Lonestar – Coming Home – CD-Review

Sechstes Studio-Album von Lonestar! Und vielleicht sogar ihr Stärkstes! Glaubte man auf ihren ebenfalls durchaus guten letzten beiden CDs „I’m Already There“ und „Let’s Be Us Again“ aufgrund des immensen Erfolgsdruckes dennoch leichte Abnutzungs- bzw. Stagnationserscheinungen zu erkennen, belehren die Herren Richie McDonald, Keech Rainwater, Michael Britt und Dean Sams Fans und Kritiker mit „Coming Home“ eines Besseren. Sicher auch ein Verdienst ihres neuen Produzenten Justin Niebank, dem es mit minimalistischer Methode gelungen ist, Lonestar wieder mehr zurück in Richtung ihrer Anfangsalben zu fokussieren, ohne dabei auch nur den Hauch ihres schon immer existierenden, modernen New Country-Flairs einzubüßen.

Im Gegenteil, die Texaner wirken frischer denn je! Insgesamt waren sie nie knackiger, was bedeutet, dass die Uptempo-Nummern in der Überzahl sind. Wir erleben so viele „echte“ Country-Bezüge, wie schon lange nicht mehr, tolles Songwriting mit namhaften Co-Autoren, wie z. B. Brett James (5x Richie, 1x Michael, 1x Dean), intelligent ausgewählte Fremdkompositionen (u. a. von Dean Maher, Tom Douglas), klasse instrumentelle Darbietung in Verbindung mit vielen Gastmusikern (u. a. Shannon Forrest, Michael Rhodes, Bryan Sutton, John Willis, Russ Pahl, Gordon Mote, Jonathan Yudkin, etc.) und mal wieder eine gesangstechnische Klasseleistung von Frontmann Richie McDonald, der einmal mehr alles aus seiner phantastisch wohlklingenden Stimme herausholt!

Los geht’s mit der Singleauskoppelung „You’re Like Coming Home“, bereits hoch in die Billboard-Singles-Charts eingestiegen ist. Eine knackig rhythmische Countrypopnummer mit toller Melodie, gewürzt mit Dobro, Mandoline und tollen Gitarren. Geht richtig gut ab und bringt Sonne in die Herzen! Prognose. Wird noch an der Spitzenposition der Charts kratzen! Direkt einen drauf setzt dann noch „Doghouse“, das noch eine Spur rockiger rüber kommt. Fiddle, E-Gitarren, Dobro, kleine Soli und Gordon Motes Wah-Wah-Clavinet-Effekte sorgen für jede Menge Pep!

Doch keine Lonestar-Platte kommt vollkommen ohne ihre berühmten Balladen aus! Während „I Am A Man“ noch an der Grenze zum Midtempo liegt (sehr ausdrucksstarker Gesang Richies), folgt „I’ll Die Tryin'“ (Fremdkomposition aus der Feder von Steve Bogard und Jeremy Stover) ganz dem Stil ihres einstigen Superhits „Amazed“. Kein anderer kann im Country-Circuit romantische Herz-Schmerz-Liebeslieder wohl authentischer rüberbringen als Lonestars Leadsänger. Ebenfalls ruhiger sind „I Never Needed You“, wo Sara Evans die Harmonies beisteuert (erinnert an Tim McGraw/Faith Hill-Duette), und „I Just Want To Love You“, ebenfalls ein echter „Schmachtfetzen“, wie der Titel es schon vermuten lässt. Im Midtempobereich liegen Songs wie „Little Town“, eine sympathische
Hommage auf ein intaktes Kleinstadtleben, sowie das Steel-, Mandolinen- und Akkordeon- getränkte, sehr relaxt dahinfließende „Two Bottles Of Beer“.

Die Highlights stellen aber diesmal eindeutig die temporeicheren Stücke dar. „Wild“, wie der Name es schon ausdrückt, ist ’ne richtig wilde Nummer, deren treibender Boogie-Rhythmus gar ein wenig an ZZ Top zur „Eliminator“-Phase zu erinnern scheint. „Noise“ ist wieder ein flotter Countryrock/-pop-Song, der durch feine Tempowechsel und seine kraftvolle Performance besticht. Bleiben noch zwei eher traditionell ausgerichtete Lieder („What’s Wrong With That“ und „When I Go Home Again“), die aber richtig Laune machen. Heulende Fiddles, klasse E- Gitarren und Honkytonk-Piano sorgen für prächtige Country-Stimmung!

Alles in allem eine prima zusammengestellte, kurzweilige Mischung! Lonestar hat der frische Wind, den Justin Niebank der Truppe eingehaucht hat, spürbar gut getan. „Coming Home“ ist ein Album, dass die Band in absoluter Bestform präsentiert!

BNA Records (2005)
Stil: New Country

01. You’re Like Comin’ Home
02. Doghouse
03. I’m A Man
04. I’ll Die Tryin’
05. Wild
06. Noise
07. Little Town
08. I Never Needed You
09. What’s Wrong With That
10. Two Bottles Of Beer
11. I Just Want To Love You
12. When I Go Home Again

Lonestar
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Stoney LaRue – Velvet – CD-Review

Weich und geschmeidig ist an Stoney LaRues neuem Album „Velvet“ eigentlich nur der rotfarbene Samtüberzug des Digipacks (von daher lohnt es sich in jedem Fall hier eine physikalische Version zu erwerben) und vielleicht noch der wunderschöne, entspannte Titeltrack am Ende des Albums. Ansonsten ist „Velvet“ keine leichte Kost (eher anspruchsvoller Roots-Stoff), Red Dirt–Anhänger werden sogar vermutlich damit ihre Schwierigkeiten haben, denn unter diesem ‚Label‘ hat der ursprünglich aus Taft, Texas stammende 34-jährige Stoney LaRue ja seinen musikalischen Weg vor sechs Jahren (sein Debütwerk hieß sogar „The Red Dirt Album“) angetreten.

Es folgte noch ein in dieser Szene quasi als Muss aufgenommenes Live-Dokument im Kulttempel Billy Bob’s Texas (DVD/CD), ansonsten tauchte LaRue in der Zwischenzeit eher als Co-Writer und Gastmusiker bei befreundeten Interpreten wie z.B. bei Brandon Jenkins grandiosem „Brothers Of The Dirt“-Longplayer auf (LaRue war irgendwann von Texas nach Stillwater, Oklahoma gezogen und traf sich meist im dortigen Yellow House mit besagtem Brandon Jenkins, Jason Boland, Cody Canada und Mike McClure zu regelmäßigen Sessions).

