Hannah Wicklund & The Steppin Stones, 02.11.2017, Kulturrampe, Krefeld – Konzertbericht

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Die gerade mal knapp 21 Lenze zählende Hannah Wicklund gilt derzeit als eines der großen, kommenden Talente, was E-Gitarren-lastige (Blues) Rockmusik angeht.

Im Schlepptau unserer geschätzten Teenage Head Music-Freunde gab sie erstmals mit ihren Steppin Stones (Michael Comeaux und Michael Matthews) in der urigen Krefelder Kultstätte, der Kulturrampe, ihre Visitenkarte ab.

Die Besucher ließen KR-Chef ‚Pille‘ Peerlings im Vorverkauf zunächst ’schmoren‘, der durfte sich dann aber bei seiner Ansage des Trios, letztendlich über ca. gut 80 Anwesende freuen, was einer fast vollen Rampe, mit noch etwas angenehmer Bewegungsfreiheit, entspricht.

Das mittlerweile in Nashville ansässige Leichtgewicht mit den langmähnigen Engelslocken, ließ dann direkt mal beim eröffnenden Instrumental-Jam sofort die flinken Finger über ihr Saitengerät fliegen. Die adrigen Gelenke ihrer Hände offerierten bereits ein etliches Maß an intensiver Übung, Grundvoraussetzung, um sich in diesem breitgefächerten Metier an Meistern und Könnern, seinen kommenden Platz erfolgsträchtig zu erarbeiten.

Mit dem krachenden Stampfer „Bomb Through The Breeze“ gab Hannah eine erste Kostprobe aus ihrem für Januar 2018 anvisierten neuen Album. Aus den bereits bestehenden Steppin Stones-Alben servierte sie das shufflige  Titelstück „Looking Glass“ von 2013 sowie „False And Hollow“ (schöne Tempowechsel) sowie das mich ein wenig an Pat Travers erinnernde „Friends In The Dark“, jeweils aus 2015.

Mein Stück des Abends war der melodische Schwofer „Strawberry Moon“, einer der wenigen Momente zum Durchatmen in einem ansonsten furios abgehenden Programm, wie auch das von ihr solo performte „Shadow Boxes“.

Die erste Zugabe „Mama Said“ nutze sie zur Vorstellung der beiden Mitstreiter (mit Kurz-Soli), als auch zum Einsatz der durch Jeff Beck („Live In Japan“) und Peter Frampton auf seinem „Comes Alive“ zur Berühmtheit gelangten Talk Box, einem Schlauch, der quasi Gesang und E-Gitarre effektiv miteinander vermischt.

Mit den beiden Neil Young-Covern „Ohio“ (tolle, rassig rockige Version im Hauptteil mit mehrfachen, starken E-Gitarren-Soli) und der zweiten Zugabe „Rockin‘ In The Free World“ (wieder mit Talk Box-Einsatz) machte sie sowohl das begeisterte Publikum als auch Kollegen Gernot zu  glühenden Verehrern ihrer Spielkunst.

Hannah Wicklund und ihre Steppin Stones erfüllten in Krefeld die hohen Erwartungen im Vorfeld mit einer frischen, unverbrauchten, vielleicht noch ein wenig ungestümen und gesanglich auch noch nicht ganz perfekten Vorstellung.

Aber für ihr junges Alter war das schon ein klasse Auftritt bei ihrer Debüt-Tour hier in Europa. Beim nächsten Mal in der Kulturrampe wird man nicht drum herum kommen, sich Karten ganz frühzeitig zu besorgen, da ist ein ausverkauftes Haus sicherlich garantiert. Diesem kleinen weiblichen, aus South Carolina stammenden Wirbelwind, gehört ganz sicher die Zukunft!

Line-up:
Hannah Wicklund (lead vocals, electric guitar)
Michael Comeaux (bass)
Michael Matthews (drums)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

Hannah Wicklund & The Steppin Stones
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Teenage Head Music
Kulturrampe Krefeld

Carly Pearce – Every Little Thing – CD-Review

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Kann man dieser jungen Dame die Tür vorm Kopf zuschlagen? Wenn die bildhübsche, langhaarige, brünett-gesträhnte Carly Pearce einem, samt ihrer braunen Knopfaugen, mit verklärten Blick in luftigen Sommerkleidchen, auf dem Cover ihrer neuen CD „Every Little Thing“ entgegenblickt, dürften ihr, nicht nur meines, sondern eigentlich auch der überwiegende Teil aller anderer Männerherzen, mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit entgegenfliegen. Irgendwo stellt man dann doch immer wieder fest, dass man scheinbar ein Opfer seiner urgenetischen, bzw. evolutionär bedingten Veranlagungen ist…

Und doch wurden der 27-jährigen, aus Taylor Mill, Kentucky stammenden Singer/Songwriterin in Nashville die entscheidenden Zugänge (und die sind ja auch dort immer noch meist in Männerhand) in Sachen Karrieresprung, lange Zeit verwehrt, sodass sie schon eine Rückkehr in die Heimat erwägte. Dabei galt Carly lange Zeit als eines der vielversprechendsten Talente im Countrygeschäft. Schon mit elf Jahren war sie Kopf einer eigenen Bluegrass-Band und hatte später ein festes Wochen-Arrangement in Dolly Partons Themenpark Dollywood.

Erst als sie, mittlerweile sogar wieder einer bürgerlichen Arbeit zum Lebenserhalt nachgehend, den von Danielle Bradberry performten Song „Dance Hall“ im Radio hörte, der eigentlich auf ihrem, bei Sony nicht veröffentlichten Debüt erscheinen sollte, packte die Musikerin nochmals der Ehrgeiz. Die entsprechende Unterstützung bekam sie dann endlich auch von Pete Fisher, dem Chef der Grand Ole Opry, der ihr mit einem Auftritt in benannter Kultstätte dann auch den Weg bis zu ihrem Plattendeal bei Big Machine Records ebnete.

