Lady A – What A Song Can Do – CD-Review

Das letzte Mal, als ich eine Scheibe von Lady A reviewte, firmierte das Erfolgstrio, bestehend aus Hillary Scott, Charles Kelley und Dave Haywood, noch unter dem Namen Lady Antebellum. Da südstaatliche Symbole und Bezeichnungen aus dem Dunstkreis des Bürgerkriegs aber mittlerweile öffentlich verpönt sind, blieb im zweiten Teil nur noch der Anfangsbuchstabe des Alphabets übrig. Auch wir haben seit geraumer Zeit mit dem modifizierten SoS-Logo diesem Trend Tribut gezollt.

Nun gibt es mit „What A Song Can Do“ also neuen, frischen Albumstoff von Lady A. Ja, was ein Song so mit einem machen kann, da hat wohl jeder, der Musik liebt, schon seine vielfältigen eigenen Erfahrungen und Assoziationen gehabt. „Simple Man“ von Lynyrd Skynyrd hatte für mich zum Beispiel immer einen prägenden Charakter, auf dem Boden zu bleiben.

Die neuen, von Dann Huff produzierten Stücke liefern jedenfalls den eindeutigen Beweis, dass beim seit 2008 im Nashville-Markt auftretenden Mischtrio immer noch keine Abnutzungserscheinungen erkennbar sind. Die Songs sind wunderbar arrangiert, allesamt höchstmelodisch und bieten Gesangskunst der ganz hohen Schule, die unter der vokalen Mitwirkung der Kollegen Carly Pearce, Thomas Rhett und Darius Rucker, beim launigen Kneipenschunkler „Friends Don’t Let Friends“ („…drink alone“) seinen geballten Höhepunkt findet.

Der Nashville-Dreier kann halt auf den Luxus zurückgreifen, mit Hillary Scott, im weiblichen Bereich und Charles Kelley im männlichen Sektor, mit jeweils einen der besten Akteure der zeitgenössischen New Country-Gesangskunst zu besitzen und selbst der dritte im Bunde, Dave Haywood, gibt beim 70er-Folk umwobenen „Workin‘ On This Love“ eine außerordentlich gute Figur am Mikro ab, wobei ich mich garnicht entsinnen kann, schon mehr als Harmoniegesänge von ihm gehört zu haben. Diese, wie auch viele Wechselgesänge zwischen Scott und Kelley, spielen natürlich wie gewohnt, auch wieder eine starke und intensive Rolle.

Einen starken Einfluss scheinen auf diesem Werk die guten alten Fleetwood Mac zu haben, nicht nur allein durch die Ähnlichkeiten von Hillary Scotts Stimme zu Stevie Nicks, sondern oft auch in der Grundmelodik. Tracks wie der Opener „Talk Of This Town“, das Titellied „What A Song Can Do“, „Fire“ und das mich ein wenig an „You Make Loving Fun“ erinnernde, herrlich relaxt groovende „In Waves“ sind hier angeführt.

Auch der gute Tom Petty, wie so oft in letzter Zeit auf New Country-Scheiben, schickt bei „Chance Of Rain“ ein paar markante Gitarrengrüße vorbei. Apropos Gitarren und Saiteninstrumente, hier sind mit Leuten wie Huff (guitars, dobro), Tom Bukovac, Derek Wells (beide electric guitar), Ilya Toshinsky (acoustic guitar, mandolin, banjo), Paul Franklin (steel guitar), und Stuart Duncan (fiddle) absolute Spitzenkönner am Werk, die wissen, wie man trotz poppiger Melodien (selbst bei einem R&B-Stück wie „You Keep Thinking That“) ein deutlich vernehmbares Countryflair aufrecht hält.

Weiterhin begeistert noch das von Scott sehr euphorisch gesungene „Like A Lady“(mit starkem E-Gitarren-Solo) und der famos, im pathos-getränkten Stimmen-Wechselspiel zwischen Scott und Kelley gebrachten Countryschwofer „Swore I Was Leaving“ zum finalen Abschluss.

Lady A zeigen sich auch mit abgespecktem Namen in Bestform. Der Titel ihres neuen Longplayers „What A Song Can Do“ bedeutet für mich, 14 mal in stilvollem New Country-Ambiente mit hoher Sangeskunst unterhalten zu werden. Top!

BMLG (Universal) (2021)
Stil: New Country

Tracks:
01. Talk Of This Town
02. What A Song Can Do
03. Like A Lady
04. Things He Handed Down
05. Fire
06. Chance Of Rain
07. Worship What I Hate
08. Where Would I Be
09. Friends Don’t Let Friends (feat. Carly Pearce & Thomas Rhett & Darius Rucker)
10. In Waves
11. You Keep Thinking That
12. Be That For You
13. Workin‘ On This Love
14. Swore I Was Leaving

Lady A
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Universal Music

Zac Brown Band – The Comeback – CD-Review

Mit dem sich anbahnenden Weihnachtsgeschäft lassen auch die großen Labels so langsam ihre großen Zugpferde aus den Startluken. Warner Music setzt dabei gerade auf einen seiner Dauerabonnementen auf die Country-Alben-Chartspitze, die Zac Brown Band. Von den bisher sechs veröffentlichten Studiowerken schafften es gleich fünf auf Platz 1 (drei davon auch in allgemeinen Billboard Top 100), lediglich das Debüt der Truppe aus Atlanta, Georgia, kam ’nur‘ auf Platz 2.

Der siebte Streich des, ähnlich wie Eric Church, für seine Experimentierfreudigkeit bekannten Zac Brown heißt nun „The Comeback“ und beinhaltet satte 15 Tracks. Der Titel erscheint mir statt einer erneuten Wiederkehr zu seinen Roots eher wie eine Kampfansage an Morgen Wallen in dem Sinne interpretiert werden zu müssen, dass dieser, seinen Dauerplatz an der Sonne in diesem Jahr, zumindest temporär, mal schön zu räumen hat.