Sein neues Werk „Velvet“ beinhaltet nur noch Red Dirt-Fragmente. Lediglich das locker dahinfließende „Look At Me Fly“ (flockige Gitarrenuntermalung, Fiddleeinlagen, E-Slide-/Fiddle-Solo-Kombi), im Stile der Randy Rogers Band, kann man als klassischen Song dieser Sparte ‚identifizieren‘, ansonsten begibt sich LaRue deutlich in rootsige Americana-Gefilde, vermutlich auf eine beschränkte Kategorisierung seiner Person pfeifend.

Das ist mutig und risikoreich zugleich, zeugt in diesem Fall aber vom Anspruch des Künstlers, sich weiterzuentwickeln. Auf diesem Werk geht es spürbar darum, hochwertige Musik abzuliefern, als um irgendwelche Rücksichten im kommerziellen Sinne. Die Stücke stammen alle aus der gemeinsamen Feder von Stoney und Mando Saenz, lediglich an „Wiregrass“ war Adam Hood beteiligt. Beide Co-Writer sind ebenfalls eigenständige Singer/Songwriter aus dem Roots-/Americana-Dunstkreis.

Da zudem ein elitärer Musikerkreis wie bestehend aus u.a. Randy Scruggs (Sohn von Bluegrass-Legende Earl Scruggs), Glenn Worf, Chad Cromwell, Glen Duncan, Jim Hoke (alles bekannte Nashville-Studiomusiker), Fred Eltringham (mittlerweile Drummer bei den Wallflowers), Oran Thornton, Ian McLagan und Kevin Webb zur Einspielung des Werkes gewonnen werden konnte, war ein anspruchsvolles, filigranes musikalisches ‚Gebräu‘ eigentlich vorprogrammiert.
Stücke wie „Travellin‘ Kind“ (klasse Harmoniegesänge von Nashville-Diva Lee Ann Womack), „Has Been“ (steelbetont) und „Way Too Long“ (ein recht fröhlicher Song, mit einer kirmesartig gluckernden Orgel) könnten alle auch gut auf Neil Youngs akustisch motivierte und dominierte Alben passen.

Lieder der Marke „Wiregrass“ (ziemlich düster, swampig, mit markanten, an die frühe Marshall Tucker Band erinnernden Querflöteneinlagen von Jim Hoke), das recht monoton verlaufende „Scarecropper“ (rauer, recht bluesig stampfender Gitarrenrhythmus, quäkende Mundharmonika, filigrane Akustikgitarre) und das (wie der Titel schon andeutet) mit teilweise sirenenartigen Fiddlepassagen bestückte „Sireens“ sind auch für mich recht schwer verdaulicher, aber höchst anspruchsvoll instrumentierter Stoff. Man merkt den Musikern den Spaß beim Experimentieren richtig an. Etwas aus der Reihe fällt „Te Amo Mas Que La Vida“, ein recht euphorischer, mit Akkordeon unterlegter Tex-Mex-Schunkler, passend zum Tequila-Genuss in der Tapas-Bar.

Am Ende darf man sich aber dann aber doch beim längsten Track und Namensgeber der CD „Velvet“ in absoluter Wohlfühlatmosphäre laben. Eine wunderbare, sehr melodische und auch dezent melancholische Ballade. Klasse hier die vorzüglichen Backs von Aubrie Sellers und Sarah Buxton. Mein persönlicher Favorit eines Longplayers, den man nur an ganz bestimmten Tagen hören kann.

Stoney LaRue hat seine bisherige Klientel mit „Velvet“ zunächst erst mal auf eine harte Probe gestellt, dafür aber ein höchst anspruchsvolles und hochklassig instrumentiertes Album mit Ecken und Kanten abgeliefert. Der Bursche scheint auf Experimentierfreudigkeit und Weiterentwicklungsfähigkeit gepolt zu sein. Man darf auf sein nächstes Werk gespannt sein.

B Side Music Group (2011)
Stil: Red Dirt

01. Dresses
02. Wiregrass
03. Look At My Fly
04. Travelin‘ Kind
05. Sharecropper
06. Sirens
07. Te Amo Mas Que La Vida
08. Has Been
09. Way Too Long
10. Velvet

Stoney LaRue
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Mezcaleros – Road To Texas – CD-Review

Ähnlich wie die Jungfrau zum Kinde, gibt es manche Dinge, die sich nicht immer rational erklären lassen. Wer anders kann, z. B. aufgrund seiner bestehenden Affinität zu Rot-Weiss Essen, besser ein Lied davon singen als ich? Ob Philippe Marseille, oder, wie er sich jetzt nennt, Phil Mezcal, kurz nach seiner Geburt in eine Neugeborenen-Station verfrachtet wurde, in der ein Krankenpfleger auf seinem Cassettenrecorder ständig ZZ Top rauf und runter laufen ließ oder ob Philippe seine Liebe zu texanisch angehauchtem Blues Rock/ Boogie gleich direkt mit der Muttermilch aufgesogen hatte, entzieht sich letztendlich meiner Kenntnis.

Fest steht aber, dass dieser französische Bursche, wie es auch immer letztendlich dazu gekommen sein mag, eine ungemeine Liebe für die Musik der drei Herren aus Houston, Texas in seinem Blut mit sich zu tragen scheint. Rein optisch, auch hier kann wild spekuliert werden, entschied er sich, vermutlich entweder aus hormonellen Zwängen heraus, der Chancen dem weiblichen Geschlecht gegenüber oder vielleicht schlichtweg auch aufgrund der komplizierteren Nahrungsaufnahme, von der Langbartvariante seiner Idole abzusehen und es in der Stevie Ray Vaughan-Ausgabe zu versuchen, was auch in einem gewissen Rahmen gelungen ist, wie das Cover von dieser zu besprechenden CD „Road To Texas“ eindeutig beweist.

Ok, weil es von ZZ Top seit „Mescaleros“, das immerhin auch schon wieder acht Jahre her ist, kein echtes kreatives Lebenszeichen mehr gibt, hat der gute Phil jetzt selbst die Sache in die Hand genommen und mit seinen Kumpels Yvan Ackermann (Schlagzeug) und Michel ‚Mitch‘ Sanchez (Bass) unter dem Bandnamen Mezcaleros selber den o.a. Longplayer im ‚Studio Tone House‘ in Paris fabriziert. Einer der Inhaber dieser Location, Jean-Etienne Loose, liefert als einziger musikalischer Gast noch eine wunderschöne spanische Akustikgitarrenarbeit bei „Eldorado“ ab.

