Jeffrey Steele – Outlaw – CD-Review

Für jeden, der sich mit New Country-Musik näher beschäftigt, ist Jeffrey Steele ein wohl klingender Name.Ja, man fragt sich bald schon, welcher der sich von Fremdkompositionen bedienenden Künstler des Genres mal ohne einen Song aus der Feder des in Burbank geborenen Kaliforniers auskommt. Hier nur ein kleiner Auszug der langen Liste von tantiemen-trächtigen Steele-Stücken, die man sich auf der Zunge zergehen lassen kann: “Speed” und “My Town” von Montgomery Gentry, “Now” von Lonestar, “When The Lights Go Down” von Faith Hill, “The Cowboy In Me” von Tim McGraw, “Chrome” von Trace Adkins, “These Days” von Rascal Flatts, “If That Ain’t Country von Anthony Smith, Diamond Rios “Unbelieveable” und und und.

Als aktiver Musiker wird er hierzulande eher den Insidern der Szene bekannt sein. Anfang bis Mitte der Neunziger Jahre trat er als Sänger und Bassist der Gruppe Boy Howdy in Erscheinung, die immerhin drei Alben einspielten und mit „She’d give anything“ ihren größten Hit erzielten. Vor einigen Jahren ging der Start der Solo-Karriere zunächst in die Hose. Das bereits fertige Werk „Somethin’ In The Water“ wurde nicht veröffentlicht. Um so erfreulicher, dass es jetzt mit seinem aktuellen Silberling „Outlaw“ geklappt hat. Ein starkes Teil!

Das Werk offenbart ähnlich wie bei Montgomery Gentry gleich zwei Herzen, die in Jeffreys Brust zu schlagen scheinen: Zum einen geradliniger New Country, zum anderen eine wohl dosierte Portion Southern Rock; eine regelrechte Spielwiese für die Anzahl hochkarätiger Musiker wie Chad Cromwell, Greg Morrow, Glenn Worf, Tom Bukovac, Pat Buchanan, Al Anderson, John Willis oder die Multiinstrumentalisten Russ Pahl und Jonathan Yudkin, nur um ein paar zu nennen. Zentralisiert wird das eigentlich schon beim Auftaktstück „Countrified“. Im Strophenbereich atmosphärisches Countryfeeling, beim Refrain röhrt Jeffrey im Stile von Johnny Van Zant oder Anthony Smith, begleitet von Banjounterlegung, heulenden Fiddels und voluminösen E-Gitarren.

Weitere Beispiele wo die Grenzen beider Richtungen harmonisch ineinander verschmelzen: „Dance“ mit viel Honkytonk, „Good Year For The Outlaw“ mit grandios stampfendem Swamp-Rhythmus, „Just The Way We Do It“, ein Mitgröler mit deutlichen Anspielungen auf Skynyrds „Gimme Three Steps“, das fast bedrohlich wirkende „Shotglass“ mit gar Molly Hatchet-artigen Slides, die relaxt dahinrauschenden „That’s The Stuff“ und „Once A Cowboy“ mit kleinen E-Gitarrenzupfern und zum Teil schönen Double-Leads. Das schwül-psychedelisch anmutende „Swamp Thang“ mit seinem Voodoo-Flair wird immer wieder von knallharten, schon fast metalltauglichen, E-Gitarren durchbrochen. Zeit zum Durchatmen gibt es zwischendurch mit melodischen Midtempo-Songs, denen man guten Gewissens Hitambitionen nachsagen kann, ohne aufdringlich zu wirken.

Da wären das wunderschöne „Twenty Years Ago“, von dem es am Ende noch eine Unplugged Live Version als Zugabe gibt, oder „I Can’t Stop You“, das man auch auf dem gerade erschienenen Werk „Bring it on“ der „Melodic-Hardrock/Southern/Country-Metal“-Truppe „Ironhorse“ bewundern kann. Die überaus knackige Produktion und auch reichhaltige Spielzeit von über einer Stunde bieten weiteren Anlass zur Freude. Alles in allem eine tolle Leistung von Jeffrey Steele, die nach Nachschlag verlangt.

Lofton Creek Records (2004)
Stil: New Country / Southern Rock

01. Countrified
02. Twenty Years Ago
03. Dance
04. Good Year For The Outlaw
05. I Can’t Stop You
06. Just the Way We Do It
07. Shot Glass
08. That’s The Stuff
09. Runnin’s What I’m Runnin‘ From
10. Once A Cowboy
11. Drive
12. What a Life
13. She Must Be So Happy
14. Swamp Thang
15. Twenty Years Ago (Acoustic)

Jeffrey Steele
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Van Zant – Get Right With The Man – CD-Review

Dritte Zusammenarbeit der beiden Van Zant-Brüder Donnie (38 Special) und Johnny (Lynyrd Skynyrd)! Um es gleich vorweg zu nehmen: Ganz klar die stärkste, und das ohne Wenn und Aber! Zwei gestandene Southern Rocker begeben sich auf, natürlich schön southern-infizierte, New Country-/Countryrock-Pfade und machen der Konkurrenz à la Montgomery Gentry & Co. mächtig Dampf „unterm Hintern“! Die beiden Vorgängeralben „Brother To Brother“ und „II“ waren sicherlich nicht von schlechten Eltern, klangen jedoch, auch wenn Donnie und Johnny ihre Southern-Roots nicht verleugneten, recht mainstreamig und (vor allem das zweite) ziemlich glatt.

Und besinnt man sich nun auf die Neigungen ihres großen Bruders Ronnie zurück, was lag da näher, als es mal mit einem southern-lastigen Country(rock)-Album zu versuchen, denn der liebte es schon damals die Einflüsse des Genres in so manchem Skynyrd-Songs unterzubringen, wie Stücke der Marke „Mississippi Kid“, „Made In Shade“, „Honky Tonk Night Time Man“ und andere eindeutig beweisen. So ist diese Entwicklung durchaus als konsequent zu bezeichnen, zumal Southern-orientierte Country-Musik in Nashville als Nische eigentlich noch nicht übermäßig besetzt ist, aber durchaus von Erfolg begleitet sein kann, wie es die bereits erwähnten Montgomery Gentry, Travis Tritt und ein paar Kollegen nachhaltig beweisen.

Und einer, der es ebenfalls vorgemacht hat, wie man beide Stilarten harmonisch miteinander kombinieren kann, ist Jeffrey Steele, der vor einigen Monaten ein überragendes Werk mit “Outlaw“ hingelegt hatte. Jener Mr. Steele wurde in nicht unerheblichem Maße beim Songwriting mit Donnie und Johnny, sowie als Backgroundsänger bei „Get Right With The Man“ eingebunden (hat auch eine kleine Gesangspassage bei „Been There Done That“), und auch Tom Hambridge ist in kompositorischer Hinsicht keine Zufalls-Wahl, denn auch der hat bereits häufiger bewiesen, dass er sich auf beiden Terrains bestens auskennt. Dritte im Songwriting-Bunde sind die Warren Brothers, die auch schon öfter für Skynyrd gearbeitet haben und somit ebenso als Experten beider Areale gelten.