Das schwergewichtige Label in Sachen New Country überließ auf ihrem Erstling „Every Little Thing“ dann nichts dem Zufall und stellte ihr mit dem Hitproduzent/Songwriter/Musiker Michael James Ryan Busbee (= busbee – u. a. Christina Aguilera, Pink, Maren Morris, Gwen Stefani, Shakira, Keith Urban, Lady Antebellum), namhaften Songwritern wie u. a. Hillary Lindsay, Nathalie Hemby, Ashley Gorley, Luke Laird, Barry Dean, usw. und den bewährten Nashville-Musiker-Koryphäen wie Ilya Toshinsky, Carl Miner, Derek Wells, Eric Darken & Co. ein überaus schlagkräftiges Team zusammen.

Carly hat immerhin acht der insgesamt dreizehn Stücke mitgeschrieben und somit, nebst ihres angenehmen Gesangs in Richtung von Kolleginnen wie LeAnn Rimes, Chely Wright, Rosanne Cash (manchmal versprüht ihre Stimme aus meiner Sicht auch etwas Esprit einer Christine McVie), einen nicht unerheblichen Anteil am Gelingen dieses durchgehend ansprechenden Werkes beigetragen.

Mit ihrer Bluegrass-Vergangenheit hat die neue Scheibe natürlich nur ganz wenig bis gar nichts mehr zu tun. Durch die Einbindung von Instrumenten wie Steel, Dobro, Mandoline und schön klar gespielter Akustikgitarren wurde, bei aller Radiotauglichkeit der meisten Tracks, von Produzent busbee doch auf die Einhaltung eines gewissen ‚organischen‘ Ambientes geachtet und auf die zur Zeit üblichen Effekthaschereien einiger erfolgreicher Vertreter des Genres wohltuend verzichtet.

Das Album und auch das gleichnamige Titellied haben in den Billboard-Charts bereits Top-5 Positionen erklommen. Zu meinen weiteren Favoriten auf dieser abwechslungsreichen Scheibe gesellen sich noch Kompositionen wie die ruhigen „If My Name Is Whiskey“  und „I Need A Ride Home“ (beide mit schöner Dobro, Pianountermalung), aber auch sehr eingängige flockige Nummern wie „Everybody Gonna Talk“ (mit tollen E-Gitarren), das farbenfrohe „Color“ (Fleetwood Mac-Flair), „Doin‘ It Right“ (blecherndes Banjo), das poppige euphorische „Feel Somethin'“ (Powerrefrain, Harmoniegesänge) oder danach das konträr dazu wunderbar melodische, herzzerreißende „You Know Where To Find Me“.

Das Debüt von Carly Pearce „Every Little Thing“ ist ein äußerst empfehlenswertes Album geworden, nicht zuletzt auch aufgrund eines guten Fingerspitzengefühls ihres Produzenten busbee, der hier mit feinem Blick für kleinste musikalische Details, zu punkten weiß. Für Werke dieser Qualität von Künstlerinnen ihrer Güte, werden somit die Türen im Sounds Of South immer geöffnet sein…!

Big Machine Records (2017)
Stil: New Country

01. Hide The Wine
02. Careless
03. Every Little Thing
04. Everybody Gonna Talk
05. Catch Fire
06. If My Name Was Whiskey
07. Color
08. I Need A Ride Home
09. Doin‘ It Right
10. Feel Somethin‘
11. You Know Where To Find Me
12. Honeysuckle
13. Dare Ya

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Midland – On The Rocks – CD-Review

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Eine Newcomer Band, die momentan in Nashville richtig für Furore sorgt, heißt Midland. Hinter dem Namen verbirgt sich ein texanisches Trio, bestehend aus dem ehemaligen Schauspieler und Calvin Klein-Unterwäsche-Model Mark Wystrach (Gesang – sieht mit seiner amüsanten Rotzbremse ein wenig aus wie eine Mischung aus Tom Selleck und James Coburn zu jüngeren Jahren), dem Video-Regisseur Cameron Duddy (Bass) und dem Gitarristen Jess Carson.

Das Projekt ist eher ein reines Zufallsprodukt. Die drei Protagonisten waren Gäste bei einer Hochzeitsfeier eines gemeinsamen Freundes in einem kleinen Kaff in Wyoming. Im Laufe der Nacht schnappte man sich ein paar Instrumente und da man beim Jammen und Spielen soviel Spaß entwickelte, beschloss man einfach, eine Band zu gründen.

Big Machine Records hat sich die Burschen letztendlich gekrallt und für Midlands Debüt „On The Rocks“ mit Dan Huff, Shane McAnally und Josh Osborne ein Nashville-erprobtes Produzententeam gestellt, wobei die beiden Letztgenannten auch beim Songwriting neben den Jungs stark involviert waren (dazu kommen noch weitere prominente Co-Writer wie Rhett Akins, Jonathan Singleton, David Lee Murphy, Luke Laird und Rodney Clawson).

Auch in Sachen Musikern (diesmal Dan Huff omnipräsent) wurde mit Leuten wie u. a. Derek Wells , Ilya Toshinsky, Paul Franklin, Dan Dugmore, Charlie Judge, Danny Rader, Gordon Mote und Greg Morrow das ganz große Besteck herausgeholt.

