Rich O’Toole – Seventeen – CD-Review

Ric

Ist das herrlich! Die pure „Red Dirt“-Countryrock-Wonne – und dieser Southern-Duft! Toll! Okay, die texanischen Ölquellen mögen in einigen Jahren naturbedingt versiegen, das Reservat an herausragenden jungen Musikern allerdings scheint im Lonestar State weiterhin nahezu unerschöpflich zu sein. Ein weiteres Paradebeispiel in der ewig langen Liste der von uns vorgestellten Künstler ist der gerade mal 23-jährige, aus Houston stammende Sänger, Songwriter und Gitarrist Rich O’Toole, der jetzt mit „Seventeen“ (seine persönliche Glückszahl) ein wundervolles Debüt abliefert. Dabei ist es eher einem bedauerlichen Zufall zu verdanken, dass O’Toole überhaupt den Weg des Musikers wählte.

Der Mann stand vor einer vielversprechenden Baseball Profi-Karriere, als diese abrupt durch einen Unfall beendet wurde. Und wie es in Amerika scheinbar so üblich ist, vorausgesetzt natürlich man hat Talent (und das hat dieser O’Toole über alle Massen), schnappt man sich seine Gitarre, und beginnt sich musikalisch zu entfalten. Schon verrückt so etwas! Aber auch unglaublich, wie begabt diese Burschen sind! So arbeitete sich die Rich O’Toole Band mit ihren fulminant abgehenden Live-Auftritten rasend schnell von der vielbeachteten College-Underground-Szene ins Vorprogramm solcher namhaften Texas-Bands wie Reckless Kelly und der Randy Rogers Band. Die Fans waren schier aus dem Häuschen, ob der Tatsache, wie diese junge Truppe aufspielte.

Kein Wunder also, dass sich für das Debüt des Songwriters (alle Songs stammen aus der eigenen Feder) sofort eine äußerst prominente Musiker-Schar der Texas-Szene (u. a. Chris Masterson aus Jack Ingrams Beat Up Ford Band, Rich Brotherton aus der Robert Earl Keen Band, Nick Worley von Cooder Graw/Cory Morrow Band, Multi-Saiten-Virtuose Bobby Flores, usw.) zusammenfand, und das zudem noch in den Studios und unter der Regie des angesagten, Grammy-nominierten Produzenten Mack Damon abgemischt wurde. Bei den zehn Songs, die allesamt vorwiegend von einem prächtig klingenden, transparenten, satten Gitarrensound bestimmt werden und von herrlichen Melodien durchzogen sind, geht es, bis auf wenige Ausnahmen, sehr dynamisch, knackig, rootsig rockig und äußerst würzig zur Sache, weshalb O’Tooles Stil auch gern als „elektrifizierter Country-Rock’n’Roll’ umschrieben wird.

Bestes Beispiel dafür ist der schon rau und dreckig rockende Opener „When Kelly Comes To Town“, der mit feurigen Southern-rocking E-Gitarren-Riffs und druckvollen Drums in allerbester „Red Dirt“-Manier zwischen Cross Canadian Ragweed und der Ryan Bales Band daher fegt, und zum Schluss mit den rotzfrech eingeworfenen Harmonie-Gesängen von Rebecca Valadez endgültig veredelt wird. In eine ähnliche Kerbe schlagen weitere Uptempo-Roots-/Countryrocker wie das trocken und kantig rockende „Cleveland“, „Everything’s Legal“ oder das rasante, dabei hoch melodische, genauso angeraute, wie erfrischende „Summertime“, die alle irgendwie Richtung gut abrockender Reckless Kelly und Konsorten zielen.

Überhaupt scheint ein Vergleich zu Reckless Kelly durchaus legitim, zumal Rich O’Toole’s Stimme zuweilen eine leichte Ähnlichkeit zu RK-Frontmann Willy Brown aufweist. Phantastisch beispielsweise auch die traumhaft melodische, flockige, wie Öl runter gehende, knackige Countryrock-Nummer „Queen Of The Misfits“ mit ihren tollen Harmonies im Refrain (ein Gänsehaut-Countryrocker, der übrigens bis auf Platz 5 der bedeutenden Texas Music Charts stieg), die abermals von einem dezenten Southernflair durchwehte, mit feinen Fiddle- und Steelguitar-Klängen verzierte Ballade „Alone“ oder das tolle „Just My Luck“ (southern-bluesig, klasse Harmonies, heulende E-Gitarren-Fills)! Mit dem dynamischen „Robert E. Lee“ gibt es dann sogar noch einen tollen, zum Mitrocken animierenden, honky-tonkin‘ Saloon-/Roadhouse-Feger mit markantem, flinkem Telecaster-Spiel von Masterson, inklusive tollem Solo, das sogar ein wenig an Hughie Thomassons Outlaws erinnert.).

Dass O’Tooles Stärken durchaus auch von abwechslungsreicher Variabilität geprägt sind, und nicht nur im Uptempo-Bereich liegen, zeigt er auch bei den zwei eher balladeskeren Nummern „Texas Blues“ (herrliches Mandolinen- und Fiddle-Spiel, Huldigung zweier großer Texaner in der Textzeile „…Stevie Ray in the morning, Townes Van Zandt in the afternoon…“) und dem mit entspanntem Tex Mex-Flair umgarnten „Pancho Villa“ (klasse Gesang von Rich, starke Harmonies, filigranes, spanisch anmutendes Akustikgitarrenspiel). Keine Zweifel: Micky & the Motorcars, No Justice, Buster Jiggs, The Bois D’Arcs, die Tyler McCumber Band, die Kyle Bennett Band, Cross Canadian Ragweed, Reckless Kelly und wie sie alle heißen, haben einen neuen, absolut ebenbürtigen Kollegen in ihren Reihen, der uns mit einem umwerfenden, rootsigen „Red Dirt“-Countryrock-Album wie aus einem Guss einfach nur begeistert.

Mit Rich O’Toole hat die Texas-Szene ein weiteres, mächtig funkelndes Juwel hinzugewonnen. „Seventeen“ dürfte erst der Anfang einer tollen, vielversprechenden Karriere sein! Man ist jetzt schon „heiß“ auf neuen Stoff! Einfach famos, dieser so unverbraucht und „musikgierig“ wirkende Bursche! Rock on, Rich!

PTO Records (2006)
Stil: Red Dirt

01. Kelly Comes To Town
02. Queen Of The Misfits
03. Alone
04. Just My Luck
05. Robert E. Lee
06. Cleveland
07. Everything’s Legal
08. Texas Blues
09. Pancho Villa
10. Summertime

Rich O’Toole
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