Bleibt festzustellen, das hier durch eine brillante Wahl in Sachen Co-Writer, sowie intelligent gewählter Fremdschreiber, die gesunde Basis für eine prächtige Scheibe gelegt wurde. Der Kreis der Musiker, die sich an die delikate Angelegenheit herantrauen durften, ist klein, dafür aber umso exklusiver: Drums-Greg Morrow; Akustik-Gitarre-John Willis; Electric-Gitarren-Tom Bukovac, Kenny Greenberg; Bass-Michael Rhodes, Glenn Worff; Keyboards-Reese Wynans; Steel, Banjo-Russ Pahl; Fiddle-Glen Duncan; Percussion-Greg Morrow, Eric Darken; Background Vocals-Bekka Bramlett, Trez, Perry Coleman, Jeffrey Steele!

Dementsprechend spielt sich hier alles auf einem hohen Niveau ab. Hochkarätige Profis, die es vor allen Dingen auch richtig „southern“ können, halt, wobei natürlich auch die starken Gesangsleistungen der Van Zants explizit hervorzuheben sind. Beide klingen sehr frisch! Man merkt Ihnen den Spaß an der Geschichte deutlich an. Da wird sich variabel den Stimmungen der Lieder angepasst, aber auch geröhrt, gebölkt, gelacht, geflachst und sich zum Teil die Bälle im Duett zugespielt, wie beim rock’n’rolligen Gute Laune-Honkytonker „Plain Jane“. Nicht zu vergessen die herrlich, den Punkt treffenden. immer wieder geschickt eingestreuten, weiblichen Backgrounds, wobei Bekka Bramlett eine überragende Figur abgibt.

Der starke Opener „Takin’ Up Space“ kommt als fast 99%er Southern-Rocker daher, in einer absolut fetzigen Version einer imaginären Band, die „38 Skynyrd“ heißen könnte. „Country“ klingt da eigentlich nur ein im Break plötzlich auftauchendes Banjo. Dennoch, trotz des gewichtigen Southern-Anteils und des insgesamt recht rockigen Charakters, ist die knackige New Country-Note stets präsent. Das Schlagen der musikalischen Brücke zwischen Southern Rock und New Country ist bestens gelungen. Sehr Southern gewichtig sind noch „Sweet Mama“ (starkes Skynyrd-Cover von der „Vicious Cycle“-CD), „I Know My History“ (Biker-taugliche, Skynyrd-lastige Nummer), „I’m Doin’ Alright“ (könnte aus der 38 Special-Anfangsphase stammen), das zu Beginn recht holprige, aber schön rhythmisch dahin stampfende „Lovin’ You“, welches mittels der einsetzenden, satten SlideGitarre und dem Refrain mächtig Fahrt gewinnt, das bereits erwähnte „Plain Jane“, sowie „Been There Done That“, das auf dem rockigen, vorletzten Skynyrd-Album „Edge Of Forever“ keinen Vergleich hätten scheuen müssen.

Die Countryelemente stehen richtigerweise bei den Nummern im Vordergrund, bei denen man etwas mehr auf’s Bremspedal tritt. Wie bei solch melodischen Tracks, wie „Nobody Gonna Tell Me What To Do“, der Single „Help Somebody“ oder „I Can’t Help Myself“! Hier bekommen Banjo und Steelgitarre reichhaltigen Spielraum. Die Songs stecken aber dank knackiger Drums und fetter E-Gitarren-Einlagen dennoch voller Power!

Fazit: Donnie und Johnny Van Zant haben ein richtig starkes Southern-(New)Country(rock)-Album abgeliefert, das sowohl in Nashville, als auch in Atlanta oder Jacksonville (und natürlich bei uns) gefeiert werden dürfte. War nicht unbedingt zu erwarten, ist aber umso erfreulicher! Super Leistung, Boys! So „Get Right With The Van Zants“!

Columbia Records, 2005
Stil: New Country / Southern Rock

01. Takin‘ Up Space
02. Nobody Gonna Tell Me What To Do
03. Sweet Mama
04. Help Somebody
05. Things I Miss The Most
06. I Know My History
07. I Can’t Help Myself
08. I’m Doin‘ Alright
09. Lovin‘ You
10. Plain Jane
11. Been There Done That

Van Zant
Bärchen Records

Rambler (Southern Rock) – First Things First – CD-Review

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Manchmal hat man die Qual der Wahl im Leben. So standen am 17.04.04 zwei tolle Events zur Auswahl und ich musste – das war klar – auf eines von beiden verzichten. Da gab es die Eroberung der AOL-Arena in der schönen Stadt Hamburg durch Rot-Weiss Essen mit einem 4:0 Kantersieg, das sich damit auf den längst fälligen Spitzenplatz der Liga katapultierte.

Da ich meinen Club ja noch in näherer Zukunft des Öfteren sehen kann, entschied ich mich schweren Herzens für Alternative zwei, dem alljährlichen ‚Blue-Highways-Festival‘ im niederländischen Utrecht (mit malerischer Innenstadt, in der auch das Musikzentrum Vredenburg liegt), gespickt mit einer fulminanten Besetzung, die das Herz eines jeden (New-) Country- oder Rootsrockfans höher schlagen lässt: Reckless Kelly, Caitlin Cary, Chris Hillman mit Al Perkins, Allison Moorer, Rodney Crowell, Drive-by Truckers und noch einige andere sehenswerte Künstler die man in meinen Gefilden wohl kaum zweimal zu Gesicht bekommen wird.

Gespielt wurde zeitversetzt in zwei klimatisierten Sälen bei einer Spielzeit von 75 Minuten pro Interpret. Es gab maximal 10 Minuten Umbaupause. Ein kurzweiliges, gut besuchtes Ereignis, ohne dass es eng wurde. Herrlich lockere Atmosphäre für 35 Euro! Kann ich nur jedem empfehlen.
Vorher besuchten wir noch einen Riesen-Antik-Trödelmarkt mit kombinierter Platten- und CD-Börse. Dort traf ich dann die Gaby Wenzel und Jürgen Thomä unseres Partners Bärchen Records. Und kurz bevor wir uns Richtung Festival aufmachen wollten, drückte der gute Jürgen mir mal eben so beiläufig ein Werk von Rambler in die Hand.

Rambler? Sind das nicht die New-Country-Knaben, deren Scheibe „Starting Over“ ich für unser Internet-Magazin bereits beleuchtet habe? Nein! Weit gefehlt. Es handelt sich um eine Southern-Rock-Band vom Feinsten. Ehrlich gesagt, keine Ahnung, woher die Namensgleichheit. Ob erstgenannte sich mittlerweile ins Nirvana verabschiedet haben oder der Name nicht geschützt ist, ob da eine Rechtsstreit in der Schwebe liegt oder beide einvernehmlich nebeneinander weiter musizieren, wird wohl die Zukunft zeigen, ist aber aus meiner Sicht relativ egal.