Man erhält 13 wirklich wunderschön ins Ohr fließende Countrysongs ohne jeglichen modernen Firlefanz der heutigen Zeit, die aufgrund der Eingängigkeit und Vokal-Harmonien sehr stark im Fahrwasser der von Glenn Frey komponierten Songs der Eagles mit schwimmen. Auch Mark Wystrachs Art zu Singen geht in seine Richtung, wobei hier zudem Leute wie Ronnie Dunn, George Strait oder auch Dwight Yoakam unweigerlich in den Sinn kommen.

Das Center-Stück des Albums ist die vorab ausgekoppelte Single „Drinkin‘ Problem“ (herrlicher Schwofer), die in den Billboard-Charts Platz 3 erreichte und samt Video auf Youtube schon über 18 Millionen mal angeklickt wurde. Die digitale Version des Albums (physikalischer Termin 20.10.2017) hat die Band auf bereits Platz 2 gehievt.

Neben den tollen Melodien und Gesängen sind es immer wieder die vielen kleinen eingestreuten instrumentellen Tupfer, die für erheblichen Zusatz-Genuss sorgen. Da sind z. B. die ganzen starken Bariton- und Twin E-Gitarren, viel weinendes Steel-Geleiere (Dugmore und Franklin), Piano-Geklimper, Bläser beim Tex-Mex Stück „At Least You Cried“ oder Mickey Raphaels Harp beim abschließenden „Somewhere On The Wind“, nur als einige unter vielen Highlights herauszuheben.

Midlands „On The Rocks“ zählt ohne Zweifel zurecht zu den wohl prägnantesten und stärksten Veröffentlichungen des Jahres. Die Scheibe ist eigentlich sowohl für Parties, beim abendlichen Date, zum Cruisen, beim Barbecue im Garten, als auch zum gemütlichen Abhängen auf der Couch, überaus vielseitig geeignet. Ganz großes Kompliment an die Herren Wystrach, Duddy und Carson, davon hören wir gerne noch viele weitere Kostproben!

Big Machine Records (2017)
Stil: New Country

01. Lonely For You Only
02. Make A Little
03. Drinkin‘ Problem
04. At Least You Cried
05. Burn Out
06. Out Of Sight
07. More Than A Fever
08. Check Cashin‘ Country
09. Nothin‘ New Under The Neon
10. This Old Heart
11. Altitude Adjustment
12. Electric Rodeo
13. Somewhere On The Wind

Midland
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Shania Twain – Now – CD-Review

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Neuer Stoff der Country Queen nach 15 Jahren! Da wir die Scheibe recht verspätet und auch nur in der um vier Tracks verkürzten Version erhalten haben, versuche ich mich auch recht kompakt zu fassen.

Über Shanias musikalische Erfolge, ihre Lyme-Borreliose-Krankheit, die sie fast die Stimme gekostet hat, die wenig erfreulichen Ereignisse bezüglich ihrer letztendlich gescheiterten Ehe mit Robert ‚Mutt‘ Lange, ihr Kampf zurück ins Künstlerleben samt ihres zweijährigen Las Vegas-Arrangements, wurde ja bereits ausgiebig in den heutigen Begleitmedien berichtet.

Jetzt ist sie nach ihrem ewig zurückliegenden „Up!“ mit „Now“ auch wieder auf kreativer Ebene ins musikalische Scheinwerferlicht zurückgekehrt. Erster Pluspunkt: Sie hat es sich, wie viele prominente Interpreten ihres Levels es vielleicht handhaben würden, nicht so leicht gemacht, sich ihr Comeback regelrecht ‚auf den Leib schneidern‘ zu lassen. Shania hat sämtliche Tracks selbst kreiert und auch mitproduziert.

Trotzdem wurde natürlich nichts dem Zufall überlassen und mit Ron Aniello, Matthew Koma, Jacquire King und Jake Gosling zeitgenössische Produzentenprominenz als kommerzielle Erfolgsgaranten hinzugezogen. Selbstredend, dass auch eine Riesenanzahl an guten Instrumentalisten (u. a. Matt Chamberlain, Roy Bittan, Jude Cole, Max Collins, Eric Darken, Greg Leisz, Chris Donegan, Tim Lauer, Kristin Wilkinson, etc.) und Backgroundsängern (u. a. Dan Book, Jason Wade) eingebunden wurde.

Ich muss zugeben, dass ich nach dem ersten Hördurchgang, abgesehen von dem schönen transparenten Sound und ihrem typisch genäselten Gesang (klingt am Ende eigentlich doch wie damals vor ihrer Erkrankung) und vieler kleiner instrumenteller Finessen, recht enttäuscht war. Mir fehlte auf den ersten Blick der Glanz, die Eingängigkeit und das gewisse Etwas ihrer einstigen Erfolgssongs, mit denen sie früher, einen sofort auf ihre Seite zog.

Davon sollte man sich jedoch nicht irritieren lassen. Es ist eine typische CD, die von Mal zu Mal ‚wächst‘ und peu à peu ihre Strahlkraft immer mehr zu entfalten beginnt. Spätestens nach dem vierten bis fünften Durchlauf wird man dann auch wieder mit den Sonstrukturen, bzw. besonders den Refrains der Kanadierin ‚warm‘.

Bestes Beispiel ist schon der Opener „Swingin‘ With My Eyes Closed“ mit seiner atypischen E-Gitarrenhook, die irgendwie so garnicht zum Reggae-beschwingten Verlauf des Stückes passen will. Mittlerweile mag man das Stück trotzdem ohne Wenn und Aber und muss auch durchaus einen Hitcharakter attestieren. Shania setzt zum Teil auf Retroklänge wie bei Tracks der Marke „Light Of My Life“, „You Can’t By Love“ (herrlich ihr freches „Aw, yeah“ am Ende), die an beste Flower Pop-Zeiten erinnern, oder beim Bläser-trächtigen „We Got Something They Don’t“, bei dem man fast die guten alten Hot Chocolate vor Augen hat.

