlich gefüllten Zentrum Altenberg gut an.

Gegen 21 Uhr begann nach einer kurzen Umbaupause Henrik Freischlader mit seiner Band. Zunächst beschrieb er die Intention und Bedeutung von Gary Moore für seine eigene Karriere, um nicht ungeschickt, passend zum Thema, mit dem Moore-Klassiker „Still Got The Blues“ zu beginnen. Schon am Anfang stellte Freischlader unter Beweis, dass er mit Sicherheit einer der besten deutschen Bluesmusiker ist und den Vergleich zur englischen oder amerikanischen Konkurrenz nicht zu fürchten braucht. Es folgten „You Upset Me Baby“, ein B.B. King-Klassiker, den Moore 2001 coverte sowie „Oh Pretty Woman“ und „Stormy Monday“ aus der Feder von Albert King.

Beeindruckend war dabei die Harmonie der Band. Pete Rees am Bass hatte, sich Duelle mit Freischlader liefernd, immer ein Lächeln im Gesicht, Moritz Meinschäfer beeindruckte mit variationsreichem Drumspiel und der oft in sich gekehrte Vic Martin an den Keyboards, oder besser gesagt, an der guten alten Hammond, untermalte die performten Tracks zuweilen mit regelrechten Klangteppichen. „I Loved Another Woman“ , „Don’t You Lie To Me“ schlossen sich an, wobei es Henrik gelang, das Publikum für den Backgroundgesang einzubinden. Hier war zu merken, wie der Funke von den Musikern aufs Publikum übersprang, aber auch, wie im Gegenzug diese Atmosphäre auch von ihnen aufgenommen wurde.

In den eher ruhigen Passagen hätte man die sprichwörtliche Nadel fallen hören können. Mit „Since I Met You Baby“ und dem Hathaway-Klassiker „I Love You More Than You’ll Ever Know” ging es dynamisch weiter und Freischlader samt seiner Begleiter, untermalten körpersprachlich das Spiel der Instrumente. Der Hauptteil wurde mit „Too Tired“ und „The Sky Is Crying” abgeschlossen, wobei das letzte Stück durchaus das Seelenleben des Protagonisten offerierte, dass Gary Moore nicht mehr unter uns weilt.

Schön waren hier auch die Passagen, als der Bandleader an der Gitarre und Martin an den Keys sich duellierten und Letztgenannter nach einer gewissen Zeit aufgab und nur noch staunend dem exzellenten Saitenspiel zuschaute. War er im Gedanken bei seinem alten Bandleader Moore oder war es der Respekt vor den Gitarrenkünsten Freischladers? Vermutlich von beidem etwas.

Nach den Ovationen des Publikums – Florence Miller stand mittlerweile sichtlich glücklich über den bisherigen Abend, auch direkt vor der Bühne – folgte als Zugabe noch eine ausgedehnte Version von „The Messiah Will Come Again“, passend zum vorherigen Stück. Wenn man Moore als Messias sieht, dürfen wir uns wenig Hoffnung machen. Da müssen wir uns leider wohl eher auf die alten Aufnahmen beschränken. Wenn man aber den heutigen Abend betrachtet, darf man getrost sagen, dass wir uns keine Sorge machen müssen, dass der Blues im Stile eines Gary Moore in Vergessenheit geraten wird.

Insgesamt ein starkes Konzert, mit gut gelaunten spielfreudigen Musikern, der Lust auf Zukünftiges macht. Wer auf Henrik Freischlader und Gary Moore steht, sollte alles versuchen, sich für eines, der in den nächsten Wochen stattfindenden Konzerten, Karten zu sichern. Wenn ich an den Gesichtern der Zuschauer in Oberhausen die Güte des Gigs ableiten möchte, so habe ich kein einziges enttäuschtes gesehen.

Line-up:
Henrik Freischlader (lead vocals, electric guitar)
Vic Martin (keys)
Pete Reese (bass)
Moritz Meinschäfer (drums)

Text+Bilder: Gernot Mangold

Henrik Freischlader
Henrik Freischlader bei Facebook
Florence Miller Agency
Florence Miller Agency bei Facebook
Zentrum Altenberg Oberhausen

Watermelon Slim – Golden Boy – CD-Review

WMS_300

Was für ein Leben, was für ein Gesicht! Bill Homans alias Watermelon Slim hat in seinem Leben schon wirklich viel erlebt. Oder sollte man aufgrund seines zerfurchten Charakterantlitzes besser sagen ‚durchgemacht‘? Er ist Vietnam-Veteran, war Arbeiter (aus dieser Zeit stammt sein Spitzname ‚Watermelon Slim‘, als er auf einer Wassermelonenfarm arbeitete), Trucker und Sozialaktivist, bevor er sich vor rund 15 Jahren dazu entschloss, hauptberuflich der Musik zu widmen, nachdem er seine Vietnam-Erfahrungen bereits 1973 in seinem ersten Album „Merry Airbrakes“ verarbeitet hatte.