Fakt ist, dass die Southern-Rambler ein Album hingelegt haben, was vor 25 Jahren mit Sicherheit für große Kasse und Furore gesorgt hätte.
Sämtliche Songs sind Eigenkompositionen und zu 90% als Balladen mit wunderbaren Melodien (für mich immer ein Kriterium für niveauvolle Musik) und allen southern-typischen Gitarrenspielarten angelegt. Spontan fallen Songs wie „Simple Man“, „Tuesday’s Gone“, „Melissa“, „There Goes Another Love Song“ oder „Can’t You See“ als Vergleichsmuster ein, natürlich viel knackiger und zeitgemäßer eingespielt. Eigentlich fehlt da nur noch ein „FreeBird“-Plagiat am Ende mit dem obligatorisch langen Gitarrenfinish. Eine Gänsehaut jagt da den nächsten Schauer, der einen am Rücken herunterläuft, versprochen!

Um es mal so auszudrücken: Bei dem flotten gitarrenlastigen „Hard Times“, dem inbrünstigen „Whiskey Drinkin‘ Eyes“, dem traumhaft akustisch ummantelten „Travellin‘ Man“ oder dem atmosphärischen „Intoxicated“, geht Herrn Daus im wahrsten Sinne musikalisch einer ab.
Die CD ist ein klarer Fall für die Inselfrage. Rein äußerlich und auch stimmlich ähnelt Sänger Pat Terranova Eddie Montgomery von Montgomery Gentry, allerdings mit nicht so starkem Knödelsyndrom behaftet.

Einige Nummern sind von Artimus Pyle gefeatured, was immer das auch in diesem Zusammenhang bedeuten möge. Der Song „Skynyrd Fantasy“ und auch sein Text spricht für sich (ähnelt „Ode To Ronnie“ von Laidlaw). Nie war es schöner sich von Klischees, derer sich die Truppe reichhaltig, aber äußerst kreativ bedient, verwöhnen zu lassen. Glaubt mir, einfach genial. Mich hat es jedenfalls vom Hocker geworfen, und ich hoffe, dass sich viele andere an dieser phantastischen CD erfreuen werden. Eine wahre Stern-(Dreiviertel-)Stunde des Südstaaten-Rocks!

Landmark Productions (2004)
Stil: Southern Rock

01. Hard Times
02. Whiskey Drinkin‘ Eyes
03. Drifter
04. Travellin‘ Man
05. 2nd Time For Romance
06. Intoxicated
07. Skynyrd Fantasy
08. Liquor In The Front, Poker In The Rear
09. Missin‘ You
10. Blame It On Me

Rambler
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Bärchen Records

Zach Williams And The Reformation – Electric Revival – CD-Review

Zach

Abgesehen vom tragischen Verlust der beiden Skynyrd-Mitglieder Ean Evans und Piano-Legende Billy Powell war das Jahr Southern-Rock-2009 rein musikalisch betrachtet ein recht zufriedenstellendes oder besser gesagt so gar ein recht hoffnungsvolles. Lynyrd Skynyrd, Blackfoot und die Outlaws tauchten in unseren Breitengraden, wenn auch nur kurz, zu Konzerten auf. Erstgenannte ließen auch CD-technisch mit „God & Guns“ kein Zweifel daran, dass der Wille weiterzumachen, ungebrochen erscheint.

Im Dunstkreis dieser arrivierten Institutionen formierten sich mit Blackberry Smoke und Rebel Pride zwei Bands, die sich nach anfänglichen Holprigkeiten zu ausgereiften Acts weiterentwickelt haben und das Genre heute mit in vorderster Front vertreten. Besonders erfreulich ist aber, dass mittlerweile eine ganze Reihe Newcomer wie The Last Straw, die Holman Autry Band, Preacher Stone oder Bishop Black mit außerordentlich viel versprechenden und qualitativ hochwertigen Debütalben wieder für viel frischen Wind sorgen, so dass das berühmte ‚The South Gonna Rise Again‘ seine durch vier Jahrzehnte getragene Gültigkeit auch bis auf Weiteres zu behalten scheint.

Und als wenn das nicht für den doch recht bescheiden gewordenen Southern-Fan genug wäre, zaubern jetzt die aus dem nördlichen Arkansas stammenden Zach Williams & The Reformation mit „Electric Revival“ noch ein zusätzliches Sahneteil aus dem (Cowboy-) Hut, das gerade den Retro-Fans des Genres (sicher aber auch allen anderen) die Freudentränen in die Augen treiben wird. Die amerikanischen Kritiker jubelten bereits zurecht und nannten Bands wie Skynyrd, die Black Crowes, Allman Brothers und Stillwater in einem Atemzug. Bildlich wurde von einer Truppe gesprochen, die in den siebziger Jahren einen Zug bestiegen hat, der heute erst ohne Zwischenstopp die Endstation hat. Recht passend, wie ich finde.

Retro ja, aber nicht altbacken. Damit haben ZWR auch mein Herz direkt erobert. Drei Komponenten machen dieses Quartett aus. Erstens die Band. Leader Zach Williams versprüht wieder so etwas wie echtes Frontmann-Charisma, spielt dazu eine klasse Akustikgitarre, hat eine extrem variable Stimme (von Gregg Allman, über Chris Robinson bis hin sogar zu Steve Schuffert, John Waite oder David Coverdale) und erweist sich als echter Teamplayer. Dustin Dorton spielt einen wunderbar groovig pumpenden Bass, die Lead-Gitarristen Roby Rigsbee und Josh Copeland haben das ‚Skynyrd-Gitarren-1×1′ bestens verinnerlicht und ergänzen sich immer wieder herrlich mit konventioneller und Slide-technischer Spielweise, ob als Solo, Duell oder im Hintergrund.
Zweitens die Songs. ZWR kommen gänzlich ohne Uptemponummer aus, gestalten ihre im balladesken und Midtempo verankerten Stücke allerdings derartig interessant, dass zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt. Tolle Melodien, es groovt, es bluest, es soult, es swampt, es rockt.