Weitere Lieder mit Hitpotential sind „Home Now“ (dezentes Banjo, klare Akustikgitarre, Piano, Violine), „Who’s Gonna Be Your Girl“ (atmosphärische Streicher), „More Fun“ (leicht lasziv) und das flockige ”Life’s About To Get Good“, das am meisten an ihre frühere Ära reminisziert. Die eine oder andere Spitze in Richtung des früheren Gatten und der besten Ex-Freundin sind vermutlich aus selbsttherapeutischer Hinsicht und ein wenig Rache in so manchem Text mit integriert worden.

Lediglich das schwermütig polternde „Roll Me To The River“ zündet nicht so ganz. Im Sinne einer positiven mentalen Wende der Künstlerin, hätte ich das traurige „Soldier“ eher irgendwo in die Mitte des Albums platziert und mit dem lebensbejahenden Statement ”Life’s About To Get Good“ in Richtung Zukunft abgeschlossen. Nach Berücksichtigung aller Faktoren ist Shania Twains „Now“ aber eine insgesamt sehr gelungene Rückkehr ins Hier und ‚Jetzt‘!

Mercury Nashville (2017)
Stil: (New Country) Pop

01. Swingin‘ With My Eyes Closed
02. Home Now
03. Light Of My Life
04. Poor Me
05. Who’s Gonna Be Your Girl
06. More Fun
07. I’m Alright
08. Roll Me On The River
09. We Got Something They Don’t
10. You Can’t Buy Love
11. Life’s About To Get Good
12. Soldier

Shania Twain
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Lindsay Ell – Support: Walker McGuire – 05.10.2017, Blue Shell, Köln – Konzertbericht

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Auftakt in Sounds Of South für einen Kraftakt mit drei Konzerten an drei aufeinander folgenden Tagen. Den Anfang machte die kanadische New Country-Hoffnungsträgerin Lindsay Ell, die mit den beiden Burschen Jordan Walker Johnny McGuire, alias Walker McGuire, noch einen höchst talentierten Support-Act im Kölner Blue Shell mit dabei hatte.

Pünktlich wie die Maurer betraten Walker McGuire um 21:00 Uhr die kleine, in Rottönen recht spärlich ausgeleuchtete Bühne und setzten sich mit ihren Akustikgitarren auf die bereitgestellten Hocker. Schon beim Opener „Back Together“ erhielt man eigentlich bereits den Vorgeschmack auf das, was bei den sechs weiteren Stücken, in der insgesamt 35 Minuten währenden Spielzeit, passieren wird.

Und zwar wunderbar melodische Songs mit sich abwechselnden Lead vocals, immer wieder durchzogen von perfekt sitzenden Harmoniegesängen Marke Mini-Eagles, unterlegt mit einem flockigen Akustikgitarrenspiel beider Akteure. Wie wir von ihrem Tourmanager erfuhren, bringen die Jungs im Dezember eine neue CD auf den Markt. Als Appetizer hierzu gab das Texas/Kansas-Duo dann eigene Kompositionen wie „Mysteries Of The World“, das launige, einem Cancoon-Urlaub zu verdankende „What’s Your Name“, das einem ihrer Idole – John Mellencamp – angenäherte „18 Forever“ und „When It Rains It Pours“ zum Besten.

Anlässlich des plötzlichen Todes von Tom Petty hatten sie noch „Mary Jane’s Last Dance“ als Coverstück zu seinen Ehren parat, um danach mit ihrem bereits ausgekoppelten Top-40 Hit „‘Til Tomorrow“, eine kurzweilige gute halbe Stunde abzuschließen. Auch wenn es zunächst mal Kaffesatzleserei ist, mutmaßen wir mal, dass ihr neues Werk, dann mit Unterstützung der bewährten Nashville-Studio-Musiker, Liebhaber von Acts wie z. B. Love & Theft, Luke Combs, Halfway To Hazard, Sundy Best & Co. ansprechen wird. Gute Burschen!

Eine knappe Viertelstunde später trat dann der in Natura sehr klein und zierlich erscheinende Hauptact des Abends, Lindsay Ell, aufs Podium. Sie ist bereits seit 2010 beim starken Broken Bow–Unterlabel Stoney Creek Records unter Vertrag und hatte mit „The Project“ ihr aktuelles Album zur Vorstellung mit auf Reise, das von keinem Geringeren als der männlichen Sugerland-Hälfte Kristian Bush produziert worden ist (CD-Review folgt demnächst separat).

Die hübsche Blondine, einst von BTOs Randy Bachman entdeckt, hatte ja bereits vor geraumer Zeit im Schlepptau von The Band Perry in Köln ihr Können gezeigt und so hatten sich, für einen Länderspiel Abend der DFB-Vasallen, doch ganz manierliche 80 Zuschauer im Blue Shell eingefunden.

Auch Lindsay gelang es als Allein-Unterhalterin, ihren gut 60 Minuten währenden Gig sehr abwechslungsreich und ohne Längen zu gestalten. Dabei bewies das quirlige Leichtgewicht schon zum Auftakt bei „Wildfire“ ihre E-Gitarrenspiel-Qualitäten auf ihrer bunt gestylten Stratocaster mit teilweise bluesrockigem Touch, der nicht zuletzt – vermutlich als Ergebnis früheren intensiven Tourens mit Blues-Legende Buddy Guy – hinterblieben ist.