Brown und seine Band loten zwar auch diesmal wieder einen großen Spielraum aus, den das moderne Country-Genre in Kombination mit anderen Stilen zu bieten hat, diesmal aber ohne bewusst eingeplantes Verärgerungspotential seiner Fans, wie bei den früheren Alben „Jekyll + Hide“ und „The Owl“. 

„The Comeback“ ist demnach ein selbstbewusstes kurzweiliges, abwechslungsreiches und gut zu hörendes New Country-Album geworden, das so gut wie keine Schwachstellen aufweist, und dazu einige echte Highlights bietet. 

Freunde des schwungvollen, dynamischen New Country dürfen sich am rhythmisch-tanzbaren, garnicht langsamen Opener „Slow Burn“, dem euphorisch resümierenden „Us Against The World“ und dem finalen Rausschmeißer „Don’t Let Your Heart“ erfreuen, Traditionalisten bekommen mit „Wild Palomino“ (Midland-Manier), dem Veranda-mäßigen „Same Boat“ und dem Hillbilly-Heuler „Fun Having Fun“ ihre Vorlieben erfüllt.

Southern Rocker erhalten mit dem swampigen „Out In The Middle“ und dem Kracher „GA Clay“ ihren bevorzugten Stoff. Mittendrin der Titelsong, der mal die Petty-, Springsteen-, Mellencamp-Freunde ordentlich aufhorchen lassen wird. Karibisches Party-Feeling à la Jimmy Buffett garantiert „Paradise Lost On Me“.

Für die etwas zarter besaiteten Feingeister erfüllen die folkig-angehauchten „Any Day Now“ und „Love And Sunsets“ ihren Zweck, die Ohrwürmer des Werkes erhält man mit dem herrlich southern-souligen „Old Love Song“ und dem Balladen-Duett „Closer To Heaven“ mit Jazz-, Soul- und Blues-Interpret Gregory Porter.

Last but not least ist der Knaller des Albums die Kooperation mit Jung-Shooting Star Markus King bei „Stubborn Pride“. Allein schon das Akustikgitarren-Intro ist zum Niederknien, die beiden wunderbar divergierenden Stimmen, sowie zwei furios-filigrane King-E-Gitarren-Soli machen diesen 7-Minuten-Track zum krönenden Center-Song dieses Longplayers.

Mit „The Comeback“ finden Zac Brown und seine Mannen eindeutig wieder zurück in die Spur. Die Fans der frühen Jahre sollten dieses Werk erst mal genießen. Wer weiß, nach dem Gesetz der Serie, was der Protagonist als nächstes wieder im Schilde führt…

Warner Music (2021)
Stil: New Country

Tracklist:
01. Slow Burn
02. Out In The Middle
03. Wild Palomino
04. Us Against The World
05. Same Boat
06. Stubborn Pride (feat. Marcus King)
07. Fun Having Fun
08. The Comeback
09. Old Love Song
10. Any Day Now
11. Paradise Lost On Me
12. GA Clay
13. Love And Sunsets
14. Closer To Heaven (feat. Gregory Porter)
15. Don’t Let Your Heart

Zac Brown Band
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Warner Music

Toby Keith – Peso In My Pocket – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

In einer anderen Liga zu spielen, ist für den Country-Mega-Star Toby Keith – nach fast 30 Jahren im Musik Business – inzwischen sicher selbstverständlich. Daher war auch die Zeit nach seinem Country-Charts Nr. 2-Album „35mph Town“ (2015) eigentlich keine Pause in seiner Karriere, sondern war gefüllt mit anderen Aktivitäten, u. a. der „Should’ve Been A Cowboy“-Tour (2018).

Rechtzeitig zur bevorstehenden Aufnahme in die „Nashville Songwriters Hall of Fame“ im November erscheint nun das neue Studio-Album „Peso In My Pocket“, Co-produziert von Kenny Greenberg. Mit „Oklahoma Breakdown“ widmet der 60-jährige Singer/Songschreiber gleich das erste Stück seiner alten Heimat, ein starker, rockiger „Aufreißer“, der bereits als Single ausgekoppelt wurde. Auch der folgende Titel-Track „Peso In My Pocket“ lässt die New Country-Gitarren in gewohnter Weise rocken, während Toby Keith einen Aufenthalt in Mexico beschreibt. Die altbewährten, musikalischen Bahnen werden bei „Old School“ mit fast rappenden Versen zwar teilweise etwas verlassen, dafür war der Song offenbar besonders geeignet als erste Single das Album zu promoten.

Seine ungewohnte Country-Seite bringt Keith zusammen mit Blues-Sänger Keb‘ Mo‘ und dessen „Old Me Better“ als New Orleans Jazz/Blues/Country-Mix durchaus originell und ausgefallen auf die Platte; eine außergewöhnliche Kooperation für den eher konservativen Entertainer. Dass die variantenreiche Song-Auswahl danach allerdings wieder auf Pedal-Steel und E-Gitarren-Sounds und herkömmlich erfolgreichen musikalischen Stilrichtung setzt, wird in den anschließenden drei Songs („Days I Shoulda Died, Growing Up Is A Bitch“ und „She’s Drinkin Again“) deutlich, die ihre New Country Muster entsprechend intensiv, in altbekannter Art, aber sicherlich erfolgreich, in die Waagschale legen. Diese wird zugunsten des volkstümlichen, schnellen Country-Songs „Thunderbird“ nochmals rockig, stilsicher und in bester Feierlaune aufgefüllt.