Alles extrem entspannt, recht cool und abgeklärt, als wären sie schon lange dabei. Der stampfende Bluesrocker „Set Me Free“ (Black Crowes meets Led Zeppelin) und das flockig groovende „Stronger“ haben dabei noch die meiste Pace. „Fools Gold“ (erinnert an „Sister Luck“ von den Black Crowes), das wunderschöne „Empty Dreams“ (ähnlich den Laidlaw zu Anfangstagen), das slow-bluesige „Angel With A Broken Wing“ (Mischung aus Steve Schuffert, Skynyrd und Allman Brothers) und das wie die 80. Abwandlung von „Can’t You See“ klingende, aber gut gemachte „Take Me Home“ bedienen die Freunde relaxterer Töne, „Can U Feel Me“, „Two More Days“ und „Without You“ pendeln schön instrumentiert irgendwo in der Mitte dazwischen. Das abschließende „Midnite Ride“ überrascht dann mit dezent progressivem, klassischem Rockflair Marke Pink Floyd oder Whitesnake (Williams‘ Gesang ähnelt hier vom Timbre her David Coverdale) und hat sogar leichten Jam-Charakter.

Drittens die tollen Gastmusiker. Akzente setzen hier vor allem Drummer Evan Wilons mit seinem fetten poltrigen Getrommel, der hinter Williams für mich zweite heimliche Star des Werkes, Al Gamble (brillantes B3-Spiel immer wieder als Konterpart zu den beiden Leadgitarristen), North Mississippi Allstars-Frontmann Luther Dickinson mit einem starken E-Gitarren-Gastauftritt bei „Angel With A Broken Wing“, der gute Pianist Rick Steff und die tollen weiblichen Backs von diversen Sängerinnen u.a. Grace Askew und Ex-Skynyrd-/Ex-Motherstation-Röhre Susan Marshall.

Alles zusammen ergibt ein kompaktes, jederzeit melodisches und instrumentell raffiniert konstruiertes Southern-Werk, das alle Anhänger, davon bin ich fest überzeugt, absolut begeistern wird. Hinzu kommen noch zwei liebevolle Kleinigkeiten. Der im Digipack innen liegende Rohling in Vinyl-Optik und ein Aufkleber mit dem Bandlogo. Fazit. Zach Williams and The Reformation ist mit „Electric Revival“ ein grandioser Einstieg in die Southern Rock-Szene gelungen. Wenn die zusammen mit Blackberry Smoke, Laidlaw oder Rebel Pride nach Deutschland kommen würden, würde ich glatt barfuß im Winter von Rheinberg bis nach München laufen! Zehn Songperlen an einem Stück lassen nur einen ganz dicken Tipp zu!

Buffalo Catfish Music (2009)
Stil: Southern Rock

01. Set You Free
02. Fools Gold
03. Can U Feel Me
04. Empty Dreams
05. Stronger
06. Angel With A Broken Wing
07. Two More Days
08. Without You
09. Take Me Home
10. Midnite Ride

Michael J. Media Group
Bärchen Records

Jimmie Van Zant – Feels Like Freedom – CD-Review

Neues aus dem Southern rocking Lynyrd Skynyrd-/38 Special-/Van Zant-Dunstkreis! Jimmie Van Zant, der Cousin der berühmten Van Zant-Brüder, Ronnie, Johnnie und Donnie, mit seinem vierten Album! Jimmie hatte in jungen Jahren ein besonders enges Verhältnis zu Ronnie Van Zant. So trafen sich die Bandmitglieder von Lynyrd Skynyrd in ihrer Anfangszeit zum Spielen oft im Wohnzimmer von Jimmies Eltern, da diese in einer Gegend wohnten, in der die Wahrscheinlichkeit, dass Nachbarn wegen der Lautstärke die Polizei rufen würden, am geringsten war. Zudem ähnelt er nicht nur äußerlich dem legendären Ronnie, er tritt auf Konzerten ebenfalls barfuß auf und trägt auch Ronnies legendäre Hi-Roller-Hüte.

Auch musikalisch fühlt er sich ihm verbunden (sehr schönes Tribute-Lied auf seinem ersten Album mit „Ronnie’s Song“ – dazu spielt er bei seinen Live-Gigs immer sehr viele Skynyrd-Cover aus der Anfangszeit), erntete dafür (auch von den beiden anderen Van Zant-Brüdern Donnie und Johnny) aber auch zunächst einige Kritik. Man warf ihm vor, Geld aus der Popularität des verstorbenen Bandleaders schlagen zu wollen. Mittlerweile hat Jimmie aber mit seinen eigenständigen Alben längst bewiesen, dass in ihm genug kreatives Potential steckt, um sich in der Southern Rock-Szene mit seinem eigenen Ding die nötige Akzeptanz zu verschaffen.

Sein neues Werk „Feels Like Freedom“ dürfte jetzt als Wegbereiter zum endgültigen Durchbruch avancieren. Die Scheibe bietet allerbeste Unterhaltung und bewältigt den Balance-Akt zwischen Southern Rock in der Tradition von Lynyrd Skynyrd und knackigem, durchaus Nashville-tauglichem Country Rock und New Country Marke Van Zant, Montgomery Gentry oder BlackHawk auf hervorragende Art und Weise. Die CD startet mit dem starken, satten „Chasing Shadows“, einem schönen, sehr melodischen, mit viel Pathos vorgetragenen, southern-rockigen Track, durchzogen auch von Heartland-trächtigen E-Gitarren (dazu klasse Solo), der sofort richtig gute Laune verbreitet. Schön dabei die Steelguitar- und Fiddle-Fills, sodass einem auch die Charlie Daniels Band ein wenig in Erinnerung kommt.

„Ain’t Quite Mary Jane“ hat dank toller Harp von Jim Hoke ein richtig schönes Roots-Ambiente, ohne aber die bewährten Southern Rock-Pfade zu verlassen (wieder kraftvolle, tolle E-Gitarren). Eine interessante Kombination. „Swamp“ heißt das Stichwort bei „Wildest Branch“, in Szene gesetzt durch eine flotte Banjo-Untermalung von Glen Duncan, reißende Slidegitarren, wiehernder Fiddle und den southern-typischen weiblichen Hamoniegesängen (ganz stark hier Christine Winslow). Zum ersten mal etwas ruhiger und sehr atmosphärisch geht es auf „When You Gonna Learn“ zu, einem recht bluesig gespielten Track (mitkreiert von Nashville Background-Singer Wes Hightower). Jimmies Stimme ähnelt hier (und auch bei vielen anderen Tracks) sehr der vom immer bei 38 Special und auch auf den Van Zant-Alben etwas „gesangs-faulen“ Donnie.

Wer diesen besonders mag, erhält hier sozusagen eine Vollbedienung. Jimmie gelingt es auf einigen Stücken immer wieder, die Tonlage zu wechseln, so dass man teilweise meint, hier wäre ein Duettpartner beteiligt, was aber natürlich nicht der Fall ist. Ein Beweis für die Variabilität seines Gesangs, der auf diesem Werk sehr ausdrucksstark zum Tragen kommt. Das Center-Stück des Albums ist eindeutig der Titeltrack „Feels Like Freedom“, aus der Feder von Nashville-Hitschreiber Brett James. Was für eine tolle Nummer! Ein, flottes, knackiges, sehr eingängiges, rhythmisches Stück, das einfach nur gute Laune verbreitet. Der Refrain bohrt sich sofort in die Gehörgange und man ertappt sich schon nach wenigen Momenten dabei, ihn mitsingen zu wollen. Absolut cabrio- und radiotauglicher, exzellent in Szene gesetzter Southern (New) Country-Rock. Ist bestimmt ein absoluter Stimmungs-Höhepunkt seiner Live-Performances. Könnte ein echter Sommer-Hit werden und verhilft Jimmie vielleicht zu größerer, nationaler Popularität und vielleicht auch zur Genugtuung, etwas aus dem Schatten seiner Cousins herauszutreten können.