Über „The Project“-Tracks wie „Mint“, das flockige „Waiting On You“, das süffisante, R&B-angelehnte „Champagne“ (mit an einem E-Pad erzeugten Rhythmus-Effekten angetrieben) schritt sie zum ersten Coverstück „Slow Dancing In A Burning Room“, einer wunderbaren John Mayer-Ballade, die auch von ihr mit großartigem E-Gitarrenspiel plus Solo atmosphärisch dicht performt wurde.

Mit dem interaktiv gehaltenen „Good“ lotete sie einfach mal die vokalen Qualitäten der anwesenden Audienz aus, die ihrem Nachsingwunsch des Titels im kurzen Akustikteil des Abends ’stante pede‘ folgte. Ihre Wut über die schrecklichen Geschehnisse in Las Vegas entlud sich im, mit knarziger E-Gitarre untermalten und emotional besungenen „Castle“, für mich mit ein Highlight des Gigs.

Mit Reminiszenzen an alte Klassiker-E-Riffs von Tracks wie „Stairway To Heaven“, „Sweet Home Alabama“ als Intro mündete sie in Stevie Wonders „Superstition“, wo sie auch ihr Potential als Soulsängerin offenbahrte. Das melodische „Space“ sowie das wieder mit Stimmgeräuschen als Rhythmusgeber digital effekthascherisch versetzte „Criminal“ (mit krachendem E-Solo) beendeten einen kompakten, spielfreudigen sowie sehen- und hörenswerten Auftritt der Protagonistin, der vielleicht nur ein wenig Country-lastiger hätte ausfallen dürfen.

Die sympathische Künstlerin, ließ es sich nach dem Gig nicht nehmen, am Merchandising-Pult sämtliche Autogramm- und Bildwünsche bis zum letzten anstehenden Zuschauer zu erfüllen (ihr Manager hatte mit den unterschiedlichen Handys Schwerstarbeit zu verrichten) und posierte natürlich auch letzten Endes mit unseren Logo für die SoS-VIP-Galerie.

Dabei gab Lindsay uns bereits zu verstehen, dass sie voraussichtlich im März kommenden Jahres, – diesmal mit echter Bandunterstüzung – in die Domstadt zurückkehren wird und unterbreitete uns auch direkt eine Interviewmöglichkeit. Angesichts ihrer jetzt schon starken Solo-Leistung sind das doch mal schon hervorragende Aussichten für 2018. Wir kommen natürlich auch ein zweites Mal gerne wieder…

Line-up Lindsay Ell:
Lindsay Ell (lead vocals, electric guitar, acoustic guitar, percussion)

Line-up Walker McGuire:
Jordan Walker (lead vocals, acoustic guitar, harmony vocals)
Johnny McGuire (lead vocals, acoustic guitar, harmony vocals)

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Wizard Promotions
Blue Shell Köln

Six Sanchez – ‚Till The Last One’s Gone – CD-Review

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Hervorragendes „Real Country“-Debüt von Six Sanchez. Der in Austin geborene und in Zentral-Texas aufgewachsene Musiker veröffentlicht sein erstes Solo-Album unter der Regie von Trent Willmon.

Sanchez, zu einer Karriere als Countrykünstler animiert und unterstützt von seinem Vater, hatte früher schon einmal mit seiner Ex-Band Lost Wolf mit dem Song „She’s Gone“ einen Top-10-Hit in den Texas Music-Charts zu verzeichnen.

Unter den Fittichen von Trent Willmon, der alle Stücke mit diversen Co-Writern u. a. wie Brandon Lay, Chris Cavanaugh, Larry McCoy und Adam Yarger komponiert und produziert hat, überzeugt der Protagonist auf ganzer Linie.

Im besonderen Fokus dürfte die erste Single „Dance In The Rain“ (knackig stampfender Countryrocker mit viel Bakersfield-Drive) stehen, bei der kein geringerer als Shooting Star Chris Stapleton kompositorisch involviert war. Six beweist sein Talent in dieser Hinsicht bei der wunderbar Pathos-getränkten Ballade „Talkin‘ With My  Hands“. Einzige Fremdkreation ist das aus der Feder von Jeff Bates, Ben Hayslip und Rusty Tabor stammende „You Can’t Take It With You“ (auch eine schöne Ballade mit weinender Steel und Bariton-E-Gitarre).

Seine kräftige Stimme zeichnet sich durch den typischen Country-Schmelz neo-traditionalistischer Kollegen wie Blake Shelton, Justin Moore, Dustin Lynch & Co. aus.

Einen weiteren, nicht unerheblichen Teil am Gelingen des Werkes, haben die grandios aufspielenden und zusammenwirkenden Musiker Brian Pruitt (drums), Steve Bryant (bass), Carl Miner (acoustic guitar, banjo), die beiden filigranen E-Gitarristen JT Corenflos und Justin Ostrander, der omnipräsente Scotty Sanders (steel guitar), David Dorn (keys) und Russell Terrell (bgv).

Und so zünden auch alle anderen Tracks wie die beiden flockigen Opener „She’s Got Her Country On“ (klasse Banjo-Untermalung) und das launig groovende „Broken Heart“ (Orgel, Piano, klasse zweigeteiltes Southern E-Solo), die beiden saustarken relaxten Southern Soul-Stücke „Blue Collar“ sowie „Old Soul“ (mit tollen E-Gitarren), die fulminant, in Bakersfield-Manier abgehende Uptemponummer „My Thang“, das southern-blues-rockige „One Of Those“ (knarzende Bariton- und Slide-Gitarre, gurgelnde Orgel) und das melancholische Titelstück am Ende, als überaus kurzweiliger Mix.