Zu den bemerkenswerten Stücken des Longplayers gehört ebenfalls die Version des John Prine-/John Mellencamp-Klassikers „Take A Look At My Heart“, die als Tribute an die beiden legendären Songschreiber leider vor dem letzten Titel etwas zu wenig Geltung erfährt, da zum Abschluss mit „Happy Birthday America“ ein zutiefst patriotischer Song seinen „Auftritt“ erhält und bereits passend zum Nationalfeiertag vorab veröffentlicht wurde – vielleicht eine nachträgliche Danksagung an die Verleihung der National Medal of Arts, die Toby Keith Anfang 2020 vom damaligen US-Präsidenten erhielt.

Mit „Peso In My Pocket“ etabliert sich Toby Keith erneut an der Spitze seines Genres und wird damit sicher auch die Erwartungen seiner Anhängerschaft voll erfüllen. Die New Country-Fans, nicht nur im „Herzen“ der USA, können sich nach dieser längeren Wartezeit endlich wieder über einen neuen Longplayer ihres Idols freuen.

Show Dog (2021)
Stil: Country, New Country

Tracks:
01. Oklahoma Breakdown
02. Peso In My Pocket
03. Old School
04. Old Me Better
05. Days I Shoulda Died
06. Growing Up Is A Bitch
07. She’s Drinking Again
08. Thunderbird
09. Take A Look At My Heart
10. Happy Birthday America

Toby Keith
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Oktober Promotion

Old Dominion – Time, Tequila & Therapy – CD-Review

Zwei Jahre nach ihrem großartigen, nach sich selbst betitelten dritten Album (zu der Zeit hatten wir auch in Köln das Vergnügen, sie live zu erleben) sind Old Dominion zurück mit neuem Stoff. „Time, Tequila & Therapy“ heißt das neue Werk und knüpft in seiner Art an die bewährten Erfolgsrezepte der Vergangenheit an. Trotzdem verlief die Corona-Zeit alles andere als gut für das in allen Belangen hochprämierte Quintett, wenn man den Worten von Sänger Matthew Ramsey Glauben schenkt. Ja, das Fortbestehen soll sogar auf dem Spiel gestanden haben. Vor allem die monatelange physische Trennung hatte der Band wohl hart zu schaffen gemacht.

Die Lösung fand man im Song “Make It Sweet” des Vorgängerwerkes. Der wurde erstmalig direkt im Studio geschrieben und direkt danach aufgenommen. So entschied man sich, zusammen mit ihren beiden Produzenten und Co-Writern Shane McAnally und Josh Osbourne, in Ashville, North Carolina, in ein Studio einzumieten und das Schreiben und Aufnehmen dem spontanen dortigen Lauf der Dinge unterzuordnen. Morgens aufstehen, einen Song im ganzen Team ohne jegliche Vorbehalte kreieren, nachmittags dann einspielen und aufnehmen, so der Plan.

Und es hat funktioniert! Leadsänger Matthew Ramsey, Multiinstrumentalist Trevor Rosen, Gitarrist Brad Tursi, Bassist Geoff Sprung und Drummer Whit Sellers samt Osbourne und McAnally haben wieder diese wunderschöne Balance gefunden, diese unwiderstehlichen eingängigen Melodien samt guter und humorvoller Texte, mit der sanft-rauen Stimme Ramseys, vielen Band-Harmoniegesängen und einer fein akzentuierten Instrumentalisierung perfekt in Einklang zu bringen, der man sich einfach nicht entziehen kann.

Rosens Tastenspiel (Piano, Synthie, E-Piano, Orgel), teilweise mit herrlichem Akkordeon (beim Veranda-mäßigen „I Was On A Boat That Day“ und „Ain’t Nothing Wrong With Love“), Tursis E-Kurzgitarreneinlagen (manchmal auch Southern-gefärbt wie bei „I Wanna Live In A House With You Forever“ oder „Ain’t Nothing Wrong With Love“, lässig-stonesk bei „Drinking My Feelings“), klare Akustikgitarren, hier und da etwas Mandoline (klasse beim karibisch-sommerlichen „Hawaii“, „No Hard Feelings“), Dobro (bei „I Was On A Boat That Day“), mal eingestreutes Slide („I Wanna Live In A House With You Forever“) und vor allem diese oft integrierten, gut-gelaunten Harmoniegesänge aller Beteiligten, sprechen eindeutig dafür, dass in Ashville die Chemie bestens gestimmt hat.

Grandios der atmosphärisch groovende Ohrwurm „Walk On Whiskey“ (Fleetwood Mac-Note) als auch das Motown-umwehte „Lonely Side Of Town“, bei der die in Ashville lebende und kurzfristig ins Studio eigeladene Soul-Ikone Gladys Knight neben Ramsey zu vokaler Höchstform aufläuft, als auch die leicht folkig-angehauchten Gute-Launenummern „I Was On A Boat That Day“und „I Wanna Live In A House With You Forever“.

Old Dominion haben mit der Entscheidung, sich für Wochen komplett in ein Studio zurückzuziehen und die dort entstehende kreativen Kräfte walten zu lassen, alles richtig gemacht. Die Band wirkt auf „Time, Tequila & Therapy“ geschlossen wie nie, das entstandene Songmaterial ist frisch und flockiger denn je. Am Ende hinterlässt man sogar die Hypothese, dass viel Tequila zu absolut günstigen Therapieergebnissen beitragen kann. Medizin-Nobelpreis-verdächtig!

RCA Records Nashville/Sony Music(2021)
Stil: New Country

01. Why Are You Still Here
02. Hawaii
03. Walk On Whiskey
04. All I Know About Girls
05. Blue Jeans
06. No Hard Feelings
07. Lonely Side of Town (feat. Gladys Knight)
08. I Was On A Boat That Day
09. Drinking My Feelings
10. Something’s The Same About You
11. I Wanna Live In A House With You Forever
12. Don’t Forget Me
13. Ain’t Nothing Wrong With Love

Old Dominion
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Sony Music

Logan Mize – Welcome To Prairieville – CD-Review

Zweites Album von Mize Logan bereits in diesem Jahr! Das Schöne im New Country ist ja, dass es in Sachen Nachschub an guter Musik so gut wie keine Lieferengpässe gibt. Gerade in Corona-Zeiten mit dem stark eingeschränkten bis garnicht stattfindenden Konzertgeschehen scheinen sich die meisten Künstler intensiv darauf zu konzentrieren, ihre neuen Kreationen, in welcher Form auch immer, in Stellung zu bringen, um dann für die kommende, hoffentlich überwundene Pandemie-Zeit, in Sachen Touren wieder gewappnet zu sein.