„That’ll Take You Back“ kommt als Mischung zwischen Montgomery Gentry und 38 Special, „Southern Rock“ bietet, wie der Name es schon andeutet, Genre-Kost vom Feinsten (herrliches Honky Tonk-Piano, satte Slidegitarren, krachende Deums). „Unfinished Life“ und „Come On Man“ stehen ein wenig in der Tradition des Songwritings von Johnny Van Zant und verbreiten viel familiäres Pathos. Da lehnt man sich ganz entspannt zurück und lauscht dem instrumentell schön untermalten Erzählgesang. Dafür prescht der „Runnaway Train“ (Co-Writer Jim Peterik) mit klirrendem Banjo und quietschender Fiddle wieder mit Volldampf aus den Lautsprechern. Klasse hier das Allman Brothers-verdächtige E-Gitarren-Intermezzo im Bridge.

Der Abschluss mit „Stronger Stuff“ bietet dann noch ein wenig Southern-Mainstream Rock, der auf der „Brother To Brother“-Scheibe der Van Zant-Brüder spielend seinen Platz gefunden hätte. „I have always believed that music can change peoples’ lives and if I can do something to make someone’s life a little more enjoyable, then I feel I have done my job well. That is why I am here and that is also the reason why there is Southern Rock!” Ein Statement Jimmies, das sich in dieser neuen Scheibe absolut widerspiegelt. Fazit: Jimmie Van Zant hat bei der Auswahl der Stücke (ausnahmslos Fremdkompsitionen) seines neuen Werkes „Feels Like Freedom“ ein ganz feines Näschen bewiesen.

Eine großartige, unterhaltsame Mischung aus klasse gespieltem Southern Rock (übrigens sind viele tolle Musiker wie etwa Rob McNelly, Mike Brignardello, Gary Smith, Steve Hinson, Rob Hajacos, u. a. beteiligt, sehr sauber und klar produziert hat Kent Wells) und Nashville-kompatiblem, knackigem New Country/Countryrock mit viel typischem Van Zant’schem Espirit. Enthält mit dem Titelstück einen nicht mehr aus dem Kopf gehenden, echten Knaller und bietet auch sonst von vorn bis hinten astreines, exzellent umgesetztes Songmaterial. Riesen-Kompliment an Jimmie Van Zant. „It feels like Freedom“…

CYA Records (2012)
Stil: Southern Rock

01. Chasing Shadows
02. Ain’t Quite Mary Jane
03. Wildest Branch
04. When You Gonna Learn
05. Feels Like Freedom
06. That’ll Take You Back
07. Southern Rock
08. Unfinished Life
09. Runaway Train
10. Come On Man
11. Stronger Stuff

Jimmie Van Zant
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The Charlie Daniels Band – Off The Grid: Doin‘ It Dylan – CD-Review

Der außenstehende Musikhörer wird sich vermutlich verwunderlich die Nase rümpfen. Waffennarr und Irakkriegsbefürworter Charlie Daniels versucht sich an Bob Dylan-Songs! Also an Liedern des Mannes, der eigentlich in Musikkreisen als Synonym für die große Protest-, Friedes- und Emanzipationsbewegung der Siebziger-Generation gilt. Man könnte meinen, das wäre fast so ähnlich, wie wenn George W. Bush ein Hörbuch mit Gedichten von Fidel Castro besprechen würde. Aber weit gefehlt.Bei näherem Hinsehen haben die beiden alten Recken doch einiges an Gemeinsamkeiten aufzuweisen.

Was viele vielleicht nicht wissen, ist, dass Charlie zu Beginn seiner Musikerkarriere auf drei Alben von Dylan als Studiomusiker den Bass betätigte – das auf dieser CD auch vertretene „Country Pie“ (hier als toller Countryfeger im typischen CDB-Stil, der seinem Titel alle Ehre macht) ist von Dylans „Nashville Skyline“-Werk, mit dem Bob sich seiner Zeit auch dem Countrygenre ein wenig nähern wollte. Beide sind ja auch glühende Vertreter des Erzählgesangs. So ist es für Daniels auch ein Leichtes, sich in die Tracks, die ja teilweise 50 Jahre auf dem Buckel haben, hineinzufinden. Sicherlich ist auch der Respekt vor der großen Leistung des Anderen eines der Hauptmotive dieses Projekts.

Schon nach wenigen Momenten des herrlichen Openers „Tangled Up In Blue“ (Dobro, Fiddle, Honky Tonk Piano-Solo) wird einem die Hingabe klar, mit der Daniels und seine starken Mitmusiker (Pat McDonald, Charlie Hayward, Bruce Brown, Chris Wormer, Shannon Wickline und Casey Wood) an die Sache herangingen. Mit „Off The Grid“ ist hier übrigens gemeint, dass es sich um ein rein akustisch eingespieltes Album handelt. Aufgrund der herrlich klar herausgearbeiteten Instrumentalleistungen und der ungemeinen Spielfreude der Beteiligten hat das Album jedoch einen wunderbar kraftvollen Schwung, so dass zu keiner Zeit Momente von Monotonie oder Langeweile aufkommen.

Im Prinzip hat man das Gefühl mit auf der großen Terasse von Charlies Farm zu sitzen. Im Hintergrund bruzzeln die fetten Steaks und in der Icebox ist für genügend kaltem Biernachschub gesorgt. Der gute Tennessee-Whiskey steht natürlich auch auf dem Tisch. Dazu musizieren die Herren mit den countrytypischen Instrumenten wie Fiddle, Dobo, Akustikgitarren, Mandolinen, Mundharmonika, etc., ergänzen sich und solieren nach Herzenslust, dass es eine reine Freude ist. Stellvertretend hierfür sei besonders das Mundharmonika-trächtige „I’ll Be You Baby Tonight“ genannt, das wirklich dieses unnachahmliche Frontporch-Feeling perfekt rüberbringt. Grandios auch, wie z. B. Fiddle und Mandoline ein keltisch anmutendes Folk-Ambiente bei „Times They Are A Changin’“ erzeugen.