In Anlehnung an das allseits bekannte, gegenseitige Abklatschen, nach einer gelungenen Aktion mit einem ‚Gimme Five‘, kann es bei uns nach dem starken Debüt „‚Till The Last One’s Gone“ des texanischen Durchstarters eigentlich nur heißen: „Gimme Six… Sanchez“! Klasse Scheibe!

Burning Canoe Records (2017)
Stil: New Country

01. She’s Got Her Country On
02. Broken Heart
03. Blue Collar
04. Talkin‘ With My Hands
05. My Thang
06. Old Soul
07. Dance In The Rain
08. You Can’t Take It With You
09. One Of Those
10. ‚Till The Last One’s Gone

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Bärchen Records

Kip Moore – Slowheart – CD-Review

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Kip Moore ist ein Bursche, der viele Talente in sich vereint. Dem stand leider auch lange Zeit eine ‚Komm ich heute nicht, komm ich morgen‘-Mentalität entgegen. Sein Basketballspiel war nicht zu verachten, aber als Sohn eines Golfprofis wurde ihm das Schlagen, Chippen und Putten mit dem kleinen Dimples-bestückten Kunststoffball natürlich besonders mit in die Wiege gelegt, was ihm sogar ein Stipendium an einer Universität einbrachte.

Dort entdeckte er seine Vorliebe für die Musik und begann sowohl solo als auch in Bands aufzutreten. Nach dem Abschluss tauchte er erstmal für ein halbes Jahr auf Hawaii ab, wo schließlich der Entschluss reifte, es in Nashville zu versuchen. Zunächst als Songlieferant für Interpreten wie u. a. Jake Owen und Thompson Square tätig, zog er die Aufmerksamkeit von Hitschreiber Brett James auf sich, der ihn dann mit dem erfolgreichen Debütwerk „Up All Night“ so richtig in die musikalische Spur brachte.

Nach dem nicht minder gelungenen „Wild Ones“ legt Kip Moore jetzt mit „Longheart“ sein drittes Album vor, das er diesmal weitestgehend allein produziert hat, sporadisch wurden hier noch David Garcia und Luke Dick mit eingebunden, die sich auch bei den Songwriter- und Instrumentalisten-Credits wiederfinden. Großes Lob vorab! Auch auf dieser CD hat Kip wieder fast alle Stücke mitkreiert, Josh Kear, Dan Couch, Josh Miller, Blair Daly, Troy Verges, David Lee Murphy sind weitere bekannte Co-Writer in der Szene.

Auch ohne die typischen Instrumente wie Steel, Fiddle, Banjo, etc. auskommend (lediglich eine von Dan Tyminski gespielte Mandoline ist vertreten), gelingt es hier, mit den Tracks einen Nashville-Bezug herzustellen. Das ist in erster Linie den Gitarrenkönnern Rob McNelley, Tom Bukovac und Danny Rader zu verdanken, die mit ihren markanten Spieleinlagen sehr viel Southern-Flair erzeugen und das Gesamtwerk somit zum Teil in Richtung von Vertretern wie Jason Aldean, Brantley Gilbert, Eric Church & Co. rücken.

Beste Beispiel sind Songs wie „Just Another Girl“, “Fast Women“, „Blonde“ und „Last Shot“, bei denen sie in Sachen Hooks, Fills und Soli teilweise herrlich Southern Rock-mäßig in die Saiten greifen! Natürlich sind auch wieder jede Menge eingängige hittaugliche Nummern (z. T. mit viel Heartland-Flair) vertreten. Hier stechen besonders der flockige Opener „Plead The Fifth“, das treibende „I’ve Been Around“, das hymnische, stadion-taugliche „Bittersweet Company“, das launige „Sunburn“ (U2-Rhythmus-E-Gitarre), „The Bull“ (dezente Fleetwood Mac-Note) und das poppig euphorische „Good Thing“ hervor.

Wer gerne geschmackvoll inszenierte Balladen hört, ist hier, bei in der Trackliste gut platzierten Liedern wie „Fast Women“, „More Girls Like You“ oder „Try Again“, bestens aufgehoben. Und am Ende überrascht Kip Moore dann noch mit dem, in dylaneskem Erzählstil vorgetragenen „Guitar Man“, wo er so etwas wie eine Art Seelenstriptease in eigener Sache betreibt.

Kip Moore, der von sich sagt „Musik ist meine einzige echte Liebe, alles andere sind nur Affären“ liefert mit seinem dritten Lonplayer „Slowheart“ sein vielleicht bisher persönlichstes, aber auch bestes Album ab. Sehr empfehlenswert!

MCA Nashville (2017)
Stil: New Country

01. Plead The Fifth
02. Just Another Girl
03. I’ve Been Around
04. Fast Women
05. Bittersweet Company
06. Sunburn
07. More Girls Like You
08. The Bull
09. Blonde
10. Good Thing
11. Last Shot
12. Try Again
13. Guitar Man

Kip Moore
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SIMO – Rise & Shine – CD-Review

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Mit ihrem zweiten Longplayer „Rise & Shine“ ist den Mannen um JD Simo am Mikro und den Gitarren ein starkes, psychedelisch angehauchtes Album gelungen, dessen Qualitäten dem Zuhörer vielleicht erst nach mehrmaligem Hören bewusst werden.