Vom Gesang her erinnert Mezcal an eine Mischung aus J.J. Cale und Hank Shizzoe, manchmal kann er seinen französischen Akzent nicht ganz außen vor lassen, mit dezenten Abstrichen ist das aber in Ordnung. Ansonsten knarzt, stampft und rockt es in bester Gibbons & Co.- Boogie-Manier richtig fett aus den Boxen. Dazu kommen manchmal auch leichte Southern Rock-Anleihen Marke Blackfoot/Hatchet. Das macht richtig Spaß! Schön, wie es ihm bei den Stücken „Cajun River“, „My Life Is Running“ oder „Gotta Go“ zur Auflockerung gelingt, eine Dobro zu integrieren. Ähnlich seiner Heroen, lässt Phil auch immer wieder ein wenig Tex-Mex-Flair in die Stücke einfließen („Hasta La Vista“, „Eldorado“).

Hitverdächtig am ehesten sind vielleicht Tracks wie „The Fox“ (klingt wie eine Neuzeitfassung von „Legs“- toller rhythmischer Song), „Rock O’La“ oder „Breakdown Limousine“, weil sie stark an die Sachen der kommerziellen Blüte des texanischen Trios (zu Zeiten von „Eliminator“ und „Afterburner“) gelehnt wurden. Am Ende lässt Mezcal sein Werk mit „Little Jimmy“ entspannt ausklingen. Ein schöner, spartanisch gehaltener Country Blues, bei dem sein Gesang nur mit Harp, Dobro und Akustikgitarre ergänzt wird. Da kann man nach dem schweißtreibenden und intensiven Gitarrensound von zuvor den Puls ein wenig runterfahren.

„Road To Texas“ von Mezcaleros ist ein mit viel Herzblut und Liebe zum Detail eingespielter Longplayer geworden. Hier wird der Spirit der berühmten Langbärte, die sich vor zig Jahren im Rockpalast mit ihrem legendären Auftritt in unsere Herzen katapultierten (ich persönlich habe sie in Düsseldorf, Köln und Essen zu recht unterschiedlichen Phasen live gesehen), auf erfrischende und sympathische Weise sowie einem beträchtlichen Maß an kreativer Eigenständigkeit aufrecht erhalten. Somit habe ich diese Straße nach Texas sehr genossen! Chapeau, Monsieur Mezcal!

Cactus Rock Records (2011)
Stil: Texas Boogie / Blues Rock

01. Let It Down
02. Cajun River
03. The Fox
04. My Life Is Burning
05. Hasta La Vista
06. Gotta Go
07. Eldorado
08. Rock O’La
09. Love On The Screen
10. Breakdown Limousine
11. Little Jimmy

Mezcaleros

Rich O’Toole – Seventeen – CD-Review

Ric

Ist das herrlich! Die pure „Red Dirt“-Countryrock-Wonne – und dieser Southern-Duft! Toll! Okay, die texanischen Ölquellen mögen in einigen Jahren naturbedingt versiegen, das Reservat an herausragenden jungen Musikern allerdings scheint im Lonestar State weiterhin nahezu unerschöpflich zu sein. Ein weiteres Paradebeispiel in der ewig langen Liste der von uns vorgestellten Künstler ist der gerade mal 23-jährige, aus Houston stammende Sänger, Songwriter und Gitarrist Rich O’Toole, der jetzt mit „Seventeen“ (seine persönliche Glückszahl) ein wundervolles Debüt abliefert. Dabei ist es eher einem bedauerlichen Zufall zu verdanken, dass O’Toole überhaupt den Weg des Musikers wählte.

Der Mann stand vor einer vielversprechenden Baseball Profi-Karriere, als diese abrupt durch einen Unfall beendet wurde. Und wie es in Amerika scheinbar so üblich ist, vorausgesetzt natürlich man hat Talent (und das hat dieser O’Toole über alle Massen), schnappt man sich seine Gitarre, und beginnt sich musikalisch zu entfalten. Schon verrückt so etwas! Aber auch unglaublich, wie begabt diese Burschen sind! So arbeitete sich die Rich O’Toole Band mit ihren fulminant abgehenden Live-Auftritten rasend schnell von der vielbeachteten College-Underground-Szene ins Vorprogramm solcher namhaften Texas-Bands wie Reckless Kelly und der Randy Rogers Band. Die Fans waren schier aus dem Häuschen, ob der Tatsache, wie diese junge Truppe aufspielte.

Kein Wunder also, dass sich für das Debüt des Songwriters (alle Songs stammen aus der eigenen Feder) sofort eine äußerst prominente Musiker-Schar der Texas-Szene (u. a. Chris Masterson aus Jack Ingrams Beat Up Ford Band, Rich Brotherton aus der Robert Earl Keen Band, Nick Worley von Cooder Graw/Cory Morrow Band, Multi-Saiten-Virtuose Bobby Flores, usw.) zusammenfand, und das zudem noch in den Studios und unter der Regie des angesagten, Grammy-nominierten Produzenten Mack Damon abgemischt wurde. Bei den zehn Songs, die allesamt vorwiegend von einem prächtig klingenden, transparenten, satten Gitarrensound bestimmt werden und von herrlichen Melodien durchzogen sind, geht es, bis auf wenige Ausnahmen, sehr dynamisch, knackig, rootsig rockig und äußerst würzig zur Sache, weshalb O’Tooles Stil auch gern als „elektrifizierter Country-Rock’n’Roll’ umschrieben wird.

Bestes Beispiel dafür ist der schon rau und dreckig rockende Opener „When Kelly Comes To Town“, der mit feurigen Southern-rocking E-Gitarren-Riffs und druckvollen Drums in allerbester „Red Dirt“-Manier zwischen Cross Canadian Ragweed und der Ryan Bales Band daher fegt, und zum Schluss mit den rotzfrech eingeworfenen Harmonie-Gesängen von Rebecca Valadez endgültig veredelt wird. In eine ähnliche Kerbe schlagen weitere Uptempo-Roots-/Countryrocker wie das trocken und kantig rockende „Cleveland“, „Everything’s Legal“ oder das rasante, dabei hoch melodische, genauso angeraute, wie erfrischende „Summertime“, die alle irgendwie Richtung gut abrockender Reckless Kelly und Konsorten zielen.