Traumhaft der funkige Groove (pumpender Bass, starke Percussion, tolles Akustikgitarrensolo, Harmoniegesänge), den die Musiker bei „You Gotta Serve Somebody“ loslassen. Einfach großartig. „I Shall Be Released“ wird von einem gediegenen „Sweet Melissa“-Flair begleitet (dazu eine herrlich quäkende Südstaaten-Mundharmonika). Das locker fröhliche „Mr. Tambourine Man“, das seiner Zeit den Byrds zu Hit und Ruhm verhalf, wird hier von einer klirrenden, folkigen Mandoline getragen.

„Hard Rain’s A Gonna Fall“ zeigt, dass man auch mit rein akustischen Instrumenten eine dezente psychedelische Atmosphäre erzeugen kann, wenn nur die richtigen Musiker Hand anlegen. Das abschließende „Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)“ serviert die Charlie Daniels Band als herrlichen Bluegrass-Cocktail, wobei der Hauptprotagonist nochmals ordentlich seine berühme Fiddle quietschen lässt. Ein fröhlicher Rausschmeißer zum Finale.

Mit „Off The Grid – Doin’ It Dylan“ huldigt der mittlerweile 77-jährige (!) Charlie Daniels der sich erst kürzlich von einem leichten Schlaganfall erholt hat, eine der zu Recht mit am meisten gecoverten Musikergrößen unserer Zeit. Ein Paradebeispiel dafür, wie schön Musik auch unter kontroversest anmutenden Bedingungen verbinden kann. Robert Zimmerman alias Bob Dylan wird dieses Werk voller aufrichtiger musikalischer Zuneigung und sicherlich mit Stolz zur Kenntnis nehmen. Klasse!

Blue Hat Records (2014)
Stil: Country

01. Tangled Up In Blue
02. Times They Are A Changin‘
03 I´ll Be Your Baby Tonight
04. Gotta Serve Somebody
05. I Shall Be Released
06. Country Pie
07. Mr. Tambourine Man
08. Hard Rain’s A Gonna Fall
09. Just Like A Woman
10. Quinn The Eskimo (The Mighty Quinn)

The Charlie Daniels Band
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The Pear Ratz – Still Hungry… Still Hurtin‘ – Live At Brewster Street – CD-Review

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Höllen-Live-Album der Texaner! Nach nunmehr drei starken Studio-Werken „Rat Now“ (2006), „Hollier Than Thou“ (2007) und „Rat Outta Hell“ (2010), die allesamt ein stetiges Steigerungspotential beinhalteten, legen die Mannen um ihren charismatischen Bandleader Bob Strause nun endlich ein musikalisches Live-Dokument vor, dass ihr energiegeladenes Treiben auf der Bühne hervorragend offeriert, bzw. reflektiert. Ja, das ist mal ’ne richtige Live-Combo, die mit ihrer Power und ihrem fulminanten, mit 3 E-Gitarren rausgehauenen Red Dirt-/Southern-/Outlaw-/Countryrock locker in der Lage ist, die einschlägigen Honky Tonk-Schuppen und Roadhouses des Landes bis auf die Grundmauern „niederzubrennen“. Machen die eine Freude!

Die Bandmitglieder haben ihre Wurzeln in den 1980er Jahren und stammen ursprünglich aus der Thrash Metal-Szene(!), aber aufgrund familiärer Begebenheiten (Heirat, Großziehen der Kinder) legte man eine längere Pause ein. Mit dem über die Jahre einhergehenden menschlichen Reifeprozess erkannten Strause & Co. allerdings, dass man für die Metal-Sparte doch zu alt geworden ist. Acts wie Cross Canadian Ragweed und Reckless Kelly inspirierten letztendlich dazu, sich im Umfeld von Red Dirt, Southern Rock und texanisch angehauchtem Outlaw-/Countryrock neu zu erfinden. Mit den Erfahrungen und Vorlieben von früher kombiniert, waren die besten Voraussetzungen für eine explosive Mischung geschaffen, was im Studio auf den o. a. Alben auch schon eindrucksvoll zelebriert wurde.

Doch wo kann man schließlich doch am besten seine ganze Energie loswerden, wenn nicht auf der Bühne? The Pear Ratz zeigen sich auf „Still Hungry…Still Hurtin‘ – Live At The Brewster Street Ice House“ von allen musikalischen Konventionen völlig losgelöst und brennen ein begeisterndes Feuerwerk texanischen Country/Outlaw/Red Dirt/Southern Rock’n Rolls ab, das es nur so raucht. Hölle! Schon das emotionale Intro des die Band ankündigen „Moderators“ lässt erahnen, dass im weiteren Verlauf der Show die Post abgehen wird. Das ist Musik zum Mitwippen, Stampfen, Mitgrölen und teilweise, auch wenn’s nicht typisch für’s Genre ist, durchaus zum dezenten Headbangen. Nicht zu vergessen eine gewisse Einnahme an gerstenhaltigen Getränken als unverzichtbare Grundlage!

Das ist keine Mucke für Zartbesaitete und Liebhaber filigraner Töne, hier wird in typischer Redneck-Manier geklotzt, gerockt und gefeiert, wobei aber auch die musikalische Qualität nie zu kurz kommt (z. B. jede Menge glühende, „scharfe“ E-Gitarren-Soli). Die Band, mittlerweile bestehend aus Bob Strause (vocals / guitar), Rodd Daws (bass/ harmony vocals), Joe Talbert (lead guitar / harmony vocals), Billy Joe High (lead guitar / mandolin) und John Starek (drums) präsentiert dabei einen schönen Querschnitt aus allen drei Alben und hat dazu einige Überraschungen parat: Zum einen wurde der Co-Writer von „Cheaters“ (vom „Rat Outta Hell“-Album), Rich O’Toole (selbst ein eigenständiger und beliebter Performer der Red Dirt Szene), für den Track mit auf die Bühne geholt und zum anderen wurde ihr Gitarrist aus Anfangstagen, Chris Nelson, für eine furiose Coverversion des Creedence Clearwater Revival-Hits „Green River“ (geschrieben von John Fogerty) rekrutiert.

Von Beginn an, mit dem Opener „Back Around“, wird gerockt, dass die „Schwarte kracht“. Beim tempogeladenen „Talkin‘ Myself Outta Killin‘ You“ blitzen sogar die alten Metal-Zeiten wieder ein wenig auf. Herrlich immer wieder zwischendurch die schön „versoffen“ klingende Stimme von Strause. Ab und zu wird mal sporadisch der Fuß vom Gaspedal genommen und die Pear Ratz beweisen mit Stücken wie „Jesus Loves The Bad Boys“, „Bottom Of The Bottle“, „Friends“ oder „Porch Swing In Heaven“, dass sie durchaus gefühlvolle Songs kreieren können. Stark, wenn Billy Joe High sich zur Rhythmus-Untermalung die Mandoline schnappt, wie bei der klassischen Red Dirt-Nummer „Sing Jolie Again“.