Ergänzt durch Elad Shapiro am Bass und Adam Abrashoff an den Drums, präsentiert sich die Band, welche sich selbst dem Genre Psych Soul zuordnet, in Spiellaune, die durchgehend psychedelischen Charakter aufweist, aber außer Soul auch vielfältige Elemente beinhaltet, die dem Blues, Hardrock, Funk, aber auch der Southern Rock-Sparte zugeordnet werden können. Diese Vielfältigkeit zeigt sich besonders im Song „Meditation“, der zunächst funkig, Prince-ähnlich daherkommt, um im Refrain vom Volumen her, an Songs der „Use Your Illusions“-Ära der Guns’n’Roses anzuknüpfen.

Mit „I Want Love“ gelingt eine bluesig soulige Ballade. Bei „The Climb“ wird das pschedelische Gitarrenspiel mehrfach von Passagen unterbrochen, die ein wenig an Melodien aus Italowestern erinnern und nahezu einige Beziehungspunkte zum Heimatort der Band, nämlich Nashville, erahnen lassen, um im Folgesong „Light The Candle“ ein Szenario zu erzeugen, welches auch in die Zeiten der Jimmy Hendrix Experience gepasst hätte.

„Be With You“ beweist, dass Southern-Rhythmen auch im psychedelischen Gewand eindrucksvoll daherkommen können. Die akustisch melancholische Bluesnummer „The Light“ verbindet Gefühle vom „House Of The Rising Sun“, aber auch morbider alter Doors-Tracks und leitet in den 13 minütigen Abschlusssong über. „I Pray“, sehr gitarrenorientiert, zum Teil orientalisch angehaucht, eignet sich auf Konzerten für ausladende Jamsessions.

Fazit: Das Stück „Meditation“ sagt vom Titel schon viel aus, wie die Scheibe auf den Zuhörer wirken kann. Insgesamt eine starke CD, mit abwechslungsreichem Gesang, einer im Vordergrund stehenden E-Gitarre, mit verschiedensten Stilrichtungen, die von einer sicheren Ryhytmussektion am Bass und Drums unterstützt wird. Wer auf reinen Mainstream steht, könnte beim Hören allerdings überfordert sein oder wegen des überaus psychedelischen Charakters, erst bei diversen Hördurchgängen und entsprechender Atmosphäre, den entsprechenden Zugang finden. Interessant wird sein, wie Simo und Genossen, nur zu dritt, die Songs auf die Bühne bringen.

Provogue (Mascot Label Group) (2017)
Stil: Psychedelic Rock

01. Return
02. Meditation
03. Shine
04. People Say
05. Don’t Waste Time
06. I Want Love
07. The Climb
08. Light The Candle
09. Be With You
10. The Light
11. I Pray

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Thomas Rhett – Life Changes – CD-Review

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Es war einmal ein Vater, der Mitte der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrtausends in Nashville erste musikalische Erfolge feierte (hatte mit „That Ain’t My Truck“ und „Don’t Get Me Started“ zwei absolute Hit-Singles) und dem sogenannten ‚New Traditionalist Movement‘ angehörte. Er brachte einige sehr schöne Alben heraus, wir erinnern uns z. B. an das sogar Southern Rock-umwehte „Friday Night In Dixie“. Der permanente kommerzielle Erfolg blieb ihm jedoch trotz anhaltender Beliebtheit und einiger weiterer Alben versagt.

Dieser Vater hieß Rhett Akins und bekam 1990 einen Sohn namens Thomas Rhett Akins jr. Im Laufe der Zeit stellte sich heraus, dass dieser Bursche ebenfalls Countrymusik-Gene in sich trägt. Er schrieb zunächst Tantiemen-trächtige Stücke für andere Interpreten, bis er unter dem Namen Thomas Rhett 2012 den Sprung ins kalte Wasser in eigener Hinsicht wagte.

Mit „It Goes Like This“ brachte er dann einen richtig starkes New Country-Debüt-Album heraus, dass auch in kommerzieller Hinsicht recht gut punktete. Dann kam die große Zeit von Interpreten wie Taylor Swift, Sam Hunt, Florida Georgia Line & Co., wo man entdeckte, dass man unter gewissen Umständen, auch im Pop-Sektor gewinnbringende Klientelerweiterung betreiben kann, sofern man bereit war, größtmögliche musikalische Flexibilität zu beweisen, bzw. seine Herkunft auch mal dezent zu vergessen.

Auch Thomas Rhett, gewarnt vermutlich vom damals plötzlich abebbenden Erfolg des Vaters, nahm diesen Trend zur Kenntnis. Mittlerweile auf gleichem Label wie Swift gelandet, legte er mit „Tangled Up“ ein megaerfolgreiches Werk nach, das aber noch einigermaßen, seine bisherige Stammkundschaft im Auge behielt. Es funktionierte also auch mehrgleisig.

Mittlerweile hat der gute Thomas sein drittes Werk“ mit dem bezeichnenden Titel „Life Changes“ am Start. Diesmal gibt es Pop und R& B fast pur, als kleines Leckerli für seine Countryfreunde hat er mit „Drink A Little Beer“ (performt mit seinem Vater) noch einen Song, sowie ein paar dezente Tupfer (etwas Alibi-Steel, Einbindung von Maren Morris bei einem Duett) übrig gelassen. Damit das nicht ganz so auffällt und die Country-Gemeinde nicht komplett verprellt wird , hat er mit Dann Huff als Teil-Produzent und den ganzen arrivierten Nashville- Musikern, bei der instrumentellen Umsetzung, den Schein zumindest gewahrt.

Vom absolut Chart-tauglichen, sehr flockigen Opener „Craving You“ (erreichte Platz 3 der Country-Single-Charts) bis zum finalen „Grave“ (mittlerweile auch in den Top-25) wimmelt es auf diesem Silberling nur so von hittauglichem Material, das durch moderne Rhythmen, Effekte und sich festsetzende Refrains getragen wird und glasklar auf das große, unkritische Massenpublikum abzielt.