Überhaupt scheint ein Vergleich zu Reckless Kelly durchaus legitim, zumal Rich O’Toole’s Stimme zuweilen eine leichte Ähnlichkeit zu RK-Frontmann Willy Brown aufweist. Phantastisch beispielsweise auch die traumhaft melodische, flockige, wie Öl runter gehende, knackige Countryrock-Nummer „Queen Of The Misfits“ mit ihren tollen Harmonies im Refrain (ein Gänsehaut-Countryrocker, der übrigens bis auf Platz 5 der bedeutenden Texas Music Charts stieg), die abermals von einem dezenten Southernflair durchwehte, mit feinen Fiddle- und Steelguitar-Klängen verzierte Ballade „Alone“ oder das tolle „Just My Luck“ (southern-bluesig, klasse Harmonies, heulende E-Gitarren-Fills)! Mit dem dynamischen „Robert E. Lee“ gibt es dann sogar noch einen tollen, zum Mitrocken animierenden, honky-tonkin‘ Saloon-/Roadhouse-Feger mit markantem, flinkem Telecaster-Spiel von Masterson, inklusive tollem Solo, das sogar ein wenig an Hughie Thomassons Outlaws erinnert.).

Dass O’Tooles Stärken durchaus auch von abwechslungsreicher Variabilität geprägt sind, und nicht nur im Uptempo-Bereich liegen, zeigt er auch bei den zwei eher balladeskeren Nummern „Texas Blues“ (herrliches Mandolinen- und Fiddle-Spiel, Huldigung zweier großer Texaner in der Textzeile „…Stevie Ray in the morning, Townes Van Zandt in the afternoon…“) und dem mit entspanntem Tex Mex-Flair umgarnten „Pancho Villa“ (klasse Gesang von Rich, starke Harmonies, filigranes, spanisch anmutendes Akustikgitarrenspiel). Keine Zweifel: Micky & the Motorcars, No Justice, Buster Jiggs, The Bois D’Arcs, die Tyler McCumber Band, die Kyle Bennett Band, Cross Canadian Ragweed, Reckless Kelly und wie sie alle heißen, haben einen neuen, absolut ebenbürtigen Kollegen in ihren Reihen, der uns mit einem umwerfenden, rootsigen „Red Dirt“-Countryrock-Album wie aus einem Guss einfach nur begeistert.

Mit Rich O’Toole hat die Texas-Szene ein weiteres, mächtig funkelndes Juwel hinzugewonnen. „Seventeen“ dürfte erst der Anfang einer tollen, vielversprechenden Karriere sein! Man ist jetzt schon „heiß“ auf neuen Stoff! Einfach famos, dieser so unverbraucht und „musikgierig“ wirkende Bursche! Rock on, Rich!

PTO Records (2006)
Stil: Red Dirt

01. Kelly Comes To Town
02. Queen Of The Misfits
03. Alone
04. Just My Luck
05. Robert E. Lee
06. Cleveland
07. Everything’s Legal
08. Texas Blues
09. Pancho Villa
10. Summertime

Rich O’Toole
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Brad Dunn Band – Gravy – CD-Review

Imponierend! Ein Feuerwerk an Southern-, Red Dirt- und Country Rock-Zutaten, was die Brad Dunn Band da auf ihren neuen Album „Gravy“ abbrennt. Die in Austin Texas beheimateten Musiker um ihren Bandleader Brad Dunn haben eine „Umfirmierung“ vollzogen, denn aus Brad Dunn & Ellis County ist jetzt die Brad Dunn Band geworden. Die Mitmusiker Michael Lamendola, Tim Veilon, Mike Naumann, Ty Hurless, Marty Muse und Kurt Baumer sind aber allesamt an Bord geblieben, dazu greift man auf „Gravy“ verstärkt auf namhafte, ergänzende Gastmusiker zurück (u. a. die E-Gitarren-Wizards David Grissom und John Carroll auf „Haylee“ und „Barstool“, sowie Red Dirt-Legende Cory Morrow als Gastsänger, ebenfalls auf „Barstool“).

Auch bei der Produktion standen Kevin Szymanski diesmal noch Clayton Corn und Jeff Moore assistierend zur Seite, und die sorgen mit filigraner Keybpard- bzw. E-Gitarrenarbeit für spürbare musikalische Zusatzqualität. Ein weiterer Gewinn ist die im Hintergrund überaus engagiert singende Karel Ann Moore, die mit den typischen „Uuhs“ und „Aahs“ bei den meisten Songs das Southern Rock-Feeling noch zusätzlich verstärkt. Für „Gravy“ hat sich die Band entschlossen, insgesamt sechs Tracks Debütwerk von Ellis County neu einzuspielen (und das wirklich in fantastischen, stark verbesserten, satten Versionen mit wuchtigen Neuarrangements) und on top vier brandneue Stücke zu servieren.

Für die prächtigen Neuversionen ein hervorragendes Beispiel ist direkt der furiose Opener „Patsy Cline“. Als Intro wurden ein paar hawaiianisch anmutende Steeltöne vorgelagert, aber schon nach ein paar Sekunden krachen einem fetzige E-Gitarren und donnernde Dunns, sowie erstklassiger Gesang in deutlich rauerer Gangart entgegen. Es entwickelt sich ein lupenreiner, schwerer Southern Rocker, der die Herzen der Genre-Freunde hoch schlagen lässt. Das rockt! Als Ausklang gibt es dann noch einen kurzen Auszug von Patsy’s Megahit „Walking After Midnight“. Klasse gemacht! Auch „Rain“ hat in der neuen Fassung viel mehr „Bums“.

Baumers quirlige Fiddle sorgt für ein gewisses Gypsy-Flair. Schön hier zudem die fetten Orgel-/Piano-Fills, die im Zusammenspiel mit den E-Gitarren und der Melodik ein gewisses „Can’t You See“-Feeling (The Marshall Tucker Band) aufkommen lassen. „Love And Hate“ ist der erste neue Track, eine Mischung aus Red Dirt- und Southern Rock mit klasse E-Gitarren, raunender Orgel und Ann Moores starken Backvocals. Ein Stück im Stile von JB & The Moonshine Band oder den Cross Canadian Ragweed. Auch das folgende „Haylee“ ist neu. Ausgestattet mit einer wunderbaren Melodie, einem Refrain mit hohem Wiedererkennungswert, natürlich geleitet von Grissoms unverkennbarer Gitarrenarbeit, sowie von Clayton Corns am Keyboard simulierten Tönen, irgendwo zwischen Mundharmonika und Akkordeon liegend. Der Song hat, was die Texas Music Charts angeht, gewaltiges Hitpotential.

„Red White And Blue“ stampft schwer wie eine Dampfwalze und zwingt das nicht identische Stück von Lynyrd Skynyrd mit gleichem Titel deutlich in die Knie. Hier lommen einem zudem Bands wie Flynnville Train oder Blackberry Smoke in Erinnerung. Beste Partystimmung bei künftigen Konzerten der Brad Dunn Band dürfte der Countryfeger „That Song About Beer“ erzeugen. Flottes Gitarrenpicking, Honky Tonk-Piano im besten Billy Powell-Gedächtnis-Stil, gröhlende Crowd-Gesänge – die üblichen Zutaten für eine trinkfreudige Gute-Laune-Nummer. „Piece Of Me“ bietet klassischen Red Dirt Countryrock der Marke Reckless Kelly (schöne Bariton-E-Gitarre, Fiddle).