Bei Logan Mize liegt das neue Werk „Welcome To Prairieville“ allerdings laut eigener Aussage schon seit gut zehn Jahren in der Schublade und hat lange auf den richtigen Moment der Veröffentlichung warten müssen. Der scheint nun gekommen zu sein. Es gibt zwar eine Stadt gleichen Namens in den Staaten und zwar in Louisiana, in diesem Fall gilt der Ort aber eher als Synonym für das typische Kleinstadtleben irgendwo im Niemandsland, deren alltägliche Thematiken in den insgesamt elf Tracks teils autobiografisch von Mize reflektiert werden.

Produziert hat, wie auch das Vorgängerwerk, erneut Daniel Agee, der instrumententechnisch ebenfalls wieder stark involviert ist (acoustic guitar, electric guitar, percussion, piano, synths, organ, background vocals). Mit Shannon Forrest (drums), Mark Wright (bass) und Dave Cohen (keys) ist weitere feine und auch prominente Musikerpräsenz gewährleistet. Die Songwriting-Credits gehen zu großen Maßen auf das Konto von Mize und Blake Chaffin mit dem einen oder anderen Co-Writer, jeweils ein Stück davon schrieben Blake („I Need Mike“) und der Protagonist („It’s About Time“) alleine.

Der melancholisch anmutende Opener „George Strait Songs“ huldigt zwar, wie man schon am Titel ablesen kann, in gewisser Weise den König der Countrymusik, musikalisch aber in einer eher nicht Strait-typischen Art. Hier erinnert vieles, trotz der Einbindung von Pedal Steel-Elementen, an den mainstreamigen New Country der 80-90er Jahre, wo unter Zuhilfenahme des Synthezisers der damaligen Trends (wie zum Beispiel auch im Southern Rock) Tribut gezollt wurde.

Ähnlich gestaltet ist der Titelsong, der mich vom Flair an Bobby Pinson erinnert, auch so ein Typ, der tolle Songs geschrieben hat, in eigener Sache aber nie, beziehungsweise nur kurz, richtig zur Geltung kam. „River Road“ und „If You Get Lucky“ hätten beide spielend auf das Petty-Album „Into The Great Wide Open“ gepasst, mit „Wine At The Church, Beer At The Bar“ (herrliches Kirchenorgel-Intro von Agee) und „We Ain’t Broke“ gibt es launigen Southern Rock-Stoff.

Die Quintessenz des für mich radiotauglichsten Songs „Follow Your Heart“ wünscht man sich für Mizes weitere Ambitionen, Musik zu machen, während das unter die Haut gehende „I Need Mike“ den Suizid junger verzweifelter Menschen in bedrückender Weise thematisiert. Der sicherlich aufwühlendste Song des Werkes.

Begeisternd auch das auf Logans reinen Gesang und Jill Martins perfekte Harmonies mit rootsiger Akustikgitarrenuntermalung und nur hauchzarten Keys und E-Gitarren reduzierte „Tell The Truth“, ein weiterer Höhepunkt dieses tollen Gesamtwerkes, das mit den beiden melodischen Midtempo-Stücken „I Still Miss You“ und „It’s About Time“ (mit schönem Akkordeon) erkenntnisreich ausklingt.

Hatte ich beim Vorgängeralbum bereits einen etwaigen kommerziellen Durchbruch von Mize gemutmaßt, wüsste ich angesichts der neuen Scheibe eigentlich nicht, was man besser machen könnte, um in den Fokus der Radiostationen, Major-Labels und auch einer größeren Klientel zu kommen. Die Songs auf „Welcome To Prairieville“ bestechen durch musikalische Qualität, kontrastreiche Gestaltung sowie einer Melodiösität und Eingängigkeit, die sich hinter niemandem der angesagten Branchen-Platzhirsche verstecken braucht. Im Prinzip fehlt jetzt eigentlich nur noch ein Quäntchen Glück. Wie dem auch sei, weiter so, Logan Mize!

Big Yellow Dog Music (2021)
Stil: New Country

01. George Strait Songs
02. Welcome To Prairieville
03. River Road
04. Wine At The Church, Beer At The Bar
05. Follow Your Heart
06. I Need Mike
07. If You Get Lucky
08. Tell The Truth
09. We Ain’t Broke
10. I Still Miss You
11. It’s About Time

Logan Mize
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Lime Tree Music

Carly Pearce – 29: Written In Stone – CD-Review

Der Stachel sitzt tief bei Carly Pearce. Gerade mal acht Monate dauerte ihre Ehe mit dem Country-Musikkollegen Michael Ray. Dann war Schluss, Scheidung, das war’s. Dazu kam auch noch der Tod ihres früheren Produzenten busbee. Also alles andere als schöne Zeiten für die aus Kentucky stammende Künstlerin.

Wie heißt es so schön: Musik ist die beste Medizin, um solche Dinge aufzuarbeiten und wo hat das nicht größere Tradition als im Country. Zweifelsohne haben die Geschehnisse einen äußerst kreativen Prozess bei Pearce ausgelöst. Mit gleich 15 Songs voller Selbstreflexion und natürlich auch vielen Seitenhieben in Richtung des Ex-Partners werden die eigenen Wunden geleckt, aber auch wieder zum Blick nach vorne genutzt.