So ganz nebenbei hat er es in seinem abwechslungsreichen Leben auch noch geschafft, einen Bachelor-Abschluss in Journalistik, sowie einen Masters-Diplom in Geschichte zu erlangen und er ist Mitglied von Mensa International, einem Verein für hochbegabte Leute. Da wundert es nicht, dass er sich das Gitarrespielen selbst beibrachte, während er in Vietnam verwundet im Lazarett lag.

Unterstützt von neun Musikern und einem fünfköpfigen Chor, hat Bill Homans für sein neues Album „Golden Boy“ zehn Stücke aufgenommen, von denen sieben Songs aus seiner eigenen Feder stammen. Alle Tracks der CD lassen sich stilistisch aber nicht so recht in eine einzige Schublade packen. Es ist eher ein Konglomerat verschiedenster Bluesspielarten, aber immer mit durchaus politischen und zeitkritischen Texten versehen. Leider sind diese oftmals nicht gut zu verstehen, was wohl dem, für europäische Ohren, nuscheligen Gesang von Watermelon Slim geschuldet ist.

Hinzukommt, dass seine Bassstimme zwar sehr interessant und authentisch klingt, aber in ihrer Modulation doch eher begrenzt ist. So führt er im, in der CD beiliegenden Booklet im Line-up hinter seinem Namen bezeichnenderweise auch nicht ‚vocals‘, sondern ‚voice‘ an… Glücklicherweise stehen die Lyrics aber ebenfalls zum Nachlesen in dem Heftchen. Gewidmet hat er die CD den ‚Vietnam Veterans Against The War‘ und der kanadischen Nation, mit der ihn viele freundschaftliche Beziehungen verbinden.

Gleich mit dem ersten Stück der CD „Pick Up My Guidon“, welches sich am ehesten dem Chicago-Blues zurechnen lässt und nach meinem Geschmack wohl der beste Titel auf dem Silberling ist, geht es kraftvoll los. Der in den Refrains Zuversicht ausstrahlende Song handelt ganz allgemein davon, sich von Schicksalsschlägen nicht unter kriegen zu lassen.

In dem etwas düsteren „WBCN“ singt Homans, von Marschtrommeln begleitet, mit seiner Grabesstimme gegen Nazis an. Auch der Coversong „Barrett’s Privateers“, im Original von Folksänger Stan Rogers gesungen, wirkt wegen seines reinen A-Capella-Sprechgesanges wie ein Drillsong der US Army. Einen musikalischen Kontrast dazu bieten die Tracks „You’re Going To Need Somebody“ und „Northern Blues“, zwei wunderbare Finger-Picking-Delta-Blues-Songs und „Mean Streets“, einem weiteren harten Blues-Stück, in dem es um die Situation von Obdachlosen geht.

Indianische Einflüsse hingegen finden sich in „Wolf Cry“. So klingt Watermelon Slim wohl, wenn er auf Kriegspfad geht. „Cabbagetown“, geschrieben von Scott Nolan, dem Produzenten dieses Albums, ist, genau wie „Winners Of Us All“, bei dem es um die Opfer des amerikanischen Traums geht, ein schöner melodiöser Slow-Blues, ‚Cabbagetown‘ allerdings mit dezenten irischen Folkeinflüssen. Zum guten Schluss singt er dann noch in ‚Dark Genius‘ über die Verdienste von JFK und Sadat.

Wie gesagt, die Tracks gehören schon alle irgendwie ins Bluesgenre, sind innerhalb dieses Spektrums teilweise aber recht unterschiedlich angelegt. Die alles zusammenhaltende Klammer ist dabei Watermelon Slims sonore, aber schnell monoton wirkende, vom Leben geprägte Stimme.

Review: Jörg Schneider

Dixie Frog Records (2017)
Stil: Blues Rock

01. Pick Up My Guidon
02. You Are Going To Need Somebody On Your Bond
03. WBCN
04. Wolf Cry
05. Barrett’s Privateers
06. Mean Streets
07. Northern Blues
08. Cabbagetown
09. Winners Of Us All
10. Dark Genius

Watermelon Slim
Watermelon Slim bei Facebook
H’ART Musik-Vertrieb GmbH

Krissy Matthews – Live At Freak Valley – CD-Review

Matthews_Freak_300

Bereits 2013 hatte ich das Vergnügen, den damals noch 21-jährigen Krissy Matthews in der Kulturrampe, einem kleinen aber feinen Klub in Krefeld, live zu erleben. Zu der Zeit zupfte noch sein Vater Keith den Bass und Chris Sharley bearbeitete das Schlagzeug. Der Gig war damals schon ziemlich gut, aber leider hatte ich den Jungen danach etwas aus den Augen verloren. Und nun fast vier Jahre und ein Studioalbum später, legt er jetzt endlich seine lang erwartete erste Live-CD vor. Aufgenommen wurde der Gig im Sommer letzten Jahres auf dem seit 2012 jährlich stattfindenden 3-tägigen Freak Valley Festival in der Nähe von Siegen.