Auch „Feed The Chickens“ (klasse hier Brad Dunns rauer Erzählgesang) erfährt mit einem swampigen Dobro (gespielt von Jim ‚Haystack‘ Novak) und Moores herrlichen „Backs“ eine deutliche Aufwertung im Vergleich zum Original. Das letzte neue Stück, „Southern Pride“ spricht schon mit dem Titel für sich. Southern Rock-Fans werden diesen bluesig groovenden Song lieben. Der traditionelle Countryheuler „Barstool“ als Rausschmeißer ist bei der Brad Dunnn Band ein Muss, da geschrieben von Brads Großmutter Charlotte Morrison (die im Innencover mit Cowboyhut posierend abgebildet ist – übrigens ein geschmackvolles, aber sehr sparsames Artdesign von den Dodd-Sisters, die das tolle Album von Reckless KellyGood Luck & True Love“ vor geraumer Zeit gestaltet hatten).

Die neue Version erhält, wie bereits oben erwähnt, durch Cory Morrow als Dunns Duettpartner seinen neuen Reiz. Als „Countryband mit einem ‚Rock-Problem'“ hatte Brad Dunn sich und seine Mannen einmal charakterisiert. Dieses „Rockproblem“ wird sich dann mit „Gravy“ wohl nochmals vergrößert haben. Vor allem Southern Rock-Anhänger sollten die Brad Dunn Band auf jeden Fall mal antesten. Sie werden mit einer authentischen und mit allen geliebten Zutaten angereicherten Scheibe belohnt. Dank der gerade verabschiedeten Kooperation mit dem in der Red Dirt-Szene arrivierten Smith Entertainment-Label dürfte der große Durchbruch nur noch eine Frage der Zeit sein. Saustark diese Jungs aus Austin!

Smith Entertainment (2013)
Stil: Red Dirt

01. Patsy Cline
02. Rain
03. Love And Hate
04. Haylee
05. Red White And Blue
06. That Song About Beer
07. Piece Of Me
08. Feed The Chickens
09. Southern Pride
10. Barstool

Brad Dunn Band
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The Plainsmen – What Started The Fire – CD-Review

Und wieder mal ein richtiges Klasse-Debüt! Erdiger, würziger, völlig zwangloser, unbekümmerter, kraftvoller Red Dirt-Rootsrock, der einen den dreckigen, texanischen Staub sehr authentisch in der Nase spüren lässt. Für diese so lebendige Red Dirt-Szene scheinen Nachwuchsprobleme nach wie vor ein Fremdwort zu sein. Immer wieder sprießen die Newcomer nur so aus dem Boden und es haut einen oftmals förmlich aus den Socken mit welch hoher musikalischer Qualität hier von Anfang an losgelegt wird. Das nächste beeindruckende Beispiel dieser Art sind The Plainsmen aus San Antonio, Texas.

Hinter diesen „Flachländlern“ verbirgt sich ein handwerklich hoch talentiertes Duo, bestehend aus den Herren Grant Hamilton (aus Texas stammend) und Garrett Lucas (aus Oklahoma kommend). Beide haben sämtliche Songs ihres Albums „What Started The Fire“ zusammen komponiert und eingespielt, wobei eine klare Arbeitsteilung vorgenommen wurde. Hamilton bedient in Red Dirt-typischer Gesangsart das Mikro (klasse, raue, heißere Stimme mit viel Ähnlichkeit zu Mike McClure) und spielt Rhythmusgitarre, Lucas übernahm den Löwenanteil der vielen Lead-Gitarrenparts (herrliche, flammende, von großer Spielfreude und hoher handwerklicher Kompetenz geprägte, viel Southern-Esprit ausstrahlende Soli) und ist zudem mit einigen Harmoniegesängen beteiligt.

Das hört sich zunächst relativ unspektakulär an, wenn da nicht noch zwei markante Personen beteiligt wären, nämlich der omnipräsente „Mr. Red Dirt“ Mike McClure (Mike McClure Band / The Great Divide) sowie Musiker- und Produzentenlegende Joe Hardy (ZZ Top, Steve Earle, Jeff Healey, 38 Special, Georgia Satellites, Cross Canadian Ragweed, Laidlaw etc.), die sich, ähnlich wie schon vor kurzem beim saustarken Debüt des Mädelduos ShutDownTown, instrumenten- und produktionstechnisch eingebracht haben. Das ist schon toll, wie dieses Team sein Know-How, scheinbar ohne größere finanzielle Ansprüche, für junge Nachwuchskünstler zur Verfügung stellt und somit solche hoch qualitative (vom Budget her vermutlich streng limitierte) Eigenproduktionen erst ermöglicht. Großartig, wie diese Burschen ihren so wunderbar ursprünglich erscheinenden Red Dirt-Rootsrock mal mit einem feinen Blues-Flavour, dann mit viel Southern-Flair, aber auch mit der Genre-typischen Americana- und (Alternate) Country-Note würzen.

The Plainsmen beginnen ihr Werk mit dem schon fast Southern Rock-kompatiblen, sehr starken „Circles (Alive)“, das sich im gehobenem Midtempobereich bewegt und von einem dezentem Retroflair (wie auch einige andere Stücke) durchzogen ist. Gleich drei satte Gitarrenparts mit superbem, quirligem, hoch-karätigem southern-fueled Lead-Spiel warten auf uns, die gar so etwas wie entfernte The Marshall Tucker Band-Reminiszenzen aufkommen lassen. Ein toller Auftakt! Der markanten Slidearbeit und dem kauzigen Erzählstil bei „Laughin At The Past“ folgt sehr trockener, leicht melancholischer Gesang beim ungemein rootsigen, rauen, aber durchaus relaxten, von noch mehr schöner, elektrische Slide-Gitarre begleiteten „The Farm“. Mike McClures starkes Baritone-E-Gitarren-Spiel dominiert das lässige „In The Middle“ und versprüht eine gewisse „Laidback“-Atmosphäre.