Sie und die beiden Produzenten Shane McAnally und Josh Osborne haben sich daher von ihrem zuletzt praktizierten, mainstreamig-ausgerichteten Stil wieder mehr zu ihren bluegrassigen, traditionellen Country-Roots hingewendet, was sich bei der Thematik dieses ‚Konzept‘-Albums auch anbietet.

“I ain’t a coal miner’s daughter, But I’ve sung it all my life/ I ain’t been a widow, But I’ve been an ex-wife/ And I hear your truth, And I feel your pain/ Now I know why you sang that way…” heißt es stellvertretend in „Dear Miss Loretta“, wo es dann auch noch vokale Unterstützung von Ikone Patty Loveless gibt. Weiteren Beistand erhält sie beim schönen „Never Wanted to Be That Girl“ von Ashley McBryde.

Und so dominieren auch die traditionell-typischen Countryinstrumente  wie Mandoline, (kratzige) Akustik- und E-Gitarre (oft Slide und Bariton), weinende/heulende Fiddle, knarzende Dobro (omnipräsent) und Steel zu Carlys oft verletzlichem Gesang, eindeutig die Szenerie. Drums/Percussion, Bass und Keys wirken eher als dezentes Beiwerk.

Hier kann Carly sich ganz auf das Können der involvierten Nashville-Parade-Musiker verlassen, die einfach wissen, wie man in einer solchen Stimmung, beziehungswiese Thematik, spielen muss. Die Scheibe erinnert mich rein musikalisch von der Art her ein wenig an Kathy MatteasRight Out Of Nowhere„.

Allein der Schlagabtausch am Ende von „Easy Going“ zwischen Ilya Toshinskys Akustikgitarre, Jenee Fleenors Fiddle und Josh Mathenys Dobro sind schon den Kauf des Werkes wert. Weitere Highlights in einem in sich geschlossenen Werk, sind die beiden, mit einem lässigen E-Gitarrenrhythmus shuffelnden „Your Drinkin‘, My Problem“ und „Liability“.

‚Leiden mit Carly‘ ist so das gefühlte Motto auf dem 15-teiligen Country-Gefühlstripp „29: Written In Stone“. Die Lebenserfahrung sagt natürlich am Ende auch, dass die Schuld meist nicht nur auf einer Seite zu suchen ist. Interessant wäre sicherlich mal zu wissen, was Michael Ray über die Scheibe zu sagen hat…

Big Machine Records (2021)
Stil: New Country

01. Diamondback
02. What He Didn’t Do
03. Easy Going
04. Dear Miss Loretta
05. Next Girl
06. Should’ve Known Better
07. 29
08. Never Wanted to Be That Girl
09. Your Drinkin‘, My Problem
10. Liability
11. Messy
12. Show Me Around
13. Day One
14. All The Whiskey In The World
15. Mean It This Time

Carly Pearce
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Universal Music

Lauren Alaina – Sitting Pretty On Top Of The World – CD-Review

Mit ihren nicht mal dreißig Jahren hat die aus Rossville, Georgia, stammende Lauren Alaina bereits eine sehr passable Karriere hingelegt. Durch die erfolgreiche Teilnahme an der Casting-Show American Idol, wo sie 2011 bei der 10. Staffel Platz 2 hinter Scotty McCreery belegte, und dem Debütalbum „Wildflower“, das direkt Platz 2 in der Billboard-Country-Charts (allgemein Platz 5) erklomm, geriet alles ins Rollen.

Jetzt, gute zehn Jahre später, bringt sie nach erfolgreichen Touren mit diversen Nashville-Superstars wie Alan Jackson, Blake Shelton, Carrie Underwood, Luke Bryan, Martina McBride und Jason Aldean, diversen Nominierungen und Auszeichnungen, nach „Road Less Travelled“ und einigen EPs mit „Sitting Pretty On Top Of The World“ ihr drittes Album (hier in Deutschland nur digital erhältlich) heraus.

Kommen wir direkt zum einzigen Wermutstropfen: Wie schon ein sehr geschätzter Kollege eines anderen Magazins richtig anmerkte, fragt man sich spontan, wer dieses Coverbild ‚verbrochen‘ hat, das die Protagonistin wirklich alles andere als vorteilhaft, in Szene setzt und auch farbkompositorisch- und schrifttechnisch nicht gerade brilliert. Gäbe es bei den gängigen Music-Awards im Bereich Art Direction oder Cover-Design auch sowas, wie die berühmt-berüchtigte ‚Goldene Himbeere‘ in der Filmbranche, wäre dies wirklich ein ganz heißer Kandidat.

Da es hier aber um Musik an sich geht, kann man dies trotzdem getrost ausblenden, denn hier überzeugt das Werk in allen Belangen. Stützen kann sich Lauren, wie gewohnt, auf ihre tolle ausdrucksstarke Stimme (die gefällt mir außerordentlich gut und ruft starke Assoziationen zu Lindsey Ell und Carrie Underwood hervor), aber auch auf ihr Songwriting-Können (sie hat alle der fünfzehn Tracks bis auf einen mit  komponiert). Produziert hat der Leadguitarist der Pop-Rock Band Boys Like Girls Paul diGiovanni (Mitchell Tenpenny, Jordan Davis), lediglich für das famose Frauenpower-Duett mit Trisha Yearwood (hat immer noch eine grandiose Stimme) bei „Getting Good“ saß David Garcia an den Reglerknöpfen.

Apropos Duette: Hier wissen auch die weiteren Beteiligungen vom dänischen Popstar Lukas Graham bei „What Do You Think Of?“, einem herzzerreißend gesungenen Schmachtfetzen und Jon Pardi bei „Getting Over Him“ (klasse Southern Country-Rocker), absolut zu überzeugen.

Die Stärke dieses Werkes liegt besonders in der Balance zwischen modern-poppigem Flair (nie zu dick auftragend) und knackigem New Country mit den typischen Instrumenten wie Steel-, Akustik- und E-Gitarre, Dobro, Fiddle, und Mandoline, die alle ebenso schön dezent, je nach Song, eingebracht werden.