Natürlich ist bei solchen Festivals die Dauer der Auftritte der einzelnen Bands immer sehr begrenzt, insbesondere wenn sich in den knapp drei Tagen insgesamt 28 Bands präsentieren möchten. Von daher beinhaltet Krissy Matthews knapp einstündiger Auftritt leider nur acht Songs. Um den Silberling trotzdem voll zubekommen, sind aber noch drei Bonustracks drauf, die im Frühjahr 2016 in einer von Matthews Lieblings-Locations, dem ‚Gerd’s Juke Joint‘ in Joldelund (Norddeutschland) live mitgeschnitten wurden. Und er legt Wert darauf, dass die Aufzeichnung, im Gegensatz zu vielen anderen Konzertmitschnitten, nicht nachvertont wurde und das Konzert samt seiner Atmosphäre deshalb unverfälscht wiedergeben werden.

Leise Töne schlägt der britische Bluesrocker mit norwegischen Wurzeln auf seiner Live-CD gewiss nicht an. Die Songs kommen alle in härterer Gangart daher und besitzen vielfach Headbanger-Qualitäten. Matthews Gitarrenspiel ist wahnsinnig schnell und gereicht dem, als schnellsten Gitarristen der Welt bejubelten Alvin Lee, durchaus zur Ehre. Dennoch, in seinen Stücken wechseln sich die wilden, flirrenden Gitarreneinlagen immer wieder mit ruhigeren oder einfach nur pulsierenden Passagen ab. Die Songs wirken daher nie nur laut oder abgedreht, der Sound ist kraftvoll und frech, Matthews Stimme immer klar und deutlich.

Dafür, dass die CD nicht nachverfolgt wurde, bietet sie einen tollen Sound. Matthews ist Vollblutmusiker mit einer ungeheuren Bühnenpräsenz, der sein Publikum schnell in den Bann zieht. Leider kommt dies auf der CD nicht so gut raus, weil das Konzert nahe liegender Weise hinsichtlich einer optimalen Wiedergabe abgemischt und die Stimmung im Publikum von daher etwas zurückhaltend aufgezeichnet wurde. Schade an sich, weil ja gerade dieser Aspekt einen Großteil dazu beiträgt, die Live-Atmosphäre eines Konzertes einzufangen.

Fast alle Songs des Konzertes stammen von Matthews letzten beiden Alben, so auch der Opener „Feeling For The Blues“ vom 2011er Album „Hit The Rock“, ein Fetzer mit sägenden und schnellen, quirligen Gitarrenriffs, der am Ende ganz unmerklich in das kraftvolle, quäkende und sehr rhythmische „I’ve Been Searching“ übergeht, um anschließend von dem nicht minder rhythmischen „All Night Long“, welches schöne Tempi- und Rhythmuswechsel aufweist, abgelöst zu werden.

Großartig ist auch Matthews kraftvolle Interpretation von „Searching The Desert For The Blues“ (mit sehr schönem, filigranen Gitarrenspiel im Mittelteil), ein Song des bereits 1959 verstorbenen und weniger bekannten Blind Willie McTell, dessen Markenzeichen es war, ausschließlich 12-saitige Gitarren zu spielen. „The Soul Will Never Die“ ist eine Hommage an B. B. King, den Matthews einige Jahre zuvor kennengelernt hatte. Das Stück zeichnet sich durch ein leicht bizarres, spaciges Intro mit etwas verhalltem Gesang aus, welches sich als wiederkehrendes Motiv durch den weiteren Verlauf des Stückes zieht, zwischendurch angereichert mit Matthews wilden, quirligen Gitarrenklängen.

Das letzte Stück des Sets ist dann die bekannte Hendrix-Komposition „Freedom“. Zu dem Song ist an sich nicht viel zu sagen, außer, dass er in der vorliegenden Version wesentlich brachialer klingt als das Original. Ob’s besser oder schlechter ist, mag jeder für sich selbst entscheiden; es ist wie immer in der Musik, eine Frage der persönlichen Vorlieben.

Die drei Bonus Tracks aus ‚Gerd’s Jukebox Joint‘ stammen ebenfalls vom bereits erwähnten 2011er Werk bzw. vom 2015er Album „Scenes From A Moving Window“, hier aber mit Keyboardunterstützung, wobei das fröhliche „Roadsick Blues“ einen einen teils etwas folkigen, teils boogieartigen Touch erhält. Dieser Track und das folgende zunächst relaxte, spacig-psychedelische „Bubbles And The Seven Phones“ stellen, zusammen mit „The Soul Will Never Die“, aus Sicht des Rezensenten die herausragenden Songs dieses Albums dar.

Mit seinem Auftritt auf dem Freak Valley Festival hat Krissy Matthews erneut seine Klasse als Gitarrist und Performer unter Beweis gestellt. Von diesem begnadeten, jungen Musiker wird in Zukunft bestimmt noch viel zu hören sein.