Bei sehr melodischen, knackig kraftvollen „Katy Comes Around“ wird dann wieder das Tempo angezogen und Garrett Lucas überzeugt erneut mit einem klasse, quirligem Southern E-Gitarren-Solo. Das countryrockige „Lonely Town“ kann als verspätete Red Dirt-Antwort auf John Mellencamps berühmtes „Small Town“ interpretiert werden. Klasse hier vor allem die fette Orgel-Arbeit von Joe Hardy. Typischen, flockigen Red Dirt Rock im Cross Canadian Ragweed-Stil gibt es bei „Eagle“, wieder mit retrobehaftetem, starkem E-Gitarren-Solo. „Sandcastle Blues“ erinnert vom Groove her dezent an John Fogertys einstiges „Penthouse Pauper“, das vor einer gefühlten Ewigkeit auch mal von Molly Hatchet gecovert wurde.

Die eigenständige, bluesige Plainsmen-Abwandlung liegt vom Tempo her irgendwo dazwischen. Mit frappierender Ähnlichkeit zu Mike McClure und seiner Musik besingt Grant Hamilton das anschließende „Shores“ und avanciert damit fast zum potentiellen Ziehsohn seines Förderers. Mit einem textlichen Augenzwinkern swingt „Let Me Wander“ mit unterschwelliger Tex-Mex-Note gut gelaunt vor sich hin (schön hier die spanische Akustikgitarre, inkl. Solo). Das finale „Keeper Of The Plains“ dürfte für das Live-Programm gesetzt sein: Ein flotter, erstklassiger Countryrock-Stomper, den man bei Konzerten sicher zur spielfreudigen Endlosschleife (inkl. Mitsingmöglichkeit) ausdehnen kann.

The Plainsmen ist mit „What Started The Fire“ ein Debüt gelungen, bei dem man als Red Dirt-Fan sofort Feuer fängt. Mike McClure und und Joe Hardy haben einmal mehr ihr feines Näschen in Sachen Talentförderung bewiesen. Dazu wird man noch mit einem zwar sehr spartanischen, dafür aber umso schöneren Cover-Artwork (Scott Seetin) belohnt. Prima Stoff für Anhänger von Acts wie Cross Canadian Ragweed, Ryan Bales Band, Tyler McCumber Band und vor allem der Mike McClure Band. Das Red Dirt-Feuer brennt!

Eigenproduktion (2009)
Stil: Red Dirt

01. Circles (Alive)
02. Laughin At The Past
03. The Farm
04. In The Middle
05. Katy Come Around
06. Lonely Town
07. Eagle
08. Sandcastle Blues
09. Shores
10. Baby Let Me Wonder
11. Keeper Of The Plains

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ShutDownTown – Flush – CD-Review

Bis vor geraumer Zeit wurde die Red Dirt-Szene so gut wie ausschließlich von Männerhand dominiert, wobei man allerdings fairer Weise konstatieren muss, dass kaum ein Interpret oder irgendeine Band hier durch übertriebenes Machotum aufgefallen wäre. Buster Jiggs waren die ersten, die sich entschlossen, auf ihrem zweiten Album „Heartache Jubilee“ ihre bis dato im Background und Harmoniegesang (trotzdem) recht markant wirkende Sängerin Kristin Muennink an der Front zu positionieren, nachdem ihr standesgemäßer Sänger Will Dodson aus privaten Gründen passen musste.

Jetzt betritt mit der recht wohlbeleibten Amanda Graves (Lead Vocals) und ihrer Partnerin Cari Smith (Vocals, Rhythm guitar) alias Shutdowntown ein Duo diese Männerdomäne, das erhebliches Potential inne hat, um im Genre für Furore zu sorgen. Nicht umsonst hat sich ein höchst prominentes Gespann die beiden Damen unter die Fittiche gekrallt. Und zwar Mr. Red Dirt himself, Mike McClure (als Musiker früher The Great Divide, mittlerweile Mike McClure Band sowie oft auch als Produzent mit feinem Gespür für viele genrespezifische Bands tätig) und Texas-Legende Joe Hardy (u.a. ZZ Top, Steve Earle, Jeff Healey, Georgia Satellites, 38 Special, Little Caesar, Laidlaw – seine komplette Vita hier aufzuführen würde sicherlich den Rahmen sprengen), die sich auf diesem Debüt beide musikalisch (sie spielen fast alle Instrumente) wie aufnahmetechnisch so richtig austoben konnten.

Als dritter Musiker (neben McClure, Hardy und den beiden Protagonistinnen) wurde lediglich mit ‚Steel-Ikone‘ Lloyd Maines (Vater von Dixie Chicks-Sängerin Natalie Maines) an seinem Paradeinstrument eine weitere Koryphäe seines Fachs eingebunden, der mit seinem unwiderstehlichen Spiel bei einigen Tracks für die Countrynote im ansonsten doch recht rockigen Restrepertoire sorgen durfte.

Beeindruckend auf diesem durchgehend starken, zehn Songs (sieben davon durch Graves und Smith kreiert, zwei von McClure) umfassenden Werk ist natürlich vor allem die Gesangsleistung von Amanda Graves. Die präsentiert sich trotz aller geballter musikalischer Kompetenz und Erfahrung um sich herum, absolut selbstbewusst und weiß mit ihrer kräftigen, sehr klaren, dezent rotzigen und mit einem Southern Twang (ähnlich dem von Sugarlands Jennifer Nettles) belegten Stimme in allen Tempobereichen absolut zu überzeugen. Stark das Mädel!

Dass die knapp vierzig Minuten Spielzeit wie im Flug vergehen, liegt neben der instrumentellen und gesanglichen Brillanz vor allem an der abwechslungsreichen Struktur und unterhaltsamen Anordnung der Stücke. Der (southern-) bluesrockige Opener „Bury Me“ (herrlich die satte E-Gitarre von McClure, dazu sein einfühlsames, Marshall Tucker-inspiriertes Solo, fette Orgel) macht mächtig Dampf, das folgende, dezent rootsig und leicht psychedelisch anmutende „6 A.M.“ wirkt im Gegensatz dazu fast introvertiert und wird vom in ‚Crying in my beer‘-Manier gebrachten Countryheuler „“He Ain’t Coming Back“ (dazu herrlich passendes, jammerndes Steelspiel plus Solo von Maines und ein atmosphärisches Grandpiano von Hardy) abgelöst. Ein recht unterschiedliches, aber gekonntes Song-Trio direkt zu Beginn.

