Gary Moore – How Blue Can You Get – CD-Review

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Der nordirische und leider viel zu früh verstorbene Gary Moore, hatte zu Lebzeiten, so behaupte ich es einfach mal, auch in unseren präferierten Musikgeschmackskreisen, eine gewisse Relevanz.

Bei mir persönlich trat er mit seinem Einstieg für Brian Robertson bei Thin Lizzy auf dem auch heute noch gerne gehörten Werk „Black Rose“ erstmals in Erscheinung. Nach seinem kurzen Intermezzo dort, landeten dann diverse Alben aus seiner Hard Rock-Ära in meiner Sammlung und naja, sein wohl mit erfolgreichstes Album samt der Hinwendung wieder zum Blues mit „Still Got The Blues“ war damals 1990 quasi ein Pflichtkauf.

Live habe ich ihn einmal zwölf Jahre später gesehen, als er ziemlich aufgedunsen, den Support für ZZ Top in der ausverkauften Grugahalle in Essen gab. In 2011 erlitt Moore dann ja bekanntlich im Schlaf  einen für ihn tödlichen Herzinfarkt.

Zum 10-jährigen Gedenken hat man jetzt nochmal in seinen Archiven gekramt und einige bisher ungehörte und unveröffentlichte Deep Cuts und Alternative Versionen gefunden. Insgesamt sind dann acht Stücke unter dem Albumtitel „How Blue Can You Get“ zusammengekommen.

Die Gesamtspielzeit ist aufgrund der Tatsache, dass sich fünf Tracks im nahen 6-Minuten-Bereich und darüber hinaus befinden, trotzdem recht ordentlich. Den Einstieg bestreiten mit „I’m Tore Down“ und „Steppin‘ Out“ zwei Stücke, die im Prinzip für reflexartiges Losagieren von Blues Rock-Gitarrenfricklern der Marke King, Collins, Clapton, Bonamassa & Co. prädestiniert sind.

Ganz schön finde ich, wie hier der Unterschied, und das gleich an vier Beispielen, zwischen einer anmutenden Schmuse-Blues-Ballade und einem Slow Blues aufgezeigt wird.

Während sich „In My Dreams“ und „Love Can Make A Fool Of You“ mit ihren pathetisch-hymnischen E-Hooks und -Soli im klaren Fahrwasser des Megahits „Still Got The Blues“ bewegen, und eher auf die Emotionen des Hörers fokussiert sind, stehen beim Titelstück sowie dem abschließenden starken „Living With The Blues“ eher die Emotionen des Künstlers selbst im Vordergrund, die sich mittels besonders schmerzlichem Gesang und tiefgreifendem E-Gitarrenspiel ausdrücken.

Nicht zu vergessen noch die zwei Tracks, die für unsere Klientel besonders interessant erscheinen: zum einen das texas-bluesige „Looking At Your Picture“, bei dem dezente Reminiszenzen Richtung SRV, Arc Angels oder Storyville geweckt werden, zum anderen das in bester ABB-/Gregg Allman-Manier southern-bluesige „Done Somebody Wrong“, bei dem Moore auch seine Slide-Qualitäten auspackt.

Somit erweist sich „How Blue Can You Get“ ebenso als schöne Zugabe für Gary Moore-Fans und -Sammler wie auch für Liebhaber der klassischen Ikonen des Blues, beziehungsweise des Blues Rocks. Insgesamt eine wirklich schöne Erinnerung an den Nordiren.

Label: Mascot Label Group (2021)
Stil: Blues Rock

Tracks:
01. I’m Tore Down
02. Steppin‘ Out
03. In My Dreams
04. How Blue Can You Get
05. Looking At Your Picture
06. Love Can Make A Fool Of You
07. Done Somebody Wrong
08. Living With The Blues

Mascot Label Group
Another Dimension

Henrik Freischlader – 19.04.2017, Zentrum Altenberg, Oberhausen – Konzertbericht

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Mit einer neuen Scheibe im Gepäck starte Henrik Freischlader eine recht spontane Tour unter dem gleichnamigen Motto „Blues For Gary“. Nachdem ich kurzfristig und unproblematisch eine Akkreditierung über die Florence Miller Agency erhalten hatte, ergab sich spontan und zufällig vor dem Konzert die Möglichkeit zu einem Gespräch mit der Chefin höchstpersönlich über den Ursprung der Tournee.