Line-Up:
Krissy Matthews – Guitar, Vocals
Sam Weston – Bass, Vocals
Max Maxwell – Drums
Colin Henney – Keyboard (Tracks 9, 10, 11)
Kristel Morrison – Backing Vocals (Tracks 10, 11)

Review: Jörg Schneider

Proper Records (2017)
Stil: Blues Rock

01. Feeling For The Blues
02. I’ve Been Searching
03. All Night Long
04. Searching The Desert For The Blues
05. Language By Injection
06. The Soul Will Never Die
07. Bad Boy
08. Freedom

Bonus Tracks:
09. Hit The Rock
10. Roadsick Blues
11. Bubbles And The Seven Phones

Krissy Matthews
Krissy Matthews bei Facebook
H’ART Musik-Vertrieb GmbH

King King, 30.03.2017, Musiktheater Piano, Dortmund – Konzertbericht

17505399_1498267203530848_5921504588060892070_o

Es gibt Menschen und Dinge – hat man sie einmal richtig lieb gewonnen – die man im Leben einfach nicht mehr missen möchte. Dazu zählt u. a. das wunderbare Jugendstil-verzierte Musiktheater Piano in Dortmund, mit seiner immer herrlichen und angenehmen Konzertatmosphäre (mittlerweile bei Besitzerin Jennifer Dore dazu noch in äußerst sympathischen und kompetenten Händen) als auch die Nimmo-Brüder aus Glasgow.

Letztgenannte habe ich in den verschiedensten Konstellationen schon recht oft erlebt, an diesem Abend im Piano hatte sich mal wieder Alan Nimmo mit seinem, sich immer größeren Beliebtheit erfreuenden King King-Projekt angesagt.

Nimmo, wieder traditionell mit schwarzem Hemd und rot-kariertem Kilt auf der Bühne, würde mit seiner bulligen Figur und den voluminösen, freiliegenden Waden, bei Unwissenden, vermutlich, statt als filigraner Gitarrist und Fronter, eher als schottischer Meister im Baumstammwerfen durchgehen. Musik-Kenner mögen ihn natürlich aufgrund von Variante 1.

Die zunehmende Popularität des Quartetts, bestehend aus ‚Gentleman‘ Lindsey Coulson, Zopftäger Bob Fridzema, Wayne Proctor und besagtem Alan Nimmo, wurde mit einem, für einen Donnerstag in der Woche, rappelvollen Piano nachhaltig untermauert. Der eingängige, melodische Blues Rock des Vierers steht bei Jung und Alt hoch im Kurs!

Die Briten beschränkten sich bei ihrem gut 90-minütigen Auftritt (inkl. einer Zugabe) auf Bewährtes, bzw. bereits bekanntes Liedgut aus dem Fundus ihrer drei, bisher veröffentlichten Werke. Die Burschen betraten zum „Alright Now“-Einspieler die Bühne und legten passend mit dem rockigen „Lose Control“ (Free-, Bad Co.-Flair) ein fulminanten Start hin.

Es folgte der abgehangene Blues Rock-Schinken von den Fabulous Thunderbirds „Wait On Time“. Das groovig-rhytmische „Waking Up“ beinhaltete die ersten Klatsch-Intervalle. Mit den beiden mega-starken „Rush Hour“ und „Long History Of Love“ gab es die erste Highlight-Phase des Gigs. Gerade bei zweitgenanntem Lied durfte Fridzema seine Hammond-Orgel mal so richtig durchgurgeln lassen, was mit einem Mörder-E-Gitarren-Solo auf dem Fuße, von Alan (überwiegend mit einer Stratocaster zu Gange) nochmals beantwortet wurde.

Über das knackige „More Than I Can Take“, meinen Lieblingssong, der Ohrwurm „You Stopped The Rain“ (mit zwei herrlichen southern-rockige E-Soli), dem atmosphärisch dichten „Take A Look“ (Alan zum ersten Mal mit einer Les Paul), dem vielleicht anspruchsvollsten und verspieltesten Stück „All Your Life“ (inkl. Vorstellung der Band, samt integrierter Kurz-Soli der Beteiligten), stand schon nach rasend vergangener Zeit der bereits finale Höhepunkt der unterhaltsamen Vorstellung an: das Alans Bruder Stevie gewidmete Whitesnake-umwobene „Stranger To Love“.

Ein Stück, das so ziemlich alles hat, was einen Musikkritiker wie mich und die ebenfalls begeisterte Audienz in Verzückung geraten lässt. Tolle Melodie, spielerische Klasse aller Musiker, Interaktion mit dem Publikum, Tempo- und Atmosphärenwechsel und nicht zu vergessen, Nimmos beliebtes Stilmittel, das lange und verschachtelte E-Gitarren-Solo mit integrierter ‚Leise-Spiel-Einlage‘ (ohne Verstärkung, man hört nur das reine Zupfen der Metallsaiten) bei dem Alan, scheinbar überwältigt von der eigenen Spielkunst, ein aufrichtiges „Hah“ aus dem Munde entfiel.

Als Zugabe gaben Nimmo & Co. den begeisterten Leuten noch das launige „Let Love In“ für einen fröhlichen Start ins Wochenende mit auf den Weg. Wieder mal ein toller Abend, wie ihn nur solche Locations der Marke Piano bieten können. Wann sieht man schon mal hautnah, jede einzelne Schweißperle von der Gitarre des Protagonisten herunterlaufen?