Herrlich zum Beispiel das an „Tears Of Heaven“ erinnernde claptoneske Akustikgitarren-Intro/Spiel beim Titelstück „On Top Of The World“, für das sich, wie so oft, Ilya Toshinsky verantwortlich zeigt, der auch bei den anderen Tracks wieder seine gewohnte Maßarbeit verrichtet.

„Same Story, Different Saturday Night“, „I’m Not Sad Anymore“ und „Written In The Bar“ gehen allesamt auf das Konto des Songwriter-Quartetts Lauren Alaina, Hillary Lindsey, Lori McKenna und Liz Rose, die das heutige Beziehungsleben mit gewohnt charmanten und pointierten Texten countrytypisch reflektieren. Ein tolles Kreativteam!

Das knackig dahinpreschende „Run“ (dieser, wie einige andere Lieder auch, sehr an Lindsey Ell reminiszierend – Lauren hatte ja auch bei Ells Livestream-Event vor kurzem mitgewirkt) stammt lustiger Weise aus der Feder von Alaina, Kennedi Lyyken und Ben Johnson (hoho – hier ist allerdings natürlich nicht der einstmalige Doping-Sünder mit von der Partie…).

Meine Lieblingssongs in einem durchweg überzeugenden Longplayer sind neben dem herrlichen Storytelling-Opener „It Was Me“ die beiden Leviten-lesenden „When The Party’s Over“ (mit leichter „That Don’t Impress Me“-Shania-Note) und der melodiöse Countryschunkler „You Ain’t A Cowboy“, bei dem Alaina eine glänzende Gesangsvorstellung abgibt und E-Gitarrist Derek Wells auch ohne Solo, sondern nur mit akzentuierter Fill- und Hintergrundarbeit, sein exzellentes Können einfließen lässt.

Lauren Alaina liefert mit „Sitting Pretty On Top Of The World“ einen sehr schön abwechslungsreichen und kurzweiligen Longplayer ab, der sie wieder ganz oben ins Rampenlicht bringen wird. Wer Spaß an ausdrucksstarken, stimmgewaltigen Künstlerinnenkolleginnen wie z. B. Lindsay Ell, Carrie Underwood, Shania Twain, Carly Pearce, Whitney Duncan, etc. hat, der darf auch bei Lauren Alainas neuem Album bedenkenlos zugreifen. Klasse!

Mercury Nashville (Universal) (2021)
Stil: New Country

01. It Was Me
02. If The World Was A Small Town
03. Getting Good (feat. Trisha Yearwood)
04. Same Story, Different Saturday Night
05. On Top Of The World
06. Run
07. What Do You Think Of? (feat. Lukas Graham)
08. I’m Not Sad Anymore
09. Getting Over Him (feat. Jon Pardi)
10. Good Ole Boy
11. When The Party’s Over
12. You Ain’t A Cowboy
13. Goodbye Street
14. Written In The Bar
15. Change My Mind

Lauren Alaina
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Universal Music

Anderson East – Maybe We Never Die – CD-Review

Erfolgreiche und talentierte Musiker haben in der Regel den großen Vorteil mit ebenso erfolgreichen und angesagten Produzenten zusammenarbeiten zu können. Anderson East ist nicht erst seit seinem Durchbruch mit dem Vorgänger „Encore“ 2018 in diese Kategorie einzuordnen. East und seine Band haben weltweit ausverkaufte Shows gespielt (wir durften seinem energiegeladenen Gig in Köln beiwohnen) und waren zu Gast u. a. bei angesagten TV-Shows wie „Jimmy Kimmel Live!“ (ABC), „The Late Show with Stephen Colbert“ (CBS), „CBS This Morning Saturday“, „TODAY“ und „Late Night with Seth Meyers“ (NBC) oder „Austin City Limits“ (PBS).

Bei „Encore“ und auch auf „Delihah“ zuvor hatte er bereits mit dem in diesen Zeiten omnipräsent erscheinenden Producer Dave Cobb bereits hervorragend zusammengearbeitet. Da ist es natürlich irgendwie klar, dass man dieses funktionierende Konstrukt auch für das neue Werk „Maybe We Never Die“ beibehalten möchte, zumal beide seither auch labeltechnisch miteinander verflochten sind.

Dass Cobb, der dafür bekannt ist, besonders auf die stimmliche Ausstrahlung seiner Protagonisten fokussiert zu sein, immer mal für eine Überraschung gut ist, zeigt sich besonders auf diesem Werk. Auch hier merkt man sofort, dass er eindeutig die vokale Präsenz von East in den Vordergrund stellt und stimmlich wieder eine tolle Leistung aus ihm ‚herausgekitzelt‘ hat, aber der Sound und die Stimmung des Werkes differieren zum Vorgänger  erheblich.

Wir bewegen wir uns zwar wieder klar in der Gattung Soul, dennoch hat man das Gefühl sich in ganz anderen Sphären zu befinden. Während auf „Encore“ alles auf ein warmes southern-souliges Flair mit typischen Bläser-Arrangements ausgerichtet war (wie ich sie auch vom Gig in der Domstadt in Erinnerung habe), durchziehen jetzt kühl, kammermusikartig, ja teilweise hypnotisch wirkende Loop-, Synthie-, String- und mollgetränkte Piano-Sequenzen die nach wie vor melodischen Tracks, die aber aus meiner Sicht eher in hippen neon-beleuchteten Tanzclubs in New York zur ihrer wahren Entfaltung kommen würden.

Man höre sich mal das von einem groovenden, disco-mäßigen Gitarren- und Bass-Rhythmus geführte „Drugs“ an, dass durch Andersons Falsetto-Gesang fast in Bee Gees-Gefilden wildert. Beim starken Opener „Maybe We Never Die“ beißen sich warmer Strophengesang und falsetto-artiges Kreischen im Refrain förmlich. Trotzdem ein toller Song. Auch der trance-artig (be)rauschende „Jet Black Pontiac“ bohrt sich tief in das Musik-Langzeit-Gedächtnis.