Henrik hatte schon länger geplant, ein Werk zu Ehren seines Idols Gary Moore zu produzieren und Anfang des Jahres war wohl der richtige Moment dafür gekommen. Zusammen mit etlichen Gastmusikern und den damaligen Begleitern von Gary Moore, Pete Rees am Bass und Vic Martin an den Keyboards, wurde innerhalb kurzer Zeit ein Album produziert, das Stücke, welche Gary Moore in seiner leider viel zu kurzen Karriere veröffentlicht hat, beinhaltet. Mit den Worten „viel Spaß und du wirst Großes hören“, endete unsere Konversation und genau mit dieser Erwartungshaltung ging ich dann auch in das Konzert.

Gegen 20 Uhr eröffnete der Support ROMI, ein Duo mit Mickey Neher an den Drums und Gesang sowie Roman Babik an den Keyboards. Unterhaltsame knapp 40 Minuten, bestehend aus einer Mischung von Jazz und Blues mit stark psychedelischem Hintergrund, kamen im ordentlich gefüllten Zentrum Altenberg gut an.

Gegen 21 Uhr begann nach einer kurzen Umbaupause Henrik Freischlader mit seiner Band. Zunächst beschrieb er die Intention und Bedeutung von Gary Moore für seine eigene Karriere, um nicht ungeschickt, passend zum Thema, mit dem Moore-Klassiker „Still Got The Blues“ zu beginnen. Schon am Anfang stellte Freischlader unter Beweis, dass er mit Sicherheit einer der besten deutschen Bluesmusiker ist und den Vergleich zur englischen oder amerikanischen Konkurrenz nicht zu fürchten braucht. Es folgten „You Upset Me Baby“, ein B.B. King-Klassiker, den Moore 2001 coverte sowie „Oh Pretty Woman“ und „Stormy Monday“ aus der Feder von Albert King.

Beeindruckend war dabei die Harmonie der Band. Pete Rees am Bass hatte, sich Duelle mit Freischlader liefernd, immer ein Lächeln im Gesicht, Moritz Meinschäfer beeindruckte mit variationsreichem Drumspiel und der oft in sich gekehrte Vic Martin an den Keyboards, oder besser gesagt, an der guten alten Hammond, untermalte die performten Tracks zuweilen mit regelrechten Klangteppichen. „I Loved Another Woman“ , „Don’t You Lie To Me“ schlossen sich an, wobei es Henrik gelang, das Publikum für den Backgroundgesang einzubinden. Hier war zu merken, wie der Funke von den Musikern aufs Publikum übersprang, aber auch, wie im Gegenzug diese Atmosphäre auch von ihnen aufgenommen wurde.

In den eher ruhigen Passagen hätte man die sprichwörtliche Nadel fallen hören können. Mit „Since I Met You Baby“ und dem Hathaway-Klassiker „I Love You More Than You’ll Ever Know” ging es dynamisch weiter und Freischlader samt seiner Begleiter, untermalten körpersprachlich das Spiel der Instrumente. Der Hauptteil wurde mit „Too Tired“ und „The Sky Is Crying” abgeschlossen, wobei das letzte Stück durchaus das Seelenleben des Protagonisten offerierte, dass Gary Moore nicht mehr unter uns weilt.

Schön waren hier auch die Passagen, als der Bandleader an der Gitarre und Martin an den Keys sich duellierten und Letztgenannter nach einer gewissen Zeit aufgab und nur noch staunend dem exzellenten Saitenspiel zuschaute. War er im Gedanken bei seinem alten Bandleader Moore oder war es der Respekt vor den Gitarrenkünsten Freischladers? Vermutlich von beidem etwas.

Nach den Ovationen des Publikums – Florence Miller stand mittlerweile sichtlich glücklich über den bisherigen Abend, auch direkt vor der Bühne – folgte als Zugabe noch eine ausgedehnte Version von „The Messiah Will Come Again“, passend zum vorherigen Stück. Wenn man Moore als Messias sieht, dürfen wir uns wenig Hoffnung machen. Da müssen wir uns leider wohl eher auf die alten Aufnahmen beschränken. Wenn man aber den heutigen Abend betrachtet, darf man getrost sagen, dass wir uns keine Sorge machen müssen, dass der Blues im Stile eines Gary Moore in Vergessenheit geraten wird.

Insgesamt ein starkes Konzert, mit gut gelaunten spielfreudigen Musikern, der Lust auf Zukünftiges macht. Wer auf Henrik Freischlader und Gary Moore steht, sollte alles versuchen, sich für eines, der in den nächsten Wochen stattfindenden Konzerten, Karten zu sichern. Wenn ich an den Gesichtern der Zuschauer in Oberhausen die Güte des Gigs ableiten möchte, so habe ich kein einziges enttäuschtes gesehen.

Line-up:
Henrik Freischlader (lead vocals, electric guitar)
Vic Martin (keys)
Pete Reese (bass)
Moritz Meinschäfer (drums)

Text+Bilder: Gernot Mangold

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Zentrum Altenberg Oberhausen