King King sind ein hervorragendes Beispiel für sympatische, allürenlos und unterhaltsam performte Musik. Manchmal braucht es keiner großartigen Rezepte für ein erfolgreiches Auftreten. So hat die Begeisterung des Autors sicherlich rein gar nichts mit royaler Verklärtheit zu tun, sondern ausschließlich mit aufrichtiger Musikfreude, wenn es aus ihm herausschallt: „Viele Könige sind tot, es lebe der König König!“

Line-up:
Alan Nimmo (Lead vocals, electric guitar)
Lindsay Coulson (Bass)
Wayne Proctor (Drums, backing vocals)
Bob Fridzema (Keys, backing vocals)

Bilder: Peter Schepers
Bericht: Daniel Daus

King King
King King bei Facebook
Musiktheater Piano
3Dog Entertainment

Tedeschi Trucks Band – 22.03.2017, E-Werk, Köln – Konzertbericht

TTB_Haupt (1)

Puh, ich bin eigentlich jetzt am Tag danach, noch völlig überwältigt, von dem, was ich da gestern im Kölner E-Werk erlebt habe. Die Tedeschi Trucks Band hatte sich in der Domstadt angesagt, ein fantastisches Konzert abgeliefert und am Ende eine restlos begeisterte Audienz (mit dabei auch der kölsche Kultbarde Wolfgang Niedecken,  mit dem sich unser Knipser Gernot Mangold laut eigener Aussage, am Rande  des weitläufigen des Fotograbens für eine Weile ganz nett und unkompliziert unterhalten konnte) in die Nacht, bzw. auf die Heimreise geschickt.

Ich habe ja in letzter Zeit mit JJ Grey & Mofro oder Thorbjørn Risager & The Black Tornado zwei, im weitesten Sinne, vergleichbare und wirklich herzerfrischende Bands zu Gesicht bekommen, aber was das zwölfköpfige Ensemble um ihre beiden Führungspersönlichkeiten Susan Tedeschi und Derek Trucks da gestern abgebrannt hat, das war schon in einer ganz eigenen Liga.

Apropos Führungspersönlichkeiten: Man spürte zwar jeder Zeit, dass die beiden Hauptprotagonisten (insbesondere Susan Tedeschi) auf der Bühne ‚die Hosen an hatten‘, sie repräsentierten diesen Anspruch aber mit solch einer unaufgeregten und lockeren Art und Weise, vor allem mit einer merklichen Empathie für ihre Kollegen, dass man hier schon von absolutem Vorbild-Charakter sprechen kann.

Besonders Derek Trucks scheint eh glücklich und beseelt zu sein, wenn er seinen Glas-Bottleneck über den Finger streifen und seine berühmte Gibson SG filigran beackern darf, sowie sich in jammige Improvisationsläufe mit seiner Rhythmusfraktion und zum Teil auch den restlichen Musikern verstricken kann (z. B. mit Kofi Burbrige an Orgel und Flöte). Fulminante wie gefühlvolle Soli, in Slide- und normaler Spielweise (auf ganz hohem Level), ließ er natürlich in Hülle und Fülle vom Stapel.

Susan Tedeschi sah in ihrem schlichten, aber eleganten rot-braunen Kleid mit dazu getragenen Wildleder-Stiefeletten klasse aus und wusste samt ihrer sympathischen Aura, mit grandiosem Gesang (erinnert mich irgendwie immer an Bonnie Raitt) und partiell auch mit starkem Lead Gitarrenspiel (z. B. bei „I Pity The Fool“) zu beeindrucken.

Muhammad Ali-Double Mike Mattison, konnte bei drei, vier Stücken aus dem Background Trio heraustreten und zeigte mit seinen bluesig-souligen Vocals im Stile von Belushi, Brown & Co. am Haupt-Mikro, dass er auch problemlos zu jeder Zeit, einen packenden Fronter abgeben kann.

Seine zwei Mitstreiter im Background, Alecia Chakour (was für eine wuchtbrummige Röhre!) und Mark Rivers hatten ihre stärkste Szene beim herrlich gospeligen „I Wish I Knew How It Would Feel To Be Free“, als sie ebenfalls kurze Lead Parts übernehmen durften. Auch diese beiden sind für diese Positionen eigentlich fast zu schade, bürgen aber für die immense Qualität und das ungeheure Potential der Gesamtband.

Die Rhythmusleute Tim Lefebvre (ließ seinen Tieftöner ordentlich pumpen) sowie die beiden Drummer J.J. Johnson und Tyler Greenwell (mit glänzendem und atemberaubenden Doppel- Synchron-Solo wie zu besten ABB-Zeiten) verliehen den Songs (oft in Verbindung mit Trucks) immer wieder eine stetig zunehmende Dynamik, die es in sich hatte und avancierten das faszinierte Publikum immer wieder zu Mitwippbewegungen.