Er und der andere Lead-Gitarrist Joe Talbert liefern immer wieder sehr typische, im Southern Rock verankerte Soli ab, sporadisch auch in der im Genre so beliebten Twin-Variante, wobei zum Teil ein Marshall Tucker-ähnliches Ambiente erzeugt wird („Rose In Paradise“, „Friends“, „Porch Swing In Heaven“). Noch eines ist bemerkenswert: Trotz all der massiven Energie, dieser losgelassenen, überschwänglichen Spielfreude und des rauen Ambientes, das die Band vorgibt, bleiben die Lieder allesamt prächtig hängen und sind nicht selten durchzogen von großartiger Melodik. Das ist einfach eine „geile“ Truppe, die nicht nur Spaß hat, sondern auch ihr Handwerk versteht.

Mit „Still Hungry…Still Hurtin‘ – Live At The Brewster Street Ice House“ geben uns die Männer um Leader Bob Strause einen authentischen Eindruck, wie es bei den Live-Gigs dieser Texaner abgeht. Passend dazu wieder mal die (höllenähnliche), klasse Covergestaltung der Geschwister Dodds (Backstage Design Studio). Unsere Empfehlung: Legt Euch massive, gut gekühlte Biervorräte an und geht dann gemeinsam mit den furiosen Pear Ratz durch ein ordentlich loderndes, (musikalische) Live-Feuer! Und: Play it loud!“ Viel Spaß dabei, ihr werdet es nicht bereuen!

Rancho Azul (2012)
Stil: Country Rock & More

01. Intro
02. Back Around
03. Senses
04. Talkin‘ Myself Outta Killin‘ You
05. Killin‘ U2
06. Nice, Ice Cold Bottle Of Beer
07. Rose In Paradise
08. Cheaters
09. Jesus Loves Bad Boys Like Me
10. Devil On My Shoulder
11. Bottom Of The Bottle
12. Sing Jolie Again
13. Holier Than Thou
14. Friends
15. South Of The Nueces
16. Green Rive
17. Porch Swing In Heaven

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Bärchen Records

Montgomery Gentry – Rebels On The Run – CD-Review

MG

„Montgomery Gentry is back and kickin‘ ass“. Mit seinem siebten Studioalbum kehrt das ursprünglich aus Kentucky stammende Duo, bestehend aus Eddie Montgomery (übrigens der Bruder von John Michael Montgomery) und Troy Gentry, zu seinen alten Anfangsstärken zurück. Es hat sich einiges (nicht nur Positives) bei Montgomery Gentry seit ihrem letzten Werk getan. Neben der Aufnahme in die Grand Ole Opry (auf die sie ganz besonders stolz sind – „Something that people can’t take away from you“, so Troy dazu) gab es mit ihrer etatmäßigen, langjährigen Plattenfirma Columbia Rercords Differenzen über den weiteren musikalischen Werdegang, was letztendlich zum Split und Wechsel zum Average Joe-Label führte.

Auch Eddie Montgomery erlebte ein Wechselbad der Gefühle. 2010 wurde bei ihm Prostata-Krebs diagnostiziert, der allerdings mittlerweile als erfolgreich geheilt gilt. Noch dicker kam es dann mit dem Ende seiner Ehe. Gesangs-Partner Troy Gentry war jedoch in den schweren Stunden immer zugegen und schweißte damit das Gemeinschaftsgefühl der beiden noch enger zusammen. Und so stehen auch viele Songs ihrer neuen CD „Rebels On The Run“ im thematischen Zusammenhang mit dem Erlebten. Produziert hat diesmal Michael Knox, der ja bekannter Weise Jason Aldean in Superstar-Gefilde emporgebracht hat.

Der Auftaktsong „Damn Right I Am“ versprüht dann sofort das von vielen so geliebte, typische Montgomery Gentry Southern-Flair. Eddie erledigt mit seiner warmen Baritonstimme den Strophengesang, während Troy dann beim kräftigen Refrain das Ruder übernimmt. Der patriotische, uramerikanische Werte hervorhebende Text passt wie das E-Gitarren-Solo mit seinem kurzenTwin-Teil, das die Brücke vom New Country zum Southern Rock schlägt, zu ihrer ureigenenk zu performen. Wo Montgomery Gentry drauf steht, ist halt auch Montgomery Gentry drin. „We cut our teeth in the honkytonks and no matter what you try to do, we have to be us or it just doesn’t sound right“, so die beiden dazu, und man nimmt es ihnen auch ohne den geringsten Zweifel ab.

Apropos Honky Tonk. „Ain’t No Law Against That“ (tolles Gitarren- und Banjospiel, Steel und Honky Tonk-Piano), ein Stück über das Leben im „Hier und Jetzt“, ist so ein kleiner, dreckiger Song, der in jeder Kaschemme den Launepegel in die Höhe schießen lässt. Nach diesem deftigen Auftakt gewähren die beiden mit „Damn Baby“ (schönes Slide-Solo) und „Empty“ (herrlich „weinende“ Steelguitar) zunächst eine melodische, balladeske Entspannungsphase. Mit der ersten Single „Where I Came From“ zieht das Tempo und die Power dann wieder an. Ein typischer „Simple Man-Song“, schön verschachtelt mit Tempo-, Stimmungs- und Gesangswechseln, sehr emotional dargeboten, der gerade jetzt, wo immer mehr einfache Amerikaner das Auseinanderdriften der Gesellschaft auch öffentlich anprangern, genau den Zahn der Zeit trifft. Sehr hitverdächtig!

In die gleiche Kerbe schlägt auch „Like Those People“. Hier wurden dazu noch die alten Haudegen Charlie Daniels und Alabama-Sänger Randy Owen gesangstechnisch mit eingebunden, die sich natürlich in unnachahmlicher Manier mit den beiden Hauptprotagonisten das Mikro von Hand zu Hand reichen. Macht richtig Spaß dieser Track. Ihre Liebe zum Southern Rock haben beide ja noch nie verhehlt. Der Titeltrack „Rebels On The Run“ bewegt sich, wie der Titel schon andeutet, klar im Fahrwasser Lynyrd Skynyrd/38 Special/Van Zant. Ein weiteres Highlight. Das komplett von Troy Gentry vorgetragene „Simple Things“ überrascht mit einem AC/DC-Mini-E-Gitarren-Führungsriff und ist im gesamten Verlauf von kräftiger New Country-Natur.

Auch die hochemotionale, von Fiddle, Steel, E-Gitarre und Orgel wunderbar umgarnte Ballade „Missing You“ wurde von Troy übernommen (hier hat der gute Eddie vermutlich im Rahmen der Ereignisse um seine gescheiterte Ehe bewusst gepasst). Es fällt überhaupt auf, dass die Vocals diesmal ziemlich „gerecht“ auf beide Partner verteilt sind. Gleichzeitig war dies der letzte Durchatmer vor einem furiosen Ende. Mit „So Called Life“ und „Work Hard, Play Harder“ gibt es zum Ausklang zwei deftig stampfende Redneck-trächtige New Country-Kracher, die im Stile von Chris Cagles „Country By The Grace Of God“ oder Big & Richs „Save A Horse Ride A Cowboy“ in sattem E-Gitarren-/Banjo-Ambiente voller Wucht dargeboten werden. Fett! Es ist, wie immer, eine regelrechte Freude den involvierten, hochkarätigen Gitarristen wie Adam Shoenveld, Rob McNelley und Ilya Toshinsky bei ihrem exzellenten Zusammenspiel zuzuhören.