Teilweise meint man auch, einen modernen Mick Hucknell (Simply Red) vor sich zu haben („Madelyn“, „Hood Of My Car“, „If You Really Love Me“). Faszinierend auch das abschließende „Interstellar Outer Space“, bei der Easts emotionale Gesangs-Gala-Vorstellung zu sakral anmutendem Glockengeläut immer wieder von künstlich elfenhaft-piepsigen ‚Aahs‘, wie aus einer anderen Galaxie, durchzogen wird. 

Über das Album sagt der in Alabama geborene und in Nashville-lebende Singer-Songwriter: „Ich wollte mit dieser Platte etwas Einzigartiges schaffen. Ein Stück Musik, das in seiner Gesamtheit weiß, wo es steht und dennoch den Blick hinter den Vorhang wagt. Ich bin sehr stolz auf die Entstehungsgeschichte und das Endergebnis. Meine große Dankbarkeit gilt den Menschen, die ihre wundervollen Talente eingesetzt haben und dieses Album zu dem gemacht haben, was es ist. “

Am Ende sind es aber vor allem die eingängigen Refrains bei allen Liedern und die konsequente, musikalisch stimmige Machart, die das Werk „Maybe We Never Die“ von Anderson East zu etwas besonderem und gut hörbarem machen. Es hat schon, wenn man sich darauf einlässt, große Klasse, was Cobb und er da kreiert haben. Zu suchen hat es, wenn man allerdings ehrlich ist, in diesem Magazin so gut wie garnichts. Deshalb nur an recht variabel-ausgelegte Leute unter unserer Klientel zu empfehlen.

Elektra/Low Country Sound (Warner Music) (2021)
Stil: Soul

01. Maybe We Never Die
02. Lights On
03. Madelyn
04. Drugs
05. I Hate You
06. Hood Of My Car
07. Falling
08. Jet Black Pontiac
09. Like Nothing Ever Happened
10. If You Really Love Me
11. Just You & I
12. Interstellar Outer Space

Anderson East
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Oktober Promotion

Dan + Shay – Good Things – CD-Review

Die Dinge laufen gut für Dan + Shay alias Dan Smyers und Shay Mooney. Eigentlich schon von Beginn an. Das Duo setzte seit Beginn seiner Gründung und dem Gang nach Nashville konsequent auf eine doppelgleisige Country- und Pop-Strategie in Verbindung mit einem gewissen Boygroup-Charme.

Als der Plattenvertrag mit Warner unterzeichnet war, die Single „19 You + Me“ sowohl in den Country- als auch in den allgemeinen Charts einschlug, dazu noch das Debüt-Album „Where It All Began“ 2014 Platz 1 und 6 erreichte, geriet alles Folgende quasi zum Selbstläufer, auch wenn das nächste Werk „Obsessed“ 2016 ’nur‘ Platz 2 bzw. 8 erbrachte.

Immerhin rückte 2018 ihr, nach sich selbst betitelter Silberling „Dan + Shay“ mit den Grammy-gekrönten Nr.1-Singles „Tequila“ und „Speechless“ die Dinge wieder ins Lot (Platz 1/6). 2019 folgte mit der Single „10,000 Hours“ und Kooperation mit Justin Bieber der nächste Nr.-1 Streich und Streaming-Superlativ. Der R&B-trächtige Song ist auf diesem, gerade frisch erschienenen Longplayer „Good Things“ natürlich auch vertreten.

Das neue, zunächst erstmal digital veröffentlichte Werk (CD ab 17. September) beinhaltet, wie nicht anders zu erwarten, nach dem Motto ‚Never change a winning team‘, eine rigorose Fortführung ihres Erfolgsrezeptes mit eingängigem Pop und ganz dezenten Country-Tüpfelchen (eigentlich mit der ‚Lupe‘ zu suchen), natürlich serviert von der Supergarde der Country-Studio-Musiker-Szene wie u. a. Bryan Sutton, Gordon Mote, Jimmie Lee Sloas, Ilya Toshinsky, Derek Wells, Nir Z, Charlie Judge, und Aubrey Haynie. Der formulierte Anspruch dürfte diesmal auch das Knacken der Pole-Marke in den allgemeinen Album-Charts implizieren.

Immerhin muss den beiden Protagonisten attestiert werden, dass sie es nicht, trotz ihres mittlerweiligen Status, wie so manche Kollegen, leicht machen, sondern weiterhin ihre Erfolgssongs aus der eigenen Feder (mit diversen Co-Writern) generieren. Toll in jedem Fall natürlich auch der passende Gesang (vornehmlich von Mooney) und die perfekt sitzenden Vokalharmonien (ergänzt noch von weiteren Klasse-Leuten wie Vicki Hampton, Robert Bailey oder Wendy Moten).

Vom eröffnenden Titelsong „Good Things„, über das mit leichtem Reggae-Teint versehene „Steal My Love“ (mit Steel-ähnlichen Drums…), dem smooth-souligen „You“ (mit gospeligen Harmonies, mein Lieblingstrack), vielen, mit prägnanten Refrains versehenen Stücken wie „Body Language“ (schön hier die Tracy Chapman-mäßige Akustikgitarren-Eröffnung), „Irresponsible“ (mit Mandoline und Violinen), „Lying“ (mit zarter Dobro), „Glad You Exist“ (Akustikgitarren- und Piano-geführter Schunkler), dem bereits erwähnten Bieber-Kracher „10,000 Hours“ gipfelt das ganze, schön zu hörende Pop-Konglomerat im abschließenden „I Should Probably Go To Bed„, wo es mit beatlesken, Queen- und ELO-verdächtigen Ingredienzien, ziemlich auf die Spitze getrieben wird.