Kofi Burbridge hatte mit gurgelnden Orgel- und klimpernden HT-Piano-Eingaben seinen Spaß, ließ aber auch zweimal sein Können an der Querflöte aufblitzen. Last but not least, erfüllte das Bläser-Trio, bestehend aus Elisabeth Lea, Ephraim Owens und Kebbie Williams (der wieder, wie auf der DVD, mit freejazzigem Zappel-Solo, diesmal allerdings bei „Don’t Miss Me (When I’m Gone)“), seine plusternde Funktion zur Soundvolumen-Anreicherung, mit Bravour.

Ach, dann waren da ja auch noch die Songs, die an diesem Abend in einem zweigeteilten Set mit halbstündiger Pause aus dem schier unerschöpflichen Fundus (fast bei jedem Gig in anderer und neuer Zusammenstellung) in reichhaltig ausstaffierten Versionen präsentiert wurden. Lang gespielt, aber immer kurzweilig, variabel und emotional mitreißend performt.

Set 1 enthielt u. a. Tracks wie „Let Me Get By“ (Opener), „Key To The Highway“, „Darling Be Home Soon“, „Rise Up“ und „Right On Time“, Set 2 das Cover zu Ehren des kürzlich verstorbenen Leon Russell  „A Song For You“ (Gänsehaut-Opener, toller Gesang von Susan), „Anyhow“ (Derek mit unterschwelliger „Midnight Rider“ E-Hook), „Get Out Of My Life, Woman“, das großartige rhythmische „Freedom Highway“, das am Ende von Susan mit politsicher Botschaft versehene „I Pity The Fool“ (dazu knarzige E- Gitarre und sensationelle Vocals von ihr), als auch das am Ende eine unglaubliche Wucht und Kraft entwickelnde, fett groovigende „Don’t Know What It Means“.

Als zum Finale bei der weit über zehn Minuten währenden Zugaben-Kombi aus dem jammigen, „I Want More“ und dem Outro von Santanas „Soul Sacrifice“ alle Beteiligten der Tedeschi Trucks Band nochmal richtig Gas gaben, wusste man, das Einem ein Gig in Weltklasse-Sphären zuteil geworden ist.

Mit uns verließen ca. 1.200 Zuschauer  überglücklich und zutiefst beeindruckt das somit gut besuchte E-Werk. Wer noch die Chance hat, sich das Ensemble in unseren Breitengraden anzusehen(es folgen ja noch so einige Termine), sollte die Gelegenheit unbedingt nutzen. Einfach grandios! Einen herzlichen Dank auch an Shooter Promotions für die unkomplizierte und bestens organisierte Akkreditierung unseres immer noch jungen Magazins. War richtig klasse!

Line-up:
Susan Tedeschi (lead vocals, electric guitar, vocals)
Derek Trucks (electric guitar, slide guitar)
Mike Mattison (lead vocals, acoustic guitar, vocals)
Kofi Burbridge (keys, flute)
Tim Lefebvre (bass)
J.J. Johnson (drums)
Tyler Greenwell (drums)
Elisabeth Lea (trombone)
Ephraim Owens (trumpet)
Kebbie Williams (saxophone)
Alecia Chakour (vocals, percussion)
Mark Rivers (vocals, percussion)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Tedeschi Trucks Band
Tedeschi Trucks Band bei Facebook
Shooter Promotions
E-Werk

Samantha Fish – Chills & Fever – CD-Review

Fish_Chills_300

Mit ihrem neuen Werk „Chills & Fever“ legt die 28-jährige Bluessängerin aus Kansas-City, deren Liebe eigentlich dem einfachen und rauen Rock ’n‘ Roll gehört, ein R&B-Album vor, mit dem sie ihre musikalische Vielfältigkeit unter Beweis stellt.

Es ist ein Album, welches so ganz anders ist als z. B. ihr Erstlingswerk „Runaway“ aus dem Jahre 2012, für das sie immerhin in Memphis den Blues Music Award für das „Best New Artist Debüt“ bekam. Während „Runaway“ und die beiden Nachfolgealben „Black Wind Howlin“ und „Wild Heart“ rockig-bluesig waren, ist „Chills & Fever“ ganz offenkundig eine Hommage an den Soul und Rhythm & Blues vergangener Zeiten. Es ist eine energiegeladene Scheibe mit tollen Bläserarrangements, aber auch Einflüssen aus dem Blues.

Eingespielt hat Samantha Fish das Album in der Musikmetropole Detroit, in der auch das legendäre Soul-Label „Motown Records“ beheimatend war, zusammen mit Producer Bobby Harlow und tatkräftiger Unterstützung von Mitgliedern der Garage-Rocker „Detroit Cobras“, einer Band, die ihre Anhänger in der Punk- und Blues-Szene des Mittleren Westens der Staaten hat. Außerdem zeichnen sich Mark Levon (Trompete) und Travis Blotzky (Saxophon) für die Bläsereinlagen verantwortlich.