Mit „Rebels On The Run“ haben Montgomery Gentry wieder etwas mehr zu Ihren Ursprüngen zurückgefunden und trotzdem den Blick nach vorne gerichtet. Aber ein schlechtes Album haben sie ja eigentlich noch nie abgeliefert. Sie bleiben auch nach dem Labelwechsel weiterhin eine verlässliche Konstante in der Southern Rock-infizierten New Country-Sparte! Hut ab! Äußerst starker Stoff!

Average Joe Records (2011)
Stil: New Country

01. Damn Right I Am
02. Ain’t No Law Against That
03. Damn Baby
04. Empty
05. Where I Come From
06. I Like Those People
07. Rebels On The Run
08. Simple Things
09. Missing You
10. So Called Life
11. Work Hard, Play Harder

Montgomery Gentry
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Bärchen Records

Iron Horse – Bring It On – CD-Review

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Das Debütalbum von IronHorse war ja vor drei Jahren schon nicht von schlechten Eltern. Man erinnere sich an Songs wie „Run For The Border“, „Redneck Rock’N’Roll“, das furiose Instrumental „Let’s Ride“ oder das Bad-Company-Cover „Shooting Star“, auf denen bereits die ganze Tragbreite ihres musikalischen Könnens und ihrer bevorzugten Stilarten repräsentiert wurde. Stadiontauglicher Mainstream-Rock durchzogen mit virtuosen Gitarrenläufen, allerdings auch zum Teil mit Südstaaten-, Country- und Blues-Elementen versehen.

Charismatischer Kopf der Band ist Ronnie Keel, der in den Achtziger Jahren mit der Heavy-Rock-Band Keel größeren Bekanntheitsgrad erlangt hat. Er ist zwar gesangstechnisch kein Überflieger, hat aber enorme Ausstrahlung, schreibt eingängige Lieder und hat ein gutes Händchen, was Bandzusammenstellung, Gastmusiker und Auswahl von Fremdkompositionen angeht. Zum festen Line-Up, dass ihr neues Werk „Bring It On“ eingespielt hat, zählen mittlerweile neben bereits erwähntem Frontmann die Herren Jay Rusnak (Lead guitar, vocals), Gaetano Nicolosi (Drums, percussion, vocals), Geno Arce (Bass, vocals) und der Multiinstrumentalist Dean Lehman (Keyboards, vocals, harmonica, banjo, mandolin, percussion). Gerade Letztgenannter sorgt spürbar für die erneute Steigerung und verleiht der Gruppe erheblich mehr Substanz. Die Lieder rauschen einmal mehr kräftig, aber immer melodisch, an einem vorüber.

Der Opener „Three Sheets To The Wind“ heizt als rhythmischer Rocker mit Southern-typischen Double-Leads und dezenter Banjounterlegung erst mal richtig ein. Das Titelstück „Bring It On“ gibt sich ganz in der Tradition von 38 Special und Lynyrd Skynyrd, die gleichnamige Titel ebenfalls in ihrem Repertoire aufweisen, allerdings ist dies eine völlig eigenständige Version. Co-Writer übrigens der gute alte George McCorkle, der vielen aus Marshall-Tucker-Tagen bekannt sein dürfte.

Gecovert wurde diesmal der Steve-Earle-Klassiker „The Other Kind“, der trotz starker Darbietung und und wunderbarem Mandolinenspiel von Gastinterpret Henry Paul (Ex-Outlwas, Henry Paul Band, mittlerweile Blackhawk-Chef) aber nicht an das kratzig ursprüngliche Original heranreicht. Henry Paul ist auch die dominierende Person beim Sahnehäubchen „Dixie Highway“, dass er zusammen mit Chuck Glass geschrieben hat, mit dem er seiner Zeit auf „Soldiers Of Fortune“ eine kurze Outlaws-Reunion aufleben ließ. Bahnt sich da etwa wieder was an? Zu begrüßen wäre es. Der Song ist ein regelrechter Klassiker. Ronnie Keel gibt sich zwar alle Mühe, wird aber in diesem Duett von Henry an die Wand gesungen. Einzig das Southern-typische Gitarrenfinish wird leider nur angedeutet bzw. ausgeblendet. Trotzdem, eine Wahnsinns-Nummer!

Die Ohrwürmer „I Can’t Stop You“ (Jeffrey Steele – hören Sie auch mal in dessen bärenstarkes gerade erschienendes Album „Outlaw“ rein) und Rescued (Emerson Drive – erinnert ein wenig an „Second Chance“ von 38 Special) wurden auch im New-Country-Bereich bereits interpretiert. Bon Jovi-Feeling gibt es bei Stücken wie „Best Move“ (wäre von Sambora und Co. sicher ein Megahit), „Haunted Saloon“ (Ähnlichkeiten zu „Dead Or Alive“ sind rein zufällig, allerdings glänzt hier Gast Mike Johnson durch fulmintantes Dobrospiel) oder der atmosphärischen Ballade „One Hell Of A Ride“.

Auf „Half Past Goodbye“ darf Gitarrist Jay Rusnak (wie eigentlich auch auf allen anderen Stücken) sich noch mal ganz besonders ausleben, bei der filigranen Behandlung seines Arbeitsgerätes dürfte es allerdings so manchem Blueser schwarz vor Augen werden.  Als Zugabe gibt es noch drei Videos („American Thunder“, „Best Move“ und Kurzinterviews der Bandmitglieder). Erwähnenswert auch vielleicht noch die Recycling-Skulptur von James Ezell auf dem Inlay, wo ein Pferd aus Schrauben, Lagern, Schraubschlüsseln und jeder Menge Zündkerzen zusammengeschustert wurde, also ein Ironhorse im wahrsten Sinne des Wortes. Tolles rundes Zweitwerk in jeder Hinsicht, herzlichen Glückwunsch an Ronnie Keel und seine Genossen!

Iron Horse Productions (2004)
Stil: Rock & More

01. Three Sheets To The Wind
02. Bring It On
03. American Thunder
04. The Other Kind
05. I Can’t Stop You
06. Dixie Highway
07. The Best Move
08. Desert Rain
09. Haunted Saloon
10. Rescued
11. Half Past Goodbye
12. One Hell Of A Ride

Videos:
13. American Thunder
14. The Best Move
15. Meet The Band

Ron Keel
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