Am Ende fragt man sich wie so oft bei solch vergleichbaren 99-prozentigen Pop-Scheiben, was solche Musik eigentlich für die Country-Charts autorisiert? Gibt es da eigentlich konkrete Regeln? Oder reicht es einfach nur in Nashville zu produzieren und die dortigen Musiker einzubeziehen? Müssen typische Instrumente vertreten sein? Wer entscheidet das überhaupt? Fragen über Fragen…

Ich glaube, bevor ich mir jetzt stundenlang bis in die Nacht hinein darüber den Kopf zermartere, folge ich lieber dem genannten Abschluss-Titel „I Should Probably Go To Bed“ von Dan + Shay zu ihrem nächsten mutmaßlichen neuen Nr.1-Album und sollte dann wohl doch besser zu Bett gehen…

Warner Music (2021)
Stil: New Country

01. Good Things
02. Steal My Love
03. You
04. Body Language
05. Give In To You
06. Irresponsible
07. Lying
08. One Direction
09. Let Me Go Over Her
10. Glad You Exist
11. 10,000 Hours (feat. Justin Bieber)
12. I Should Probably Go To Bed

Dan + Shay
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Oktober Promotion

Parmalee – For You – CD-Review

Drittes Album von Parmalee beim BBR Group-Unterlabel Stoney Creek Records, bei dem auch u. a. Lindsay Ell und Jimmie Allen unter Vertrag sind. Mit dem auch bei uns reviewten „Feels Like Carolina“ im Jahr 2013 begann quasi die Erfolgsgeschichte des aus North Carolina stammenden, Platin-ausgezeichneten Quartetts, bestehend aus den Brüdern Matt (lead vocals/guitar) und Scott Thomas (drums), ihrem Cousin Barry Knox (bass) und ihrem langjährigen Freund Josh McSwain (keys, guitar), die mittlerweile fast 500 Millionen On-Demand-Streams im Country-Radio vorweisen kann.

2010 erlangte die Band tragische Berühmtheit, als sie nach einem Auftritt in ihrem Tourbus überfallen wurde und Drummer Scott Thomas bei der daraus resultierenden Schießerei die Angreifer zwar mit seinem Gewehr außer Gefecht setzen konnte, dabei aber selbst lebensgefährlich verletzt wurde.

Das neue Werk „For You“, das von Hauptsongwriter Matt Thomas (mit diversen Co-Autoren) thematisch ganz in das Zeichen der Liebe gesetzt wurde, könnte jetzt den endgültigen Durchbruch bedeuten. Mit der vorab ausgekoppelten Single „Just The Way“ in Kollaboration mit dem bekannten Trap-Künstler Blanco Brown (Trap ist eine Unterkategorie des Hip-Hops) geht es ganz steil in Richtung Pole-Platzierung in den Charts (zur Zeit Platz 3 in den Billboard Hot Country Songs, Nr. 1 in den Airplay-Charts). Ich persönlich hätte hier allerdings lieber eine Zusammenarbeit mit Chad Kroeger präferiert, das Lied, wie auch das später folgende „I See You“ haben aus meiner Sicht in ihrer Machart durchaus potentiellen Nickelback-Charakter.

Die restlichen Tracks beeindrucken in erster Linie durch ihre eingängige Melodik, die mit ihren schönen Akustik- und E-Gitarren, Piano- und Steel-Tupfern auf der einen Seite, und durchgängig verwendeten Loops und einer gewissen Glätte und Beliebigkeit auf der anderen, sowohl in Country- als auch in Pop-Gefilden gefallen möchte.

Hier erweist sich vermutlich auch das schöne Duett von Matt mit Model, Tiktok- und Instagram-Star Avery Anna als auch die Einbindung von Michael Fitzpatrick (alias FITZ And The Tantrums; die Band trug den Titelsong zur 11. Staffel der RTL-Dschungelcamp-Serie bei…) beim Bro-Country-umwobenen „Greatest Hits“, als sehr hilfreich.

Zu meine Favoriten zählt das textlich und auch musikalisch launig konzipierte „I’ll Take The Chevy“ mit schön einfach mitsingbaren und amüsanten Zeilen wie „You wear the Gucci, I’ll wear the carhart, you watch The Housewives, I’ll watch the NASCAR, You drive the highway, I’ll sling the mud, you sip the Champagne, I’ll drink the Bud“. Wird vermutlich ein Dauerbrenner auf den noch vermeintlichen folgenden Partys in diesem Jahr (ich denke hier insbesondere an die in den Staaten beliebten Springbreak-Events), sofern es die Pandemie-Lage wieder erlaubt.

Mit dem hochmelodischen Titeltrack „For You“ inklusiv seines reumütigen Charakters (gut geeignet, um im Kerzenschein bei der Liebsten zu punkten/Wiedergutmachung zu avisieren), gelingt den Burschen zusammen mit Producer David Fanning am Ende dazu noch ein echt emotionaler Ohrwurm, der eindeutig aufzeigt, dass männliche Wesen, nicht nur, wie oben beschrieben, simpel, sondern durchaus auch sensibel strukturiert sein können.

Somit überwiegend mehr ein Album für den leichten Hörgenuss und sehr zielgerichtet für die Chart-relevante jüngere Klientel, als für den tiefgründigeren Country-Liebhaber ausgelotet. Trotzdem insgesamt natürlich sehr gut gemacht!

Stoney Creek Records (2021)
Stil: New Country

01. Only You
02. Just The Way (mit Blanco Brown)
03. Backroad Girl
04. Take My Name
05. I Do
06. Miss You Now
07. Greatest Hits (feat. Fitz)
08. Better With You
09. Forget You (feat. Avery Anna)
10. Alone Like That
11. I See You
12. I’ll Take The Chevy
13. For You

Parmalee
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