Danach gibt es einen Reigen von vier Tracks, der mich absolut begeistert. Das bluesige „Dark Skies“ groovt richtig schwer in Mark und Bein gehend, ist dazu mit einem grandiosen Mix aus E- und Slidegitarren und Skynyrd-mäßigem Solo bestückt, das herrlich melodische „Downhill“ mit dieser unwiderstehlich klirrenden Mandoline als Untermalung (wie Fleetwood Mac goes Red Dirt) erzeugt durchgehende Gänsehaut, das freche „Echo“ bietet flockigen New Country (im Sugarland-Style – man fragt sich fast, was passieren würde, wenn ShutDownTown deren Marketing-Maschinerie hinter sich hätten…) und das flockig fröhliche, cabriotaugliche „Get Out“, bei dem McClure in zweieinhalb Minuten Songlänge auch ohne gebärdenhafte Frickelei auf den Punkt gebrachte E-Gitarrenarbeit der Extraklasse abliefert. War mir bisher gar nicht so bewusst, wie hervorragend und filigran der die sechs Saiten bearbeitet.

Zwei wieder recht countrylastige, unter starkem Maines-Einfluss stehende Lieder, „5 Card Draw“ (balladesk, atmosphärisch) und „Goodbye To Me“ (etwas poppig, wieder an Sugarland erinnernd), rahmen das fette, raue, southern-rockige von McClure komponierte „Bad With You“ (fast punkig polternde Drums, surrendes Slide-Solo) zwischen sich ein und bilden einen standesgemäßen, dem hohen Niveau der Restsongs in nichts nachstehenden Abschluss. Fazit. ShutDownTown haben mit ihrem von Mike McClure und Joe Hardy glasklar produzierten Debüt „Flush“ einen fast sensationell zu bezeichnenden Einstand abgeliefert. Fulminante texanischer Girlpower in der Red Dirt Szene – wow – herzlich willkommen!

Eigenproduktion (2009)
Stil: Red Dirt

01. Bury Me
02. 6 A.M.
03. He Ain’t Coming Back
04. Dark Skies
05. Downhill
06. Echo
07. Get Out
08. 5 Card Draw
09. Bad With You
10. Goodbye To Me

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Mike Ryan – Night Comes Falling – CD-Review

Der Quell hoch talentierter Musiker aus dem Red Dirt-Umfeld in Texas sprudelt unaufhörlich weiter. Gut so! Einer der neuen Hochkaräter der Szene ist der junge Mike Ryan aus Denton/Texas, der mit „Night Comes Falling“ ein tolles Red Dirt Country-/Countryrock-Album im allerbesten Stil solcher Kollegen wie Rob Baird, Randy Rogers Band, No Justice, Josh Abbott Band , Eli Young Band, Bart Crow, Wade Bowen & Co. hinlegt. Klasse Songs, wunderbare Melodien! Es ist schon wirklich verrückt, wie viele eigenständige junge Künstler diese Musiksparte immer wieder neu hervorbringt! Mike Ryan hat nach seinem abgeschlossenen Studium an der University of North Texas sich musikalisch Stück für Stück weiterentwickelt.

Nachdem er 2010 den „95.9 The Ranch Pickin’ Party“ Singer/Songwriter-Wettbewerb unter 80 Mitbewerbern für sich entscheiden konnte, ging es zunächst für eine EP ins Studio. Ryan gab selbstkritisch zu, dass er übernervös war und das Endergebnis trotz erster Single-Erfolge in den Texas Music Charts noch nicht das „Gelbe vom Ei“ war. Mittlerweile ist er beim führenden Szene-Label Smith Entertainment unter Vertrag und für seinen ersten Longplayer „Night Comes Falling“ passt dann aber auch alles zusammen. Mike ist an sechs der insgesamt elf Tracks kompositorisch beteiligt, aber auch bekannte Songwriter und Musiker wie Adam Hood, Blue Sanders, Billy Montana, Drew Copeland (Sister Hazel), Casey Twist (Stoney LaRue) und Clint Igersol haben neue Titel für ihn beigesteuert.

Nicht zu vergessen das eher noch „unbeschriebene Blatt“ Devin Kleinfelder, der bei vier sehr starken Stücken involviert war. Aus seiner alleinigen Feder stammt „Should I“, das Lied mit dem wohl größten Hitpotential auf diesem Album (Flair der typischen Lynyrd Skynyrd-Balladen, Refrain mit hohem Wiedererkennungswert, emotionale Steelbegleitung, 2 tolle E-Gitarren-Soli, schöne weibliche Background Vocals von Kylie Rae Harris). Ryan setzt auf seinem CD-Debüt auf Abwechslung und viel Atmosphäre bei durchgehend angenehmen Melodien. Der herrlich flockige, melodische Opener „The Cold One“ liegt dabei irgendwo zwischen Rob Baird und Randy Rogers. Die von Jeremy Watkins in allen Variationen gespielte Fiddle und die Steelguitar von Roger Ray verbreitet hier, wie auch bei diversen anderen Tracks („Prettiest Girl At The Dance“, „Holding On“) eine dezente, unterschwellige, rurale Countrynote. Ryan hat für sein junges Alter eine sehr anpassungsfähige Stimme und weiß in allen Tempi zu überzeugen.

Stark zum Beispiel „Dance With The Angels“, das mit ein wenig düsterem „The Thunder Rolls“-Flair daherkommt (Klasse Slidefills, fettes E-Gitarren-Solo). Gelungen auch immer wieder, wenn Ryan vom leitenden Grundschema des Albums zwischen Country und Red Dirt abweicht und mit kleineren Überraschungen aufwartet. „Baby Blue Jeans“ ist ein richtig schön dreckiger, rhythmischer Countrystomper (E-Slide-/Fiddle-Solo), bei „My Heartbreak“ setzt ein aufs Gemüt gehendes Cello und eine spanisch anmutende Akustikgitarre atmosphärische Akzente und „Little Too Long“ groovt bluesig schwer im Stile der Allman Brothers bei gleichzeitiger Stratocasterbegleitung im Stile eines Robert Cray. Der hier recht kompakt gebrachte Song (E-Gitarren- und E-Piano-Solo nur sehr kurz) dürfte live sicher zu einigen Improvisationsausflügen einladen.

Der Titelsong „Night Comes Falling“ bietet dagegen wieder luftige Leichtigkeit zwischen Marshall Tucker und den Eagles, ebenfalls getragen von einer beschwingten Stratocaster- und Steelbegleitung, schön hier vor Allem das relaxte E-Gitarren-Solo. Am Ende beweist Mike beim sparsam instrumentierten „Only All The Time“ (nur Akustikgitarre, Hand Drums und Fiddle) noch einmal seine schon erstaunlichen Gesangsqualitäten (in introvertierter Manier eines Randy Rogers). Fazit: Tolles Newcomer-Debüt eines außerordentlichen, sehr vielseitigen Talents, mit jeder Menge Potential. Für Mike Ryan ist mit „Night Comes Falling“ noch lange kein Ende in Sicht. Ganz im Gegenteil. In Zukunft ist von ihm noch so einiges zu erwarten!