Alle 14 Songs des Album sind mehr oder weniger bekannte Blues- und Soul-Klassiker aus der Feder so bekannter Legenden wie z. B. Jackie DeShannon, Jerry Ragavoy, Bert Berns und Allen Toussaint. Sanantha Fish hat die Stücke neu arrangiert und bietet sie herzergreifend frisch dar. Die Nummern zünden mal flott mit souligen Bläsern („He Did It“, „Somebody’s Always Trying“), dann wieder funky und rhythmisch („It’s Your Voodoo Working“) oder fröhlich mitreißend („I’ll Come Running Over“) und mit schönen Tempowechseln („Little Baby“), bis hin zu mehr R ’n‘ B lastigen Tracks wie z. B. „Crow Jane“.

Samantha Fishs Stimme, angesiedelt zwischen Mezzosopran und Alt, kommt immer klar und sauber rüber, stilistisch vielfach erinnernd an Amy Winehouse: etwas lasziv wie auf dem saxophonakzentuierten Titelsong „Chills & Fever“, relaxed bei den beiden, an Barsongs anmutenden Stücken „Hello Stranger“ und „You’ll Never Change“ oder schmachtend bei dem etwas düsteren „Either Way I Lose“. Dass Samantha Fishs musikalische Wurzeln aber im Rock & Roll und damit auch im Blues liegen, wird spätestens dann deutlich, wenn in den Songs immer wieder ihre bluesgeladene Leadgitarre aufblitzt und sich mit wohlarrangierten Bläsersätzen abwechselt, die mal treibend und mal untermalend die Charakteristik der Songs bestimmen.

Und natürlich gibt es auch schöne Blues-angehauchte Stücke auf der Scheibe. Die Titel „Never Gonna Cry“, „Nearer To You“ und „Hurt’s All Gone“ stehen dafür. Insgesamt ist es eine Gute-Laune-CD mit vielen schwungvollen und tanzbaren Songs (u. a. „You Can’t Go“) von der Smantha Fish selbst sagt, dass sie im Studio einen Mordsspaß bei der Aufnahme der CD hatte und sich dabei so authentisch wie nie zuvor gefühlt habe. Und dieses Feeling kommt auf dem Album wunderbar rüber, nicht zuletzt auch wegen der, an den Rhythm & Blues der 60’er und 70’er Jahre des letzten Jahrhunderts erinnernden Bläser und der kantigen Intensität der Lieder.

Für Fans dieses Genres ist die Scheibe definitiv ein Muss und sollte in keiner Musiksammlung fehlen, für alle anderen gilt: Hört euch die Scheibe zumindest mal an, es lohnt sich absolut!

Line-Up:
Samantha Fish (Vocals, lead Guitar)
Joe Mazzola (Rhythm Guitar)
Steve Navara (Bass Guitar)
Kenny Tudrick (Drums)
Bob Mervak (Electric piano)
Marc Levron (Trumpet)
Travis Blotzky (Saxophone)

Review: Jörg Schneider

Ruf Records (2017)
Stil: Blues Rock & More

01. He Did It
02. Chills & Fever
03. Hello Stranger
04. It’s Your Voodoo Working
05. Hurt’s All Gone
06. You Can’t Go
07. Either Way I Lose
08. Never Gonna Cry
09. Little Baby
10. Nearer To You
11. You’ll Never Change
12. Crow Jane
13. Somebody’s Always Trying
14. I’ll Come Running Over

Samantha Fish
Samantha Fish bei Facebook
Ruf Records

John Mayall – 09.03.2017, Kantine, Köln – Konzertbericht

Mayall_aktuell

Am 29. November 1933 erblickte John Mayall, der Godfather des weißen Blues, in Macclesfield, Cheshire, England das Licht der Welt. Aber erst Anfang der 60er- Jahre des letzten Jahrhunderts, erlangte er im Alter von 30 Jahren mit den Bluesbreakers große Bekanntheit. Im Laufe der Zeit spielten bei John Mayalls Bluesbreakers so bekannte Musiker wie John McVie, Eric Clapton, Jack Bruce, Peter Green, Mick Taylor, Mick Fleetwood und Mick Taylor.

Und heute steht der Großmeister des Blues mehr als 50 Jahre nach Gründung der Bluesbreakers im Alter von 83 Jahren immer noch auf der Bühne und gibt seinem Tourneeplan zufolge bis Ende des Jahres über 80 Konzerte in Europa und den Staaten! Von Altersmüdigkeit anscheinend keine Spur und es ist wirklich erstaunlich, wie Mayall in seinem Alter immer noch diese Energie aufbringt.

Im Januar diesen Jahres hat er sein 66stes Studioalbum „Talk About That“, auf dem unter anderem auch Joe Walsh zu hören ist, veröffentlicht. Leider hat er aber daraus während seines Konzertes in der Kantine nur „Don’t Deny Me“, einen schönen Harp-Song mit kräftigen Basseinlagen, gespielt. Ansonsten gab’s an diesem Abend hauptsächlich ältere Stücke aus seinem reichhaltigen Repertoire des JM zu hören. Nach Fertigstellung des Albums hat sich leider Mayalls Gitarrist Rocky Athas aus der Band zurückgezogen, so dass der Altmeister fürs Erste zusammen mit den beiden verbliebenen Musikern Greg Rzab und Jay Davenport als Trio auftritt.