Somit ist „Life Changes“ von Thomas Rhett letzten Endes aus Sicht von Genießern unserer Sorte als nettes Pop-Album mit ein bisschen Country einzustufen, allerdings – zugegeben – auf ganz hohem musikalischen Niveau! Vielleicht sollten sich Vater und Sohnemann zusammen auf die Terrasse setzen und wieder einmal die o. a. Scheibe „Friday Night In Dixie“ auflegen, um zu realisieren, wo ihre Wurzeln im Eigentlichen beherbergt sind…

Valory Records (2017)
Stil: New Country / Pop

01. Craving You (feat. Maren Morris)
02. Unforgettable
03. Sixteen
04. Drink A Little Beer (feat. Rhett Akins)
05. Marry Me
06. Leave Right Now
07. Smooth Like The Summer
08. Life Changes
09. When You Look Like That
10. Sweatheart
11. Kiss Me Like A Stranger
12. Renegades
13. Gateway Love
14. Grave

Thomas Rhett
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Universal Music

Kirk Baxley – The Pain We Bring – CD-Review

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Bärenstarkes CD-Debüt von Kirk Baxley. Die Zeiten, wo im Red Dirt-Genre die neuen Scheiben und Bands wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, gehören leider mittlerweile der Vergangenheit an, auch wenn natürlich die Aushängeschilder des Genres durchaus weiter präsent sind.

Man freut sich aber um so mehr, wenn dann plötzlich unverhofft, richtig starke neue, recht unbekannte Interpreten auftauchen, wie es jetzt mit Kirk Baxley und seinem ersten Longplayer „The Pain We Bring“ der Fall ist. Der Musiker aus Belton, Texas,  mittlerweile zwischen dem Lonestar State und Nashville viel hin und her pendelnd, hat nach zwei Kurz-EPs, unter Regie der Novel Music Group und dem bekannten Smith Entertainment Vertrieb, zum ersten großen Wurf ausgeholt. Ein ganz starkes Werk.

Der Independant-Produzent Chad Mauldin hat ganze Arbeit geleistet und ein wunderbar transparent klingendes Werk, bestehend aus zwölf fein instrumentierten und sehr melodisch inszenierten Tracks geschaffen. Nicht zu vergessen der Protagonist Kirk Baxley, der mit einer sehr angenehmen und variablen Stimme gesegnet ist (Richtung Mike Eli, Wade Bowen, Don Henley), und ein Händchen für gutes Sonwriting besitzt (alle Stücke selbst komponiert, nur 2x mit Cameran Nelson als Co-Schreiber).

Der von einer flockigen E-Gitarre angetriebene, rhythmische Opener „Small Town“ erinnert sofort an Sachen von Bands wie der Eli Young Band oder No Justice, und macht sofort Lust auf mehr. Herrlich dann das atmosphärische countryeske Titelstück, das mit seiner wimmernden Steelgitarre (fast in allen Stücken präsent, Milo Deering ist in den Credits aufgeführt) und den dezenten Mandolinentupfern zu gefallen weiß.

Das wieder mit kratzig rockiger E-Gitarre (dazu tolles heulendes  Slide-Solo) und leiernder Steel ausgestattete „Bringing Her Back“ erinnert an Großtaten eines Wade Bowen. Als Single wurde aber zunächst die Nashville-taugliche New Country-Nummer „Moving On“ (typischer Powerrefrain, klasse E-Kurz-Solo) auserkoren.

Mit „If Only“ (mit herrlicher Mandoline), „Leaving“ (knarzende Dobro und Fiddle),  „A Better Man“ (Fiddle, Steel, herrlicher Countryschwofer) oder dem melancholischen Finale mit „This Love Will Last“ (schöne southern-mäßige E-Gitarren-Zwischenpassage) beweist Baxley auch sein Gespür für kitschfreie, aber durchaus berührende Balladen

Weitere Highlights sind Lieder wie das grassige „Do You Think Of Me (Constantly)“ oder das wunderbar, texas-typische Duett mit der grandios singenden Kylie Frey bei „Cold As A Stone“, wie man es von Kacey Musgraves und Josh Abbott im Gedächtnis hat. Auch das radio-taugliche „Afraid Of Her Tears“ (Richtung Eli Young Band, No Justice), hat Ohrwurmqualitäten.

So verwundert es nicht, dass Kollegen wie Aaron Watson („Kirk paints his own picture by pouring nothing but heart and soul into his songs“) und Bri Bagwell („I was blown away by the range of tunes and the depth of songwriting on this record, I can’t wait to witness the success of the release“) Kirk Baxley mit Lob nahezu überschütten.

Der Schmerz, den Kirk Baxley mit seinem Debüt „The Pain We Bring“ verbreitet, beschränkt sich wohl eher auf textliche Elemente in seinen z. T. Gänsehaut verbreitenden, als auch herzzerreißenden Balladen auf diesem Werk, ansonsten dominiert hier die große Freude, mit ihm einen saustarken, frisch klingenden und höchst kreativen Interpreten in der Red Dirt-Szene begrüßen zu dürfen. Eine exzellente Leistung, die schon jetzt Lust auf Mehr macht!

Novel Music Group (2017)
Stil: Red Dirt

01. Small Town
02. The Pain We Bring
03. Bringing Her Back
04. If Only
05. Nothing On
06. Do You Think Of Me (Constantly)
07. Cold As A Stone (feat. Kyle Frey)
08. Leaving
09. Afraid Of Her Tears
10. A Better Man
11. Don’t Stop Loving Me
12. This Love Will Last

Kirk Baxley
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Bärchen Records