Und dass der Bursche schon erheblich mehr Selbstbewusstsein getankt hat, kann man an folgendem Statement von ihm über seine Produzenten Wayne Foster und Eric Delegard erkennen: „They say the first day you release your album ist the day you start thinking about the next album. For the last six to eight months I’ve been thinking about ‚Night Comes Falling‘. I don’t have any themes or any solid ideas, but ask me again in a month, and that will probably have changed.“ Auch wir sind absolut sicher, dass der nächste Streich von Mike Ryan irgendwann in naher Zukunft in Angriff genommen wird. Doch jetzt erfreuen wir uns erst einmal am vorzüglichen Debut. Starker Typ dieser junge Texaner!

Smith Entertainment (2012)
Stil: Red Dirt

01. The Cold One
02. 57 Songs
03. Dance With An Angel
04. Baby Blue Jeans
05. Should I
06. Prettiest Girl At The Dance
07. My Heartbreak
08. Little Too Long
09. Holding On
10. Night Comes Falling
11. Only All The Time

Mike Ryan
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Drew Womack – Same – CD-Review

Vorweg eine schlechte Nachricht: Drew Womack hat nach 14-jähriger Tätigkeit seinen Dienst als Frontmann der äußerst beliebten New Country-Truppe Sons Of The Desert eingestellt! Die gute aber lautet – und das ist das entscheidende: Er legt ein wahrhaft meisterliches Solodebut vor, eine nahezu ideale Kombination aus sehr knackigem, frischem, von traumhaften Melodien durchzogenem New Country und Countryrock/-pop zwischen erdiger texanischer Ursprünglichkeit und dem „Glanz“ Nashvilles! Irgendwo war klar, daß ein musikalischer Charakterkopf, wie ihn Sänger, Multiinstrumentalist und Songwriter Drew Womack nun einmal darstellt, nicht weiter untätig bleiben würde, nachdem es schon über zwei Jahre um die „Sons“ recht ruhig geworden war.

Trotz zweier klasse CDs „Whatever Comes First“ (1997) und „Change“ (2000), gelang es der Band aufgrund ständiger Unruhen (Labelwechsel / interne Umstrukturierungen) nicht, aus ihrem ohne Zweifel großen musikalischenPotential die entsprechenden Früchte zu ernten. Nachdem alle rechtlichen Fragen geklärt waren (Drew kann über alle SOD-Songs frei verfügen), ist der Alleingang die wohl logische und begrüßenswerte Konsequenz des Ganzen, zumal das Tuch zwischen ihm und den Ex-Kollegen nicht völlig zerschnitten zu sein scheint. Denn bis auf Drummer Brian Westrum sind alle Mitstreiter vergangener Tage auf seinem Debüt involviert.

Der mittlerweile in Austin, Texas ansässige Singer/Somgwriter sprüht geradezu vor Energie und brennt ein richtiges Feuerwerk an erstklassigen Songs ab, von denen aber auch kein einziger einen Ausfall darstellt. Im Dunstkreis der etablierten Texas-Szene von Leuten wie Radney Foster, Rodney Crowell, Pat Green, Chris Knight & Co. trifft er zielsicher den schmalen Grat zwischen rootsigen Texas „Red Dirt“-Anlagen, Alternate Country, dezent poppigen, manchmal von einem gewissen Wedstcoast-Feeling umhauchten Countryrock-Elementen und radiofreundlichen Nashville-Strömungen nahezu perfekt. Drew Womack hat konstant und spürbar erfolgreich an seiner Weiterentwicklung gearbeitet.

Seine Musik ist ein wenig kratziger, kantiger und auch etwas rockiger geworden, gewinnt an großer Reife, ohne dabei auf ganz wunderbare Melodien zu verzichten. Drews Stimme klingt weiterhin frisch und nach wie vor unverwechselbar. „Premium Gasoline“ beispielsweise könnte mit seinem Speed problemlos auf jeden, in der NASCAR-Rennsportserie so beliebten Sampler gepackt werden, „To Her And Back“ glänzt durch rockige Gitarrenriffs und leichtem 70er Flair, „Fastest Way To Texas“ unterstreicht Womacks Singer-, Songwriterambitionen mit atmosphärischem Touch und roher Darbietung der Marke Ingram & Co, „Fine Art Of Failure“ ist ein rhythmischer Country-Rock’N’Roller mit typischer Gitarre und viel Dampf, wie es etwa bei Pat Green sehr oft zu beobachten ist.

Natürlich gibt es auch jede Menge „Sons Of The Desert“-Feeling: Die aktuelle Single „Hey Daisy“ gleitet mit lockerer Banjountermalung, dezenten Mundharmonikaeinlagen und schönen Harmoniegesängen westcoastmäßig leicht ins Ohr. Gleiches gilt für den Power-Lovesong „That’s Just Me“ und das knackige „Waitin’ On A Bullet“. Stark auch der von Radney Foster mitkomponierte, knacjige, ungemein frische Countryrocker „Any love at all“ mit seiner traumhaften Melodie! Besonderes Bonbon für alle „Sons“-Fans: Das einst sehr pianoträchtige Liebeslied „Leaving October“ von derem ersten Werk „Whatever Comes First“ präsentiert Womack in einer Neueinspielung durch Umwandlung der Tastenparts in Electric-Dobro-Töne und mit dezenten Hammond-Tupfern in einem völlig neuen, aber wunderschönen Gewand. Der Song wirkt dadurch viel ursprünglicher und geht mehr in die Tiefe.

„Melancolic Cafe“ (nur Drew/Gesang und Ex-Sons-Keyboarder Scott Saunders/Akustik-Piano) lässt, wie es der Titel schon ausdrückt, eine knappe Stunde feinster Musik melancholisch ausklingen. Ein geschmackvolles Booklet, inclusive aller Texte, rundet dieses Klasse-Werk zusätzlich positiv ab. Das Teil müsste eigentlich ein Bestseller werden. Verdient hätte er es mit dieser starken Musik auf jeden Fall! Fazit: Die Vergangenheit war Sons Of The Desert, die Zukunft heißt Drew Womack!

Smith Music Group (2004)
Stil: New Country & More

01. Hey Daisy
02. Any Love At All
03. Premium Gasoline
04. That’s Just Me
05. Leaving October
06. To Her And Back
07. Fastest Way To Texas
08. Waitin‘ On A Bullet
09. Devil’s Working Overtime
10. Fine Art Of Failure
11. Tearin‘ It Up Tonight
12. Melancholy Cafe

Drew Womack
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