Sichtlich bester Laune betraten die drei Musiker mit etwas Verspätung, die wohl dem Andrang am Merchandise-Stand geschuldet war, gegen 20:15 Uhr die Bühne und legten vor ausverkauftem Haus zum Einstimmen, mit dem beschwingten Klassiker „Streamline“ vom 1967er Album „Crusade“ los, gefolgt von „Big Town Playboy“, einem neueren Song aus 2014. „Moving On“ vom gleichnamigen 1973er Werk klang in der derzeitigen Besetzung zwar immer noch sehr rhythmisch, konnte aber an die Originalaufnahme, sicherlich auch wegen den neuen Zusammensetzung der Band, ohne Sidegitarristen Rocky Athas, nicht heranreichen.

Anschließend folgt das eingangs bereits erwähnte „Don’t Deny Me“, welches das bis dahin eher ruhige Publikum erstmals mit reichhaltigem Applaus belohnte. Vom diesem ermutigt und inzwischen warmgespielt, ging es mit dem leicht düsteren, keyboardlastigen „Demons In The Night“ vom 2002er Album „Stories“ weiter. Mit dem „Moving Grooving Blues“ bewies John Mayall ein weiteres mal, dass er auch an der Gitarre eine gute Figur macht. Der Song aus den 90ern ist in der Gangart etwas härter und sehr rhythmisch angelegt, mit einem wilden Schlagzeugsolo im Mittelteil, stets von Johns flirrender und psychedelisch angehauchter Gitarre begleitet.

Ruhigere und verträumte Töne lieferte dann der relativ lange Track „Special Life“ vom gleichnamigen 2014er Album mit einem, am Keyboard erzeugten Xylophon-artigen Intro, welches sich als wiederkehrendes Motiv durch das ganze Stück zog, einer wundervollen Harp-Passage in der Mitte und einem von Greg Rzab hervorragend gespielten Bass-Solo.

Im folgenden Stück bekam dann auch Schlagzeuger Jay Davenport die Möglichkeit, seine Künste unter Beweis zu stellen. In „Dancing Shoes“, einem erstmals 1999 auf „Padlock On The Blues“ erschienenen, vom Swing beeinflussten Stück, lieferte der Mann an der Schießbude ein furioses, minutenlanges Schlagzeugsolo ab.

Die weiteren musikalischen Highlights des Abends waren „Early In The Morning“ („Along For The Ride“, 2001), dessen Refrain vom Publikum begeistert mitgesungen wurde und durch ein schönes Duett zwischen Greg Rzab am Bass und John Mayall an der Gitarre geprägt war, sowie der stampfende Klassiker „Chicago Line“ (gleichnamiges Album, 1988) bei dem der Meister Harp und Keyboards gleichzeitig bediente.

Und da es das letzte Stück des Abends war und wohl auch den Höhepunkt darstellen sollte, wurde das Stück zusätzlich noch mit einem minutenlangen Harpsolo gewürzt, gefolgt von einem nicht enden wollenden gewitterartigen Bass-Solo mit anschließendem Schlagzeugsolo! Das Publikum war begeistert, klatschte und sang mit, was das Zeug hielt.

Welch furioses Ende! Als Zugabe gab es dann Mayalls wohl  bekanntesten Klassiker „Room To Move“, immer noch mit einem wild-virtuos dargebotenen Mundharmonikaspiel wie eh und je, allerdings mit inzwischen leicht schwächelnder Stimme des Bluesmeisters. Ingesamt bestand das Konzert zwar nur aus 12 Songs, was sich zunächst recht sparsam anhört. Aber wer John Mayall kennt, der weiß, dass er auf der Bühne gerne improvisiert und seine Stücke durchaus recht lang geraten können. Das Konzert endete daher auch erst nach gut zwei Stunden!

Welch eine Kondition! Mayalls Stimme klingt immer noch klar und kräftig, ließ aber mit fortschreitendem Konzert etwas nach. Da merkte man ihm schon sein fortgeschrittenes Alter an. Aber ein begnadeter Sänger war John Mayall ja an sich nie, wohl aber ein starker Harp-Spieler mit dem richtigen Bluesfeeling. Und das ist er und hat er immer noch!

Leider war der Gig durch das Ausscheiden des Gitarristen Rocky Athas in weiten Bereichen etwas zu bassbetont, eine begleitende Sidegitarre fehlte eindeutig und hätte den Stücken bestimmt sehr gut getan. Trotzdem, das Publikum war hellauf begeistert und feierte den Grand Seigneur des weißen Blues mit reichhaltigem und lang andauerndem Applaus. John Mayall liebt den Blues nicht nur, er lebt ihn einfach, auch heute noch mit 83 Jahren! Er ist mit soviel Spielfreude dabei, dass man wirklich geneigt ist, sein hohes Alter zu vergessen.

Line-up:
John Mayall (Lead vocals, keyboard, harmonica, guitar)
Greg Rzab (Bass)
Jay Davenport (Drums)

Text und Bilder: Jörg Schneider

John Mayall
John Mayall bei Facebook
Kantine Köln
Jörg Schneider